Corporate Communications Online - commonsense GmbH

Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren beruflich mit dem Internet und sind Dozenten ..... Eine solche Standortbestimmung zeigt die aktuellen Stärken.
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Corporate Communications Online

Corporate Communications Online Theorie und Praxis für die Kommunikation in der digitalen Öffentlichkeit Christian Michael Schenkel und Marcel Suter commonsense GmbH und Klarkom AG Bern

Creative Commons (CC BY 3.0) This book was produced using PressBooks.com, and PDF rendering was done by PrinceXML.

Inhalt Vorwort Einleitung

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part 1. Theorie und Methode 1. 2. 3. 4.

Kapitelüberblick: Theorie und Methode Digitale Öffentlichkeit Die Markengeführte Kommunikation Die drei Dimensionen der Onlinekommunikation

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part 2. Grundlagen 5. Kapitelüberblick: Medien und digitale Kommunikation 6. Die digitale Verwirrung 7. Eine Klärung: Definition und Systematik

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part 3. Onlinestrategie 8. 9. 10. 11.

Kapitelüberblick: Onlinestrategie Der Aufbau Die Analyse Die Stossrichtungen

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Marcel Suter Christian Michael Schenkel

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Vorwort

Das Internet hat die Welt in kürzester Zeit so radikal verändert wie keine andere Technologie zuvor. Wir kommunizieren heute direkter, dialogischer, schneller und flüchtiger. Smartphones und Tablets sind zu unseren ständigen Begleitern geworden und wir befinden uns (fast) immer und überall online. Das Internet verdrängt und integriert die bisherigen Medien. Es ist das Leitmedium des 21. Jahrhunderts. Diese Kommunikationsrevolution stellt die Unternehmen vor neue Herausforderungen. Kunden, Mitarbeitende und weitere Anspruchsgruppen verlangen von ihnen zeitnahe und authentische Antworten auf Fragen, Bemerkungen, Lob und Kritik. Innerhalb der Corporate Communications gewinnt die Onlinekommunikation eine neue, zentrale Bedeutung.

Für den Dialog mit Kommunikationsprofis Corporate Communications Online richtet sich an Kommunikationsprofis. Wir wollen mit unseren Überlegungen einen Dialog über die Onlinekommunikation anstossen und die Corporate Communications so weiterbringen. Wir sind der Ansicht, dass unser Ansatz der Markengeführten Kommunikation und die Systematik der drei Dimensionen der Onlinekommunikation Unternehmen dabei unterstützt, in der neu herausgebildeten digitalen Öffentlichkeit besser zu kommunizieren. Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren beruflich mit dem Internet und sind Dozenten für Onlinekommunikation. In Corporate Communications Online fassen wir unsere praktischen Erfahrungen zusammen und stellen sie in einen übergeordneten, theoretischen Sinnzusammenhang. Corporate Communications Online ist ein allmählich wachsendes Werk. Im ersten Schritt legen wir unsere Überlegungen zu Theorie und Methode der Onlinekommunikation vor. In den folgenden Schritten werden wir uns der Strategie und Konzeption zuwenden, das Know-how und die Instrumente aufarbeiten und schliesslich konkrete Tipps abgeben. Dabei hoffen wir, auch vom Wissen und den Erfahrungen unserer Leserinnen und Leser profitieren zu können.

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Einleitung

Die Corporate Communications haben zum Ziel, die Glaubwürdigkeit in die Kommunikation eines Unternehmens zu stärken und das Vertrauen aller Anspruchsgruppen in das Handeln des Unternehmens zu vergrössern. Dazu haben sie verschiedene Mittel und Methoden entwickelt, die eine saubere Analyse, genaue Planung und feine Steuerung der Kommunikation erlauben.

Direkter, dialogischer, schneller und flüchtiger In den letzten zwei Jahrzehnten hat das Internet die Kommunikation stark verändert. Und als Leitmedium des 21. Jahrhunderts wird es sie in naher Zukunft noch stärker beeinflussen. Die Kommunikation wird mit dem Internet direkter, dialogischer, schneller und flüchtiger. Privatkunden, Geschäftskunden und Lieferanten bewegen sich genauso online wie Medienschaffende, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie Mitarbeitende, Stellensuchende und Ehemalige. Inzwischen beschaffen sich alle Anspruchsgruppen der Corporate Communications im Internet Informationen und tauschen sich untereinander aus – sei es für berufliche, sei es für private Zwecke. Diese Entwicklung hat am Ziel der Corporate Communications nichts geändert. Sie sind nach wie vor darauf ausgerichtet, die Glaubwürdigkeit zu stärken und das Vertrauen zu vergrössern. Die Mittel und Methoden indes, mit denen dieses Ziel verfolgt wird, müssen sich dem veränderten Umfeld anpassen.

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Theorie und Methode

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Kapitelüberblick: Theorie und Methode

Im Kapitel Theorie und Methode gehen wir davon aus, dass sich im Internet eine neue Öffentlichkeit herausgebildet hat, die für die Wahrnehmung und Beurteilung eines Unternehmens durchaus relevant ist. Wir vertreten darüber hinaus die These, dass die auf diese Öffentlichkeit ausgerichtete Kommunikation sich neuer Mittel und Methoden bedienen muss, um das Ziel der Corporate Communications zu erreichen. Im Zentrum steht dabei der Übergang von der Integrierten Kommunikation zur Markengeführten Kommunikation. Schliesslich wollen wir vor dem Hintergrund dieser Überlegungen die drei Dimensionen der Onlinekommunikation vorstellen und deren Bedeutung für die erfolgreichen Corporate Communications im Internet aufzeigen.

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Digitale Öffentlichkeit

Auf dem Weg zur Massenselbstkommunikation Das Internet mit seinen Diensten für die direkte Kommunikation zwischen seinen Nutzern bildet die Infrastruktur für eine neue digitale Öffentlichkeit. Die weite Verbreitung der stationären und mobilen Angebote und deren einfache Bedienbarkeit haben dazu geführt, dass immer mehr Nutzer nicht nur Inhalte konsumieren, sondern auch selbst produzieren. Die digitale Öffentlichkeit zeichnet sich deshalb durch einen partizipativen Charakter aus. War das sogenannte Web 1.0 noch vorwiegend ein Masseninformationsmedium, ist das Web 2.0 zum Medium der Massenselbstkommunikation1 geworden, das deshalb auch den Namen Mitmachweb trägt. Die digitale Öffentlichkeit umfasst alle Daten, Texte, Bilder, Audio- und Videodateien, die mittels technischer Verfahren von der analogen in die digitale Sphäre transformiert oder in letzterer selbst hergestellt worden sind. Die Digitalisierung dieser Daten bedeutet einen neuen Umgang mit Inhalten. Sie können sekundenschnell kopiert und weiterverbreitet werden. Wir erleben einen weiteren Quantensprung in der Entwicklungsgeschichte der effizienten Informationsverarbeitung, die mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg begonnen hat.

Die klassischen Massenmedien verlieren ihre Deutungsmacht Diese Entwicklung und der damit verbundene Wandel der Mediennutzung haben zu einer schleichenden Erosion der Publikations- und Deutungsmacht traditioneller Inhaltsproduzenten geführt. Es sind nicht mehr nur die klassischen Massenmedien wie Tageszeitungen, Radio und TV, die Informationen auswählen, bewerten und einordnen. Diese Funktionen werden in der digitalen Öffentlichkeit zunehmend auch von Suchmaschinen und Sozialen Netzwerken wahrgenommen. Dort finden Gespräche und Beziehungen zwischen Bürgern, Konsumenten und Mitarbeitenden statt, die zunehmend die massenmedial hergestellte Öffentlichkeit durchdringen und verdrängen. Dabei werden durchaus andere Themen gesetzt und neue Perspektiven aufgezeigt. Diese entsprechen nicht immer den Ansichten der Meinungsmacher aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Die Herausbildung der digitalen Öffentlichkeit teilt die Beobachter in zwei Lager: Die Optimisten bringen sie mit dem Ideal der aufklärerischen Öffentlichkeit2 in Verbindung. Es garantiert allen Offenheit und Gleichheit in Bezug auf den Zugang zur Öffentlichkeit, den Konsum von Informationen und die Partizipation an der Meinungsbildung. Die Pessimisten indes sehen in der digitalen Öffentlichkeit einen Ort, wo sich enttäuschte und wütende Konsumenten und Bürger Luft verschaffen, wo narzisstische Selbstinszenierung stattfindet und wo der Schutz der Privatsphäre gefährdet ist. Die digitale Öffentlichkeit reflektiert jedoch nur das Verhältnis zwischen Kunden und Unternehmen sowie zwischen Bürgern und Staat. Es liegt demnach in der Verantwortung jedes einzelnen Nutzers darüber zu entscheiden, welche Kommunikationskultur in der digitalen Öffentlichkeit vorherrschen soll – dies gilt nicht zuletzt auch für Unternehmen selbst. 1. Vgl. Manuel Castells, Communication Power, Oxford University Press 2009. 2. Vgl. Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt am Main 1990.

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Die wichtigste Disziplin der Corporate Communications Unbesehen von allen Diskussionen verändert die digitale Öffentlichkeit die Art und Weise, wie Unternehmen die Beziehungen zu ihren Anspruchsgruppen pflegen. Da das Internet zum neuen Leitmedium wird, entwickelt sich die Onlinekommunikation zur wichtigsten Disziplin der Corporate Communications.3 Lange haben die Unternehmen mit ihren Kommunikationsmassnahmen auf die massenmedial hergestellte Öffentlichkeit gezielt und so ihre Zielgruppen nur indirekt erreicht. Es gab wenige Möglichkeiten zum Feedback. Auch als Unternehmen sich mit eigenen Websites in der digitalen Öffentlichkeit selbst ans Publikum wenden konnten, nutzen sie diese vorwiegend als Medium der Einwegkommunikation. Diese Art der Corporate Communications behandelt ihre Zielgruppen als stumme Masse und geht vom Trugbild einer homogenen Öffentlichkeit aus. Die modernen Corporate Communications indes informieren und interagieren in der digitalen Öffentlichkeit direkt über Websites, Newsletter und Social Media. Sie pflegen aktiv Beziehungen zu den verschiedenen Anspruchsgruppen und gehen auf deren individuelle Bedürfnisse ein. Dadurch werden die modernen Corporate Communications anspruchsvoller und aufwändiger.

3. Vgl. European Communication Monitor 2011 (www.communicationmonitor.eu)

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Die Markengeführte Kommunikation

Glaubwürdigkeit und Vertrauen Die wesentliche Funktion der Corporate Communications ist das Management der Kommunikation eines Unternehmens. Damit sollen die Glaubwürdigkeit in die Kommunikation des Unternehmens gestärkt und das Vertrauen aller Anspruchsgruppen in das Handeln des Unternehmens vergrössert werden. Eine zentrale Stellung nimmt dabei das Prinzip der Integrierten Kommunikation ein, bei der zeitliche wie auch formale und inhaltliche Aspekte festlegt, aufeinander abgestimmt und koordiniert werden. In der Regel folgen die Corporate Communications dem One-Voice-Prinzip und halten sich an den Grundsatz, intern vor extern zu kommunizieren. So kontrollieren sie die Kommunikation und halten die Hoheit nach innen und gegen aussen aufrecht. In der digitalen Öffentlichkeit können die genannten Grundsätze der Corporate Communications nur noch bedingt aufrechterhalten werden. Zu gross ist der Abstimmungsaufwand für die direktere, dialogischere, schnellere und flüchtigere Art der Kommunikation, wie sie im Web 2.0 stattfindet. Die Anspruchsgruppen jedoch verlangen einen authentischen und spontanen Dialog, nicht Antworten, die auf sorgfältig austarierte Sprachregelung beruhen. Gerade wenn sich enttäuschte und wütende Konsumenten Luft verschaffen, laufen die angestammten Prozesse der Corporate Communications zu langsam und schwerfällig ab. Unternehmen verlieren an Glaubwürdigkeit und Vertrauen, wenn sie versuchen, mit verspäteten und gestelzten Worten einen Dialog zu führen. Oder anders gesagt: Ihre Kommunikation erfolgt weder zeit-, medien- noch zielgruppengerecht.

Das Ende der Kommunikationskontrolle Zudem prägt in der digitalen Öffentlichkeit nicht mehr nur die institutionalisierte Unternehmenskommunikation das Bild des Unternehmens, sondern auch die nicht-institutionalisierte Kommunikation der Mitarbeitenden und externer Anspruchsgruppen. Der informelle Pausenklatsch unter Arbeitskollegen und das halböffentliche Stammtischgespräch der Kundschaft werden im Internet öffentlich sichtbar – und bleiben es. Diese Bilder entziehen sich den herkömmlichen Corporate Communications mit ihrem Kontrollanspruch. Die Publikationsmacht und Deutungshoheit verlagert sich hin zu den Anspruchsgruppen. Diese grundlegende Veränderung erfordert von den Verantwortlichen für die Corporate Communications ein Umdenken in Bezug auf die erwähnte Kommunikationskontrolle, aber auch auf die etablierten Grundsätze und Prozesse. Gefragt ist darüber hinaus ein neuer Ansatz, sprich eine taugliche Methode, um in der digitalen Öffentlichkeit adäquat agieren zu können und damit die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in ein Unternehmen weiterhin zu sichern.

Im Zentrum stehen die wichtigsten Eigenschaften eines Unternehmens Wir schlagen dafür das Prinzip der Markengeführten Kommunikation vor. Im Zentrum dieser Methode steht der Markenkern. Er bringt die wichtigsten Eigenschaften bzw. Leistungen eines Unternehmens, 6

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das Markenversprechen bzw. das Alleinstellungsmerkmal (USP) in Form einer prägnanten und kurzen Aussage auf den Punkt. Zum Markenkern gehören zudem die Vision, die Kernwerte und die Stilelemente eines Unternehmens. Er dient als kommunikative Leitidee. An ihr orientieren sich alle kommunikativen Aktivitäten eines Unternehmens und seiner Mitarbeitenden. Die Marke selbst ist mehr als ein Name, ein Logo oder ein Corporate Design. Sie «treibt die Organisation an. Sie ist das, was die Organisation verkörpert, wofür sie steht, an was sie glaubt».1 Sie lässt sich vergleichen mit der DNA des menschlichen Körpers, einem Bauplan, der in jeder einzelnen, unterschiedlichen Zelle enthalten ist. Also ein Art Programm, das Inhalte erstellt, die nicht identisch, aber immer authentisch sein müssen.

Von der Sprachregelung zum semantischen Orientierungsrahmen Die Marke bzw. die zu ihr gehörende kommunikative Leitidee weist einen universellen Charakter auf, das heisst, sie kann als Grundlage jeglichen Inhalts in jeder kommunikativen Situation eingesetzt werden und eignet sich so speziell für den spontanen Dialog in der digitalen Öffentlichkeit. Haben die Corporate Communications bisher mit inhaltlich fixierten Sprachregelungen gearbeitet, bietet die Markengeführte Kommunikation lediglich einen semantischen Orientierungsrahmen, innerhalb dessen situativ und spontan Inhalt generiert und Dialoge geführt werden. Das Prinzip der Markengeführten Kommunikation an und für sich ist nicht neu. Die Marke, die sich direkt aus der Unternehmensstrategie ableitet, bildet die Grundlage der Integrierten Kommunikation. Auch diese muss sich in ihrer inhaltlichen Dimension auf eine kommunikative Leitidee zurückführen lassen.2 Neu am Prinzip der Markengeführten Kommunikation ist jedoch deren Einsatz. Sie bildet nicht mehr die theoretisch-abstrakte Basis der Corporate Communications, sondern deren durchgehendes Inhalts- und Handlungsprinzip. Sie wird nicht mehr nur in Kreisen von Kommunikationsstrategen erörtert und vorgegeben, sondern von Kommunikationspraktikern im täglichen Einsatz gelebt. Die Markengeführte Kommunikation innerhalb des Unternehmens funktioniert nach den Grundsätzen der digitalen Öffentlichkeit: Sie ist nicht hierarchisch organisiert, sondern vernetzt sich selbst; sie erfolgt nicht geplant, sondern spontan. Nur so kann ein Unternehmen direkter, dialogischer, schneller und flüchtiger kommunizieren.

Viele Stimmen, die das Gleiche meinen Unter diesen Prämissen wandeln sich die Corporate Communications grundlegend. Zwar ist ihr oberstes Ziel nach wie vor, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu schaffen. Doch sie erreicht dies nicht mehr dank einer umfassenden Kommunikationskontrolle, sondern dank ihrer Authentizität. Anstelle der Integrierten Kommunikation rückt die Markengeführte Kommunikation ins Zentrum der Corporate Communications. Die neuen Corporate Communications sprechen nicht mehr mit einer einheitlichen Stimme, sondern mit vielen unterschiedlichen, die aber alle das Gleiche meinen. Zudem ist den Unternehmen bewusst, dass in der digitalen Öffentlichkeit der Unterschied zwischen innen und aussen hinfällig geworden ist, und pflegen mit Mitarbeitenden, Kunden und allen weiteren Anspruchsgruppen den Dialog auf Augenhöhe.

1. Wally Olins, The Brand Handbook, London 2008 2. Manfred Bruhn, Integrierte Unternehmens- und Markenkommunikation, Stuttgart 2006

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Die drei Dimensionen der Onlinekommunikation

Die Systematik Die Markengeführte Kommunikation bestimmt die Kommunikations- und Markenstrategie eines Unternehmens. Diese wiederum bilden die Grundlage für eine strategisch geführte Onlinekommunikation. Um deren bestimmende Grössen beschreiben zu können, aber auch um bei der Konzeption und Umsetzung alle Aspekte zu berücksichtigen, haben wir die Systematik der drei Dimensionen aufgenommen und weiterentwickelt (vgl. Abbildung 1).1 Onlinekommunikation zeichnet sich demnach aus durch: • Identität • Information • Interaktion

Abbildung 1: Die Onlinekommunikation

Grundlagen

der

Ohne Identität keine Information, ohne Information keine Interaktion Identität, Information und Interaktion bauen aufeinander auf und stehen in einem engen Verhältnis zueinander (vgl. Abbildung 2). Anders gesagt: Erst wenn ein Unternehmen in der digitalen Öffentlichkeit über eine Identität verfügt, kann es über seine Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen informieren und schliesslich Dialoge führen. 1. Jan Schmidt, Social Software: Onlinegestütztes Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagement. In: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen. Nr 2/2006.

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Abbildung 2: Die Onlinekommunikation

drei

Dimensionen

der

Das Ich Die Identität macht ein Unternehmen unterscheidbar und einzigartig. Sie steht für ein spezifisches Leistungsangebot und ein Qualitätsversprechen. Und sie steht für die emotionalen Beziehungen, die die verschiedenen Anspruchsgruppen mit einer Marke aufbauen und unterhalten. Der Aufbau einer Identität in der digitalen Öffentlichkeit umfasst formale bzw. medienspezifische Aspekte der Onlinekommunikation. Dazu gehören Aufrufbarkeit (Domain Management), Sichtbarkeit (Design), Auffindbarkeit (Suchmaschinenoptimierung) und Zugänglichkeit (Accessibility). Hinzu kommen inhaltliche Aspekte wie das Verhalten und Auftreten der Mitarbeitenden eines Unternehmens in Rahmen der institutionalisierten und nicht-institutionalisierten Kommunikation in der digitalen Öffentlichkeit (Corporate Behaviour) sowie die Art und Weise wie das Unternehmen selbst kommuniziert (Corporate Communications). In der Onlinekommunikation ist die Identität die Dimension des Ich im Sinne der Markenpersönlichkeit.

Das Du Die Information als zweite Dimension baut auf der Identität auf. Mit ihr werden die aus dem Markenkern abgeleiteten Botschaften flexibel an die definierten Zielgruppen gerichtet. Diese Art der Onlinekommunikation findet vor allem auf der klassischen Website und über Newsletter statt. Als Mittel der Massenkommunikation erlauben sie es, Informationen bereitzustellen oder aktiv zu adressieren. Im Fokus der zweiten Dimension stehen die Nutzer, ihr Onlineverhalten und ihre Bedürfnisse. Aspekte der Information sind die Gebrauchstauglichkeit (Usability), die Struktur und Organisation von Inhalten (Informationsarchitektur) sowie das mediengerechte Aufbereiten von Inhalten (Text, Bilder, Infografik, Audio und Video). Die Information ist die Dimension des Du im Sinne einer umfassenden Zielgruppenorientierung.

Und das Wir Die Interaktion als dritte Dimension schliesslich baut auf der Identität und der Information auf. Nun kann ein Dialog mit den verschiedenen Anspruchsgruppen entstehen. Er findet hauptsächlich auf Social Media statt. Einerseits bieten sie den Unternehmen die Möglichkeit, neue Informationen über Veränderungen in den relevanten Märkten und über kundenspezifische Bedürfnisse zu gewinnen. Andererseits können mit ihnen die Kunden und weitere Anspruchsgruppen in einen direkten Kontakt mit dem Unternehmen treten und ihre Anliegen platzieren. Wichtige Aspekte der Interaktion sind die rechtlichen Grundlagen (Social-Media-Policy), unternehmensspezifische Verhaltensregeln (SocialMedia-Guidelines) und allgemeine Verhaltensregeln (Kommunikative Kompetenz). Die Interaktion ist die Dimension des Wir, bei der beide Seiten von einem Dialog profitieren sollen.

Die drei Dimensionen der Onlinekommunikation 10

Attraktivere Arbeitgeber, wettbewerbsfähigere Unternehmen Das Prinzip der Markengeführten Kommunikation und die Systematik der drei Dimensionen gelten im Übrigen weit über die Onlinekommunikation hinaus. Nur Unternehmen, die ihre Corporate Communications entsprechend aufbauen und ausrichten, sind in der Lage, den erhöhten Anforderungen in der digitalen Öffentlichkeit zu genügen. Es macht sie zu attraktiveren Arbeitgebern, weil sie einen – gerade von Digital Natives gewöhnten – offenen Kommunikationsstil pflegen, und sie haben im Wettbewerb die Nase vorn, weil sie näher am Markt und ihren Kunden sind.

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Grundlagen

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Kapitelüberblick: Medien und digitale Kommunikation

Im folgenden Kapitel befassen wir uns mit den Medien im Zeitalter der digitalen Kommunikation. Wir stellen fest, dass uns die Worte und Begriffe fehlen, um die Medien zu bezeichnen und zu begreifen. Deshalb entwickeln wir eine Basisdefinition und betten diese in eine universelle Systematik ein. Demnach wird ein Medium nicht allein durch ein einziges Kriterium bestimmt, sondern durch die Summe technischer, formaler und funktionaler Aspekte. Die vorgestellte Definition und Systematik der Medien bilden die Grundlage von Corporate Communications Online. Wir werden uns fortan in diesem Denkgebäude bewegen und dessen Bezeichnungen verwenden.

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Die digitale Verwirrung

Uns fehlen die Worte Eine Zeitung nehmen wir am Morgen aus dem Briefkasten, schlagen sie auf, riechen das Papier und blättern raschelnd durch die Seiten. Ihre Inhalte sind bereits mehrere Stunden alt und verlieren im Lauf des Tages immer mehr an Aktualität. Eine Onlinezeitung hingegen rufen wir am Bildschirm auf und navigieren nahezu lautlos durch ihre Inhalte. Die News sind höchstens einige Stunden alt und werden laufend aktualisiert und ergänzt. Ob online oder offline: Wir benutzen für beide Medien den gleichen Begriff – nämlich Zeitung. Obwohl die Unterschiede zwischen ihnen zahlreicher sind als die Gemeinsamkeiten. Tatsächlich fehlen uns auf den ersten Blick die Worte, um die neuen Medien zu bezeichnen. Um uns dennoch ausdrücken zu können, übernehmen wir althergebrachte Bezeichnungen und ergänzen diese mit einem meist englischen Zusatz. Die Onlinezeitung oder das Weblog, kurz Blog, das aus dem Logbuch entstanden ist. Wir sprechen von Web, Site und Page, und das Englisch verbirgt dabei nur halbwegs, dass wir die altbekannten Begriffe Netz, Ort und Seite im Kontext des Internets mit neuen Bedeutungen aufladen.

Hören wir nun Internet? Doch dahinter steckt mehr als ein begrenzter Wortschatz oder eine unzulängliche Terminologie. Tatsächlich haben mit der Digitalisierung viele Begriffe ihren erklärenden Wert verloren. Früher roch und raschelte eine Zeitung. Sie wurde auf physische Weise hergestellt, verteilt und konsumiert: Dies sind alles charakteristische Eigenschaften, die auf die Onlinezeitung nicht mehr zutreffen. Eine Onlinezeitung wird weder gedruckt, noch wirft sie der Bote in den Briefkasten. Und sie kann den ganzen Tag über ihre Aktualität bewahren. Noch verwirrender ist die Situation mit der sogenannten Konvergenz geworden: dem Zusammenführen von Radio und Fernsehen im Internet. Hören wir nun Internet oder surfen wir durch das «Echo der Zeit»? Diese digitale Verwirrung beschränkt sich nicht allein auf Definitionen, deren begriffliche Schärfe verloren gegangen ist. Verwirrung herrscht auch auf der Ebene des Gesamtsystems. Solange wir nur von Onlinekanälen, Printprodukten, digitalen Plattformen und Social Media sprechen, erscheint alles noch einigermassen verständlich. Doch sobald wir die einzelnen Begriffe zueinander in Verbindung setzen, beginnt die Verwirrung. Was genau ist beispielsweise eine Website, eine Plattform, ein Onlinekanal oder ganz banal: ein Medium? Sind Websites oder Blogs Medien? Gehören Fotogalerien und Videosammlungen im Internet auch zu den Medien? Oder sind dies eher Plattformen? Oder Kanäle? Und was ist ein Podcast? Ein eigenes Medium oder nur ein Format? Bei unseren Diskussionen über Onlinekommunikation fragten wir uns oft: «Wovon sprechen wir genau?» «Verwenden wir die richtigen Begriffe?» Und darüber hinaus: «Wie sieht das Kommunikationssystem im digitalen Zeitalter eigentlich genau aus?» Deshalb haben wir als Grundlage für unsere weiteren Überlegungen eine Systematik für Medien im Zeitalter der digitalen Kommunikation entwickelt.

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Eine Klärung: Definition und Systematik

Medien vermitteln Inhalte zwischen Menschen Zentral in unserer Systematik ist die Definition des Mediums, wobei wir die Einzahl bewusst verwenden und von der ursprünglichen, lateinischen Bedeutung des Wortes ausgehen: Ein «medium» ist ein «Mittel». Wikipedia hält fest, dass ein Medium nach neuerem Verständnis «ein Vermittelndes im ganz allgemeinen Sinn» ist. Davon abgeleitet gelangen wir – im Sinne des kleinsten gemeinsamen Nenners – zu folgender, allgemeingültiger Definition: Ein Medium • vermittelt Inhalte zwischen Menschen und • funktioniert eigenständig So verstanden zählen wir Briefe, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Plakate, Kino, Radio, Fernsehen, Mailings, Websites, E-Mail, Newsletter, Blogs und Social Media zu den Medien. Sie alle sind Träger von Inhalten (Text, Bild, Audio und Video) und treten als eigenständige Kommunikationsmittel auf. Hingegen sind beispielsweise Filme oder Videos alleine keine Medien. Sie bedürfen des Kinos, des Fernsehens, einer Website oder einer Social-Media-Plattform, um überhaupt vermittelt werden zu können. Um ein Medium nun genauer zu charakterisieren und von einem anderen Medium zu unterscheiden, braucht es ein weitergehendes Instrumentarium. Deshalb haben wir unsere Basisdefinition in eine Mediensystematik eingebettet, die aus einem technischen, formalen und funktionalen Aspekt besteht. Erst die Summe dieser Aspekte gibt jedem Medium seinen spezifischen und unverwechselbaren Charakter. Wir sind uns bewusst, dass es bereits zahlreiche Definitionen und Typologien von Medien gibt. Allerdings sind diese zu einseitig. Für das Zeitalter der digitalen Kommunikation ist eine Systematik nötig, die Medien im Sinne eines Dispositivs1 als Zusammenspiel mehrerer charakteristischer Eigenschaften versteht.

Der technologische Aspekt: Sphären und Systeme Der technologische Aspekt unserer Mediensystematik umfasst drei Sphären und drei entsprechende Produktions- und Distributionssysteme. Jedes Medium lässt sich einer analogen, hybriden und digitalen Sphäre zuordnen. Entscheidend dafür ist die Art und Weise des Medienkonsums: Bei analogen Medien wie Briefen, Büchern, Zeitungen usw. sind ein bestimmter Inhalt und ein bestimmter Träger als bedrucktes Papier fest miteinander verbunden. Aus heutiger Sicht könnte man das Papier alleine als Zugangsgerät bezeichnen. Die Leser bestimmen frei über den Zeitpunkt und den Ort des Medienkonsums.

1. Andreas Böhn und Andreas Seidler, Mediengeschichte, Tübigen 2008

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Bei hybriden Medien wie Radio und Fernsehen kann ein bestimmter Inhalt, nämlich das festgesetzte Programm, auf einem beliebigen Endgerät zu einem festen Sendezeitpunkt an einem bestimmen Ort konsumiert werden. Bei digitalen Medien wie Websites, Newsletter, Blogs, Social Media usw. sind die Inhalte vom Träger getrennt. Digitalisierte Inhalte lassen ganz einfach kopieren, verteilen und bearbeiten. Die Nutzer können die Zugangsgeräte (PC, Tablet, Mobiltelefon) ebenso beliebig wählen wie die Inhalte – und dies erst noch jederzeit und überall. So gesehen ist die Nutzung digitaler Medien universeller als diejenige analoger und hybrider Medien. Digitale Medien verschaffen den Benutzern ein Maximum an individueller Gestaltungsfreiheit der Mediennutzung. Parallel zu den Sphären gliedert sich der technologische Aspekt in drei technologische Systeme: 1. Das Printsystem: von der Herstellung des Papiers über den Druck bis hin zur Auslieferung 2. Das Fernseh- und Radiosystem mit seinen spezifischen Aufnahme- und Sendemöglichkeiten 3. Das Internet mit seinen vielen Produzenten und unzähligen Konsumenten und seinem weltweiten Netzwerk

Der formale Aspekt: Wie riecht dieses Medium? Zum formalen Aspekt gehören Stilelemente, die Gestaltung und die Formate. Logos, Titel, Farben, Schriften sind Stilelemente, die ein Medium prägen. Sie sind Teil der Gestaltung, die jedem Medium eine spezifische Anmutung gibt. Wir sind auf diese gestalterischen Hinweise angewiesen, um ein Medium schnell und unverwechselbar charakterisieren zu können. So erfüllt das «Gefällt mir», der nach oben zeigende Daumen auf Facebook, eine ähnliche Funktion wie das «Favorisieren», der Stern, auf Twitter. Nutzer können anderen Nutzern damit sagen, welche Mitteilungen ihnen gefallen. Zugleich zeigen die beiden Icons unverkennbar: Hier handelt es sich um Social Media. Stilelemente und Gestaltung wandeln sich und passen sich neuen Gegebenheiten an, etwa an Innovationen im technologischen System Internet. Die heutige Gestaltung von Websites mit langen Seiten und möglichst wenig Klicks ist eine direkte Folge der zunehmenden mobilen Nutzung des Internets mit kleinen Touchscreens, die sich aber rasch scrollen lassen. Jedes Medium besteht letztlich aus einer Reihe von Formaten: Wir unterscheiden zwischen Text, Bild, Grafik, Audio und Video, die wegen mangelnder Eigenständigkeit – wie erwähnt – keine Medien sind. Doch auch sie tragen stark zum charakteristischen Stil eines Mediums bei. YouTube beispielsweise ist geprägt vom Format Video, Flickr vom Format Bild, eine Printzeitung hingegen von den Formaten Text und Bild.

Der funktionale Aspekt: Rund um den Nutzer Der funktionale Aspekt stellt den Nutzer, das heisst die Dialog- und Zielgruppen der Corporate Communications ins Zentrum: Es geht um ihre Bedürfnisse, um die aktive oder passive Art der Kommunikation und um das Verhältnis zwischen Sendern und Empfängern. Erst wenn wir wissen, was unsere Dialog- und Zielgruppen eigentlich wollen, können wir überhaupt kommunizieren. Wonach suchen sie, wenn sie eine Zeitung aufschlagen, ein Buch lesen oder eine Website aufrufen? Wir teilen ihre Bedürfnisse in die vier Kategorien Information, Unterhaltung, Vernetzen und Transaktion ein. Diese Kategorien bestimmen, welche Inhalte den Zielgruppen angeboten werden und sie charakterisieren zugleich das Medium. Die Website eines Unternehmens

Eine Klärung: Definition und Systematik 16

dient wie eine Zeitung primär der Information, während auf einer Spieleseite Unterhaltung gesucht wird. Beim Modus als weiteres Element des funktionalen Aspekts unterscheiden wir zwischen Aktiv und Passiv, das heisst zwischen Push- und Pullmedien: Kommen unsere Zielgruppen zu uns oder wollen wir zu ihnen hingehen? Eine Frage, die möglicherweise entscheidend ist für den Erfolg der Onlinekommunikation. Schliesslich beinhaltet der funktionale Aspekt als letztes Kriterium das Verhältnis der Sender zu den Empfängern bzw. umgekehrt. • 1:1-Kommunikation: Dialog zwischen einem Sender und einem Empfänger (persönliches Gespräch, Brief etc.) • 1:n-Kommunikation: Einwegkommunikation zwischen einem Sender und vielen Empfängern (Zeitung und Zeitschriften, klassische Website etc.) • n:n:-Kommunikation: Dialog zwischen vielen Sendern und vielen Empfängern (Event, Social Media, etc.) Entscheidend an dieser Kategorisierung ist der Übergang von der 1:n- zur n:n-Kommunikation. Hier verändert sich das Verhältnis, das heisst der Kommunikationsstil, zwischen den Kommunikationsteilnehmern grundsätzlich. Die 1:n-Kommunikation entspricht dem Diskurs. Er wird, mit dem Ziel geführt, Informationen und damit die Deutungshoheit über relevante Sachverhalte zu bewahren. Dazu verteilt der Sender Informationen so, dass sie möglichst unverfälscht beim Empfänger ankommen – was der klassischen Funktion der integrierten Kommunikation in der Unternehmenskommunikation entspricht. N:n-Kommunikation hingegen ermöglicht den Dialog. Er hat das Ziel, neue Informationen zu erhalten. Damit entsteht die Chance, sich an die veränderte Umwelt anzupassen und sich weiterzuentwickeln. Erfolgreiche Unternehmen suchen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Diskurs und Dialog. Führt ein Unternehmen nur Diskurse, läuft es Gefahr, wichtige Entwicklungen zu verpassen. Führt es nur Dialoge, verliert es möglicherweise, die eigenen Ziele aus dem Blickfeld. Im Gleichgewicht zwischen beiden Kommunikationsarten beziehen Unternehmen zugleich klare Standpunkte und öffnen sich gegenüber neuen Herausforderungen.

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Onlinestrategie

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Kapitelüberblick: Onlinestrategie

Neben dem Ansatz der Markengeführten Kommunikation bildet eine klar definierte Strategie die weitere Voraussetzung für eine zeitgemässe und gelungene Onlinekommunikation. Dieses Kapitel zeigt, wie sich aus dem Markenkern eines Unternehmens strategische Ziele ableiten lassen. Es zeigt weiter, wie strategische Stossrichtungen mit Blick auf die drei Dimensionen der Onlinekommunikation definiert werden. Die Stossrichtungen wiederum konkretisieren sich in einem Medienmix und einem gut orchestrierten Zusammenspiel der Medien, so dass die Chancen auf eine wirkungsvolle Kommunikation in der digitalen Öffentlichkeit erhöht werden.

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9

Der Aufbau

Einordnung und Funktion

Abbildung 3: Die Strategiepyramide

Die Onlinestrategie ist eine funktionale Teilstrategie innerhalb eines Unternehmens. Sie leitet sich aus der übergeordneten Marken- und Kommunikationsstrategie ab und definiert strategische Ziele und Stossrichtungen mit einem Zeithorizont von zwei bis drei Jahren. Als Planungsgrundlage und Entscheidungshilfe setzt sie Leitplanken für die Weiterentwicklung der Onlinekommunikation. Darüber hinaus motiviert eine einfach und klar formulierte Strategie die Mitarbeitenden, an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Indem die Onlinestrategie an den übergeordneten Strategien anknüpft, stellt sie auch in der digitalen Öffentlichkeit ein durchgehendes und konsistentes Identitäts-, Informations- und Interaktionsmanagement sicher. Kurz: Sie unterstützt die Marken- und Kommunikationsziele eines Unternehmens. Aus der Strategie leiten sich spezifische Konzepte für ab – sei es für einzelne Onlinemedien, sei es für einen bestimmten Markt oder für definierte Ziel- und Dialoggruppen. Sie legen die konkreten Massnahmen zur Umsetzung der definierten Stossrichtungen fest. Das Erstellen einer umfassenden Onlinestrategie macht Sinn für alle Grossunternehmen. In Kleineren und Mittleren Unternehmen (KMU) tritt an ihrer Stelle oft ein Konzept, welches Ziele und Umsetzung der Onlinekommunikation dokumentiert.

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Der Aufbau 20

Inhalt der Strategie

Abbildung 4: Onlinestrategie

Die

sechs

Leitfragen

einer

Der Inhalt einer Onlinestrategie orientiert sich an sechs Leitfragen. Die Antworten auf die ersten drei Fragen (Wo? Wer? Was?) führen zu den strategischen Zielen. Das Wo verweist auf die Märkte, auf denen ein Unternehmen tätig ist. In der Regel sind dies Absatz-, Meinungs-, Arbeits- und Beschaffungsmärkte im In- und Ausland. Das Wer identifiziert die relevanten Ziel- und Dialoggruppen in diesen Märkten. Im Meinungsmarkt sind dies beispielsweise Medienschaffende, Investoren, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie die interessierte Öffentlichkeit. Und das Was bestimmt die Botschaften, mit denen Wissen, Einstellung und Verhalten bei den Ziel- und Dialoggruppen verändert werden sollen. Anhaltspunkte für das Wo, Wer und Was finden sich meist in der übergeordneten Kommunikationsstrategie. Mögliche strategische Ziele für die Onlinekommunikation sind: • Aufbau einer glaubwürdigen und vertrauenswürdigen Identität in der digitalen Öffentlichkeit • Aktuelle und umfassende Informationen über das Unternehmen, seine Angebote sowie sein Engagement für Mitarbeitende, Gesellschaft und Umwelt • Erweiterte Beziehungen zu potenziellen, aktuellen und verlorenen Kunden, Beeinflusser und Mitarbeitenden durch proaktive Interaktionen Die folgenden drei Fragen (Wie? Womit? Wann?) definieren die strategischen Stossrichtungen, das heisst die groben Züge der Umsetzung. Das Wie bestimmt die Massnahmen, mit denen die strategischen Ziele erreicht werden sollen. Da hierbei medienrelevante Aspekte zum Tragen kommen, werden wir diese im Abschnitt Strategische Stossrichtungen vertieft betrachten. Das Womit beziffert die notwendigen Ressourcen und definiert die optimale Organisation. Letztere klärt insbesondere die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten für eine erfolgreiche Onlinekommunikation – auch im Tagesgeschäft. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu klären, ob die verschiedenen Onlinemedien zentral oder dezentral und allenfalls mit externer Unterstützung bewirtschaftet werden.

21 Corporate Communications Online

Das Wann schliesslich setzt die Meilensteine für die Umsetzung der strategischen Stossrichtungen.

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Die Analyse

Markenarchitektur als Ausgangspunkt Die Präsenz eines Unternehmens in der digitalen Öffentlichkeit hängt ab von dessen Markenarchitektur und den Märkten, auf denen es – lokal, national oder weltweit – tätig ist. Marken und Märkte bestimmen die Anzahl der Domains und Vanity URLs, mit denen die eigenen Websites bzw. Seiten auf Social Media aufgerufen werden.

Abbildung 5: Die Markenarchitektur – Einzelmarken, Dachmarken und Markenfamilien

Von Einzelmarken ist dann die Rede, wenn für jedes Angebot eine eigene Marke geschaffen wird. Die Angebote haben so eine eigenständige Identität und Positionierung am Absatzmarkt. Die Konsumenten nehmen die Zusammengehörigkeit der Marken zu einem gemeinsamen Unternehmen kaum wahr. Ein typisches Beispiel hierfür ist Nestlé. Der Lebensmittelkonzern ist weltweit mit verschiedenen Einzelmarken auf unterschiedlichen Märkten präsent. Bei der Einzelmarkenstrategie werden für jede Marke und für jeden Markt separat eine Website und entsprechende Präsenzen auf Social Media gepflegt. Davon unabhängig können Meinungs-, Arbeits- und Beschaffungsmarkt mit einer Corporate Website und einem zusätzlichen Engagement auf Social Media bearbeitet werden. Die Dachmarke fasst alle Angebote unter einer Marke zusammen. Per Anfang 2011 beispielsweise wurden das Schweizer Radio (DRS) und das Schweizer Fernsehen (SF) unter der Dachmarke Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) zusammengefasst. Alle Fernseh- und Radioprogramme sowie multimedialen Angebote im Internet werden seither mit der gleichen Identität am Markt positioniert. Bei der Dachmarkenstrategie identifizieren die Konsumenten also das gesamte Angebot mit einer Marke. Deshalb werden in der Regel Absatz-, Meinungs-, Arbeits- und Beschaffungsmarkt mit einer Website und einer überschaubaren Anzahl von Engagements auf Social Media bearbeitet. Stimmen der Name der Dachmarke und der Namen des Unternehmens nicht überein, kann zusätzlich eine Corporate Website zum Einsatz kommen. Markenfamilien sind eine Mischform von Einzelmarken und Dachmarke. Einerseits werden ähnliche Angebote unter einheitlichen Marken gruppiert und erhalten so ein eigenständiges Profil am Absatzmarkt. Andererseits spannt sich die Dachmarke über die gesamte Markenfamilie und strahlt auf die Einzelmarken ab. Die Konsumenten nehmen die Einzelmarken immer im Kontext der Dachmarke wahr. Die Migros-Gruppe beispielsweise bildet eine Markenfamilie. Sie verfügt über eine bekannte Dachmarke und ist mit verschiedenen Einzelmarken im Detailhandel, Tourismus, Sport sowie in Gastronomie, Kultur und Bildung tätig. Bei der Markenfamilienstrategie spielt die Corporate Website und das eng mit ihr verknüpfte Engagement auf Social Media eine besonders wichtige Rolle, da

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23 Corporate Communications Online

die Einzelmarken vom Image der Dachmarke profitieren sollen. Auch wenn für die Einzelmarken eigenständige Auftritte aufgebaut werden, sind diese in der Regel eng mit der Corporate Website verknüpft. Die meisten Unternehmen verfolgen eine Dachmarkenstrategie. KMUs beispielsweise realisieren meistens eine integrierte Website für den Absatz-, den Meinungs-, den Arbeits- und den Beschaffungsmarkt und eine überschaubare Anzahl von Engagements auf Social Media. Im Folgenden legen wir deshalb unseren Fokus auf die Umsetzung einer Dachmarkenstrategie in der digitalen Öffentlichkeit.

SWOT-Analyse zur Standortbestimmung

Abbildung 6: SWOT-Analyse Onlinekommunikation

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Ist ein Unternehmen bereits in der digitalen Öffentlichkeit aktiv, dann wird in der Regel zuerst eine Analyse dieser Aktivitäten durchgeführt. Eine solche Standortbestimmung zeigt die aktuellen Stärken und Schwächen sowie künftige Chancen und Risiken auf. Dazu eignet sich die klassische SWOT-Analyse. Sie orientiert sich sinnvollerweise an den drei Dimensionen der Onlinekommunikation und identifiziert die mehr und weniger beinflussbaren Grössen der Identität, Information und Interaktion. Die Resultate der Analyse werden in einem Zwischenfazit dokumentiert. Vor dem Hintergrund der definierten Ziele und mit Blick auf die vorgenommene Standortbestimmung lassen sich im nächsten Schritt strategische Stossrichtungen herleiten.

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Die Stossrichtungen

Medienspezifische Aspekte Die strategischen Stossrichtungen nehmen wiederum Bezug auf unsere Systematik der drei Dimensionen der Onlinekommunikation. Dabei leiten sich inhaltliche Aspekte der Identität, Information und Interaktion aus den Stilelementen, der Vision und den Werten im Markenkern bzw. aus den daraus abgeleiteten Kommunikations- und Markenstrategien ab. Die formalen bzw. medienspezifischen Aspekte der Identität, Information und Interaktion umfassen folgende Punkte: • Aufrufbarkeit (Domain Management) • Sichtbarkeit (Design) • Auffindbarkeit (Suchmaschinenoptimierung) • Zugänglichkeit (Accessibility) • Medienmix (Website, Newsletter und Social Media) • Modus (Push oder Pull) • Angebot (Content- und Community Management) • Steuerung und Führung (Reporting und Governance) All diese Punkte müssen bei der Formulierung der strategischen Stossrichtungen berücksichtigt werden. Die kommunikative Wirkung in der digitalen Öffentlichkeit hängt insbesondere von einem effizienten und effektiven Medienmix sowie von einem gut orchestrierten Zusammenspiel der eingesetzten Medien ab.

Medienmix Bei der Auswahl der Medien spielen einerseits die relevanten Märkte sowie die in ihnen identifizierten Ziel- und Dialoggruppe eine Rolle. Andererseits kommen die spezifischen Eigenschaften einzelner Medien zum Tragen.

Abbildung 7: Medienmix für die digitale Öffentlichkeit

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Zu den wichtigsten Onlinemedien gehören Website, Newsletter und Social Media. Die Website bildet die eigentliche Kommunikationszentrale in der digitalen Öffentlichkeit. Sie befriedigt sämtliche Informations-, Transaktions- und Interaktionsbedürfnisse aller Ziel- und Dialoggruppen. Als typisches Push-Medium spielt auch der Newsletter eine wichtige Rolle. Er beliefert die Abonnenten in regelmässigen Abständen mit aktuellen und relevanten Informationen. Damit dient er der regelmässigen Beziehungspflege mit den definierten Zielgruppen. Mit dem Einsatz von Social Media schafft ein Unternehmen mehr Nähe zu seinen Dialoggruppen. Im konstruktiven Dialog stärkt es die Glaubwürdigkeit in die Kommunikation und vergrössert das Vertrauen in das Handeln des Unternehmens. Idealerweise wird rasch auf Rückmeldungen reagiert und allenfalls Verbesserungen an internen Prozessen sowie am Angebotssortiment oder an einzelnen Angeboten vorgenommen.

Zusammenspiel der Medien Im Zentrum einer gelungenen Onlinekommunikation steht immer eine aktuelle, an den Bedürfnissen der Nutzer orientierte Website. Um sie herum werden Newsletter und Social Media geplant und gemäss den definierten Meilensteinen schrittweise aufgebaut und eingeführt. Idealerweise werden diese eigenständigen Medien bzw. deren Inhalte als Kanäle sauber in die Website eingebettet.

Abbildung 8: Das Zusammenspiel der verschiedenen Medien in der digitalen Öffentlichkeit

Im Alltag ist ein gut orchestriertes Zusammenspiel der eingesetzten Medien wichtig, um die kommunikative Wirkung in der digitalen Öffentlichkeit zu maximieren. Dazu müssen klare Vorgaben darüber aufgestellt werden, welche Ziel- und Dialoggruppen in was für einer Tonalität über welche Medien informiert bzw. zu einem konstruktiven Dialog inspiriert werden. Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext die crossmediale Abstimmung mit den Printprodukten eines Unternehmens.

Marcel Suter

Partner und Geschäftsführer der Klarkom AG Marcel Suter beschäftigte sich 1999 erstmals beruflich mit dem Internet. Er brachte für die Firma New Impact die lokale Austauschplattform www.berntreff.ch online. Er leitete die Abteilung Communications und Media Design und entwickelte insbesondere Regeln und Anleitungen für das Schreiben im Internet. Ab 2008 bis 2012 war er Dozent für Onlinekommunikation am Schweizerischen Public Relations Institut. Marcel Suter unterrichtet Kommunikation an der Eidgenössischen Hochschule für Sport in Magglingen. Er studierte in Bern und Berlin und schloss sein Studium der Geschichte und der deutschen Sprachwissenschaft mit dem Lizentiat ab. Marcel Suter war freier Journalist und Redaktor von Schweizer Printmedien. 2004 erlangte er den Titel des eidg. dipl. PRBeraters. Marcel Suter ist Partner und Geschäftsführer der Klarkom AG, einer Agentur für Corporate Communications. Sie unterstützt ihre Kunden in allen Disziplinen der Kommunikation – unter anderem in der Onlinekommunikation.

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Christian Michael Schenkel

Inhaber und Geschäftsführer der commonsense GmbH Christian Michael Schenkel hat während mehr als zehn Jahren in verschiedenen Funktionen das Intranet und den Internetauftritt der Schweizerischen Post betreut, zuletzt als Leiter Onlineredaktion Post. Er doziert an verschiedenen Schulen und Fachhochschulen zum Thema Onlinekommunikation. Spezialisiert hat er sich auf die kommunikativen Einflüsse, die das Internet auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hat. Christian Michael Schenkel hat an der Universität Bern Philosophie, Politik- und Medienwissenschaften studiert. 2010 hat er am Philosophischen Institut in Bern zum Thema «Moralische Verpflichtung in der Politik» promoviert. Christian Michael Schenkel ist seit 2011 Inhaber und Geschäftsführer der commonsense GmbH. Sie berät und unterstützt Unternehmen und Organisationen bei der Arbeit an der digitalen Öffentlichkeit.

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