Brauner Abgrund

den Schädel. Zögerlich machte er sich daran, zu prüfen, ob er die Türen und Fenster verrie- gelt hatte. Die Unruhe in ihm wuchs schier ins. Unermessliche.
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Frank Zumbrock

Brauner Abgrund Kriminalroman

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© 2015 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2015 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: fotolia, SS Generals Hall in Wewelsburg Castle Datei: #27759828 | Urheber: Fulcanelli Printed in Germany AAVAA print+design Taschenbuch: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-944223-72-8 ISBN 978-3-944223-73-5 ISBN 978-3-944223-74-2 Großdruck und Mini-Buch ohne ISBN

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Kapitel 1 Ali stellte den Karton in den Kofferraum des Mercedes Benz. Das eigene Geschäft. Er hatte es endlich geschafft und das Restaurant gekauft. Langsam drehte er sich um und er spürte den Stolz in der Brust fast körperlich. Er konnte in der Schaufensterscheibe die Umrisse seiner Gestalt deutlich betrachten. Das Dekor stellte immer die vier wechselnden Jahreszeiten da. Das Handy vibrierte in der Tasche. »Öcalan, wer ist da bitte? Ich kann sie nur undeutlich verstehen!« Nicht verwunderlich, denn am anderen Ende der Leitung achtete der Sprecher tunlichst darauf, die Stimme zu verstellen. »Hör mir jetzt genau zu Kanake! Das blöde Geschäft gehört hier kaum hin und es ist besser für euch, wenn du dein Gerümpel einpackst und verschwindest!«

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Ali schüttelte den Kopf und eine Gänsehaut kroch über seinen Rücken. »Mit wem spreche ich denn da? Ich verstehe überhaupt nur Bahnhof!« Plötzlich schwoll der bedrohliche Unterton der anderen Stimme an. »Hör zu Türke, du bekommst drei Tage Frist. Danach wollen wir euch in diesem deutschen Flecken nie mehr sehen. Kommst du meiner Aufforderung nicht nach, schicke ich dich in einem Sarg in die Türkei.« Das Gespräch endete abrupt. Ali merkte, wie ihm der feine Schweiß die Stirn benetzte. Er wusste kaum, ob er lachen oder weinen sollte. Hier stand seine Geburtswiege und er besaß einen deutschen Pass. Die Ungewissheit darüber, wer ihn da angerufen hatte, malträtierte den Schädel. Zögerlich machte er sich daran, zu prüfen, ob er die Türen und Fenster verriegelt hatte. Die Unruhe in ihm wuchs schier ins Unermessliche. Wer drohte ihm hier? Fieberhaft schaute er in die Gasse und stieg in sei5

nen Wagen. Er befuhr die Straße in Richtung Horstmar - Leer. Gleich einem Sturm rauschten die Gedanken durch das Hirn und er musste höllisch im Verkehr aufpassen. Es herrschte fantastisches Wetter für die Jahreszeit. Die Sonne strahlte und wenige Wolken jagten sich am Himmel. Ali schüttelte unentwegt den Kopf und er dachte erneut an den ominösen Anrufer. Woher hatte der Freak die Nummer? Sofort verwischte er den Gedanken. Was wollte dieser rechtsradikale Kerl von ihm? Zusammen mit seiner Frau Aische hatte er sich das schmucke Haus in Horstmar - Leer gekauft. Ein Sohn und eine Tochter erblickten das Licht der Welt. Ihr Stolz Murret. Er zählte jetzt schon als feste Größe im Teakwondo. Die kleine Schwester Fatima eiferte dem älteren Bruder nach. Ali lenkte den Mercedes in die Einfahrt der Garage. Als er ausstieg, traf ihn augenblicklich der Schlag. Viele obskure schwarze Gebilde 6

verschandelten den weißen Untergrund des Garagentores. Langsam trat er heran, um die Sauerei zu begutachten. Ihm lief unaufhörlich der Schweiß in den Nacken. Verdammte Hakenkreuze krochen wie fiese Spinnen über das Metall. Just erkannte er einen Schriftzug: »Geht zurück in euer Osmanisches Reich! Das ist unser Land!« Ali hatte die Nase gestrichen voll von diesem rechtsradikalen Schwachsinn. Er betrat den kühlen Flur des Hauses und spürte die bedrohliche Stille als schmerzlich. Er drehte sich zögerlich um die eigene Achse. Wo kam der infernalische Gestank her? »Aische?!« Er bekam keine Antwort und trottete langsam weiter. Zugezogene Vorhänge in allen Zimmern. Unbehagen wuchs in ihm heran. Er konnte nicht begreifen, dass sie neuerdings tagsüber die Gardinen zuzog. Etwas musste faul sein. »Hallo?« Wo steckten die Kinder? 7

Er betrat das Wohnzimmer und dort entdeckte er sie. Kauernd und weinend in einer Ecke. »Aische, was ist mit dir?« Sie hatte ihre Arme um die Knie geschlungen und wippte langsam vor und zurück. »Vor unserem Fenster standen diese schwarz gekleideten Typen und sie schimpften und brüllten mich an.« Ali konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. »Wo stecken denn die Kinder?« Aische blinzelte ihren Mann verstört an und stammelte. »Sie besuchen heute die Großeltern in Steinfurt, sollen wir die Polizei anrufen?« Wohlmöglich hatte sie recht. Ali schritt nachdenklich durch alle Räume und inspizierte sie. Er kletterte auch in den Keller hinab. Aische folgte ihm und schluchzte jämmerlich vor sich hin. »Ich weiß kaum, ob die Schmiere uns überhaupt helfen kann, die Typen werden uns trotzdem nicht in Ruhe lassen. Das Schlimme ist, das keiner begreift, was die durchgeknall8

ten Spinner wollen.« Über die Entdeckung auf dem Tor an der Garage hatte er erst einmal geschwiegen. Er nahm seine Aische in den Arm und tröstete sie. Verdammt was sollte er machen? Zuerst wollte Ali diese Sauerei am Tor verschwinden lassen und anschließend müssten sie die Nachbarn befragen, ob sie etwas beobachteten. Vermutlich konnte jemand die Täter erkennen. Ausgerechnet im Schlafzimmer wartete die nächste Überraschung auf sie. Dort schleuderten die rechten Schweine einen Findling durch die Scheibe. Die Tagesdecke ist mit kleinen Scherben übersät und sie schimmerten wie winzige Diamanten in der untergehenden Sonne. Murret blieb wie angewurzelt stehen und betrachtete das Tor der Garage. Fatima suchte hinter ihrem Bruder Schutz. »Verdammt! Was ist denn hier passiert? Das hängt doch mit dieser Sekte zusammen.« »Was ist auf dem Tor Murret?« 9

Der Junge überlegte eine Weile, ob er seine kleine Schwester in diese teuflischen Zeichen einweihen sollte. Boshaft führten die bizarren, schwarzen Hakenkreuze ein Eigenleben auf dem Stahl. Mittlerweile fielen die Schatten auf das Haus der Familie Öcalan. »So sehen die Symbole des Teufels aus, Fatima.« Das Mädchen zuckte augenblicklich zusammen. Sie machten sich auf den Weg in die Wohnung. Unterdessen erreichten die drei Männer und die Frau den alten Bauernhof. Dieser glich schlicht einem Universum des Grauens. Auf der Tenne lauerte ein Gefährt des Dritten Reiches, welches durch Decken verhüllt, wartete. Weitere Gegenstände der Nazis bevölkerten die vielen dunklen Nischen und Ecken. So als erwarteten sie sehnsüchtig die Rückkehr ihres Führers. Die Spitze des Eisberges lauerte auf dem Dachboden, wo in früheren Zeiten Heu und Stroh lagerte. Dort stand sie, eine Armee 10

des Terrors und Schreckens. Sie nannten sie auch noch Reserve der Gruppe 39. Gut einhundert Schaufensterpuppen versammelten sich: - Gekleidet in Uniformen der Wehrmacht und der Waffen - SS. Der reinste Albtraum. Unten in der Wohnstube erwartete er die Rückkehrer. Horst Schlier, der Anführer stand vor dem Kamin. Der kahle Schädel glänzte im diffusen Licht der Neonröhre. Weitere zwölf Personen kauerten um den Tisch. »Und ist alles gut gegangen? Ich hoffe, ihr konntet dem Ali und der Sippe eins auswischen. Ich telefonierte mit diesem Kotzbrocken per Handy und stellte ihm das Ultimatum.« Die Heimkehrer nickten gleichzeitig und hockten sich ebenfalls an die Tafel. Jeder der Anwesenden starrte den Gauleiter von Steinfurt an. Sein dämonisches Grinsen mutierte zu einer Fratze. Das Tuscheln am Tisch brauste lautstark an und sie schrien. Wie ein Schwarm Wespen. Schlier verschaffte sich klopfend Gehör. 11

»Ali Öcalan soll innerhalb von drei Tagen das Geschäft schließen, ansonsten besorgen wir es dem Kümmel anständig. Ich kann ihm niemals vergessen, wie er mir damals in der Schule die Fresse polierte.« Er bekam für die Worte die erhoffte Zustimmung. Martin Siemens starrte schweigend vor sich hin und hatte die Hände wie zum Gebet gefaltet. Feiner Schweiß benetzte die hohe Stirn und seine Lider flackerten unruhig. »Horst denkst du allen Ernstes, wir sollen dieses Feuer entfachen?« Abrupt verstummte der Wespenschwarm. Bleierne Stille durchzog den Raum. Schlier schüttelte den Kopf und trat neben den Sprecher. Seine eiskalten Augen richteten sich auf Siemens Nacken. »Hört, welch ein Geist spricht da zu uns? Ich denke, du musst noch viel lernen, so wächst auch du mein Sohn in der Gruppe 39 zu wahrer Größe heran« Dem langen Schweigen folgte ein tobender Applaus. Schlier entging keinesfalls, dass es 12

weitere Mitglieder gab, die unentschlossen dem Geschehen beiwohnten. Er erkannte es an ihren Mienen. Das sollte ihm in den nächsten Wochen und Monaten alles abverlangen. Der Hof der verstorbenen Eltern ist wie geschaffen für die Gruppe 39. Drüben im Stall hausten damals polnische Gefangene im Zweiten Weltkrieg. Das erzählte sein Vater oft, wenn sie die Schweine im Pferch fütterten. Tagsüber und auch in der Nacht teilten sie Wachen ein. Die Bullen durften hier nicht reinschneien. Alle wussten, wie sie sich verhalten mussten. Die alten Sachen wegräumen und den Dachboden versiegeln. »Was ist mit euch? Wir müssen schon fest an unsere Ziele glauben!« ***** Das Gehöft der Gruppe 39 lag umgeben von Wald und Wiesen. Niemand ahnte auch nur, was sich innerhalb der Gemäuer abspielte. Die Sonne ging unter und der laue Wind spielte 13

sanft mit den Wipfeln der Bäume. Im Kaminzimmer hing eine Bildergalerie des Schreckens. Einem Rechtsradikalen ließ der Anblick das Herz höher schlagen. In der Mitte thronte Adolf Hitler. Wie zu Lebzeiten umgaben ihn die Paladine und Mitstreiter. Für genügend Schlafstellen hatte Horst Schlier gesorgt. Alte Betten der Bundeswehr konnte er im vergangenen Jahr bei einer Auktion ersteigern. Die Feldbetten erwiesen sich als Goldwert. Ali Öcalan drehte seine Runde durch die Nachbarschaft. Das Tor an der Garage hatte er mühsam abgeschrubbt. Die ausgeschlagenen Fensterscheiben provisorisch mit Pappendeckel abgedichtet. Den Glaser bereits bestellt. Ali hasste es, nicht zu wissen, wer der Gegner ist. Erst dieser bescheuerte Anruf und dann das Attentat auf ihr Haus. Schließlich bekamen auch die beiden Kinder Wind von der Sache, das ließ sich leider kaum verhindern. Murret wusste sofort, wo er die Übeltäter finden konnte. Er nannte einige Namen der 14

Mitschüler. Ali glaubte jedoch keinesfalls, dass Schüler hinter diesem Anschlag steckten. Trotzdem wuchs das Unbehagen ins Unermessliche. Ali zählte sich nicht zu den ängstlichen Typen, aber es gehörte verdammt noch einmal zu den Aufgaben, die Familie zu schützen. Er merkte sofort, dass seine Frau direkt bei ihm stand und ihn sanft an der Schulter berührte. »Schatz, musst du mich erschrecken? Kommst du mit zu den Nachbarn?« Aische nickte und sie machten sich gemeinsam auf den Weg. Es herrschte an diesem Abend eine spätsommerliche Witterung draußen und die Vögel sangen in den Bäumen. Ich wollte vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein, doch mein Tempo machte mir einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Die Rache folgte auf dem Fuß. Das kommt davon, wenn man das wöchentliche Trainingspensum einfach schleifen ließ. Verantwortlich ist der 15