Brudermord der Bestie

Alle Rechte vorbehalten. 1. Auflage ... Alle Personen und Namen innerhalb dieses eBooks sind frei erfunden. Ähn- .... Diesen „Alles-Wird-Gut-Menschen“ konnte.
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Wolfgang Wiesner

Brudermord der Bestie Roman

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© 2015 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2015 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: fotolia, Hand rising out from the grave, Nr 6911385 Printed in Germany

AAVAA Verlag Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-1691-0 ISBN 978-3-8459-1692-7 ISBN 978-3-8459-1693-4 ISBN 978-3-8459-1694-1 Mini-Buch ohne ISBN

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„Die Literatur gibt der Seele Nahrung, sie bessert und tröstet sie.“ -François-Marie Voltaire-

Kapitel I

Im Radio lief eine Schnulze über Liebe, Glück, Freundschaft und ewige Treue. Genau das, was ein 08/15-Schlagersender über den Tag halt so in den Äther ausstrahlt, wenn nicht „Dudeln“ der bessere Ausdruck wäre. Die Bewertung dieser Umstände ist natürlich reine Ansichtssache, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Viele Menschen gehen in Marsch-, Schlager-, Rock- oder anderer Musik auf. Das tolerierte er selbstverständlich. Er war doch tolerant. 4

Hat er nicht immer für andere Verständnis gezeigt? Und früher ist er ständig Schwächeren zu Hilfe geeilt. Diesbezüglich wurden sogar immer wieder regelrechte Lobeshymnen auf ihn gesungen. Aber jetzt, nach all den Geschehnissen war er komplett verwirrt. Vielleicht ist er sogar in vielen Dingen völlig anders als andere. Geht das etwa so weit, dass außenstehende Menschen in vielerlei Situationen sein Denken und Handeln nicht ansatzweise würden nachvollziehen können? Wenn sie wüssten, wie es um ihn wirklich steht, würden sie ihn verachten und verspotten, vielleicht gäbe es auch den einen oder anderen, der Mitleid empfinden würde. Aber was würde das ändern: Es fiel ihm John Steinbecks Roman „Wonniger Donnerstag“ ein, hier wurde ausgeführt: „Mitleid und Verachtung waren Geschwister.“ 5

Steinbeck hatte bestimmt recht, damals aber hatte er sich über diese Dinge den Kopf nicht zerbrochen. Derartiges war ihm ganz egal. Damals, ja damals war ihm vieles unbekannt, sogar sich selbst hatte er in den jüngst vergangenen Monaten erst richtig kennengelernt. Kaum zu glauben, dass ein angeblich normaler Mensch offensichtlich lange Jahre sich selbst nicht einschätzen konnte. Aber so war es. Ja, er kannte sich früher nicht. Nicht nur das, er erschrak vor sich selbst. Niemals hätte er in seinen schlimmsten Alpträumen daran gedacht, dass er über eine so abstoßende Persönlichkeitsstruktur verfügt. Menschen mit entsprechenden – seinen - Charakterzügen hatte er zuvor immer kategorisch abgelehnt. Dies war natürlich auch einfach, kam er mit gewalttätigen oder auch nur übermäßig egoistisch handelnden Menschen außerhalb der Familie nicht oder nur äußerst selten in Kontakt. 6

Zuvor hatte der Vater ständig mit derartigen Subjekten zu tun, aber er wurde als Kind und Jugendlicher – sogar als Erwachsener - von entsprechenden Menschen ferngehalten. Der kleine und maßlos überforderte Lautsprecher des Radios quäkte weiter. Er hörte noch ein wenig zu und musste lächeln. Eines wusste er zu genau: Schnulzen? Nein, diese Lieder sind und waren nichts für ihn. Dabei ging es weniger um die Musik, die ist doch in der Regel austauschbar. Es waren vielmehr die Liedtexte, die er nicht ausstehen konnte. Egal, ob es deutsche oder englische Texte waren, er hatte alles genau verifiziert. Die heile Welt, die da jeweils besungen wurde, konnte er nicht ansatzweise nachvollziehen. Er war anders, wenn auch seine Umwelt ihn niemals zuvor so wahrgenommen hatte, er galt als der „liebe und nette Junge von nebenan“. 7

Aber das war er nicht. Viel zu spät sollte er seinen wahren Charakter wahrnehmen, und das – kaum zu glauben - eher zufällig. Er hörte den Schnulzentexten weiter zu, inzwischen wurde dümmliche Werbung gesendet, seine Langeweile steigerte sich. Er hasste diese stumpfsinnigen „Verbraucherinformationen“ regelrecht. Wenn er etwas Entsprechendes sah oder hörte, musste er stets an die Werbung für ein WC-Reinigungsmittel denken. Die Firma warb doch tatsächlich im Fernsehen mittels eines sprechenden Klodeckels. Stupider ging es nicht. Wie können sich Menschen nur durch so etwas in ihrem Kaufverhalten beeinflussen lassen? Dieser Mann konnte solche Umstände nicht nachvollziehen, ebenso wenig wie die Schnulzentexte, denen er meinte, zuhören zu müssen. Diese Gefühlsduselei hatte er so satt. 8

Wie kann sich jemand diesem Unsinn hingeben? Wie kann man nur einen solchen – in seinen Augen - groben Unfug produzieren? Erst viel später hat er gelernt, dass Menschen offensichtlich alles, ja alles tun, um einen finanziellen Vorteil zu erzielen, egal, welcher Herkunft sie entsprangen. Schon in jugendlichen Jahren hatte er schon im Elternhaus einiges über die Charaktere derartiger Menschen mitbekommen, später dann hatte er sich oftmals angewidert über diese Zeitgenossen geäußert. Alles in allem hatte er in dieser Hinsicht relativ wenig in seinem alten „normalen“ Leben erlebt. In Ordnung, die heile Welt in den Schlagern war eh nur reine Fiktion. Er saß auf der Veranda des Ferienhauses seiner Familie, trank genüsslich einen Cocktail, deren Zutaten er sich aus irgendwelchen Resten der Vorräte aus dem Barfach des Esszimmerschrankes zu9

sammengesucht hatte und blinzelte in die untergehende Sonne. Gute Güte, was hatte er in den letzen Monaten alles erlebt. Es grenzte an ein Wunder, dass er – zumindest körperlich - unverletzt aus den ganzen Entwicklungen herausgekommen ist. Und dann die Sache mit seiner Freundin? Nunmehr hatte dieser sportliche, relativ junge Mann nur eine einzige Empfindung für dieses angeblich menschliche Geschöpf: Hass, nein nicht nur das, der Hass war schlicht und ergreifend abgrundtief. Es gibt gar kein Wort für das, was er fühlte. Wie oft schon hatte er sich in den kleinsten Kleinigkeiten ausgemalt, was er mit ihr anstellen würde, wenn er sie endlich in die Finger bekommen würde, um im nächsten Augenblick wieder völlig gelangweilt von ihr zu sein. Zugegeben, diese Gedanken entsprangen erst in jüngerer Vergangenheit seinem kranken Hirn. Das dann aber nicht ohne Grund. 10

Die Kränkung durch sie war ja wohl schlicht und ergreifend kaum zu überbieten, aber: wer ist sie schon. Er weigerte sich einfach, seinen Kopf mit entsprechenden Gedanken zu überfrachten, jetzt heißt es, ausspannen, Regeneration ist angesagt. Die Sonne blendete ihn, was er ein Stück weit genoss. Soll die restliche Welt doch machen, was sie will. Er jedenfalls liebte gerade diesen Augenblick. Einen Augenblick, der nur ihm ganz allein gehörte. Kein Wunder, dass man in dieser Situation nachdenklich wurde, zumal er allein war und keinen Besuch erwartete. Erst recht keinen Damenbesuch, was für ein Glück. Von den besseren Hälften dieser Welt hatte er zunächst einmal die Nase gestrichen voll (wer hat eigentlich diesen Ausspruch erfunden, warum eigentlich „bessere“ Hälfte? Warum „Göttergattin? Warum „das schöne Geschlecht“?). 11

Für eine kurze Zeit bissen sich seine Gedanken an diesen Fragen fest, bis er sich zwang, mit dem Sinnieren aufzuhören. Einfach nur die Ruhe genießen an der Mecklenburger Seenplatte, genauer gesagt in Plau am See. Er sah entspannt auf sein Cocktailglas und nahm einen tiefen Schluck dieses undefinierbaren rötlich schimmernden Getränks. Natürlich würde er viel lieber ein Bier trinken, aber dann bitte nicht eines aus dieser Brauerei, die mit der Erhaltung des Regenwaldes wirbt. Worauf liefe das hinaus? „Saufen für den Wald? Oder für den Frieden? Oder für sonst irgendetwas?“ Unsinn. Allein dieser Umstand war für ihn Grund genug, eine andere Kaufentscheidung zu treffen. Er hielt sich für einen Menschen, der gegen die Bedürfnisentwicklungen der Marketingmanager resistent war, wobei er intelligent genug war, um zu wissen, dass dies wohl letztendlich nicht so sein kann. 12

Ein schönes kühles Bier, ja das wäre in seiner jetzigen Situation genau die Art von Getränk, das er mit dem größten Genuss konsumieren würde. Aber er war einfach zu faul, um in das Auto zu steigen und zur nächsten Tankstelle zu fahren. Außerdem hatte er es sich auf dem Sofa, das im Sommer immer draußen auf der Terrasse stand, schon bequem gemacht und räkelte sich gemütlich in seinem Trainingsanzug mit den drei berühmten Streifen. Wenn schon Gammellook, dann bitte mit einem gewissen Niveau. Dazu passte, dass er kein Bier verfügbar hatte. „Also dann doch den Cocktail“, dachte er, prostete sich selbst zu und nahm einen weiteren tiefen Schluck. Nun ja, „Gefühlsduseleien“ in jeglicher Form stießen ihn regelrecht ab, wenn er auch hier und da ein Minimum an Verständnis aufbringen konnte.

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Dasselbe galt auch für - eigentlich alle - Religionen. Die Menschen, die hier ihr Glück und ihr Seelenheil suchen? Diesen „Alles-Wird-Gut-Menschen“ konnte er nichts abgewinnen, nein nicht nur das. Er konnte auch deren Gebaren nie ernsthaft nachvollziehen, nannte sie oft „Ignoranten.“ Wussten denn diese Leute nichts von der Brutalität der Kirche? Von machtgierigen Kirchenbossen, die ihre Karriere durch Intrigen und Verbrechen genauso rücksichtslos verfolgen wie die Manager in den großen Firmen? Von den jeweiligen Päpsten und deren Gefolgsleuten ganz zu schweigen. Natürlich ist es reiner Zufall, wenn gemäßigte Päpste – wenn sie denn überhaupt gewählt werden - in jungen Jahren ableben. Nun ja, wenn es schon die Bibel sein muss, dann sagte ihm nur das Alte Testament zu, und zwar weil er hier einmal zufällig den Satz gelesen hatte: „Gönne Deinen Feinden weder Brot noch Wasser“. 14

Natürlich wusste er die Stelle nicht mehr, wo genau dies geschrieben steht, was ihn ein wenig ärgerte. Schließlich konnte er bei entsprechenden Diskussionen, die er immer als völlig sinnlos ansah, und die er meist in angetrunkenem Zustand führte, nie substantiiert zitieren. Obligatorisch kam dann „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Es waren diese Aussprüche, an denen er Gefallen fand, wenn auch nur im Innern seines Herzens. Diese Sprache ist es, die garantiert auf der ganzen Welt verstanden wird! Schon damals freute er sich diebisch, entsprechende Zitate platzieren zu können. Als Kind und auch als Erwachsener machte er allerdings einen ruhigen, ja fast schon schüchternen Eindruck. Zu seinen Mitmenschen war er immer freundlich und zuvorkommend, genauso, wie die Mutter ihn erzogen hatte. Aber stets den Samariter spielen 15