Das ganze Heft als PDF-Datei - Verwaltung & Management - Nomos ...

10.11.2010 - Menschenrechte, Verwaltung und Management – hat das überhaupt et- .... Dr. Christina Schäfer, Helmut Schmidt Universität, Hamburg | Dr.
1MB Größe 12 Downloads 273 Ansichten
E 21241

Wie die Reform des öffentlichen Dienstes gelingt! Die Konsolidierung öffentlicher Haushalte wird – inklusive einschneidender Sparkonzepte – weiter voranschreiten. Mehr denn je stehen Verwaltungseinheiten vor der Aufgabe in neuen Strukturen flexibel, professionell und effizient zu arbeiten.

Verwaltung & Management Zeitschrift für moderne Verwaltung Öffentliche Aufgaben n E-Government n Finanzen und Rechnungswesen n Führung und Strategie n Public Governance n Organisation n Personalmanagement

Aus dem Inhalt

Wie ist dieser Wandel bestehender Führungs-, Arbeits- und Kooperationsgewohnheiten zu bewältigen? Und wie können anstehende Veränderungen mit den Beschäftigten umgesetzt werden?

Joachim Wentzel Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück?

Frank Schäfer präsentiert Ihnen in diesem Buch ein für den öffentlichen Dienst maßgeschneidertes und praxiserprobtes Change-Management-Konzept:

Gabriele Buchholz/Andreas Lasar Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung

– Sie erhalten fundierte Vorschläge für die Professionalisierung von Führung und Zusammenarbeit. – Sie lernen einen nachhaltigen Ansatz für die Veränderung der typischen Organisationskultur im öffentlichen Dienst kennen.

Nicole Küchler-Stahn/John Philipp Siegel Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung

– Sie erfahren, wie Sie Change-Management-Methoden konkret einsetzen: Schnittstellenzirkel, Projektmanagement, Zielvereinbarungsgespräche und vieles mehr. Pflichtlektüre für alle Beschäftigten in der Verwaltung und besonders für alle Führungskräfte!

Kommunales Change Management Strategien für Reformen im Öffentlichen Dienst Von Frank Schäfer 2. neu bearbeitete Auflage 2011, XXI, 134 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Euro (D) 29,95. ISBN 978 3 503 12930 0

Bestellungen bitte an den Buchhandel oder direkt an: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG Genthiner Str. 30 G · 10785 Berlin Fax: 030/25 00 85-275 www.ESV.info · [email protected]

Silvia Ostlinning/Wolfgang Pippke Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung

Der Autor Frank Schäfer berät mit seiner Unternehmensberatung die „schäfer,ei“ Großkonzerne, mittelständische Unternehmen und den öffentlichen Dienst. Die Beratungsdienstleistung ist fokussiert auf die Optimierung von Führungs- und Kooperationsprozessen in Unternehmen. Mehr, auch zum eBook, unter www.ESV.info/978 3 503 12930 0

6 2010

November | Dezember

www.verwaltung-management.de

Nomos

Inhalt Auf ein Wort ...

282

Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück?

283

Joachim Wentzel Die vom IT-Planungsrat verabschiedete Nationale E-Government-Strategie (NEGS) soll den deutschen E-Government Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen einen einheitlicheren strategischen Rahmen verleihen. Entscheidend ist deshalb, welches Verständnis von E-Government der NEGS zugrunde liegt. Der Beitrag wird dieser Frage nachgehen und dabei eine Verknüpfung zur E-Government-Benchmark-Studie von Capgemini im Auftrag der EU aufzeigen. Schließlich werden künftige und altbekannte Themen und Aspekte herausgearbeitet, die eine sinnvolle Ergänzung zum E-GovernmentVerständnis der NEGS darstellen könnten.

Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung

Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau

293

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Städteund Gemeindebund und Deutscher Landkreistag) haben im Frühsommer 2010 eine bundesweite Umfrage unter den Kommunen zum Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens durchgeführt. Ein Fragenbereich zielte darauf ab, den Entwicklungsstand der im Rahmen der Reform des Haushalts- und Rechnungswesens vorgesehenen Einführung der ergebnisorientierten Steuerung festzustellen. Ausgehend von einer Darstellung der Ziele und des Inhaltes der Reform des Haushalts- und Rechnungswesens werden auf der Grundlage der Ergebnisse der KGStUmfrage die gegenwärtige Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung dargestellt, Umsetzungsprobleme beleuchtet und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Zwar ist der Begriff des Humankapitals verschiedentlich in Misskredit geraten, versteht man ihn jedoch wertneutral als Summe der Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organisation und ihrer beruflichen Entwicklungspotenziale, kann sein Wert bedeutsame Hinweise für die Personalpolitik geben. Eine öffentliche Verwaltung VM 6/2010

327

Peter Klinger

304

Das kommunale Haushaltsmanagement wird gegenwärtig grundlegend verändert, was auch noch nicht als abgeschlossen gilt. Der Beitrag formuliert und erläutert auf der Basis internationaler Erfahrungen fünf Thesen zur Weiterentwicklung. Erstens wird argumentiert, dass das Budget die programmatische Ausrichtung der Kommune widerspiegeln sollte. Zweitens wird angenommen, dass eine stärkere strategische Ausrichtung, Plausibilität und Akzeptanz des Haushalts steigern. Die dritte These zielt auf die Integration von zweckmäßigen Zielen und Kennzahlen zur Verknüpfung von Ressourcen und Leistungen im Budget als einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Verbesserung der Haushaltssteuerung. Viertens wird deutlich gemacht, inwiefern effektive Budgetierung adäquate Zielgruppenanalyse voraussetzt. Die fünfte These besagt, dass die Berücksichtigung weicher Faktoren die erfolgreiche Implementierung der strategischen Haushaltssteuerung begünstigt.

Silvia Ostlinning/Wolfgang Pippke

Unternehmen in Österreich müssen mehr als 230 Millionen Mal pro Jahr rechtlich auferlegte Informationsverpflichtungen erfüllen. Diese Pflichten müssen teils über verschiedene Webseiten und Portale, teils aber auch in Papierform zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an verschiedene Behörden übermittelt werden. Von den Unternehmen wird dies als bürokratische Belastung wahrgenommen, da eine Vielzahl dieser Daten bereits bei einer anderen Behörde vorliegen. Die Schaffung eines USP, durch welches Doppelmeldungen entfallen und Schnittstellen vereinheitlicht werden können, hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Bürokratiekosten für Unternehmen deutlich zu senken und zur Beschleunigung sowie erhöhten Qualität und Effizienz der Verwaltungsverfahren beizutragen. Das USP soll dabei den Ansatz des One Stop Government gebietskörperschaftübergreifend umsetzen. Unternehmen sollen über ein Portal mit einem Single-Login alle E-GovernmentAnwendungen der Verwaltung erreichen können.

Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises in kommunalen Prozessen

Nicole Küchler-Stahn/John Philipp Siegel

Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung

320

Arthur Winter

Gabriele Buchholz/Andreas Lasar

Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung

könnte, wenn sie das Humankapital für ihre Organisation bestimmt hat, sich z.B. mit anderen Verwaltungen vergleichen, den Gegenwert von Fortbildungsmaßnahmen ermitteln oder die Wirkungen des Verlustes von Personal berechnen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Ansätze zur Messung des Humankapitals, entwirft ein Modell für die öffentliche Verwaltung, weist aber auch auf Probleme und Schwierigkeiten hin, solch ein Modell praktisch umzusetzen.

Derzeit bieten die Kommunen kaum E-GovernmentTransaktions-Services an. Dies liegt erstens an der mangelnden Technikunterstützung, da kommunale Fachverfahren vielfach nicht webfähig sind bzw. die kommunalen ITDienstleister nur wenige Web-Funktionen anbieten. Zweitens baut insbesondere das Verwaltungsverfahrensgesetz für die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur eine hohe Hürde auf. Außerdem hat sich die qualifizierte elektronische Signatur in der Bevölkerung bislang nicht durchgesetzt. Die so genannte eID-Funktion des neuen Personalausweises, die im Unterschied zur qualifizierten elektronischen Signatur bereits auf dem nPA vorhanden ist, birgt nun die Chance für Bürger und Kommunalverwaltungen, rechtsgültig und sicher eGovernment-Transaktionen durchzuführen.

Öffentliche Verwaltungen im Umgang mit Social Media noch unsicher

332

Christian Mohser/Johannes Harding

255

Öffentliche Verwaltungen schöpfen bisher das Potenzial von Social Media nicht aus. Mittlerweile erkennen aber immer mehr Behörden die Mehrwerte der interaktiven OnlineDienste für die Verwaltungsarbeit. Die Anwendungen steigern die Bürgerbeteiligung, erhöhen die Transparenz und die Servicequalität. Bisher sind Verwaltungen im Umgang mit den modernen Kommunikationskanälen allerdings noch sehr unsicher. Den meisten Behörden fehlt z.B. eine gut durchdachte Social-Media-Strategie. Dazu gehört es, die passenden Kanäle auszuwählen, die Tonalität der Kommunikation festzulegen und Mitarbeiterschulungen durchzuführen.

Nachrichten

335

Impressum

336 281

»Auf ein Wort …«

Menschenrechte in Wirtschaft und Verwaltung

M

Staat und Unternehmen solenschenrechte, Verwaltung und Management – hat das überhaupt et-

len (rechtliche) Strukturen

was miteinander zu tun? Was soll also ein Artikel des Menschenrechtsbeauf-

schaffen, um Verletzungen

tragten an dieser Stelle? Menschenrechtsschutz ist eine zentrale Aufgabe des

zu

Staates. Er gestaltet den rechtlichen Rahmen von Gesellschaften. Es ist seine

schaffen und ggf. Wieder-

Aufgabe für den Schutz seiner Bürger zu sorgen und ihre Rechte zu garantie-

gutmachung zu leisten.

ahnden,

Abhilfe

zu

ren. Er gewährleistet die Unabhängigkeit der Justiz und die Transparenz von Verwaltung. Artikel 1 des Grundgesetzes ist dabei Leitlinie allen Handelns: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

U

nternehmen müssen sich

selbstverständlich an geltende

D

Gesetze halten, die die menie Bundesregierung geht internationale Verpflichtungen zum Schutz

schenrechtlichen Verpflichtungen abbilden. Sie müssen aber in ihren Aktivi-

der Menschenrechte ein und muss dafür sorgen, dass diese Verpflichtungen

täten auch im Einklang mit den relevanten internationalen Verpflichtungen

auch national umgesetzt werden. Jüngstes Beispiel ist die Rücknahme der

handeln. Dazu zählen beispielsweise die Übereinkommen und Empfehlungen

Vorbehalte gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Sie

der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, die Leitlinien der OECD für

wirkt sich für die Verwaltung unmittelbar im Umgang mit Kindern von Il-

verantwortliches unternehmerisches Handeln oder die freiwillige Initiative

legalen oder Leuten, die das Land verlassen müssen, aus. Diese Kinder sind

des Global Compact.

jetzt besser geschützt.

W

W

ir alle erleben lebhafte öffentliche Debatten und große Empörung,

ir haben in Deutschland nicht nur einen sehr hohen Standard im

wenn bekannt wird, dass Produkte mit Hilfe von Kinderarbeit oder Billig-

Menschenrechtsschutz erreicht, sondern auch ein funktionierendes Instru-

löhnen hergestellt werden. Zu Recht empören sich die Verbraucher und in

mentarium, das bereit steht, auf Defizite und Lücken zu reagieren. Der

der Regel erleben Hersteller auch starke Umsatzeinbrüche bei ihren Pro-

Schutz der Menschenrechte – auch durch Weiterentwicklung der Gesetzes-

dukten.

lage und damit des Verwaltungshandelns – ist eine kontinuierliche Aufgabe.

P

U

nternehmerisches Handeln muss mit den Menschenrechten konform

rinzipien wie Verwaltungstransparenz, Effizienz, Verantwortlichkeit,

sein. Das hört sich selbstverständlich an, ist aber im Zweifel gar nicht so

Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit sind kein Selbstzweck. Sie sind wesent-

leicht umzusetzen. Wie sind die Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern und

liche Säulen guter Regierungsführung und verhelfen den Menschenrechten

bei den Zulieferern der Zulieferer? Arbeiten irgendwo Kinder mit? Gibt es

zur Durchsetzung. Transparentes Verwaltungshandeln schafft Rechtssicher-

einen ausreichenden Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer? Werden ihre

heit. Intransparenz begünstigt Willkür und öffnet der Korruption Tür und

Rechte auf angemessene Entlohnung und gewerkschaftliche Organisation

Tor. Damit wird der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz außer Kraft

respektiert? Die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Politik für die-

gesetzt.

se Fragen hat deutlich zugenommen und Unternehmen geraten wesentlich schneller unter Rechtfertigungszwang als in früheren Jahren.

D

Aber nicht nur die Produktion, sondern auch der Vertrieb ist stärker in den er Schutz der Menschenrechte ist darüber hinaus ein zentrales Anliegen

Blick genommen worden. Die Korruptionsskandale bei mehreren großen

deutscher Außenpolitik. Glaubhafte Menschenrechtspolitik nach außen setzt

deutschen Unternehmen haben zu enormen Schäden bei Auftragslage und

voraus, dass wir die Achtung der Menschenrechte in unserem eigenen Land

Image geführt – und zu einer Neuausrichtung der Unternehmenspolitik in

ernst nehmen. Wie sollen wir sonst andere Regierungen glaubhaft auffordern

diesem Bereich. Daimler ist die erste deutsche Firma, die im Vorstand ein

in ihren Ländern die fundamentalen Rechte ihrer Bürger zu schützen?

eigenes Ressort für Compliance geschaffen hat. Darüber hinaus wurde entschieden, an Staatschefs, die für schwerste Menschenrechtsverstöße verant-

D

wortlich sind, wie Robert Mugabe in Simbabwe und Omar Al-Bashir im ie Einhaltung der Menschenrechte ist jedoch nicht allein dadurch ge-

währleistet, dass sich Staaten diesem Ziel verschreiben. Es ist unbestritten,

Sudan, keine Autos mehr zu verkaufen. Für ein Unternehmen ein sehr außergewöhnlicher Schritt, aber einer von hoher Symbolkraft.

dass alle gesellschaftlichen Akteure Menschenrechte respektieren und schützen müssen. Menschenrechtsschutz wird auch durch Sie gewährleistet und verbessert. Transnationale Unternehmen in sich entwickelnden Ländern

W

as ich versucht habe, hier zu skizzieren, ist, dass wir alle Verant-

spielen dabei eine wichtige Rolle. Ihr Verhalten ist beispielgebend, sie haben

wortung tragen für die Durchsetzung der Menschenrechte. Sowohl hier in

in der Regel das nötige Gewicht, um rechtsstaatliche Strukturen auch in au-

Deutschland als auch bei unseren Partnern im Ausland. Moderne Methoden

toritären Staaten einzufordern.

in Verwaltung und Management sind hierzu unerlässlich und berücksichti-

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte und

gen diesen Aspekt.

transnationale Unternehmen, John Ruggie hat den Dreisatz des „protect, respect und remedy“ (schützen, respektieren, abhelfen) aufgestellt, der die Verantwortlichkeiten klar benennt: der Staat muss vor Menschenrechtsverletzungen durch Dritte schützen Unternehmen sind zum Respekt der Menschenrechte verpflichtet

282

Ihr Markus Löning Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe

VM 6/2010

VERWALTUNG & MANAGEMENT

6/2010

Zeitschrift für moderne Verwaltung

16. Jahrgang, Seiten 281-336

www.verwaltung-management.de Herausgeber: Univ.-Prof. em. Dr. Heinrich Reinermann, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer | Univ.-Prof. Dr. Veith Mehde, Mag.rer.publ., Leibniz Universität Hannover (geschäftsführend) | Prof. Dr. Tino Schuppan, IfG.CC – Institute for eGovernment, Potsdam (geschäftsführend) Beirat: Dr. Stephan Articus, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetages, Köln | Dr. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Berlin | Prof. Dr. Hinrich E.G. Bonin, Universität Lüneburg | Hans Jörg Duppré, Landrat, Präsident des Deutschen Landkreistages, Berlin | Prof. Dr. Dieter Engels, Präsident des Bundesrechnungshofes, Bonn | Univ.-Prof. Dr. Gisela Färber, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Speyer | Peter Heesen, Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, Bonn | Dr. Jürgen Hensen, Präsident des Bundesverwaltungsamtes, Köln | Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Berlin | Dr. Johannes Meier, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh | Prof. Dr. Marga Pröhl, Generaldirektorin des European Institute of Public Administration (EIPA), Maastricht | Dr. Thilo Sarrazin, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank | Dr. Sebastian Saxe, Mitglied der Geschäftsleitung der Hamburg Port Authority Anstalt des öffentlichen Rechts, Hamburg | Univ.-Prof. Dr. Christina Schäfer, Helmut Schmidt Universität, Hamburg | Dr. Hedda von Wedel, Stellvertretende Vorsitzende von Transparency International Deutschland e.V., Berlin | Dr. Arthur Winter, Sektionschef im Bundesministerium für Finanzen, Wien | Christian Zahn, Mitglied des Bundesvorstands der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Berlin

Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? Joachim Wentzel

Die vom IT-Planungsrat verabschiedete Nationale E-GovernmentStrategie (NEGS) soll den deutschen E-Government Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen einen einheitlicheren strategischen Rahmen verleihen. Entscheidend ist deshalb, welches Verständnis von E-Government der NEGS zugrunde liegt. Doch wie sieht dieses genau aus? Der vorliegende Beitrag wird dieser Frage nachgehen und dabei eine Verknüpfung zur E-Government-Benchmark-Studie von Capgemini im Auftrag der Europäischen Union aufzeigen. Schließlich werden künftige und altbekannte Themen und Aspekte herausgearbeitet, die eine sinnvolle Ergänzung zum E-Government-Verständnis der NEGS darstellen könnten. Die Nationale E-Government Strategie Der deutsche Föderalstaat erfordert in vielen Politikbereichen eine Kooperation zwischen Bund und Ländern. Das gilt auch für die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien Dr. Joachim Wentzel M.A. Leuven, M.A. Florenz Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaft und öffentliches Recht an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Speyer.

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 283-292

in der Verwaltung, kurz E-Government. Die deutsche E-Government Landschaft ist äußerst vielfältig. Eine Vielzahl von Projekten wird auf kommunaler-, Länderund Bundesebene durchgeführt. Der anstehende IT-Gipfel im Dezember dieses Jahres in Dresden unter der Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie wird die Wertigkeit dieses Themenbereichs nochmals unterstreichen. Die erst kürzlich verabschiedete Nationale E-Government-Strategie (NEGS) versucht dieser Landschaft einen einheitlicheren Rahmen zu geben. Doch welche Vorstellung von E-Government liegt diesem Rahmen zugrunde?

Auf der Grundlage von Art. 91c GG (in Kraft getreten am 1. August 2009) wurde der sogenannte IT-Planungsrat auf der rechtlichen Grundlage des IT-Staatsvertrags gegründet.1 Mitglieder sind die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik2 sowie jeweils pro Land ein für die Informationstechnik zuständiger Vertreter (§ 1. Absatz 2, IT-Staatsvertrag). Der Beauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie die Vertreter der drei kommunalen Spitzenverbände können beratend teilnehmen. Gemäß § 1, Absatz 1 des IT-Staatsvertrags hat der IT-Planungsrat folgende ihm zugewiesene Aufgaben: Er koordiniert die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der Informationstechnik, er be-

1

Vollständiger Titel des IT-Staatsvertrags: Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG; abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ggart91 cvtr/BJNR066300010.html, zuletzt abgerufen am 10.11.2010.

2

Derzeit Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe.

283

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? schließt fachunabhängige und fachübergreifende IT-Interoperabilitäts- und -Sicherheitsstandards, er steuert die Projekte zu Fragen des informations- und kommunikationstechnisch unterstützten Regierens und Verwaltens (E-Government-Projekte), die dem IT-Planungsrat zugewiesen werden und er übernimmt die in § 4 dieses Vertrages genannten Aufgaben für das Verbindungsnetz nach Maßgabe des dort angeführten Gesetzes. Durch die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen des E-Government

ment-Projektträger zukünftig begleiten soll. Bund, Länder, Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürger4 konnten bis Ende September 2009 über ein frei zugängliches Online-Portal Anregungen geben. Am 24. September 2010 wurde die „Nationale E-Government-Strategie“ (NEGS) des IT-Planungsrats vorgestellt. Das Ziel ist, E-Government-Aktivitäten in Deutschland – also Bund, Länder und Kommunen – an dieser Strategie auszurichten. Die NEGS ist somit der Versuch, Leistungen koordiniert auf allen Ebenen anzubieten, Innovationen zu fördern und

»Leitbild 2015: Deutsches E-Government ist internationaler Maßstab für effektive und effiziente Verwaltung in föderalen Strukturen.«

soll die Koordination von E-GovernmentProjekten gestärkt werden. Auch wird durch den IT-Planungsrat als ebenenübergreifende Koordinierungsinstanz versucht, E-Government-Projekte zu steuern und somit dem deutschen E-Government-Auftritt ein einheitlicheres Bild zu verschaffen.3 Ein Kernstück seiner Arbeit war die Konzipierung einer „Nationalen E-Government-Strategie“, die die Arbeit des IT-Planungsrates und anderer E-Govern-

3

Siehe hierzu Anhang zum IT-Staatsvertrag, A. Verbindungsnetz, Punkt 1.a).

4

Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit und Lesbarkeit wird hier die grammatikalisch maskuline Form verallgemeinernd verwendet. Diese Bezeichnungsform umfasst gleichermaßen weibliche und männliche Personen.

5

IT-Planungsrat 2010, S. 5.

6

Wentzel 2010b, S. 65; Bellamy 2009, S. 138f.

7

IT-Planungsrat 2010, S. 7.

8

IT-Planungsrat 2010, S. 7.

9

IT-Planungsrat 2010, S. 7.

10

Die 20 Unterziele sind gegliedert nach den sechs Oberzielen: Ziel 1: Zielbereich A: Orientierung am Nutzen für Bürger, Unternehmen und Verwaltung: 1) Der Zugang wird allen potenziellen Nutzern eines Dienstes ermöglicht; 2) Der Zugang ist barrierefrei, die Bedienung nut-

284

den Standort Deutschland durch eine gute E-Government Infrastruktur zu stärken. Die Strategie hat keinen verpflichtenden oder verbindlichen Charakter. Stattdessen sollen Leitbilder und Ziele die gemeinsame Arbeit am deutschen E-Government koordinieren. Die NEGS sagt: „Als Leitbild für koordiniertes Handeln in Eigenverantwortung: Die Nationale E-Government-Strategie strebt die gemeinsame strategische Ausrich-

zerfreundlich; 3) Die Nutzer haben einfachen Zugang zur Verwaltung; 4) Alle geeigneten Verwaltungsangelegenheiten lassen sich über das Internet abschließend elektronisch erledigen; 5) Die Verwaltung verfügt über Kompetenz im E-Government. Zielbereich B: Wirtschaftlichkeit und Effizienz: 6) Prozessketten sind ebenenübergreifend und kundenorientiert optimiert sowie durchgängig digitalisiert; 7) Unternehmen erledigen ihre Verwaltungsangelegenheiten elektronisch; 8) Die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen erfolgt regelmäßig über Mittel der IKT. Zielbereich C: Transparenz, Datenschutz und Datensicherheit: 9) Datensparsamkeit und Datensicherheit; 10) Die Nutzer erhalten Transparenz über die Verarbeitung ihrer Daten; 11) Handeln der Verwaltung, Durchführung von Verfahren und Gesetzgebung sind transparent und sicher. Zielbereich D: Gesellschaftliche Teilhabe: 12) Die Mitwirkung von Bürgern und

tung von Bund, Ländern und Kommunen in der Weiterentwicklung von E-Government an und möchte das Handeln der Beteiligten koordinieren, um Interoperabilität und Wirtschaftlichkeit zu sichern.“5 Der Beisatz „koordiniertes Handeln in Eigenverantwortung“ trägt der föderalen Struktur Deutschlands und der Organisationshoheit im Bereich des E-Governments von Bund, Ländern und Kommunen Rechnung. Für den Föderalstaat Deutschland ist diese Klarstellung auch deshalb wichtig, da E-Government-Projekten sowohl eine Tendenz zur Zentralisierung als auch zu „one-size-fits-all“-Ansätzen inhärent ist.6 Das Leitbild der NEGS bringt die Überschrift zu Abschnitt 3 zum Ausdruck: „Leitbild 2015: Deutsches E-Government ist internationaler Maßstab für effektive und effiziente Verwaltung in föderalen Strukturen.“7 Der Aspekt „internationaler Maßstab“ wird kurz darauf konkretisiert, indem das deutsche E-Government „einen europäischen Spitzenplatz“ anstreben soll.8 Um diesem Leitbild gerecht zu werden, sollen sich deutsche E-Government Aktivitäten an den sechs folgenden Zielen orientieren: A) Orientierung am Nutzen für Bürger, Unternehmen und Verwaltung, B) Wirtschaftlichkeit und Effizienz, C) Transparenz, Datenschutz und Datensicherheit, D) Gesellschaftliche Teilhabe, E) Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit, F) Leistungsfähige IT-Unterstützung.9

Unternehmen wird gefördert; 13) Die Wirkung der Teilhabe der Bürger und Unternehmen wird deutlich. Zielbereich E: Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit: 14) Bund, Länder und Kommunen unterstützen Innovationsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft; 15) Deutschland strebt eine führende Rolle in der E-GovernmentForschung an; 16) E-Government leistet einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit. Zielbereich F: Leistungsfähige IT-Unterstützung: 17) Der Aufbau der IT ist angemessen modular und einfach; 18) Inhalte, Basisdienste, Anwendungen und Infrastruktur lassen sich bündeln und wiederverwenden; 19) Internationale Standards, insbesondere zur Interoperabilität, werden angewandt und in der EU sowie international aktiv mitgestaltet; 20) Das E-Government ist auch in Krisensituationen funktionsfähig; siehe IT-Planungsrat 2010.

VM 6/2010

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück?

Operationalisiert werden diese sechs Ziele durch 20 konkrete Unterziele.10 Damit lässt sich aus der Strategie – untergliedert in Leitbild, sechs Ziele und 20 Unterziele – das dem IT-Planungsrat zugrunde liegende E-Government-Verständnis extrahieren. Es sticht ins Auge, dass das Leitbild („internationaler Maßstab“, „europäischer Spitzenplatz“) hauptsächlich in Relation zu anderen Staaten formuliert ist.

das fünfstufige Reife-Raster13 (five-stage maturity model). Die erste Stufe dieses Rasters bezieht sich auf die bloße Bereitstellung von Informationen im Internet. Die zweite Stufe umfasst die einseitige Interaktion, z.B. das Herunterladen von Dokumenten, während die dritte Stufe bereits wechselseitige Kommunikation beinhaltet. Stufe vier und fünf werden von der Studie als hinreichendes Kriterium zur „full online availability“ verstanden und decken die Möglichkeit, komplette Transaktionen

»Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die NEGS eine starke internationale Orientierung und einen starken Fokus auf Leistungen für Bürger und Unternehmen aufweist.« Auf den konkreten Kontext dieses Leitbildes geht der nun folgende Abschnitt ein.

Leitbild: Deutsches E-Government auf „europäischem Spitzenplatz“ Die Formulierung zum Leitbild der deutschen NEGS unterstreicht die Wichtigkeit des internationalen Benchmarks. Das Ziel, einen „europäischen Spitzenplatz“ im E-Government zu erreichen, deutet dies bereits explizit an. Wenngleich nicht ausdrücklich erwähnt, so liegt das besondere Augenmerk auf einer Verbesserung der Position in der EU-Benchmark Studie zu E-Government.11 Ein bereits 2007/2008 durchgeführtes Projekt des Bundesministeriums des Innern (BMI) in Zusammenarbeit mit dem Bundesverwaltungsamt (BVA) belegt, dass diesem Ziel eine hohe Priorität beigemessen wird.12 Die im Auftrag der Europäischen Kommission federführend von Capgemini durchgeführte Studie misst anhand der Indikatoren „sophistication of services“ und „full online availability“ 20 Basis EGovernment-Services (acht vornehmlich für Unternehmen, zwölf für Bürger sowie 20 Dienstleistungen unterteilt in vier Cluster). Das zur Messung benutzte Raster ist VM 6/2010

online zu erledigen (Stufe vier) ebenso ab wie pro-aktive, automatisierte Anwendungen (Stufe fünf). Anhand dieser Kennzahlen wird schließlich ein Ranking erstellt. In der letzten Studie aus dem Jahr 2009 belegt Deutschland Rang 15 von 31 untersuchten Ländern.14 Es ist also davon auszugehen, dass E-Government-Aktivitäten in Deutschland nicht zuletzt durch den Wunsch geleitet sind, in dieser Studie besser abzuschneiden. In diesem Zusammenhang ist das Ziel eines „europäischen Spitzenplatzes“ zu verstehen.

Kritik am E-Government-Konzept Genauer betrachtet verraten die zur EUBenchmark Studie herangezogenen Kriterien das der Studie zugrunde liegende Verständnis von E-Government. Dieses ist geprägt von der informationstechnologisch-basierten Bereitstellung von Dienstleistungen der Verwaltung. Auch bei der NEGS fallen zwei Dinge zu den sechs Zielen auf: Zum einen die vergleichsweise starke Konzentration auf die Angebotsseite von E-GovernmentAktivitäten. Die Strategie setzt stark an

der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Bürger/Unternehmen an (Ziele A, C, D und teilsweise B). Zum anderen wird die technische Komponente von E-Government stark betont (Ziel F, auch E). Vor allem der erste Aspekt deckt sich mit der Ausrichtung der in Deutschland derzeit bekanntesten E-GovernmentAktivitäten: Der neue Personalausweis (nPA), die einheitliche Behördenrufnummer D115, das unterdessen unterbrochene Projekt des elektronischen Entgeltnachweisverfahrens (ELENA), De-Mail oder auch die Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt, kurz EU-Dienstleistungsrichtlinie, RL 2006/123/EG. Diese Projekte verdeutlichen den deutschen E-Government-Fokus auf das Bereitstellen von E-Government-Angeboten seitens der Verwaltung für Bürger/Unternehmen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die NEGS eine starke internationale Orientierung und einen starken Fokus auf Leistungen für Bürger/Unternehmen aufweist. Sie ist nicht mit einer stärker vom Kontext gelösten Vision angereichert, z.B. mit welchen Folgen und mit welchen Mitteln E-Government weiterentwickelt werden soll und in welchem Verhältnis sich die Verwaltung zu ihrer Umwelt befinden soll. Somit ist dieses Verständnis zu großen Teilen kongruent mit der in der EUBenchmark-Studie verfolgten Auffassung von E-Government. Wenngleich ein einheitliches Verständnis beziehungsweise eine vorherrschende Definition von E-Government bislang nicht existiert, so lässt sich dennoch sagen, dass das heutige Verständnis über diesen angebotsorientierten Ansatz deutlich hinausgeht. Bereits die sogenannte Speyer-Definition von E-Government von Reinermann/

11

Capgemini 2009.

12

Siehe unter: http://www.bit.bund.de/nn_1201674/ BIT/DE/Beratung/IT__Beratung-CC__VBPO/ Referenzen/Referenzen_20Prozessberatung/ strategisch__themen__egov__seite.html?__ nnn=true, zuletzt abgerufen am 10.11.2010.

13

Siehe etwa auch OECD 2009, S. 118.

14

Vgl. Capgemini 2009, S. 5.

285

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? von Lucke aus dem Jahr 2002 zeigt darüber hinaus: „Unter Electronic Government verstehen wir die Abwicklung geschäftlicher Prozesse in Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnik […].“15 Gängig bei neueren Definitionen zu EGovernment ist der Verweis auf demokratische Prozesse wie etwa bei Meyer/Heidner: „Electronic Government bezeichnet den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien in öffentlichen Verwaltungen in Verbindung mit organisatorischen Änderungen und neuen Fähigkeiten, um

parent. Darüber hinaus ist die EU-Benchmark-Studie weit akzeptiert.19 Obwohl der Begriff E-Government zunehmend vermischt wird mit Konzepten wie etwa Web 2.0 in der öffentlichen Verwaltung, Open Government oder Open Data, ist festzustellen, dass der Fokus der NEGS auf die Schnittstelle von Verwaltung zu Bürger/Unternehmen drei wichtige Ebenen auszublenden scheint: Erstens der Bereich vor der Schnittstelle, nämlich die Frage, wie Bürger/Unternehmen die Angebote nachfragen bzw. wahrnehmen und ob/wie diese sich einbringen, partizipieren und kollaborieren. Zweitens der Bereich auf der hinteren Seite der Schnittstelle, d.h. die Geschäftsprozesse und der organisatorisch-institutionelle Aufbau der Ver-

»Dem Fokussieren auf die Schnittstelle fehlt eine holistische Strategie, die Prozesse und Organisationen in ihrer Ganzheit durchzieht und sich selbst in einen übergeordneten gesellschaftspolitischen Kontext einbettet.« öffentliche Dienste und demokratische Prozesse zu verbessern und die Gestaltung und Durchführung staatlicher Politik zu erleichtern.“16 Die Diskussion um eine anerkannte Konzeption von E-Government ist so alt wie das Thema selbst und wird heutzutage zusätzlich befeuert durch die beständigen Entwicklungen in diesem Bereich. Das Gleiche gilt für die Diskrepanz zwischen theoretisch-denkbaren Szenarien von EGovernment und praktisch-umsetzbaren Projekten.17 Erste kritische Töne am E-Government-Konzept der EU-Benchmark-Studie wurden bereits 2004 laut.18 Auch damals richtete sich die Hauptkritik auf das „supply-side benchmarking“. Gerade für eine Benchmark-Studie ist der Fokus auf die Angebotsseite von E-Government-Aktivitäten durchaus mit Vorteilen verbunden: Die Messung der Angebote ist verhältnismäßig einfach, kostengünstig und trans286

waltung. Drittens fehlt dem Fokussieren auf die Schnittstelle eine holistische Strategie, die Prozesse und Organisationen in ihrer Ganzheit durchzieht und sich selbst in einen übergeordneten gesellschaftspolitischen Kontext einbettet.20 Ein Ausblenden dieser drei Ebenen kommt einer starken Verkürzung dessen gleich, was E-Government an Veränderungs- und Verbesserungspotential in sich birgt. Einige der Hauptkritikpunkte – die sich aufgrund der Ähnlichkeit des E-Government-Verständnisses sowohl auf die NEGS als auch auf die EU-Benchmark Studie beziehen – sollen nun angesprochen werden.

Angebot und Nachfrage – vor der Schnittstelle Sowohl die NEGS als auch die EU-Benchmark-Studie haben vor allem die Angebotsseite von E-Government-Leistungen im Blick. Das heißt, sie fördern und be-

werten konkret existierende online Leistungen der öffentlichen Hand für Bürger/Unternehmen. Die 20 Unterziele der NEGS zeigen diesen Schwerpunkt deutlich, beispielsweise „Ziel 3: Die Nutzer haben einfachen Zugang zur Verwaltung“, „Ziel 4: Alle geeigneten Verwaltungsangelegenheiten lassen sich über das Internet abschließend elektronisch erledigen“ oder „Ziel 10: Die Nutzer erhalten Transparenz über die Verarbeitung ihrer Daten“. Ein Ziel, das die Stimulierung der Nachfrage zum Ziel hat, wie etwa „im Jahr 2015 werden 50% aller Verwaltungsangelegenheiten der Bürger und Unternehmen vollständig online abgewickelt“, ist nicht formuliert. Am Nächsten kommt diesem Aspekt „Ziel 7: Unternehmen erledigen ihre Verwaltungsangelegenheiten elektronisch“. Doch bei genauerem Hinsehen bezieht sich die Beschreibung dieses Ziels auch auf das Angebot und nicht auf die Nachfrage nach öffentlichen Online-Leistungen.21 Mit anderen Worten, ob und wie EGovernment-Leistungen nachgefragt, sprich genutzt werden, spielt bei diesem E-Government-Verständnis kaum eine Rolle. Somit werden user fast vollständig ausgeblendet. Dabei bleibt festzuhalten, dass das sogenannte uptake von E-Government-Angeboten beileibe nicht nur von der Art und Zugänglichkeit von E-Dienstleistungen abhängig ist, sondern auch eine Reihe anderer nachfragespezifischer Aspekte über den Erfolg einer EDienstleistung entscheiden. Zahlen belegen, dass das Wahrnehmen von E-Services in der öffentlichen Verwaltung eher enttäuschend ist. Der Eurostat Survey of Households and Enterprise aus dem Jahre 2008 zeigt, dass nur etwa 41,8 Prozent aller regelmäßigen Internetbenutzer das Internet gebrauchen, um verwaltungsnahe Informationen zu finden (entspricht Stufe 1 des Reife-Rasters), nur

15

Reinermann & von Lucke 2002, S. 1.

16

Meyer & Heidner 2008, S. 257.

17

Wentzel 2010b.

18

Codagnone & Osimo 2010, S. 43.

19

Codagnone & Undheim 2008, S. 3.

20 Ein Beispiel hierfür bietet das Konzept Open Government, siehe unten. 21

Siehe IT-Planungsrat 2010, S. 11.

VM 6/2010

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? etwa 26,2 Prozent laden Formulare herunter (entspricht Stufe 2 des Reife-Rasters) und nur etwa 19,2 Prozent nutzen das Internet, um online Formulare auszufüllen (entspricht Stufe 3 des Reife-Rasters).22 Die Gründe für die zurückhaltende Nutzung von E-Government-Leistungen sind vielfältig. Folgende Aspekte spielen unter anderen eine Rolle: Vertrauen in die Verwaltung23, Datensicherheit24, Breitband-Zugang25, Fähigkeiten der Nutzung solcher Angebote als auch Fähigkeiten, solche Angebote zu unterhalten26, digitale Spaltung27 (einige Gruppen sind womög-

Leistung, kann dadurch zwar dem Leitbild der NEGS nähergekommen werden, ohne allerdings kundenbezogene Vorteile zu erzielen.30 Darüber hinaus ist das Angebot auf Portallösungen bezogen, wohingegen sich das immer größere Aufkommen an mobilen Leistungen (Stichwort Apps) in der NEGS nicht widerspiegelt.31

Ablauf- und Aufbauorganisation – hinter der Schnittstelle E-Government birgt ein erhebliches Potenzial hinsichtlich der Zusammenlegung und Vereinfachung von Prozessen und

»Mit anderen Worten, das Potenzial für 'Government', das einem breiten und modernen E-Government-Konzept innewohnt, wird nicht ausgeschöpft.«

lich strukturell ausgeschlossen von der Nutzung). In diesem Zusammenhang fällt ebenfalls auf, dass ein Prozess der stetigen Evaluierung und des Monitoring fehlt. Nur so kann die Sinnhaftigkeit, Effizienz und Effektivität von E-Government-Leistungen gewährleistet werden, um Fehlentwicklungen wie etwa beim deutschen ELENAProjekt zu vermeiden.28 Eine regelmäßige Evaluierung könnte auch ein erster Schritt zu einem Überblick der E-GovernmentProjektlandschaft in Deutschland sein. Dieser Überblick existiert momentan nicht und prägt somit einen schwierigen Arbeitsauftrag des IT-Planungsrates hinsichtlich der Koordinierung von E-Government-Projekten. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich darauf, dass Leistungen nur isoliert begutachtet und bewertet werden.29 Zumeist sind Leistungen im Speziellen für Unternehmen in ein Set an Leistungen eingebunden (joined-up online offerings). Existiert aus diesem Set jedoch nur eine VM 6/2010

NEGS aufgeführte „Ziel 17: Der Aufbau der IT ist angemessen modular und einfach“ verdeutlicht den hier eingeschlagenen Weg der Vielfalt, nämlich durch eine modulare Struktur im Föderalstaat einen möglichst hohen Grad an Interoperabilität in Ablauf- und Aufbauorganisation zu gewährleisten. Auch „Ziel 6: Prozessketten sind ebenenübergreifend und kundenorientiert optimiert sowie durchgängig digitalisiert“ deutet den Versuch an, einheitlichere Strukturen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu erhalten. Ein klares Bekenntnis zur Ausschöpfung der Möglichkeiten für Verwaltungsmodernisierung und Verwaltungsvereinfachung beinhaltet die NEGS indes nicht, wie an den beiden Unterzielen deutlich wird. Mit anderen Worten, das Potenzial für „Government“, das einem breiten und modernen E-Government-Konzept innewohnt, wird hier nicht ausgeschöpft.32

Open Government – holistischer Ansatz Wohl kaum ein Thema beschäftigt die EGovernment-Community so nachhaltig wie Open Government. Unter der Maxime Transparenz, Kollaboration und Partizipation hat der amerikanische Präsident Barack Obama unmittelbar nach seinem Amtsantritt die Verwaltung verpflichtet, sich den Bürgern mehr zu öffnen. Open Government soll, unterstützt durch moderne Informationstechnologien (IT), zu einem Kulturwandel der amerikanischen Verwaltung beitragen. Insofern ist dieser Ansatz deutlich holistischer zu verstehen als das oben beschriebene E-GovernmentVerständnis.33

hinsichtlich der direkten und unmittelbaren Zusammenarbeit unterschiedlichster Verwaltungsebenen, kurz E-Government kann erheblich zur Verwaltungsmodernisierung beitragen. Doch Strukturen und Prozesse werden in einem auf die Schnittstelle von Verwaltung und Bürger/Unternehmen konzentrierten E-GovernmentKonzept nicht hinreichend berücksichtigt. Auch die NEGS legt davon Zeugnis ab. Die Möglichkeiten der Modernisierung der Ablauf- und Aufbauorganisation erweisen sich aus der föderalstaatlichen Perspektive nur schwer umsetzbar. Das in der

Auch die NEGS nimmt Bezug auf dieses Thema: Das Ziel C „Transparenz, Datenschutz und Datensicherheit“ und

22

Vergleiche Zahlen in Codagnone & Osimo 2010, S. 39f.; siehe auch Millard 2010, S. 4.

30 Codagnone & Undheim 2008, S. 3.

23

Bellamy 2009, S. 141.

24 Eliassen & Sitter 2008, S. 120. 25

Vergleiche zum Verhältnis von Portallösungen und Mobillösungen Millard 2010, S. 7ff.

32

Vergleiche mit Definition von Meyer & Heidner 2008, S. 257; siehe auch Wentzel 2010b, S. 71f.

33

Siehe http://www.whitehouse.gov/open; siehe auch z.B. Umgang mit Daten zu amerikanischen Subventionsprogrammen auf http://www.recovery.gov/Pages/default.aspx; zuletzt abgerufen am 10.11.2010.

Vgl. OECD 2009, S. 120.

26 Eliassen & Sitter 2008, S. 117f. 27

31

Eliassen & Sitter 2008, S. 125f.

28 ELENA heißt Elektronisches Entgeltnachweisverfahren; kritisch zu ELENA: Lenk 2010. 29 Codagnone & Undheim 2008, S. 3.

287

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? Ziel D „Gesellschaftliche Teilhabe“ deuten Überlegungen in Richtung eines Open Government an. Die unter diesen Zielen subsumierten Unterziele jedoch sprechen eine deutliche Sprache darüber, wie Open Government verstanden wird: „Die Nutzer erhalten Transparenz über die Verarbeitung ihrer Daten“, „Handeln der Verwaltung, Durchführung von Verfahren und Gesetzgebung sind transparent und sicher“, „Die Mitwirkung von Bürgern und Unternehmen wird gefördert“ und „Die Wirkung der Teilhabe der Bürger und Unternehmen wird deutlich“. Die vier dargestellten Punkte deuten an, dass sich die Verwaltung weniger als Partner im öffentlichen Raum sieht, denn als Gewährleister von Rechten und als Dienstleister gegenüber Kunden.

das vorhandene Potenzial (siehe soziale Netzwerke oder auch „Stuttgart 21“) zu nutzen. Die Verwaltung wirkt dann als ein Akteur unter anderen und muss responsiv mit den Ergebnissen partizipativer und kollaborativer Formen der Bürgerbeteiligung umgehen. Werden diese Aspekte weitergedacht, kann diese Form des Governments zu einer zusätzlichen Demokratisierung bestehender gesellschaftlicher und politischer Formen führen.37 Kurzum, es handelt sich um einen Kulturwandel in und im Umgang mit der Verwaltung, der hier zur Disposition steht. Dieser Wandel ist nicht ursächlich in Informationstechnologien zu suchen, aber zu einem großen Teil durch sie ermöglicht worden. Doch diese Form des partnerschaftlichen Handelns lässt sich nicht aus der NEGS herauslesen. Gerade an den für

»Nicht die Technik, die Software oder Hardware sind bei vielen E-GovernmentProjekten das Problem, sondern zumeist 'alte' Themen, die bereits seit Jahren, wenn nicht seit Dekaden diskutiert werden.« Das Konzept Open Government ist jedoch mehr als eine Öffnung von Verwaltung und Politik gegenüber Bürgern und Unternehmen, die vor allem auf nutzerbezogene Daten beschränkt ist. Vielmehr ist es eine Neukalibrierung des Verhältnisses, in dem Verwaltung, Bürger und Unternehmen auf Augenhöhe miteinander kommunizieren, kollaborieren und Informationen austauschen.34 Auch ein anderes Staatsverständnis schwingt hierbei mit, eines bei dem accountability im Mittelpunkt steht, eines bei dem Handeln, Entscheidungen und Informationen als Gemeingut verstanden werden.35 So geht es nicht nur darum, Transparenz über nutzerbezogene Daten zu gewährleisten, sondern um eine grundsätzliche Offenlegung von Informationen der Verwaltung.36 Auch geht es nicht primär darum, die Mitwirkung von Bürgern und Unternehmen zu fördern, sondern 288

Open Government so prominenten Themen wie Transparenz und gesellschaftliche Teilhabe zeigt die NEGS einen deutlich stärker dem Obrigkeitsdenken verhafteten Ansatz. Dieser gewährt Transparenz und fördert Teilhabe (siehe Unterziele 10 und 12). Dass von einem solchen Ansatz ein konkreter Nutzen für den Staat/die Verwaltung ausgehen könnte, scheint dabei ebenso wenig durch, wie ein am Gemeinwohl orientiertes partnerschaftliches Handeln und Entscheiden.

Von E-Government zu Governance? Spätestens und am offensichtlichsten mit der Einführung des Open-GovernmentKonzepts ist deutlich geworden, dass EGovernment als eine Form Verwaltungsparadigma verstanden werden kann. Damit hat es New Public Management abgelöst.38 E-Government, auch im Sin-

ne des Open Government weiter gedacht, zeigt, dass grundsätzlichere Fragen zu klären sind als die technischen. Diese wiederum sind – wie bereits gezeigt wurde – das zweite der beiden Hauptthemen der NEGS (neben der Angebotsorientierung), in die sich die sechs Ziele unterteilen lassen (siehe oben Abschnitt „Kritik am EGovernment-Konzept“). Die technische Entwicklung gibt sicherlich zu einem gewissen Grad den Takt von E-Government vor: StadtWikis, Maerker Brandenburg39 oder Beteiligungshaushalte wären ohne Web 2.0-Software kaum denkbar. E-Government ist einer von vielen Trends in der Geschichte moderner Verwaltungen40 und wie die meisten seiner Vorgänger sind auch hier die Reform- und Transformationsprozesse nicht geräuschlos und unproblematisch. Allerdings kommt eines immer deutlicher zum Vorschein: Es ist nicht die Technik, die Software oder Hardware, die bei vielen E-Government-Projekten zum Problem werden. Es sind meist „alte“ Themen, Themen, die bereits vor Jahren, teilweise Dekaden diskutiert wurden und nun im Lichte des E-Government neu diskutiert werden (müssten). E-Government fungiert dabei als Steigbügel, als technischer enabler oder Katalysator, ist jedoch nicht ursächlich die Quelle für viele dieser nun folgenden neuen-alten Diskussionen.

Veränderungsmanagement In einer Sonderedition des The Economist zum Thema „Does government help or hinder innovation“ werden hauptsächlich drei Gründe für das Scheitern von E-Government-Projekten im öffentlichen Sektor genannt: 1) Das Fehlen von Wettbewerbs-

34

von Lucke 2009, S. 329f.; Wentzel 2010b, S. 72.

35

Siehe auch von Lucke 2009, S. 328; Hill 2010b, S. 296; Gregory 2008, S. 339.

36 Dieser Aspekt gilt natürlich unter dem Primat des Datenschutzes und von Persönlichkeitsrechten. 37

Eliassen & Sitter 2008, S. 113.

38

Wentzel 2010b.

39 Abrufbar unter: http://maerker.brandenburg.de; zuletzt abgerufen am 10.11.2010. 40 Vergleiche Übersicht in Bogumil & Jann 2009, S. 212; im Speziellen auf die Informatisierung der Verwaltung bezogen Schuppan 2010.

VM 6/2010

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? druck, 2) eine Tendenz, das Rad neu zu erfinden und 3) der Fokus auf die Technik anstelle der Organisation.41 Gerade der letzte Punkt deutet an, dass E-Government eben nicht das bloße Elektrifizieren bestehender Verwaltungsabläufe ist. Wird der „Government“-Aspekt und die damit einhergehende mögliche Re-Organisation von Verwaltungsaufbau und -ablauf bei E-Government-Projekten wahrgenommen, bedarf dies eines wohldurchdachten Transformationsprozesses und eines Veränderungsmanagements. Veränderungsprozesse in der öffentlichen Verwaltung sind jedoch weder etwas

skills auch auf die Fähigkeiten, die Potenziale von IT zu erkennen und in die Tat umzusetzen. Insofern sind e-skills auch zu einem gewissen Grade „Transformationsskills“ oder Kompetenzen des Veränderungsmanagements.46 Da E-Government-Innovationen und die entsprechenden Veränderungsprozesse das Training und die Weiterbildung von Personal erfordern, stellt sich auch die Frage nach der Transmission von erlernten Fähigkeiten in die Organisation. Insofern bedarf es institutioneller Strukturen und adaptionsfähiger Mitarbeiter, um der „Weiterbildungslüge“ und ihrer Kritik am

»E-Partizipation verstanden als internetgestützte Bürgerbeteiligung ist immer mehr en vogue – die Diskussion um das Bahnhofsprojekt 'Stuttgart 21' unterstreicht die Debatte über (zusätzliche) Formen der Bürgerbeteiligung.« genuin Neues noch hat E-Government die Art von Veränderungsprozessen substantiell verändert. Wie etwa die Umsetzung von Instrumenten des New-Public-Management-Paradigmas andeutet, steht zu vermuten, dass die Art und Weise der Veränderungsprozesse – bezogen auf das wie und losgelöst davon was verändert werden soll – starke Ähnlichkeiten aufweist.42 Alle relevanten Akteure einzubinden, mögliche rechtliche Barrieren zu antizipieren, unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen, operativ flexibel zu sein, ohne das strategische Ziel aus den Augen zu verlieren – dies sind nur einige Kernaufgaben eines Veränderungsmanagements.43 Darüber hinaus muss auch das Personal auf allen beteiligten Ebenen „mitgenommen“ werden. Dies ist eine Führungsaufgabe.44 Im Speziellen bei E-GovernmentProjekten ist die Vermittlung von e-skills wichtig. Gängige Definitionen von e-skills deuten an, dass damit nicht nur der gekonnte Umgang mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien gemeint ist.45 Vielmehr beziehen sich eVM 6/2010

Mangel von Effizienz der Weiterbildung entgegenzutreten.47 Wie die Ausführung des The Economist implizit andeutet, kann die Konzentration auf die inhaltlichen Neuerungen für eine Organisation (z.B. neue Technik) dazu führen, dass aufgrund der vermeintlich rational überzeugenden Argumente für diese Neuerungen das Veränderungsmanagement zu kurz kommt. Dabei können organisatorische, prozessuale und personelle Herausforderungen schnell aus dem Blick verloren werden48, eine Gefahr, die sich auch bei der NEGS andeutet.

41

The Economist 2008.

42 Wentzel 2010b, S. 65ff. 43

Hill 2004, S. 21; Lenk 2006, S. 322f.; Frey, Gerkhardt & Fischer 2008, S. 285ff.

Wenngleich sich die Art von Veränderungsprozessen nicht fundamental verändert hat, so hat doch die Schnelligkeit der nötigen Veränderungen rasant zugenommen. Ursachen hierfür sind sicherlich der rasche technische Fortschritt, aber auch Herausforderungen jenseits der Technik, wie etwa Demographie, Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen mit globaler Wirkung, usw.49 Somit stellt sich grundsätzlich die Frage, wie eine Organisation stetig anpassungsfähig bleiben kann, mit anderen Worten wie dynamic capabilites50 gefördert werden können, um somit für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet zu sein. Dabei ist E-Government nur einer unter vielen möglichen Auslösern für Veränderungsprozesse.

E-Partizipation Facebook, Twitter, Blogs – dies sind nur drei Beispiele von äußerst prominenten Web 2.0-Techniken. Diese finden zunehmend Eingang in die öffentliche Verwaltung und sind somit auch Ausdruck des Wandels von Erwartungen gegenüber der Verwaltung seitens der Bürger/Unternehmen.51 E-Partizipation, verstanden als internetgestützte Form der Bürgerbeteiligung, ist immer mehr en vogue. Die Diskussion um das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ unterstreicht die Debatte über (zusätzliche) Formen der Bürgerbeteiligung. Beispiele von IT-unterstützen Formen der Bürgerbeteiligung gibt es viele, wie etwa Bürgerhaushalte52, elektronische Stadtarchive53 oder auch Stadtplanung und Quartiersmanagement.54 Doch „Stuttgart 21“ offenbart auch viel grundsätzlichere Probleme mit Bürgerbeteiligung als ihre technische Um-

47

Vgl. Gris 2008.

48 Wentzel 2010b, S. 65f.; Codagnone & Osimo 2010, S. 43. 49 Hill 2010b, S. 298ff.

44 Frey, Gerkhardt & Fischer 2008, S. 291f.

50 Schedler & Helmuth 2009, S. 181.

45

51

European Commission & CEDEFOP 2004, S. 4; siehe auch http://eskills.cedefop.eu.int/definition. htm, zuletzt abgerufen am 10.11.2010.

46 European Commission & CEDEFOP 2004, S. 4.

Bovaird 2009, S. 16.

52

Schubert 2010; Keppler 2010.

53

Engelhardt 2010.

54

Weber 2010; Menzl 2010.

289

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? setzung: Bürger müssen umfassend und systematisch informiert werden, um sich auch über komplexe Sachverhalte eine eigene Meinung machen zu können. Diese „aufgeklärte“ Teilnahme55 erfordert es, Bürger als beteiligte Partner ernst zu nehmen und dieses durch die Offenlegung von Informationen und Entscheidungsprozessen auch zu dokumentieren. Das Verhältnis von Bürgerbeteiligung zu existierenden Institutionen muss neu justiert werden. So existiert beispielsweise ein Spannungsverhältnis zwischen Formen der Bürgerbeteiligung und der repräsentativen Demokratie und inwieweit letzte-

Umgang mit Informationen60 „The value of information is coming to the fore.“61 Codagnone und Osimo unterstreichen Wichtigkeit von Informationen in der heutigen Zeit. Doch Informationen sind nicht erst durch das IT-Zeitalter zu einem wichtigen Faktor für das Handeln und Entscheiden von Verwaltungen geworden. Allerdings hat sich durch moderne IT die Menge, Schnelligkeit und Verknüpfbarkeit von Informationen rasant verändert. Dadurch sind Informationen zum wichtigsten Rohstoff der jetzigen Zeit geworden.62 Der Umgang mit Informationen ist zu ei-

»Um E-Government in seiner Ganzheit zu verstehen, lohnt deshalb eine Loslösung vom technischen Aspekt und eine Rückkehr zu alten Fragestellungen, die nun neu behandelt werden müssen.« re durch erstere geschwächt wird.56 Dabei spielen auch der Minderheitenschutz und die Vermeidung der „Tyrannei der Mehrheit“ eine große Rolle.57 Auch verfassungsrechtlich gibt es Spannungsverhältnisse mit einem Mehr an Bürgerbeteiligung.58 Dies sind nur einige Kernfragen von Bürgerbeteiligung in repräsentativen Demokratien. Der technische Fortschritt hat die Debatte um Bürgerbeteiligung zwar zusätzlich befeuert, aber nicht grundsätzlich geändert. Nach wie vor sind die wichtigsten zu beantwortenden Fragen von E-Partizipation nicht beim „E“ zu suchen sondern beim Partizipationsaspekt, sprich dem Verhältnis von Bürger/Unternehmen zum öffentlichen Sektor. Hierbei scheint es eher um ein grundsätzliches Umdenken, um einen Kulturwandel der öffentlichen Verwaltung zu gehen, der die Bürger/Unternehmen als Partner in der Entscheidung und Erledigung öffentlicher Aufgaben mit einbezieht und mit dem output von Beteiligungsverfahren responsiv umgeht.59

290

nem entscheidenden Kompetenzfaktor der Bildung und Weiterbildung geworden.63 Informationen sind so zahlreich und in solch großer Flut vorhanden, dass der Umgang mit Informationen immer wichtiger wird, sowohl für den Bereitstellenden als auch für den Nutzenden. Es gibt prinzipiell kein Informationsdefizit, sondern ein Informationsauswertungsdefizit, das es nötig macht, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen, relevante Informationen zu erkennen und diese miteinander zu verknüpfen. Dies trifft umso mehr zu in einer Zeit, da durch Open Government die Transparenz und Öffnung öffentlicher Daten verlangt wird. Insofern ist nicht nur der Umgang sondern auch die Qualität der bereitgestellten Daten von großer Wichtigkeit.

Informationen wird als unterste und einfachste Stufe von E-Government verstanden. Doch der implizierte lineare Entwicklungsprozess von bloßer Information über Transaktion zu pro-aktiven und automatisierten Anwendungen scheint nicht mehr zeitgemäß.64 Wie Beispiele aus Schweden65 oder wie oben erwähnt den USA zeigen, lässt der Umfang, die Art und die Qualität der bereitgestellten Informationen auf ein (Selbst-)Verständnis von Government schließen, das weit über die bloße auf Effizienz getrimmte elektronische Abwicklung von Verwaltungsgeschäften hinausgeht. Es geht dabei um das Transparentmachen von Daten, sodass Bürger/Unternehmen sie benutzen können, um das Handeln von Verwaltung/Politik besser einschätzen, kontrollieren oder auch gewerblich nutzen zu können (z.B. Wetterdaten). Es geht dabei um accountability und somit um eine grundsätzliche Entscheidung darüber, ob Informationen Herrschaftswissen sind oder ob es sich im Umgang zwischen Verwaltung und Bürger/Unternehmen um ein Verhältnis inter pares handelt.66 E-Government berührt somit eine Vielzahl an hoch brisanten, stets wiederkehrenden und äußerst grundlegenden Themen. Um E-Government in seiner Ganzheit zu verstehen, lohnt deshalb eine Loslösung vom technischen Aspekt und eine Rückkehr zu alten Fragestellungen, die nun neu behandelt werden müssen.

Konklusion „Mit der eGovernment-Strategie von Bund, Ländern und Gemeinden wird es uns gelingen, bei der von den Bür-

55

Kersting 2008, S. 15.

56 Siehe Geißel 2008, S. 30; Bourgon 2009, S. 201; Skelcher & Torfing 2010, S. 76. 57

Siehe Vatter & Danaci 2010, S. 206, 209; Wentzel 2010a, S. 46;

58

Siehe Wentzel 2010a, S. 52.

59 Kersting 2008, S. 14, 35; Siebel 2010, S. 26; Kaczorowski 2010, S. 224. 60 Codagnone & Osimo 2010, S. 43. 61

Codagnone & Osimo 2010, S. 43.

62 Hill 2010a, S. 789.

Doch hierbei zeigt sich die ganze Krux des in der EU-Benchmark-Studie benutzten fünfstufigen E-Government-Reife-Rasters, das auch für die Bestrebungen der NEGS Pate steht: Die Bereitstellung von

63 Vgl. Hill 2010a, S. 791ff. 64 Codagnone & Osimo 2010, S. 43. 65 Zu Schweden siehe Ziller 2001, S. 105; Wentzel 2009, S. 16. 66 Hill 2010b, S. 296; Davis 2009, S. 318; Bovaird & Tizard 2009, S. 242.

VM 6/2010

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? gern und Unternehmen erwünschten Erledigung von Behördenangelegenheiten über das Internet schneller voranzukommen.“67 Die Beauftrage der Bundesregierung für Informationstechnik und Vorsitzende des IT-Planungsrats, Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe, bringt in diesem Zitat das vorherrschende E-Government-Verständnis klar zum Ausdruck. Die NEGS verfolgt hauptsächlich das Ziel, passgerechte, schnelle und unbürokratische Leistungen IT-unterstützt anzubieten. Damit reproduziert die NEGS ein in der EU-Benchmark-

Ausgehend von diesem Schritt nach vorne müssen gleichsam zwei zurück gemacht werden, um das heutige E-Government Bild zu komplettieren. Es gilt sich von der technischen Fokussierung zu lösen, um grundsätzliche und bereits lang diskutierte Fragen zu beantworten. Aus dieser mit genügend Abstand eingenommenen Perspektive zeigt sich, dass das „E“ von E-Government lediglich ein zusätzlicher Auslöser für die oben angeschnittenen Fragen ist. Erforderlich ist – vor allem vor dem Hintergrund einer sich anbahnenden neu-

»Demnach geht es nicht viel mehr oder weniger als um einen Wandel der Verwaltungskultur, um eine Vision oder Leitbild einer zukünftigen Verwaltung als Partner für Bürger und Unternehmen.«

Studie vorherrschendes E-GovernmentVerständnis. Insofern muss Codagnone recht gegeben werden, wenn er sagt: „[t]he 20 basic services may be sidetracking governments, leading them to invest in benchmarking compliance.”68 Diese Gefahr scheint sich durch die NEGS zu materialisieren, da sie durch das Streben nach einem besseren Ergebnis in der Studie den eigentlichen Wert für user vernachlässigt. So sehr verbesserte Transaktionskanäle mit der öffentlichen Verwaltung zu begrüßen sind, das aktuelle E-Government-Verständnis reicht weiter. Die aktuelle Entwicklung geht gleichsam erst einen Schritt vor, alsdann zwei zurück. Einen Fingerzeig für künftige Entwicklungen gibt bereits das Konzept Open Government und steht damit exemplarisch für den Schritt vorwärts: Es steht zu vermuten, dass der Zusatz „E“ an Bedeutung verlieren wird. Das bedeutet, dass der technische Aspekt zunehmend in den Hintergrund rücken wird, nicht weil er unwichtig wird, sondern im Gegenteil als gegeben angesehen wird. VM 6/2010

en Protestkultur – eine Neubewertung seitens von Politik und Verwaltung über die Chancen und Grenzen von Bürgerbeteiligung. Sowohl Kollaboration als auch Partizipation werden durch die Benutzung von Web 2.0-Techniken neue Möglichkeiten eingeräumt. Die Beispiele „Stuttgart 21“ einerseits oder soziale Netzwerke andererseits zeigen, dass Beteiligung von Bürgern weniger ein Problem der Aktivierung als vielmehr der Kanalisierung, der Einflechtung in bestehende Verfahren und der Responsivität der Politik und Verwaltung auf Entscheidungen der Bürger und Unternehmen ist. Insofern liefert E-Government die Vorlage für Open Government, die zu einem Governance im besten Sinne des Wortes führen kann, nämlich zur Einbindung möglichst zahlreicher relevanter Akteure in öffentliche Entscheidungen. Demnach geht es nicht viel mehr oder weniger als um einen Wandel der Verwaltungskultur, um eine Vision oder Leitbild einer zukünftigen Verwaltung als Partner für Bürger und Unternehmen. Leider

fehlt der NEGS ein solches Leitbild. Wird E-Government so begriffen, verkommt EGovernment zum Selbstzweck69 oder bestenfalls als Zweck zur Erreichung eines besseren Rankingplatzes. Ein wünschenswerter Zweck von E-Government wären hingegen IT-unterstützte Anwendungen, die die demokratischen, partizipatorischen und integrierenden Wirkungen von E-Government zum Ziel haben. Eine diese Gesichtspunkte umfassende Strategie würde allen drei bisher vernachlässigten Bereichen des E-Government-Verständnisses gerecht werden: Hinter der Schnittstelle, vor der Schnittstelle und im holistischen Sinne.

Literatur Bellamy, Christine (2009): Managing ICTs in public sector organizations, in Bovaird, Tony/ Löffler, Elke (Hrsg.): Public management and governance. London, S. 135-149. Bogumil, Jörg/Jann, Werner (2009): Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland: Einführung in die Verwaltungswissenschaft. Wiesbaden. Bourgon, Jocelyne (2009): Why Should Governments Engage Citizens in Service Delivery and Policy Making?, in OECD (Hrsg.): Focus on citizens: Public engagement for better policy and services. Paris, S. 199-205. Bovaird, Tony/Tizard, John (2009): Partnership in the public domain, in Bovaird, Tony/Löffler, Elke (Hrsg.): Public management and governance. London, S. 233-247. Bovaird, Tony/Löffler, Elke (2009): The changing context of public policy, in Bovaird, Tony/Löffler, Elke (Hrsg.): Public management and governance. London, S. 15-26. Capgemini et al. (2009): Smarter, Faster, Better eGovernment – 8th Benchmark Measurement. URL: http://www.epractice. eu/files/Smarter,%20Faster,%20Better%20 eGovernment%20-%208th%20Benchmark%20 Measurement.pdf. Codagnone, Cristiano/Osimo, David (2010): Beyond i2010: E-Government current challenges and future scenarios, in Nixon, Paul G., Koutrakou, Vassiliki N./Rawal, Rajash (Hrsg.): Understanding e-government in Europe: Issues and challenges. London, S. 38-58.

67 Beauftrage der Bundesregierung für Informationstechnik und Vorsitzende des ITPlanungsrats Staatssekretärin Cornelia RogallGrothe, in eGovernment Computing, Ausgabe 112010, S. 3. 68 Codagnone & Osimo 2010, S. 43; Codagnone & Undheim 2008, S. 3. 69

Siehe hierzu Millard 2010, S. 3ff.

291

Wentzel, Die Nationale E-Government-Strategie: Ein Schritt vor, zwei zurück? Codagnone, Cristiano/Undheim, Trond A. (2008): Benchmarking eGovernment: tools, theory, and practice. European Journal of ePractice(4), S. 1-15. Davis, Howard (2009): Ethics and standards of conduct, in Bovaird, Tony u. (Hrsg.): Public management and governance. London, 311-325. Eliassen, Kjell A./Sitter, Nick (2008): Modernising Government - eGovernment, in Eliassen, Kjell A./Sitter, Nick (Hrsg.): Understanding public management. Los Angeles, S. 113-130. Engelhardt, Karin (2010): Über 950 Jahre Stadtgeschichte – und tausend persönliche Geschichten: Das Digitale Stadtgedächtnis Coburg, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung – Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 211-215. European Commission/CEDEFOP (2004): E-Skills for Europe: Towards 2010 and beyond. URL: http://www.cedefop.europa.eu/etv/Upload/ Projects_Networks/Skillsnet/Publications/ EskillForum.pdf [Stand 2010-11-10]. Frey, Dieter/Gerkhardt, Marit/Fischer, Peter (2008): Erfolgsfaktoren und Stolpersteine bei Veränderungen, in Fisch, Rudolf/Beck, Dieter/Müller, Andrea (Hrsg.): Veränderungen in Organisationen: Stand und Perspektiven. Wiesbaden, S. 281-299. Geißel, Brigitte (2008): Wozu Demokratisierung der Demokratie? – Kriterien zur Bewertung partizipativer Arrangements, in Vetter, Angelika (Hrsg.): Erfolgsbedingungen lokaler Bürgerbeteiligung. Wiesbaden, 29-48. Gregory, Robert (2008): Accountability in modern government, in Peters, B. Guy/Pierre, Jon (Hrsg.): Handbook of public administration. Los Angeles. Gris, Richard (2008): Die Weiterbildungslüge: Warum Seminare und Trainings Kapital vernichten und Karrieren knicken. Frankfurt am Main. Hill, Hermann (2004): Transformation der Verwaltung durch E-Government. DfK – Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften 43(II), S. 17-47. Hill, Hermann (2010a): Business Intelligence/ Business Analytics im öffentlichen Sektor. Die Öffentliche Verwaltung 63(19), S. 789-796. Hill, Hermann (2010b): Staatliches Innovationsmanagement – Bilanz und Perspektiven, in Hill, Hermann/Schliesky, Utz (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht: E-Volution des Rechts- und Verwaltungssystems II. Baden-Baden, S. 285302. IT-Planungsrat (2010): Nationale E-GovernmentStrategie. URL: http://www.cio.bund.de/ SharedDocs/Publikationen/DE/Aktuelles/ nationale_e_government_strategie_ beschluss_20100924_download.pdf?__ blob=publicationFile. Kaczorowski, Willi (2010): Perspektiven für Web 2.0 in Deutschland, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung – Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 217-226. Keppler, Ralph (2010): Das Leipziger Modell zur Bürgerbeteiligung, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung – Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 171-181. Kersting, Norbert (2008): Innovative Partizipation: Legitimation, Machtkontrolle und Transformation. Eine Einführung, in Kersting, Norbert (Hrsg.): Politische Beteiligung: Einführung in dialogorientierte Instrumente

292

politischer und gesellschaftlicher Partizipation. Wiesbaden, S. 11-39. Lenk, Klaus (2006): Electronic Government als Chance für den Staat der Zukunft, in Jann, Werner/Röber, Manfred/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Public Management – Grundlagen, Wirkungen, Kritik: Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag. Berlin, S. 321-332. Lenk, Klaus (2010): ELENA oder der Weg in die durchorganisierte Informationsgesellschaft. Verwaltung und Management 16(3), S. 137-146. Lucke, Jörn von (2009): Transparenz 2.0 – Transparenz durch E-Government. Verwaltung und Management 15(6), S. 326-324. Menzl, Marcus (2010): Nachbarschaft in der Innenstadt – planerisches Wunschdenken oder realistische Perspektive?, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung – Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 133-149.

Wentzel, Joachim (2009): Europäische Verwaltungskulturen, in Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungsmodernisierung im europäischen Vergleich. Baden-Baden, S. 9-34. Wentzel, Joachim (2010a): Bürgerbeteiligung als Institution im demokratischen Gemeinwesen, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung – Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 37-60. Wentzel, Joachim (2010b): e-Government in Deutschland: Der Trend ist tot, es lebe der Trend, in Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungsmodernisierung 2010. Baden-Baden, S. 59-75. Ziller, Jacques 2001. European models of government: towards a patchwork with missing pieces. Parliamentary Affairs(54), S. 102-119.

Meyer, Kyrill/Heidner, Stephan (2008): Entwicklung von E-Government Dienstleistungen, in Fähnrich, Klaus-Peter/Husen, Christian v. (Hrsg.): Entwicklung IT-basierter Dienstleistungen: Co-Design von Software und Services mit ServCASE. Heidelberg, S. 257-279. Millard, Jeremy (2010): Government 1.5 - is the bottle half full or half empty? European Journal of ePractice(9), S. 1-16. OECD (2009): Government at a Glance 2009. Paris. URL: http://www.oecd.org/document/3/0 ,3343,en_2649_34139_43714657_1_1_1_37405,00 &&en-USS_01DBC.html [Stand 2010-11-03]. Reinermann, Heinrich/Lucke, Jörn von (Hrsg.) (2002): Electronic Government in Deutschland, Ziele, Stand, Barrieren, Umsetzung. Speyer. (Speyer Forschungsberichte, 226). Schedler, Kuno/Helmuth, Utz (2009): Process management in public sector organizations, in Bovaird, Tony u. (Hrsg.): Public management and governance. London, S. 181-197. Schubert, Annette (2010): Geschlechtersensibler Beteiligungshaushalt Freiburg 2009/2010, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 163-169. Schuppan, Tino (2010): Informatisierung der Verwaltung, in Blanke, Bernhard (Hrsg.): Handbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden. Siebel, Walter (2010): Planende Verwaltung und zivile Gesellschaft, in Becker, Elke, u.a. (Hrsg.): Stadtentwicklung, Zivilgesellschaft und bürgerschaftliches Engagement. Stuttgart. (Maecenata Schriften, 6), S. 25-38. Skelcher, Chris/Torfing, Jacob (2010): Improving democratic governance through institutional design: Civic participation and democratic ownership in Europe. Regulation/Governance(4), S. 71-91. The Economist (2008): Government offline: Why business succeeds on the web and government mostly fails. The Economist 14. August. Vatter, Adrian/Danaci, Deniz (2010): Mehrheitstyrannei durch Volksentscheide?: Zum Spannungsverhältnis zwischen direkter Demokratie und Minderheitenschutz. Politische Vierteljahresschrift 51, S. 205-222. Weber, Luzia (2010): Bewohnerbeteiligung im Quartiersmanagement Reuterplatz, in Hill, Hermann (Hrsg.): Bürgerbeteiligung - Analysen und Praxisbeispiele. Baden-Baden, S. 151-161.

VM 6/2010

Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Wesentliche Erkenntnisse aus der KGSt-Umfrage 2010 zum Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens Gabriele Buchholz/Andreas Lasar

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund und Deutscher Landkreistag) haben im Frühsommer 2010 eine bundesweite Umfrage unter den Kommunen zum Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens durchgeführt. Ein Fragenbereich zielte darauf ab, den Entwicklungsstand der im Rahmen der Reform des Haushalts- und Rechnungswesens vorgesehenen Einführung der ergebnisorientierten Steuerung festzustellen. Ausgehend von einer Darstellung der Ziele und des Inhaltes der Reform des Haushalts- und Rechnungswesens werden auf der Grundlage der Ergebnisse der KGSt-Umfrage die gegenwärtige Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung dargestellt, Umsetzungsprobleme beleuchtet und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Ziel und Inhalt der Reform des Gemeindehaushaltsrechts Das neue Steuerungsmodell als Ausgangspunkt Zwar wird im Rahmen der Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens oftmals vereinfachend von der „Einführung der Doppik“ gesprochen, wenn die Umstellung des Haushalts- und Rechnungswesens gemeint ist1, allerdings handelt es sich hier-

bei nicht primär um den Wechsel der Buchführungstechnik, sondern um die Einführung eines grundlegend neuen Steuerungssystems für Politik und Verwaltung auf der Basis des Ressourcenverbrauchskonzeptes, bei dem ein doppisch geprägtes Informationssystem zur Anwendung kommt.2 Letztlich ist die Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens die konsequente Fortsetzung der im Rahmen des New Public Management (NPM) bzw. des Neuen Steuerungsmodells (NSM) begon-

Prof. Dr. Gabriele Buchholz

Prof. Dr. Andreas Lasar

Professorin für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Management und Controlling, an der Hochschule Osnabrück

Professor für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen und Controlling, an der Hochschule Osnabrück

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 293-303

nenen grundlegenden Modernisierung des Managements öffentlicher Verwaltungen.3 Kernelemente des NSM sind der Aufbau einer konzernähnlichen dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur mit der Zusammenführung von Ergebnis- und Finanzverantwortung der einzelnen organisatorischen Einheiten, eine ergebnisorientierte Steuerung durch das Festlegen von zu erreichenden Wirkungen und Outputs, messbar anhand von Kennzahlen als Grundlage für die Zuordnung von Ressourcen, mehr Wettbewerb und eine stärkere Abgrenzung von Politik und Verwaltung.4 Begleitet wurde und wird der Modernisierungsprozess insbesondere durch eine intensive Organisations- und Personalentwicklung in den Verwaltungen.

Der Management- und Controllingprozess im Neuen Steuerungsmodell Steuerung wird als zielgerichtete und absichtsvolle Beeinflussung von Akteuren verstanden.5 Steuerung wird einerseits mit Management oder Führung gleichgesetzt.6 Andererseits werden Steuerungsaufgaben lediglich als Teil der Managementtätigkeiten verstanden. Im Folgenden wird von

1

Wolfrum 2009, S. 193.

2

Budäus 2009, S. 16 u. 46.

3

IMK 2003, Anlage 1, S. 1 f.; Klieve/Knirsch 2010, S. 217.

4

Vgl. KGSt 1993; Jann 2005; Schröter/Wollmann 2005. Beckhof bezeichnet in diesem Zusammenhang die ergebnisorientierte Steuerung als Zwilling des Ressourcenverbrauchskonzeptes; Beckhof 2007.

5

Vgl. Bolay 2006, S. 1.

6

Vgl. Steinmann/Schreyögg 2005, S. 6 ff.

293

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Phasen Planung

Realisierung

Aktivitäten • Ziele setzen • Soll-Ordnung entwerfen

• Organisation festlegen • Personal einsetzen • Personal führen • Steuerung der Durchführung (Abweichungen feststellen und gegensteuern)

Instrumente • Leitbild • strategischer Plan • mittelfristige Planung • Haushaltsplan • Produktplan • Plankosten- und -leistungsrechnung • outputorientierte Budgetierung • Kontraktmanagement • Berichtswesen

Methoden

• ergebnisorientierte Steuerung

• dezentrale Führung und Organisation

Ebenen

• normativ

• strategisch

sind. Ein wichtiges Instrument ist der Jahresabschluss als Kontrolle der einjährigen Haushaltsplanung und Haushaltswirtschaft. Die inhaltliche Ausgestaltung des Management- und Controllingprozesses ist abhängig von der Ausgangslage der jeweiligen Kommune, insbesondere der politischen Konstellation sowie vom Verhalten von Personen.14

Das NSM geht von einem optimistischen Menschenbild aus, d.h., es setzt auf die Eigenverantwortung Kontrolle • operativ • Plan-Ist vergleichen und • Jahresabschluss analysieren • Gesamtabschluss und weniger auf bürokratische • Kosten- und Kontrollen und Überwachung.15 Leistungsrechnung (Ist) Die Managementansätze der SteuAbb. 1: Management- und Controllingprozess in der Kommunalverwaltung12 erung durch Zielvorgaben anstelSteuerung als Synonym für Management le der Führung durch Einzelmaßnahmen Aufgabe des Managements ist die Persoausgegangen. Controlling hingegen beund der weitgehenden Dezentralisierung nalführung. In der Phase der Realisierung zeichnet alle Funktionen der Steuerungsvon Entscheidungskompetenzen und Verwerden auf der Grundlage der mit den unterstützung. Controlling übernimmt die antwortung, die sich gegenseitig bedingen, organisatorischen Einheiten vereinbarten Transparenzverantwortung, während die sind deshalb wesentliche Grundlagen des Budgets die erforderlichen kommunalen Ergebnisverantwortung beim Management NSM. Dazu ist es erforderlich, neben eiLeistungen erstellt, um die angestrebten verbleibt.7 Neben der Weiterentwicklung ner outputorientierten Budgetierung das Ziele zu erreichen. Wesentliche Managevon Management- und ControllinginstKontraktmanagement zu nutzen, in dem mentfunktion in der Phase der Realisierumenten gehört dazu insbesondere die Ziele zwischen den hierarchischen Ebenen rung ist das Gegensteuern bei drohenden Informationsversorgung der Führungsebevereinbart werden, die der KoordinatiAbweichungen von den Plänen, die durch 8 nen im Rahmen des Berichtswesens. Die on dezentraler Einheiten bei größtmöglidas Controlling im Rahmen des BerichtsSteuerung aufgrund der genannten Mechem Entscheidungsspielraum dienen.16 wesens festgestellt werden.13 Controlling mithilfe eines nach den InformationsbeDen Hauptkontrakt bildet dabei der erthoden und Instrumente erfolgt in mehreren aufeinander abgestimmten Schritten. dürfnissen der jeweiligen Führungsebene gebnisorientierte Haushalt, der in FachAbbildung 1 verdeutlicht, wie der Maeinschließlich der Politik abgestuften und bereichskontrakte als Vorgaben für die nagement- und Controllingprozess in der standardisierten Berichtswesens erhält eiFachbereiche heruntergebrochen wird.17 Die verselbstständigten Aufgabenträger nen besonderen Stellenwert im Rahmen Kommune auf der Grundlage des NSM wie Eigenbetriebe, kommunale Anstalten, idealtypisch aussehen kann. einer dezentralen Führungs- und OrgaEigengesellschaften und Beteiligungen nisationsstruktur. Je stärker der Dezentsind in das Kontraktmanagement zu inralisierungsgrad, desto intensiver ist der Der Management- und Controllingprotegrieren und über Zielvereinbarungen zu Controllingprozess zu gestalten, damit die zess ist modellhaft als rückgekoppelter Reführen. Zur transparenten Führung der gelkreis zu verstehen, der sich in die Phadezentralen Einheiten ihre Bereichsinterverselbstständigten Aufgabenträger wäre sen Planung, Realisierung und Kontrolle essen trotz zusätzlicher Handlungsfreiheit aufgliedert.9 Der logische Ausgangspunkt auf die Interessen der Gesamtverwaltung ist die Planungsphase, d.h. das Nachdenausrichten. Den logisch letzten Schritt ken darüber, welche Ziele erreicht werden innerhalb des Prozesses, aber auch Aus7 Zum Begriff und Inhalt des Controllings in der Verwaltung siehe KGSt 1994; Pook/Tebbe 2002, S. sollen und wie sie am besten zu erreichen gangspunkt für die Neuplanung und den 43; Schedler 2005, S. 413 ff. 10 sind. Die Wirkungs- und LeistungszieBeginn eines neuen Zyklus des Manage8 Vgl. Homann 2005, S. 1 ff. le sind die Voraussetzung, um begründet ment- und Controllingprozesses, bildet 9 Vgl. Damkowski/Precht 1995, S. 18 f. über die geeigneten und notwendigen die Phase der Kontrolle. Dabei können 10 Vgl. Steinmann/Schreyögg 2005, S. 10. Aktivitäten der Kommune entscheiden zu Realisierungs- und Kontrollphase nicht 11 Vgl. Schmidberger 1994, S. 177; Wolfrum 2009, S. 195. können, und Ausgangspunkt des Managetrennscharf abgegrenzt werden, da in der 12 Die Darstellung und Beschreibung des Management- und Controllingprozesses bzw. des Realisierungsphase bereits Kontrollaufgament- und Controllingprozesses sind vielfältig; Steuerungskreislaufes in der Kommune.11 ben wahrgenommen werden. Aufgabe des vgl. KGSt 1998, S. 22. In der Phase der Realisierung werden die Plan/Ist-Vergleiches ist es festzustellen, ob 13 Pook/Tebbe 2002, S. 43 f. Pläne umgesetzt. Dies erfolgt im Rahmen es gelungen ist, die Pläne umzusetzen und 14 Vgl. Eichhorn 2003, S. 141. einer effizienten Aufbau- und Ablaufordie Ziele zu erreichen. Abweichungen sind 15 Schedler/Proeller 2006, S. 52 f. ganisation mit den erforderlichen Stellen daraufhin zu prüfen, ob Korrekturmaß16 Vgl. Lasar 2001, S. 154 ff. für das benötigte Personal. Eine wichtige nahmen oder Planrevisionen erforderlich 17 KGSt 2000, S. 23. 294

• Wettbewerb

VM 6/2010

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung es erforderlich, vergleichbare Instrumentarien einzusetzen, wie zur Steuerung des Kernhaushaltes, nämlich produktorientierte Haushalts- oder Wirtschaftspläne.18 Neben Finanzzielen sind Leistungsvorgaben in die Planung für die verselbstständigten Aufgabenträger aufzunehmen, deren Erreichung durch das unterjährige Gesamtberichtswesen zu gewährleisten ist.19 Der Management- und Controllingprozess findet auf einer normativen, strategischen und operativen Ebene statt, die miteinander zu verzahnen sind.20 Auf der Ebene des normativen Managements werden generelle Ziele, Prinzipien, Normen und Spielregeln oftmals mithilfe eines Leitbildes oder von Leitzielen festgelegt.21 Die Gemeinde gibt dabei vor, wie

werden und ob die gewählte Rechts- und Organisationsform für die Aufgabenerfüllung effizient und effektiv ist.24 Bisher haben die Kommunen zwar in Teilbereichen auch grundlegende und weitreichende Planungen durchgeführt, wie z.B. durch die Aufstellung eines Schulentwicklungsplanes, allerdings sind diese wenig systematisiert und aufeinander abgestimmt und so allgemein, dass die Verwaltung keine konkreten Handlungsanweisungen daraus ableiten konnte.25 Das operative Management befasst sich mit der Umsetzung der normativen und strategischen Vorgaben in operative Produkt-, Leistungs- und Prozessziele und zielgerichtete Aktivitäten. Dazu sind die zu erstellenden Produkte und Leistungen festzulegen, die sich größtenteils aus gesetzlichen Auftragsgrundla-

»Wirtschaftliches Handeln in der Verwaltung benötigt Transparenz über das vollständige Ressourcenaufkommen und den vollständigen Ressourcenverbrauch.« die Zusammenarbeit mit den Bürgern gestaltet werden soll, wie sie ihre Mitarbeiter behandeln will und welche politischen Handlungsfelder ihr wichtig sind. Ausgehend vom Leitbild beschäftigt sich die Gemeinde auf der Ebene des strategischen Managements mit grundlegenden, übergreifenden und weitreichenden, d.h. mittel- und langfristigen Zielen.22 Um eine Orientierung für die Bildung strategischer Ziele zu erhalten, ist es zweckmäßig, losgelöst von den organisatorischen Strukturen politische Handlungsfelder zu bilden, wie z.B. Bildung, Umwelt, Wirtschaft usw.23 In diesen Handlungsfeldern sind entsprechend den Umweltbedingungen und besonderen Stärken und Schwächen der Gemeinde strategische Ziele festzulegen. In diesem Zusammenhang können bereits einzelne Maßnahmen oder Projekte vorgegeben oder die Relevanz bestimmter Produkte aufgezeigt werden. Aufgrund von Analysen des Gesamtproduktportfolios (Gesamtaufgabenkritik) im Rahmen des strategischen Managements ist regelmäßig zu prüfen, welche Produkte zusätzlich erstellt, verändert oder abgebaut VM 6/2010

gen ergeben. Auch wenn viele kommunale Leistungen in der Abwicklung gesetzlich verpflichtend geregelt sind, lassen sich sowohl auf der strategischen als auch der operativen Ebene Schwerpunkte setzen und Anpassungen vornehmen.

Die Notwendigkeit eines doppischen Haushalts- und Rechnungswesens Das Haushalts- und Rechnungswesen der Kommunalverwaltung muss die zur Steuerung notwendigen wertmäßigen Informationen für die Planung und Ausführung von Leistungen bereitstellen. Der dargestellte idealtypische Management- und Controllingprozess auf der Grundlage des NSM

18

Vgl. Fischer 2008, S. 7.

19

Vgl. Modellprojekt „NKF-Gesamtabschluss“ NRW 2009, S. 110 f.

ist grundsätzlich unabhängig vom verwendeten Rechnungsstil, also der Doppik oder der Kameralistik.26 Wirtschaftliches Handeln in der Verwaltung, welches nicht nur durch die ökonomische Logik des NSM, sondern auch durch das Gemeindehaushaltsrecht eingefordert wird, benötigt Transparenz über das vollständige Ressourcenaufkommen und den vollständigen Ressourcenverbrauch kommunaler Leistungen.27 Daneben dient die vollständige Abbildung des Ressourcenverbrauches dem Nachweis der intergenerativen Gerechtigkeit. Wegen der fehlenden Abbildung des Vermögensverzehrs und der vollständigen Schulden werden die tatsächliche finanzielle Lage und die finanziellen Folgen politischer Entscheidungen durch die Kameralistik nicht ausreichend dokumentiert. Zwar vermag eine Erweiterung der Kameralistik, insbesondere in der von der IMK vorgeschlagenen Form28 mit einer vollständigen Erfassung von Vermögen und Schulden und einer produktorientierten Kosten- und Leistungsrechnung, eine annähernd vergleichbare Datengrundlage wie die Doppik zu liefern, allerdings wird dies aufgrund der fehlenden Vorteile gegenüber der Doppik und der Nachteile eines in sich nicht geschlossenen Systems mit höherer Fehleranfälligkeit in der Wissenschaft weitgehend abgelehnt.29 Zudem ist es äußerst schwierig, mit einem kameralen System in der Kernverwaltung einen Gesamtüberblick über das Vermögen und die Schulden und das Ressourcenaufkommen und den Ressourcenverbrauch sämtlicher kommunaler Aufgaben, auch derer, die in verselbstständigten Aufgabenträgern abgewickelt werden, vergleichbar einem Konzernabschluss, zu bekommen.30 Gerade der Gesamtabschluss, soweit er alle verselbstständigten Aufgabenträger einbezieht, ist das eigentliche Instrument, um die Einhaltung des Grundsatzes der intergenerativen Gerechtigkeit in finanzieller Hinsicht einschätzen zu können.31

24 Vgl. Modellprojekt „NKF-Gesamtabschluss“ NRW 2009, S. 109 f.; vgl. das Beispiel der Stadt Wolfsburg in Schmidt-May/Edler 2009, S. 32.

20 Vgl. Heinz 2000, S. 11 ff.; Conrad/Hegemann/Pook/ Wick (2010), Folge 2, S. 13.

25

Weißer 2010, S. 96.

21

Heinz 2000, S. 26 ff.

27

22

Vgl. Eichhorn 2003, S. 139; Thom/Ritz 2008, S. 53 f.

28 IMK 2003, Anlage 1, S. 5 f.

23

Gornas 2008, S. 6.

29 Lasar 2010, S. 7 u. S. 135.

26 Meynhardt/Schulze 2010, S. 28. Lasar 2001, S. 181 ff.

30 Goldbach 2010, S. 14.

295

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Die Kameralistik ist nicht verantwortlich für die zunehmende Verschuldung der Gebietskörperschaften, für den Sanierungs- und Instandhaltungsstau am kommunalen Vermögen und das Versäumnis, für Beamtenpensionen Rücklagen zu bilden. Diese Entwicklung ist ausgelöst durch politische Entscheidungen.32 Allerdings beinhaltet die Umstellung auf die Doppik eine erhebliche Steigerung der Transparenz der finanziellen Belastungen und der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage. Finanzielle Fehlentwicklungen wurden zwar in der Kameralistik vermutet, aber nicht in ihrer tatsächlichen Höhe insbesondere auf der politischen Ebene transparent und

Anhang anzugeben. Ermessensspielräume in der Bilanzpolitik ergeben sich insbesondere bei der Ermittlung der Höhe von außerplanmäßigen Abschreibungen und der Bemessung des Erfüllungsbetrages von sonstigen Rückstellungen. Bereits in der Kameralistik ist manchmal die Abgrenzung zwischen Erhaltungsausgaben und Herstellungsausgaben nicht in der vorgeschriebenen Weise vorgenommen worden, sodass umfangreichere Instandhaltungsmaßnahmen aus dem Vermögenshaushalt und damit aus Investitionskrediten finanziert werden konnten. Es ist zu hoffen, dass durch die neu geschaffene Transparenz durch die Abbildung von Vermö-

»Durch das neue kommunale Haushaltsund Rechnungswesen werden die für den Management- und Controllingprozess erforderlichen Instrumente nicht nur bereitgestellt, sondern auch eingefordert.« in die Systematik des Haushaltsausgleichs und die Beurteilung der dauernden Leistungsfähigkeit einer Kommune integriert. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass durch gesetzliche Regelungen und bilanzpolitische Spielräume das Ressourcenverbrauchskonzept und die grundsätzliche Vorgabe für den Haushaltsausgleich, dass die Erträge eines Haushaltsjahres die Aufwendungen der Kommune decken, nicht aufgeweicht werden. In Nordrhein-Westfalen ist z.B. ein Abschmelzen des Eigenkapitals bzw. des Reinvermögens bei entstehenden Fehlbeträgen möglich, in Niedersachsen ist durch das Hinzufügen des Satzes 4 in den § 45 Abs. 3 GemHKVO die Aktivierung von Erhaltungsmaßnahmen vorgeschrieben, soweit die Kommune dafür eine Zuwendung oder einen zinsvergünstigten Kredit von der Europäischen Union, dem Bund, dem Land oder einer Förderbank als Investitionshilfe erhält. In Baden-Württemberg wird auf die Passivierung von Pensionsrückstellungen in der kommunalen Bilanz verzichtet. Pensionsverpflichtungen sind gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 4 der GemHVO-BW lediglich im 296

gensänderungen in der Bilanz eine größere Zurückhaltung seitens der Kommunen erfolgt. Die Vermutung, dass es aufgrund der unterschiedlichen originären Informationsbedürfnisse entwicklungsgeschichtlich logisch ist, dass sich für die budgetgesteuerten öffentlichen Verwaltungen und Betriebe bei entsprechender Weiterentwicklung die Kameralistik und für eigenkapitalbasierte Unternehmen die Doppik als die geeigneten Rechnungssysteme herausgebildet haben33, ist kritisch zu betrachten. Einerseits gibt es bereits jetzt zahlreiche auch hoheitliche Aufgaben, die die öffentliche Verwaltung in ausgegliederten Einheiten im kaufmännischen Rechnungswesen wahrnimmt, andererseits ist die Kameralistik in ihrer Anpassungsfähigkeit an die für das Verwaltungsmanagement erforderlichen Datengrundlagen begrenzt. Zweckmäßig ist es allerdings, losgelöst vom Referenzsystem des HGB, welches gegenwärtig den Regelungen im Gemeindehaushaltsrecht zugrunde liegt, eine stärkere Ausrichtung des doppischen

Haushalts- und Rechnungswesens an den Informationsbedürfnissen der öffentlichen Verwaltung, insbesondere eine Entwicklung von verwaltungsspezifischen GoB, voranzutreiben.34

Impulse des Haushalts- und Rechnungswesens für die Verwaltungssteuerung Durch die Darstellung des gesamten Ressourcenverbrauches und -aufkommens mittels Jahresabschluss und Gesamtabschluss kann die Doppik die Belastung der jetzigen und der zukünftigen Generationen besser abbilden. In den Regelungen zum Gemeindehaushaltsrecht ist in den meisten Ländern die Abbildung von Produkten, Zielen und Kennzahlen im Managementprozess sowohl in der Haushaltsplanung als auch der Kontrolle mittels des Jahresabschlusses verpflichtend vorgeschrieben und dient als Grundlage einer ergebnisorientierten Steuerung.35 Diese wird zusätzlich unterstützt durch die geforderte Einführung der Kostenund Leistungsrechnung zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Produkten und Leistungen und die Implementierung eines Controllingsystems mit einem unterjährigen Berichtswesen.36 Zielen und Kennzahlen wird eine zentrale Funktion im Steuerungsprozess zugewiesen.37 Durch die genannte ergebnisorientierte Darstellung und eine Flexibilisierung der Haushaltsausführung ist eine outputorientierte Globalbudgetierung als Basis für den Aufbau einer dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur möglich. Insgesamt werden durch das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen die für den Management- und Controllingprozess auf der Grundlage des NSM erforderlichen Instrumente nicht nur bereitgestellt, sondern teilweise auch eingefordert.38

31

Lasar/Fischer 2010, S. 150.

32

Bräunig 2010, S. 10; Meynhardt/Schulze 2010, S. 28.

33

Bräunig 2010, S. 10.

34

Arbeitskreis „Integrierte Verbundrechnung“ (IVR) 2005; Lüder 2006.

35

Vgl. § 4 Abs. 7 GemHKVO-NDS, § 50 Abs. 3 S. 2 GemHKVO-NDS.

36 Vgl. § 21 Abs. 1 GemHKVO-NDS. 37

Vgl. § 21 Abs. 2 GemHKVO-NDS; Klieve/Knirsch 2010, S. 218.

38

Vgl. Holtkamp 2010, S. 58.

VM 6/2010

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung

Umfrage der KGSt zum Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens Überblick Im Frühsommer 2010 haben die KGSt und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände39 Daten zum Stand der Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens erhoben. An der Umfrage der KGSt beteiligten sich insgesamt 572 Kommunen, davon 547 Kommunen über 10.000 Einwohner und 25 Kommu-

gesehen ist. Obwohl grundsätzlich auch auf der Basis der (erweiterten) Kameralistik eine ergebnisorientierte Steuerung durch die Bildung von Wirkungs- und Leistungszielen möglich ist, wurden in der weiteren Befragung der KGSt nur die 536 Doppik-Kommunen berücksichtigt. In 2009 hatten bereits 62,1 Prozent der 536 Teilnehmer auf die Doppik umgestellt, allerdings liegen von mehr als der Hälfte der Teilnehmer keine Daten zur Entwicklung des Eigenkapitals vor. Es ist davon auszugehen, dass es erhebliche Probleme mit der Aufstellung der ersten Eröffnungsbilanz und des ersten Jahresabschlusses gibt.

»Es ist festzustellen, dass in den Kommunen die Ebenen des normativen und strategischen Managements kaum systematisch entwickelt sind.«

nen unter 10.000 Einwohner und 2 Regionalverbände. Damit haben 30,9 Prozent der Kommunen über 10.000 Einwohner an der Umfrage teilgenommen, die Beteiligung der Kreise lag bundesweit bei 67,1 Prozent und die der Städte und Gemeinden bei 23,8 Prozent. Die KGSt hatte bereits im Frühsommer 2007 eine Umfrage zur gleichen Thematik durchgeführt.40 Aufgrund der zum Teil unterschiedlichen Fragestellungen ist ein Zeitvergleich allerdings nur eingeschränkt möglich. Die Antworten der Kommunen zu den Fragen sind teilweise abhängig von der Gemeindegrößenklasse und der Zugehörigkeit zu einem Bundesland, da dies insbesondere den Zeitpunkt der Einführung des neuen Haushalts- und Rechnungswesens beeinflusst. 536 der 574 Teilnehmer gaben in der Umfrage der KGSt an, die Doppik bereits einzusetzen bzw. zukünftig einsetzen zu wollen. Eine Tendenz der Kommunen für oder gegen die Doppik lässt sich aus den Nennungen nicht ableiten, da in den Ländern mit Ausnahme Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein und Thüringen verpflichtend die Einführung der Doppik vorVM 6/2010

Zum 01.01.2012 werden voraussichtlich ca. 90 Prozent der beteiligten Kommunen die Doppik eingeführt haben.

Stand der Einführung der ergebnisorientierten Steuerung Aus den Fragen der KGSt zum Einsatz der Steuerung mit Zielen auf der Grundlage des dargestellten Management- und Controllingprozesses im Rahmen der Umfrage zum Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens lassen sich folgende Erkenntnisse ableiten: 41 Die Abbildung von Zielen im Haushalt, als dem weiterhin wichtigsten Planungs-

39 In weiteren Verlauf wird jeweils vereinfachend von der Umfrage der KGSt gesprochen. Die Veröffentlichung der Ergebnisse in einem Materialienband der KGSt ist für Dezember 2010 vorgesehen. 40 Vgl. KGSt-Materialien 4/2008. 41

PricewaterhouseCoopers (PWC) hat in 2009 eine Befragung speziell dem Thema „Outputorientierte Steuerung in Landkreisen“ gewidmet, siehe Hellenbrand/Levermann 2009. Der Deutsche Städtetag hat unter seinen

instrument der Kommune, erfolgt zeitlich nachgelagert zur Einführung der Doppik. Von den 536 Kommunen, die sich an der Umfrage der KGSt beteiligten, haben bereits 464 Kommunen (86,6 %) Teilhaushalte eingerichtet, aber nur 310 der 464 Kommunen mit Teilhaushalten und damit 66,8 Prozent haben auch Ziele und Kennzahlen zur Planung, Steuerung und Kontrolle ausgewiesen. Im Vergleich mit dem Jahr 2007 ergibt sich, dass trotz fortgeschrittener Doppik-Einführung der Anteil der Kommunen, die Ziele und Kennzahlen in allen Teilhaushalten angegeben haben, mit 25,7 Prozent gleich geblieben ist. In den Ländern, die erst ab 2012 und später ihre Umstellungstermine festgelegt haben, ist der Anteil der Kommunen, die sich kaum mit Zielen und Kennzahlen auseinandergesetzt haben, noch überdurchschnittlich hoch. Es kann aber nicht angenommen werden, dass sich mit fortschreitender Umstellung der Anteil der Kommunen kurzfristig erhöht. In Nordrhein-Westfalen haben alle Kommunen nach einer vierjährigen Übergangsphase spätestens zum 01.01.2009 das doppische Haushalts- und Rechnungswesen anzuwenden. Knapp 45 Prozent der an der Umfrage beteiligten Kommunen aus NRW haben angegeben, dass sie bisher noch keine oder nur eingeschränkt Ziele und Kennzahlen gebildet haben. Die Ableitung von operativen Zielen aus Strategien ist nur in wenigen Kommunen umgesetzt. 62,9 Prozent (= 337) der insgesamt 536 beteiligten Kommunen machten keine Angaben zum Prozess der Zielbildung. Nur in 14,7 Prozent der Kommunen (= 79) gibt es eine politisch beschlossene strategische Zielplanung, aus denen die operativen Ziele abgeleitet werden. Es ist festzustellen, dass die Ebenen des normativen und strategischen Managements noch kaum systematisch entwickelt sind.

Mitgliedern in 2010 eine weitere Umfrage und Interviews zum Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens vorgenommen. In der Gesamteinschätzung zum Stand der Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung ergeben sich aus den Umfragen der PWC und des Deutschen Städtetages keine abweichenden Ergebnisse im Vergleich zur Umfrage der KGSt. Wegen der größeren Repräsentativität wird im weiteren Verlauf im Wesentlichen auf die Umfrage der KGSt abgestellt.

297

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Probleme mit dem NKR/NKF

Anteil Kommunen (536) in %

Haushaltsausgleich ist schwieriger geworden

45,7% (40,11 %)

Ziele und Kennzahlen

43,7% (43,5 %)

Finanzstatistik

41,8% (22,1 %)

Erfassung und Bewertung des Vermögens

35,1% (51,0%)

Software

34,5% (30,5 %)

Akzeptanz der Politik

28,9%

Qualifizierung der Beschäftigten

26,1%

Aufstellung Gesamtabschluss

24,8% (25,6 %)

Aufstellung Jahresabschluss

20,9%

Qualität des Buchungsgeschäfts

18,7%

Internes Berichtswesen

18,3%

Abb. 2: Übersicht über die wichtigsten Probleme bei der Einführung des NKR/NKF42

Nur in wenigen Kommunen setzt sich gegenwärtig die Politik aktiv mit der Festlegung von Zielen auseinander und zieht diese zur Argumentation der Budgetansätze in den Haushaltsplanberatungen heran. Von den 199 Kommunen, die zu dieser Frage in der Erhebung der KGSt Auskunft gegeben haben, ist bei 60 Prozent der Kommunen die Politik an den Zielen interessiert und gestaltet – zumindest teilweise – die Ziele/Kennzahlen mit. Von den 326 der 536 Umfrageteilnehmer, bei denen bereits Erfahrungen mit den neuen Informationen aus der Doppik vorliegen, gaben knapp 50 Prozent an, dass die Entscheidungsgrundlage für die Politik durch den doppischen Haushalt nicht verbessert wurde. Dabei ist der Anteil der Kommunen, die eine verbesserte Entscheidungsgrundlage angaben, umso höher, je größer die Kommune ist. Bei den Doppik-Frühstartern gab es allerdings keine signifikanten Abweichungen zum Gesamtdurchschnitt. Von 76 Nennungen zu Nachbesserungswünschen der politischen Ebene bezogen sich 30 Prozent auf den Wunsch, die Sachkontendarstellung analog zu den kameralen Haushaltsstellen zu erhalten. In nur wenigen Kommunen werden die festgelegten Leistungsziele unterjährig in der Phase der Realisierung im Rahmen eines abgestuften Berichtswesens durch das Controlling überwacht. Von den 199 Kommunen, die Ziele und Kennzahlen gebildet haben, nutzen 26 Prozent diese Ziele und Kennzahlen zur Darstellung des Zielerreichungsgrades in der unterjährigen Berichterstattung. 33,6 Prozent dieser Kommunen berichten nicht nur über finanzielle Größen, sondern auch über erreichte Leistungsmengen und 298

qualitative Kennzahlen. Bei 15,7 Prozent der Kommunen, die Angaben gemacht haben, beschränkt sich die Berichterstattung trotz vereinbarter Ziele und Kennzahlen ausschließlich auf finanzielle Größen. Bei nur 18,5 Prozent der Kommunen werden infolge der Berichterstattung auch tatsächlich Steuerungsentscheidungen getroffen. Knapp sechs Prozent der Kommunen machen die vereinbarten Ziele und Kennzahlen sogar zum Bestandteil der leistungsorientierten Bezahlung nach dem TVöD. In nur wenigen Kommunen wird auf im Rahmen des Berichtswesens festgestellte Abweichungen reagiert. Von den 199 Kommunen, die Ziele und Kennzahlen gebildet haben, diskutieren 26,1 Prozent entstandene Abweichungen von den mit dem Haushalt beschlossenen Zielen und Kennzahlen. Bei 73,9 Prozent der Kommunen bleiben Abweichungen folgenlos. Die Schwierigkeiten mit dem Umgang von Zielen und Kennzahlen in den Kommunen werden bei der Frage nach Problemen mit der Einführung des neuen Haushalts- und Rechnungswesens besonders deutlich (vgl. Abb. 2). Die Arbeit mit Zielen und Kennzahlen wird von knapp der Hälfte der Kommunen nach den Schwierigkeiten mit dem Haushaltsausgleich als häufigstes Problem angegeben. Gegenüber dem Ergebnis der Umfrage aus 2007 ist keine Verbesserung erkennbar. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Entwicklung eines ganzheitlichen Management- und Controllingprozesses auf der Grundlage einer ergebnisorientierten Steuerung, obwohl viele Kommunen mit

dem Umstellungsprozess begonnen und einige die Doppik bereits mehrere Jahre eingeführt haben und nutzen, nur schleppend voranschreitet.43 Bereits seit Anfang der 1990er Jahre ist die outputorientierte Steuerung ein Schwerpunktthema der Verwaltungsmodernisierung in den Kommunen. Noch bevor die Änderung des Gemeindehaushaltsrechts von den Ländern angedacht war, wurde von vielen Kommunen der Versuch unternommen, freiwillig ggf. im Rahmen von Experimentierklauseln durch Produkthaushalte mit erheblichem Aufwand die ergebnisorientierte Steuerung zu entwickeln. Die Implementierung des Management- und Controllingprozesses auf der Grundlage von Wirkungs- und Leistungszielen gelang in dieser frühen Phase der Verwaltungsmodernisierung nur in wenigen Kommunen.44 Dabei war insbesondere die Veränderung der politischen Steuerung problematisch.45 Es ist gegenwärtig nicht abzusehen, ob es gelingt, die zielorientierte Steuerung über die Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens zu forcieren.

Ursachen für Entwicklungsdefizite bei der ergebnisorientierten Steuerung Die Kommunen wenden sich im Umstellungsprozess zunächst der Änderung des Rechnungsstils und den damit verbundenen handwerklichen Tätigkeiten zu. Dieser Teilschritt der technischen Umsetzung ist sehr aufwendig und bindet Personalkapazitäten. Dies lässt sich aus der Verzögerung der Aufstellung der ersten Eröffnungsbilanzen und der Jahresabschlüsse und den Problemen mit der Organisation der Buchführung ableiten. Die Befassung mit Zielen und Kennzahlen gerät dadurch verständlicherweise in den Hintergrund.46 Langfristig werden in allen Teilhaushalten formell Ziele und Kennzahlen ausgewiesen sein, schon alleine deshalb, weil die Regelungen des Gemeindehaushaltsrechts eine entsprechende Abbildung verlangen.

42 Es waren Mehrfachnennungen möglich. Es sind nur Probleme mit Nennungen von mehr als 17 % aller Kommunen aufgeführt. In Klammern sind die Werte aus der Umfrage 2007 angegeben. 43

Klieve/Knirsch 2010, S. 217.

44 Vgl. Holtkamp 2010, S. 56. 45

Vgl. Bogumil/Grohs/Kuhlmann/Ohm 2007, S. 60 f.

46

Vgl. Beckhof 2007, S. 249.

VM 6/2010

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Es ist aber anzunehmen, dass die Umsetzung und inhaltliche Ausgestaltung des Management- und Controllingprozesses und eine verstärkte Ergebnisorientierung nicht schon alleine durch die Darstellung von Produkten, Zielen, Kennzahlen und Maßnahmen zur Zielerreichung erreicht werden kann. Anders als die Aufnahme von Zielen und Kennzahlen wird zwar die Zuständigkeit, strategische Ziele festzulegen47, ausdrücklich der politischen Ebene zugeordnet, eine rechtliche Verpflichtung zur Verabschiedung von Strategien oder deren

der Ausführung und anschließenden Kontrolle keine große Rolle. Fehlende organisatorische Anpassungen führen dazu, dass die Ziele auch von der Verwaltung nicht mehr wahrgenommen werden. Verhindert wird eine Orientierung des Ressourcenverbrauches an den Leistungszielen, wenn die Aufgaben der Steuerungsunterstützung für die Finanzziele und Leistungsziele auf unterschiedliche Organisationseinheiten verteilt werden. Oftmals ist für die Aufstellung des Haushaltes mit der Zuordnung von Budgets und der Vorgabe von Finanzzielen und das Finanzcontrolling traditionell die Kämmerei bzw. Finanzverwaltung

»Die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der Akteure innerhalb und außerhalb der Kommunalverwaltung stehen einem rational-ökonomischen Steuerungskonzept entgegen.« Aufnahme in den Haushalt ist mit Rücksichtnahme auf die kommunale Selbstverwaltung nicht eingeführt worden.48 Das Gemeindehaushaltsrecht regelt lediglich die Aufnahme von relevanten Produkten mit Zielen und Kennzahlen in den Haushalt. Um zu schnellen Ergebnissen zu kommen und die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen, wird in vielen Kommunen, initiiert durch die Kämmerei und/oder Einheiten der Steuerungsunterstützung, der Weg gewählt, Produktziele und Kennzahlen zunächst innerhalb der vorhandenen Organisations- und Leistungsstrukturen mit den Ämtern oder Fachbereichen abzustimmen. Dies führt dazu, dass in der kommunalen Praxis Ziele tendenziell ausschließlich auf Produktebene gebildet werden und eher operativer Natur sind, da Strategien i.d.R. gesamtstädtisch anzulegen sind bzw. in politischen Handlungsfeldern, die mehrere Produktgruppen ggf. aus verschiedenen Produktbereichen umfassen.49 Der Haushalt enthält dann zwar wie vorgegeben Ziele, Kennzahlen und Maßnahmen zur Zielerreichung. Diese werden aber von der Politik kaum beachtet und spielen sowohl in der Haushaltsberatung als auch VM 6/2010

zuständig, während die Entwicklung von Ergebniszielen unabhängig davon in anderen Organisationseinheiten, wie z.B. der Hauptverwaltung, angesiedelt wird. Dieser eher suboptimale Prozess wird auch dadurch verursacht, dass die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der Akteure innerhalb und außerhalb der Kommunalverwaltung, die teilweise der Einführung eines rational-umfassenden Management- und Controllingkonzeptes entgegenstehen, nicht ausreichend beachtet werden. Neben dem Konzept des Managerialismus, welches rationale ökonomische Entscheidungen unterstellt, gehören die Annahmen und Handlungsempfehlungen der Public-Choice-Theorie zu den theoretischen Grundlagen des NPM bzw. NSM. Die Theorie des Public Choice überträgt die aus der Ökonomie stammende Theorie rationaler Entscheidungen auf politische Phänomene und befasst sich speziell mit Anreizstrukturen und Entscheidungsprozessen, die bei der Bereitstellung und Entscheidung über Leistungen im politischen Umfeld eine Rolle spielen.50 Die Bürger, Politiker, die Verwal-

tungsführung und die Verwaltungsmitarbeiter streben danach im bestehenden politischen System jeweils die Maximierung ihres individuellen Nutzens an. Die gegenwärtigen Strukturen in der öffentlichen Verwaltung werden durch die Bedingungen des demokratischen Wettbewerbs, des Monopolangebotes von Leistungen, fehlende Insolvenzfähigkeit und Entscheidungen über öffentliches Vermögen geprägt. Fehlentscheidungen haben i.d.R. keine umfassenden persönlichen Konsequenzen für den Einzelnen. Das Ziel der Gemeinwohlorientierung ist anders als das Ziel der Gewinnmaximierung in erwerbswirtschaftlichen Unternehmen nicht eindeutig messbar, sondern wird durch die Politik im System der repräsentativen Demokratie festgelegt. Angetrieben von den Ansprüchen einzelner Bürger und Interessengruppen tendiert die Politik vornehmlich zu einer Steuerung über Einzelprojekte und Einzelmaßnahmen.51 Die Politik befasst sich häufig mit der Vergangenheit und mit Aktuellem.52 Die Befassung mit langfristigen Entwicklungslinien ist eher uninteressant53, insbesondere besteht eine gewisse Scheu, konkrete Ziele festzulegen, an denen der politische Erfolg messbar ist.54 Prioritätensetzungen mit Budgeterhöhungen setzen voraus, dass an anderer Stelle Leistungen reduziert werden müssen.55 Mit Blick auf die Maximierung von Wählerstimmen und den kurzfristigen Legislaturperioden tut sich die Politik schwer, entsprechende Beschlüsse zu fassen. Zur politischen Rationalität gehört nicht nur das Verfolgen eigener Ziele, sondern genauso das Verhindern von Projekten, die zwar für das

47

Vgl. z. B. § 41 Abs. 1 Buchst. t GO-NW.

48 Vgl. Innenministerium NRW 2010, S. 993 ff. 49 Gornas 2008, S. 14; Lasar 2010, S. 8. 50 Zu Public Choice und den theoretischen Grundlagen des NPM bzw. NSM siehe Reinermann 2000, S. 40 ff.; Thom/Ritz 2008, S. 15 ff. 51

Fiedler/Vernau 2001, S. 30.

52

Weißer 2010, S. 93.

53

Weißer 2010, S. 94; Holtkamp 2004, S. 6. Der Politik wird ein geringes Interesse an langfristigen Strategien unterstellt. Bogumil bezeichnet das Verhältnis von Politik und Verwaltung als „Sollbruchstelle Nr. 1 im Modernisierungsprozess“, Bogumil 2005, S. 494.

54

Eichhorn 2003, S. 141.

55

Vgl. Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 3, S. 12.

299

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Gemeinwohl sinnvoll sein können, aber konkurrierenden Zielen oder Personen nützen.56 Auf der anderen Seite werden politische Interessen außerhalb des Parlamentes über politisch besetzte Führungspositionen in die Verwaltung getragen. Gegenüber der Verwaltungsführung und den Verwaltungsmitarbeitern hat die Politik erhebliche Informationsnachteile und einen Mangel an Fachkompetenz. Die Politik kann die den Budgets zugrunde liegenden Kosten- und Leistungsstrukturen kaum überprüfen. Die Mitarbeiter und insbesondere die Führungskräfte in der Kommunalverwaltung haben im Rahmen der Anreizstruktu-

erst eingeführt sind.58 Die politikwissenschaftliche Forschung nimmt aufgrund von in der Verwaltungspraxis gegenwärtig erkennbaren Entwicklungen teilweise an, dass es nicht gelingen wird, eine ergebnisorientierte Steuerung auf der Grundlage ökonomischer Rationalität dauerhaft einzuführen59, wobei die Zweckmäßigkeit der Steuerung über Ziele und deren Relevanz für die Sicherstellung der dauernden Aufgabenerfüllung nicht verneint wird. Andererseits ergibt sich bezüglich der Steuerungsinstrumente grundsätzlich kein Widerspruch. Das Festlegen messbarer Ziele macht die Politik zwar angreifbar, allerdings führt dies dazu, dass eine größere Transparenz des Verwaltungshan-

»Ergebnisorientierte Steuerung ist möglich, soweit die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.«

ren ein wesentliches Interesse an der Budgetmaximierung, weil diese Macht, Geld und Karriere ermöglicht. Die Verwaltung neigt dabei im Verfolgen ihrer Präferenzen zu einer Überproduktion von Leistungen, um ihre Budgets, unabhängig von der tatsächlichen Nachfrage, so weit wie möglich ausdehnen zu können. Dementsprechend vergrößert sich die Basis für die Erreichung persönlicher Ziele. Die Verwaltung hat tendenziell wenig Interesse, die Informationsasymmetrien durch mehr Transparenz ihres Handelns und ihrer Leistungen aufzuheben.57 Gleichzeitig wird der Versuch unternommen, durch die Vereinnahmung von Fachpolitikern die eigenen Interessen auch in die politische Ebene zu tragen. Hinzu kommt, dass die Belohnungs-, aber auch die Sanktionsmöglichkeiten im Rahmen des relativ unflexiblen Dienstund Tarifrechts eingeschränkt sind. Es wird im NPM bzw. NSM davon ausgegangen, dass sich die individuellen Interessen am ökonomischen Interesse der Verwaltung ausrichten und sich rationale Verhaltensweisen entwickeln, wenn die entsprechenden Steuerungsinstrumente 300

delns entsteht. Der Informationsvorsprung der Verwaltung sinkt. Kommunen, die seit Längerem eine Outputsteuerung eingeführt haben, weisen einen erheblichen Kenntnis- und Wissensvorsprung im Hinblick auf Verwaltungsleistungen und Kosten auf.60 Als Alternative zum aufgezeigten Management- und Controllingprozess bliebe eine kurzfristig angelegte hierarchische Steuerung mit Einzeleingriffen.

der Einführung der ergebnisorientierten Steuerung zeigt, nicht allein durch die Einführung und technische Umsetzung von Steuerungsinstrumenten und der dadurch neu gewonnenen Informationsbasis lösbar zu sein. Vielmehr müssen, wie aus erfolgreichen Praxisbeispielen entnehmbar, die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Verwaltungsführung besitzt die Personal- und Organisationshoheit für die Verwaltung. Dazu gehören die Gestaltung der organisatorischen Strukturen und die Gestaltung des Management- und Controllingprozesses. Dies ist in der öffentlichen Verwaltung nicht anders als in erwerbswirtschaftlichen Unternehmen, in denen die entsprechenden Vorgaben durch die Geschäftsführung oder den Vorstand erfolgen. Die Verwaltungsführung bildet einerseits die Schnittstelle und Kommunikationsbrücke zur politischen Ebene und andererseits zu den unteren Führungsebenen der Verwaltung.61 Wenn sich die Verwaltungsführung nicht ausdrücklich für die zielorientierte Steuerung ausspricht, deren Umsetzung überwacht und einfordert und selbst praktiziert, kann eine ergebnisorientierte Steuerung nicht funktionieren. In der Einführungsphase ist eine enge Anbindung des Projektes an die Verwaltungsführung erforderlich. Die Phase der Einführung von neuen Steuerungsinstrumenten bis zu ihrer erfolgreichen Nutzung ist personendeterminiert, sodass eine gewisse Anfälligkeit vorhanden ist, wenn sich politische Konstellationen ändern oder ein Personenwechsel in der Verwaltungsführung erfolgt.

Handlungsempfehlungen zur Einführung der ergebnisorientierten Steuerung 56 Richter 2001, S. 60.

Die Kommunen befinden sich nun in einer Implementierungsfalle. Es soll ein sinnvolles und notwendiges Steuerungssystem installiert werden, welches einerseits durch gesetzliche Regelungen eingefordert und in der Konzeption von allen Akteuren begrüßt wird, aber andererseits den Interessen der Steuernden und der Gesteuerten ggf. entgegensteht, weil die Strukturen und Prozesse in der Verwaltung in der täglichen Arbeit ökonomische Rationalität nicht permanent einfordern. Dieser Konflikt scheint, wie der bisherige Stand

57

Dabei ist die Verwaltung nicht als Einheit zu betrachten. Informationsasymmetrien sind auch im Verhältnis der Fachverwaltung zu den Einheiten der Steuerungsunterstützung und der Verwaltungsführung vorhanden.

58

Vgl. Reinermann 2000, S. 47 ff. Letztlich werden Verhaltensänderungen nur erwartet, wenn entsprechende Anreize zu NPM-konformen Verhalten erzeugt werden können. Dazu ist es erforderlich, den Gewährleistungsstaat und Wettbewerb anzustreben.

59 Gelegentlich wird die Erweiterung der Kameralistik der Umstellung auf die Doppik vorgezogen, vgl. Meynhardt/Schulze 2010. 60 Bogumil/Grohs/Kuhlmann/Ohm 2007, S. 317. 61

Vgl. Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 2, S. 10.

VM 6/2010

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung Die bestehenden organisatorischen Strukturen, sowohl die Ablauf- als auch die Aufbauorganisation und die Haushaltsstrukturen, insbesondere die Bildung von Teilhaushalten bzw. Budgets, sollten angepasst bzw. aufeinander abgestimmt werden.62 Ziele und Maßnahmen zu deren Umsetzung sollten grundsätzlich von möglichst nur einer organisatorischen Facheinheit verantwortet werden. Die organisatorische Einheit ist dazu mit den erforderlichen Kompetenzen auszustatten. Operative Ziele sind nicht nur auf der Ebene der Ämter oder Fachbereiche zur Steuerung einzusetzen, sondern müssen heruntergebrochen werden auf alle nachgeordneten Ebenen, damit auch auf die Ebene der Teams und ausführenden Mit-

tierten Steuerung bedarf, um mittelfristig ein valides Indikatoren- und Kennzahlensystem zu erhalten.66 Auf die Qualifikation der Beschäftigten im Hinblick auf die Anwendung von Managementmethoden ist genauso viel Wert zu legen, wie auf Fortbildungsmaßnahmen zu den Themen Buchführung und Bilanzierung. Es ist das Bewusstsein zu wecken, dass die ergebnisorientierte Steuerung nicht ein Anhängsel der Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens ist. Die ergebnisorientierte Steuerung sollte nicht nur mindestens parallel mit der Einführung der Doppik im Rahmen eines Teilprojektes verlaufen, sondern als Schwerpunkt des Modernisierungsprozesses

»Die ergebnisorientierte Steuerung sollte als Schwerpunkt des Modernisierungsprozesses kommuniziert werden.«

arbeiter.63 Die Funktionen der Steuerungsunterstützung sollten zentralisiert werden. Die Kenntnisse der methodischen Grundlagen zur Entwicklung des Management- und Controllinkreislaufes müssen in allen Phasen und auf allen Ebenen vorliegen. Insbesondere der Aufbau einer Zielsystematik, in der abgeleitet aus dem Leitbild und den strategischen Zielen Produkte und operative Ziele formuliert werden und ein umfassendes abgestuftes Berichtswesen mit Abweichungsanalysen und unterjähriger Kontrolle und aktiver Steuerung installiert wird, bedarf umfassender Kenntnisse von betriebswirtschaftlichen Instrumenten.64 Diese sollten nicht nur bei den zuständigen organisatorischen Einheiten der Steuerungsunterstützung, sondern bei der Verwaltungsführung und den Führungskräften aus den Fachämtern- und Fachbereichen vorhanden sein. Die Festlegung von Zielen und Kennzahlen, insbesondere zur Darstellung von Wirkungen und deren Verknüpfung mit geeigneten Maßnahmen ist durchaus anspruchsvoll.65 Es ist zu erwarten, dass es praktischer Erfahrungen mit der zielorienVM 6/2010

kommuniziert werden.67 Bereits zu Beginn des Umstellungsprojektes sollte der Management- und Controllingprozess in seinen Grundbestandteilen ganzheitlich angegangen werden. Die Politik ist frühzeitig in den Zielprozess einzubinden und muss für diesen Prozess gewonnen werden. Da die grundlegenden Entscheidungen durch die Politik zu treffen sind, ist insbesondere ein strategisches Management ohne Akzeptanz der politischen Ebene nicht umsetzbar. Die Verwaltung muss hier auf die Politik zugehen, da dieser zunächst die Fähigkeiten fehlen, selbst den Zielbildungsprozess zu initiieren.68 Es kann dabei für den Einstieg in die strategische Steuerung ausreichend sein, für einige politische Handlungsfelder Richtungsziele vorzugeben, ohne bereits genaue und messbare Zielwerte zu formulieren. Die ergebnisorientierte Steuerung muss Eingang in die tägliche Verwaltungsarbeit finden. Dies erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit Kommunikationsstrategien. Grundsätzlich sollte bei allen Verwaltungsvorgängen, insbesondere bei Vorlagen an den Rat, nicht nur dargestellt

werden, welche Ressourcenaufkommen und Ressourcenverbräuche ausgelöst werden, sondern auch, wie die zu beschließende Maßnahme oder der zu beschließende Sachverhalt zu einer Erreichung der vorgegebenen Wirkungs- und Leistungsziele führt.69 Der gesamte Zielprozess muss systemimmanent werden und zu einer Veränderung der Verwaltungskultur führen.70 Nur wenn die Ergebnisorientierung die Praktiken und Inhalte der Kommunikation prägt, kann sie langfristig in der Verwaltung Bestand haben.71 Die Steuerungsinstrumente müssen zur Routine werden und damit zu selbstverständlichen Bestandteilen der alltäglichen Verwaltungsarbeit.72 Handlungsorientierung, Kommunikation und Verhalten der Führungskräfte sind entscheidend für den Wandel der Organisationskultur und müssen primär verändert werden.73 Zweckmäßig ist es, die Besetzung von Führungspositionen und Beförderungen davon abhängig zu machen, ob einerseits die vorgegebenen Ziele erreicht werden und ob andererseits der Bewerber in der Lage ist, die Mitarbeiter zielorientiert zu steuern. Zur Verbesserung des Zielsystems und inhaltlichen Entwicklung von Zielen bieten sich Führungskräfteworkshops an.74 Ebenso sollten jährliche Strategiekonferenzen mit der politischen Ebene erfolgen.75 Ziele haben nur dann Steuerungsrelevanz, wenn sie bekannt sind und in der Realisierungs- und Kontrollphase Beachtung finden.

Zusammenfassung Die Umstellung auf das doppische System und die damit verbundene vollstän-

62 KGSt, 1998, S. 30. 63 Vgl. Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 2, S. 11; Frey/Nebel/Siegel 2009, S. 303. 64 Vgl. Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 3, S. 11 f. 65 Vgl. Eichhorn 2003, S. 141. 66 Klieve/Knirsch 2010, S. 221. 67 Wolfrum 2009, S. 193. 68 Budäus/Finger 2001, S. 41. 69 Vgl. Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 2, S. 12. 70 Frey/Nebel/Siegel 2009, S. 302 ff. 71

Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 1, S. 10.

72

Frey/Nebel/Siegel 2009, S. 304.

73

Vgl. Conrad/Hegemann/Pook/Wick 2010, Folge 2, S. 10; Frey/Nebel/Siegel 2009, S. 304.

74

Kussmann 2010, S. 67 ff.

75

Klieve/Knirsch 2010, S. 221.

301

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung dige Bewertung des Vermögens und der Schulden erzeugt einen Mehrwert für die Kommunen, indem der vollständige Ressourcenverbrauch dargestellt und dadurch die Einhaltung der intergenerativen Gerechtigkeit beurteilt werden kann. Es ist anzunehmen, dass die Abbildung des vollständigen Ressourcenverbrauchs durchaus Einfluss auf das Entscheidungsverhalten der politischen Ebene und der Verwaltung haben wird. Es ist nicht verwunderlich, dass von 45,7 Prozent der an der Umfrage der KGSt beteiligten Kommunen problematisiert wird, dass der Haushaltsausgleich nun schwieriger geworden ist. Die Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens fördert darüber hinaus eine ergebnisorientierte Steuerung im Rahmen

mend Ziele und Kennzahlen abgebildet, da i.d.R. das Gemeindehaushaltsrecht entsprechende Vorgaben enthält, aber in den wenigstens Kommunen ist eine alle Managementebenen umfassende Steuerung über Ziele und Kennzahlen, die durch ein Controlling permanent überwacht wird, eingeführt. Zu selten beschäftigt sich die Kommune gegenwärtig mit strategisch wichtigen Fragestellungen. Der Management- und Controllingprozess unterliegt in der Kommunalverwaltung besonderen Rahmenbedingungen. Nicht nur die unterschiedlichen Ziele und Leistungen gegenüber erwerbswirtschaftlichen Unternehmen sind zu berücksichtigen und benötigen eine Anpassung des

»Erfolgreiche Einzelbeispiele in der kommunalen Praxis beweisen, dass ergebnisorientierte Steuerung in einem ganzheitlichen Management- und Controllingprozess gelingen kann.« einer dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur, indem die Abbildung von Zielen, Kennzahlen und Produkten und die Einrichtung eines Controllings mit unterjährigem Berichtswesen eingefordert werden und eine flexible Haushaltsbewirtschaftung möglich ist. Die Implementierung eines Management- und Controllingprozesses auf der Grundlage des NSM ist in vielen Kommunen noch im Entwicklungsstadium. Aus den aktuellen Umfragen, insbesondere der Umfrage der KGSt in Zusammenarbeit mit den bundesdeutschen Spitzenverbänden, ist zu entnehmen, dass die Kommunen innerhalb der vorgegebenen Strukturen zunächst den Fokus auf die handwerkliche Überleitung der Kameralistik auf den Rechnungsstil der Doppik richten. Die Einführung der ergebnisorientierten Steuerung und erforderliche organisatorische Änderungen laufen zeitlich nicht parallel, sondern werden hinten angestellt. Zwar werden in den Kommunen zuneh302

auf ökonomischer Rationalität basierenden Steuerungsmodells, sondern ebenso wichtig ist die Einbeziehung der politischen Logik des Parteienwettbewerbs, die Machtaspekte politischer Entscheidungen und die besonderen Interessen und Bedingungen der Beschäftigten. Um die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune langfristig zu sichern, sind Ziele, insbesondere Strategien, festzulegen und umzusetzen.76 Das bloße Einführen von Instrumenten durch gesetzliche Vorgaben wird aber ebenso wenig zum Erfolg führen, wie die bisherigen Anstrengungen im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung auf der Grundlage des NSM auf instrumenteller Ebene in den letzen beiden Jahrzehnten. Der Management- und Controllingprozess auf der Grundlage einer ergebnisorientierten Steuerung ist ganzheitlich anzulegen und alle Akteure in und um die Kommune sind mit ihren unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen einzubeziehen. Neben einer umfassenden Schulung der Beschäftigten, aber auch der Politik mit den

methodischen Grundlagen müssen Ziele Bestandteil des politischen Handelns und des Verwaltungshandelns auf allen Ebenen werden. Die Einführung der ergebnisorientierten Steuerung ist dabei abhängig vom Verhalten der Verwaltungsführung. Im Rahmen der Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens ist es zweckmäßig, die Bedeutung der zielorientierten Steuerung durch geeignete Kommunikationsstrategien klar herauszustellen und deren Umsetzung genauso zu forcieren wie die technische Einführung der Doppik. Dabei ist die Politik frühzeitig einzubinden. Die Verwaltungsmodernisierung und gerade der Umstellungsprozess im Haushalts- und Rechnungswesen werden noch zu häufig ausschließlich als Angelegenheit der Verwaltung betrachtet. Es sollte zudem akzeptiert werden, dass die idealtypische Umsetzung des Management- und Controllingprozesses nicht vollständig und widerspruchsfrei gelingen wird. Dazu sind die Interessen der Akteure zu verschiedenartig. Weder kann die Grundprämisse des optimistischen Menschenbildes uneingeschränkt angenommen werden noch ist zu unterstellen, dass die Akteure ausschließlich Individualinteressen verfolgen. Die Politik wird nicht ausschließlich auf das strategische Management reduziert werden können. Sie wird sich weiterhin auch mit wichtigen Einzelmaßnahmen beschäftigen und aus Sicht ihrer Wähler auch beschäftigen müssen. Es wird weiterhin Entscheidungen der politischen Ebene geben, die zwar aus ihrer Sicht politisch akzeptabel, aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sind.77 Die Mitarbeiter der Verwaltung werden auch zukünftig eigenen Interessen nachgehen und nicht ausschließlich der unterstellten ökonomischen Rationalität folgen. Gleichwohl kann der Management- und Controllingprozess auf der Grundlage des NSM dazu beitragen, dass die Strategielücke geschlossen und das Verwaltungshandeln transparenter wird.78 Veränderungen, gerade in der öffentlichen Verwaltung, sind nur mit großen Schwierigkeiten durchzuführen und müssen langfristig angelegt sein.79 Erfolgreiche Einzelbeispiele 76

Bogumil/Reichard 2007, S. 88 f.

77

Vgl. Meynhardt/Schulze 2010, S. 29.

78

Vernau 2009, S. 69 f.

79 Klieve/Knirsch 2010, S. 218.

VM 6/2010

Buchholz/Lasar, Entwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Kommunalverwaltung in der kommunalen Praxis beweisen, dass ergebnisorientierte Steuerung in einem ganzheitlichen Management- und Controllingprozess bei Berücksichtigung der aufgezeigten Rahmenbedingungen gelingen kann.

Literaturverzeichnis Arbeitskreis „Integrierte Verbundrechnung“ (IVR) (2005): Eckpunkte für die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen auf Basis der Integrierten Verbundrechnung, in: Die Wirtschaftsprüfung, Nr. 16/2005, S. 887-890. Beckhof, H. (2007): Die Zielorientierung kommunalen Handelns – der Zwilling des Ressourcenverbrauchskonzepts im haushaltsrechtlichen Licht – Eine Betrachtung nach Neuem Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen in Niedersachsen (NKR) und nach Neuem Kommunalen Finanzmanagement in NordrheinWestfalen (NRW), in: Der Gemeindehaushalt, Heft Nr. 11/2007, S. 248-260. Bogumil, J. (2005): Die Umgestaltung des Verhältnisses von Politik und Verwaltung, in: Blanke, B./von Bandemer, S./Nullmeier, F./Wewer, G. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 494502. Bogumil, J./Grohs, S./Kuhlmann, S./Ohm, A. (2007): Zehn Jahre Neues Steuerungsmodell, Berlin. Bogumil, J./Reichard, C. (2007): Perspektiven kommunaler Verwaltungsmodernisierung, in: Bogumil, J./Holtkamp, L./Kißler, L./Kuhlmann, S./Reichard, C./Schneider, K./Wollmann, H. (Hrsg.), Perspektiven kommunaler Verwaltungsmodernisierung, Berlin. Bolay, S. (2006): Arbeitspapier 4, Steuerung in Kommunen, Implikationen für eine strategische Energiepolitik, Kommunalwissenschaftliches Institut, Potsdam. Bräunig, D. (2010): Einführung der Doppik als Problem und Perspektive, in: Innovative Verwaltung, Heft Nr. 6/2010, S. 9-12. Budäus, D. (2009) in: Bertelsmann/KGSt (Hrsg.), Manifest zum öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen in Deutschland. Budäus, D./Finger, S. (2001): Grundlagen eines strategischen Managements auf kommunaler Ebene, in: Eichhorn, P./Wiechers, M. (Hrsg.), Strategisches Management für Kommunalverwaltungen, Baden-Baden, S. 58-67. Conrad, F./Hegemann, G./Pook, M./Wick, T. (2010): Steuerung mit Zielen – rudern Sie noch oder steuern Sie schon?; in: KGSt-Info Nr. 6/2010, S. 9-10 (Folge 1), in: KGSt-Info Nr. 7 u. 8/2010, S. 10-13 (Folge 2), in: KGSt-Info Nr. 9/2010, S. 11-13 (Folge 3). Damkowski, W./Precht, C. (1995): Public Management, Neue Steuerungskonzepte für den öffentlichen Sektor. Eichhorn, P. (2003): Besonderheiten strategischen Managements in Kommunalverwaltungen, in: Deutsche Verwaltungspraxis, Heft Nr. 4/2003, S. 139-141.

VM 6/2010

Fiedler, J./Vernau, K. (2001): Strategisches Management als fehlendes Teilchen im Puzzle des Neuen Steuerungsmodells, in: Eichhorn, P./Wiechers, M. (Hrsg.), Strategisches Management für Kommunalverwaltungen, Baden-Baden, S. 28-39.

Lasar, A. (2010): Keine Harmonisierung im öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen, in: Verwaltung und Management, Heft Nr. 1/2010, S. 3-16 (Teil 1), und Heft Nr. 3/2010, S. 128-136 (Teil 2).

Fischer, E. (2008): Einheitliches Haushalts- und Rechnungswesen nicht in Sicht, in: Innovative Verwaltung, Nr. 12/2008, S. 13-15.

Lasar, A./Fischer, E. (2010): Der konsolidierte Gesamtabschluss als Informations- und Steuerungsinstrument, in: Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF), Heft Nr. 7/2010, S. 145-150.

Frey, U./Nebel, F./Siegel, J. (2009): Kulturwandel durch Verwaltungsmodernisierung? – Ein Erfahrungsbericht, in: Verwaltung und Management, Heft Nr. 6/2009, S. 299-304.

Lüder,K.(2006):Ordnungsmäßigkeitsgrundsätze für das neue Öffentliche Haushalts- und Rechnungswesen, in: Die Wirtschaftsprüfung, Nr. 9/2006, S. 605-612.

Goldbach, A. (2010): Eine zielorientierte Doppik ist das geeignete Rechnungswesen, in: Innovative Verwaltung, Heft Nr. 6/2010, S. 13-16.

Meynhardt, T./Schulze, E. (2010): Ist die Doppik wirklich das geeignete Rechnungswesen?, in: Innovative Verwaltung, Heft Nr. 3/2010, S. 27-29.

Gornas, J. (2008): Strategisches Management und Strategische Planung in Kommunen, Vortrag auf dem Symposium „Nachhaltige kommunale Finanzpolitik für eine intergenerationelle Gerechtigkeit“ der TU Kaiserslautern im Januar 2008.

Modellprojekt „NKF-Gesamtabschluss“ (2009): Praxisleitfaden zur Aufstellung eines NKFGesamtabschlusses, 4. Aufl., September 2009, Düsseldorf.

Heinz, R. (2000): Kommunales Management, Überlegungen zu einem KGSt-Ansatz, Stuttgart.

Reinermann, H. (2000): Neues Politik- und Verwaltungsmanagement: Leitbild und theoretische Grundlagen, Speyerer Arbeitshefte Nr. 130, Speyer.

Hellenbrand, A./Levermann, D. (2009) in: PriceWaterhouseCoopers (PWC) (Hrsg.), Outputorientierte Steuerung in Landkreisen, Studie zum Stand der Implementierung, Berlin. Holtkamp, L. (2004): Strategische Haushaltskonsolidierung oder „Durchwursteln“?, Vortrag zum Seminar des Deutschen Instituts für Urbanistik „Haushaltskonsolidierung als strategische Daueraufgabe“ in Berlin am 10.11.2004.

Pook, M./Tebbe, G. (2002): Berichtswesen und Controlling, München, Berlin.

Richter, W. (2001): Schnittstellen-Management von Kommunalpolitik und -verwaltung, in: Eichhorn, P./Wiechers, M. (Hrsg.), Strategisches Management für Kommunalverwaltungen, Baden-Baden, S. 58-67.

Holtkamp, L. (2010): Kommunale Haushaltspolitik bei leeren Kassen, Berlin.

Schedler, K. (2005): Verwaltungscontrolling, in: Blanke, B./von Bandemer, S./Nullmeier, F./ Wewer, G. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 413-422.

Homann, K. (2005): Verwaltungscontrolling, Wiesbaden.

Schedler, K./Proeller, I. (2006): New Public Management, 3. Aufl., Stuttgart u.a.

IMK (2003): Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 173. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 21. November 2003 in Jena.

Schmidberger, J. (1994): Controlling in öffentlichen Verwaltungen, 2. Aufl., Wiesbaden.

Innenministerium NRW (2010): Neues Kommunales Finanzmanagement in NordrheinWestfalen, Handreichung für Kommunen, 4. Aufl., Düsseldorf. Jann, W. (2005): Das neue Steuerungsmodell, in: Blanke, B./von Bandemer, S./Nullmeier, F./ Wewer, G. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 74-84. KGSt (1993): Das Neue Steuerungsmodell, Bericht Nr. 5/1993, Köln. KGSt (1994): Verwaltungscontrolling, Bericht Nr. 15/1994, Köln.

Schmidt-May, C./Edler, T. (2009): Strategische Steuerung über das neue Rechnungswesen hinaus, in: Innovative Verwaltung, Heft Nr. 4/2009, S. 30-32. Schröter, E./Wollmann, H. (2005): New Public Management, in: Blanke, B./von Bandemer, S./ Nullmeier, F./Wewer, G. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 6374. Steinmann, H./Schreyögg, G. (2005): Management, 6. Aufl., Wiesbaden. Thom, Norbert/Ritz, Adrian (2008): Public Management – Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor, 4. Aufl., Wiesbaden.

KGSt (2000): Strategisches Management II: Wege zur Gesamtstrategie, Bericht Nr. 9/2000, Köln.

Vernau, K. (2009): Praktische Umsetzungen von Zielvereinbarungen, in: Tagungsband zum Schmalenbach-Symposium, Zielvereinbarungen und Doppik an der Schnittstelle von Politik und Verwaltung, Bräunig, D./Meier, J. (Hrsg.), Gütersloh/Köln, S. 69-75.

KGSt (2008): Stand der Einführung des neuen Haushalts- und Rechnungswesens, Materialien Nr. 4/2008, Köln.

Weißer, M. (2010): Strategisches Handeln in Kommunalverwaltungen, in: Deutsche Verwaltungspraxis, Heft Nr. 3/2010, S. 92-98.

Klieve, L./Knirsch H. (2010): Ziele und Kennzahlen im NKF, in: Verwaltungsrundschau, Heft Nr. 7/2010, S. 217-222.

Wolfrum, G. (2010): Nachhaltigkeit als Richtschnur für die kommunale Finanzpolitik und für die kommunale Finanzwirtschaft?, in: Der Gemeindehaushalt, Heft Nr. 7/2010, S. 148-156.

KGSt (1998): Kontraktmanagement, Bericht Nr. 4/1998, Köln.

Kussmann, J. (2010): Der Führungskreis, in: Kurz, P. (Hrsg.), Verwaltungs-Design, Frankfurt/M., S. 67-69. Lasar, A. (2001): Dezentrale Organisation in der Kommunalverwaltung, Lohmar.

303

Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung Nicole Küchler-Stahn/John Philipp Siegel

Das kommunale Haushaltsmanagement erfährt gegenwärtig grundlegende Veränderungen. Trotzdem ist dieser Reformprozess nicht als abgeschlossen zu betrachten. Der Beitrag formuliert und erläutert auf der Basis internationaler Erfahrungen daher fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung. Erstens wird argumentiert, dass das Budget die programmatische Ausrichtung der Kommune widerspiegeln sollte. Zweitens wird angenommen, dass eine stärkere strategische Ausrichtung Plausibilität und Akzeptanz des Haushalts steigern. Die dritte These zielt auf die Integration von zweckmäßigen Ziele und Kennzahlen zur Verknüpfung von Ressourcen und Leistungen im Budget als einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Verbesserung der Haushaltssteuerung. Viertens wird deutlich gemacht, inwiefern effektive Budgetierung adäquate Zielgruppenanalyse voraussetzt. Die fünfte These besagt, dass die Berücksichtigung weicher Faktoren die erfolgreiche Implementierung der strategischen Haushaltssteuerung begünstigt.

on erweitern und die Leistungsdimension konsequent stärken.

Einleitung In Bezug auf die Reform ihres Budgetierungssystems haben zahlreiche deutsche Kommunen einen ersten bedeutsamen Schritt in Form der Produktorientierung bereits vollzogen. Dennoch sprechen kritische Stimmen von einem „Etikettenschwindel“ und registrieren nicht mehr als eine Umbenennung althergebrachter Haushaltstitel.1 Nicht zuletzt um der Fehlinterpretation eines eigentlich innovativen Steuerungskonzepts entgegenzuwirken, sollten die Budgetierungssysteme deutscher Kommunalverwaltungen ihre bisherige Perspektive um die Wirkungsdimensi-

Dr. Nicole KüchlerStahn Beraterin für den öffentlichen Sektor in einer Managementberatung

304

Die Diskussion um die Konzeption und Implementierung einer strategischen Haushaltsplanung und -steuerung ist an sich nicht neu. International experimentieren seit Beginn der 1950er-Jahre vor allem die USA mit unterschiedlichen Ansätzen der (Programm-) Budgetierung. Verfahren wie das Program Budgeting der 1950er-Jahre, das Planning, Programming and Budgeting System (PPBS) der 1960er-Jahre sowie das Management by Objectives (MBO) und das Zero-Base-Budgeting (ZBB) der

1970er-Jahre markieren erste Schritte hin zu rationalen, verstärkt am Output ausgerichteten Steuerungsmechanismen. Aufgrund hoher struktureller Anforderungen sowie ihrer alleinigen Fokussierung auf eine Steigerung der Effizienz konnten sich diese Ansätze jedoch nicht dauerhaft behaupten. Hinzu kommt, dass die oftmals unterstellte vollständige Rationalität im Handeln von Entscheidungsträgern der Realität nicht standzuhalten vermochte.2 Seit Mitte der 1990er-Jahre ist in einer Vielzahl von OECD-Ländern unter dem Sammelbegriff Performance Budgeting eine „Wiedergeburt“ leistungs- und wirkungsorientierter Haushaltsplanung und -steuerung zu beobachten. Die OECD dokumentiert in regelmäßigen Berichten diese zumeist auf der gesamtstaatlichen Ebene angesiedelten Reformen. Richtungweisende Beispiele finden sich in Staaten wie den USA, Neuseeland, Australien und dem Vereinigten Königreich sowie in den skandinavischen Ländern.3 In Deutschland wird die Diskussion um die Reform des Haushalts- und Rechnungswesens vor allem von der Einführung der doppelten Buchführung (kurz: Doppik) dominiert. Fragen der strategischen Haushaltsplanung und -steuerung kommen im Kontext dieser zeit- und ressourcenaufwändigen (weil oftmals mit der Einführung von neuen IT-Systemen verbundenen) Reform oftmals zu kurz. Ein weiteres Reforminstrument, welches in Deutschland bereits seit Beginn der 1990er-Jahre im Einsatz ist, ist die Budge-

Dr. John Philipp Siegel Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management an der Universität Potsdam

1

Vgl. Küchler-Stahn 2010, S. 173.

2

Vgl. United States General Accounting Office 1997, S. 30-50; Siegel 2008, S. 172 f.

3

Vgl. OECD 2007.

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 304-310

Küchler-Stahn/Siegel, Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung tierung. Eine Erhebung unter rund 30 Vertretern deutscher Großstädte und kommunaler Spitzenverbände zeigt jedoch, dass die Budgetierung trotz ihres hohen Verbreitungsgrades4 auf nur eine geringe Akzeptanz als Steuerungsinstrument des Haushalts- und Rechnungswesens trifft. Ausschlaggebend dafür ist, dass die Budgetierung – so das Ergebnis der Studie – von der Mehrheit deutscher Kommunen mehr als Instrument der Haushaltskonsolidierung und damit als intelligente Sparstrategie, denn als Möglichkeit der strategischen Planung und Steuerung angesehen wird.5

telanger Implementierung. Es erfolgt nach wie vor eine intensive Diskussion politisch vermeintlich hochbrisanter Angelegenheiten bei gleichzeitig rascher Abhandlung peripherer Themenstellungen ohne starke Lobby.7 Hauptursache für diese Beobachtung ist die oftmals organisationsorientierte Budgetstruktur. Die Erfahrungen zeigen: so lange ein Politiker danach fragen kann, wie viel Geld für eine Organisationseinheit zur Verfügung steht, werden in Budgetverhandlungen nicht Leistungen und Wirkungen diskutiert, sondern es findet ein Rückzug auf altbekannte Maßgrößen, letztlich den Input, statt.

Dieser Beitrag formuliert fünf Thesen, die bei der Ausgestaltung einer effektiven Konzeption und Implementierung der strategischen Haushaltsplanung und -steuerung in Betracht gezogen werden sollten. Sie sind das Derivat einer vergleichenden Analyse von drei internationalen Fallstudien.6 Die Ergebnisse dieser umfassenderen Untersuchung können hier nur angedeutet werden. Betrachtet wurden die Budgetierungssysteme des Kantons Solothurn (Schweiz), des State of Victoria (Australien) und des Vereinigten Königreichs, also drei Systeme, die international als Vorreiter auf dem Gebiet der Reform des Haushalts- und Rechnungswesens gelten und über eine mehr als zehnjährige Erfahrung im Umgang mit den neuen Strukturen und Prozessen verfügen.

Damit langfristig eine leistungs- und wirkungsorientierte Haushaltsplanung

Internationale Erfahrungen mit der Ausgestaltung von Systemen zur strategischen Haushaltsplanung und -steuerung Die internationalen Erfahrungen deuten unter anderem auf das Problem einer Diskrepanz zwischen dem Planungsgegenstand und dem tatsächlichen Steuerungsgegenstand hin. Zwar enthalten die Haushaltsdokumente Produkte oder Outputs und weisen damit auf dem Papier eine leistungsorientierte Planung vor, die tatsächliche Budgetentscheidung durch die politische Ebene wird jedoch weiterhin eher auf der Basis von Inputs gefällt. Politiker demonstrieren im Verlauf der Zeit zwar einen souveräneren Umgang mit den neuen Rechengrößen, eine outputoder gar outcome-orientierte Steuerung unterbleibt hingegen auch nach jahrzehnVM 6/2010

ten war, eine Abkehr von bereits implementierten Prozessen und Instrumenten der Leistungs- und Wirkungsorientierung nach einem Regierungswechsel.8 Darüber hinaus zeigt sich, dass eine Dekomposition strategischer Ziele entlang der Verwaltungsstruktur – wie sie sowohl im australischen State of Victoria als auch im schweizerischen Kanton Solothurn zu beobachten ist – zu einer mangelnden Akzeptanz der strategischen Ziele in den dezentralen Einheiten führt, die auch durch das Vorhandenseins eines Kennzahlensystems nicht vermieden wird. Es liegt in der Natur von unabhängig von einer konkreten Organisationsstruktur zu erreichenden strategischen Zielen und Wirkungen, dass

»Die Erfahrungen zeigen: so lange ein Politiker fragen kann, wie viel Geld für eine Organisationseinheit zur Verfügung steht, werden in Budgetverhandlungen nicht Leistungen und Wirkungen diskutiert, sondern altbekannte Maßgrößen.« und -steuerung gelingt, muss die Budgetstruktur die programmatische Ausrichtung der Verwaltung widerspiegeln. Der australische State of Victoria zahlt dieser Beobachtung beispielsweise durch einen geplanten Übergang zu Organisationseinheiten übergreifenden Programmbudgets Tribut. Steuerungsobjekt ist damit nicht länger das Budget einer Organisationseinheit. Im Mittelpunkt stehen dann die zu erstellende Leistung und die damit angestrebten Wirkungen. Als erste These lässt sich daher festhalten, dass das Budget die programmatische Ausrichtung der Kommune widerspiegeln sollte. Die Ergebnisse der Analyse untermauern des Weiteren die Bedeutung einer strategischen (Ziel-)Planung für die Konzeption der Haushaltssteuerung. Dabei erweist sich eine gesetzliche Legitimation der strategischen Planung – wie im australischen State of Victoria – nicht als zwingend notwendig. Sie verhindert jedoch, wie im Vereinigten Königreich jüngst zu beobach-

sie sich nicht top-down von der Verwaltungsspitze auf die Ebene der Sachbearbeiter herunter kaskadieren lassen.9 Ex post wird folglich die Kontrolle der Zielerreichung so komplex, dass sie zwar vorgenommen wird, ihre Aussagekraft und damit ihr Nutzen als Steuerungsinstrumente aber als gering eingestuft wird. Das Vereinigte Königreich sah bis zu ihrer Abschaffung im Jahr 2010 eine Verknüpfung

4

Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) belegt, dass bereits im Jahr 1995 rund 95 Prozent der befragten Kommunen Maßnahmen im Hinblick auf die Budgetierung ergriffen hatten. Eine aktuellere Umfrage aus dem Jahr 2007 verzeichnet eine flächendeckende Budgetierung in 33,3 Prozent der beteiligten Kommunen. 34,4 Prozent blicken auf eine Implementierung zumindest in Teilbereichen der Verwaltung zurück; vgl. Bogumil et al. 2007, S. 52.

5

Küchler-Stahn 2010, S. 186 ff.

6

Vgl. dazu ausführlich ebenda.

7

Vgl. ebenda, S. 150 und 190.

8

Vgl. Talbot 2010.

9

Vgl. dazu schon Lüder/Budäus 1976, S. 142.

305

Küchler-Stahn/Siegel, Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung der strategischen Planung mit sogenannten „Departmental Strategic Objectives“ vor. Durch den Einsatz dieser dezentralen Strategiepapiere, welche die formulierten strategischen Ziele in den Kontext der jeweiligen Ministerien einbettete und um individuelle Ziele angereichert wurden, konnte eine Erhöhung der Identifikation und eine Verbesserung der operativen Steuerung in den dezentralen Einheiten erreicht werden. Die zweite These lautet daher, dass stärkere strategische Ausrichtung Plausibilität und Akzeptanz des Haushalts steigern. Ziele und Kennzahlen sind wesentliche Bestandteile des Budgets, wenn dieses langfristig als Instrument der strategischen Haushaltsplanung und -steuerung geeignet

weist das Vereinigte Königreich auf, welches neben einem Prozess der Kennzahlenbildung im Gegenstromverfahren regelmäßige Prüfungen der Kennzahlen durch das National Audit Office vorsieht. Seine Berichte weisen allerdings auch auf dysfunktionale Wirkungen von Kennzahlen wie Gaming11, Creaming12 oder Ossifcation13 hin und befördern damit die Akzeptanz von Kennzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen. Die dritte These ist insofern, dass die Integration von zweckmäßigen Ziele und Kennzahlen zur Verknüpfung von Ressourcen und Leistungen im Budget ein wesentlicher Ansatzpunkt zur Verbesserung der Haushaltssteuerung ist. Neben der Standardisierung und regelmäßigen Überwachung des Prozesses der

»Nichtsdestotrotz darf sich eine strategische Haushaltsplanung und -steuerung der Notwendigkeit der Integration von angestrebten Wirkungen nicht entziehen.«

sein soll. Ihr Vorhandensein allein, das belegen die Fallstudien ebenfalls, ist jedoch kein Garant für ihre Nutzung. Als Herausforderung erweist sich insbesondere die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Kennzahlen, die durch ihre längerfristige Verwendung eine tatsächliche Bewertung der (sich naturgemäß nicht innerhalb eines Haushaltsjahres einstellenden) Wirkungen zulässt.

Kennzahlenbildung stellt die Abbildung geeigneter Dimensionen der Steuerung über Kennzahlen eine Herausforderung dar. In allen drei Fallstudien ist eine weitgehende Dominanz von Output- gegenüber Outcome-Kennzahlen zu beobachten. Ursächlich dafür sind oftmals schwache, monokausale Wirkungszusammenhänge, die sich oftmals der Bewertung durch einen Verwaltungsmitarbeiter entziehen.

Damit die Qualität der Kennzahlen nicht (wie im Schweizer Kanton Solothurn zu beobachten) vom persönlichen Einsatz und Begeisterungsfähigkeit einzelner Mitarbeiter abhängt,10 gilt es den Prozess der Kennzahlenbildung zu standardisieren und durch ein begleitendes Monitoring abzusichern. Zu diesem Zweck erweisen sich wie im State of Victoria oder im Vereinigten Königreich regelmäßige Kennzahlen-Reviews als geeignete Vorgehensweise. Die mit Abstand höchste Eingriffstiefe

Entsprechend groß ist die Ablehnung auf der administrativen Ebene, Wirkungskennzahlen zu bilden und sich anhand derer messen zu lassen. Nichtsdestotrotz darf sich eine strategische Haushaltsplanung und -steuerung der Notwendigkeit der Integration von angestrebten Wirkungen nicht entziehen. Dabei sollten nicht nur kollektive (Aus-)Wirkungen wie Gemeinwohlorientierung, Sicherheit oder Umweltschutz, sondern vor allem die konkreten Einwirkungen der Maßnahmen in

306

den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Notwendige Voraussetzung ist hier die konsequente Identifikation von Zielgruppen. Eine Abbildung der programmpolitischen Ziele durch die Budgetstruktur und die daraus abgeleitete Adressierung von Zielgruppen sind ein Grundbaustein leistungs- und wirkungsorientierter Haushaltsplanung und -führung. Demzufolge lautet die vierte These: Effektive Budgetierung setzt adäquate Zielgruppenanalyse voraus. Neben den konzeptionellen Voraussetzungen betonen die internationalen Erfahrungen die Bedeutsamkeit vermeintlich weicher Faktoren bei der Implementierung der untersuchten Systeme. Reformen des Haushalts- und Rechnungswesens berühren die tief verankerte Verwaltungsroutine, weshalb die Befragten insbesondere die Zeit als Erfolgsfaktor betonen. „Das Modell der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung“, so ein Schweizer Verwaltungsmitarbeiter, „ist ein Prozess ständigen Anpassens und Lernens“ und unterstreicht damit eine in allen drei Fallstudien zu beobachtende pragmatische Einstellung gegenüber der jahrzehntelangen Reform und die Anwendung eines kommunikativen Führungsstils, der die „Ressource“ Mensch in den Vordergrund stellt.14 Die eingeschränkte Nutzung der neuen Maßgrößen (Ziele, Kennzahlen, ressourcenorientierte Rechengrößen) durch die Verwaltungsmitarbeiter führen die Fallstudien allesamt auf die fehlende Erfahrung im Umgang mit derartigen Informationen zurück. Anders als in Bezug auf die politische Ebene kann jedoch durch deren Ausund Fortbildung eine merkliche Besserung herbeigeführt werden. Auch in diesem Fall

10

Vgl. Küchler-Stahn 2010, S. 107.

11

Unter Gaming versteht die Literatur strategisches Verhalten von Organisationseinheiten, etwa in Form einer absichtlichen Manipulation von Prozessen, um die angestrebte (Ziel-)Kennzahl zu erreichen.

12

Es beschreibt die Manipulation von Kennzahlen durch eine Selektion der zu bearbeitenden Fälle zum Vorteil derer, die (vermeintlich) geeigneter für eine baldige Zielerreichung sind.

13

Der Terminus spielt auf die innovationshemmende Funktion der sowjetischen Planwirtschaft an und bedeutet im Verwaltungskontext ein risikoaverses Verhalten aus Angst vor Sanktionen.

14

Vgl. Küchler-Stahn 2010.

VM 6/2010

Küchler-Stahn/Siegel, Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung erweist sich das Vorgehen des Vereinigten Königreichs als beispielhaft. Neben einer breit angelegten Qualifizierungsoffensive auf allen Ebenen machte das Königliche Schatzamt zur Bedingung, dass ein Finanzverantwortlicher die Arbeit der Minister in Finanzfragen unterstützt. Alle befragten Ministerien werteten diese Neuerung ausnahmslos positiv.15 Neben der Qualifizierung der Mitarbeiter kristallisierte sich die Durchsetzungskraft einzelner Meinungsführer als entscheidender Erfolgsfaktor heraus. Denn die Führungskräfte, die der Reform aufgeschlossen gegenüberstanden,

von Programmen weit verbreitet, noch finden sich solche explizit in den Haushaltsplänen wieder. Nimmt man Leistungs- und Wirkungsorientierung bei der finanziellen Steuerung der Kommune ernst, kann sie sich nicht auf die Formulierung von Zielen und Kennzahlen auf der Ebene der Produkte oder Produktgruppen beschränken. Vielmehr besteht die – wesentlich anspruchsvollere – Herausforderung darin, in der Kommune Klärungs-, Verständigungs- und Entscheidungsprozesse darüber zu entwi-

»Nimmt man Leistungs- und Wirkungsorientierung bei der finanziellen Steuerung der Kommune ernst, kann sie sich nicht auf die Formulierung von Zielen und Kennzahlen auf der Ebene der Produkte oder Produktgruppen beschränken.« leisteten einen auffällig hohen Beitrag zu einer veränderten Verwaltungskultur. Daraus kann als fünfte These abgeleitet werden, dass die Berücksichtigung weicher Faktoren die erfolgreiche Implementierung der strategischen Haushaltssteuerung begünstigt. Die fünf Thesen sollen nun im Hinblick auf ihre konkrete Anwendung im Rahmen der kommunalen Haushaltsplanung und -steuerung in Deutschland angewendet und erläutert werden.

These 1: Das Budget sollte die programmatische Ausrichtung der Verwaltung widerspiegeln Bislang spielen Programme in Kommunen in den Fachpolitiken zwar durchaus eine gewisse Rolle, etwa in Form spezifischer Fachplanungen (z.B. Schulentwicklungsplanung, Flächennutzungsplanung usw.) oder deuten sich in Form von strategischen Initiativen an – etwa zur Familienfreundlichkeit, Nachhaltigkeit oder auch zur Haushaltskonsolidierung. Bisher ist aber weder die systematische Steuerung VM 6/2010

ckeln, was sie in bestimmten Handlungsbzw. Themenfeldern erreichen will. Die explizite Berücksichtigung von Programmen bietet den wesentlichen Vorteil, vielfältige, relevante Leistungen verschiedener Organisationseinheiten in Betracht ziehen zu können – und dadurch auch die Koordination des Verwaltungshandelns zu verbessern. Außerdem kann potenziell veranschaulicht werden, welche Leistungen Beiträge zur Bewältigung bestimmter Herausforderungen darstellen (sollen) und wie diese ineinandergreifen. Hinzu kommt die Möglichkeit, zeitlich begrenzte, aber trotzdem haushaltswirksame Projekte mit einzubeziehen. Im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung und -steuerung ist zunächst festzuhalten, dass es nicht darum geht und gehen kann, den Produkt- durch einen Programmhaushalt zu ersetzen. Solche Versuche sind gerade international mehrfach gescheitert, auch wenn entsprechende Elemente immer wieder eine zentrale Rolle in einschlägigen Reformkonzepten spielen. Es gilt gleichzeitig Parallelstruktu-

ren zu vermeiden, die neben zusätzlichem Aufwand Verwirrung verursachen beziehungsweise der „organisierten Unverantwortlichkeit“ Vorschub leisten. Denkbar ist es jedoch, für strategische Schlüsselprogramme mit hoher politischer Priorität im Haushaltsplan all jene Produkte auszuweisen, die einen entsprechenden Problemlösungsbeitrag leisten, respektive zur Umsetzung des jeweiligen Programms von Bedeutung sind. Auf diese Weise lässt sich veranschaulichen, welche Ressourcen und Leistungen zur Programmdurchführung zur Verfügung gestellt werden; sprich: was die Kommune aufwendet, um eine bestimmte Herausforderung erfolgreich zu bewältigen. Flankiert wird ein solches Vorgehen von dem positiven Nebeneffekt, dass eine verstärkte Kommunikation über Organisationseinheiten hinweg befördert wird.

These 2: Stärkere strategische Ausrichtung steigert Plausibilität und Akzeptanz Reichard hat die Grundzüge einer „strategischen Budgetierung“ wie folgt beschrieben: „Für die einzelnen Fachbereiche einer Verwaltung werden in mittelfristiger Sicht die geplanten Leistungsprogramme und Projekte erarbeitet und mit den erwarteten Aufwendungen konfrontiert. Der daraus resultierende mittelfristige Zuschussbedarf wird mit den zu erwartenden Budgetbeiträgen abgeglichen, ggf. erfolgen Anpassungsmaßnahmen, falls der zu erwartende Aufwand nicht durch entsprechende Budgetzuweisungen gedeckt werden kann.“16 Voraussetzung für ein funktionierendes und von Politik wie Verwaltung gleichermaßen akzeptiertes leistungs- und wirkungsorientiertes Budgetierungssystem ist dessen Anbindung an eine strategische Zielplanung. Das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen bietet vielfältige Ansatzpunkte zu einer verbesserten strategischen Steuerung in der Kommune. Es stellt aber zunächst erst einmal einen formalen, rechtlichen und prozeduralen Rahmen dar, der inhaltlich gefüllt werden muss.

15

National Audit Office (Hrsg.) 2007, S. 12ff.

16

Reichard 2008, S. 395.

307

Küchler-Stahn/Siegel, Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung Zur strategischen Steuerung ist das Instrumentarium aber letztlich nur dann hilfreich, wenn die Erfolgs-, Ziel- und Entwicklungsorientierung der Verwaltung und der Kommune insgesamt gesteigert, die langfristige Perspektive stärker berücksichtigt und ein ganzheitlicher Ansatz entwickelt wird. Andererseits sollen Kreativität, Flexibilität und organisationales wie politisches Lernen nicht durch zusätzliche Formalisierung gebremst werden. Zu einer stärkeren strategischen Ausrichtung gehört es daher zunächst, bei allen Programmen (siehe oben) und Leistungen zu hinterfragen, was damit erreicht werden soll. Erst auf der Grundlage eines solchen Reflexions- und Entscheidungsprozesses ist es überhaupt möglich, sinnvolle Ziele und Kennzahlen zur formulie-

die Definition von Erfolgsvorstellungen und -kriterien ebenso wie die Festlegung wesentlicher strategischer Handlungsfelder und Lösungswege umfasst. Entsprechende Ansätze wurden von der KGSt, der Bertelsmann Stiftung und der Wissenschaft schon vor zehn Jahren entwickelt und in mehreren Projekten erprobt.17 Sie lassen sich auf verschiedenen Ebenen und überwiegend auch unabhängig vom Implementationsgrad neuer Steuerungsinstrumente realisieren. Sie setzen aber auch spezifische Managementfähigkeiten voraus, deren Vorhandensein und Entwicklung keineswegs selbstverständlich ist. Dies gilt für die Auswahl und Anwendung von Managementverfahren ebenso wie für die Gewährleistung eines in sich geschlossenen Steuerungskreislaufs. Klärungsbedürftig sind dabei auch die Rol-

»Im Moment zeichnet sich ab, dass die (unvermeidliche) Konzentration auf die Umstellung der Buchführung die meisten Reformkapazitäten bindet und andere Themen nachrangig behandelt werden.«

ren. Das mag banal klingen, ist in der Praxis aber durchaus nicht selbstverständlich. Hier liegt die Verantwortung eindeutig bei den jeweiligen Programmverantwortlichen. Es wäre problematisch, hier auf politische Entscheidungen oder entsprechende rechtliche Klarstellungen zu warten. Vielmehr erwartet gerade die Vertretungskörperschaft von der Verwaltung, dass diese sich darüber im Klaren ist, was mit den einzelnen Produkten eigentlich bezweckt werden soll – oder mit anderen Worten: welches Problem mit einer Leistung (und den entsprechend eingesetzten Ressourcen) gelöst werden soll. Das kann (allerdings mit gewissem Aufwand) nur im Rahmen eines umfassenderen Strategieprozesses geklärt werden, der 308

lenzuweisung innerhalb der Verwaltung, Beteiligungsverfahren und die Einbindung zentraler externer Stakeholder. Letzteres ist von besonderer Bedeutung, wenn man in Betracht zieht, dass eine transparente und partizipative strategische Ausrichtung nicht nur die Effektivität, sondern auch Akzeptanz des Verwaltungshandelns steigern kann und somit auch den Legitimationsbedürfnissen zentraler Akteure, insbesondere an der politischen Spitze und in der Vertretung, Rechnung getragen wird. Die Strategieentwicklung sollte im Gegenstromverfahren erfolgen. Auf diese Weise erfahren die Ziele der Gesamtverwaltung und der autonomen Leistungszentren gleichermaßen Berücksichtigung. Allen Beteiligten wird so deutlich, welche Ziele mit den produzierten Verwaltungsoutputs angestrebt werden.

These 3: Integration von zweckmäßigen Ziele und Kennzahlen zur Verknüpfung von Ressourcen und Leistungen im Budget Im Moment zeichnet sich ab, dass die (unvermeidliche) Konzentration auf die Umstellung der Buchführung die meisten Reformkapazitäten bindet und andere Themen nachrangig behandelt werden. Es dürfte unstreitig sein, dass es bei der Formulierung und Verwendung von Zielen und Kennzahlen im Haushalt nicht nur erhebliche Unterschiede gibt, sondern auch noch Verbesserungsbedarf besteht. Das ist insofern unproblematisch, als die Steuerung mittels Zielen und Kennzahlen ohnehin als langfristiger Lern- und Entwicklungsprozess begriffen werden sollte. Andererseits stellt sich hierbei vor allem die Frage, wie die Integration zweckmäßiger Ziele und Kennzahlen zur Verknüpfung von Ressourcen und Leistungen im Budget gewährleistet werden kann. Dazu ist es zunächst notwendig, sich über den Zweck der Steuerung mit Zielen und Kennzahlen klar zu werden. Zielorientierung im Haushalt bedeutet, den jeweiligen Produkten sachliche Vorgaben zuzuordnen, die sowohl die angestrebte Effizienz als auch die Effektivität des Verwaltungshandelns betreffen können. Bislang dominieren jedoch vor allem Mengenziele. Gemäß der oben angesprochenen Programmorientierung wäre es daher sinnvoll, die Interventionslogik der jeweiligen Leistung zu berücksichtigen und – soweit das möglich ist – Kausalbeziehungen zwischen Leistungen und den damit beabsichtigten Wirkungen herzustellen. Dies setzt wiederum entsprechende Reflexionen und die Entwicklung einfacher Wirkungsmodelle voraus, die zur Veranschaulichung dienen. Dieser Prozess muss aufgrund des erforderlichen Fachwissens und der notwendigen Kenntnisse der spezifischen Problemsituation in erster Linie vom zuständigen Fachbereich der Verwaltung gewährleistet werden. Formen der interkommunalen Zusammenarbeit bieten sich als Plattform für einen Austausch über mögliche Ursache-Wirkungsbeziehungen an. Vertretungskörperschaft und Verwaltungsspitze sollten jedoch regelmäßig über die Vorstellungen informiert werden.

17

Vgl. Schedler/Siegel 2005.

VM 6/2010

Küchler-Stahn/Siegel, Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung Lassen sich Leistungsziele noch relativ einfach über Leistungsvereinbarungen absichern, greifen Mengengerüste allein für die Beurteilung von Wirkungszielen deutlich zu kurz. Vor diesem Hintergrund bietet sich zum einen eine verstärkte Absicherung dieser Programme über Dialogverfahren zwischen der administrativen und der politischen Ebene an. Zum anderen ist zu einer Evaluation der Programmtätigkeit anhand alternativer, „weicher“ Kriterien zu raten, die eine Verknüpfung mit dem Anreizsystem ermöglichen.

These 4: Effektive Budgetierung setzt adäquate Zielgruppenanalyse voraus Wie bereits angedeutet, ist die Leistungsund Wirkungsorientierung auch und gerade bei der Haushaltsplanung und -steuerung nicht ohne eine Betrachtung jener Gruppen der kommunalen Gesellschaft sinnvoll, die Adressaten der Leistungen sind, mit denen die Mittelzuweisungen verbunden sind. Dazu sind zwei Ansätze möglich: Erstens kann man fragen, wer von der jeweiligen Leistung (und damit indirekt auch von den Mitteln) profitiert, also den entsprechenden Nutzen trägt oder tragen soll. Zweitens ist es möglich, danach zu fragen, bei welcher Zielgruppe eine Verhaltens- oder Zustandsänderung angestrebt wird, also welche gesellschaftliche Gruppe als Gegenstand einer bewussten Intervention ist. Beide Herangehensweisen schließen sich nicht aus, setzen aber unterschiedliche Schwerpunkte. Beiden Methoden ist gemeinsam, dass man jeweils zwischen direkten und indirekten Adressaten unterscheiden muss. Hinzu kommt die notwendige Differenzierung zwischen Adressaten- und Systemwirkung, wobei es bei letzterer um die indirekten Wirkungen auf die Kommune insgesamt geht. Typischerweise anzutreffende Adressatengruppen in kommunalen Haushalten sind beispielsweise Frauen, Einwohnerinnen und Einwohner mit Migrationshintergrund, Kinder und Jugendliche, Familien, Seniorinnen und Senioren, Unternehmen, Besucherinnen und Besucher usw. Eine Steuerung über strategische Programme kommt jedoch nicht ohne eine deutlich sensiblere Analyse ihrer Zielgruppen aus. Was in Form des Gender Budgeting bereits Eingang in die kommunalen VM 6/2010

Haushalte gefunden hat, könnte daher deutlich ausgedehnt werden. Für jedes Programm wird nicht nur eine Obergruppe von Adressaten spezifiziert werden, sondern auch diejenigen, die an dem Programm tatsächlich partizipieren. So werden von Programmen der Senkung der Jugendarbeitslosigkeit nicht alle Absolventen von Hauptschulen gleichermaßen betroffen sein, sondern insbesondere solche Absolventen aus „Problembezirken“. Diese Anspruchsgruppen sollten im Haushalt eine Stimme bekommen. Eine zielgruppenspezifische Mittelallokation im Sinne des Diversity Budgeting ist somit Grund-

tierungssysteme. Für hiesige Kommunen heißt das, dass die Tendenz zu einer Bürokratisierung neuer Steuerungsinstrumente – wie sie unter anderem für die Produktentwicklung zu beobachten war (Stichwort: „Produktbürokratie“19) – vermieden werden sollte. Pragmatische (Übergangs-) Lösungen sollten die Ausgestaltung einer Konzeption begleiten und im Nachhinein eine Anpassung erfahren. Neben dem Ruf nach Pragmatismus erwächst aus den internationalen Erfahrungen die Forderung nach einem neuen Selbstverständnis der Verwaltung. Kon-

»Die Mitarbeiter als entscheidendes Handlungspotenzial und das in ihnen gebundene explizite wie implizite Wissen müssen sinnvoll in den Prozess der leistungs- und wirkungsorientierten Budgetierung integriert werden.« voraussetzung für eine leistungs- und wirkungsorientierte Haushaltsplanung und -steuerung.

These 5: Berücksichtigung weicher Faktoren begünstigt erfolgreiche Implementierung Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen sehen die Integration der Akteure in die Reformvorhaben vor allem durch die Beförderung einer neuen Verwaltungskultur gegeben.18 Die Vielzahl der Werke vermag gleichwohl nicht darüber hinweg zu täuschen, dass ein allgemeingültiges Konzept der Verwaltungskultur nicht existiert. Nichtsdestotrotz lassen sich nationale Unterschiede feststellen. Während deutsche Verwaltungen als „Regelungskultur“ betrachtet werden, gelten Länder wie Australien und das Vereinigte Königreich als Verhandlungskulturen. In der Folge sind in Deutschland pragmatische Lösungsansätze vergleichsweise seltener anzutreffen. Sie entpuppen sich jedoch nach Aussage der untersuchten Fallstudien als zwingend notwendig für die Implementierung leistungs- und wirkungsorientierter Budge-

zeptionen leistungs- und wirkungsorientierter Budgetierungssysteme – diese Tatsache verdeutlichen die internationalen Erfahrungen – sind weit davon entfernt, perfekt zu sein. Eine Verwaltungskultur, die dies anerkennt, erklärt das Lernen aus Fehlern als wünschenswert und steht für einen konstruktiv-kritischen Umgang mit entsprechenden Schwierigkeiten und Defiziten. Mitarbeiter – als eigentliche Träger des Wandels – in den Mittelpunkt zu stellen, erhöht die Aussicht auf eine breite Akzeptanz der angestrebten Neuerungen. Begleitet wird die Herausbildung einer wirkungsorientierten Verwaltungskultur durch einen korrespondierenden Führungsstil. Bislang herrscht in Kommunalverwaltungen das Menschenbild des rational-ökonomischen Menschen vor, der vor allem durch monetäre Anreize motiviert ist. Die Personalführung nutzt deshalb fast ausschließlich klassische Führungs- und

18

Vgl. Mayne 2007, S. 91, Maeder 2007, S. 65 ff., Frey et al. 2009.

19

Vgl. Budäus 1997, S. 53.

309

Küchler-Stahn/Siegel, Fünf Thesen zur Weiterentwicklung der kommunalen Haushaltssteuerung Kontrollfunktionen. Letztere ignorieren die umfangreichen Anforderungen an die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter, wie sie die Gestaltungsoptionen für die Entwicklung eines leistungs- und wirkungsorientierten Budgetierungssystems vorsehen. Partizipative Formen der Führung und flache Hierarchien – das unterstreichen die vorangegangenen Ausführungen – müssen aus diesem Grund die traditionelle Regelsteuerung ablösen. Die Mitarbeiter als entscheidendes Handlungspotenzial und das in ihnen gebundene explizite wie implizite Wissen müssen sinnvoll in den Prozess der leistungs- und wirkungsorientierten Budgetierung integriert werden. Dazu bedarf es auch innovativer Formen der Kommunikation. Der bislang dominierende schriftliche Informationsaustausch sollte (auch das belegen die internationalen Erfahrungen) durch eine verstärkte direkte Verständigung ersetzt werden.20 Ursächlich dafür ist die von der leistungs- und wirkungsorientierten Budgetierung angestrebte Auseinandersetzung mit den Wirkungen der Verwaltungstätigkeit. Gefragt ist ein tiefer gehendes Verständnis über (potenzielle) Ursache-Wirkungsbeziehungen, weshalb Führungskräfte verstärkt auf das Wissen der dezentralen Einheiten angewiesen sein werden. Als wirkungsvolle Kommunikationsformen haben sich in regelmäßigen Abständen gehaltene Meetings unter besonderer Berücksichtigung der operativen Ebene sowie informelle Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches erwiesen.21

rücken. Deutlich mehr Entwicklungspotenzial ist unter den politischen Entscheidungsträgern gegeben. Hier werden Steuerungsgegenstände notwendig, die das Interesse der Politiker auf die strategischen Ziele des Verwaltungshandelns lenken. Die Bildung strategischer Programme könnte ein Ansatz dafür sein. Auch jenseits des Finanz- und Haushaltsmanagements gibt es allgemeine strategische Herausforderungen für die Kommunen, die allerdings spürbare Auswirkungen für die Haushaltssteuerung haben können: der demografische Wandel, soziale Entwicklungen, sich ändernde (und im Zweifel steigende) Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger. Erste Antworten hierauf sind unter anderem der Bürgerhaushalt und das Gender Budgeting. Außerdem wird man sich zukünftig verstärkt konkret – und zwar jenseits eher rhetorischer Beiträge – mit der Frage beschäftigen müssen, wie die langfristige Handlungs- und Leistungsfähigkeit der Kommunen und damit die praktische Bewahrung und Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland gewährleistet werden kann und soll. Gerade an diesem Punkt können die in den fünf Thesen formulierten Vorschläge und Hinweise möglicherweise als relevante Diskussionsbeiträge betrachtet werden. Als nicht mehr – aber auch nicht weniger – sind sie gemeint.

310

Bogumil, J. et al. (2007): Zehn Jahre Neues Steuerungsmodell: Eine Bilanz kommunaler Verwaltungsmodernisierung, Berlin. Budäus, D. (2007): Neue Wege im Rechnungswesen und Controlling öffentlicher Einrichtungen, in: Baum, H.-G. (Hrsg.): Controlling öffentlicher Einrichtungen, Stuttgart, S. 43-55. Eckhardt, S. (2008): Political Accountability, Fiscal Conditions and Local Government Performance – Cross-Sectional-Evidence from Indonesia, in: Public Administration and Development, 28. Jg., Nr. 1, S. 1-17. Frey, U. et al. (2009): Kulturwandel durch Verwaltungsmodernisierung?: Ein Erfahrungsbericht, in: Verwaltung und Management, 6/2009, S. 299-304. Heinz, R. (2000): Kommunales Management. Überlegungen zu einem KGSt-Ansatz, Stuttgart. Küchler-Stahn, N. (2010): Leistungs- und wirkungsorientierte Budgetierung: internationale Praxis und Gestaltungsoptionen für deutsche Kommunalverwaltungen, Berlin. Lüder, K./Budäus, D. (1976): Effizienzorientierte Haushaltsplanung und Mittelbewirtschaftung – Studie zum Problem der Erzeugung von Anreizen für die wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel durch die Titelverwalter, Göttingen. Maeder, C. (2007): The Poetics of Management, and the Politics of Organizational Cultures. A Sociological View on NPM-Reforms in Switzerland, in: Schedler, K./Proeller, I. (Hrsg.): Cultural Aspects of Public Management Reforms, Amsterdam et al., S. 65-75. Mayne, J. (2007): Challenges and Lessons in Implementing Results-Based Management, in: Evaluation, 13. Jg., Nr. 1, S. 87–109. National Audit Office (Hrsg.)(2007): Fourth Validation Compendium Report: Volume 1 – Report by the Comptroller and Auditor General – HC 22-I, London. OECD (Hrsg.) (2007): Performance Budgeting in OECD Countries, Paris Reichard, C. (2008): Regieren mit Budgetierung, in: Jann, W./König, K. (Hrsg): Regieren zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Tübingen, S. 377-406.

Fazit Reichard hebt hervor, dass im Hinblick auf die künftige Entwicklung bei der Budgetierung „(v)or allem zu erwarten (ist), dass man sich stärker strategisch orientieren wird. Man wird weg vom starren und mechanistischen Finanzplan streben und sich stärker einer Kombination von Finanz- und Leistungsdaten sowie dem Einbezug strategisch-mittelfristiger und qualitativer Informationen zuwenden.“22 In der deutschen Kommunalverwaltung hat man sich zwar bereits auf diesen Weg begeben, aber es steht noch ein erhebliches Stück bevor. Erste Schritte – gerade einer Leistungssteuerung – zeigen sich insbesondere unter den Verwaltungsmitarbeitern, die Kunden und Produkte tatsächlich verstärkt in den Mittelpunkt ihres Handelns

Literatur

Schedler, K./Siegel, J.P. (2005): Strategisches Management in Kommunen. Ein integrativer Ansatz mit Bezug auf Governance und Personalmanagement. Düsseldorf. Siegel, J.P. (2008): Probleme und Defizite bei der Reform der US-Bundesverwaltung. Eine MetaAnalyse zur begrenzten Rationalität administrativen Wandels, Bern u.a.O. Talbot, C. (2010): „Targets are bad!“; http:// whitehallwatch.org/2010/10/19/targetwatch/#more-1446, Abruf am 2. November 2010. United States General Accounting Office (Hrsg.) (1997): Performance Budgeting – Past Initiatives Offer Insight for GPRA Implementation, Washington D.C.

20 Vgl. Küchler-Stahn 2010, Kap. 4, sowie General Accounting Office (Hrsg.) 1993, S. 9. 21

Vgl. Eckhardt 2008, S. 11 ff.

22

Reichard 2008, S. 403.

VM 6/2010

Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung Silvia Ostlinning/Wolfgang Pippke

Zwar ist der Begriff des Humankapitals verschiedentlich in Misskredit geraten, versteht man ihn jedoch wertneutral als Summe der Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organisation und ihrer beruflichen Entwicklungspotenziale, kann sein Wert bedeutsame Hinweise für die Personalpolitik geben. Eine öffentliche Verwaltung könnte, wenn sie das Humankapital für ihre Organisation bestimmt hat, sich mit anderen Verwaltungen vergleichen, den Gegenwert von Fortbildungsmaßnahmen ermitteln, die Wirkungen des Verlustes von ausscheidendem Personal berechnen, die Veränderungen durch die Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter feststellen oder die Auswirkungen innerorganisatorischer Maßnahmen wie Job Rotation einschätzen. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Ansätze zur Messung des Humankapitals, entwirft ein Modell für die öffentliche Verwaltung, weist aber auch auf die Probleme und Schwierigkeiten hin, ein solches Modell praktisch umzusetzen.

Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter als Produktionsfaktor „Unsere Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital“ – dieser Satz findet sich in zahlreichen Büchern zur Personalwirtschaft und zum Human Resource Management (HRM). Der Mensch als Produktionsfaktor wird dabei nicht als „schlecht funktionierende Maschine“ (Taylorismus), als „Aufgabenträger“ (Bürokratieansatz), „Bedürfnisträger“ (Human Relations Ansatz) oder „Entscheidungsträger“ (Systemtheorie) gesehen, sondern als zentraler Faktor der Wertschöpfung anerkannt und gefördert – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind produktives Humankapital. Diesem Argument folgend fördert das

Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Privatwirtschaft die Entwicklung eines Human-Potential-Index (HPI), der das Personalvermögen eines Unternehmens und die Wirkung von Personalmaßnahmen messen und bewerten will.1 Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach herrschender Auffassung der entscheidende Faktor für die Betriebsergebnisse sind, wieso zählen sie dann nicht zum Vermögen des Betriebes? Wieso wird der intern geschaffene Wert der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bilanziert und als Aktivposten in der Bilanz notiert? Im Gegenteil: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden als Kostenfaktor, als „Personalkosten“ gewertet, die das Be-

Prof. Dr. Wolfgang Pippke Silvia Ostlinning Master of Public Administration, Fachkoordinatorin Schule, Kultur und Sport in der Stadtverwaltung Harsewinkel

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 311-319

Vorstandsmitglied im Institut für Verwaltungswissenschaften (ifV), Gelsenkirchen, Lehrbeauftragter der Universität Kassel im Studiengang Master of Public Administration

triebsergebnis schmälern; auf der Aktivseite fehlt der entsprechende Gegenpart. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werfen in ihrer Rolle als Produktionsfaktoren jedoch viele Fragen auf, weil sie sich in dieser Funktion nur schwer fassen lassen. Der Wert der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist äußerst vielfältig, komplex und schwierig als Wert zu ermitteln und zu bewerten. Die Humankapitaltheorie hat sich zum Ziel gesetzt, genau dies zu erreichen: Was ist der Wert einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters? Wie lässt er sich messen? Wie kann er gesteigert werden?2 Ansätze zur praktischen Umsetzung der Humankapitaltheorie sind bislang nur in der Privatwirtschaft zu finden. Es soll im Folgenden geprüft werden, ob die eingesetzten Ansätze und Verfahren auf die öffentliche Verwaltung übertragen werden können. Es wird versucht, einen Ansatz zu transformieren oder zu entwickeln, der geeignet ist, eine Verbesserung der Effektivität und Effizienz im öffentlichen Dienst zu erreichen. Die Ausgangshypothese ist, dass eine andere, neue Form der Bilanz mit Aufnahme des Humankapitals das vorhandene Potenzial einer öffentlichen Verwaltung besser darstellen kann. Es wird dabei der Frage nachgegangen, ob der monetäre Wert des Humankapitals als Entscheidungshilfe für eine rationale Ressourcenverwendung herangezogen werden kann. Implizit geht die öffentliche Verwaltung bereits in vielfacher Weise vom Theorem

1

Der HPI wird auf den Seiten des Bundesarbeitsministeriums vorgestellt: http://www.bmas.de/ portal/33816/2009__06__30__human__potential__index.html (04.10.2010). Vgl. auch http://humanpotentialindex.wordpress.com/ (04.10.2010).

2

Vgl. Fitz-enz 2003, S. 12.

311

Hansmann, Das mutwillig erzeugte Einnahmenproblem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Wertschöpfungsfaktor aus: Mit der unterschiedlichen Besoldung und Entgeltgestaltung wird angenommen, dass ein Beamter mit der Besoldungsgruppe A 13 mehr „wert“ ist und höhere Werte schafft als ein Beamter in der Besoldungsgruppe A 9 und ersterer damit entsprechend seinem höheren Wert, der ihm aufgrund einer akademischen Ausbildung oder einer langjährigen Berufserfahrung zukommt, auch ein höheres Jahresgehalt erhalten soll. Bei der Besetzung einer vakanten Stelle wird darauf gezielt, den Bewerber einzustellen, der am besten geeignet zu sein scheint, den Anforderungen dieser

der Wertschöpfung, den Werterhalt und die Wertsteigerung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Verwaltungsorganisation. Dieser Beitrag will daher prüfen, ob und wie das Humankapitel einer öffentlichen Verwaltung festgestellt und gesteigert werden kann. Kennzahlen zum Humankapital könnten zum Zeitvergleich einer Verwaltung (Veränderungen im Zeitablauf), zum Vergleich mit anderen Verwaltungen oder Unternehmen der Privatwirtschaft (Benchmarking) und zur Nutzenmessung personalpolitischer Maßnahmen (Fortbildung usw.) herangezogen werden. Schließlich könnten solche Zahlen auch als Ak-

»Unter humankapitalbezogenen Investitionen werden alle Maßnahmen zur Steigerung der menschlichen Produktivität gesehen.«

Stelle gerecht zu werden, d.h. das passende Humankapital einzusetzen. Auch mit einer Fortbildung für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll eine Erhöhung des individuellen und organisationalen Humankapitals erreicht werden. Die Kosten für die Fortbildung belasten als Ausgaben den Haushalt, sind aber eine Investition, die sich rentieren soll. Des Weiteren basieren auch die tariflichen Leistungsentgeltzahlungen auf der Annahme, dass sie eine Belohnung für die höhere/bessere Leistung eines Mitarbeiters und den durch ihn geschaffenen Mehrwert sind. Im Grunde lassen sich alle Maßnahmen einer verwaltungsinternen Personalpolitik (Einstellung, Umsetzung, Personalentwicklung usw.) als Versuche interpretieren, das Humankapital einer Organisation im Sinne ihrer Aufgaben optimal zu verteilen, zu gestalten und zu verbessern, und zwar auf der individuellen Ebene, der betrieblichen Ebene und auf der institutionellen Ebene. Auf allen Ebenen geht es um die Messung 312

tivposten in der Vermögensbilanz geführt werden.

vorhandene wie auch das bereits genutzte Potenzial.“4 Unter humankapitalbezogenen Investitionen werden alle Maßnahmen zur Steigerung der menschlichen Produktivität gesehen, wie z.B. Maßnahmen zur Verbesserung von Wissen, Fähigkeiten, Gesundheit sowie körperlichem und emotionalem Wohlbefinden. Hierbei kann in makroökonomische und mikroökonomische Aspekte unterschieden werden: Makroökonomische Aspekte: Hierzu zählen die außerbetrieblichen Aktivitäten („Outside Investments“) wie formale Schulbildung, Ernährungs- und Gesundheitsvorsorge, medizinische Versorgung und Migrationspolitik. Aber auch private Weiterbildungen, wie z.B. der Besuch der Volkshochschule, spielen hierbei eine Rolle.5 Mikroökonomische Aspekte, zu denen die betrieblichen Personalentwicklungsmaßnahmen („On-the-Job-Investments“) zählen. Hierzu gehören z.B. folgende Maßnahmen: „Training on the Job“, Berufserfahrung durch „Learning by Doing“, betriebliche Aktivitäten zur Gesundheitsförderung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zur Gefahren- bzw. Unfallverhütung wie auch die Einführung von Frühstücksund Kaffeepausen zur Steigerung der Arbeitsmoral.6

Zum Begriff des Humankapitals In der Literatur finden sich zahlreiche Erläuterungen und Definitionen zum Begriff Humankapital. Wir folgen hier der Definition von Fitz-enz, der das Humankapital aus Managementsicht als eine Kombination mehrerer Faktoren definiert: „Die Eigenschaften, mit denen eine Person an die Arbeit herangeht: Intelligenz, Energie, eine positive Einstellung, Zuverlässigkeit, Engagement; ihre Lernfähigkeit: Begabung, Vorstellungskraft, Kreativität, Können und praxisorientiertes Denken; ihre Motivation zum Austausch von Informationen und Wissen: Teamgeist und Zielorientierung.“3 Ergänzend stellen Edvinsson/Brüning fest: „Humankapital ist daher als das gesamte geistige und körperliche Potenzial der Mitarbeiter eines Unternehmens zu verstehen, und zwar sowohl als das latent

Methoden der Messung des Humankapitals Überblick Kann das Humankapital – 2004 zum Unwort des Jahres gekürt – überhaupt in Zahlen gemessen und ausgedrückt werden? Lassen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Produktivkraft zahlenmäßig und monetär erfassen und evaluieren? Die vorhandenen Ansätze der Humankapitaltheorie basieren auf mehr oder weniger abstrakten Modellen. Will

3

Fitz-enz 2003, S. 12.

4

Edvinsson/Brünig 2000, S. 28.

5

Vgl. auch Becker 1962, S. 28.

6

Vgl. Bechtel 2006, S. 28.

VM 6/2010

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung Methode Marktwertmethoden

Erläuterung

Beispiele

Das Humankapital wird als Funktion aus dem Marktwert und dem Eigenkapital (Buchwert) des Unternehmens sowie gegebenenfalls der Mitarbeiterzahl ermittelt.

Human Capital Market Value (HCMV), Tobin's Q und Value Creation Index (VCI), Calculated Intagible Value (CIV)8

Accounting-orientierte Ansätze

Das Humankapital wird als Funktion aus Personalaufwand und Abschreibungen ermittelt. Bei diesem Ansatz wird eine Integration in die Rechnungslegungs- und Bilanzierungsverfahren angestrebt. Diese Ansätze liefern einen Kennzahlenkatalog, um ein generelles Bewusstsein für das Humankapital zu schaffen.

Accounting-for-the-futureKonzept, der Ansatz der lernzeitbasierten Wissensbilanz und der Entgeltbarwert-Ansatz

Indikatorenbasierte Ansätze

Bei dieser Methode werden einzelne Faktoren wie die Führungsleistung, Qualifikation oder Fehlzeiten zunächst getrennt, um anschließend den Einfluss auf das Unternehmensergebnis zu messen. Die Kennzahlen sind sehr kontextbezogen und ein Vergleich mit anderen Unternehmen ist nur schwer möglich.

Skandia Navigator von Edvinsson/Malone (1997) oder das Modell vom „Arbeitskreis immaterielle Vermögenswerte“ der Schmalenbach-Gesellschaft (2003).

Value-Added-Ansätze

Das Humankapital wird als Funktion von Input- und Outputgrößen auf der Grundlage von Daten der internen Rechnungslegung errechnet.

Workonomics™-Ansatz der Boston Consulting Group oder der von dem Beratungsunternehmen Stern Steweart & Co. entwickelte Economic Value Added (EVA).

Ertragsorientierte Ansätze

Das Humankapital wird als Funktion aus Ertragsgrößen, die mit einem Kapitalkostenansatz gekoppelt werden, errechnet.

Knowledge Capital Scoreboard von Lev und Bothwell sowie der Ansatz des Return on Investment of Human Capital (HCROI) von Fitz-enz

Saarbrücker Formel

Dieser Ansatz von Scholz stellt eine Synthese der bestehenden Modelle dar. Der Ansatz integriert die Markt-, Accounting-, und Indikatorenansätze und hat statt Aufwand oder Wertschöpfungsbeiträgen Bestandsgrößen im Fokus.

Tab. 1: Ansätze zur Messung des Humankapitals

ein Betrieb sein Humankapital steigern, müsste er verbindliche Messgrößen verwenden können. Der Einbezug von Kennzahlen würde es der Betriebsleitung ermöglichen, Veränderungen des Wertschöpfungspotenzials ihres Personals zu ermitteln. Mit den richtigen Methoden könnten wertsteigernde Maßnahmen überprüft und Stärken und Schwächen rechtzeitig analysiert werden. Es wäre ein bedeutsames Instrumentarium für das betriebsinterne Controlling geschaffen. Die Übersicht in Tabelle 1 zeigt, welche Ansätze und Instrumente in neuerer Zeit versuchen, den Wert des Humankapitals VM 6/2010

zu erfassen, um dessen Veränderungen erkennen zu können7).

Messprobleme Die dargestellten Ansätze weisen in der Praxis Mängel und Probleme auf, bei vielen ist die praktische Anwendung schwierig. Das erste Problem ist die umfangreiche Datenbeschaffung, um zunächst geeignete Hilfsgrößen berechnen zu können. Des Weiteren erfolgt häufig eine Verknüpfung von monetären und nicht-monetären Indikatoren. Das erschwert wiederum einen objektiven Vergleich mit anderen Betrieben. Von Kritikern dieser Modelle wird

weiterhin auch die reine Vergangenheitsorientierung der Ansätze bemängelt. Prozessorientierte Ansätze haben zwar mit induktiv-analytischen Methoden der Humankapitalmessung erste Schritte zur Bilanzierung und Berichterstattung gefunden. Diese Ansätze sind bislang jedoch noch wenig „kompetenzhaltig“. Als Schwächen werden an unterschiedlichen Stellen immer wieder die Mängel in der Standardisierung, im objektiven Vorgehen und in der Aussagekraft für interne und externe Zielgruppen genannt.9 Der Skandia-Navigator und die Wissensbilanz weisen Kennzahlen aus, die eine mehrdimensionale Navigation des Unternehmens ermöglichen. Jedoch haben auch diese Modelle Schwachstellen in Bezug auf eine gezielte Entwicklung des Humankapitals. So werden beim Skandia Navigator Kennzahlen „unterschiedlichen Aggregationsniveaus und Bedeutungsgehalts nebeneinander gestellt.“10

Zu den größten Problemen zählt die Erfassung der Mitarbeiterqualifikation und ihrer Veränderung, weil die Produktivitätskapazität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Wissen, Fachkenntnis und Fähigkeiten) nur schwer zu messen ist. Selbst nach einer erfolgreichen Erfassung von Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellt sich

7

Vgl. z.B. Scholz/Stein/Bechtel 2006, S. 51-210; auch Bechtel 2006; Persch 2003; Barthel u.a. 2006.

8

Persch (2003) unterscheidet die Ansätze in deduktiv-summarische und induktiv-analytische Ansätze. Die Marktwertmethoden zählen nach seinen Ausführungen zu den deduktiv-summarischen Ansätzen (Vgl. S. 87 ff.).

9

Vgl. Barthel u. a. 2006, S. 188.

10

Ebd., S. 161.

313

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung

c

Vision

d

Projekte

e

Kernkompetenzen

f

Indikatoren

Ein Modell für die öffentliche Verwaltung Das Modell Spezielle Modelle, die sich auf die Ermittlung und Bewertung des Humankapitals in der öffentlichen Verwaltung beziehen, konnten im Rahmen unserer Recherchen nicht gefunden werden.15 Es soll im Folgenden versucht werden, einen solchen Ansatz für die öffentliche Verwaltung zu erarbeiten.

Abb. 1: Das Intellectual Capital (IC)-Modell für öffentliche Verwaltungen nach Edvinsson/ Bounfour (2005, S. 325)

das Problem, diesen Qualifikationen einen monetären Wert zuzuordnen. Herding/Stumpfhaus halten es beispielsweise grundsätzlich für „unmöglich, den Faktor Humankapital in aussagekräftigen Zahlen auszudrücken.“11 Andere Autoren hingegen sprechen explizite Warnungen aus, wie z.B. Drumm: „Da kein Verfahren zu einem objektiven und willkürfreien Wert des Humankapitals führt, ist von Humanvermögensrechnungen als Methode des Personalcontrollings abzuraten.“12 Die Bewertung des Menschen in monetären Größen wird von Kritikern der Humankapital-Modelle als sehr heikel oder sogar als unmoralisch angesehen. Dem entgegnet Huber, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeweils aus der Sicht des Unternehmens bewertet werden und somit nicht der Mensch als solches beurteilt wird, sondern sein Leistungspotenzial, das er in das Unternehmen einbringen kann.13 Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat viele Jahre erforscht, wie sich das Humankapital am Besten messen lässt. Die Aussage der OECD klingt letztlich mehr wie eine Warnung: „Die Messung des Humankapitals in einer Organisation ist ein mit Fehlern behafteter Prozess, der 314

grobe Ungenauigkeiten und Fälschungen riskiert, solange es keine generelle Übereinkunft über Absichten, Metriken und Werte gibt.“14 Allgemein kann festgehalten werden, dass die Ansätze zur Bewertung von Humankapital keine exakten Ergebnisse liefern, sondern lediglich Annäherungswerte ermitteln. Vor allem im Dienstleistungsbereich fällt es schwer, die Methoden, die in den meisten Fällen für Produktionsbetriebe entwickelt wurden, entsprechend anzuwenden. Kompetenzen, Wissen, berufliches Handeln und Arbeitsergebnisse lassen sich nur bedingt in Geldwerte umrechnen und bilanzieren. Es bietet sich daher an, auf eher qualitative Beschreibungen mit nicht-monetären Methoden zurückzugreifen. Es gilt zu prüfen, wie sich die Ergebnisse der qualitativen Bewertungen in eine Bilanz integrieren lassen, um somit eine neue Form einer Bilanz zu erhalten, wie es als Ausgangshypothese formuliert wurde. Auch wenn das Humankapital nicht als monetärer Bilanzwert auftaucht, so könnten doch ergänzende Berichte zur Bilanz Aufschluss über das betriebsinterne Humankapital geben. Langfristig könnte insoweit auch sein Ertrag erfasst werden.

Edvinsson/Bounfour beschreiben in ihrem Buch „Intellectual Capital for Communities“ eine Methode zur Bewertung des intellektuellen Kapitals von Kommunen. Dieser Ansatz ist in den Grundzügen vergleichbar mit dem Skandia Navigator, der ebenfalls unter Beteiligung von Edvinsson entstand. Das Cities‘ General Intellectual Capital Model (CGICM) beschreibt und misst das intellektuelle Kapital von Städten in folgende Phasen: Zunächst wird die Vision der Stadt durch Brainstorming und Interviews mit der Verwaltungsleitung und den Führungskräften erhoben. An dieser Stelle soll vor allem auf folgende Fragen eingegangen werden: Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Nachdem die Vision der Stadt ermittelt wurde, sollen in Zusammenarbeit mit der Politik Projekte und Aktivitäten definiert und erarbeitet werden.16 Im nächsten Schritt werden Kernkompetenzen ermittelt, die benötigt werden, um die erarbeiteten Projekte zu realisieren. Das wäre eine Aufgabe des Personalmanagements. In Phase 4 werden die entscheidenden Indikatoren ermittelt und anschließend

11

Herdig/Stumpfhaus 2003, S. 58.

12

Drumm 2005, S. 751.

13

Huber 1998, S. 57.

14

Zitiert nach Edvinsson/Brünig 2000, S. 104.

15

Eine Ausnahme stellt das Modell von Edvinsson/ Bounfour „Cities‘ General Intellectual Capital Model (CGICM)“ dar. Dieses Modell bezieht sich jedoch auf die gesamte Stadt, nicht auf das Verwaltungspersonal.

16

Dieses liegt eher auf einer operativen Ebene und kommt damit einer für die Zielerreichung geeigneten „Aufbau- und Ablauforganisation“ entgegen, einem weiterem Erfolgsfaktor.

VM 6/2010

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung in der Phase 5 die Indikatoren in das Navigator-Modell eingefügt.17 Das Modell verfolgt das Ziel, das gesamte intellektuelle Kapital einer Stadt (nicht nur der Stadtverwaltung) darzustellen. Dabei beruht es – wie auch der Skandia Navigator – auf den folgenden Faktoren: Finanzfokus, Kundenfokus, Prozessfokus, Humanfokus, Fokus Erneuerung und Entwicklung. Aus diesen Faktoren lässt sich in Anlehnung an Edvinsson/Bounfour das Modell in Abbildung 1 erstellen. Dieses Modell ermöglicht interkommunale Vergleiche. Die Ergebnisse können zur Bewertung der Qualität des Standortes herangezogen werden (Standortfaktor). Mit Erhebungen zum Engagement, zur Arbeitszufriedenheit und zur Kultur erhal-

pitals gebildet. Bei der Auswahl der Indikatoren sollte grundsätzlich berücksichtigt werden, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einfachheit der Erfassung und der Relevanz der Ergebnisse für die Entscheidungsfindung besteht. Für den Bereich der öffentlichen Verwaltung sind, ausgehend vom Modell in Abbildung 1, folgende Faktoren von besonderer Bedeutung: Finanzfokus (Vergangenheitsebene) Hierbei sollte der Frage nachgegangen werden, in welcher Beziehung die Finanzwerte zum intellektuellen Kapital stehen: Haushaltsvolumen Verschuldung Ausgaben des Verwaltungshaushaltes im Verhältnis zu den Personalausgaben Ausgaben des Vermögenshaushaltes je Einwohner Personalausgaben je Mitarbeiter

»Das Modell verfolgt das Ziel, das gesamte intellektuelle Kapital einer Stadt (nicht nur der Stadtverwaltung) darzustellen.«

ten somit auch öffentliche Verwaltungen Referenzdaten, die eine regelmäßige Überprüfung erlauben. Die Erhebungen sollten regelmäßig wiederholt werden, um Veränderungen feststellen zu können. Die grundlegenden Schritte 1 bis 4 können von Edvinsson/Bounfour mit dem Unterschied übernommen werden, dass sich die Fragestellung der Visionen auf die Verwaltung und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehen. An dieser Stelle sind vor allem die Politik und die Verwaltungsleitung gefragt. Nachdem die Visionen, die daraus abgeleiteten Projekte und Arbeitsaufträge sowie die dazu gehörenden Kernkompetenzen ermittelt wurden, werden neben den Finanzindikatoren auch die entscheidenden Indikatoren des intellektuellen KaVM 6/2010

IT-Kosten im Verhältnis zu den Verwaltungskosten. Kundenfokus (Gegenwartsebene) Die unterschiedlichen Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern und Verwaltung (öffentlich-rechtlich und privatrechtlich) wie auch die unterschiedlichen Arten der öffentlichen Verwaltung (Eingriffsverwaltung, schlicht hoheitliche Verwaltung, Fiskalverwaltung, Verwaltungsprivatrecht, Leistungsverwaltung) beschreiben die unterschiedlichen Formen der Kundenbeziehungen zur öffentlichen Verwaltung. Darüber hinaus lassen sich die Verwaltungsleistungen nach dem Grad der Bindung in freie Verwaltung, Ermessensverwaltung und gebundene Verwaltung unterteilen. Die Kundenbindung und Kundentreue sind im Bereich der Verwaltung von un-

terschiedlicher Bedeutung. In vielen Angelegenheiten können die Kunden nicht zwischen den Leistungen unterschiedlicher Verwaltungen wählen. Jedoch existieren auch wichtige Bereiche, in denen der Kunde eine freie Wahl hat, wie z.B. die Bereiche der Gewerbeansiedlung (Wirtschaftsförderung), Kulturangebote, attraktives Bauland bis hin zur Auswahl der Betreuungsangebote für Kinder. In diesen Fällen ist die Verwaltung, ähnlich wie ein Unternehmen der Privatwirtschaft, abhängig von der Meinung und von der Nachfrage. Die Zufriedenheit mit der Verwaltungsleistung können (in beiden Varianten) mittels Kundenbefragungen überprüft werden. Mögliche Indikatoren können sein: Anzahl der Kunden (Dieses kann gleichzeitig ein Indikator der Arbeitsauslastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein.), telefonische Erreichbarkeit, Index zufriedener Kunden (z.B. erhoben durch eine Kundenbefragung), Anzahl Beschwerden, Anzahl berechtigter Widersprüche. Prozessfokus (Gegenwartsebene) Der Prozessfokus stellt die Effizienz interner Prozesse wie auch die Ausstattung der Verwaltung mit moderner IT heraus. Verwaltungskosten/verwaltetes Vermögen, PCs je Mitarbeiter, Verwaltungskosten je Mitarbeiter, IT-Kosten je Mitarbeiter, IT-Mitarbeiter/Gesamtzahl der Mitarbeiter, IT-Ausgaben in Geräte etc. je Jahr, Anzahl der Telearbeitsplätze. Fokus Erneuerung und Entwicklung (Zukunftsebene) Die Indices für den Fokus Erneuerung und Entwicklung stehen den Indices des Finanzfokus gegenüber. Veränderungen und Erneuerungen in der öffentlichen Verwaltung sind größtenteils eher fremdbestimmt und haben in der Regel ihren Ursprung in Gesetzen, Reformen oder technischen Neuerungen. In diesen Fällen hat die Verwaltung kaum Einfluss auf das Ausmaß der Veränderungen. Viele Anstöße gehen auch von Verwaltungen aus, wie z.B. das Neue Steuerungsmodell, das von 17

Vgl. Edvinsson/Bounfour 2005, S. 321.

315

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung Bestand Kennzahl/Indikator

Berechnung

Interpretation

Anzahl der Mitarbeiter (absolut)

Anzahl der Mitarbeiter

Hintergrundinformationen zur Größe der Verwaltung

Anzahl Beschäftigte (absolut)

(ehemals Angestellte und Arbeiter)

Anzahl Beamte (absolut) Geschlechterverteilung

Anzahl Männer/Frauen

Überprüfung des Gleichstellungsziels

Anzahl der Mitarbeiter in Anzahl der Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenten Stellenäquivalenten Durchschnittsalter der Mitarbeiter

Durchschnittliches Alter in Jahren

Altersstruktur der Mitarbeiter

Zusammenfassung zu Altersgruppen in Jahren: (< 25) (25-39) (40-54) (>54)

Index Führungskräfte

Anteil der Führungskräfte im Vergleich zur Gesamtbelegschaft

Index weibliche Führungskräfte

Anteil der weiblichen Führungskräfte im Vergleich zu männlichen Führungskräften

Stabilität; ältere Mitarbeiter wechseln seltener den Arbeitgeber als Jüngere. Im Gegenzug dazu bringen neue Mitarbeiter neue Ideen und „frischen Wind“ mit; auch: Entscheidungsgrundlage für ausgewogene Altersstruktur

Leistungsfähigkeit

Index Teilzeitkräfte

Anzahl der Teilzeitkräfte im Beständigkeit Vergleich zu Vollzeitkräften

Bildungsgrad

Anteil der Mitarbeiter mit akademischen19 Abschlüssen im Vergleich zur Gesamtbelegschaft

Ausbildungsstand

Unterteilung in ungelernte Nachhaltigkeit, Leistungsfähigkeit Kräfte, Verwaltungsfachangestellte (AI), AII,

Mitarbeiterqualifikation

Lernfähigkeit, Wachstumsfähigkeit, Bildungsressourcen und Kompetenzen der Mitarbeiter

Ausbildung im Haus externe Ausbildung

Nachhaltigkeit, Leistungsfähigkeit

Interner Arbeitsplatzwechsel

Anzahl der Mitarbeiter, die im Jahr innerhalb der Verwaltung den Arbeitsplatz gewechselt haben

Flexibilität der Mitarbeiter, Personalentwicklung

Krankheitstage

Durchschnittliche Anzahl der Fehltage im Jahr

evtl. Indikator für Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitermotivation

Anteil der Personalausgaben am Verwaltungshaushalt

Effizienz

Zufriedenheit der Kundurch Kundenbefragung den in Bezug auf: Dienstleistung der Mitarbeiter Fachliche Abwicklung Wartezeit/Bearbeitungsdauer Erreichbarkeit Freundlichkeit

Qualitätssicherung

Tab. 2: Humankapital in der öffentlichen Verwaltung (Forts. nächste Seite) 316

den Kommunen selbst entwickelt wurde und weite Verbreitung fand. Verwaltungsintern können Änderungsprozesse angestoßen werden, wie z.B. eine Änderung der internen Abläufe als Folge einer Organisationsuntersuchung. Kennzahlen können aus den Zielen einer Verwaltung abgeleitet werden.18 Humanfokus Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, gestaltet sich die Erfassung des Humankapitals als schwierige Aufgabe. Auch wenn auf diesem Gebiet schon umfassende Forschungen betrieben wurden, so existiert bislang dennoch keine Methode, die das Wissen, die Fertigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeiter eindeutig messen kann. Auch die Entwicklung der Produktivität der Mitarbeiter, die Entwicklung der Fachkenntnisse und der Fähigkeiten lassen sich nicht exakt erheben und messen. Selbst wenn eine Messung der Qualifikationen möglich wäre, so lässt sich ihnen doch kein eindeutiger monetärer Wert zuordnen. Kennzahlen sollten jeweils so ausgewählt werden, dass sie über den Investitions- und Nutzungsgrad des Humankapitals informieren. Um einen umfassenden Blick zu erhalten, kann in Bezug auf das Personal folgende Unterteilung vorgenommen werden: Bestand, Gewinnung, Pflege,

18

Beispiele für derartige Ziele könnten an dieser Stelle sein: Einführung einer neuen Software, Einstellung eines Übergangcoaches, der Schülern beim Übergang von der Schule zum Beruf unterstützt, Angebot der virtuellen Verwaltung, Einführung von neuen Veranstaltungen, Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung.

19

Zu den akademischen Graden zählen Doktor, Magister, Diplomabschlüsse (bzw. neu: Master und Bachelor) sowie Staatsexamen. Im öffentlichen Dienst existiert die Besonderheit, dass die Beamtenanwärter des gehobenen Dienstes an der Fachhochschule studieren und parallel ihre Ausbildung bei der Anstellungskörperschaft absolvieren. In der späteren Arbeit werden die Absolventen von den Tätigkeiten ungefähr gleichgesetzt mit Angestellten, die die Angestelltenprüfung II absolviert haben. Diese wiederum zählt nicht als Abschluss einer Fachhochschule. Um hier zu einer „Gleichbehandlung“ zwischen den Angestellten mit Prüfung des A-II-Lehrgangs und den Verwaltungswirten/-betriebswirten (FH) zu gelangen, zählen die Verwaltungswirte/betriebswirte im Rahmen dieser Arbeit nicht zu Mitarbeitern mit akademischen Abschlüssen.

VM 6/2010

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung Gewinnung Kennzahl/Indikator Zugangsrate

Index Auszubildende

Initiativbewerbungen

Pflege Kennzahl/Indikator Aufwendungen für Gesundheitsvorsorge pro Mitarbeiter Index der Mitarbeitergespräche

Fortbildung Kennzahl/Indikator Schulungskosten Schulungstage Anteil der Fortbildungsausgaben an den Personalausgaben IT-Kenntnis der Mitarbeiter

Berechnung Prozentualer Anteil der Neuzugänge an der Belegschaft Anzahl der Auszubildenden im Vergleich zur Gesamtbelegschaft Anzahl der Bewerbungen im Jahr, die sich nicht direkt auf eine Ausschreibung beziehen

Interpretation Kompetenzerneuerung

Wachstumsfähigkeit

Attraktivität der Verwaltung

Berechnung Interpretation Kosten für arbeitsmedizini- Vorsorge sche Betreuung Anzahl der Mitarbeiterge- Personalentwicklung spräch im Jahr im Vergleich zur Mitarbeiteranzahl

Berechnung Jährliche Schulungskosten je Mitarbeiter Jährliche Schulungstage je VZÄ im Jahr

Interpretation Wachstumsfähigkeit

Anzahl der IT -Schulungen im Jahr

Medienkompetenz (Anmerkung: ist nur schwer zu ermitteln)

Wachstumsfähigkeit

Bindung Kennzahl/Indikator Berechnung Durchschnittliche Dienst- inkl. Berufsausbildungen jahre bei der Anstellungskörperschaft

Interpretation Indikator für die Bindungskraft der Verwaltung (Zufriedenheit) und Indikator für langjähriges Hintergrundwissen; Beständigkeit Abgangsrate Prozentualer Anteil der Mit- Beständigkeit, Mitarbeiterbindung arbeiterkündigungen und Entlassungen an der Gesamtzahl der Belegschaft Mitarbeiterzufrieden- Erhebung durch Mitarbei- Beständigkeit heitsindex terbefragung Tab. 2 (Forts.): Humankapital in der öffentlichen Verwaltung

Fortbildung, Bindung. Zu jedem dieser Bereiche lassen sich Kennzahlen/Indikatoren bestimmen. Beispiele werden in der Tabelle 2 auf der Basis von Vollzeitäquivalenten (VZÄ)20 genannt.

Umsetzung Um die Effizienz des intellektuellen Kapitals (ähnlich wie Edvinsson) ermitteln zu können, müssten im folgenden Schritt VM 6/2010

die wesentlichen Indikatoren zu einem monetären Wert zusammengefasst werden. Edvinsson setzt die Werte dabei in Bezug zum absoluten Maß des intellektuellen Kapitals.21 Die Kombination von monetären mit nicht-monetären Werten führt zu einem Maß, dessen Aussagekraft sehr unterschiedlich ausfallen kann. Für den Bereich der öffentlichen Verwaltung dürfte es schwer sein, einzelne Werte des intellektuellen Kapitals zu einem Wert zusammenzufassen. Hier wäre es sinnvoller, die einzelnen Bereiche jeweils für sich zu

betrachten. Die Ergebnisse sollten selbstverständlich im Gesamtkontext zu allen fünf Bereichen gesehen werden. Die vorab ermittelten Ziele und Visionen müssen mit den erarbeiteten Kennzahlen abgeglichen werden. Dabei ist es notwendig, dass die Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität beachtet werden. An den Stellen, an denen Verbesserungsbedarf besteht, greifen die genannten Aktivitäten, die nach Fitz-enz sinnbildlich als Stern aufgefasst werden. Sie ermöglichen es, Veränderungen im Bereich des Personals zu messen, darzustellen und zu überwachen sowie für interne und externe Berichtsysteme zu nutzen.22 Zusätzlich muss festgelegt werden, welche Indikatoren für welche Interessengruppe bestimmt sind. Wem werden die Kennzahlen zur Verfügung gestellt (intern und/oder extern) und welcher Zweck soll damit verfolgt werden? Zusätzlich müssen die Erhebungszeitpunkte und -räume festgelegt werden. Auf jeden Fall muss für die Bewältigung dieser Arbeiten auch daran gedacht werden, die organisatorischen und personellen Voraussetzungen zu schaffen.23 Vor allem in kleineren Verwaltungen müssen Aufwand und Ertrag sorgfältig gegeneinander abgewogen werden, bevor zu umfangreiche Instrumente eingeführt werden. Um in letzter Konsequenz zu Veränderungen in der Verwaltung zu gelangen, müsste das entwickelte Modell es leisten, dass der echte Wert der Verwaltung dargestellt werden kann, und der Bericht über das Humankapital müsste „ein lebendes und dynamisches Dokument“24 sein. Dazu müssten die gewählten Indikatoren einfach zu verstehen sein und Möglichkeiten für Vergleiche gewährleisten. Auch wenn die hier vorgestellte Lösung nur erste Ansätze liefert, könnte sie

20 Für diesen Begriff gibt es mehrere Synonyme, wie z.B. Vollzeitarbeitskraft, Personen-Tage, Mitarbeiterkapazitäten oder auch Full Time Equivalent (FTE). (Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/ Vollzeit%C3%A4quivalent, Stand 04.10.2010). 21

Vgl. Edvinsson/Brüning 2000, S. 122 ff.

22

Vgl. Fitz-enz 2003, S. 119.

23

Vgl. KGSt-Bericht 13/1990, S. 11.

24

Edvinsson/Brünig 2000, S. 33.

317

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung Vorjahr

Aktuelles Jahr

Bewertung

Ziel

Bestand Gewinnung Pflege Fortbildung

☺ ☺

Bindung Tab. 3: Bewertungsbogen Humankapital, angelehnt an den Leitfaden zur Erstellung einer Wissensbilanz, S. 3125

doch genutzt werden, aus ihr in der Verwaltungspraxis ein nützliches Instrument weiter zu entwickeln. Für den weiteren Einsatz der ermittelten Indikatoren empfiehlt sich eine einfache Darstellung (siehe Tab. 3). Mit Hilfe von Symbolen können die Ergebnisse bewertet und neue Ziele ermittelt werden.

Maßnahmen zur Steigerung des Humankapitals Die Steigerung/Verbesserung des Humankapitals ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Lebenslanges Lernen In Deutschland beteiligt sich lediglich ein Viertel der Bevölkerung zwischen 19 und

für Fortbildungsmaßnahmen bereit zu stellen. Führungskräftemangel Im Bereich der öffentlichen Verwaltung wird besonderer Wert auf die Ausbildung der mittleren Führungsebene (Beamte des gehobenen Dienstes) gelegt. Für den höheren Dienst, für die Leitung eines Bereiches und die Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hingegen bestehen nur wenige Qualifizierungsmöglichkeiten. In den Kommunalverwaltungen werden diese Positionen häufig an erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gehobenen Dienstes (bzw. selbstverständlich auch an Beschäftigte mit entsprechender Qualifikation) vergeben. Experten schät-

»Die Messbarkeit ist das größte Problem bei der Bewertung des Humankapitals – alle vorhandenen Modelle weisen bei der praktischen Anwendung jeweils unterschiedliche Stärken und Schwächen auf.« 64 Jahren an allgemeinen sowie beruflichen Fortbildungsmaßnahmen. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist eine Intensivierung der beruflichen Fortbildung in Deutschland notwendig, „um auf mikroökonomischer Ebene das Humankapital im individuellen Lebensverlauf zu erhalten und insbesondere das Humankapital von Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.“26 Es ist Aufgabe jeder öffentlichen Verwaltung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum lebenslangen Lernen zu motivieren und finanzielle Ressourcen

318

zen, dass aufgrund der Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und der demografischen Entwicklung ab dem Jahr 2012 ein Arbeitskräftemangel einsetzten wird.27 Um dem Führungskräftemangel entgegentreten zu können, ist es kostengünstiger, mittelfristig geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern, ihre Kompetenzen zu erweitern und ihr Wissen zu steigern. Die Personalabteilungen müssen hier pro-aktiv handeln. Geeignete „Kennzahlen helfen, Entwicklungen zu beobachten, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erken-

nen und Gegensteuerungsmaßnahmen einzuleiten, bevor Schäden entstehen.“28 Verbindliche Kennzahlen können eine Steigerung des Humankapitals unterstützen, wenn Kennzahlensysteme angemessen interpretiert und brauchbare Schlüsse gezogen werden. Nur wenn die Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anhand von Metriken festgelegt und diese entsprechend unterstützt werden, kann eine Steigerung des organisationalen Humankapitals erreicht werden. Der Erfolg der weiteren Verwaltungsmodernisierung in öffentlichen Verwaltungen wird in Zukunft wesentlich davon abhängen, steuerungsrelevante Informationen und Daten zu erlangen, sie zu analysieren und Entscheidungen daraus abzuleiten. Hierbei liegt das Schwergewicht vor allem auf den Kenntnissen und Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Fazit Im Rahmen dieses Beitrags wurde untersucht, ob die Methoden zur Ermittlung und Bewertung des Humankapitals aus der Privatwirtschaft im Bereich der öffentlichen Verwaltung angewendet werden können. Es wurde dabei der Frage nachgegangen, ob der monetäre Wert des Humankapitals sinnvoll als Entscheidungshilfe für eine rationale Personalpolitik herangezogen werden kann. Die Auswertung der Fachliteratur hat ergeben, dass Kennzahlen den tatsächlichen Wert des Humankapitals oder gar des gesamten intellektuellen Kapitals nur ungenügend erfassen können. Die Methoden liefern nur Annäherungswerte, um aufzuzeigen, in welchem Umfang Humankapital in einer Organisation vorhanden ist. Die Messbarkeit ist das größte Problem bei der Bewertung des Humankapitals. Die Modelle der Privatwirtschaft

25

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Wissensbilanz, Made in Germany, Leitfaden 1.0 zur Erstellung einer Wissensbilanz, Dokumentation Nr. 536, 2006, http://www.bmwi. de, (04.10.2010).

26

Rürup/Kohlmeier 2007, S. 6.

27

Vgl. Heesen, Berliner Zeitung, 10.06.2006.

28

KGSt-Bericht 13/1990, S. 12.

VM 6/2010

Ostlinning/Pippke, Das Humankapital der öffentlichen Verwaltung weisen in der praktischen Anwendung unterschiedliche Schwächen und Stärken auf – bislang konnte sich am Markt noch keines durchsetzten. Dieser Umstand muss nicht unbedingt negativ bewertet werden, sondern kann auch auf die Individualität der verschiedenen Unternehmen und deren Zielsetzungen schließen lassen. Es erscheint unserer Ansicht nach nicht sinnvoll, im Rahmen der Bilanzierung einen Posten „Humankapital“ einzuführen, da er sich nicht eindeutig in einer absoluten Zahl festlegen lässt. Jedoch bieten die Ansätze weitergehende Möglichkeiten, die sich eher auf die qualitative Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehen und wertvolle Impulse liefern, die auch für den Bereich der öffentlichen Verwaltung fruchtbar gemacht werden können. Für die öffentliche Verwaltung ist die Ausweisung eines Wertes zum Humankapital in der Bilanz wegen der Besonderheiten des öffentlichen Dienstes und der teilweise stark subjektiven Einschätzung nach jetzigem Kenntnisstand nicht zu empfehlen. Jede Verwaltung sollte selbst entscheiden, welche Kennzahlen für ihre personalwirtschaftlichen Entscheidungen von Bedeutung sind. Umfangreiche Methoden wie in der Privatwirtschaft, die u.a. für Global Player entwickelt wurden, müssen vor ihrem Einsatz auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden, ob nämlich der Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Verhältnis zum Ertrag steht. Vor diesem Hintergrund wurde ein Modell entwickelt, das mit moderatem Verwaltungsaufwand angewandt werden kann und für die praktische Arbeit von Nutzen ist. Sinnvoll eingesetzt kann das entwickelte Modell für die öffentliche Verwaltung zu einer Steigerung der Effizienz und Effektivität der organisationalen Verwaltungsleistung beitragen. Mit einem effektiven und objektiven Kennzahlensystem könnte die Ressource Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne der Humankapitaltheorie dargestellt und analysiert werden.

Literaturverzeichnis Barthel, Erich/Hasebrook, J.P./Zawacki-Richter, O. (2006): Kompetenzbilanzierung und Kompetenzkapital: Die wirtschaftliche Bedeutung von Kompetenzbilanzierung, in: Kompetenzen bilanzieren, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e.V., Berlin, S. 109-220. Bechtel, R./Scholz, C. (Hrsg.) (2006): Humankapitalberechnung zwischen Markt- und Ressourcenorientierung, München. Becker, G.S. (1962): Investment in Human Capital: A Theoretical Analysis, in: JPE 70 (Supplement October 1962), S. 9-49. Drumm, H.J. (2005): 5. Auflage, Berlin u.a.

Personalwirtschaft,

Dürr, A. (2007): Humankapital. Bekenntnis zum Erfolgsfaktor Mensch, Saarbrücken. Edvinsson, L./Bounfour, A. (2005): Intellectual Capital for Communities, Nations, Regions and Cities, USA, Burlington. Edvinsson, L./Brünig, G. (2000): Aktivposten Wissenskapital. Unsichtbare Werte bilanzierbar machen, Wiesbaden. Fitz-enz, J. (2003): Renditefaktor Personal. So messen und erhöhen Sie den ROI ihrer Mitarbeiter, Frankfurt/New York. Gloger, A. (2005): Know-how als Unternehmenswert, in: managerSeminare, Heft 86, Mai 2005, S. 20-26. Herding, K./Stumpfhaus, B. (2003): Humankapital nicht bewerten sondern entfalten, in: Personalwirtschaft 5/2003, S. 55-58. Huber, M. (1998): Bewertung von Dienstleistungsunternehmen. Das Human Capital als wertbestimmender Faktor in Theorie und Praxis, Bern/Stuttgart/Wien. Persch, P.R. (2003): Die Bewertung von Humankapital – eine kritische Analyse, in: Hummel, T.R./Wagner, D./Zander, E. (Hrsg.), München. Scholz, C./Stein, V./Bechtel, R. (2006): Human Capital Management, 2. Aufl., München/Unterschleißheim. Vaanholt, S. (1997): Human Resource Management in der öffentlichen Verwaltung, Deutscher-Universitäts-Verlag, Wiesbaden.

Internetquellenverzeichnis Heesen, P.: Verabschiedung der Föderalismusreform ist grobe Fehlentscheidung, Berliner Zeitung, 10.06.2006, http://www.dbb.de/cgibin/si_highlight.pl?sdatei=/dbb-beamtenbund2006/3155_3489.php&Term=altersstruktur&co nfig=0, [04.10.2010] Human Capital Club e.V.: http://www.humancapitalclub.de, [04.10.2010] KGSt-Bericht 13/1990: Kennzahlen in der Personalarbeit, http://www.kgst.de, [04.10.2010] Rürup, B./Kohlmeier, A. (2007): Wirtschaftliche und sozialpolitische Bedeutung des Weiterbildungssparens, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn/Berlin, www. bmbf.de/pub/studie_bildungssparen.pdf, [04.10.2010] http://de.wikipedia.org/wiki/Fertigkeit [04.10.2010]

VM 6/2010

Jetzt im Miniabo!

,

Kommunaljurist (KommJur)

Rechtsberater für Gemeinden, Landkreise, Gemeindeverbände und kommunale Wirtschaftsunternehmen 8. Jahrgang 2011, 12 x jährlich Jahresabo: 154,– €* 6 Ausgaben testen für nur 38,– €** inkl. Versandkosten* * Preis zzgl. Vertriebs-/Direktbeorderungsgebühren Inland (17,33 €/5,78 €) 23,11 € inkl. MwSt., jährlich. Kündigung 3 Monate vor Kalenderjahresende möglich. ** Wenn Sie die KommJur auch in Zukunft lesen möchten, brauchen Sie nichts zu veranlassen, Sie erhalten diese nach Ablauf des Miniabonnements dann regelmäßig zum o.a. Jahresabopreis.

Die Zeitschrift bietet Ihnen – neben anwendungsorientierten Beiträgen ausgewiesener Praktiker des Kommunalrechts und einer sorgfältigen Auswahl der einschlägigen Rechtsprechung – auch ausführliche Vorschläge für die rechtliche Gestaltung von Bescheiden, Satzungen, Konzessionen, Verordnungen und öffentlich-rechtlichen Verträgen. Für die Qualität der Beiträge bürgt ein qualifiziertes Herausgebergremium, dem Praktiker aus der Kommunalverwaltung, Rechtsanwälte und Hochschullehrer angehören.

Bitte bestellen Sie bei Frau Hohmann: Telefon 07221/2104-39 | Fax 07221/2104-1139 [email protected]

319

Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau Arthur Winter1

Unternehmen in Österreich müssen mehr als 230 Millionen Mal pro Jahr rechtlich auferlegte Informationsverpflichtungen, wie z.B. Abgabenerklärungen, gegenüber der Verwaltung erfüllen. Diese Pflichten müssen teils über verschiedene Webseiten und Portale, teils aber auch in Papierform zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an verschiedene Behörden übermittelt werden. Von den Unternehmen wird dies als bürokratische Belastung wahrgenommen, da eine Vielzahl dieser Daten bereits bei einer anderen Behörde vorliegen. Die Schaffung eines Unternehmensserviceportals (USP), durch welches Doppelmeldungen entfallen und Schnittstellen vereinheitlicht werden können, hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Bürokratiekosten für Unternehmen deutlich zu senken und zur Beschleunigung sowie erhöhten Qualität und Effizienz der Verwaltungsverfahren beizutragen. Das USP soll dabei den Ansatz des One-Stop-Government gebietskörperschaftübergreifend umsetzen. Unternehmen sollen über ein Portal mit einem Single-Login alle E-Government Anwendungen der Verwaltung erreichen können. Ausgangssituation Die Struktur der öffentlichen Verwaltung im föderalen Bundesstaat bedingt eine Vielzahl von Zugängen zu den Organen des Staates. Den Unternehmen steht dabei eine große Zahl unterschiedlicher Rechtsträger, wie Bundesministerien, Länder, Städte, Gemeinden, Sozialversicherungen, Kammern und andere, gegenüber. Wenn man bedenkt, dass Unternehmen durchschnittlich 130 Verwaltungskontakte im Jahr haben, so bedeutet dies, ein vielfälti-

Prof. Dr. Arthur Winter Donau-Universität Krems

320

ges Beziehungsgefüge zwischen Unternehmen und öffentlichem Sektor2. Die Unternehmen haben häufig die gleichen oder ähnlich aufbereiteten Informationen mehrfach an verschiedene Behörden zu melden. Dabei ist die Art der Einbringung uneinheitlich und unabgestimmt und reicht von den klassischen Papierformularen über elektronische Kontaktaufnahmen, E-Mail, Internet bis hin zu Verfahrenkoppelung über ERP-Schnittstellen. Für die einzelnen Unternehmen bedeutet die Interaktion mit unterschiedlichen Behörden einen sehr hohen Organisations- und Kommunikationsaufwand. Hinzu kommt, dass die bestehenden Verfahren in der Bedienung sehr unterschiedlich sind und es keine Bündelung von Verfahren gibt. Die Organisation von Verfahren ist nach Zuständigkeiten ausgerichtet. Die Papiertechnologie bedingte, dass die Organisationshoheit für ein einzelnes Verfahren bei den einzelnen Behörden liegen musste. Automationsun-

terstützung hat in der Folge vielfach nur dazu geführt, dass vorhandene Verfahren 1:1 umgestellt wurden, ohne die Möglichkeiten einer Prozessneugestaltung zu nutzen. Vor allem musste man sich aus rechtlichen Gründen schon immer innerhalb der eigenen Zuständigkeitsgrenzen bewegen. Ein Denken darüber hinaus war bisher aber nicht gefragt.3

Bürokratieabbau Seit vielen Jahren ist es bereits eine Forderung vor allem der Wirtschaft, den Bürokratieabbau voranzutreiben. Darunter versteht man den Prozess der Reduzierung der Überregulierung eines unter anderem durch das Bürokratiemodell von Max Weber geprägten Behördenhandelns. Das deutsche Institut für Mittelstandforschung hat 2003 unter anderem festgestellt, dass im Vergleich zu Großunternehmen eine nahezu doppelt so hohe Belastung mit Bürokratiekosten bei Kleinunternehmen besteht. Kleinbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern sind mit 3.759 Euro per anno, Betriebe mit 20-49 Mitarbeitern nur mehr mit 1.976 Euro per anno belastet. Der Grundgedanke der Reduktion von Belastungen und des Wegfalls von Doppelgleisigkeiten geht in die Richtung, die produktive Nutzung der freiwerdenden Kapazität den Unternehmen zu überlassen. Damit soll die wirtschaftliche Ent-

1

Dieser Artikel erscheint 2011 auch in Brüggemeier, M./Lenk, K. (2011): Bürokratieabbau im Verwaltungsvollzug – Better Regulation zwischen GoGovernment und No-Government, Berlin: sigma.

2

Sobania 2007, S. 75.

3

Lenk 2007, S. 235ff.

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 320-326

Winter, Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau wicklung und letztlich auch der Unternehmensstandort gefördert werden. Als Maßnahmen zum Bürokratieabbau werden unter anderem gefordert: Abbau von Vorschriften und Gesetzen (Deregulierung) Schaffung einer erhöhten Transparenz Reduktion von Meldepflichten und Genehmigungsverfahren Vereinheitlichung behördlicher Antragsverfahren Zusammenführung konkurrierender Statistiken Gesetzesfolgenabschätzung Da die Basis der Regulierung im öffentlichen Bereich immer Rechtsvorschriften sind, ist im besonderen Maße der jeweilige Gesetzgeber gefordert. Es darf aber nicht übersehen werden, dass ein nicht geringer Teil der Regelungen zum Schutz der Allgemeinheit, etwa zum Lärmschutz, erlassen wurden und jede Aufweichung der Regelung zwar ein positives Kostenargument der Wirtschaft darstellt, gleichzeitig aber eine Belastung der betroffenen Bevölkerung bewirken kann.

Better-Regulation in Österreich Die österreichische Bundesregierung hat bereits 2007 im Rahmen der Initiative „Verwaltungskosten senken für Unternehmen durch Entbürokratisierung“ einen Grundsatzbeschluss gefasst, der den einzelnen Ressorts spezifische Ziele vorgab.4 Gleichzeitig wurde klargestellt, dass die Initiative darauf abzielt, die Verwaltungskosten zu senken und nicht das Streichen von notwendigen Informationen oder den Abbau von Schutzbestimmungen herbeizuführen. Es geht vor allem darum die kosteneffizienteste Vorgangsweise zu wählen, um den Informationsbedarf zu erfüllen. Die Unternehmen in Österreich erfüllen nach einer Erhebung auf der Basis des Standard-Kostenmodells etwa 230 Mio. Mal im Jahr bundesrechtliche Informationsverpflichtungen gegenüber Behörden oder Dritten, wie z.B. Kammern. Diese Informationsverpflichtungen verursachen Verwaltungslasten in Höhe von 4,3 Milliarden Euro pro Jahr für die österreichische Wirtschaft. Das ambitionierte Ziel wurde derart vorgegeben, dass die EntlasVM 6/2010

tung der Wirtschaft ab 2012 mehr als eine Milliarde Euro durch Bürokratieabbau erreichen soll. Eine Reihe von Projekten und Initiativen wurden gesetzt, wobei das „Flagship-Projekt“ der Initiative das Unternehmensserviceportal (USP) ist.

Bürokratieabbau durch ein Unternehmensserviceportal Der Grundgedanke des One-Stop-Government besteht darin, Prozesse von Verwaltungsleistungen, die inhaltlich zueinander in Bezug stehen, zu bündeln. Damit sollen Kontakte, in diesem Fall für Unternehmen, auf ein Minimum reduziert werden. Unabhängig von der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gebietskörperschaften sollen dabei Verwaltungsleistungen über

formalen, andererseits in einem inhaltlichen Ansatz. Der formale Ansatz beruht im Wesentlichen auf der Reduktion von Schnittstellen. Dem Prinzip des One-Stop-Government folgend soll ein Zugangsportal zu allen E-Government-Anwendungen geschaffen werden. Damit verbunden ist auch das Ziel, eine Unternehmensidentifikation für alle Verfahren sukzessive einzuführen. Als Service sowohl für Unternehmen als auch für andere Verwaltungen wird die Benutzer- und Rechteverwaltung im Portal geführt und von anderen Verwaltungen im Wege des Portalverbundes6 verwendet. Damit verbunden ist eine Single-LoginLösung, die es den Unternehmen wesentlich erleichtert, die Einstiegshürden bei

»Mit dem Unternehmensserviceportal soll das One-Stop-Government für die gesamte Verwaltung durch die Schaffung eines zentralen Portals für Unternehmen umgesetzt werden.« eine Kontaktstelle und in einem Vorgang integriert werden. Die Umsetzung des einheitlichen Ansprechpartners gemäß der EU-Dienstleistungsrichtlinie zielt bereits in diese Richtung. Mit dem One-Stop-Ansatz kann die Ortsgebundenheit von Dienstleistungen teilweise überwunden werden, da etwa in Österreich die einheitlichen Ansprechpartner je Bundesland implementiert wurden. Aufgrund von Zuständigkeitsregelungen war bisher allerdings die Umsetzung des One-Stop-Government auf einzelne Bereiche von Behörden oder überhaupt auf Teile von Gebietskörperschaften beschränkt. Mit dem Unternehmensserviceportal soll das One-Stop-Government für die gesamte Verwaltung durch die Schaffung eines zentralen Portals für Unternehmen umgesetzt werden.5 Der Ansatz des Unternehmensserviceportals für einen Bürokratieabbau besteht in zwei Dimensionen: einerseits in einem

unterschiedlichen Verfahren zu überbrücken. Derzeit sind die Unternehmen mit einer Vielzahl von PINs, TANs und Passwörtern im Rahmen unterschiedlicher Benutzerverwaltungen konfrontiert und müssen diese jeweils auch intern verwalten. Mit dem Portalverbund besteht auch eine solide Grundlage für die Kooperation und Zusammenarbeit, so dass die Einbindung aller Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungsträger realistisch ist. Der inhaltliche Ansatz zum Bürokratieabbau besteht vor allem darin in Zukunft eine Meldung abzusetzen, die verwaltungsintern an die einzelnen zuständigen

4

Beschluss der österreichischen Bundesregierung vom 22. November 2007

5

Winter 2010, S. 137.

6

In Österreich wurde die Möglichkeit geschaffen, dass sich die Verwaltungsportale zu einem Portalverbund zusammenschließen und gemeinsam die bestehende Infrastruktur nutzen. Die Regelung der Portalvereinbarung ist ersichtlich unter http://reference.e-government.gv.at.

321

Winter, Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau Behörden weitergeleitet wird. Angedacht ist auch ein Verbund der Register derart, dass Veränderungsmeldungen an ein Register automatisch an die anderen Register weitergeleitet werden. Damit soll die Verpflichtung zu Mehrfachmeldungen mit unterschiedlichem Aufbau entfallen können. Insbesondere sollen auch statistische Meldungen an einer Stelle eingebracht werden können, wobei die jeweiligen Daten automatisch an die berechtigten Stellen in der erforderlichen Tiefe (Detailangaben, Summendaten, etc.) weitergeleitet werden. Die Umsetzung wird in einem verwaltungsübergreifenden Portal erfolgen. Sämtliche Behörden aller Gebietskörperschaften sowie die Selbstverwaltungskörper der Sozialversicherung und der Kammern sollen hier eingebunden werden. Dies erfordert ein leicht bedienbares, sicheres und personalisierbares Zugangssystem mit einer entsprechenden Rechteverwaltung der Anwender. Das Zugriffberechtigungssystem ist nur von der Struktur her vorgegeben, die Definitionen werden von den Unternehmen selbst im Rahmen ihrer internen Organisation eingestellt und verwaltet. Über dieses Portal soll der Zugang nicht nur zu allen unternehmensrelevanten Informationen, sondern auch zu den öffentlichen Registern und den EGovernment-Verfahren der einzelnen Behörden möglich sein.

Elektronische Identifikation Die Identifikation physischer Personen erfolgt in Österreich durch das zentrale Melderegister.7 Damit erhalten natürliche Personen mit Wohnsitz in Österreich eine Melderegisternummer. Im so genannten Ergänzungsregister – dieses gilt für Auslandsösterreicher und Fremde ohne Wohnsitz in Österreich – werden jene physischen Personen erfasst, auf die sich Verwaltungshandeln in Österreich bezieht. Für die Identifikation von Unternehmen besteht nichts Gleichwertiges. Gewerbebetriebe sind im Gewerberegister registriert, Kapitalgesellschaften im Firmenbuch, Vereine im Vereinsregister und die freien Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Notare sind im Verzeichnis der jeweiligen Kammern angeführt. Hinzu kommen Landwirte sowie der öffentliche Bereich mit den einzelnen Gebietskörperschaften, 322

Universitäten, etc. Alle können unternehmerisch tätig sein, es fehlt aber an einem gemeinsamen Überbegriff. Um nun „Unternehmen“ im weitesten Sinn als jene Entität, auf die sich Verwaltungshandeln im Wirtschaftsleben bezieht, erfassen zu können, wurde eine Anknüpfung an die im Jahr 2009 novellierte Definition nach dem Bundesstatistikgesetz8 vorgenommen. Unternehmen im Sinn des § 3 Z 20 Bundesstatistikgesetz sind demnach: Natürliche Personen (z.B. freie Dienstnehmer, freiberuflich Tätige), juristische Personen, Personengesellschaften, Personengemeinschaften und Personenvereinigungen

sidentifikation9 auch im Unternehmensserviceportal Verwendung finden. GS1 ist als Tochter der Wirtschaftskammer Österreich und Non-Profit-Organisation, ein Unternehmen das allen Anwendern dient und stellt eine Plattform für gemeinschaftliche Handelsbeziehungen dar. Die GS1Identifikationsnummer wird als Zugriffsschlüssel zu relevanten Informationen in den öffentlichen Datenbanken gleichfalls zugelassen. Dies erleichtert auch ausländischen Unternehmen den Zugang zu österreichischen Verfahren. Die Notwendigkeit des Einsatzes von Standards erfordert es auch, vorhandene und implementierte Systeme einzubinden.

»Die Europäisierung der Verwaltung und Globalisierung der Wirtschaft führen zunehmend dazu, dass globale Standards für die Identifikation von Unternehmen Anwendung finden müssen.« mit Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung in Österreich, die der Allgemeinheit oder einem bestimmten Personenkreis Waren-, Werk-, und Dienstleistungen gegen Entgelt anbieten oder im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfüllen oder Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z1 bis 3 und 6 des EStG 1988, BGBI. Nr. 400/1988, erzielen und ohne Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung in Österreich, die Einkünfte gemäß § 98 Abs. 1 Z1 bis 3 und 6 EStG 1988 erzielen. Auf dieser Basis wird von der Statistik Österreich eine zentrale Unternehmensdatenbank aufgebaut werden. Die Europäisierung der Verwaltung und Globalisierung der Wirtschaft führen zunehmend dazu, dass globale Standards für die Identifikation von Unternehmen Anwendung finden müssen. In Österreich wird der GS1 Standard für Unternehmen-

Eine erste rechtliche Regelung wurde bereits für die Abfallwirtschaft getroffen.10 Unter anderem wird dort normiert, dass für die Identifikation eine Nummer zu verwenden ist, die eine international genormte, einheitliche Identifikation für Lokationen und Artikel darstellt und die möglichst im elektronischen Datenverkehr der Wirtschaft integriert werden kann.

Vision und Ziele Mit dem Unternehmensserviceportal soll der Gedanke des One-Stop-Government nicht nur für eine Behörde oder ein Verfahren, sondern für die gesamte Verwaltung gebietskörperschaftübergreifend zum Tragen kommen. Diese Lösung soll aber nicht nur für die Kommunikation Wirtschaft zu Verwaltung (B2G), sondern auch für die Kommunikation der Wirt-

7

Zmr.bmi.gv.at.

8

Bundesgesetz über die Bundesstatistik.

9

http://www.gs1austria.at/.

10

Abfallwirtschaftsgesetz 2002.

VM 6/2010

Winter, Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau schaftsunternehmen untereinander (B2B) Verwendung finden können. Mit dem Abstimmen und Berücksichtigen bestimmter Unternehmensmerkmale wird auch eine Individualisierung der Information über das USP möglich sein. Die Lösung über ein zentrales Portal bietet nicht nur ein einfaches und einheitliches Access-Management, sondern muss auch als SingleSign-On-Lösung mit einer Kennung den Zugang zu allen Verfahren der Verwaltung ermöglichen. Die damit verbundene Kostenersparnis kommt gleichermaßen den Unternehmen als auch der Verwaltung zu Gute, die nicht mehr verschiedene Zugangsverfahren betreiben muss. Neue Services werden unter anderem auch dadurch ermöglicht, dass Software-zu-SoftwareSchnittstellen geschaffen werden, die es ermöglichen, Informationsverpflichtungen aus der Unternehmens-EDV direkt in das Unternehmensserviceportal zu übertragen und an die entsprechende Anwendung weiterzuleiten. Auch für die einzelnen Verwaltungen ist eine Reihe von Vorteilen mit der Umsetzung verbunden. Zum einen ist mit einer deutlich höheren Daten- und Meldequalität in den öffentlichen Registern zu rechnen. Gleichzeitig besteht auch ein geringerer Wartungsaufwand durch Vermeidung von Mehrfacheingaben und damit Vermeidung von inkonsistenten Datenbeständen. Vor allem wird das Unternehmensserviceportal zentrale Funktionalitäten zur Verfügung stellen, wie etwa Zugang mit Bürgerkarte und Handy-Signatur, die sonst in jeder einzelnen Anwendung implementiert, gewartet und an den letzten Entwicklungsstand angepasst werden müssen. Es ist zu erwarten, dass mit einer breiten Akzeptanz dieses Zuganges auch eine deutliche Entlastung bei den Papierverfahren der Verwaltung erreicht werden kann.

Das Unternehmensserviceportalgesetz (USPG) Die rechtliche Basis für die Errichtung und den Betrieb eines Unternehmensserviceportals wurde mit einem eigenen Bundesgesetz (Unternehmensserviceportalgesetz – USPG) geschaffen. Im USPG wird als Regelungsgegenstand sowohl die Einrichtung und der Betrieb eines zentralen Internetserviceportals für Unternehmen (Unternehmensserviceportal) als auch der VM 6/2010

Betrieb eines Internetserviceportals für Bürgernnen und Bürger (Bürgerserviceportal) normiert. Darüber hinaus ist eine Anwendung einzurichten, die die Informationsverpflichtungen für Bürgerinnen und Bürger und für Unternehmen darstellt. Informationsverpflichtungen im Sinne dieses Gesetzes ist die gesetzliche Pflicht, der Behörde Informationen unaufgefordert oder auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Als Hilfestellung für andere Behörden wird die Schaffung einer Informationsverpflichtungsdatenbank anzusehen sein, die eine Datenbank mit Beschreibungen der

von Anwendungen der Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger zu schaffen sind. Damit ist der Rahmen geschaffen, dass das Unternehmensserviceportal das Zugangsportal für Unternehmen zu allen EDV-Verfahren des öffentlichen Bereichs werden kann (§ 3 Abs. 6 USPG). In Umsetzung des Gedankens des Bürokratieabbaus normiert das Unternehmensserviceportalgesetz auch, dass bei neuen rechtsetzenden Maßnahmen bestimmte Grundsätze zu beachten sind. So ist vor der gesetzlichen Festlegung neuer Infor-

»Die Lösung über ein zentrales Portal bietet nicht nur ein einfaches und einheitliches Access-Management, sondern muss auch als Single-Sign-On-Lösung mit einer Kennung den Zugang zu allen Verfahren der Verwaltung ermöglichen.« Informationsverpflichtungen soll.

enthalten

Da ein Kompetenztatbestand für die Errichtung und Führung eines Unternehmensserviceportals in der Bundesverfassung nicht vorgesehen ist, erfolgt eine Neuregelung der Zuständigkeit derart, dass nunmehr der Bundesminister für Finanzen zuständig ist. Dieser hat die Bundesrechenzentrum GmbH – eine 100%ige Tochter – zu beauftragen, ein Unternehmensserviceportal einzurichten und zu betreuen (§ 3 Abs. 1 USPG). Damit ist die Bundesrechenzentrum GmbH als gesetzlicher Dienstleister verankert. Alle Bundesminister sind durch dieses Gesetz auch verpflichtet, durch Bereitstellung von Informationen und Unterstützung bei Transaktionen entsprechend bei der Umsetzung mitzuwirken. Da es sich beim Unternehmensserviceportalgesetz um ein Bundesgesetz handelt, können selbstverständlich nur die Bundesbehörden in der Vollziehung davon betroffen sein. Der Gesetzgeber hat aber ausdrücklich normiert, dass die technischen Voraussetzungen für eine Einbeziehung

mationsverpflichtungen durch einen Bundesminister zu klären, ob ähnliche Informationsverpflichtungen bereits von einem bestehenden Gesetz begründet werden. So weit dies der Fall ist, ergeht durch den Gesetzgeber der Auftrag an den Bundesminister die Möglichkeiten einer gemeinsamen Nutzung aufgrund des bestehenden Gesetzes zu prüfen. Ist eine gemeinsame Nutzung der Daten nicht möglich, so ist zu prüfen, ob die neue Informationsverpflichtung auf die bereits bestehenden abgestimmt werden kann bevor neue Verpflichtungen den Unternehmen auferlegt werden (§ 7 USPG). Das USPG ist mit 1. Jänner 2010 in Kraft getreten. Nähere Informationen sind im Internet unter www.usp.gv.at zu finden.

Umsetzung In der ersten Phase, die 2010 gestartet wurde, liegt der Schwerpunkt auf der Bereitstellung von Informationen. Eine Identifizierung und Authentifizierung der Benutzer ist daher nicht erforderlich. Die Inhalte wurden zum Großteil aus den 323

Winter, Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau

UnternehmensserviceportalFront-Office Für die verschiedenen über das USP erreichbaren Verfahren gibt es sachlich und örtlich zuständige Organe, die weiterhin als Ansprechstellen dienen, z.B. Gewerbebehörde, Firmenbuchgericht, Finanzamt. Wenn das USP als One-Stop-Portal eigenständig Aufgaben übernimmt, fehlt dafür eine Stelle (Behörde) als Anlaufstelle. Die Aufgaben eines USP-Front-Offices bestehen unter anderem im Folgenden: Bereitstellung von Informationen und Beratung, Registrieren von Unternehmen, Anlegen identifizierter Benutzer, Sperren von Benutzern und Unternehmen bei Missbrauch, Passwortverwaltung für Benutzer, Richtigstellen von Daten.

Abb. 1: Basiskomponenten des USP

unternehmensspezifischen Daten des Internetamtshelfers Help (www.help.gv.at) übernommen. Ab 2011 soll in der zweiten Phase begonnen werden, für Unternehmen wichtige Anwendungen über das Unternehmensserviceportal zugänglich zu machen. Die Abwicklung von Transaktionen setzt aber selbstverständlich voraus, dass ein entsprechend abgesichertes Berechtigungsund Zugriffsverfahren besteht. Im Laufe des Jahres 2010 sollen fünf Projekte umgesetzt werden, die die Basiskomponenten für das Unternehmensserviceportal bilden: Portal- und Rechteverwaltung sowie Verfahrenseinbindung, Informations- und Contentaufbereitung, Unternehmensdatenbank, Informationsverpflichtungsdatenbank, Betriebsorganisation. Die Abbildung 1 zeigt die Basiskomponenten des USP zwischen dem Zugangsbereich und den Anwendungen.

Synergiepotenziale Es ist wichtig, nicht nur eine kritische Masse von Benutzern, sondern auch eine kritische Masse von Verfahren zu erreichen. Je mehr Verfahren über das Unternehmensserviceportal angeboten werden, umso höher ist der Nutzen für das Un324

ternehmen. Eine höhere Reichweite von Verfahren senkt auch die Hemmschwelle für die Nutzung. So sind bei Verfahren, die nur ein Bundesland betreffen, in jedem anderen Land für das gleiche Verfahren andere Kennungen erforderlich. Über das Unternehmensserviceportal wird ein Unternehmen mit einer Kennung die Verfahren in unterschiedlichen Ländern aufrufen können. Vor allem mit Single-Login sollen alle Anwendungen erreichbar sein und damit eine wesentliche organisatorische Erleichterung für Unternehmen bieten. Ist der Nutzen für die Unternehmen offenkundig, nämlich einfacher, rascher und billigerer Zugang, so werden auch die Verfahren häufiger elektronisch genutzt. Damit ist auch eine kritische Masse für eine Nutzung leichter erreichbar. Mit dem Unternehmensserviceportal ist auch der Ansatz geschaffen, organisationsübergreifende Prozesse zu gestalten, z.B. Unternehmensgründung verbunden mit Förderung und Steuern. Eine erhöhte Nutzungsfrequenz des USP kommt allen zu Gute, sowohl den Unternehmen als auch den Behörden. Vor allem die Übernahme von Benutzer- und Rechteverwaltung für alle Verfahren führt zu einer Entlastung der Unternehmen und der Verwaltung. Mit diesem Angebot müssen Benutzerstammdaten nur mehr einmal geführt werden. Die Nutzung des USP ist unentgeltlich, die Kosten werden von Bundeskanzleramt und Finanzministerium getragen.

Der Verzicht auf ein USP-Front-Office würde bedeuten, dass die Kommunikation von Unternehmen nur über einen vollelektronischen Weg möglich ist. Damit wären allerdings Unternehmen, die nicht elektronisch eindeutig identifiziert werden können sowie ausländische Unternehmen von einer Nutzung ausgeschlossen. Da eine Betreuungsfunktion schon aus Gründen der Akzeptanz erforderlich ist, könnte in einer ersten Phase mit dem Support der Finanzverwaltung, das wären die Finanzämter, gestartet werden. Hier wären Know-how und Strukturen vorhanden, um die Realisierung des USP-Front-Office mit Beginn des Vollbetriebes sicherzustellen.

FinanzOnline als Schlüsselanwendung Um möglichst rasch eine hohe Frequenz an Benutzern auf das Unternehmensserviceportal zu bringen, ist es notwendig, Anwendungen zu forcieren, die von den Unternehmen häufig verwendet werden und einen großen Nutzen bringen. In FinanzOnline sind zurzeit ca. 300.000 Unternehmen bereits registriert. Dabei erfolgt die durchschnittliche Nutzung mehrmals im Monat. Diese Nutzung geht weit über Steuererklärungen hinaus; sie umfasst auch Umsatzsteuervoranmeldungen und eine Reihe von Formularen sowie die Zustellung von Bescheiden.11 Der große 11

Waldecker 2007, S.393-396.

VM 6/2010

Winter, Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau Vorteil für die Unternehmen besteht darin, dass keine Investition für die Nutzung erforderlich ist. Die Benutzer- und Rechteverwaltung bleibt in der Hoheit des Unternehmens. Damit ist der konkrete Nutzen für das Unternehmen sofort spürbar. Auch verschiedene Stufen der Identifikationen sind hier möglich, wobei die Entscheidung durch das Unternehmen erfolgt: Teilnehmeridentifikation (Unternehmen), Benutzeridentifikation und Pincode, Bürgerkarte, Mobile Signatur mit Handy. Die DataBox in FinanzOnline ist eine spezielle Form der elektronischen Zustellung,

alle Unternehmen mit Mitarbeitern von entsprechender Bedeutung ist.

Ausblick Für den Erfolg des USP ist ein rasches Erreichen einer kritischen Masse im Sinne einer entsprechenden Anzahl von Benutzern und Transaktionen sowie einer entsprechenden Frequenz wesentlich. Damit ist die gelungene Integration von FinanzOnline für das USP der kritische Erfolgsfaktor. Es ist daher vorgesehen, nach einer gewissen Übergangszeit die Nutzung von FinanzOnline und USP durch Unternehmen in Zukunft über eine gemeinsame, zentrale Benutzer- und Rechteverwaltung

»In den nächsten Jahren werden entscheidende Weichenstellungen erfolgen müssen, um den Ansprüchen einer vernetzten und offenen Verwaltung im föderalen Bundesstaat des 21. Jahrhunderts Gestalt zu verleihen.« wobei mit E-Mail darauf hingewiesen wird, dass etwa ein Bescheid in der DataBox zur Verfügung steht und erst nach Anmeldung des Benutzers mit entsprechender Kennung kann dieser Bescheid ausgelesen werden. Letztlich spielt auch eine große Rolle, dass eine funktionierende Benutzerbetreuung mit Hotline und Informationscenter seit Jahren zur Verfügung steht und entsprechend eingespielt ist. Die wichtigsten Verfahren, die in der Startphase ab 2011 angeboten werden sollen, sind daher FinanzOnline mit ca. 300.000 Unternehmen sowie das Portal der Wirtschaftskammer Österreich als Anlaufstelle für Unternehmen mit ca. 400.000 Usern pro Monat. Die Abfallmeldungen im Rahmen des EDM-Verfahrens (Elektronisches Daten-Management nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002) werden zurzeit von ca. 40.000 Betrieben elektronisch abgewickelt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der elektronische Datenaustausch mit der Sozialversicherung, der für VM 6/2010

abzuwickeln. Die Einbindung weiterer Massenverfahren aus Bund und Sozialversicherung sind in Vorbereitung. Parallel dazu erfolgt die sukzessive Anbindung von E-Government-Verfahren der Länder, Städte und Gemeinden. Da gerade bei der Unternehmensgründung die Wirtschaftskammer eine wichtige Funktion erfüllt, ist eine enge Kooperation mit dem USP gleichfalls ein kritischer Erfolgsfaktor. Aufbauend auf den vorhandenen Verfahren werden von der Wirtschafskammer Mehrwertdienste an Services angeboten, die in Abstimmung mit dem USP eine weitere Ergänzung und Hilfestellung für Unternehmen darstellen. Wie bei allen automationsunterstützten Verfahren ist in bestimmten Fällen eine Betreuung und ein Eingriff erforderlich. In diesem Sinne ist der Aufbau eines USP-Front-Offices geplant. Die Überlegungen gehen in die Richtung, in einer ersten Phase die Finanzämter einzubinden und diese mit bestimmten Aufgaben der Benutzerbetreuung bzw. Unternehmensidentifizierung zu betrauen.

Nicht zuletzt wird eine Marketing- und Kommunikationsinitiative notwendig sein, um die Unternehmen auf diese neue Möglichkeit hinzuweisen, den Nutzen darzustellen und den Bekanntheitsgrad des USP entsprechend zu erhöhen. Für die internationale Entwicklung würde es wichtig sein, globale Standards für die Unternehmensidentifikation rechtzeitig einzubinden und damit auch aus Sicht der Unternehmensidentifikation die Option anzupeilen, mit einer einheitlichen Identifikationsnummer für alle Unternehmen in Zukunft das Auslangen finden zu können. Aufbauend auf den bestehenden Verfahren wird die große Herausforderung darin bestehen, neue Services mit konkretem Nutzen für Unternehmen anbieten zu können. Hier wird es vor allem darum gehen, organisations- und ebenenübergreifende Prozesse so zu realisieren, dass sie mit der rechtlichen Struktur des föderalen Bundesstaates im Einklang stehen. Neueste Entwicklungen der Verbindung von Prozessketten zwischen Unternehmen und Verwaltungen, um gesetzliche Meldepflichten an Behörden effizienter erfüllen zu können12, sollten nicht nur beobachtet, sondern in Pilotprojekten erprobt werden. Inwieweit die Prozessintegration zwischen Verwaltungen und Unternehmen zu neuen Architekturen auch in der Verwaltung führen wird, zeigen Überlegungen in Richtung eines Datenpointernetzwerks, das eine zentrale Referenzierung mit einer dezentral verteilten Speicherung von Datenbeständen kombiniert.13 In den nächsten Jahren werden daher entscheidende Weichenstellungen erfolgen müssen, um den Ansprüchen einer vernetzten und offenen Verwaltung im föderalen Bundesstaat des 21. Jahrhunderts Gestalt zu verleihen.

12

Schilling et al. 2010, S. 40-52.

13

Brüggemeier/Schulz 2010, S. 17-28.

325

Winter, Das österreichische Unternehmensserviceportal (USP) – ein IT-gestützter Beitrag zum Bürokratieabbau Literatur Beschluss der österreichischen Bundesregierung vom 22. November 2007, 35/15, Internet: http:// www.verwaltungskostensenken.at/Deutsch/_ start.htm [abgefragt am 20.08.2010]. Brüggemeier, M./Schulz, S. (2010): Datenpointernetzwerk – Informationsintegration für eine vernetzt arbeitende, transparentere und weniger spürbare Verwaltung der Zukunft, in: Wimmer, M. et al. (Hrsg.): Vernetzte IT für einen effektiven Staat, Gemeinsame Fachtagung Verwaltungsinformatik (FTVI) und Fachtagung Rechtsinformatik (FTRI). Bonn, Köllen Verlag 2010, S. 17-28.

»Monumentalwerk«

Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000), StF: BGBl. 1 Nr. 125/2009.

Verwaltungsgerichtsordnung

Bundesgesetz über die Einrichtung und dem Betrieb eines Unternehmensportals (Unternehmensserviceportalgesetz - USPG), StF BGBl I Nr 52/2009.

Großkommentar Herausgegeben von Prof. Dr. Helge Sodan und Prof. Dr. Jan Ziekow 3. Auflage 2010, 3.308 S., geb., 188,– € ISBN 978-3-8329-3112-4

Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 -AWG 2002), BGBl. 1 2007/43. GS1 Austria GmbH. Internet: http://www. gs1austria.at/ [abgefragt am 22.08.2010]. Lenk, K. (2007): Abschied vom Zuständigkeitsdenken. Bürokratieabbau durch vernetzte Einstellung von Verwaltungsleistungen, in: Verwaltung & Management, Jg. 13, H. 5, S. 235242. Schilling, P. et al. (2010): FRESKO – die effiziente Prozessketten-Verbindung zwischen Unternehmen und Verwaltungen, in Wimmer, M. et al. (Hrsg.): Vernetzte IT für einen effektiven Staat, Gemeinsame Fachtagung Verwaltungsinformatik (FTVI) und Fachtagung Rechtsinformatik (FTRI). Bonn, Köllen Verlag 2010, S. 40-52. Sobania, K. (2007): E-Government-Anforderungen der Wirtschaft, in Zechner, A. (Hrsg.), Handbuch E-Government. Stuttgart, S. 75-78. Unternehmensserviceportal. Internet: usp.gv.at [abgefragt am 22.08.2010].

www.

Waldecker, E. (2007): Finanzonline – Tax office on the Internet; in: Traunmüller, R./Makolm, J./ Orthofer, G. (Hrsg.): Eastern European e|Gov Days 2007; Best Practice and Innovation, S.393 - 396. Winter, A. (2010): Das Unternehmensserviceportal als Umsetzung des One-Stop-Shop Ansatzes, in: Schweighofer, E./Geist, A./Staufer, I. (Hrsg.): Globale Sicherheit und proaktiver Staat – Die Rolle der Rechtsinformatik, Tagungsband des 13. Internationalen Rechtsinformatiksymposiums, IRIS 2010, [email protected], Band 266.

Der Großkommentar steht für eine vertiefte und praxisgeleitete Gesamtdarstellung der VwGO. So arbeitet auch die aktuelle Neuauflage die Grundlinien des Verwaltungsprozesses heraus und behandelt zugleich alle Details, die den Praktiker bei der Beschäftigung mit der VwGO interessieren. Das Werk bietet mannigfache Anregungen und weiterführende Hinweise. Alle Vorschriften werden eingehend analysiert und ihre Strukturen und Zwecksetzungen verdeutlicht. Damit hat der Leser auch mit der 3. Auflage des Werkes eine umfassende und verlässliche Informationsquelle auf höchstem Niveau zur Hand, die keine Antwort schuldig bleibt. Die Neuauflage berücksichtigt ganz aktuell die Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und materiellen Berufsrecht. »es ist erstaunlich, wie Herausgeber und Autoren es geschafft haben, das Material zu sichten, aktuelle Probleme mit einzubeziehen, den Anforderungen des Europarechts profund Rechnung zu tragen und weit über den praktischen Nutzen hinaus einen Beitrag zur wissenschaftlichen Durchdringung des Verwaltungsprozessrechts zu leisten. Ein echter Großkommentar und ein Monumentalwerk des Verwaltungsprozessrechts.« Prof. Dr. Friedhelm Hufen, NJW 41/04, zur Vorauflage

Zentrales Melderegister. Internet: zmr.bmi. gv.at/pages/allgemein.htm [abgefragt am 22.08.2010].

Bitte bestellen Sie im Buchhandel oder versandkostenfrei unter www.nomos-shop.de

326

VM 6/2010

Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises in kommunalen Prozessen Peter Klinger

Derzeit sind E-Government-Transaktions-Services in den Kommunen eher selten anzutreffen. Dies liegt erstens an der mangelnden Technikunterstützung, da kommunale Fachverfahren vielfach nicht webfähig sind bzw. die kommunalen IT-Dienstleister nur wenige Web-Funktionen anbieten. Zweitens baut insbesondere das Verwaltungsverfahrensgesetz in Bezug auf die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur eine hohe Hürde auf. Außerdem hat sich die qualifizierte elektronische Signatur in der Bevölkerung bislang nicht durchgesetzt. Die so genannte eID-Funktion (eID = electronic identity) des neuen Personalausweises, die im Unterschied zur qualifizierten elektronischen Signatur bereits auf dem nPA vorhanden ist, birgt nun die Chance für die Bürger und Kommunalverwaltungen rechtsgültig und sicher E-Government-Transaktionen durchzuführen. Aus rechtlicher Sicht Der § 3a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes schreibt zwingend die qualifizierte Signatur vor, wenn die Schriftform erforderlich ist. Im Einzelnen besagt die gesetzliche Vorschrift des § 3a Verwaltungsverfahrensgesetzes: Elektronische Kommunikation (1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, …. (2) Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen. Die Signierung

Peter Klinger Diplom Verwaltungswirt, Betriebsleiter des Hagener Betriebes für Informationstechnologie a. D.

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 327-331

mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht ermöglicht, ist nicht zulässig. Die qualifizierte elektronische Signatur hat sich in der Bevölkerung bisher nicht durchgesetzt. Zum einen liegt das an den hohen Kosten, zum anderen sicher auch an der Kompliziertheit der Anwendung. Das bedeutet, dass eine bevölkerungsweite Infrastruktur an qualifizierten elektronischen Signaturen auch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten sein wird, da sie allein schon aus Kostengründen nur Sinn macht für Intermediäre (Bestatter, Architekten, Fahrlehrer, Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure etc). Auch der neue Personalausweis wird daran nichts ändern, da die qualifizierte elektronische Signatur im Gegensatz zur eID-Funktion nicht bereits vom Produktionsprozess her im RFID-Chip des Ausweises vorhanden sein wird. Aus diesem Grund sind die bisherige Zurückhaltung der Gemeinden und das mangelnde Interesse ihrer IT-Dienstleister an der Entwicklung von transaktionsbezogenem E-Government auch verständlich. Zudem darf nicht außer acht gelas-

sen werden, dass die Vermutung, dass in einem Verwaltungsverfahren die Schriftlichkeit angeordnet ist, auch vielfach dazu genutzt wird, sich erst gar nicht mit E-Government auseinanderzusetzen. Schließlich steht unter jedem deutschen Vordruck seit hunderten von Jahren immer „Unterschrift“, unabhängig davon, ob dies nun in dem zugrunde liegenden Fachgesetz so normiert ist. Es genügt da schon in der entsprechenden Verordnung ein Antragsmuster, unter dem „Unterschrift“ steht, um diese Vermutung zur unumstößlichen Gewissheit der Schriftlichkeit werden zu lassen. Also wird das Thema transaktionsbezogenes E-Government erst gar nicht mehr weiterverfolgt, oder die vermutete Schriftlichkeit dient als Verhinderungsargument: „Wir würden ja gern E-Government-Transaktionen organisieren, aber dies ist rechtlich nicht möglich.“

Aus Sicht der Verwaltungswissenschaft E-Government ist praktische Verwaltungsmodernisierung. E-Government eröffnet durch die Verbindung mit dem Internet völlig neue Formen kommunaler Leistungserstellung, aber auch völlig neue Formen der Abwicklung von Verwaltungsprozessen – nicht nur zum Nutzer hin, sondern auch verwaltungsübergreifend. Verwaltungsdaten, die Grundlage des Verwaltungshandels mithin, sind bereits heute eben nicht mehr nur auf ihren primären Standort beschränkt, sondern können ubiquitär überall genutzt werden. Wir erleben im wahrsten Sinne eine „Entörtlichung“ von Verwaltungsdaten, wie Tino Schuppan vom Potsdamer IfG.CC die neuen Möglichkeiten beschreibt. Klaus Lenk hat dies in seinen zehn Leitsätzen des E-Government in der Begleitforschung zu d-NRW wie folgt sehr zutreffend beschrieben: 327

Klinger, Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises in kommunalen Prozessen E-Government entwickelt sich zur Grundlage neuer Arbeitsteiligkeit, Verwaltungsleistungen werden in vernetzten Strukturen erbracht, Verwaltungsarchitektur durch Trennung von Vertrieb und Produktion, „No wrong door“ durch einheitliche Anlaufstellen (One-Stop-Government), Effizienzgewinne durch Shares Services, Struktur folgt dem Prozess auf der Basis von Prozessoptimierungen, Vernetzte Produktion verlangt, die Zuständigkeiten zu definieren/ändern, Vernetzte Verwaltung erfordert ein Höchstmaß an Standardisierung, Möglichkeiten/Grenzen der vernetzten Verwaltung müssen erprobt werden. Bislang fehlen aber zur Umsetzung dieser Thesen vielfach die mentalen, verwaltungskulturellen Voraussetzungen und die Bereitschaft zur aktiven Umsetzung. Aber auch rechtliche Grundlagen für E-Government behindern die Umsetzung. Ursächlich dafür ist zum einen, dass Gesetze und Verordnungen in der Vergangenheit nicht „E-Government-fähig“ waren. Zum anderen sind die rechtlichen Hürden vielfach noch nicht weiterentwickelt. Hier sei nur an die Rechtsprobleme der elektronischen Archivierung erinnert. Es muss deshalb gezielt eine Initiative entwickelt werden, die diese rechtlichen Hindernisse aufspürt, kommuniziert und dazu angemessene Lösungsvorschläge durch Weiterentwicklung insbesondere der kommunalen Selbstverwaltung sowohl aus rechtlicher, aber auch aus technischer Sicht erarbeitet.

Rahmenbedingung: Kommunale Haushaltskrise Die kommunalen Haushalte befinden sich seit Jahren in der Krise. Nicht ausgeglichene Haushalte, strukturelle Defizite, unaufhaltsames Wachstum der Kassenkredite und Verzehr des Eigenkapitals und der Vermögenswerte sind die Kennzeichen dieser Krise: Stetig steigende Ausgaben (Soziales, Zinsbelastungen, neue Aufgaben von Bund/Land ohne Kostenerstattung) auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Einbruch bei den Einnahmen (Rückgang bei der Gewerbesteuer, bei Schlüsselzuweisungen usw.). Diese Entwicklung ist z.B. bei fast allen Städten 328

und Kreisen in NRW sichtbar. Um dieser Entwicklung angemessen begegnen zu können, bedarf es auf kommunaler Ebene neuer grundsätzlicher Überlegungen, wie Verwaltung kostengünstiger, aber weiter bürger- und kundenorientiert arbeiten kann. Im Vordergrund dieser Überlegungen steht dabei die Frage, ob es im Jahre 2010 unter den obwaltenden finanziellen Rahmenbedingungen noch angebracht ist, dass jede Gemeinde – und das 396 mal in NRW – die gleichen Produkte – nur immer etwas anders – selbst erzeugt, oder ob Kommunen in einem moderierten Prozess gemeinsam darüber nachdenken müssten, wie zukünftig ein neues kommunales Produktionsmodell aussehen könnte, das weit mehr als heute die kommunalen Ressourcen zu schonen in der Lage ist. Ein neues kommunales Produktionsmodell muss da-

barer Zeit ausscheiden. Hingegen sind nur deutlich unter zehn Prozent der Beschäftigten unter 30 Jahren. Insofern ist die Kommunalverwaltung in NRW geradezu darauf angewiesen, bereits heute neue Rationalisierungspotentiale zu erschließen. Es soll allerdings auch nicht verschwiegen werden, dass es in Einzellfällen sicherlich durch die Bündelungseffekte auch zu Umsetzungen in nicht örtlich betriebenen Front-Offices kommen wird, um das notwendige Expertenwissen aufzubauen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Gesamtgefährdung des derzeitigen kommunalen Produktionsmodells und damit der kommunalen Selbstverwaltung jedoch durchaus hinnehmbar. Grundlage für diese Maßnahmen ist allerdings eine Prozessorientierung der

»Nicht die Aufbauorganisation steht im Mittelpunkt, sondern die Ablauforganisation.«

bei gekennzeichnet sein von der örtlichen Dienstleistungsvermittlung vor Ort durch Front-Offices, aber auch die Erledigung in gemeinsamen Back-Offices. Die örtliche Vermittlung der Dienstleistungen ist schon der kommunalen Selbstverwaltung geschuldet. Ein weiterer Ausbau der Bürgerämter zu örtlichen Dienstleistungszentren für die Vermittlung von in gemeinsamen Back-Office-Einrichtungen erzeugten Diensten und Services wäre dabei die Lösung. In den Back-Office-Einrichtungen würden dann die Fälle gebündelt. Daraus ergibt sich nach den Regeln der Economy of Scale eine Senkung der Stückkostenpreise, aber auch eine Spezialisierung der dort Beschäftigten. Von der Umsetzung dieses neuen kommunalen Produktionsmodells her gibt es auf die nahe Zukunft betrachtet wenig Umsetzungsprobleme, da in der Regel über 30 Prozent und mehr der Beschäftigten über 50 Jahre alt sind und in abseh-

Kommunalverwaltung. Nicht mehr die Aufbauorganisation steht im Mittelpunkt, sondern die Ablauforganisation. Dazu ist es notwendig, die vorhandenen Produktionsprozesse konstruktiv kritisch zu hinterfragen und zu optimieren. Dabei ist das Optimierungspotenzial um so höher, je mehr IT-Funktionalitäten aus dem E-Government-Baukasten hinzugenommmen werden, um die Verwaltungsprozesse gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern aber auch den sonstigen Nutzern zu teilen. Dies ist heute keine Frage der Technik mehr, sondern eine Frage nach der Erledigung der notwendigen Organisationsarbeit.

1

Vgl. Lenk, Klaus, d-NRW-Begleitforschung, Wie könnte es weitergehen mit E-Government in Nordrhein-Westfalen, Bochum, 2006, http:// www.egovernmentplattform.de/uploads/media/ Flyer_10_Leitlinien_fuer_E-Government.pdf.

VM 6/2010

Klinger, Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises in kommunalen Prozessen

Rationalisierungspotentiale 4. Stufe: Neues Kommunales Produktionsmodell Front- und Backoffice-Organisation / Netzwerkverwaltung /Shared Services auf der Basis standardisierter Verwaltungsprozesse 3. Stufe: Plus Vorgangsbearbeitung/Dokumentenmanagement/Archivierung Einsatz eines DMS für die gesamte Verwaltung (ECM), E-Vorgangsbearbeitung, 2. Stufe: Plus E-Government Modellierung von E-Government-Funktionen in den Prozessen, Verschmelzung digitalisierter Prozesse mit den manuellen, Verlagerung von Arbeiten auf die Nutzer, Bildung Nutzergruppen, SB-Services durch eID

1. Stufe: Verwaltungsprozessoptimierung, Optimierter Einsatz Büroautomation und Fachverfahren, Entbürokratisierung, Schnittstellenminimierung, Lauf- und Liegezeitenverkürzung,

Personalbemessung Abb. 1: Möglichkeiten der Erarbeitung von Rationalisierungspotentialen durch Prozessoptimierung, Einsatz von E-Government, DMS, eAkte und Archivierung sowie neuen Verwaltungsproduktionsmodellen

Dort muss gemeinsam mit Methodenwissen zu Organisationsuntersuchungen, Fachwissen über die IT-Funktionen und Fachwissen aus dem jeweiligen Fachbereich gemeinsam ein optimierter Soll-Prozess entwickelt werden. Dies ist arbeitsaufwändig, aber auch systematisch und bringt folgende Vorteile: Ermittlung von Rationalisierungspotenzial im einzelnen Prozess, Hinweise für eine Mengenbündelung und Zusammenarbeit mit anderen Städten und Kreisen, Durch Abgleich der Ergebnisse Standardisierung dieser Prozesse als Grundlage eines neuen kommunalen Produktionsmodells.

überschaubaren Prozessen dargestellt werden. Auf die grundsätzlichen Arbeiten und Ergebnisse des Kompetenzzentrums digitale Verwaltung NRW (KDV NRW) zur Optimierung, Standardisierung und Umsetzung kommunaler Leistungsprozesse wird in diesem Zusammenhang verwiesen (www.d-nrw.de/projekte/kdv) .

Da nicht mit einer wesentlich größeren Ausbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur in Zukunft durch den neuen Personalausweis und den elektronischen Aufenthaltstitel gerechnet werden kann, muss jetzt darüber nachgedacht werden, ob in bestimmten kommunalen Massenverfahren, die vom benötigten Ressourcenverbrauch her zu den Kernprozessen der kommunalen Gebietskörperschaften gehören, an Stelle der qualifizierten elektronischen Signatur die eID-Daten für die Ausgestaltung von E-GovernmentTransaktionsprozessen genutzt werden können. Mögliche Nutzungsszenarien und Lösungsvorschläge werden im Folgenden anhand eines Beispiels aus NRW beschrieben, das allerdings derzeit die Kommunen in allen Bundesländern vergleichbar und ähnlich „bewegt“.

Lösungsvorschlag Der aktuelle Anlass

Insgesamt gesehen ergeben sich aus den in der Abbildung 1 dargestellten Potenzialen Optimierungs- und Rationalisierungsnutzen, die je nach Ausgestaltung und Umsetzungsmöglichkeiten bis zu 40 Prozent der bisherigen Kosten vermeiden können.

Zum 1. November 2010 ist in Deutschland mit dem neuen Personalausweis eine Infrastruktur geschaffen worden, die der gesamten deutschen Bevölkerung zur Verfügung steht. Der elektronische Aufenthaltstitel wird dies in 2011 ergänzen. Allen Bürgerinnen und Bürgern ist damit möglich, auch ihre „digitale Identität“ sicher, valide, verschlüsselt und staatlich garantiert für E-Business- und E-Government-Transaktionen zu nutzen.

Die Abbildung 1 zeigt in einem Stufenmodell die Möglichkeiten der Erarbeitung von Rationalisierungspotenzialen durch Prozessoptimierung, Einsatz von E-Government, DMS, eAkte und Archivierung bis hin zu neuen Verwaltungsproduktionsmodellen. Dabei ist die Reihenfolge der Stufen 2 und 3 nicht notwendigerweise in dieser Reihung vorgegeben. Es soll damit lediglich ein schrittweises Vorgehen in

Damit steht in absehbarer Zeit für alle Kunden einer Kommunalverwaltung diese eID-Funktion zur Verfügung. Zwar kann man auf den Mikrochip des Ausweises auch eine qualifizierte elektronische Signatur nachladen. Diese kostet aber weiterhin ein zusätzliches hohes Entgelt und wurde deshalb nicht bereits vom Bundesministerium des Innern im Produktionsprozess des Ausweises berücksichtigt.

VM 6/2010

Im übrigen zeigt der Ansturm der letzten Wochen auf die Bürgerämter, um noch einen alten Ausweis für acht Euro zu beantragen, deutlich, dass der neue Personalausweis für 28,80 Euro (ohne qualifizierte elektronische Signatur [!]) auch kein Selbstläufer werden wird, der vor der Zeit von breiten Bevölkerungsschichten beantragt wird.

Die Bürgerämter müssen ab dem 1. November 2010 wesentlich mehr Aufwand für die Prozesse rund um den neuen Personalausweis leisten. Gemeint sind: Der Antragsprozess, der Ausgabeprozess, der Änderungsdienst, der Sperrdienst und die Sonderfälle. Untersuchungen haben ergeben, dass sich die mittleren Bearbeitungszeiten ohne Beratung der Antragsteller mindestens verdreifachen werden (von jetzt sieben Minuten auf 20 Minuten pro Fall). Dies wird eindeutig zu Lasten der Beschäftigten und damit zu Lasten der Bürger- und Kundenfreundlichkeit gehen. Befragungen haben ergeben, dass kein Bürgeramt in NRW dafür zusätzliche Stellen bekommt. Gerade das Gegenteil ist der Fall. So wird z.B. in den Bürgerämtern der Stadt Hagen auf Grund des Haushaltssicherungskonzeptes ein Personalabbau von 18 Prozent angesteuert. Dieser ist ohne negative Auswirkungen auf Rückstände, lange Warte- und Bearbeitungszeiten und 329

Klinger, Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises in kommunalen Prozessen damit Kritik und Beschwerden sowie auf die Belastung der Beschäftigten nur durch neue Rationalisierungsmaßnahmen mit Hilfe von optimierten Verwaltungsprozessen mit E-Government-Funktionen, und damit aktive Einbindung des Nutzers in die Verwaltungsprozesse, aufzufangen. Wegen dieser aktuell ab 1. November 2010 eingetretenden Überlastungslage bei den Bürgerämtern soll am Beispiel der melderechtlichen Vorgänge ein Nutzungsweg der eID-Daten in kommunalen EGovernment-Transaktionsprozessen aufgezeigt werden.

Auskunft aus dem Melderegister Nach dem Landesmeldegesetz NRW hat jeder Bürger das Recht, Auskunft über seine Daten zu verlangen. Insofern steht dieses Beispiel stellvertretend für eine Fülle

- außer in den Fällen des § 34 Abs. 1 über die Empfänger von Übermittlungen schriftlich zu erteilen. (2a) Die Auskunft kann auch im Wege des automatisierten Abrufs über das Internet erteilt werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit getroffen werden, die insbesondere die Vertraulichkeit und die Unversehrtheit der im Melderegister gespeicherten und an den Betroffenen übermittelten Daten gewährleisten. Der Nachweis der Urheberschaft des Antrags ist durch eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz zu führen. § 17 Erfüllung der allgemeinen Meldepflicht (1) Soweit nachstehend nichts anderes

»Die dringend notwendigen Entlastungen durch medienbruchfreie E-GovernmentServices könnten durch Verzicht auf die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur geschaffen werden.« anderer ähnlicher Auskunftsverfahren. Im Zuge des weiteren Ausbaus des Informationsfreiheitsgesetzes dürfte die Zahl dieser Anfragen in Zukunft erheblich steigen. Die Bearbeitung melderechtlicher Vorgänge ist ein Kerngeschäft der Bürgerämter, das erheblichen Personaleinsatz erfordert, aber derzeit nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht für E-Government-Transaktionen zugänglich ist, da explizit die qualifizierte elektronische Signatur gefordert wird. Zu diesen Fallbeispielen aus dem Melderecht NRW auszugsweise die gesetzlichen Grundlagen: § 9 Auskunft an den Betroffenen (1) Die Meldebehörde hat dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten einschließlich der zum Nachweis ihrer Richtigkeit gespeicherten Hinweise sowie über den Zweck und die Rechtsgrundlage der Speicherung und 330

bestimmt ist, hat der Meldepflichtige einen Meldeschein (§ 18) auszufüllen, zu unterschreiben und bei der Meldebehörde persönlich oder durch einen bevollmächtigten Vertreter abzugeben. Hat die Meldebehörde für die Anmeldung einen Internet-Zugang eröffnet, kann sich der Meldepflichtige durch die Übermittlung der angeforderten Angaben unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz über diesen Zugang anmelden. Der Zugang muss eine dem Stand der Technik entsprechende Verschlüsselung der übermittelten Daten sicherstellen.“ Die dringend notwendigen Entlastungen durch medienbruchfreie E-GovernmentServices in den beiden vorstehend dargestellten Prozessen könnten durch Verzicht auf die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur geschaffen werden. Die rechtlichen Vorschriften behindert aus

den geschilderten Gründen die elektronische Abwicklung nachhaltig. An die Stelle der qualifizierten elektronischen Signatur sollte zukünftig die eID zum Einsatz kommen. Zweifelsohne gibt es einen rechtlichen Unterschied zwischen der qualifizierten elektronischen Signatur und der eID. Die qualifizierte elektronische Signatur beantwortet die Frage: Wer hat unterschrieben, aber das könnte zukünftig auch die eID beantworten, die in absehbarer Zeit zur Infrastruktur eines jeden Einwohners zählen wird. Insofern ergibt sich daraus eine neue Beurteilungslage. Ein Beispiel aus dem Alltag: Jeder von uns hat schon einmal das Erlebnis gehabt, dass der Monat mehr Tage hat, als das Gehalt lang war. Was passiert: Wir authentisieren uns mit unser Bankenkarte und der PIN am Geldautomaten und bekommen ohne weiteres einen „Kassenkredit“. Niemand hat einen Darlehensvertrag unterschrieben. Bei Banken und Sparkassen gibt es mithin Kredite ohne Unterschrift. Dies verläuft völlig rechtssicher in Millionen von Transaktionsdienstleistungen zwischen Kunden und Banken. Jetzt steht der Verwaltung mit dem neuen Personlausweis und der PIN-gesicherten eID-Funktion für ihre E-Government-Services die gleiche Infrastruktur zur Verfügung. Wir könnten deshalb mit dem gleichen Rationalisierungsnutzen wie Banken und Sparkassen darangehen, Verwaltungsprozesse E-Governmentfähig bzw. selbstbedienungsfähig zu gestalten. Dazu könnten entsprechende kommunale AGBs gehören, die jeder Bürger freiwillig bei der An- und Ummeldung, oder bei jedem Behördenkontakt unterschreiben kann. Für diese Bürger würde ein elektronisches Nutzerkonto eröffnet. Der elektronische Verkehr darüber kann zukünftig sogar datensparsam mit dem Pseudonym erfolgen. Eine weitere Möglichkeit könnte auch die folgende sein: E-Government-Angebot der Ummeldung aufsuchen, Online-Ausweisen mit eID, Abhaken von „Ich akzeptiere“: „Hiermit erkläre ich mich einverstanVM 6/2010

Klinger, Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises in kommunalen Prozessen

Einrichten Bürgerkonto, Auskunft aus Grundbesitzabgaben, Grundsteuer, Hundesteuer, Jagdsteuer, Vergnügungssteuer, Müllabfuhrgebühr, Entwässerungsgebühr, Straßenreinigungsgebühr, sonst. Kommunale Abgaben, Einrichtung Firmenkonto, Auskunft Gewerbesteuer, Hundesteueran- und Abmeldungen, Anmeldungen von Beerdigungen auf städt. Friedhöfen, Genehmigung für das Aufstellen von Grabmalen, Einwohner-Massenauskunft, Einwohnerauskunft Bürgerinnen und Bürger, Einwohnerauskunft erweitert für Amtshilfe, Einwohnerauskunft Feuerwehr, Datenübermittlungssperre beantragen, Durchführung von An-, Ab- und Ummeldungen im Melderegister, Erteilung von Meldebescheinigungen, Beantragung einer Lohnsteuerkarte, Beantragung einer Ersatzlohnsteuerkarte, Auskunft aus Gewerbedatei, Gewerbedateiveränderungen (Zugänge, Änderungen, Löschungen), Gaststättenerlaubnis, Antragsabwicklung auf vorübergehende Schankerlaubnis, Antrag auf Sperrstundenverkürzung, Anmeldung von Geldspielgeräten, Kfz-Zulassung Auskunft Polizei, Kfz-Zulassung, Neu-Zulassung, Kfz-Zulassung, Halterdatenänderung, Kfz-Zulassung, Umkennzeichnung, KfzZulassung, Umschreibung, Kfz-Zulassung, Halterwechsel, Kfz-Zulassung, Ausfuhrkennzeichen, Kfz-Zulassung, Kurzkennzeichen, Wiederinbetriebnahme, Wunschkennzeichen, Mitfahrgelegenheiten in Pendlernetzen, Beantragung Fahrerlaubnissen, Auskunft aus der Fahrerlaubnisdatei, Beantragung von Anwohner- Parkausweisen, Sonderparkberechtigungen für Schwerbehinderte, Beantragung von Handwerkerparkausweisen, Ausnahmeanträge von Parkverboten, Anmeldung von Schwertransporten Buchen im Bestand der Stadtbildstelle/Büchereien, Buchen von Musik- und VHS-Kursen, Buchen in Kindergartenplatzbörse, Kindertagesstättenplatzbörse, Anmeldung zum Kindergarten und zur Kindertagesstätte, Tagesmutterbörse Antrag auf Befreiung von der Rundfunk und Fernsehgebühr, Pflegeplatzanmeldung, Bafög-Antrag, Antrag auf Elterngeld Bauantragsverfahren für Außenwerbung, Neubau, Abbruch, Nutzungsänderung, Fliegende Bauten, Heizölbehälter, Bauüberwachung, Mängelbeseitigung, Vereinbarung von Brandschauterminen, Antragsverfahren für die Inanspruchnahme städt. Flächen für Außenwerbung, Interaktive Bürgerbeteiligung an Planungsvorgängen der Stadt- und Umweltplanung für Bedenken und Anregungen

Abb. 2: Beispiele für E-Government-Transaktionen in einfachen kommunalen Massenverfahren

den, dass meine erfolgte Authentifizierung mit meinen eID-Daten im Verwaltungsverfahren als rechtsverbindliche Willenserklärung zur elektronischen Abwicklung dieser Dienstleistung einschließlich aller Erklärungen gewertet wird. Der E-Government-Diensteanbieter ist berechtigt, die erfolgte Authentifizierung mit meinen eID-Daten abzuspeichern und entsprechend der Archivierungsfristen aufzubewahren“ (oder natürlich juristisch feiner formuliert). Auf diese oder ähnliche Art und Weise könnten in naher Zukunft viele kommunale Massenverfahren als E-GovernmentTransaktionen ausgestaltet werden. Die Abbildung 2 zeigt die flächendeckenden Einsatzmöglichkeiten. Die qualifizierte elektronische Signatur wird damit nicht überflüssig werden. Es sind natürlich auch Verwaltungsverfahren vorstellbar, die nach Abwägung der rechtlichen Risiken weiterhin der Unterschrift bedürfen (atomrechtliche Genehmigungen, Grundstückskaufverträge, Aufgebotsbestellungen, Genehmigungen von Anlagen und großen Bauten, etc.), aber das Massengeschäft in den Kommunen ließe sich wesentlich effizienter gestalten – dies aus der Sicht der Nutzer, aber auch aus der Sicht der Verwaltungen, die geradezu angewiesen sind auf neue Rationalisierungsmöglichkeiten durch Einsatz von IT und neuen Techniken.

schlagenen Lösungsmöglichkeiten mit der eID sollten konstruktiv kritisch diskutiert, bzw. möglicherweise bessere Lösungen für die Nutzung der eID-Funktionen in kommunalen Prozessen erarbeitet werden. Diese Lösungen müssten dann Schritt für Schritt auf weitere Prozesse bzw. auf die zugrunde liegenden Fachgesetze ausgeweitet werden. Die Bundesregierung hat eben erst durch die „Eckpunkte einer nationalen E-Government-Strategie“ und durch die vom IT-Planungsrat beschlossene „Nationale E-Government-Strategie“ auf die besondere Rolle von E-Government hingewiesen. Dafür muss es aber auch praktische Beispiele geben. Diese Chance ist mit der Nutzung der eID-Daten aus dem neuen Personalausweis jetzt vorhanden. Grundsätzliche Regelungen in Form einer „Generalklausel“ dazu kann das geplante neue E-Government-Gesetz des Bundes treffen.

NomosPraxis

Fridhelm Marx

Vergaberecht für Versorgungsbetriebe

Nomos

Vergaberecht für Versorgungsbetriebe Von RA Dr. Fridhelm Marx, MinDir a.D. 2011, ca. 180 S., brosch., ca. 48,– € ISBN 978-3-8329-6132-9 Erscheint ca. Januar 2011 Mit der Vergaberechtsreform 2009 und der neuen Sektorenverordnung wurden die öffentlichen Versorgungsunternehmen aus der allzu festen Umschlingung des für staatliche Institutionen geltenden haushaltsrechtlichen Einkaufsrechtes herausgelöst und ein von den allgemeinen Vergaberegeln getrenntes Regelwerk geschaffen. Das Buch beschreibt die Einkaufsregeln der öffentlichen Versorgungsunternehmen präzise, knapp und praxisnah und geht dabei auch auf die besonderen Regelungen für den Rechtsschutz ein, den Unternehmen genießen, die als Verkäufer von Leistungen an Versorgungsunternehmen auftreten wollen.

Zusammenfassung Die dargestellten Beispiele sollten zum Anlass genommen werden, über Chancen und Risiken für E-Government-Transaktionen neu nachzudenken. Die vorgeVM 6/2010

Bitte bestellen Sie im Buchhandel oder versandkostenfrei unter www.nomos-shop.de

331

Öffentliche Verwaltungen im Umgang mit Social Media noch unsicher Christian Mohser/Johannes Harding

Öffentliche Verwaltungen schöpfen bisher das Potenzial von Social Media nicht aus. Mittlerweile erkennen aber immer mehr BehördenVertreter die Mehrwerte, die sich hinter interaktiven Online-Diensten für die Verwaltungsarbeit verstecken. Die Anwendungen steigern die Bürgerbeteiligung, sorgen für mehr Transparenz und erhöhen die Servicequalität. Bisher sind die Einrichtungen im Umgang mit den modernen Kommunikationskanälen allerdings noch sehr unsicher. Den meisten Behörden fehlt beispielsweise eine gut durchdachte SocialMedia-Strategie, die den Einsatz der Online-Angebote plant. Dazu gehört die Auswahl der passenden Kanäle ebenso wie die Tonalität der Kommunikation festzulegen und Mitarbeiterschulungen durchzuführen. Für die öffentlichen Verwaltungen gilt es jetzt, ein solches Konzept zu erarbeiten und im Einsatz von Social Media mutig zu sein. Nur dann können sie auch die damit verbundenen Potenziale heben. 89 Prozent der Verwaltungen in den Bundesländern schöpfen nach eigenen Angaben die Möglichkeiten von Social Media noch nicht aus.1 Im Ländervergleich schafft es Deutschland nicht einmal unter die Top 20.2 Bürgern und Unternehmen stehen hierzulande weniger interaktive Online-Anwendungen zur Verfügung als andernorts. Dabei haben die Träger der Verwaltungen die Vorteile bereits erkannt: 84 Prozent der Behörden-Vertreter sind beispielsweise der Meinung, dass sich mit Social Media die Bürgerbeteiligung steigern lässt.3 Gründe dafür, dass sie die Angebote bisher trotzdem noch relativ wenig nutzen, sind vor allem mangelnde Erfahrung und Unsicherheit im Umgang mit den Online-Diensten. Das hat die Studie

Christian Mohser Principal Consultant bei Steria Mummert Consulting

332

„Social Media in der Landesverwaltung“ von Steria Mummert Consulting ergeben. Um die Unsicherheit zu überwinden, sollten sich die Behörden deshalb zunächst einmal intensiv mit Social Media und dem damit verbundenen Mehrwert für die Verwaltungsarbeit auseinanderzusetzen. Diese Überlegung ist Grundlage jeder Social-Media-Strategie, die den Einsatz der interaktiven Online-Anwendungen plant und festlegt.

Social Media steigern die Bürgerbeteiligung Die Vorteile von interaktiven Online-Anwendungen liegen dabei auf der Hand: Sie

sind praktisch für jeden zugänglich und ermöglichen so einen schnellen Austausch. Bei Web 2.0-Angeboten können die Nutzer selbst Online-Inhalte erstellen und ihre Meinung einbringen ("User Generated Content"). Im politischen Umfeld wird dabei von E-Partizipation gesprochen – der Beteiligung von Bürgern am politischen Entscheidungsprozess. Social Media unterstützt den Wunsch nach sozialer Interaktion. Soziale Netzwerke und Netzgemeinschaften wie Twitter, Facebook oder Xing dienen als Plattformen zum gegenseitigen Austausch von Meinungen, Eindrücken und Erfahrungen und basieren auf den Grundlagen des Web 2.0. Solche Online-Angebote haben damit das Potenzial, den Dialog zwischen Bürgern, Behörden und Unternehmen zu fördern. Gerade vor dem Hintergrund von Großprojekten der öffentlichen Hand, wie Stuttgart 21 oder dem Bau der Elbphilharmonie in Hamburg, steigt bei den Bürgern das Bedürfnis, mitzudiskutieren und in Entscheidungsprozesse eingebunden zu werden. Interaktive Online-Dienste kommen diesem Wunsch der Bevölkerung entgegen.

Mehr Transparenz und bessere Servicequalität Neben der steigenden Bürgerbeteiligung entstehen noch weitere Vorteile durch den Einsatz von Social Media. So sind die Verwaltungen über interaktive Online-Dienste beispielsweise immer erreichbar – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Beim Gang zur Behörde oder dem Griff zum Telefon sind die Kunden dagegen an die jeweiligen Öffnungszeiten gebunden. Knapp 80 Prozent der Verwaltungsmitar-

Johannes Harding

1

Steria Mummert Consulting 2010, S. 8.

Consultant bei Steria Mummert Consulting

2

Economist Intelligence Unit 2010, S. 21.

3

Steria Mummert Consulting 2010, S. 12.

Verwaltung und Management 16. Jg. (2010), Heft 6, S. 332-334

Mohser/Harding, Öffentliche Verwaltungen im Umgang mit Social Media noch unsicher 100% 90%

89%

80%

74%

70% 60%

53%

50% 40%

32% 26%

30% 20%

16% 11%

11%

Blogs

Twitter

10% 0% E-Formulare

Portale/ Plattformen

Foren

Podcasts

Weitere

Soziale Netzwerke

Abb. 1: In der Verwaltung genutzte Anwendungen

beiter gehen deshalb davon aus, dass sich durch Web 2.0-Anwendungen die Qualität der angebotenen Dienstleistungen deutlich steigern lässt. 68 Prozent sind außerdem der Meinung, die Transparenz in der Verwaltungsarbeit dadurch zu verbessern.4 Denn es genügt längst nicht mehr, offline erreichbar zu sein und lediglich Kontaktinformationen auf die eigene Internetseite zu stellen. Die Ansprüche von Bürgern und Unternehmen im Behördenkontakt steigen stetig: Sie fordern zunehmend, dass Behördengänge vollständig online erledigt werden können und somit für sie bequemer und weniger zeitintensiv werden.

Einsatz von Online-Medien zum Dialog bislang eher marginal Wenn der Nutzen interaktiver OnlineDienste für die Behördenarbeit identifiziert wurde, geht es im Rahmen einer SocialMedia-Strategie im nächsten Schritt darum, auf welchen Kanälen die Kontaktaufnahme mit dem Kunden stattfinden soll. Es ist dabei nicht entscheidend, möglichst viele Kanäle zu bedienen, sondern genau diejenigen auszuwählen, die für die Verwaltungsarbeit sinnvoll sind. Eine Möglichkeit bieten beispielsweise so genannte E-Formulare – elektronische Formulare, über die Bürger beispielsweise online einen Ausweis beantragen oder ihr Wunschkennzeichen reservieren können. Derzeit bieten 89 Prozent der Behörden solche EFormulare an.5 Bei manchen öffentlichen Verwaltungen sind dadurch bestimmte Behördengänge sogar komplett über das Internet möglich. Der Dialog-Charakter bei solchen Diensten ist allerdings relativ gering. Deshalb kann bei Online-Formularen auch nicht von Social Media im eigentlichen Sinne die Rede sein – soziale Medien sind stärker auf Kontakt, Austausch und VM 6/2010

Mitsprache ausgerichtet. Gerade in Hinblick auf eine verbesserte Dienstleistungsqualität sind solche E-Formulare dennoch positiv zu bewerten. Einen Schritt weiter gehen InternetPortale und Plattformen, die Bürgern und Unternehmen den direkten Dialog mit der Behörde ermöglichen. 74 Prozent der öffentlichen Verwaltungen verfügen derzeit über solche Angebote.6 Darunter gibt es einige „Leuchtturmprojekte“, die besonders fortschrittlich sind und für andere Behörden als Vorbild dienen können. Dazu zählt beispielsweise das Dienstleistungsportal der brandenburgischen Landesverwaltung „Maerker Brandenburg“. Auf der Plattform können Bürger der lokalen Verwaltung anonym Missstände melden. Ein zerstörter Zaun oder eine ausgefallene Straßenlaterne gehören beispielsweise dazu. Jede Anfrage wird innerhalb von drei Tagen vom Büro des Bürgermeisters beantwortet. Weil die Bürgeranliegen öffentlich einsehbar sind, lässt sich leicht überprüfen, ob und wie die Verantwortlichen reagieren und welche Maßnahmen sie einleiten. Das Angebot wird gut angenommen: Knapp 3.000 Hinweise aus der Bevölkerung befinden sich momentan auf dem Dienstleistungsportal. Für den elektronischen Bürgerservice wurde das Portal sogar mit dem „E-Government-Preis 2010“ ausgezeichnet.

Facebook und Twitter – eine Randerscheinung in der Verwaltungslandschaft Neben interaktiven Plattformen bieten sich den öffentlichen Verwaltungen zahlreiche weitere Möglichkeiten, um den Kontakt zu Bürgern und Unternehmen aufzunehmen. Dazu zählen beispielsweise

Audio- oder Video-Botschaften, Wikis und Chats mit der Behördenleitung. Prinzipiell könnten die Behörden den Bürgern außerdem ermöglichen, Internetpetitionen an die Gemeinde zu senden, sich bei Befragungen oder Online-Konsultationen einzubringen und Ratssitzungen im Internet zu verfolgen. Auch die Nutzung von Social Networks wie Facebook, Xing oder MeinVZ sind für die Behörden-Arbeit denkbar. So könnte eine Verwaltung sich beispielsweise eine Profilseite einrichten und so mit Bürgern und Unternehmen auch auf einer anderen als der eigenen Webseite in Kontakt treten. Der Nutzen für die Verwaltungsarbeit ist zurzeit aber noch nicht besonders stark erprobt. Solche Dienste bilden eher noch die Ausnahme. Lediglich 16 Prozent der Einrichtungen nutzen Soziale Netzwerke . Ähnlich verhält es sich derzeit mit Blogs und Twitter. Nur elf Prozent der Landesbehörden binden diese Dienste in ihre Arbeit ein. Dabei könnte gerade das Microblogging für sie interessant sein, um Bürger und Unternehmen kurz und knapp über Neuigkeiten und Änderungen zu informieren. Für die Verwaltungslandschaft gilt es daher detailliert zu analysieren, welche Potenziale sich für sie konkret dahinter verbergen. Zu einer umfassenden Social-Media-Strategie gehört aber auch, nach der Auswahl der passenden Kanäle nicht einfach loszulegen, sondern den Umgang mit den Online-Diensten festzulegen.

Mitarbeiter im Umgang mit Social Media schulen Im Rahmen einer gut durchdachten Strategie sollten sich die Einrichtungen daher im Vorfeld genau überlegen, in welcher Tonalität sie Behördenkunden ansprechen möchten und wie sie mit Kritik umgehen. Denn häufig wissen die Mitarbeiter der Verwaltungen nicht, wie sie sich im Umgang mit Social Media verhalten sollen, was erlaubt ist und was nicht. Daher gilt es, die für die Social-Media-Kommunikation befugten Mitarbeiter rechtzeitig für den Einsatz der Online-Dienste zu schulen. Dazu gehören beispielsweise techni-

4

Steria Mummert Consulting 2010, S. 12.

5

Steria Mummert Consulting 2010, S. 10.

6

Steria Mummert Consulting 2010, S. 10.

333

Mohser/Harding, Öffentliche Verwaltungen im Umgang mit Social Media noch unsicher 90% 80%

84% 79% 68%

70% 60% 50%

37%

40% 30%

26% 21%

20% 10%

5%

0% Steigerung der Mehr Transparenz in Kosteneinsparungen in Mehr Verständnis auf Stärkere Einbeziehung der Verwaltung Seiten der Bürgerinnen der Bürgerinnen und Dienstleistungsqualität der Verwaltungsarbeit und Bürger, auch Bürger

Steigerung der Bekanntheit und Steigerung des Standortimages

Weiteres:

Abb. 2: Vorteile sozialer Medien

sche und rechtliche Aspekte. Denn wissen die Behörden-Mitarbeiter gut über Social Media Bescheid, werden sie auch immer sicherer im Umgang mit den Diensten.

Ausblick: Unsicherheit überwinden, mit Social Media vertraut machen und starten Immer mehr öffentliche Verwaltungen orientieren sich mit ihren Dienstleistungsangeboten stärker an dem Internetnutzungsverhalten von Bürgern und Unternehmen.

Im Zuge dessen entdecken immer häufiger Behördenvertreter die Potenziale von Social Media. Anstatt einfach drauf los zu twittern oder zu bloggen, sollten Behörden allerdings zunächst eine Strategie und ein Rahmenkonzept erarbeiten, welches den jeweiligen Anforderungen der Behörde entspricht. Nicht jedes Web 2.0-Tool macht für die Verwaltung Sinn. Nur mit den richtigen Angeboten schaffen es Behörden, ihren Kunden einen echten Mehrwert bereitzustellen. Bei gut durchdachter Konzeption und Umsetzung eröffnet das

Web 2.0 dabei Beteiligungsmöglichkeiten jenseits der bestehenden Strukturen. Das betrifft Vereine, Bürgerinitiativen und Parteien ebenso wie Verwaltungen untereinander. Die interaktiven Online-Dienste bieten eine echte Chance, Bürgern und Unternehmen mehr Transparenz, bessere Servicequalität und mehr Mitbestimmung zu ermöglichen. Die deutsche Verwaltungslandschaft sollte deshalb jetzt ihre Unsicherheit überwinden, sich mit den modernen Instrumenten der Online-Kommunikation vertraut machen und erste Pilotprojekte starten.

Literaturangaben Economist Intelligence Unit (2010): Digital economy rankings 2010: Beyond e-readiness. URL: http://www-935.ibm.com/services/us/gbs/ bus/pdf/eiu_digital-economy-rankings-2010_final_web.pdf (Stand: 28.10.2010). Maerker Brandenburg. URL: http://maerker. brandenburg.de/lis/list.php?page=maerker (Stand: 28.10.2010). Steria Mummert Consulting (2010): Social Media in der Landesverwaltung, unveröffentlichte Studie.

Konkrete Antworten und Entscheidungshilfen Unternehmen der öffentlichen Hand Handbuch Herausgegeben von RAin Dr. Beatrice Fabry und Stb Ursula Augsten 2. Auflage 2011, 862 S., brosch., 89,– €, ISBN 978-3-8329-1660-2 Unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung und Gesetzeslage – insbesondere der Unternehmensteuerreform – zeigt das Werk die ganze Bandbreite der zur Verfügung stehenden Rechtsformen für öffentliche Unternehmen auf. Unterstützt durch Gestaltungshinweise, Checklisten und Übersichten werden Entscheidungsträgern Kriterien für eine Privatisierungsentscheidung an die Hand gegeben. Darüber hinaus analysieren die Autoren die aktuellen Entwicklungen in wichtigen Themenfeldern rund um Stadtwerke, Abwasserbeseitigung, Wasserversorgung, kommunale Verkehrsunternehmen und Krankenhäuser.

Bitte bestellen Sie im Buchhandel oder versandkostenfrei unter

334

www.nomos-shop.de

VM 6/2010

Nachrichten

Interkommunale Kooperation, Shared Services und öffentlich-öffentliche Partnerschaften 03.-04. Februar 2011 in Berlin

Das Seminar behandelt aktuelle Problemstellungen und Lösungsansätze sowie grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit von Kommunen bei ihrer Aufgabenwahrnehmung. Dazu zählen unter anderem folgende Themen:

Die Ansprüche an kommunale Verwaltungsleistungen steigen, gleichzeitig stehen dafür nur begrenzte Mittel zur Verfügung. Ein großer Teil der kommunalen Aufgaben in allen Kommunen (zumindest des jeweiligen Bundeslandes) muss nach den gleichen gesetzlichen Grundlagen wahrgenommen werden. Genau dies eröffnet bei konsequentem Einsatz von Informationstechnologien große Rationalisierungspotentiale, nicht nur bei den „Massengeschäften“, sondern auch bei anspruchsvolleren Verwaltungsleistungen. Interkommunale Kooperation, die Ausgliederung von Verwaltungsaufgaben in eigenständige Shared-Services-Einheiten und öffentlich-öffentliche Kooperationen versprechen neue Möglichkeiten zur Umsetzung transparenter Verwaltungsabläufe, eine bessere Orientierung der Angebote auf Kundenwünsche und damit eine bessere Servicequalität. Was steckt hinter diesen Versprechungen? Das Seminar stellt dazu Erfahrungen, Lösungsansätze und gute Beispiele aus und für die öffentliche Verwaltung vor. Anhand von Praxisbeispielen werden typische Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten erörtert.

ƒ Organisatorische Aspekte der interkommunalen Zusammenarbeit ƒ Gemeinsame Ämter mehrerer Kommunen ƒ Zusammenarbeit im IT-Bereich ƒ Shared Services ƒ Europäische Erfahrungen mit interkommunalen Dienstleistungszentren ƒ Rechtliche Aspekte interkommunaler Kooperation ƒ Gemeinsame Beschaffung

„Verwaltungsmodernisierung, Wettbewerb“

Föderalismusreform II im Jahre 2009 Leistungsvergleiche erstmals eine verfassungsrechtliche Basis erhalten haben, wendet sich die Tagung einerseits den Fragen der rechtlichen Normierung von Leistungsvergleichen und dem Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Durchführung von Leistungsvergleichen zu. Zum anderen diskutieren ausgewiesene Experten und Praktiker aus der Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung sowie aus Verbänden und Wissenschaft aktuelle Praxisanwendungen, Umsetzungsprobleme und Zukunfsperspektiven dieses Reforminstruments: Unter welchen Voraussetzungen können Benchmarking und Leistungsmessung/ -vergleich einen Beitrag zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, zur Verbesserung des Verwaltungsvollzugs und der Rechtsetzung sowie zu föderalem Wettbewerb leisten?

Benchmarking

und

22.-23. März 2011 Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Speyer Die Leitung haben Univ.-Prof. Dr. Sabine Kuhlmann und Univ.Prof. Dr. Joachim Wieland.s Leistungsmessung, Leistungsvergleich und Benchmarking sind im deutschen und internationalen Kontext zu einem vorrangigen Tagesordnungspunkt bei der Modernisierung des Öffentlichen Sektors geworden. Vor diesem Hintergrund befasst sich die Tagung mit Ansätzen des Vollzugs-Benchmarkings und der Leistungsvergleiche, die in verschiedenen Aufgabenbereichen und auf unterschiedlichen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) in der deutschen öffentlichen Verwaltung angewendet werden, bereits abgeschlossen oder noch in der Planung sind. Anknüpfend an den neuen Art 91d GG, mit dessen Einführung im Zuge der

VM 6/2010

Im Seminar werden Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis im Umgang mit interkommunaler Kooperation, Shared Services und öffentlich-öffentlichen Kooperationen vorgestellt und diskutiert. Das Seminar wird vom Deutschen Institut für Urbanistik in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag durchgeführt. Weitere Informationen: www.difu.de/veranstaltungen/2011-0203/interkommunale-kooperation-shared-services-und.html

Weitere Informationen: http://www.dhv-speyer.de/Kuhlmann/ Mitarbeiter/Kuhlmann/Publikationen/Weiterbildung/T3.htm

335

Nachrichten

KGSt®-Prozessbibliothek freigeschaltet Am 30. November wurde die KGSt®-Prozessbibliothek als neues KGSt®-Produkt freigeschaltet. In knapp sieben Monaten – von der ersten Lenkungsgruppensitzung bis zum Livegang – wurde vom Projektteam eine Prozessdatenbank entwickelt, in der kommunale Musterprozesse abgelegt werden können. Die KGSt®Prozessbibliothek enthält verschiedene kommunale Fachprozesse in unterschiedlichen Qualitäts- und Abstimmungsgraden. Die Prozesse werden in der Systematik eines kommunalen Produktplans abgelegt. Zudem stehen verschiedene Such- und Auswertungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Prozessmodelle können online betrachtet sowie als Abbildungen, Text-Reports oder XML-Daten heruntergeladen werden. Die Prozessmodelle werden einheitlich im Fachmodellierungsstandard FaMoS dargestellt, der im Rahmen eines interkommunalen Projekts zur Standardisierung kommunaler Prozesse durch die Firma b.i.t.consult GmbH und das Kompetenzzentrum digitale Verwaltung (KDV)/d-NRW entwickelt wurde. Zur Verbreitung

12. TOP-Seminar für Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter in Ministerien (exklusiv): Kollegiale Beratung, Erfahrungsaustausch und Perspektive 2020 03.-04. Februar 2011, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Speyer

von FaMoS wurde ein Kooperationsvertrag abgeschlossen, der auch die kostenlose Nutzung des Standards für KGSt®Mitglieder, die Bereitstellung von Modellierungswerkzeugen und die Weiterentwicklung des Modellierungsstandards einschließt. Der Erfolg der KGSt®-Prozessbibliothek wird wesentlich von der aktiven Mitarbeit der KGSt®-Mitglieder abhängig sein, also von der Bereitschaft, Prozessmodelle (in unterschiedlichen Notationen) zur Verfügung zu stellen. Diese werden im ersten Schritt durch ein Redaktionsteam der KGSt qualitätsgesichert und konvertiert und können dann – nach erneuter Rücksprache – in die Prozessbibliothek eingestellt werden. Die Prozessbibliothek ist über das KGSt®-Portal erreichbar. Alle im KGSt®-Portal registrierten KGSt®-Mitglieder haben kostenfrei darauf Zugriff. Weitere Informationen: http://www.kgst.de/aktuelles/nachricht/ kgst-prozessbibliothek-wurde-freigeschaltet.dot

Am zweiten Tag findet ein Workshop zur voraussichtlichen Entwicklung der öffentlichen Verwaltung bis zum Jahre 2020 statt, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst eigene Überlegungen und Prognosen, die sie aus ihrer Leitungsfunktion gewonnen haben, anstellen.

Im Unterschied zu den Seminaren in den vergangenen Jahren stehen am ersten Tag der interne Erfahrungsaustausch und die kollegiale Beratung im Vordergrund. In kurzen Einführungsreferaten werden konkrete Praxisbeispiele geschildert, anhand derer Methoden der Problembewältigung, Erfolgsbausteine sowie Transfermöglichkeiten diskutiert werden. Einführungsreferate wird es zu folgenden Themenbereichen geben: Change Management/ Transformation, Mitarbeiterführung und Zusammenarbeit und Verwaltung in/nach der Finanzkrise.

Anschließend werden diese Prognosen unter der Moderation des Tagungsleiters gesammelt, gewertet und gewichtet sowie zueinander in Beziehung gesetzt. Der so gewonnene erweiterte Denkraum liefert den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Hintergrundmaterial und Optionen für zukünftiges Handeln.

Redaktionsanschrift: Prof. Dr. Veith Mehde (V.i.S.d.P.), Juristische Fakultät der Leibniz Universität Hannover Königsworther Platz 1 | 30167 Hannover Tel. (0511) 762 - 8206 | Fax (0511) 762 - 19106 E-Mail: [email protected] | www: http://www.verwaltungmanagement.de

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Herausgeber/Redaktion wiedergeben. Unverlangt eingesandte Manuskripte – für die keine Haftung übernommen wird – gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu den Bedingungen des Verlages. Es werden nur unveröffentlichte Originalarbeiten angenommen. Die Verfasser erklären sich mit einer nicht sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung einverstanden.

Redaktionsassistentin (Satz und Layout): Heidrun Müller, IfG.CC – Institute for eGovernment, Potsdam Druck und Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Waldseestraße 3-5 | D-76530 Baden-Baden Telefon (07221) 2104-0 | Fax (07221) 2104-27 Anzeigen: sales friendly Verlagsdienstleistungen | Siegburger Str. 123 | 53229 Bonn Telefon (0228) 978980 | Fax (0228) 9789820 E-Mail: [email protected]

Die wissenschaftliche Leitung hat Prof. Dr. Hermann Hill. Weitere Informationen: http://www.dhv-speyer.de/HILL/Tagungen/ Tagungen-2011/TOP/TOP.htm

Erscheinungsweise: sechsmal jährlich Bezugspreise: Jahresabonnenment 2010 (Normalpreis, Studentenpreise): 138,– Euro*, Einzelheft 27,– Euro. Die Preise verstehen sich inkl. Mwst., zzgl. Versandkosten; Kündigung jeweils drei Monate zum Kalenderjahresende. Bestellungen nehmen entgegen: der Buchhandel und der Verlag. Zahlungen jeweils im Voraus an: Nomos Verlagsgesellschaft, Postbank Karlsruhe, Konto 73636751 (BLZ 660 100 75) und Stadtsparkasse Baden-Baden, Konto 5-002266 (BLZ 662 500 30). ISSN 0947-9856 * Preis inkl. MwSt., zzgl. Vertriebs-/Direktbeorderungsgebühren Inland (7,70 Euro/2,14 Euro) 9,84 Euro.

336

VM 6/2010