WiKo - science & innovation

Zur technischen Lösung dieser Defizite bietet sich eine gemeinsame Plattform ... hen Defizite in Hinblick auf die Bewältigung konkreter Arbeitsprozesse sowie ...
223KB Größe 4 Downloads 339 Ansichten
Frank Fuchs-Kittowski, Daniel Faust, Claudia Loroff, Patrick Reuter

WiKo – Eine integrierte Wissens- und Kooperations-Plattform WiKo – An integrated knowledge and cooperation platform Kooperative Wissenserzeugung, Wissensmanagement, Wissensarbeit, Gruppenformen

Zusammenfassung

Summary

Zur Unterstützung von Wissensarbeitern wird eine inno-

With this paper an IT-support for knowledge work in

vative Wissens- und Kooperations-Plattform (WiKo) für

knowledge-intensive work processes is introduced. This

ein interaktionsorientiertes Wissensmanagement vorge-

knowledge and co-operation platform (in German: Wis-

stellt. Diese verbindet die Wissensbereitstellung und die

sens- und Kooperations-Plattform – for short: WiKo)

Wissenserzeugung zu einem zyklischen Prozess, so

combines activities of use and activities of (co-operative)

dass einerseits das Wissen der Organisation durch den

creation of knowledge. On one side the knowledge of the

einzelnen Wissensarbeiter genutzt und andererseits

entire organisation can be used by a single knowledge

darauf aufbauend neues Wissen in einem sozialen, ko-

worker and on the other side - based on this existing

operativen Prozess erzeugt werden kann, welches wie-

organisational knowledge - new knowledge can be cre-

derum für die Organisation, die Gruppe und den Einzel-

ated in a social, co-operative process, which in turn will

nen verfügbar wird. Es wurde eine Web-basierte Platt-

be provided as organisational resources for the entire

form konzipiert, implementiert und exemplarisch erprobt,

organisation, groups and the single knowledge worker. A

die einerseits Softwarebausteine für die verschiedenen

web-based platform was implemented and evaluated that

Strategien des Wissensmanagements zur Wissensbe-

integrates functionality for organisational knowledge

reitstellung und -bewahrung sowie andererseits Werk-

management as well as functionality for the different

zeuge für verschiedene Formen kooperativer Wissenser-

kinds of co-operative knowledge creation, and combines

zeugung integriert und diese miteinander verbindet.

those.

1. Einleitung Mit wissensintensiven Arbeitsprozessen differenziert sich ein neuer Typus von Arbeit heraus. Diese Wissensarbeit ist dadurch gekennzeichnet, dass das einmal erworbene Wissen nicht ausreicht, um die Arbeitsaufgaben zu bewältigen und Probleme zu lösen. Es wird erforderlich, dieses Wissen zu revidieren, zu verbessern und zu erneuern (Willke 1998), d. h. neues Wissen kreativ zu erzeugen, um zu einer Problemlösung zu kommen. Dabei entsteht dieses Wissen aber in einem sozialen Prozess und bedarf als soziales Produkt zu seiner Erzeugung und Nutzung der sozialen Interaktion und Kooperation. Derzeitige Ansätze der IT-Unterstützung von Wissensarbeit durch informations- oder kommunikationsorientierte Wissensmanagementsysteme weisen Defizite auf. Zur technischen Lösung dieser Defizite bietet sich eine gemeinsame Plattform an, in der die Werkzeuge der verschiedenen Ansätze integriert werden. In diesem Beitrag wird, ausgehend von grundlegenden Anforderungen an eine IT-Unterstützung von Wissensarbeit (Kapitel 2) und der Analyse von Szenarien kooperativer Wissenserzeugung in Unternehmen (Kapitel 3), die Wissens- und Kooperationsplattform „WiKo“ als integrierte Lösung dargestellt (Kapitel 4). Zudem werden erste Erfahrungen zum Einsatz der Plattform berichtet (Kapitel 5).

2. IT-Unterstützung von Wissensarbeit Um Wissensarbeit IT-technisch zu unterstützen, ist zu berücksichtigen, dass sich die zu bewältigenden Herausforderungen häufig erst situativ aus dem Prozess der Arbeit heraus ergeben. Dies bedeutet, dass im Vorhinein weder der Arbeitsprozess vollständig geplant noch das gesamte erforderliche Wissen bereitgestellt werden können. Eine IT-Unterstützung muss diesen Anspruch reflektieren und über die Wissensbereitstellung hinaus unterstützende Werkzeuge und Freiräume bieten, damit neues Wissen in einem sozialen, weitgehend selbst bestimmten Prozess aus dem Arbeitsprozess heraus erzeugt werden kann.

2.1 Wissensmanagementstrategien Derzeitige Ansätze der IT-Unterstützung von Wissensarbeit durch Wissensmanagementsysteme lassen sich in informationsorientierte (Kodifizierungsstrategie) und kommunikationsorientierte Ansätze (Personifizierungs- und Sozialisierungsstrategie) aufteilen. Informationsorientierte Ansätze fokussieren auf das explizite Wissen und haben das Ziel, dem Wissensarbeiter das im Vorhinein antizipierte und in der Organisation vorhandene explizite Wissen in kodifizierter Form verfügbar (z. B. Intranetportale oder Dokumentenmanagementsysteme) zu machen. Es wird unzureichend gesehen, dass fehlendes Wissen im sozialen Kontext erzeugt wird und auch dieser Prozess unterstützt werden muss. Kommunikationsorientierte Ansätze betonen die Bedeutung des personengebundenen und impliziten Wissens und berücksichtigen stärker die Einbettung in einen individuellen und sozialen Kontext (z. B. Community-Systeme und Expertenverzeichnisse). Sie unterstützen zwar einerseits die soziale, selbstbestimmte Interaktion, die für die Wissenserzeugung erforderlich ist. Andererseits bestehen Defizite in Hinblick auf die Bewältigung konkreter Arbeitsprozesse sowie die Nutzung und Bereicherung der (Wissens-) Ressourcen der Organisation. Beispielsweise existieren Communities meist unabhängig von geschaffenen organisatorischen Strukturen. Ihr Fokus ist meist nicht die Bewältigung konkreter Arbeitsaufgaben, sondern vielmehr der Austausch von bereits gemachten Erfahrungen (Wenger 1998; Ishida 1998). Auch wenn in einem Unternehmen meist eine der Strategien dominiert, schließen sie sich aber nicht gegenseitig aus (Hansen et al. 1999). Alle drei Strategien unterstützen in unterschiedlichem Ausmaß verschiedene Typen von Arbeitsaufgaben (Fuchs-Kittowski 2002). Da aber in einem wissensintensiven Arbeitsprozess unterschiedliche Aufgabentypen auftreten können (Fuchs-Kittowski 2002), ist es notwendig, Konzeptionen für alle drei Strategien zu entwickeln und diese geeignet miteinander zu verbinden. Informationsorientiert

Kommunikationsorientiert

Kodifizierung

Personifizierung

Sozialisierung

Austausch von expliziertem und

Interpersoneller Wissensaus-

Interaktion in Gemeinschaft

kodifiziertem Wissen

tausch

Wissen

Personenunabhängig

Personengebunden

Soziales Produkt

Ziel

Wiederverwendung des (kodifizier-

Situative Wissenserzeugung

Entwicklung und Pflege von

Gegenstand

ten) Wissens

im Kontext

gemeinschaftlichem Wissen

Unterstützte

Wiederkehrende, schematische

Nicht schematische, komplexe

Kreative Aufgaben (Probleme)

Aufgaben

Aufgaben

Aufgaben

Technik

Intranet, Dokumenten- und Con-

Expertenverzeichnisse, Skill

Knowledge Community,

(Beispiele)

tent Management

Management

Diskussionsforum, Wiki

Tabelle 1: Strategien des Wissensmanagements (in Anlehnung an Hansen et al. [1999] sowie Fuchs-Kittowski [2002])

2.2 Integration der Werkzeuge der Wissensmanagementstrategien Als technische Lösung bietet sich eine gemeinsame Plattform an, in der die verschiedenen Werkzeuge der einzelnen Strategien integriert und miteinander verbunden werden, um so das gesamte Spektrum an Aufgaben in wissensintensiven Arbeitsprozessen zu unterstützen. Im Folgenden werden Vorteile diskutiert, die für eine integrierte Unterstützung der verschiedenen Werkzeuge der einzelnen Strategien gegenüber nicht oder nur lose integrierten Einzelanwendungen sprechen. •

Verbindung von Wissensprozessen: Kooperative Arbeitsgruppen, die zur kooperativen Wissenserzeugung ITWerkzeuge der Sozialisierungsstrategie nutzen, profitieren durch eine integrierte Anwendung dadurch, dass vor und während der Zusammenarbeit auf Ressourcen - insbesondere kodifiziertes Wissen - der Organisation zugegriffen wer-

den kann. Außerdem kann durch die Explizierung von Wissen während der Zusammenarbeit die Kommunikation und die Wissensbewahrung in Gruppen besser unterstützt werden. Kodifizierungsansätze zur organisationsweiten Wissensbereitstellung profitieren dadurch, dass Ergebnisse der kooperativen Wissenserzeugung in Gruppen für die gesamte Organisation bewahrt werden können. Außerdem kann durch die Unterstützung der Kommunikation zwischen den Mitarbeitern eine bessere Grundlage für die Weiterentwicklung des explizierten und kodifizierten Wissens geschaffen werden. •

Vermeidung von Medienbrüchen: Aufgrund der Unbestimmtheit von Wissensarbeit kann im Voraus nicht festgelegt werden, welche Werkzeuge der Wissensarbeiter bei der Erfüllung seiner Aufgaben nutzt. So kann es sein, dass der Wissensarbeiter vor und während der Zusammenarbeit in einer Gruppe auf Ressourcen – insbesondere kodifiziertes Wissen – der Organisation zugreifen und dafür das Werkzeug wechseln muss. Auch wechselt der Wissensarbeiter die Kommunikations- und Kooperationsarten nach Bedarf und Präferenz und möchte den Inhalt der Kommunikation oder Kooperation in das andere Werkzeug übernehmen. Eine integrierte Anwendung ermöglicht dem Wissensarbeiter die Nutzung eines Systems für die verschiedenen Aufgaben, ohne durch Medienbrüche bzw. Systemwechsel im Arbeitsprozess behindert zu werden.



Einheitliche Suchfunktion (Matching): Der Wissensarbeiter sucht in verschiedenen Werkzeugen nach Dokumenten, Personen und Gruppen, die ihm bei der Bewältigung seiner Aufgabe nutzen können. Die Werkzeuge haben unterschiedliche Suchverfahren. Der Wissensarbeiter muss seine Suchstrategie dem jeweiligen Werkzeug anpassen. Dadurch wird die Suche erschwert, verlangsamt und die Qualität des Ergebnisses gemindert. Eine integrierte Anwendung fasst die Suche in den verschiedenen Werkzeugen zu einer Metasuche zusammen und präsentiert die Ergebnisse aus den verschiedenen Werkzeugen in einer Ansicht. Dadurch entsteht keine Behinderung des Wissensarbeiters an den Systemgrenzen.



Explorative Suche (Navigation): Wissensarbeiter müssen oft nach Informationen suchen, um ein Problem zu lösen bzw. um eine Wissenslücke zu schließen. Sie können aber meist nicht im Voraus genau spezifizieren, welche Information sie benötigen. Bei einer solchen Suche nach Information für noch nicht klar formulierte Bedürfnisse (Probleme) bzw. einer unscharfen Vorstellung von der benötigten Information stößt das Matching-Prinzip (siehe Punkt 3) auf Schwierigkeiten. Da das Wissen zur Problemlösung erst während des Problemlösungsprozesses bzw. der Wissensarbeit entwickelt wird, ist auch eine Suchunterstützung erforderlich, die berücksichtigt, dass sich auch das Informationsbedürfnis erst im Laufe des Suchvorgangs schärft und entwickelt. Eine solche "Explorative Suche" ist einer integrierten Anwendung über eine gemeinsame Wissensstruktur über die Wissensträger und über die Nutzung der Beziehungen zwischen den Wissensträgern möglich. Die Verbindungen zwischen Person, Dokument und Gruppe bzw. das daraus entstehende Netz wird dabei quer zu den vorgedachten, starren Wissensstrukturen einer organisatorischen Wissensbasis genutzt. Die Navigation erfolgt entlang während des Nutzungsprozesses des Systems entstehenden Beziehungen zwischen Dokumenten, Personen und Gruppen entsprechend der sich herausbildenden Interessen. So verweist ein Dokument auf Autoren, die wiederum Mitglieder in Gruppen sind, die wiederum Dokumente erarbeitet haben und weitere Experten als Mitglieder aufweisen usw. Dies spannt – im Gegensatz zu einer immer weiter einschränkenden Navigation entlang der Äste eines Baumes - einen weiten Raum an potenziell relevanten Wissensträgern auf.



Explorative Suche (Inhaltliche Erschließung): Durch die Beziehungen zwischen Person, Dokument und Gruppe bildet sich ein Netz als Kontext zu einem Wissensobjekt bzw. -träger. Ein entscheidender praktischer Nutzen besteht darin, dass dieses Netz sehr gut geeignet ist, die Wissensträger inhaltlich zu erschließen. Die Metaebene - wer ist der Autor des Dokuments, was hat der Experte schon geschrieben oder in welchen Gruppen ist er aktiv, wer ist mit welchen Kompetenzen und Positionen Mitglied in einer Gruppe - erlaubt potenziell die Erschließung der Inhalte der Dokumente bzw. der Kompetenzen der Personen und Gruppen sowie eine Interpretation und Beurteilung der Relevanz und der Qualität der verfügbaren Wissensträger.



Aktualität und Qualität der gespeicherten Profile: Die einzelnen Werkzeuge der Strategien haben getrennte Benutzerund Gruppenverwaltungen. Der Wissensarbeiter wird dadurch gezwungen, in jedem Werkzeug seine Benutzerdaten auf dem aktuellsten Stand zu halten und Gruppeninformation in jedem Werkzeug zu hinterlegen. Eine integrierte Anwendung verwaltet Benutzer und Gruppen zentral.



Nutzung bestehender Werkzeuge: Bei einer integrierten Anwendung brauchen die bereits bestehenden Werkzeuge der einzelnen Strategien nicht über Bord geworfen zu werden. Durch die Nutzung der bestehenden Werkzeuge wird auf die vorhandene Erfahrung der Mitarbeiter aufgebaut und der Schulungsaufwand reduziert.



Einheitliche Oberfläche: Durch eine integrierte Oberfläche können Funktionsbezeichnungen einheitlich und die Bedienung intuitiver gestaltet werden. Eine Reduzierung der Funktionen innerhalb der integrierten Oberfläche kann darüber hinaus zu einer Reduzierung der Komplexität für den Wissensarbeiter führen.



Zentrale, einmalige Anmeldung (Single-Sign-On): Eine integrierte Anwendung ermöglicht zusätzlich eine zentrale Anmeldung für die Werkzeuge der einzelnen Strategien. Damit ist das mehrmalige Anmelden im Gegensatz zu einer nichtintegrierten Anwendung nicht mehr erforderlich.

3. Formen kooperativer Wissenserzeugung Für die Sozialisierungsstrategie können unterschiedliche Formen kooperativer Wissenserzeugung unterschieden werden. In der Forschung zur Computerunterstützung kooperativer Arbeit (CSCW) findet sich überwiegend eine Differenzierung in „Community“ und „Team“. Allerdings werden die typischen Merkmale dieser beiden Gruppenformen dort unterschiedlich diskutiert und nicht einheitlich definiert. Im Folgenden werden nun unterschiedliche Gruppenformen vorgestellt, die bei einer Untersuchung von Szenarien kooperativer Wissenserzeugung in der betrieblichen Praxis klassifiziert werden konnten.

3.1 Kooperationsformen in betrieblichen Fallstudien Im Projekt „Wissens-Ko-Produktion in wissensintensiven Dienstleistungen (WiKo)“ wurden vom Fraunhofer ISST in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer FIT in drei Organisationen - Deutsche Telekom AG (Telekom Training), IG Metall und processware GmbH - unterschiedliche Szenarien der kooperativen Wissenserzeugung im Arbeitsprozess identifiziert und untersucht (Fuchs-Kittowski et al. 2003). Die in den Organisationen identifizierten Szenarien ließen sich die anhand der in der CSCW-Forschung diskutierten Gruppenmerkmale in drei Klassen einteilen. Während eine Klasse der Szenarien der Gruppenform „Team“ und eine andere der Gruppenform „Community“ zugeordnet werden konnten, war dies für die dritte Klasse nicht eindeutig möglich; sie wird im Folgenden „Netz“ genannt. Weiterhin werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der drei Gruppenformen hinsichtlich der Interaktion, der Selbstorganisation sowie der Zusammensetzung der Gruppe in ihren verschiedenen Ausprägungen beschrieben und in Tabelle 2 dargestellt.

Interaktion

Team

Netz

Community

Fokus

Ziel/Aufgabe

Ziel/Aufgabe

Interesse

Zweck

Wissenserzeugung

Wissenserzeugung

Wissensaustausch (führt

durch Wissensnutzung

durch Problemlösung

zu Wissenserzeugung)

Grad

Eng

Eng

Lose

Gegenstand

Gemeinsame Objekte

Gemeinsame Objekte

Austausch individueller Objekte

Dauer Organisation

Kurz

Kurz

Lang

Entstehung

Formell, ad hoc

Informell, wachsend

Informell, wachsend

Mitgliedschaft

Bestimmt

Freiwillig

Freiwillig

Legitimation der

Formell bestimmt

Selbst organisiert

Selbst organisiert

Formell legitimiert

Informell legitimiert

Informell legitimiert

Zusammensetzung

Fest

Variabel

Variabel

Wissensdiversität

Hoch

Hoch-Gering

Gering

Expertiseniveaus

Gleich

Gleich-unterschiedlich

Unterschiedlich

Zusammenhalt

Ziele

Ziele, Identifikation

Identifikation (Wir-Gefühl)

Größe

Klein

Klein-Groß

Groß

Offenheit für Nicht-

Geschlossen

Geschlossen-Offen

Offen

Zugehörigkeit Legitimation der Führung (Rollen) Struktur

Mitglieder Tabelle 2: Merkmale und Ausprägungen von Team, Netz und Community

Interaktion: Während in Teams (und Netzen) die Beteiligten eng interagieren (Wendel 1996, S. 25), dabei gemeinsame Objekte erstellen und bearbeiten (Borghoff et al. 2001, S. 104) und die Interaktion auf die kurzfristige Bewältigung einer gemeinsamen Aufgabe (Schulte-Zurhausen 1995, S. 151; Bühner 1996, S. 98) und die hierfür erforderliche Wissenserzeugung fokussiert ist, erfolgt in Communities eher ein loser, aber langfristig angelegter Austausch von individuellem Wissen, der auf einem gemeinsamen Interesse basiert (Mynatt et al. 1997; Wenger 1998; North 2000). Organisation: Communities (und Netze) sind im Gegensatz zu Teams selbstorganisiert. In ihnen ist die Mitgliedschaft freiwillig, die Beziehungen sind informell und die Mitglieder wechseln mit der Zeit (Wenger 1998; North 2000), während die Mitgliedschaft in einem Team extern bestimmt wird, die Struktur formal geregelt ist und die Mitglieder relativ stabil dem Team zugeordnet sind (Vecchio 1991, S. 378 f.). Struktur: In Teams sind die Wissensgebiete der Mitglieder heterogen (hohe Wissensdiversität), das Expertiseniveau der Mitglieder gleich und die Gruppe ist relativ klein sowie hinsichtlich der Mitgliedschaft geschlossen [Lipnack & Stamps 1997, S. 124 ff.]. Dagegen ist in Communities die Wissensdiversität gering, das Kompetenzniveau der Mitglieder heterogen, die Anzahl der Mitglieder hoch und die Gruppe hinsichtlich neuer Mitglieder offen [Mynatt et al. 1997]. Eine solch eindeutige Ausprägung der Merkmale lässt sich für das Netz nicht nachweisen. Hier sind die Fachkompetenzen der Mitglieder teilweise homogen und teilweise heterogen. Manche Netze sind groß, andere klein, wobei die Anzahl der Mitglieder und damit die Größe der Gruppe variieren. Netze sind aus der Innensicht offen, da bei Bedarf neue Mitglieder hinzugezogen werden können. Aus der Außensicht sind sie aber geschlossen, da man als Interessierter nicht einfach der Gruppe beitreten kann. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass statt der in der CSCW-Forschung diskutierten zwei Gruppentypen, drei verschiedene Kooperationsformen – Teams, Communities und Netze – zweckmäßig unterschieden werden können. Die Form „Netz“ weist in einem Teil der Merkmale Gemeinsamkeiten mit Teams und im anderen Teil mit Communities auf und stellt somit eine unterscheidbare „Mischform“ der beiden anderen Gruppenformen dar. Die weitere Forschung muss zeigen, ob weitere Kooperationsformen gefunden werden können.

3.2 Integration der Kooperationsformen Im Folgenden wird dargestellt, dass bei einer IT-Unterstützung eine Integration der verschiedenen Kooperationsformen in einer Anwendung (statt eine separate Anwendung pro Gruppentyp) aus der Praxis her notwendig ist. Die Analyse der Szenarien der Organisationen zeigte deutlich, dass die Szenarien nicht isoliert betrachtet werden dürfen, da die beteiligten Personen in mehreren Gruppenformen gleichzeitig aktiv sein müssen. Im Folgenden werden Vorteile diskutiert, die für eine integrierte Unterstützung der verschiedenen Kooperationsformen gegenüber nicht oder nur lose integrierten Einzelanwendungen sprechen. •

Konfiguration der Gruppen durch Bedarf: Aufgrund der Unbestimmtheit von Wissensarbeit kann im Voraus häufig auch nicht bestimmt werden, welche Gruppenform für die konkrete Aufgabenbewältigung geeignet und angemessen ist. Der Einzelne, der eine Gruppe gründen will, müsste sich der theoretischen Unterschiede zwischen diesen Formen bewusst sein. Eine Integrationslösung ermöglicht, eine Gruppe entsprechend der Aufgabe und Situation zu gründen und nach Wunsch zu konfigurieren.



Mitgliedschaft in mehreren Gruppen unterschiedlichen Typs: Die Gleichzeitigkeit der Mitgliedschaft in den verschiedenen Gruppenformen lässt es als vorteilhaft erscheinen, die Interaktion in den verschiedenen Gruppen durch eine integrierte Anwendung zu unterstützen: Anwendungen müssen dann nicht gewechselt werden und die unterschiedlichen Wissensbasen können einfacher miteinander in Beziehung gesetzt werden.



Gruppenformen können ineinander überführt werden: Zwischen den verschiedenen Gruppenformen existieren vielfältige Beziehungen und Übergänge. Beispielsweise können Teammitglieder auf Aufgaben stoßen, für die ein Netz erforderlich ist, oder Teamergebnisse sollen längerfristig in Communities weiterentwickelt werden. In Communities aktive Mitarbeiter können aufgrund ihrer dort sichtbaren oder entwickelten Kompetenz in Netze eingeladen werden. Ein einfacher Übergang von einer Gruppenform zur anderen (Seamlessness) lässt sich in einer integrierten Umgebung realisieren.



Einheitliche Oberfläche: Eine einheitliche, integrierte Oberfläche ist einfacher zu handhaben, als drei einzelne Systeme, die in der Regel häufig Inkonsistenzen in der Gestaltung der Nutzeroberflächen, Funktionen, Bezeichnungen von Funktionen etc. aufweisen sowie einzeln konfiguriert und angepasst werden müssen.

4. WiKo-Plattform Mit der WiKo-Anwendung wurde eine Web-orientierte Plattform entwickelt, die Softwarebausteine für die verschiedenen Strategien des Wissensmanagements integriert. Es werden Werkzeuge zur Wissensbereitstellung und -bewahrung und Werkzeuge für die verschiedenen Formen kooperativer Wissenserzeugung zu einem zyklischen Prozess miteinander verbunden. Die Unterstützung des Zyklus bezieht sich auf folgende Schwerpunkte: das Auffinden von geeigneten Wissensträgern (Dokumente, Personen und Gruppen) mit Hilfe einer strukturierten, organisatorischen Wissensbasis, das flexible, situative Bilden und Verwalten verschiedenartiger Gruppentypen, die für die kooperative Wissenserzeugung erforderliche Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern sowie das Bewahren und die Pflege des individuell oder in der Gruppe erzeugten Wissens in der organisatorischen Wissensbasis. Die Oberfläche der WiKo-Anwendung besteht aus drei Komponenten (Abbildung 1): 1.

aus der in den Webbrowser integrierten Toolbar,

2.

aus dynamisch erzeugten Webseiten mit ihrer Dreiteilung in Navigation wie z. B. Aktenplan (links), Inhalt, wie z. B. die organisatorische Wissensbasis oder die Meldungsseite eines Nutzers (mittig), und Detailinformationen wie z. B. das Profil eines Nutzers (rechts),

3.

einem Tray-Icon in der Windows Taskleiste.

1.

2.

3.

Abbildung 1: Nutzeroberfläche der WiKo-Anwendung

4.1 Funktionalität Das Auffinden von geeigneten Wissensträgern für die Bewältigung wissensintensiver Aufgaben wird durch eine strukturierte, organisatorische Wissensbasis unterstützt. Die Strukturierung der verfügbaren Wissensträger entlang einer gemeinsamen Wissensstruktur bildet eine entscheidende einheitliche, integrative Sicht auf die in den verschiedenen Wissensmanagementsystemen bereits verfügbaren Wissensträger. Wissensträger sind nach einer Hierarchie (Fachsystematik) und entlang von (Arbeits-)Prozessen strukturiert. Die Visualisierung und die Metadaten der Wissensstrukturen stehen für die vorhandenen Navigations- und Suchfunktionen zur Verfügung (links). Die Visualisierung der Modelle sowie die Strukturierung

und Bereitstellung von verfügbaren Wissensträgern bietet damit eine Unterstützung bei der selbst organisierten Planung, Strukturierung und Antizipierung des Arbeitsprozesses. Zu jedem Element der Struktur werden die unterschiedlichen verfügbaren Wissensträger angezeigt (Mitte): Unter dem Reiter „Dokumente“ können Dokumente abgerufen, eingestellt und Details zum Dokument sowie zum Autor eingesehen werden. Unter dem Reiter „Personen“ werden geeignete Experten mit Informationen zu ihren Kompetenzen, verfügbaren Kommunikationsmitteln, erzeugten Dokumenten sowie Gruppenmitgliedschaften angezeigt. Unter dem Reiter „Gruppen“ werden alle aktiven Gruppen mit Informationen über ihre Aufgabenstellung, Status, Mitglieder und Kommunikationswerkzeuge angezeigt. In allen drei Bereichen können die gefundenen Dokumente und Personen nicht nur für die individuelle Arbeit genutzt bzw. Kommunikation mit ihnen initiiert, sondern auch in Gruppen übernommen werden. So können die in allen drei Bereichen gefundenen Personen (Autor, Experte, Mitglied) in die Gruppen eingeladen werden, in denen man auch selbst Mitglied ist. Die WiKo-Anwendung unterstützt über die in den MS Internet Explorer integrierte Toolbar die Kommunikation und Kooperation innerhalb von Gruppen. Zum einen können neue Gruppen gegründet oder existierende Gruppen ausgewählt werden. Bei der Gruppenauswahl wird das Gruppenprofil mit allen Informationen (Name, Mitglieder, Werkzeuge, Aushandlungen etc.) zur Gruppe angezeigt. Zum anderen werden in der Toolbar die für die ausgewählte Gruppe verfügbaren Interaktionswerkzeuge angeboten. Diese Werkzeuge sind gruppenbezogen vorkonfiguriert. Z. B. werden alle Mitglieder der Gruppe automatisch bei dem entsprechenden Werkzeug angemeldet (z. B. Diskussionsforum) und bei der Auswahl eines dieser Werkzeuge wird dieses gruppenspezifisch gestartet. So wird beispielsweise bei der Auswahl der Chat-Funktion für die Gruppe der MSN Messenger gestartet, wobei automatisch alle Mitglieder der ausgewählten Gruppe eingeladen werden, die gerade online sind. Ebenso werden in der Toolbar alle Mitglieder zur ausgewählten Gruppe mit ihrem Online-Status angezeigt. Je nach Online-Status sind die für das jeweilige Mitglied verfügbaren Interaktionswerkzeuge auswählbar (z. B. nur asynchrone Werkzeuge, wenn das Mitglied offline ist), so dass auch eine direkte Interaktion mit einzelnen Gruppenmitgliedern möglich ist. Die WiKo-Nutzer werden über Aktivitäten in den Gruppen informiert, in denen sie Mitglied sind. Ist ein WiKo-Nutzer „online“ werden alle Ereignisse bei ihrem Eintreten durch das Tray-Icon über ein Pop-Up-Fenster angezeigt. Beispielsweise werden die Mitglieder einer Gruppe informiert, wenn sich ein anderes Gruppenmitglied angemeldet oder einen neuen Diskussionsbeitrag abgegeben hat. Zusätzlich werden auf der „Meldungsseite“ alle Informationen dargestellt und verwaltet, die über einen längeren Zeitraum hinweg wichtig sein können, wie z. B. das Einstellen eines neuen Dokuments oder der Beginn einer neuen Aushandlung. Insbesondere werden hier auch Einladungen in Gruppen dargestellt und können angenommen oder abgelehnt werden. Die Meldungsseite ist ebenso über die Toolbar aufrufbar wie auch die Wissensbasis und das eigene Nutzerprofil (persönliche Daten, Kompetenz über das Einordnen in die Struktur der Wissensbasis, Interaktionswerkzeuge etc.). Die WiKo-Anwendung unterstützt die selbst organisierte Bildung und Verwaltung von Gruppen unterschiedlichen Typs. Bei der Gründung und der Auswahl einer Gruppe über die Toolbar wird das „Gruppenprofil“ angezeigt. Hier können die Merkmale der Gruppe entsprechend dem Bedarf einer konkreten Situation konfiguriert und später auch geändert werden. Beispielhaft wird nun anhand von drei Merkmalen aus Tabelle 2 gezeigt, wie eine Gruppe entsprechend der konkreten Bedarfslage konfigurierbar werden kann: •

Die „Offenheit“ der Gruppe wird konfiguriert, indem bestimmt wird, ob die Gruppe wie ein Team oder Netz „geschlossen“, d. h. für Außenstehende in der Wissensbasis nicht sichtbar, oder wie eine Community „offen“, d. h. in der Wissensbasis sichtbar und nutzbar für alle WiKo-Nutzer, sein soll.



Die „Führung“ der Gruppe kann über ein rollenbasiertes Rechtekonzept konfiguriert werden. Es können den Mitgliedern der Gruppe verschiedene Rollen, wie Moderator oder Mitglied, zugeordnet werden. Während Moderatoren mit allen Rechten ausgestattet sind, dürfen Mitglieder beispielsweise keine anderen Personen in die Gruppe einladen. Dies bedeutet, dass eine Gruppe, die nur einen Moderator besitzt, unter diesem Gesichtspunkt ein Team darstellt. Sind dagegen alle oder die Mehrzahl der Mitglieder gleichberechtigt – also Moderatoren – handelt es sich um eine Community oder ein Netz.



Der „Grad der Interaktion“ kann über die Auswahl der Interaktionswerkzeuge konfiguriert werden. Aus der Menge der verfügbaren Werkzeuge (Dokumentenverwaltung, Diskussionsforum, E-Mail, Audio- und Videokonferenz, Shared Application, Chat, etc.) werden die Werkzeuge ausgewählt, die die Gruppe nutzen soll. Erfolgt eine Zusammenstellung von Werkzeugen zur losen Interaktion (Dokumentenverwaltung, Diskussionsforum etc.) entspricht dies eher einer Communi-

ty. Für Teams und Netze werden Werkzeuge für eine engere Kommunikation und Kooperation (Videokonferenzen etc.) ausgewählt. Die Bewahrung des in der Gruppe erzeugten Wissens in der organisatorischen Wissensbasis erfolgt dadurch, dass Dokumente aus Gruppen sowie Personen und Gruppen selbst sich der Wissensstruktur zuordnen lassen. Sie werden dann im entsprechenden Strukturelement in der Wissensbasis sichtbar. Somit werden die Strukturdaten, die Daten des Dokumenten-, Personen- und Gruppenprofils als Metadaten zum Auffinden in der Wissensbasis genutzt.

4.2 Integration Zur Realisierung der WiKo-Plattform war die Integration von Werkzeugen des Wissensmanagements zur Wissensbereitstellung und -bewahrung sowie für verschiedene Formen kooperativer Wissenserzeugung erforderlich. Die Integration erfolgte auf mehreren Ebenen: Technische Ebene: Auf der technischen Ebene wurde eine offene Architektur konzipiert und implementiert, die als Framework für die Integration verschiedener, existierender Anwendungen des Wissensmanagements (wie z. B. das Dokumentenmanagementsystem BSCW 4.2 über XML-RPC), Interaktionswerkzeuge (z. B. MS Messenger über COM+) und eigene Softwarekomponenten (z. B. Gruppenverwaltung, Awareness-Komponente) fungiert. Es wurde ein Informationsmodell entwickelt, das die relevanten Informationstypen (Person, Dokument, Gruppe, Struktur etc.) detailliert beschreibt (u. a. Kompetenz von Personen, Eigenschaften von Gruppen) und vor allem in Beziehung setzt (z. B. Personen als Mitglieder von Gruppen, aber auch als Autoren von Dokumenten). Damit können die in den unterschiedlichen externen Systemen vorhandenen Wissensträger in einer Anwendung verwaltet werden. Weitere integrative Funktionen sind zum Beispiel das Einladen von Personen als Autoren von Dokumenten oder Experten zu einem Bereich der Wissensstruktur in Gruppen oder die Initiierung von Kommunikation über die zu einem Gruppenmitglied oder Autor angegebenen Interaktionswerkzeuge. Dienst-Ebene: Hier muss die Anwendung den Nutzern einheitliche, kontextspezifische Dienste anbieten. Zum einen bleibt beim Wechsel von einer integrierten Komponente der Wissensbasis in eine andere der aktuelle Arbeitskontext (Wissensstruktur) berücksichtigt und die in der Toolbar angezeigten Interaktionswerkzeuge und Gruppenmitglieder entsprechen dem gerade aktiven Gruppenkontext. Außerdem ermöglicht die WiKo-Plattform das Übertragen von Dokumenten aus der organisatorischen Wissensbasis in Gruppen und umgekehrt. Zum anderen müssen die Nutzer nicht auf der Ebene der Individualwerkzeuge operieren müssen (z. B. Chat, Videokonferenz). Beispielsweise wird Gruppenkommunikation vereinfacht durch Dienste, die existierende Werkzeuge (z. B. Chat) gruppenspezifisch vorkonfiguriert zur Verfügung stellen. Zusätzlich informiert die Awareness-Komponente sowohl über Ereignisse und Aktivitäten in Gruppen als auch in der organisatorischen Wissensbasis. Nutzer-Ebene: Auf dieser Ebene erhalten die Nutzer eine integrierte Sicht auf den Arbeits- und Kooperationskontext. Dies umfasst zum einen eine einheitliche, konsistente Oberfläche über alle integrierten Komponenten und implementierten Dienste. Insbesondere integriert die Wissensstruktur der Wissensbasis unterschiedliche Technologien für die verschiedenen Strategien des Wissensmanagements. Z. B. werden vorhandene Wissensträger (Dokumente, Personen, Gruppen) unter einer einheitlichen Sicht und Oberfläche aus verschiedenen Wissensmanagementanwendungen zur Verfügung gestellt. Zum anderen ist die Anwendung in den Arbeitsprozess integriert, so dass kaum zusätzliche Aktivitäten erforderlich sind. Die WiKo-Anwendung ist über die im Webbrowser integrierte Toolbar erreichbar. Der MS Internet Explorer ist das bei den befragten Organisationen am meisten genutzte Werkzeug, so dass aus dem gerade genutzten Werkzeug heraus die Unterstützung angestoßen werden kann. Es tritt keine Störung des Arbeitsprozesses auf.

5. Erprobung der WiKo-Plattform Im Rahmen der Evaluation des WiKo-Systems wurden Feldtests bei der IG Metall und der processware GmbH im realen Arbeitskontext durchgeführt. Bei Telekom Training fand eine exemplarische Erprobung statt. Die Plattform wurde für die Erprobung auf Servern des Fraunhofer ISST und des Fraunhofer FIT zur Verfügung gestellt. Die zu bearbeitenden Aufgaben wurden von den Praxispartnern selbst ausgewählt, wobei alle Aufgaben dem realen Arbeitskontext der Beteiligten entstammten. An den Erprobungen beteiligten sich insgesamt 26 Personen aus unterschiedlichen Arbeitsgebieten und unterschiedlichen Hierarchien. Die Teilnehmer wurden durch Workshops und Schulungen in kleinen Gruppen auf die Erprobung vorbereitet. Während der Erprobungszeit von bis zu vier Wochen wurde ständiger Support gewährleistet. Für die

Evaluation wurden entsprechende Hypothesen formuliert und damit verbundene Indikatoren entwickelt, die sich eng an den Anforderungen der Praxispartner orientierten. Außerdem wurden Kontrollvariablen zur Einführung des WiKo-Systems, zu den zu bearbeitenden Aufgaben, zur Stichprobe, zu Umgebungsvariablen und zur technischen Performanz erhoben. Die Erhebung aller Daten fand mittels Fragebögen zu zwei Erhebungszeitpunkten und Interviews im Anschluss an die Erprobungsphase statt. Das Datenmaterial wurde deskriptiv bzw. qualitativ ausgewertet und unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen interpretiert. Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse der Erprobung zusammengefasst. Im Rahmen der Erprobung stellte sich heraus, dass die verschiedenen Funktionen der Wissensbasis und der Kooperationsunterstützung als hilfreich bei der gemeinsamen Aufgabenbearbeitung von den Teilnehmern beurteilt wurden. Allerdings wurde aufgrund unvorhersehbarer Arbeitsbelastungen und der projektbedingten eher kurzen Evaluationszeit nur in geringem Maß konkret an den selbst gewählten Aufgaben gearbeitet. Zahlreiche Funktionen wurden von den Teilnehmern deshalb auch unabhängig von der Aufgabenbearbeitung ausprobiert. Genutzt wurden vor allem die Meldungsseite und die Gruppenwahrnehmung. Ein Resultat der intensiven Auseinandersetzung mit der WiKo-Anwendung sind gut begründete Verbesserungsvorschlägen zu verschiedenen Funktionen. Zudem ließ sich deutlich eine Unterstützung der Aufgabenbearbeitung mit der Art der in der WiKo-Anwendung integrierten Werkzeuge erkennen, auch wenn aus Gründen der Gewohnheit nicht immer das in der WiKo-Anwendung integrierte Werkzeug sondern ein äquivalentes bereits vorhandenes eingesetzt wurde (z. B. Email, Chat). Insgesamt wurden fast alle Funktionen von den Interviewpartnern für den realen Arbeitskontext als sinnvoll bis sehr sinnvoll angesehen. In diesem Zusammenhang wurden von den Teilnehmern konkrete weitere Nutzungsszenarien aufgezeigt, wie beispielsweise die automatisierte Versorgung von Verteilerkreisen der IG Metall mit Dokumenten oder der Einsatz der WiKo-Anwendung zu Beginn neuer Projekte seitens der processware GmbH. Die Integration von Wissensmanagementsystemen zu Personen, Gruppen und Dokumenten in eine Wissensbasis wurde von den Teilnehmern als sehr sinnvoll bezeichnet. Allerdings wurde die Wissensbasis kaum zur explorativen Suche von Wissensträgern genutzt, da sich die meisten Evaluationsteilnehmer bereits untereinander gut kannten und ohnehin ein reger Informationsaustausch über Email und Chat stattfand. Im Rahmen der Erprobung konnte zudem bestätigt werden, dass die WiKo-Anwendung die selbst gesteuerte aufgabenbezogene Bildung von Gruppen unterstützt. Verschiedene Facetten der Gruppenbildung und ihre Realisierung wurden von den Befragten aufgezeigt. Das Rollensystem wurde im Rahmen der Gruppenarbeit aufgrund der eher kleinen Gruppen nicht aktiv genutzt, eine Nutzung in großen Gruppen war bei den Teilnehmern allerdings vorstellbar. Der sinnvolle Einsatz einer Funktion zur Durchführung von Abstimmungen wurde allerdings nur bei größeren Gruppen gesehen. Die Teilnehmer fühlten sich durch die Awareness-Funktionen über Tray-Icon und Meldungsseite gut informiert. Als eine wichtige Ergänzung wurde die Möglichkeit einer Anpassung dieser Funktionen an die persönlichen Anforderungen formuliert. Auf die Frage hin, ob die WiKo-Plattform die Bewahrung erarbeiteten Wissen unterstütze, antworteten die Teilnehmer, dass aufgrund von Zeitmangel keine neuen Inhalte gezielt in die globale Wissensbasis eingestellt wurden. Dennoch erkannten die Befragten den Sinn und Zweck eines solchen Vorgehens und befürworteten dies. Es wurde sehr deutlich, dass nur „fertige“ Inhalte in der globalen Wissensbasis verfügbar gemacht werden sollen. Noch unfertige Inhalte, aber auch solche zu bestimmten Fachthemen, sollten möglichst in der Gruppe verbleiben. Dies erklärt, warum keine Inhalte gezielt in die globale Wissensbasis eingestellt wurden, da keine abschließende Aufgabenbearbeitung aufgrund des engen Projekt- und Erprobungszeitraums stattfand. Durch die Strukturierung der Wissensbasis entlang eines Aktenplans war der Umgang mit der Wissensbasis im Arbeitsprozess einfach. Unterstützend wirkte sich auch die Integration der Toolbar in den Internet Explorer aus. Hierdurch war sie den Teilnehmern immer präsent und leicht aufrufbar. Des Weiteren wurde die Integration externer und gern verwendeter Werkzeuge in die WiKo-Plattform als sehr positiv angesehen, da dies den Umgang mit dem System erleichterte. Insgesamt erfuhr die WiKo-Anwendung eine positive Gesamtbeurteilung zur Unterstützung des realen Arbeitskontextes. Weitere konkrete Nutzungsszenarien im realen Arbeitskontext wurden von den Teilnehmern identifiziert und konkrete Verbesserungsvorschläge wurden formuliert. Zu Beginn der Evaluation erhobene Erwartungen konnten in fast allen Punkten erfüllt werden - nur bedauerten die Teilnehmer, dass virtuelle Gruppenarbeit aufgrund eines unvorhersehbaren hohen Arbeitsaufkommens und der kürze der Evaluationsphase nur in Anfängen erfahren werden konnte. Dennoch wurde eine Unterstützung der Kommunikation und des Erfahrungsaustauschs von den Teilnehmern deutlich festgestellt. Die Teilnehmer signalisierten einvernehmlich den Wunsch, die WiKo-Anwendung über einen längeren Zeitraum in ihrer Arbeit zu erproben.

6. Zusammenfassung und Ausblick WiKo ist eine Wissens- und Kooperationsplattform, die zielgerichtet verschiedene Formen der kooperativen Bewältigung wissensintensiver Arbeitsaufgaben unterstützt. Die Besonderheit des gewählten Ansatzes besteht in der Integration unterschiedlicher Wissensmanagementansätze und Kooperationsformen in einer einheitlichen Anwendung. Das Ziel einer solchen Plattform besteht in der Verbindung von individueller, gemeinschaftlicher und organisatorischer Wissenserzeugung im Arbeitsprozess. Während beim informationsorientierten Wissensmanagement die Wechselwirkungen zwischen Individuum und Organisation über eine organisatorische Wissensbasis und beim kommunikationsorientierten Wissensmanagement bzw. der kooperativen Wissenserzeugung die Wechselwirkungen zwischen Individuum und Gruppe in einer Kooperationsumgebung im Vordergrund stehen, wird mit der WiKo-Plattform zusätzlich die fehlende Verbindung der Wechselwirkung zwischen Gruppe und Organisation durch Integration der Ansätze hergestellt. Durch das Schließen dieser Lücke wird ein interaktionsorientiertes Wissensmanagement ermöglicht. Die Praxistauglichkeit des Konzepts und der Anwendung konnte im Rahmen der Evaluation in den drei genannten Organisationen zur Bewältigung realer Arbeitsaufgaben exemplarisch evaluiert werden. Trotz des projektbedingt eher kurzen Evaluationszeitraums ergab sich, dass die WiKo-Plattform gewinnbringend im Arbeitsprozess eingesetzt werden kann und positiv von den Evaluationsteilnehmern beurteilt wurde.

7. Literatur Borghoff, U.; Koch, M.; Lacher, M.; Schlichter, J.; Weisser, K. (2001). Informationsmanagement und Communities - Überblick und Darstellung zweier Projekte der IMC-Gruppe München. In: Informatik, Forschung, Entwicklung, Vol. 16, Nr. 2, S. 103-109. Bühner, R. (1996): Betriebswirtschaftliche Organisationslehre. München: Oldenbourg. Felbert, D. von (1998): Wissensmanagement in der unternehmerischen Praxis. In: Pawlowsky, P. (Hrsg.): Wissensmanagement – Erfahrungen und Perspektiven. Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 119-141. Fuchs-Kittowski, F.; Reuter, P. (2002). E-Collaboration für wissensintensive Dienstleistungen. In: Information Management & Consulting, Vol. 17, Nr. 4, S. 60-67. Fuchs-Kittowski, F.; Stahn, P.; Walter, R. (2003). Wissensmanagement und E-Collaboration – Ein Framework für Communities, Teams und Netze zur Unterstützung kooperativer Wissensarbeit? In: KnowTech 2003 - 5. Konferenz zu Knowledge Engineering, München, 20.-21. Oktober 2003. Hansen, M.; Nohria, N.; Tierney, Th. (1999). Wie managen Sie das Wissen in Ihrem Unternehmen? In: Harvard Business Manager, Vol. 5, Nr. 21, S. 85-96. Ishida, T. (1998): Community Computing - Collaboration over Global Information Networks. Chichester: John Wiley. Lipnack, J.; Stamps, J. (1997): Virtual Teams - Reaching Across Space, Time and Organizations With Technology. New York: John Wiley and Sons Inc. Mynatt, E.D.; Adler, A.; Ito, M.; O’Day, V.L. (1997): Design for Network Communities. In: Proceedings of ACM SIGCHI Conference On Human Factors in Computing Systems. ACM, S. 210-217. North, K.; Romhardt, K.; Probst, G. (2000): Wissensgemeinschaften – Keimzelle lebendigen Wissensmanagements. In: IO Management, Vol. 69, Nr. 7/8 , S. 52-62. Schulte-Zurhausen, M. (1995): Organisation. München: Vahlen. Vecchio, R. (1991): Organizational Behavior. Chicago: Dryden Press. Wendel, Th. (1996): Computerunterstützte Teamarbeit. Wiesbaden: Gabler Verlag. Wenger, E. (1998): Communities of Practice: Learning, Meaning and Identity. Cambridge: Cambridge University Press. Willke, H. (1998): Systemisches Wissensmanagement. Stuttgart: Lucius & Lucius.

8. Autoren 2 Daniel Faust, Dipl.-Inform. ist seit 1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik und arbeitet dort als Projektleiter . Seine Foschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Softwaretechnik, Verteilte Systeme und Location Based Services. Im Fokus seiner Arbeit steht die prototypische Umsetzung von IT-Konzepten mit modernen, komponen1

2

tenbasierten Softwarearchitekturen. Mail: [email protected] 3 Claudia Loroff, Dipl.-Psych. ist seit 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik. Ihre Forschungsgebiete sind arbeitsprozessintegriertes Lernen, Erwachsenenbildung, Lernprozessbegleitung,

3

4

1 Frank Fuchs-Kittowski, Dipl.-Inform. ist seit 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik und Leiter der Arbeitsgruppe „Organisational Memories“. Seine Hauptforschungsgebiete sind kooperative Wissensmanagementumgebungen und arbeitsprozessintegriertes Lernen. Mail: [email protected]

Arbeitsprozessanalysen

und

Evaluation. Mail: [email protected] 4 Patrick Reuter, Dipl.-Wirtsch.-Ing., ist seit Januar 2002 beim Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Hier beschäftigt er sich hauptsächlich mit Fragen der ITUnterstützung von Gruppenarbeit und wissensintensiver Arbeitsprozesse. Mail: [email protected]