Wesen und Wege nachhaltigen Konsums

Ruth Kaufmann-Hayoz, Sebastian Bamberg, Rico Defila, Christian Dehmel, ... Konrad Götz, Daniel Fischer, Andreas Homburg, Marlen Schulz, Stefan Zundel. 6.
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Ergebnisse Sozial-ökologischer Forschung

Rico Defila, Antonietta Di Giulio, Ruth Kaufmann-Hayoz (Hrsg.)

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Wesen und Wege nachhaltigen Konsums Ergebnisse aus dem Themenschwerpunkt »Vom Wissen zum Handeln - Neue Wege zum nachhaltigen Konsum«

Der Themenschwerpunkt wurde im Rahmen des Förderschwerpunktes Sozial-ökologische Forschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter www.oekom.de. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 oekom, München oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, Waltherstraße 29, 80337 München Satz + Layout: oekom verlag Umschlaggestaltung: oekom verlag Umschlagabbildung: Giuseppe Porzani/fotolia.com Druck: PRISMA Verlagsdruckerei, Saarbrücken Der Innenteil dieses Buches wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-86581-296-4 e-ISBN 978-3-86581-356-5

Rico Defila, Antonietta Di Giulio, Ruth Kaufmann-Hayoz (Hrsg.)

Wesen und Wege nachhaltigen Konsums Ergebnisse aus dem Themenschwerpunkt »Vom Wissen zum Handeln - Neue Wege zum nachhaltigen Konsum«

Inhalt Angelika Zahrnt Geleitwort Rico Defila, Antonietta Di Giulio, Ruth Kaufmann-Hayoz Einführung

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Teil 1 – Der Syntheserahmen Rico Defila, Antonietta Di Giulio, Ruth Kaufmann-Hayoz, Markus Winkelmann Eine Forschungslandschaft zu Nachhaltigkeit im Konsum

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Antonietta Di Giulio, Bettina Brohmann, Jens Clausen, Rico Defila, Doris Fuchs, Ruth Kaufmann-Hayoz, Andreas Koch Bedürfnisse und Konsum – ein Begriffssystem und dessen Bedeutung im Kontext von Nachhaltigkeit

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Daniel Fischer, Gerd Michelsen, Birgit Blättel-Mink, Antonietta Di Giulio Nachhaltiger Konsum: Wie lässt sich Nachhaltigkeit im Konsum beurteilen?

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4

Ruth Kaufmann-Hayoz, Sebastian Bamberg, Rico Defila, Christian Dehmel, Antonietta Di Giulio, Melanie Jaeger-Erben, Ellen Matthies, Georg Sunderer, Stefan Zundel Theoretische Perspektiven auf Konsumhandeln – Versuch einer Theorieordnung

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Ruth Kaufmann-Hayoz, Bettina Brohmann, Rico Defila, Antonietta Di Giulio, Elisa Dunkelberg, Lorenz Erdmann, Doris Fuchs, Sebastian Gölz, Andreas Homburg, Ellen Matthies, Malte Nachreiner, Kerstin Tews, Julika Weiß Gesellschaftliche Steuerung des Konsums in Richtung Nachhaltigkeit

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Melanie Jaeger-Erben, Martina Schäfer, Dirk Dalichau, Christian Dehmel, Konrad Götz, Daniel Fischer, Andreas Homburg, Marlen Schulz, Stefan Zundel Methodenkombination in der Forschung zu nachhaltigem Konsum: Herangehensweisen, Herausforderungen und Mehrwert

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Wesen und Wege nachhaltigen Konsums

Teil 2 – Ergebnisse der Verbünde A

Stellenwert von Nachhaltigkeitsaspekten bei Investitionsentscheidungen

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Julika Weiß, Immanuel Stieß, Stefan Zundel Motive und Hemmnisse für eine energetische Sanierung von Eigenheimen

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Joachim Schleich, Bradford F. Mills Determinanten und Verteilungseffekte des Kaufs energieeffizienter Haushaltsgeräte

197

2

B

Änderungen von Konsumgewohnheiten im Alltag

3

Martina Schäfer, Melanie Jaeger-Erben Lebensereignisse als Gelegenheitsfenster für nachhaltigen Konsum? Die Veränderung alltäglicher Lebensführung in Umbruchsituationen

213

Ellen Matthies, Dirk Thomas Nachhaltigkeitsrelevante Routinen am Arbeitsplatz – Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wandel

229

4

C

Die soziale Einbettung des Konsumhandelns

5

Matthias Barth, Daniel Fischer, Gerd Michelsen, Horst Rode Bildungsorganisationale Konsumkultur als Kontext jugendlichen Konsumlernens

247

Konrad Götz, Wolfgang Glatzer, Sebastian Gölz Haushaltsproduktion und Stromverbrauch – Möglichkeiten der Stromersparnis im privaten Haushalt

265

Melanie Jaeger-Erben, Ursula Offenberger, Julia Nentwich, Martina Schäfer, Ines Weller Gender im Themenschwerpunkt »Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum«: Ergebnisse und Perspektiven

283

6

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Inhaltsverzeichnis

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7

Sophia Alcántara, Sandra Wassermann, Marlen Schulz »Ökostress« bei nachhaltigem Wärmekonsum?

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Ursula Offenberger, Julia Nentwich Sozio-kulturelle Bedeutungen von Wärmeenergiekonsum in Privathaushalten

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D

Konsumentinnen und Konsumenten in neuen Rollen

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Cordula Kropp, Gerald Beck Wie offen sind offene Innovationsprozesse? Von Nutzerrollen und Umsetzungsbarrieren

333

Birgit Blättel-Mink, Jens Clausen, Dirk Dalichau Neue Akteure in Online-Märkten des Gebrauchtwarenhandels. Chancen für nachhaltigen Konsum am Beispiel eBay

349

12

Ulf Schrader, Frank-Martin Belz Mit Nutzerintegration zu Nachhaltigkeitsinnovationen

363

E

Design und Wirksamkeit gesellschaftlicher Steuerung

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Andreas Koch, Daniel Zech Wirkungsanalyse im Rahmen des Wärmekonsums – Nutzerverhalten und thermische Energienutzung

383

Georg Sunderer, Konrad Götz, Sebastian Gölz Die Bewertung von Feedbackinstrumenten zum Stromverbrauch

397

Andreas Klesse, Joachim Müller, Ralf-Dieter Person Einsparpotenziale durch Verhaltensänderungen im Umgang mit Energie – Herausforderungen der Messbarkeit im realen Gebäudebetrieb am Beispiel Hochschulen

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Wesen und Wege nachhaltigen Konsums

Bettina Brohmann, Veit Bürger, Christian Dehmel, Doris Fuchs, Ulrich Hamenstädt, Dörthe Krömker, Volker Schneider, Kerstin Tews Nachhaltiger Stromkonsum in deutschen Haushalten – Rahmenbedingungen für politische Interventionen

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Bettina Brohmann, Christian Dehmel, Doris Fuchs, Wilma Mert, Anna Schreuer, Kerstin Tews Prämienprogramme und progressive Stromtarife als Instrumente zur Förderung des nachhaltigen Elektrizitätskonsums privater Haushalte

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Anhang Steckbriefe der Verbünde Autorinnen und Autoren

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Angelika Zahrnt

Geleitwort Konsum ist der Wachstumsmotor der Wirtschaft in den Industriestaaten – und dies mit ökologischen Folgen wie Abfällen und Emissionen, Ressourcenverbrauch und Naturzerstörung. Schon jetzt sind die ökologischen Grenzen der Belastbarkeit des Planeten überschritten. Eine wirtschaftliche Entwicklung der Entwicklungs- und Schwellenländer nach westlichem Muster würde Klimawandel und Artensterben massiv beschleunigen. Auch negative soziale und kulturelle Folgen wie Ausbeutung, Ungerechtigkeit, unwürdige Arbeitsbedingungen und Verlust an kultureller Vielfalt sind nicht akzeptierbar. Diese Erkenntnisse führten beim Erdgipfel in Rio 1992 zu der Forderung, dass die westlichen Industriestaaten Konsum- und Produktionsmuster entwickeln müssen, die mit der Idee einer Nachhaltigen Entwicklung vereinbar sind, d.h. dazu beitragen, dass alle Menschen heute und in Zukunft ihre (Grund-)Bedürfnisse befriedigen können. Die UN-Konferenz in Johannesburg 2002 bekräftigte dies und forderte die Staaten auf, Aktionspläne für nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion zu erstellen. (Fast) 20 Jahre nach Rio sind die meisten Staaten, auch die BRD, dieser Forderung nicht nachgekommen. Trotzdem hat sich einiges getan im Bereich nachhaltigen Konsums. Neue energieeffiziente Produkte wurden entwickelt, Labels für biologisch und unter fairen Bedingungen erzeugte Lebensmittel geschaffen, neue Ideen zum Ersatz von Produkten durch Dienstleistungen wurden zu erfolgreichen Geschäftsprojekten, alte Ideen wie die Mehrfachnutzung und gemeinsame Nutzung fanden neue Akzeptanz. Aber all diese positiven Entwicklungen im Einzelnen haben bisher nicht dazu geführt, dass es in der Breite zu einem merkbaren Rückgang der Umweltbelastungen und anderer unerwünschter Folgen der vorherrschenden Konsummuster gekommen wäre – und das, obwohl wir immer mehr Wissen haben, die Dringlichkeit des Handelns immer deutlicher wird und die Besorgnis zunimmt. An diesem Auseinanderklaffen von Wissen und Handeln, an der Frage, warum Betroffenheit im Alltagshandeln folgenlos bleibt, setzt der SÖF-Themenschwerpunkt »Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum« an. Ob es um eine Investitionsentscheidung für die Erneuerung des Eigenheims, um das Einschalten des Computers im Büro oder um den täglichen Einkauf geht – immer stellen sich Fragen der Nachhaltigkeit, und mit nahezu jedem Konsum ist auch Energieverbrauch

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verbunden. Gleichzeitig ist der Klimawandel heute die zentrale gesellschaftliche Herausforderung, und die Diskrepanz zwischen Problembewusstsein und Lösungsmöglichkeiten auf der einen Seite und zögerlicher Umsetzung auf der anderen Seite ist hier besonders deutlich. Deshalb wurde im SÖF-Themenschwerpunkt besonders intensiv untersucht, wie diese Diskrepanz verringert werden kann, was förderlich und was hinderlich ist, damit nachhaltiger Konsum sich in der Breite und schnell durchsetzen kann. Herausgekommen sind viele interessante Ergebnisse zu einzelnen Fragestellungen und Projekten – interessant insbesondere für Lehrende und Forschende, die sich mit nachhaltigem Konsum befassen, und für Personen, die sich an der Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis für die Förderung nachhaltigen Konsums einsetzen. Interessant aber auch, weil sich gerade in einem so vielschichtigen Thema wie dem Konsum mit seinen naturwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Bezügen Interdisziplinarität besonders bewährt. Der transdisziplinäre Ansatz, der Forschung und Praxis zusammenbringt, hilft, dem komplexen Zusammenwirken vieler unterschiedlicher Akteure im Themenfeld Konsum besser auf die Spur zu kommen. Über diese Einzelergebnisse hinaus werden in diesem Band auch die Ergebnisse der gemeinsamen Synthesearbeit präsentiert. Hier wurden Antworten auf allgemeine und abstraktere Fragestellungen im Themenfeld nachhaltiger Konsum erarbeitet. Was ist nachhaltiger Konsum und wie lässt er sich beurteilen, welches sind Möglichkeiten der gesellschaftlichen Steuerung des Konsums und wie ist ihre Wirksamkeit? Und neben den kondensierten Antworten auf diese inhaltlichen Fragen steht das Ergebnis der Reflexion über das methodische Herangehen. Ich wünsche diesem Sammelband, dass er zu einer Verbreitung der Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Forschungsprojekten wie auch der von der Begleitforschung moderierten Synthesearbeit beiträgt und gleichzeitig zu einer Verbreitung des nachhaltigen Konsums in der Praxis. Ich wünsche mir darüberhinaus, dass die Perspektive der Konsumforschung erweitert wird um die Frage, wie nicht nur Konsum, sondern auch bewusster Nicht-Konsum zu einer Nachhaltigen Entwicklung beitragen kann. Der Konflikt zwischen einer Wirtschaftspolitik, für die der Konsum vor allem Wachstumsmotor ist, und der Nachhaltigkeitsforderung, dass die Konsummuster in den Indus trieländern weltweit verträglich sein müssen, ist auch eine Herausforderung für die Wissenschaft.

Rico Defila, Antonietta Di Giulio, Ruth Kaufmann-Hayoz

Einführung Die SÖF und der Themenschwerpunkt nachhaltiger Konsum Dieses Buch ist ein Produkt aus dem Themenschwerpunkt »Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum«, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Sozial-ökologischen Forschung (SÖF) fördert.1 In der Sozial-ökologischen Forschung soll strategisches Wissen für die Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung und den Umgang mit konkreten Nachhaltigkeitsproblemen erarbeitet werden. Mit dem Thema Konsum griff das BMBF ein für Nachhaltige Entwicklung zentrales gesellschaftliches Handlungsfeld auf. Bereits in der Agenda 21, die 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedet wurde, wird gefordert, sich gezielt mit nicht-nachhaltigen Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten auseinanderzusetzen. Auf dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 war dieses Thema zentral, und es wurde ein Zehn-Jahres-Rahmenprogramm für Nachhaltigkeit in Konsum und Produktion beschlossen (der Marrakesch-Prozess). Konsum ist ein außerordentlich vielschichtiges gesellschaftliches Phänomen. Er spielt für die nationale und internationale wirtschaftliche Entwicklung eine zentrale Rolle, weist aber auch sozio-kulturelle und ethisch-moralische Aspekte auf und hat Auswirkungen auf den Zustand der außermenschlichen Natur. Menschen treffen täglich Konsumentscheidungen und führen gewohnheitsmäßig Konsumhandlungen durch. Gefordert wird, dass diese mit einer Nachhaltigen Entwicklung vereinbar sein sollen. Die mit dem individuellen Konsumhandeln verbundenen wirtschaftlichen, umweltbezogenen und gesellschaftlichen Zusammenhänge sind aber so vielfältig und komplex, dass der Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen des Konsumhandelns nicht ohne Weiteres ein entsprechendes individuelles und kollektives Handeln folgt. An dieser Stelle setzt der Themenschwerpunkt »Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum« an. Eine wissenschaftliche Erforschung der hindern-

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http://www.sozial-oekologische-forschung.org/de/947.php [25.09.2011]

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den und fördernden Bedingungen nachhaltige(re)n Konsumhandelns findet zwar seit einiger Zeit statt. Die in diesem Gebiet Forschenden gehören allerdings ganz verschiedenen Disziplinen, Fachgemeinschaften und Netzwerken an, und ihre Publikationen sind entsprechend zerstreut, was eine Integration des vorhandenen Wissens erschwert. Zudem wurden grundlegende und normative Aspekte, wie z.B. eine präzisere (wissenschaftlich gestützte) Bestimmung dessen, was Nachhaltigkeit im Konsum konkret bedeuten und wie individueller Konsum hinsichtlich Nachhaltigkeit beurteilt werden kann, bislang erst in Ansätzen bearbeitet. Vor diesem Hintergrund soll der Themenschwerpunkt, dessen Bekanntmachung im Jahre 2006 erfolgte, neues Orientierungs- und Handlungswissen generieren, das für unterschiedliche Akteursgruppen für die Stimulierung und Unterstützung nachhaltigen individuellen Konsumhandelns nutzbar ist. Eine solche Orientierung der Forschung an gesellschaftlichen Problemlagen mit dem Ziel, ›nützliches‹ Wissen für die Gestaltung einer Nachhaltigen Entwicklung zu erarbeiten, ist charakteristisch für »Nachhaltigkeitsforschung« (»Sustainability Science«), ein Wissenschaftsgebiet, das seit einigen Jahren im internationalen Diskurs immer deutlicher artikuliert wird und dem die Sozial-ökologische Forschung zugerechnet werden kann (wobei die SÖF im internationalen Vergleich zu den frühesten und gewichtigsten Förderinitiativen in diesem Bereich gehört). Solche Forschung erfordert ein Zusammenwirken von Natur-, Technik- und Gesellschaftswissenschaften sowie den Einbezug gesellschaftlicher Akteure – z.B. Verbraucher- und andere Nichtregierungsorganisationen, Kommunen, Unternehmen – in den Forschungsprozess. Mit andern Worten: Sie ist inter- und transdisziplinär ausgerichtet. Dies ist auch im Themenschwerpunkt nachhaltiger Konsum der Fall. Seit 2008 werden darin zehn Forschungsverbünde, die insgesamt aus 28 Teilvorhaben bestehen, gefördert (vgl. für Angaben zu den beteiligten Forschungs- und Praxispartnern, den Forschungsfragen und -zielen sowie den wichtigsten Ergebnissen und Publikationen der einzelnen Verbünde die Steckbriefe im Anhang). Inhaltlich decken die zehn Verbünde ein breites Spektrum von Konsumhandlungen ab: Reflektierte Entscheidungen ebenso wie Alltagsroutinen, Analyse und Rekonstruktion von sozialen Bedeutungen des Konsumhandelns ebenso wie konkrete veränderungsinduzierende Interventionen, Untersuchungen von Design und Wirkung politischer Steuerungsinstrumente ebenso wie Fragen der Vermittlung von Bewusstsein und Kompetenz für nachhaltiges Konsumhandeln. Mehrere Verbünde im Themenschwerpunkt beschäftigen sich mit jenen Aspekten des privaten Konsums, die mit Energieverbrauch einhergehen (Change, ENEF-Haus, Intelliekon, Seco@home, Transpose, Wärmeenergie). In den Fokus genommen werden hier sowohl Alltagsroutinen als auch Geräte-Kaufentscheidungen und Entscheidungen für die Sanierung von Eigenheimen. Es werden aus psychologischen, soziologischen, ökonomischen und po-

Einführung

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litikwissenschaftlichen Perspektiven die (hinsichtlich Nachhaltigkeit hemmenden und fördernden) Handlungsbedingungen analysiert, unterschiedliche Möglichkeiten der steuernden Einflussnahme in diesen Konsumfeldern ausgelotet und – in Zusammenarbeit mit Natur- und Ingenieurwissenschaften – Effekte und Potenziale solcher Interventionen abgeschätzt. Ein zweites Hauptthema im Themenschwerpunkt ließe sich unter das Stichwort »soziale Innovationen« stellen (Consumer/Prosumer, Nutzerintegration, BINK, LifeEvents): Online-Gebrauchtwarenhandel, Beteiligung von Nutzerinnen und Nutzern in der Produktentwicklung, Innovationen in Bildungsinstitutionen und die bessere Orientierung von Kommunikationsmaßnahmen an den Lebensrealitäten der Zielgruppen sind hier Themen, die ebenfalls unter verschiedensten disziplinären Perspektiven und in enger Zusammenarbeit mit Praxispartnern untersucht werden. Insgesamt hat sich klar bestätigt, dass es bei der Forschung zu nachhaltigem Konsum nicht sinnvoll ist, den Blick auf den Kauf bestimmter Produkte einzuengen. Sinnvoll ist es vielmehr, unter Konsumhandeln Akte der Wahl, des Erwerbs, der Nutzung bzw. des Verbrauchs und der Entsorgung oder Weitergabe von Konsumgütern (Produkten, Dienstleistungen, Infrastrukturen) zu verstehen.

Was ist nachhaltiger Konsum? Das Thema Nachhaltiger Konsum steht im Kontext der Diskussion um eine Nachhaltige Entwicklung. ›Nachhaltige Entwicklung‹ im Verständnis der Vereinten Nationen drückt aus, dass sich die globale, regionale und nationale Entwicklung der menschlichen Gesellschaft am umfassenden, übergeordneten Ziel auszurichten hat, die (Grund-) Bedürfnisse aller Menschen – gegenwärtiger wie künftiger – zu befriedigen und allen Menschen ein gutes Leben zu gewährleisten. ›Nachhaltiger Konsum‹ bedeutet entsprechend, dass der Erwerb, die Nutzung und die Entsorgung von Gütern in einer Weise geschieht, die dazu beiträgt, dass alle Menschen – gegenwärtige wie künftige – ihre (Grund-)Bedürfnisse und ihren Wunsch nach einem guten Leben verwirklichen können. Diese allgemeine Umschreibung dessen, was Nachhaltigkeit im Konsum ist, bedarf allerdings der Präzisierung und Konkretisierung, sonst kann das Thema weder einen tauglichen Forschungsgegenstand abgeben noch praktisches und politisches Handeln anleiten. Für ihre Arbeit bestimmten die Verbünde entsprechend je für sich, was nachhaltiger Konsum im jeweiligen Handlungsfeld bedeutet. Dabei übernahmen sie jeweils die für ihren Gegenstand passenden Vorschläge aus dem wissenschaftlichen und/oder politischen Diskurs. Die Energie-Projekte bezogen sich teilweise auf politische Vorgaben, d.h. ausgehandelte, konkrete Nachhaltigkeitsziele für Deutschland in den näch-