„Zu Fuß über die Alpen!“

mein Handy im Auto vergessen hatte. Also nochmal zurück zum Parkplatz ..... So hab ich die Stöcke einmal umsonst zu Fuß über die Alpen getragen. Was hätte ...
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Mythos und mein Lebenstraum, einmal

„Zu Fuß über die Alpen!“ über den europäischen Fernwanderweg 5 So unglaublich, so beeindruckend, für viele so verrückt ... Erlebnisbericht von Bernd Przygoda 11.07. - 17.07.2009 Informatives über die Wanderroute. Der europäische Fernwanderweg 5 (Kurz „E5“) ist einer von insgesamt elf europäischen Fernwanderwegen. Der bereits am 2. Juli 1972 als Fernwanderweg Bodensee-Adria eröffnet und von der europäischen Wandervereinigung initiiert worden ist. Mittlerweile wurde er erweitert und führt von der Atlantikküste Frankreichs in der Bretagne (Pointe du Raz) über die Alpen nach Verona in Italien und weiter zur Lagunenstadt Venedig in der Adria. Das offizielle Ende des „E5“ ist aber die Arena in Verona, da es von Verona bis Venedig keinen reizvollen Wanderweg gibt.

Der Teil von Oberstdorf bis Italien zählt sozusagen als „Schmuckstück“ des insgesamt 3200 km langen Fernwanderweges. Für viele Wanderer schon so etwas wie die „Route 66“, verläuft er immer auf bereits bestandenen, teilweise Alpinen, Wanderwegen. Von Oberstdorf (Spielmannsau) heißt es auf ca. 100km ca. 6200 Höhenmeter bergauf und ca. 6800 Höhenmeter bergab zu bewältigen, bis man über die Panoramaroute den Vernagtsee im Schnalstal erreicht.

1. Tag, Samstag Busfahrt von Oberstdorf in die Spielmannsau (1.002 m) und Aufstieg durch den Sperrbachtobel zur Kemptner Hütte (1.846m). Gehzeit ca. 3 Stunden, Aufstieg 850 m.

2. Tag, Sonntag Von der Kemptner Hütte über das Mädelejoch (1.974 m) nach Holzgau. Bustransfer zur Materialseilbahn der Memminger Hütte. Von hier aus, zu Fuß weiter zur Memminger Hütte (2.242 m). Gehzeit ca. 6 Stunden, Aufstieg 950 m, Abstieg 850 m.

3. Tag, Montag Nach sehr zeitigem Aufbruch zur Seescharte (2.664 m). Weiter nach Zams (800 m) im Inntal und mit der Venetbahn auf den Krahberg (2.208 m). Gemütlich weiter auf dem Venet-Panoramaweg zur Galflun- oder Larcheralm (1.860 m). Gehzeit ca. 9 Stunden, Aufstieg 450 m, Abstieg 2.100 m.

4. Tag, Dienstag Von der Alm nach Wenns im Pitztal (976 m) und mit dem Postbus durch das Pitztal nach Mittelberg (1.734 m). An der Gletscherstube, einem großartigen Wasserfall und der beeindruckenden Gletscherzunge des Mittelbergferners führt der Aufstieg zur Braunschweiger Hütte (2.760 m). Gehzeit ca. 5 Stunden, Aufstieg 1.000 m, Abstieg 900 m.

5. Tag, Mittwoch Von der Braunschweiger Hütte über das Rettenbachjoch (2.988 m) zum Rettenbachferner. Mit dem Bus auf die Tiefenbachseite. Und zu Fuß weiter auf dem Panorama-Höhenweg nach Vent (1.896 m). Gehzeit ca. 6 Stunden, Aufstieg 300 m, Abstieg 1.100 m.

6. Tag, Donnerstag Von Vent durch das Niedertal zur Martin-Busch-Hütte (2.527 m) und dann weiter über die Similaun-Hütte (3.019 m), durch das Tiesental nach Obervernagt im Schnalstal (1.690 m). Anschließend Bustransfer nach Meran. Gehzeit ca. 7 Stunden, Aufstieg 1.100 m, Abstieg 1.200 m.

7. Tag, Freitag Heimreise nach Oberstdorf.

Die berühmtesten Alpenüberquerer sind: „Der Ötzi“ (der ca. vor 5300 Jahren, vermutlich über die Panoramaroute nach Vent wollte) und Hannibal mit seinen Elefanten (der 218 v. Chr., gar nicht auf dem E5 oder der Panoramaroute unterwegs war, sondern durch die französischen Alpen sehr verlustreich marschiert ist).

Auch heute noch sind die Alpen sehr gefährlich, wie man immer wieder in vielen Statistiken liest. Selbst im Hochsommer muss man am AlpenHauptkamm jederzeit mit Neuschnee rechnen. Viele der in den Alpen lebenden Tiere haben nach der der Eiszeit hier einen vergleichbaren Lebensraum gefunden. In meiner eineinhalb jährigen Trainings- und Vorbereitungszeit für den E5 in Rheinland-Pfalz, war ich zwar schon mit jeglichen Wettervarianten in Berührung gekommen, aber Alpenwetter wusste ich, ist was ganz anderes und kann sich innerhalb kürzester Zeit ändern. Also viele Gründe sprechen dafür, sich von den Besten mit der meisten Erfahrung über die Alpen führen zulassen!!! Schließlich war es mein Debüt als Alpenwanderer und nicht mehr als Alpen-Turnschuhtourist, sondern sogar in der Wander-Königsdisziplin „Fernwandern“. So sollte ich am Samstag den 11.07. 2009 um 11 Uhr, zum Bahnhof nach Oberstdorf an Gleis 1 zur OASE-Alpinschule kommen, um mich mit anderen Wanderern zu treffen, die von nah und fern kamen, die auch von diesem Mythos gehört haben und sich diesen Traum „zu Fuß über die Alpen“ erfüllen wollten.

Samstag, den 11.07.2009 gegen 10 Uhr. Einen schönen Parkplatz hatte ich weit hinter der Nebelhorn-Talstation gefunden und ging gemütlich Richtung Bahnhof. Nach ¾ des Weges vor dem Bahnhof ist mir eingefallen, dass ich mein Handy im Auto vergessen hatte. Also nochmal zurück zum Parkplatz und wieder zurück zum Bahnhof. Hektisches Treiben war schon im Gange, als ich für meine Verhältnisse viel zu spät und abgehetzt um zehn vor 11 Uhr ankam. Schnell jemand vom Oase-Team suchen und wurde kurz und bündig mit den Worten: „Hi, ich bin die Geli. Den Rucksack für Meran stellste hier ab und dann gehst da rein, meldst Dich bei Steffi, bekommst da was und dann wird der Rucksack gewogen!“ begrüßt. Hey, so wurde ich zum letzten Mal zu der Grundausbildung während meiner Bundeswehrzeit begrüßt. Ob ich richtig gebucht hatte? Von „militärische Durchlageübung“, stand nichts in der Beschreibung, hatte ich was überlesen? Aber keine Fragen blieben offen, ich wusste, was ich machen sollte und dachte mir: „Oh, ich bekomme was geschenkt“ und schwups war ich schon im Büro von Steffi, die mir ja schon mehrmals per E-Mail auf all meine unwissenden Fragen geantwortet hatte. Nach kurzem Feststellen der Personalien und Überreichen der Geschenke bin ich schnell wieder raus zu Geli zum Rucksackwiegen. „Waaaaaaaaas, 12 Kilo? Da rein und auspacken!“ Ob sie beim Militär gedient hatte? Eigentlich fand ich es lustig und hab innerlich sehr darüber geschmunzelt. Nein, ich war nicht in einer zweiten Grundausbildung! Das war der Klang der Berg- bzw. Wanderführerin, wie ich später erfahren durfte. Na ja, ich hatte eine lange Zeit vorher immer wieder den Wetterbericht gelesen und zu Hause war der Rucksack auch nur 9kg schwer. So kalt, wie der Wetterbericht es sagt, wird es schon nicht werden und außerdem gilt ja auch das Sprichwort „Wenn Englein reisen!“, deshalb wird es sicherlich auch nicht so dolle regnen, hab ich mir gedacht. „Eine Garnitur zum Wandern und eine Garnitur für abends auf der Hütte!“ so sagte es Geli. Ich betrat einen Raum, wo wildfremde Menschen mit einem anderen Oase-Mitarbeiter ihren Rucksack auspackten. Ich hab nicht genau mitbekommen, ob sie um jedes Gramm feilschten, aber dauernd hörte ich: „Das braucht ihr nicht!“ Gut, war ich wenigstens nicht der Einzige, der einen zu schweren Rucksack dabei hatte. Also auspacken! Raus mit dem unnötigen Kram. Ich packte mein Regenschutz für leichte und die für mittlere Schauer aus, genauso wie meine Winterbekleidung. Ich hatte ja noch die Bekleidung für die Hütte, die ich im Kältefall drüber ziehen könnte, außerdem wird einem ja auch nicht so schnell kalt, wenn man wandert. Wenn es regnen sollte, hätte ich ja auch noch den Regenschutz für Unwetter dabei und die Jacke für schattige Tage, die aber auch bei leichtem Regen reicht. Den Reiseproviant hab ich auf drei Notfall-Müsliriegel pro Woche und nicht mehr pro Tag begrenzt und schon hatte ich ohne Getränkeflasche genau 8kg zusammen. In meiner Trainingsphase für die Alpen bei mir zu Hause wäre ich nie auf die Idee gekommen, soviel mitzunehmen. Aber wie gesagt, es war mein Alpendebüt und mein erstes Mal, dass ich auf einer Hütte schlafen sollte. Was weiß man schon beim ersten Mal? Nach dem einige „8kg Leute“ zusammen waren, wurden wir mit dem VW-Transporter zur Spielmannsau gefahren und versammelten uns vor dem Biergarten der Wirtschaft. Natürlich haben wir uns alle gegenseitig etwas gemustert und geschaut, was haben die anderen denn so dabei und an? Hab ich mich wirklich richtig entschieden, beim umpacken am Bahnhof? Oder hab ich was wichtiges vergessen?

Erst nach der Tour wurde mir gebeichtet, dass ich sehr lustig ausgesehen haben soll und das meine Mütze, eher wie ein Tropenhelm ausgesehen hat. Die hatte ich mir ganz kurz vor der Tour noch gekauft. Glücklich war ich auch nicht so über den Kauf, aber sie war wasserabweißend, atmungsaktiv, hatte UV 40+ Schutz und sie sollte die letzte Lücke in meinem Gesamtkonzept schließen. Den es könnte ja nicht nur kalt und regnerisch werden, sondern es könnte ja auch die Sonne scheinen. Ich war für alle Jahreszeiten ausgerüstet, auch nur mit dem 8-kg-Rucksack! Tropenhelm?

Die letzten Tourteilnehmer und die zwei Gruppenführer trafen ein. Als sich Geli und Benni offiziell vorstellen wollten, begann es leicht zu regnen. Jeder zuppelte in seinem Rucksack herum und machte sich wetterfest. Oh je, „Frau Oberfeldwebel“ ist unsere Führerin, aber auf der gesamten Tour war keine Kommandosprache mehr zu hören. Schade, eigentlich! Wäre bestimmt lustig geworden. Ob es so etwas wie eine Zentrale Wandervorschrift (ZWv) gibt? ZWv 08/15 Verhalten im Gelände: „Der Wanderer hat eigenständig immer nach dem sicheren Tritt zu suchen!“, „Der Wanderer schaut egal bei welchem Wetter, ernst aber nicht unfroh!“, „Wenn das Regenwasser die Brusthöhe erreicht, beginnt der Wanderer selbstständig mit Schwimmbewegungen!“ oder „Wo kein Gletscher liegt, kann gelaufen werden!“ Wir machten uns alle zusammen auf, zur Materialseilbahn der Kemptner Hütte. Von hier aus wurden die Rucksäcke zur Hütte befördert. Wir teilten die Gruppen in die ersten zwölf, die hinter Benni gingen und die anderen zwölf die hinter Geli her marschierten. Irgendwie bin ich per Zufall in Benni´s Gruppe geraten. ;-)

Hinauf durch den Sperrbachtobel, wo immer noch Altschneefelder und auch teilweise unterspülte Lawinenreste lagen. Ich war verblüfft, so viel Altschnee, so viel Lawinenreste. Schon unglaublich. Wie mag es wohl im Winter in den Alpen aussehen? Wenn es bei uns mal schneien sollte, ist es meistens bis mittags wieder weg. Einige kleine Brücken und Altschneefelder mussten wir überwinden und es regnete stetig weiter. Zusätzlich wurde es auch noch nebelig. Ob die Wettervorhersage vielleicht doch nicht gelogen hat? Aber eigentlich ist genau das Wetter, mein Lieblingswetter. Nein, nicht unbedingt Regen aber mit dem Nebel sieht es schon sehr schön und etwas geheimnisvoll aus.

Bald kamen wir an einem Wasserfall vorbei und sahen auch schon die den Felsenkessel und die Weidegründe der Kemptner Hütte. Der Regen hatte mittlerweile auch wieder aufgehört. Ich konnte mich nicht zügeln und stupste die unbekannte Dame neben mir mit dem Ellenbogen an. „Guck mal Steinböcke!“ sagte ich. 30 Sekunden erstauntes, suchendes Schweigen von den zwei Männern und der Dame, die neben mir standen. Danach folgte ein entsetztes „Das sind doch Kühe!!!“ der Dame. Meine Aktion hatte vollen Erfolg. Zwar waren wir platsch nass und matschig bis zu den Knien aber aufgemuntert und amüsiert gingen wir weiter und erreichten schon bald die Kemptner Hütte. Wir mussten alle die Schuhe putzen und ausziehen, bevor wir in den Gastraum der Hütte gehen durften, hingen die nassen Jacken im bereits überfüllten Trockenraum auf und wurden auf die Zimmer verteilt.

Ich bekam ein Zimmer mit Uli, Heinz und Leo. Heinz und Leo nahmen mir das nicht übel, dass ich sie mit den Steinböcken auf die Schippe nehmen wollte. Beide aus Aachen, hatten sie den gleichen Humor wie ich. Uli hab ich schon in der Spielmannsau kennen gelernt. Er stand generalfeldmarschallmäßig mit dem OASE-Kappy mitten auf dem Platz und es sah für mich so aus, als ob er einer der Gruppenführer wäre. Was ich ihm auch ohne weiteres zugetraut hätte. Jeder äußerte seinen Wunsch, wer wo in den zwei Etagenbetten schlafen wollte. Es war kein Problem, ich bekam meinen Lieblingsplatz, weit weg vom Fenster und unten durfte ich auch schlafen. Aus meiner Erfahrung heraus schläft man unten ruhiger. Schläft man oben, bekommt man jede Bewegung des Untermanns mit, auch wenn dieser sich nur umdrehen sollte. Ja, was macht man eigentlich den ganzen Abend auf so einer Hütte, wenn man nachmittags schon da ankommt und keinen kennt? Hatte ich mich zu Hause gefragt. Ganz einfach! Auf der ersten Hütte, kennen lernen! Danach kommt, rumblödeln und Spaß haben. Wenn es nicht regnen sollte, mal raus gehen, Hosenbeine oder Shirt auswaschen und mit der Hand trocken schleudern oder nur aufhängen. Dass man nicht jeden in einer so großen Gruppe am ersten Abend kennen lernen kann ist klar. Uli, Heinz, Leo und ich setzten uns an den Tisch, wo Reinhild, Anneliese und Monika saßen. Monika war die Dame mit den Steinböcken, aber ich glaub sie nahm es mir auch nicht krumm. Anneliese war die Einzige, die sogar von zu Hause bis zum Bahnhof in Oberstdorf zu Fuß gegangen ist. Unglaublich? Nein, sie wohnt in Oberstdorf. In weiteren Gesprächen kamen wir auf die Wetterlage und wie ich mir das kommende Wetter verstellen würde. Also ich hatte wochenlang vorher immer wieder die Wetterberichte der gesamten Wanderroute beobachtet. Am Mittwoch in dieser Woche hatten wir auf 3000 Höhenmeter -4°C, seit Wochen hat es auf der gesamten Route immer wieder, fast täglich geregnet oder gewittert und aus dem Grund hatte ich auch soviel Regensachen und Wintersachen in Oberstdorf dabei. Dass es bei -4°C nicht mehr regnet, sondern schneit, war allen bewusst. Die tiefste Temperatur an diesem Abend, am Thermometer vor der Kemptner Hütte zeigte +6°C. Ich werde nieeeeeeee den Blick von Reinhild vergessen, als ich meine Prognose in der Runde abgab. Es war so ein hoffnungsloser kreidebleicher Blick: „Oh mein Gott, worauf hab ich mich hier bloß eingelassen?“ Aber lustig wurde der Abend trotzdem noch. An den Tisch von uns kamen später noch Hans und seine Frau Renate, Betti und ihre Mutter Marianne, Jutta und ihre Freundin Daniela. Andrea haben wir draußen beim Beine vertreten kennen gelernt, während ich Wäscheschleuder gespielt habe.

Ob Alpen-Luftdruck einen Rucksack schwerer macht oder die Waage manipuliert war, konnte nach vielen hitzigen Diskussionen der Tourteilnehmer untereinander auf der Kemptner Hütte nicht geklärt werden, jeder hatte sich am nächsten Tag auch schon damit abgefunden, mit dem was er jetzt nur noch dabei hatte und war innerlich schon froh, dass er all das unnötige Zeug nicht mehr dabei hatte. Aber fast jeder Rucksack hatte zu Hause weniger gewogen als in Oberstdorf.

Ach ja außerdem kann man abends noch das Alpenglühen sehen.

Oder wenn man ein Stückchen von der Hütte weg geht, den Sonnenuntergang.

Ein ganz guter Schnitt, bei 15 von insgesamt 26 Menschen kennen wir schon den Namen und woher er ungefähr herkommt. Kurz vor Hüttenruhe gingen wir ins Bett. Ob ich wohl „Schnarcher“ auf dem Zimmer habe?

Impressionen erster Tag Spielmannsau – Sperrbachtobel – Kemptner Hütte

Sonntag, den 12.07.2009 „Früh aufstehen heißt, früh fröhlich sein!“ war das Motto von Heinz. So standen wir zeitig auf, um nicht in das Gedrängel im Waschraum morgens zu kommen und auch vor dem Frühstück schon abmarschbereit zu sein. Es gab da wohl ein Absprache-Missverständnis bezüglich der Weckzeit bei einem der Mädels-Zimmer. Sozusagen war hungrige, gereizte Gewitterstimmung in der Luft, als wir vier an den Frühstückstisch kamen. Nach dem Frühstück ging es los. Um welche Uhrzeit weiß ich leider nicht mehr genau, den außer um den Wecker für morgens zu stellen und abends pünktlich zum Abendessen zu kommen, wurde Zeit in dieser Woche völlig unbedeutend. Genauso wie Kilometer, es ist nichts im Alpenraum mit Kilometer-Angaben ausgeschildert, denn man kann es nicht mit dem Flachland vergleichen. Die Gruppeneinteilung des Vortages haben wir weiter Einbehalten. So war in Geli´s Gruppe Andrea, Reinhild, Anneliese, Christiane, Claudia mit Elmar und Jesko, Marie-Luise mit Lisa-Marie und Clara-Sophie, Uli, und Siegi. Benni´s Gruppe bestand aus Barbara und Katharina, Heinz und Leo, Hans und Renate, Betti und Marianne, Jutta und Daniela, Monika und mir. Meine Jacke von gestern war noch lange nicht wieder trocken. Aber zu mindestens hatte sie sich nicht mehr wie ein voll gesaugtes Vileda-Tuch angefühlt. War doch wohl etwas zu viel gestern, für die laut Beschreibung atmungsaktive und wasserabeisende Softshelljacke. Der morgen war etwas schattig, aber trocken und der Fleecepulli hatte gereicht. Wir gingen Richtung Mädelejoch. Auf dem Weg haben wir ein pfeifendes, Männchen machendes Murmeltier gesehen. Vor lauter Attraktion dies so nah zu sehen und den anderen es zu zeigen, hab ich vergessen ein Foto zu machen. Ärgerlich, den so nah hab ich keines mehr sehen können. An dem Mädelejoch (1973 m) ist die deutsch-österreichische Grenze. Wir legten eine Fotopause ein, um diesen denkwürdigen Moment festzuhalten. Wir waren in Österreich! Vor uns sah man schon das Lechtal. Wir stiegen herab durch das Höhenbachtal und kamen an vielen kleinen Wasserfällen vorbei, zur unteren Roßgumpenalm. (Kleine Pause) Von hier aus ging es weiter am Höhenbach und an dem beeindruckenden Simmswasserfall vorbei. In Holzgau im Lechtal machten wir mittags Pause. Von hier aus sollten wir ein Stück gefahren werden bis zur Materialseilbahn der Memminger Hütte. In meinem Rucksack hatte ich noch das Buch über den E5 drin. Da ich in Oberstdorf schon die 8-kg-Grenze erreicht hatte, habe ich es einfach drin gelassen und begann zu lesen was uns für heute noch erwarten sollte. Ronald, ein alter Seemann, fährt das Sammeltaxi von Holzgau zur Materialseilbahn. Er würde die Leute in seinem Taxi mit seinen Geschichten sehr unterhalten, aber er besteht darauf, dass seine Taxifahrt nicht die

gefährlichste Etappe des gesamten E5 wäre, obwohl Journalisten dies behaupten. So stand es in meinem Buch. Wie viel Glück muss man haben, um dieses von den vielen Taxis zu erwischen? Wie ein Taxi kam, war meine erste Frage, nach dem einladen des Rucksacks: „Ob er der Ronald ist?“ Wir hatten das Glück! Benni hat auch kurz nach dem Losfahren Barbara und Katharina angestachelt, nach dem „Taxlerfriedhof“ zu fragen. Wie ich dann auch noch anfing zu fragen, ob seine Fahrt wirklich die gefährlichste Etappe des E5 wäre, war er sehr verblüfft, dass es sich schon so weit herumgesprochen hätte. Aber wir hatten ihm ziemlich die Pointe versaut, eigentlich wollte er das alles selber erzählen. Also lasst euch überraschen ;-) Der schönste Platz während der Fahrt ist direkt hinter dem Fahrer. Man bekommt alles mit und kann jederzeit sehr schön tief ins Tal schauen. Für die Ängstlichen wäre die rechte Seite, hinten besser. Der Wirt vom Hotel in Holzgau und Ronald bezeichneten Geli als „E5-Hasen“. Sie muss wohl diese Strecke fast wöchentlich im Sommer gehen und ist bestimmt zigfache E5-Alpenüberquererin. Brutal, odr? Für uns eine Woche Urlaub und sie bekommt den ganzen Spaß noch bezahlt. Also wenn das kein Traumberuf ist. An der Materialseilbahn angekommen warteten wir auf den Rest der Truppe, die im nächsten Taxi mitkommen sollten. Es fing leicht zu tröpfeln an und wir gingen den sehr matschigen Weg zur Memminger Hütte hoch. Auf halber Höhe des Weges haben wir uns wenigstens von dem größten Matsch befreit. So das unsere Stiefel wieder ein wenig Profil hatten. Wir machten eine kleine Pause unterhalb eines Bilderbuch-Wasserfalls, genossen die Aussicht und warteten auf die letzten der Truppe, die im dritten Taxi viel später losgefahren sind.

Alle wieder beisammen, sind wir dann durch eine kleine Schlucht mit einem Altschneefeld gegangen. Kurz vor der Hochfläche hat es auch richtig angefangen zu regnen. Also im Schweinsgalopp (schnellste Gangart für Wanderer) zur Hütte. Die Haflinger waren gemütlich davor am Grasen.

Es folgte das Beziehen des für 21 Personen hergerichtete Zimmerchen. Eine „angenehme Kühle“ :o) Erfrischung in der Dusche (wo das Wasser herkommt, sah man am nächsten Tag) und das gemütliches beisammen sein und Festigung der Kameradschaft. Prost! Dabei haben wir auch die Besonderheiten der in dem Alpenraum beheimaten Bevölkerung durch genommen. Begriffe wie schön, nett, bezaubernd, wild romantisch, hochalpin, steinig, steil uvm. wird durch „Brutal“ ersetzt. Einheimische setzten an das Ende jeden Satz, ein „odr?“. Bergführerdeutsch: „Morgen gehen wir einen brutal urigen Weg! Odr?“ Übersetzung in Flachlandtirolerisch: „Morgen wird es zwar steil und steinig, aber auf einem atemberaubenden Weg!“ Spätestens am dritten Tag, hat man selber diese „Sprachbesonderheit“, odr?

Abends kann man an der Memminger Hütte auch noch eine Menge „richtige“ Steinböcke sehen. Insgesamt haben wir ca. 65 Steinböcke gezählt, die auf den Almwiesen der Hochfläche grasten, wo nachmittags noch die Haflinger waren. Ein paar stattliche Kerlchen waren dabei. Einige Jungtiere spielten und stießen mit den Hörnern zusammen. Das Krachen hat man bis zur Hütte sehr gut hören können. Nachts gab es mehrere Vorfälle mit angeblichen Schnarchern. Da möchte ich aber nicht ins Detail gehen, weil ich angeblich einer der vielen Beteiligten war. Ich hörte nachts nur: „Tipp mal den Bernd an, der schnauft! Mach mal was, dass er aufhört zu atmen!“ Also das Atmen konnte ich nicht die ganze Nacht einhalten. Aber nur soviel dazu, wer mehrere Leute nachts weckt, um auf dieses Fehlverhalten hinzuweisen, sollte wenigsten solange abwarten, das die anderen auch wieder eingeschlafen sind, bis er selber anfängt zu schnarchen, odr? ;-)

Impressionen zweiter Tag Kemptner Hütte – Mädelejoch – Simmswasserfall - Holzgau – Memminger Hütte

Montag, den 13.07.2009. Tag 3 sollte die weiteste und die schwierigste Etappe sein. So standen wir, für einige extrem früh auf. 2100 Höhenmeter sollte es ab der Seescharte hinunter gehen. Ich beschloss heute mal meine Wanderstöcke auszupacken. Bisher hatte ich noch nicht das Gefühl, das ich sie gebraucht hätte. Sie ließen sich zwar ausziehen aber sie wollten sich nicht mehr fixieren lassen. Es machte kurz „blooop“ und ich hatte nach kurzer Zeit zwei Teile in der Hand. Stock Zwei hatte nach der Seescharte, das gleiche Problem. Reparieren war unmöglich. So hab ich die Stöcke einmal umsonst zu Fuß über die Alpen getragen. Was hätte man für 800g (beim Wiegen waren sie am Rucksack) besseres mitnehmen können? Vielleicht ein zweites T-Shirt oder eine zweite Wanderhose? Abends hatte ich meinen leicht feuchten Fleecepulli in den Trockenraum gehängt. Morgens war er dann nass. Ist ein Trockenraum dafür da, dass sich die Feuchtigkeit den andren Sachen die da patschnass herumhängen, anpasst? Dafür war die Jacke vom ersten Tag wieder trocken. Die hatte ich die Nacht über im Rucksack vergessen.

Wir gingen am See vorbei, der hinter der Memminger Hütte lag. Von hier aus konnte man auch noch mal die Steinböcke fotografieren. Wir gingen einen „Brutal urigen Weg“ hoch am mittleren Seewisee vorbei, woraus anscheinend das Wasch- und Duschwasser der Memminger Hütte entnommen wurde. So fühlte sich es jedenfalls an. Auf dem Bild ganz links, mit dem merkwürdigen weißen Zeug drin ;-)

Und weiter auf die 2599 Meter hoch gelegene Seescharte. Ein wirklich grandioser Blick ins Patroltal, zu den Lechtaler Alpen und zu der Silberspitze. Von hier aus hieß nur noch absteigen. Die Höhenmeter nach oben, waren für heute erledigt.

Die Oberlochalm wurde vor kurzer Zeit von einer Schneelawine davon gerissen. Einige Männer waren mit dem Wiederaufbau beschäftigt und ein Hubschrauber brachte ständig neues Material heran. Von hier aus ging es sanft über die Almwiesen über viele kleine Brücken und einem Weidezaun durch einen märchenhaften Tannenwald, weiter zur bewirtschaften Unterlochalm. So „brutal urig“ wie es zur Seescharte hinauf ging, so grandios sollte es auch weiter am Zamerloch hinunter gehen.

Bald war Landeck und Zams im Inntal schon zu sehen.

Den Krahberg vor uns, machten wir erst mal Pause.

Am Anfang von Zams machten wir noch mal eine Trinkpause und gingen gemütlich durch das Dorf zur Venet(Seil)bahn. So ungewöhnlich sich die „Alpensprache“ für uns anhörte, so ungewöhnlich war es auch für Hans anzuhören, als ich meinte, dass wir mit dem „Bähnchen“ da auf den Berg hoch fahren. Ja, Wandern verbindet und überwindet manche Sprachbarrieren. Schließlich sind wir aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands zusammen gekommen. Wir haben uns aber super ergänzt und es gab immer eine Menge zu lachen.

Oben mit dem „Bähnchen“ angekommen, blickten wir noch mal zurück. Zu den Lechtaler Alpen und dem Weg, den wir von der Seescharte hinunter gegangen sind.

Direkt hinter der Krahberg-Gipfelstation erblickten wir die beeindruckenden Berge der Ötztaler Alpen.

Weiter gingen wir auf dem Venet-Panoramaweg. Auf besonderen Wunsch von Heinz sollte für uns nicht die Galfunalm unsere Unterkunft sein, sonder er wollte zur Anni auf der Larcheralm. Heinz war die Tour schon mal gegangen und wollte Anni ein Bild von damals schenken. Wir gingen an der Goglesalm und vielen Kühen vorbei. An unserer Seite immer ein fantastischer Blick zu den Ötztaler Alpen oder dem Inn unten im Tal. Schon bald erreichten wir die Galfunalm. Aber wir wollten zur Anni, deswegen gingen wir ohne große Rast weiter und kamen nach kurzer Zeit an der Larcheralm an. Wir bekamen kurze Alminstruktionen, setzten uns erstmal hin und banden die Stiefel auf. Da sagte Anni zu Heinz: „Dich kenn ich doch, Du warst doch schon mal hier!“ Unglaublich, wie viele Wanderer kommen tagtäglich an dieser Alm vorbei? Wie viele Oase-Touren haben auf der Alm in der Zwischenzeit hier übernachtet? Anni hatte sich tatsächlich sofort an Heinz erinnert. Ein Großteil von uns hat vor dem Essen noch duschen können. Es war den ganzen Tag schön warm gewesen. Aber die erste heiße Dusche seit Tagen wollte sich keiner entgehen lassen. Bei dem mit Holzfeuer aufgeheiztem Wasser dachte, keiner an Duschen zum Erfrischen. Waschtag legten wir auch wieder ein. Mit Wäscheschleuder (Mir) und/oder dem Wäscheständer von Anni. Irgendwie war ich in Grillstimmung an diesem herrlichen Abend, nachdem ich die Ferkel hinten im Stall gesehen hatte.

Auf der Larcheralm gibt es immer Käsespätzle, konnte man in jedem Tourbericht lesen und es waren die leckersten Käsespätzle, die ich je gegessen habe. Mit frischen Kräutern, Milch oder Rahm, gerösteten Zwiebeln und natürlich mit Almkäse.

Wir genossen den Abend auf der Terrasse, mit herrlichem Blick ins Inn- und dem Anfang ins Pitztal und sahen unser erstes Edelweiß !!! Sollte es das Letzte und Einzige auf der gesamten Tour sein? Sicherlich war der Abend auch schön und lustig geworden, keine Frage!!! Aber einige Fragen gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. War der erste Abend auf der Kemptner Hütte so entscheiden, dass sich so wir am ersten Tisch gesessen hatten, auch die Grüppchen gebildet hatten? Es war egal, mit wem die Gruppen tagsüber gegangen ist, spätestens nach der Tagesetappe waren wir wieder beisammen.

Heute leider nicht mehr! Aber die wichtigste Frage ... Wieso trennt man bloß so ein junges, bereits zusammengewachsen TEAM? Hätten wir nicht alle hier Platz gefunden, wenn jeder etwas zusammen gerückt wäre? Und was machen die Anderen so...? Na ja, der andere angebliche „Schnaufer“ war ja auf der Galfunalm. Da gibt es nachts bestimmt auch wieder was zu lachen und morgens eine lustige Anekdote zu erzählen. Nicht dass es sich jetzt anhört, dass auf der Galfunalm ein „Kriegsversehrten Lazarett“ errichtet worden ist. Aber unsere „Oberschwester“ hatte sich liebevoll um alle „Verwundeten“ gekümmert. Unsere Tour hatte wirklich die beste medizinische Versorgung! Außerdem hatten wir noch einen Notarzt dabei. Der Tag war wirklich die härteste Etappe und bei mir „Blödfuchs“ hat sich auch eine Blase gebildet, weil ich die Socken nicht gründlich genug angezogen hatte. Aber die erste Blase für 2009 auf dem europäischen Fernwanderweg 5 ist aber doch auch eine Ehre, odr?

Impressionen dritter Tag Memminger Hütte – Seescharte – Zammer Loch – Zams – Krahberg – Lacher Alm

Dienstag, den 14.07.2009. Ein dringendes Bedürfnis hatte mich frühzeitig nach draußen geführt. Nur nicht gegen die Larcheralm-Regeln verstoßen und Anni vor 6:30 Uhr ansprechen, ging mir durch den Kopf. Schnell durch die Küche hechten, winken und ein fröhliches „Moooorgen! :-D“ ist hoffentlich kein Ansprechen? Auf der Terrasse angekommen wusste ich nicht, was ich zu erst machen sollte. Sonnenaufgang gucken, war mir dringenderes Bedürfnis geworden! Dieser Moment war einmalig und bestimmt auch gleich wieder nicht mehr so schön. Das andere Bedürfnis hätte ich bestimmt auch noch eine viertel Stunde später. Wir waren schon etwas Besonderes! So durften wir als erste Tour diesen Jahres, draußen Frühstücken, bei wunderschöner warmer Morgensonne. Es war das beste Frühstück der gesamten Woche! Besonders die selber gemachten Frischkäsevariationen, hatten es uns angetan. Wir hatten uns fast darum geschlagen, so lecker waren sie. Aber auch die süße Nachspeise war super lecker. Nach dem Essen machten wir uns fertig und da kamen auch endlich unsere Vermissten von der Galfunalm. Wir hatten uns so viel zu erzählen, das wir als eine große Gruppe herunter nach Wenns im Pitztal gingen. Schließlich mussten wir uns ja noch von dem Vortag berichten und von den „kühlen“ Fenster-Erlebnissen am Morgen der Galfunalm. Man sollte den europäischen Fernwanderweg 5 wirklich umbenennen, als SpaßErlebnis- und Erzählweg. In Wenns hatten wir ca. eine viertel Stunde Zeit, bis der Bus kommen sollte, der uns nach Mittelberg fahren würde. Also ab rein ins Outdoor-Geschäft, nach neuen Wanderstöcken schauen. Ich habe mir aber überlegt: „Wozu eigentlich?“ Ich bin so weit, auch ohne sie gekommen und die schlimmste Etappe haben wir hinter uns. Wir haben uns dann alle im Lebensmittellädchen wieder getroffen und „Naschwerk“ oder sonst etwas wichtiges gekauft. Nach einer Stunde Fahrzeit sind wir in Mittelberg angekommen und haben erstmal Sonnencreme aufgelegt. Es war ein richtig heißer Tag geworden. Nach der Mittagspause in der Gletschstube, hatten wir die Wahl, ob wir am Wasserfall oder einem anderen Weg gehen wollten.

Wohl auch ein „Brutal uriger Weg“ mit ausgesetzten aber versicherten Stellen.

Ausgesetzt? Ich hab schon davon gehört das Tiere in den Sommerferien an der Autobahn ausgesetzt werden. Aber wer bitte, setzt den einen Wanderweg aus? Und welche Versicherung sollte es dafür geben? Aber bei der Hitze, wollte ich nicht herausfinden was das wirklich ist, sonder lieber mit dem Großteil der Gruppe an diesem riesigen Wasserfall vorbei gehen. Der Weg war auch sehr schön und auch sehr erfrischend, wenn die Gischt von dem Wasserfall uns erreichte. Ich fand ihn auch sehr „brutal urig“! Wir querten kurz die Notabfahrtpiste des Gletscherskigebiets und gingen einen schönen Weg, mit ständigen Panoramablick über das Pitztal in Richtung des Kaunergrat und dem Riffelsee,

oder über den Mittelbergferners zur Wild Spitze.

Oben an der Braunschweiger Hütte angekommen, hatten wir einen wunderschönen Blick über alles!

Wir waren in den beeindruckenden Ötztaler Alpen. Auf der höchst gelegenen Unterkunft des gesamten europäischen Fernwanderweg 5, ist dann die Wasserversorgung zusammengebrochen. Gut, was zu trinken hab ich gehabt, duschen wollte ich jetzt auch noch nicht. Wozu braucht man noch Wasserversorgung? Da war doch noch was...? Ach ja, einige mussten mal – auf das Winterklo, was auch ohne Wasser funktioniert. Nach einer Pause und beziehen der Unterkunft, wollten einige von uns aber noch höher. Da liegt doch eine Gipfelbesteigung des Karles Kopf sehr nahe.

Da sind wir dann noch schnell vor dem Abendessen hoch. Von hier hatte man noch eine schönere Aussicht auf die Ötztaler Alpen. Allerdings auch auf die näher rückenden, grummelten Wolkenmassen. Nach vielen Gipfelfotos und der Verewigung im Gipfelbuch sind wir dann lieber zügig abgestiegen. Wer weiß wie es sich entwickelt, Blitzableiter wollten wir nicht spielen. Aber geblitzt oder geregnet hatte es dann doch nicht, nur mal kurz gegrummelt. Ob es unser Magen war? Nach dem Abendessen haben wir den schönsten Sonnenuntergang bewundert.

Impressionen vierter Tag Lacher Alm – Wenns – Pitztal – Braunschweiger Hütte – Karles Kopf – Braunschweiger Hütte

Mittwoch, den 15.07.2009

Ab heute hieß es „Tschüß“ original E5 und wir nahmen die E5-Panoramavariante über das Rettenbachjoch nach Vent. Es war ein schöner Morgen, zwar etwas schattig durch die Gletscherregion, aber als kalt habe ich es nicht empfunden. Wir gingen durch die Steinwüste hinter der Braunschweiger Hütte und einigen Schneefeldern, bis uns ein brutal uriger Weg hinauf zu dem, auf 2990 Meter hoch gelegenen Rettenbachjoch führte. Ein wirklich atemberaubender Weg mit wunderschönem Blick auf die Gletscherkante des Rettenbachferners, zurück zur Braunschweiger Hütte, den Karles- und dem Mittelbergferner und den vielen Gipfeln die weit über 3000 Meter waren. Einige Stücke des Weges hatten Ketten zum Festhalten. Aha, also abends noch was gelernt, der Weg war „versichert“. Keiner setzt einen Weg aus! Die Aufgabe der Bergwacht ist es auch nicht, ausgesetzte Wegabschnitte zu retten. (Da haben die Tiere an der Autobahn mit der Tierrettung mehr Glück.) Sondern „ausgesetzte Wege“ sind Passagen, die bei mangelnder Trittsicherheit oder geringer Schwindelfreiheit zu „Angstpassagen“ werden können. Was Angstpassagen sind, empfindet jeder anders. Auch wenn man trittsicher und schwindelfrei ist, können viele Umstände trotzdem dazu führen, dass man so einen Weg als ausgesetzt empfindet. Als ausgesetzten Weg würde ich ihn nicht bezeichnen! Aber wirklich spektakulär. Oben in mitten des Skigebietes angekommen hatten wir einen sehr schönen Blick über den Rettenbachferner, ins Rettenbachtal bis hinunter ins Ötztal.

Benni gab uns Instruktionen für unseren Abstieg über den Gletscher. Irgendwie hab ich mich bei dem Gedanken daran unwohl gefühlt. „Wie viel höher war noch mal das Unfallrisiko, beim

wandern im Schnee? 7,5 Mal höher, oder so?“ ging mir durch den Kopf. Also extrem aufpassen!!! Nach einigen Metern hinunter ist das Unwohl sein sehr schnell verflogen und der Spaß kam auf. Kontrollierte Rutsch- Gleit- bzw. Skibewegungen hatten uns schnell herunter gebracht. Bis plötzlich einige Steine vom Gipfel den Berg herunter, in unsere Richtung fielen. Von jetzt auf gleich Totenstille, jeder beobachte die Steine, keiner ging weiter, keiner hat ein Foto gemacht. Sind wir in Gefahr? Entsteht eine Lawine? Wohin flüchten? Wir waren ja mitten auf dem Gletscher. Aber Entwarnung, die Steine sind kurz vor dem Gletscher liegen geblieben. Ich weiß nicht, welche Steine größer waren, die den Berg herunter kamen oder die, die von unseren Herzen fielen. Boah, da haben wir wirklich Glück gehabt! Einige Male hatte danach auch mein Hosenboden zum Herunterkommen ausgeholfen. Am Ende des Gletschers wollte ich schon fragen, ob wir noch mal hoch dürfen, so viel Spaß hatte es letztendlich doch gemacht. An der Skistation Rettenbachferner haben wir eine kurze Pause gemacht und sind dann mit dem Bus ein Stückchen weiter durch einen Tunnel zum Parkplatz des Tiefenbachferners gefahren. Direkt nach dem Aussteigen begann es zu regnen. Also wetterfest machen, keine halben Kompromisse eingehen und den Regenponcho für Unwetter drüber ziehen. „Spaß ist, wenn man trotzdem lacht!“ oder eines meiner Mottos „Du darfst alles verlieren, nur nie die gute Laune!“ Während einem kräftigen Schauer auf dem Panoramaweg nach Vent, haben wir so ziemlichen jeden Regen gehabt, den es gibt. Regen von oben, Regen der von der Seite kam, Regen mit kleine prasselnden Tropfen, richtig schönen dicken Tropfen, Sprühregen, und manchmal sogar Regen, der von unten nach oben zu kommen schien.

Durch Nebel- und Wolkenschwaden ging es über und durch kleine Bäche mit und ohne Brücke und über Schneefelder.

Kurz vor Vent konnte man tatsächlich das Panorama sehen

und bis wir in Vent ankamen, lachte auch schon fast wieder die Sonne. Am Hotel Post angekommen, machten wir uns erstmal vertraut mit der automatischen Wanderstiefeltrockenmaschine, die unsere Schuhe mit warmer Luft trocknen sollte. So was hatte noch keiner von uns gesehen. Es war früher Nachmittag, als wir unsere Zimmer bezogen haben. Heißes Wasser, riesige Whirlpool-Badewanne mit Duschkopf, Toilette, gepolsterte Rundsitzecke, Sofa, ein richtiges Bett mit Nachttischkästchen und Lampe, Satelliten-Fernseher, Telefon, Radio, Zentralheizung, Kaminofen, Leihbademantel, Föhn und das alles im ca. 28 qm² großen Zimmer, ganz für uns alleine. Wir waren dann schwimmen, im 24°C warmen Wasser des Panoramahallenbades, haben uns mal kurz die Sauna, das Dampfbad, den Frischwasserwhirlpool und das Solarium angeschaut. Völliges Kontrastprogramm, aber besseres? Im Hotel hatte ja sicherlich jeder schon mal geschlafen. Ob die Elektroartikel im Zimmer funktioniert haben, weiß ich gar nicht, wir haben sie überhaupt nicht angemacht. Aber im Geschäft gegenüber waren wir mehrmals: Duschgel, Almdudler, 300g Nuss-NougatSchokolade und Prinzenrolle kaufen. Das Hotel ist wohl nicht auf nasse Wanderer eingestellt, bzw. auf die, die heute Waschtag machen wollten. Wäscheleine oder Ähnliches gab es keine (im Geschäft hab ich auch keine gefunden). Die Kleiderhaken im Schrank sind wohl auch nicht dafür vorgesehen, dass man sie woanders hin hängen sollte, weil die spezielle Vorrichtung zum aufhängen nur in die Kleiderstange im Schrank passte. Nasse Sachen in den Schrank hängen? Wohl kaum! Aber einen Trick gab es ;-) Nach dem 4-Gänge-Menü wurde es, wie jeden Abend sehr lustig. Mensch, was hatte ich Muskelkater in der Lachmuskulatur.

Impressionen fünfter Tag Braunschweiger Hütte – Rettenbachjoch – Rettenbachferner – Vent-Panoramaweg – Vent

Donnerstag, den 16.07.2009. Es war schon morgens richtig warm und kein Wölkchen am Himmel zu sehen, als wir uns zu unserer letzten Etappe aufmachten. Letzte Etappe? Wir waren doch erst gefühlte zwei Tage unterwegs, so kam es mir vor. Die Zeit ist wirklich wie im Flug vorüber gegangen. Wir gingen in der offenen Formation über einen breiten Weg, durch das Niedertal in Richtung Martin-BuschHütte. Nicht mehr wie eine Karawane hintereinander, sondern jeder meist in Minigrüppchen zum Plaudern weiter. Es glich schon fast einer lustigen „1. MaiWanderung“ allerdings ohne Bollerwagen und ohne Alkohol. An Heidelbeersträuchern und Zirben vorbei, passierten wir den „Kaser“ und später die „Schäferhütte“ und blickten herunter ins Bachtal, wo der Bach sich rauschend und murmelnd, tief eingegraben hat. Der Mutmalkamm kam immer näher. Viele Liter reinstes Gebirgswasser habe ich an diesen immer heißer werdenden Tag zur Martin-Busch-Hütte benötigt. Oben an der Hütte angekommen haben wir auf der Terrasse ein Päuschen gemacht. Wir konnten es nicht glauben, es war 36°C warm.

Da unsere Rucksäcke mit dem Geländewagen den Weg hier hergefunden hatten, legten wir erstmal dick Sonnencreme auf. Kurz vor dem weiter gehen sagte Monika, dass sie diese Etappe abbrechen muss. Einige von uns mussten die Woche über auch mal die Strecke verkürzen, aber das war kein Problem, denn wir wussten, sie werden abends auf der Hütte oder im Hotel wieder bei uns sein. Trotzdem machten wir uns unterwegs Sorgen und hatten diejenigen beim wandern auch vermisst. Schließlich hatte ein Bestandteil des Teams gefehlt. Wir waren hier oben fernab und inmitten von Nichts. Erstmal zu irgendeiner Bushaltestelle und dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Meran kommen, wäre ja schon eine logistische Meisterleistung, aber sicherlich auch eine Mehrtagesreise. Schließlich war es jetzt schon kurz vor Mittag. Monika tat mir so unendlich leid! Ob wir Sie je wieder sehen würden? Wir verabschiedeten uns auch von Ihr, als ob wir uns nicht mehr wieder sehen würden und gingen ohne diesen wichtigen Bestandteil der Gruppe weiter. Eine wunderbare Gesprächspartnerin, eben noch mitten unter uns und jetzt ist sie weg ...

Wir gingen am Niederjochbach weiter. Eine ziemlich felsige, karge Landschaft und trotzdem weideten hier viele Schafe. Die Schafe hatten sozusagen schon die italienische Staatsbürgerschaft. Denn jedes Jahr werden im Sommer in einer der größten und berühmtesten Schaftriebe der Alpen über 2000 Tiere vom Vernagtsee im Schnalstal über das Niederjoch an der Similaunhütte hier herüber zur Schäferhütte getrieben. Wir überquerten viele Bäche. Vor uns sah man schon den Niedertalferner und die Similaunhütte. Wir machten eine kurze Pause am Niederjochbach und kämpften uns über Fels, Schnee uns Eis immer weiter nach oben. Es gab für uns kein halten mehr und so spurteten wir zur Hütte. Nicht, dass Benni uns hier hoch getrieben hätte, nein, wir legten aus eigenem Antrieb ein gewaltiges Tempo ein. Vor der Hütte machte ich noch einige Fotos, hinunter ins Niederjochtal.

Ich habe sogar ein 360°-Panoramabild hin bekommen.

Aber wie ich dann oben auf der Hütte ankam, war es für mich überwältigend. ITALIEN! WIR SIND IN ITALIEN! WIR haben es geschafft, dachte ich. Einen Moment, den man nicht beschreiben kann, so überglücklich war ich und brauchte erst einmal einen ruhigen Platz nur für mich ganz alleine. Von hier aus sah ich die italienischen Berge und den Vernagtstausee, der türkisblau in der Sonne schimmerte. Wir machten Mittagspause, wieder einmal mit einem leckeren Kaiserschmarrn. Egal wie viele Kalorien man am Tag verbrauchte, damit waren sie sicherlich alle wieder drauf. Endlich schafften wir auch mal ein gemeinsames Gruppenfoto. Leider ohne Monika!

Danach gingen wir erst auf einem „brutal urigen Weg“, dann aber flacher werdenden herunter. Das Etappenziel ständig vor Augen, der Vernagtsee im Schnalstal.

Vorbei an dem Schnalskamm im Nationalpark der Texelgruppe. Irgendwo da oben wurde 1991 der „Ötzi“ gefunden. Weiter unten war an den Schildern auch schon zu erkennen, dass man in Italien war. „Provincia Autonoma Bolzano. Parco Naturale Gruppo di Tessa“ stand darauf. Wir machten noch mal Pause an einigen Steinpyramiden. Von hier aus wurde die Landschaft immer grüner. Wir waren wieder in der Vegetationszone angekommen. An plätschernden Bächen ging es über Almwiesen sehr gemütlich herunter. Ein sehr schöner Nachmittag neigte sich viel zu schnell dem Ende zu. An dem Gatter der Jausenstation Tisenhof begrüßten uns Heinz und Leo. Wir gratulierten uns zu dieser hervorragenden

Leistung. Wir waren zu Fuß über die Alpen gegangen. Nach einer wunderschönen, aber viel zu kurzen Woche, an unserem Ziel angekommen. Na, das begießen wir erst mal. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit wird ja ab jetzt nicht mehr von uns verlangt. Also ab mit dem Bus nach Meran zum Feiern! Wir stiegen in Meran aus und wären fast vor Hitze eingegangen. Auf der Similaunhütte war es so angenehm und dann hat man das Gefühl, man ist in einer Sauna.

Impressionen sechster Tag Vent – Martin-Busch-Hütte – Similaun-Hütte – Vernagt-Stausee

Nach dem Abendessen wurde es auch noch sehr feierlich. Aber die größte Überraschung war, dass es Monika tatsächlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Vent über Sölden und über das Timmelsjoch nach Meran geschafft hat. Wir waren alle wieder zusammen. :-D Dann folgte erst einmal der offizielle Teil. Wir wurden mit Urkunden geehrt und sind offiziell zu „zertifizierte Alpenüberquerer“ ernannt worden.

Den Abend haben wir dann lustig ausklingen lassen. Meran wollten wir uns noch kurz anschauen, aber jemand hat die Karte nicht lesen können und wir sind durch das Industriegebiet und an der Kasernenmauer herum geirrt. Asche auf mein Haupt! Aber ein zertifizierter Alpenüberquerer verläuft sich nicht, sondern entdeckt Neues! Freitag, den 17.07.2009. Nach dem zeitigen Frühstück hieß es: „Ab nach Oberstdorf!“ Eine sehr schöne Alpen-Kreuzfahrt mit Allgäu Durchquerung, sozusagen die romantische Route, bei regnerischem Wetter. Um 14 Uhr sind wir endlich in Oberstdorf angekommen und haben uns leider verabschieden müssen. „Nichts ist leichter als der gestrige Tag!“ Der ist vorbei da kommt nichts mehr - was Morgen kommt, ist ungewiss. Wenn ihr zurück denkt, war es doch nur ein lockerer Spaziergang, wie Bergführer es meinen. Vergessen sind die Anstrengungen und es bleiben nur noch die schönen Erinnerungen an die atemberaubenden Wege, an die herrlichen Aussichten, an die wunderschönen Momente, an die fantastischen Sonnenauf- und Sonnenuntergänge, an die märchenhafte Landschaft, an die lustigen Anekdoten und an den hervorragenden Teamgeist. Innerhalb kürzester Zeit hielten wir zusammen wie Pech und Schwefel, machten uns mehr Sorgen um ein Gruppenmitglied, als um uns selbst. Keiner hat gejammert oder sich beklagt, egal wie das Wetter war, egal wie sehr es hoch oder runter ging, egal auf welche Umstände wir trafen, egal welche Prüfung auf uns zu kam, wir haben es gemeistert. Jeder hat tagtäglich gekämpft, tagtäglich sein bestes gegeben, tagtäglich an sich gearbeitet, tagtäglich sich selber motiviert und tagtäglich an sich geglaubt.

Ihr wart Spitze !!! Obwohl ein Teammitglied mir gesagt hat, das für Ihn der „E5“ in Meran zu Ende ist, geht der europäische Fernwanderweg 5 „E5“ weiter, viel weiter und das Team der Oase Alpincenter in Oberstdorf hat das Stück von Bozen bis Verona in zwei fantastische Teile unterteilt. Welche auch wirkliche „Schmuckstücke“ sind. Ich weiß es, denn ich durfte weiter träumen ... Höre nie auf Deinen Traum zu träumen, kämpfe darum, glaub an Dich, vertrau auf Dich, verfolge Dein Ziel, lass Dich nicht beirren, arbeite darauf hin, lass ihn Dir nicht schlecht reden.

Es ist DEIN Traum!!! Auf Träume! Auf die, die vor uns liegen und auf die, die wir uns schon erfüllen durften!

Ein Lebenstraum einmal „Zu Fuß über die Alpen!“ so faszinierend, so unglaublich, so beeindruckend, so lustig aber doch nicht so verrückt und schon lange kein Mythos mehr !!!