AD Architectural Digest Germany - Juli - August 2015

gen, er selbst hat nach dem BWL-Studium im Luxusmarketing gear- beitet, erst bei BMW in New Jersey, dann bei MINI in Toronto, und das alles, sagt er, habe ...
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ARCHITECTURAL DIGEST JULI/AUGUST

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DEUTSCHLAND ÖSTERREICH SFRSCHWEIZ

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K D FOBJ E DAS BESTE AUS INTERIOR, STIL, DESIGN, KUNST & K A UARCHITEKTUR 5 1 0 2

SOMMER LAUNE

IM WILDEN SÜDEN FRANKREICHS WOSICH PROUVÉ AUF ANTIQUITÉ REIMT

PRACHT AUF ITALIENISCH

DIECASADER BENEDINI-BRÜDER INMANTUA

MIAMI MAGIC

PALMENPOOLUNDEINHAUS VOLLERDESIGN-SCHÄTZE

ÜBER DEN KLIPPEN VON JAMAIKA

DASFERIENPARADIESEINES HOLLYWOOD-STARS

INHALTJULI&AUGUST

114 Miami Virtue!

42 Tafel-Spitze aus Keramik

FOTOS: RICHARD POWERS; SIMPLE LIFE (2); MATTHIAS SCHÖNHOFER/STUDIO CONDÉ NAST

122 Glücksmomente

  

EDITORIAL IMPRESSUM ADSTELLTVOR

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DIGESTSTYLE Der Sommer wohnt auf griechischen Inseln, in andalusischen Palästen und in den schönen Dingen. Wir fanden ihn auf Pradas blühenden Taschen, Mooois eklektischen Teppichen und dem Kanu von Ibuku. Und wenn sich die Sonne mal versteckt? Dann strahlen unsere Outdoor-Möbel eben alleine

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ASIASPECIAL In Fernost fanden wir unzeremonielle neue Designs wie Teedosen aus Zuckerbirke, Filigranes aus Eisen oder Eiswürfel aus Milchglas. Japonismus revisited!

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STILWIESE Palmen, Sukkulenten und Agaven hinter Eichenhecken: Im Garten von Tresco Island leuchten die Tropen

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FOKUS In seinem Wochenendhaus kehrt François Champsaur zum Ursprung der Dinge zurück. Ein Gespräch über Savoir-vivre

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ARCHITEKTUR Mit einem Monolithen in Vorarlberg demonstrieren Marte.Marte die schlichte Eleganz von Beton

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KUNST Joseph Cornell war ein grandioser Surrealist. Nun werden seine Assemblagen endlich in Europa groß gezeigt. Dazu: Pamela Rosenkranz ist die Künstlerin der Stunde

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ADMOBIL Der BMW 3.0 CSL Hommage zeigt, wie man Ikonen in die Zukunft katapultiert. Wir trafen Chefdesigner Adrian van Hooydonk beim Concorso d’ Eleganza

ARCHITECTURAL DIGEST JULI/AUGUST

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DIE FOB JEK DAS BESTE AUS INTERIOR, STIL, DESIGN, KUNST & KAUARCHITEKTUR 201 5

SOMMER LAUNE

IM WILDEN SÜDEN FRANKREICHS WOSICH PROUVÉ AUF ANTIQUITÉ REIMT

PRACHT AUF ITALIENISCH

AUFDEMCOVER Den Pool stets im Bullauge: Wie Martin Luther Hamptons schnittige Art-déco-Villa in Miami wieder vom Stapel laufen konnte. Foto: Richard Powers

DIECASADER BENEDINI-BRÜDER INMANTUA

MIAMI MAGIC

PALMENPOOLUNDEINHAUS VOLLERDESIGN-SCHÄTZE

ÜBER DEN KLIPPEN VON JAMAIKA

DASFERIENPARADIESEINES HOLLYWOOD-STARS

DIEACHSE DES GUTEN

Miami Weiß? Nicht bei Stephan Weishaupt. Für ihn ist die Stadt eine Verbindung zwischen Nordund Südamerika. Das spiegelt die Einrichtung: Aus Brasilien stammt Isay Weinfelds Sideboard, daneben windet sich Vladimir Kagans Sofa und als europäische Note („meine Herkun“) gesellen sich Sebastian Herkner-Tische und ein Sessel dazu.

M IA M IB E AC H

Stephan Weishaupt suchte nur einen Showroom. Gefunden hat der Designhändler eine bezaubernde Villa von Martin Luther Hampton – und die beste Bühne für seine Möbel.

TEXTPETERRICHTER

FOTOSRICHARDPOWERS

Versammlung der Sitzriesen: An der Küchenbar links oben reihen sich leichtfüßige Hocker von Cees Braakman. Auf der Terrasse oben rechts sonnen sich Carlos Moas Sessel um einen Tisch von Tora Brasil. Parterre liegen noch die farbigen Fußböden, die der Architekt Martin Luther Hampton entwarf. Dafür ist das Mobiliar neu und wurde von Christophe Delcourt designt. Die gelbe Tischplae stammt von Christiane Perrochon.

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artin Luther Hampton war einer dieser Architekten, deren Namen heute nur wenige kennen, obwohl ihre Bauten die Vorstellung ganzer Städte und Regionen prägen. Hampton zum Beispiel hat an unserem Bild von Miami tatkräftig mitgebaut, und das umfasst ja neben Hotels im Art-déco-Stil auch einen milden Modernismus und eklektizistische Eskapaden. Der Mann war 1890 in South Carolina zur Welt gekommen, früh nach Miami gezogen und von den Hotelbossen zur Inspiration nach Spanien geschickt worden. Danach baute er eine Alhambra nach der anderen an die Küste Floridas. Er schenkte Miami Beach ein Rathaus, das unten als strenges Hochhaus beginnt und oben als barockes Lustschloss endet, er schuf aber auch den eher kühl zurückhaltenden Büroturm des sogenannten Congress Building auf dem Festland von Miami. Und er baute immer wieder auch einzelne Wohnhäuser, in denen sich sein Wille zu hedonistischer Opulenz mit den Diskretionsbedürfnissen privater Wohnhäuser ins Benehmen setzen musste. Eines davon steht heute noch in einer schattigen Wohnstraße von Miami Beach und schaut mit zwei ans Eck gesetzten Fenstern freundlich über die weiße Gartenmauer. Dass über diesen Augen ein Kranzgesims ums Haus läuft wie die steife Krempe eines Sonnenhütchens, verstärkt noch den Eindruck, es hier mit einem netten, aufgeschlossenen Nachbarn zu tun zu haben. Andere Häuser schreien eitel herum, wieder andere Zum Aufwachen wedeln die Palmen herein. Beste Nachtruhe verspricht das Be von verstecken sich hier neurotisch, dieses hält Meridiani, das Sofa entwarf Christophe Delcourt eigens für Stephan Weishaupts sich unaufdringlich ansprechbar. Könnte sein, Wochenend-Villa. Der gebürtige Münchner lebt eigentlich im etwas kühleren Toronto. dass die ausgestellten Sonnenblenden ein anthropomorpher Reflex auf Le Corbusiers brise-soleil sind, das Haus beitet, erst bei BMW in New Jersey, dann bei MINI in Toronto, und ist schließlich von 1932. Man kann jedenfalls verstehen, dass der letz- das alles, sagt er, habe letztlich zu dem geführt, was er heute mache. te Besitzer, ein französischer Schmuckhändler, ganz gern hier lebte Vom Handel mit High-End-Autos zu dem mit hochwertigen Möbeln und erst, nachdem er altersbedingt schon länger das oberste Stock- sei es gar kein so großer Schritt. Die Möbel kommen aus Europa, Südamerika, vor allem Brasilien, zum Teil auch aus den USA, die Kunwerk nicht mehr nutzen konnte, zurück nach Frankreich ging. Es war Ende 2012, als das Haus nach langer Zeit wieder auf den den sitzen überwiegend in Nordamerika und neuerdings auch Asien. Markt kam. Und der junge Deutsche Stephan Weishaupt war eigent- Weishaupts Geschäft ist also recht reiseintensiv. Dass nun so oft wie lich, erzählt er, gar nicht auf der Suche nach einem Haus wie diesem. möglich auch ein Wochenende in Miami dazukommt, liegt daran, Was er gesucht hatte, war vielmehr ein Showroom für seine Möbel- dass seine Makler damals zwar keinen Showroom fanden, aber dafür firma Avenue Road. Stephan Weishaupt wurde 1977 als Sohn des Ar- dieses Haus, und Anschauen kostete ja nichts. Man wird sich das vorstellen müssen wie das, was – manchmal – chitekten Maximilian Weishaupt in München geboren, seine Eltern haben eine namhafte Sammlung Konkreter Kunst zusammengetra- auch in einem Möbelhaus passiert: Leute vergucken sich und wollen gen, er selbst hat nach dem BWL-Studium im Luxusmarketing gear- etwas so dringend haben, dass sie zur Not ihr Leben drum herum neu

„MANKANNNICHTALLESAUFEINMALMACHENMANMUSS ERSTIMHAUSLEBENUMZUFÜHLENWASNOCHGETANWERDENMUSS “ STEPHANWEISHAUPT

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Tropical modernism: Eine besondere Herausforderung für Stephan Weishaupt war es, das große runde Fenster zum Pool hurrikansicher zu machen. Li. Seite: Sebastian Herkners „Bell Table“ trägt sonst Schwarz. Die Marmorplae ist eine Maßanfertigung. Informationen im AD Plus ab Seite 158.

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Zwischenstopp in Style: Stephan Weishaupt (links) ist viel unterwegs. In Toronto führt er eine Möbelfirma, nach Miami reist er zur Entspannung. Vorm Marmorhintergrund bekommt die Agape-Wanne (o.) ihren Auri, san erhellt von einer Anastassiades-Leuchte.

PORTRÄT: MAXIME BOCKEN

ausrichten. Allerdings sind die Winter in Toronto lang, da ist ein Pied-à-terre in Florida ein nachvollziehbarer Wunsch. Zwei Jahre hat dann der Umbau gedauert. Die Fenster und Türen mussten hurrikansicher gemacht werden, und der Stahl in den Kranzgesimsen war über die Jahrzehnte korrodiert, vor allem aber war es Weishaupt ein Anliegen, innen ein wenig aufzuräumen. In der Küche und im Obergeschoss verschwanden ein paar der in Amerika üblichen Einbauschränke. Außerdem konnte von dem ehemaligen Dienstmädchen-Zimmer, wo jetzt ein kleines Gym seinen Platz hat, noch etwas Raum der großen Küche zugeschlagen werden. Ansonsten blieben die Wände hier unten unangetastet, um Martin Luther Hamptons farbige Fußböden bewahren zu können. Oben, wo die Schlaf- und Gästezimmer liegen, war man da etwas freier, hier bricht gerade der mit schwarz marmoriertem Stein verkleidete Masterbathroom mit allen Erwartungen an Floridas Pastelltöne. Bei den Türen wurden sogar die ursprünglichen Zargen re-

konstruiert, und nur die sonderbaren Türstürze mussten in einigen Fällen etwas erhöht werden, damit die Bewohner unter ihnen durchpassen. Hampton hatte hiermit gewissermaßen kleine Vorhänge simuliert, und diese überraschenden Orientalismen halten sogar noch in seiner Variante einer modernen Villa die Erinnerung an die Alhambra wach. Besonders bemerkenswert ist aber, wie suggestiv Stephan Weishaupts Einrichtungen in diesen Bau passen. Denn es sind, natürlich, die Möbel, mit denen er ohnehin zu tun hat. Den gläsernen Hängeschrank von der italienischen Firma Rosanna in der Küche könnte man auch bei ihm in Toronto so kaufen, den Rest hat ihm die Firma eigens angefertigt. Von der Küche könnte man jetzt rausgehen, sich im Hof auf die Stühle des Brasilianers Carlos Motta setzen (der Tisch dazu ist einfach ein Stück Wurzel aus einem Sumpfbaum) oder im Wohnzimmer auf den Sessel von Sebastian Herkner aus Deutschland und später auf das Sechzigerjahre-Sofa von Vladimir Kagan wechseln. Leuchten des Zyprers Michael Anastassiades treffen da auf Sideboards von Isay Weinfeld aus São Paulo, und im Arbeitszimmer steht ein eichener Schreibtisch von Christophe Delcourt, dem wichtigsten Designer im Programm von Avenue Road, nur dass der hier – wir sind nun mal in Miami – in einem zart ins Uraltrosa spielenden Eiscremeton lackiert ist. Das Foto dahinter stammt von Trevor Paglen und zeigt, wenn man sehr genau hinschaut, eine Drohne des US-Militärs. Es ist nicht so, dass Stephan Weishaupt sagen würde, dass er nun doch noch den Showroom für seine Firma bekommen hat, den er ursprünglich hier suchte. Aber wenn Gäste sich für die Möbel interessieren, ist es schon praktisch, dass er sie gleich an seine eigene Firma verweisen kann. Aber das, sagt er, sei nicht alles, worum es ihm gegangen sei. Sondern auch um eine Hommage an den Ort. Vintage, Konfektion und Maßanfertigungen aus Nordamerika, Südamerika und aus Europa. Das trifft sicherlich den Geist von Miami. Vielleicht gilt das sogar für den des Architekten Martin Luther Hampton.

„DASEINZIGEWASICHNICHTSELBSTGEMACHTHABEWAREN DIEZEICHNUNGENDIEBEIDERSTADTEINGEREICHTWERDENSOLLTEN  DAMUSSTEEINRICHTIGERARCHITEKTRAN “ STEPHANWEISHAUPT

Weil Koolhaas, Foster und Hadid in Miami gerade Aufsehenerregendes errichten, rückt der dezente architektonische Überschwang eines Martin Luther Hampton beinahe aus dem Blickfeld. Von vorne grüßt sein Haus mit Hut.