grundlagen einer liberalen und nachhaltigen ... - Swisscleantech

31.01.2015 - Die EU verlangte die Klärung übergreifender, alle. Abkommen betreffender ...... Tabelle 4 zeigt eine Übersicht zum Status Quo und zu den.
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GRUNDLAGEN EINER LIBERALEN UND NACHHALTIGEN BEZIEHUNG SCHWEIZ-EU

Europastrategie Januar 2015

INHALT 1 DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

5

2 SCHWEIZ-EU: ES BRAUCHT EINE LANGFRISTIGE STRATEGIE

8

3 POLITISCHE ANALYSE IM NACHGANG ZUR MASSENEINWANDERUNGSINITIATIVE (MEI) UND ECOPOP

12

4 GSF.BERN STUDIE «SCHWEIZ UND EUROPA» – TRENDS UND HANDLUNGSFELDER

24

5 ÜBERGEORDNETE SCHWEIZER ZIELE

28



Herausgeber und Autor: swisscleantech Reitergasse 11 8004 Zürich swisscleantech.ch @swisscleantechD youtube.com/swisscleantech Version 1.2; Januar 2015

28 28 28 29

6 UMSETZUNGSSCHRITTE HIN ZU EINER ZUKUNFTSFÄHIGEN BEZIEHUNG SCHWEIZ-EU

32

6.1 Streichung von Artikel 121a BV sofern nötig 6.2 Anpassung des Verhandlungsmandats zum institutionellen Rahmen 6.3 Marktzugang – Umfang erweitern 6.4 Rechtsintegration – Mitspracherechte durch geeigneten institutionellen Rahmen sichern 6.5 Personenverkehr – Permanente Schutzklausel verankern 6.6 Personenverkehr – Innenpolitische Massnahmen umsetzen

32 34 36 36 38 41

7 WEITERFÜHRENDE ARBEITEN

47

8 DOKUMENTENVERWEISE UND QUELLENANGABEN

48



Impressum

5.1 Marktzugang – Zentral für Wirtschaft und Wissenschaft 5.2 Rechtsintegration – Mit Mitsprachemöglichkeiten 5.3 Enge politische Kooperation – Ohne Beitritt 5.4 Personenverkehr Schweiz-EU – Als Teil einer ganzheitlichen Zuwanderungspolitik

8.1 Relevante swisscleantech Publikationen 8.2 Relevante swisscleantech Medienmitteilungen und Veranstaltungen 8.3 Links zu externen und weiterführenden Informationsquellen

48 48 48

4

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

1

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Die vorliegende swisscleantech Europastrategie umfasst folgende übergeordnete Ziele:

1. Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zum EU-Binnenmarkt für die Schweizer Wissenschaft und Wirtschaft. 2. Mitspracherechte und Mitverantwortung bei der Rechtsetzung und Gerichtsbarkeit bezüglich desjenigen Teils des EU-Rechts, der auch für die Schweiz gilt. 3. Die Bekräftigung einer engen politischen Kooperation zwischen der Schweiz und der EU, ohne Beitritt der Schweiz zur EU. 4. Die Einbettung des Personenverkehrs zwischen der Schweiz und der EU in eine ganzheitliche Zuwanderungspolitik. Aus den übergeordneten Zielen lassen sich folgende sechs Umsetzungsschritte ableiten: Deutsch Französisch Italienisch Romanisch

1. Unterstützung der Initiative «Raus aus der Sackgasse - RASA», die notfalls eine Abstimmung zur Streichung von Art. 121a BV ermöglicht, um die durch die MEI bewirkte europapolitische Sackgasse demokratisch legitimiert zu verlassen. Die RASA-Initiative ist als Plan-B, respektive Versicherungs-Lösung zu verstehen: sie will der Bevölkerung gegebenenfalls die Möglichkeit geben, erneut über Art. 121a BV zu befinden, falls sich abzeichnet, dass es Bundesrat und Parlament in der 3-Jahresfrist nicht gelingt die Bestimmungen zu Kontingenten und Inländervorrang ohne Kündigung der bilateralen Verträge umzusetzen. 2. Abschluss eines Binnenmarktvertrags mit der EU, welches institutionelle Mitspracherechte im Bereich der Rechtsintegration gewährleistet. Das Verhandlungsmandat des Bundesrats zum jetzigen institutionellen Rahmen ist mit dem Auftrag des Einschlusses eines Binnenmarkvertrages als institutionelle Lösung zu ergänzen. 3. Damit einhergehend: Erweiterung von Umfang und Reichweite des Marktzugangs durch den Abschluss bisher blockierter Abkommen (z.B. Stromabkommen,) und die Erschliessung neuer Bereiche (z.B. Dienstleistungen).

Illustration Sprachkarte Europa

4. Rückzug des Beitrittsgesuchs zur Europäischen Union. 5. Verankerung einer permanenten Schutzklausel im Bereich des Personenverkehrs zur Ermöglichung kurzfristiger Zuwanderungssteuerung, dies als Bestandteil der institutionellen Lösung. 6. Umsetzung innenpolitischer Massnahmen, z.B. im Zusammenhang mit möglichen Auswirkungen des freien Personenverkehrs und mit der bestmöglichen Nutzung des inländischen Arbeitskräftepotentials, um so langfristig ein Gleichgewicht zwischen Arbeitsangebot und -Nachfrage herbeizuführen und aufrecht zu erhalten.

5

Fokusgruppe Europa 17. Juni 2014

8

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

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2 SCHWEIZ-EU ES BRAUCHT EINE LANGFRISTIGE STRATEGIE Diese Erstauflage der swisscleantech Europastrategie wurde vom Wirtschaftsverband im Nachgang zur Abstimmung über die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» (MEI) erarbeitet und stützt sich auf diverse Mitgliederbefragungen und Experteninterviews sowie die Arbeiten der swisscleantech Fokusgruppe Europa. Diese setzt sich aus Verbandsmitgliedern und Fachexperten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen.1 Berücksichtigt sind Ergebnisanalysen zur Annahme der MEI und der Ablehnung der Ecopop-Initiative, Anforderungen der Wirtschaft und Wissenschaft an die Beziehung SchweizEU, gesellschaftspolitische Aspekte2 bezüglich Zuwanderung und Wohlstand allgemein, sowie Erkenntnisse aus dem Vergleich der seit dem Frühjahr 2014 in der Öffentlichkeit diskutierten Handlungsansätze wie auch der von swisscleantech in Auftrag gegebenen Europabefragung («Europa-Monitor») durch das gfs.bern.3 swisscleantech verfolgt die Europapolitik der Schweiz seit 3 Jahren und hat im Mai 2012 dazu erstmals öffentlich Stellung genommen.4 Bereits im Frühjahr 2013 hat swisscleantech die Schaffung einer stabilen Grundlage für die Beziehung Schweiz-EU, - eine institutionelle Lösung einschliesslich Schutzklausel im Personenverkehr5 gefordert. Schon damals wurde von der EU zum wiederholten Mal und unmissverständlich klar gemacht, dass sie eine Weiterentwicklung des bilateralen Weges verlangt. Die EU verlangte die Klärung übergreifender, alle Abkommen betreffender Fragen6. Bis zur Einigung auf einen institutionellen Rahmen - so die Forderung der EU - würde es zu keinem Abschluss weiterer sektorieller Abkommen kommen.7

1 Siehe www.swisscleantech.ch/europa 2 Siehe dazu die Arbeiten der swisscleantech Fokusgruppe «Wirtschaft & Gesellschaft» 3 Siehe gfs.bern, Beziehung Schweiz-EU mit Rücksicht auf Migrationsfrage entwickelbar – Schlussbericht Studie «Schweiz und Europa», Dezember 2014 4 Siehe swisscleantech Medienmitteilung EU: Dienstleistungsabkommen als Preis für institutionelle Lösung, 1. Mai 2012 5 Siehe swisscleantech Medienmitteilung Schweiz und Europa: langfristige Strategie statt kurzfristiges Ventil, 24. April 2013 6 Siehe Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA), Institutionelle Fragen, 22. Januar 2015 7 Siehe z.B. European Council, Council conclusions on EU relations with EFTA countries, 20. Dezember 2012

Eines dieser blockierten Abkommen betrifft den Stromhandel. Das Stromabkommen ist für einen sicheren und wettbewerbsfähigen Schweizer Strommarkt von entscheidender Bedeutung und sowohl für die Cleantech Energiestrategie als auch die Energiestrategie 2050 des Bundes direkt relevant. swisscleantech hat sich deshalb im Juni 2013 für proaktive Schritte in Richtung eines institutionellen Rahmenabkommens eingesetzt.8 Vertiefte Analysen im Nachgang der MEI und Ecopop bestätigen, dass weiterhin eine institutionelle Vorwärtsstrategie gefordert ist.9 Diesbezüglich sind bereits Entwicklungen im Gange. So verhandelt der Bundesrat derzeit mit der EU über die institutionellen Fragen.10 Im Oktober 2014 hat er auch den Entwurf für ein Verhandlungsmandat zur Anpassung des Personenverkehrsabkommens im Zusammenhang mit der Umsetzung von Art 121a BV verabschiedet.11 Dabei wird klar: Faktoren, die gemäss den im Folgenden dargelegten Überlegungen für die Schweiz strategisch wichtig sind, werden derzeit noch nicht ausreichend berücksichtigt. Dies trifft insbesondere für den Bereich der Mitsprache der Schweiz bei der Rechtsentwicklung und der Gerichtsbarkeit zu. Zudem ist fraglich, ob ohne Anpassung des Verhandlungsmandats die jetzigen Bemühungen zu Resultaten führen, die in der Schweiz auch mehrheitsfähig sind (z.B. bei der Streitschlichtung – Stichwort «Fremde Richter»). swisscleantech fordert daher eine offene Diskussion über Vertragsziel und Vertragsstrategie der Schweiz.

8 Siehe swisscleantech Medienmitteilungen Institutioneller Rahmen: proaktiv auf EU und EFTA zugehen, 24. Juni 2013 9 Siehe hierzu u.a. swisscleantech Positionspapier Schweiz-Europa, Juni 2014 10 Siehe Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA), Institutionelle Fragen, 22. Januar 2015 11 Siehe Medienmitteilung des Bundesrates: Der Bundesrat will mit der EU über Personenfreizügigkeit verhandeln, 8. Oktober 2014

Damit die im Folgenden hergeleiteten Ziele der Schweiz bestmöglich erreicht werden können, muss der Verhandlungsrahmen verschiedene mögliche Lösungen für einen institutionellen Rahmen umfassen. Dies sollte auch die Option eines Binnenmarktvertrags12, in der Form eines modernisierten EWR, als einen möglichen institutionellen Rahmen beinhalten. Übergeordnetes Ziel von swisscleantech ist es, möglichst rasch eine langfristige, nachhaltige Lösung zu finden. Die momentan vorherrschende Rechts- und Planungsunsicherheit wirft gravierende Herausforderungen auf und wird negative Konsequenzen nach sich ziehen, selbst wenn diese heute noch nicht unmittelbar zu spüren sind. Die Möglichkeit des Wegzugs von Firmen und somit des Verlusts von Arbeitsplätzen ist jederzeit gegeben und kann, gerade in Kombination mit anderen Verschlechterungen der hiesigen Rahmenbedingungen (z.B. bedingt durch den starken Franken), sehr schnell Realität werden.13 Um für Wirtschaft und Wissenschaft eine strategisch vorteilhafte und auch mehrheitsfähige Lösung zu erreichen, zeigt sich, dass (i) die Umsetzung der MEI14 und (ii) die zukünftige Ausgestaltung eines institutionellen Rahmens in einem Schritt zu definieren und zu verhandeln sind. Dabei gilt es die engen inhaltlichen und verhandlungstechnischen Zusammenhänge der beiden Themen zu erkennen - insbesondere was die Umsetzungsmöglichkeit einer Schutzklausel betrifft.

12 Siehe hierzu den Meinungsartikel «Was wir brauchen ist ein Binnenmarktvertrag» von Prof. Dr. Andreas in der NZZ vom 19.1.2015 13 Siehe z.B. Basler Zeitung, Konzern erklärt Wegzug aus der Schweiz in einem Brief, 4. April 2014 14 Artikel 121a der Bundesverfassung

Die Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz haben ein Anrecht darauf zu wissen, wohin die Europa-Reise geht, für die Wirtschaft und Wissenschaft ist eine rasche Lösung matchentscheidend. Auch die EU will wissen, was die Schweiz anstrebt. Die Klärung dieses Ziels schafft Vertrauen und vergrössert den Spielraum für Schweiz-spezifische Anliegen im Verhandlungsprozess. Eine vertiefte Diskussion und breit angelegte Debatte sind deshalb zwingend. Mit der vorliegenden Europastrategie will swisscleantech einen Diskussionsbeitrag leisten. Parallel dazu, plant swisscleantech in Zusammenarbeit mit dem Polit- und Kommunikationsforschungsinstitut gfs.bern regelmässig einen statistisch relevanten Europa-Monitor durchzuführen. Dieser soll die Meinungslage und Befindlichkeiten der Bevölkerung zur Beziehung Schweiz-EU generell und periodisch erfassen. Die Erstauflage des Europa-Monitors wird gemeinsam mit der Erstauflage dieser Europastrategie publiziert. Die ersten Umfrageresultate konnten bereits in die Erarbeitung der vorliegenden Strategie eingebaut werden.

Die swisscleantech Europastrategie beginnt mit der politischen Analyse der Situation im Nachgang zur Annahme der MEI und Ecopop, definiert danach die übergeordneten Ziele einer stabilen und liberalen Beziehung Schweiz-EU und formuliert schliesslich Vorschläge für entsprechende Umsetzungsschritte.

RESULTAT VOLKSABSTIMMUNG «GEGEN MASSENEINWANDUNG»

Ja-Stimmenanteil

SH

80 – 89,9% 70 – 79,9 %

TG

50 – 59,9 % BS

40 – 49,9 %

BL

30 – 39,9 %

AG

ZH

JU SO

SG

AR AI

ZG LU NE

SZ

GL

NW

BE OW VD

UR

FR

VS

GR

TI

GE

Ja-Stimmenanteil 50,3 % Stimmbeteiligung 55,8 % Quelle: Abstimmungsstatistik, BFS © BFS, ThemaKart, Neuchâtel 2014 / kc-b-17.A580b1

12

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

3 POLITISCHE ANALYSE IM NACHGANG ZUR MASSENEINWANDERUNGSINITIATIVE (MEI) UND ECOPOP Dieses Kapitel beinhaltet eine fundierte Politikanalyse im Nachgang zur Annahme der MEI und der Ablehnung von Ecopop. Sie zeigt die Entwicklung des Dossiers und die heutige Ausgangslage auf und stellt so eine wichtige Basis für die Definition weiterer Schritte dar: •



Das Volk hat sich am 9.2.2014 mit einer äusserst knappen Mehrheit von 50.3% für die Annahme der MEI ausgesprochen. Im Vorfeld wie im Nachgang der Abstimmung gab es kontroverse Diskussionen um die Tragweite der Konsequenzen der Initiative. Erst im Anschluss an die Abstimmung schafften die Reaktionen der EU Klarheit in Bezug auf die Umsetzungsfolgen. Somit wurden die Gefahren der MEI deutlich - für Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft sowie für ein partnerschaftliches Verhältnis Schweiz-EU insgesamt. Gemäss den Einschätzungen von swisscleantech wurde in den Diskussionen vor und nach der MEI-Abstimmung die Bedeutung des EU-Marktzugangs für alle Anspruchsgruppen sträflich vernachlässigt. Gerade aus Wirtschafts- und Forschungskreisen wurden die Vorteile einer engen Partnerschaft mit der EU und ihres grossen Binnenmarkts zu wenig betont. Die Tatsache, dass die Schweiz wirtschaftlich stärker mit der EU verflochten ist als einige der EU-Mitgliedstaaten dies sind,15 ist noch immer zu wenig bekannt. Auch heute spielen einige Akteure diese Tatsache immer noch herunter.16 Vermehrt machen nun aber wichtige Wirtschafts- und Wissenschaftsvertreter die Bedeutung einer stabilen und offenen Beziehung mit der EU in aller Deutlichkeit klar.17 Die Betrachtung der wichtigsten Kennzahlen dieser Verflechtung lässt keine Zweifel an deren Bedeutung offen.18

TABELLE 1 KENNZAHLENBEISPIELE ZUR VERFLECHTUNG SCHWEIZ-EU UND SCHWEIZ-WELTWEIT17

weltweit

SCHWEIZER IMPORT (BASISJAHR 2013)

73%

27%

SCHWEIZER EXPORT (BASISJAHR 2013)

55%

45%

SCHWEIZER STUDIERENDE IM AUSLAND (SCHULJAHR 2012/2013)

64%

36%

AUSLÄNDISCHE STUDIERENDE IN DER SCHWEIZ (SCHULJAHR 2013/2014)

69%

31%

SCHWEIZER TOURISTEN IM AUSLAND (KALENDERJAHR 2013)

85%

15%

61%

39%

15 16 17 18

13

INTENSIVE WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN SCHWEIZ-EU

HANDEL

DIREKTE INVESTITIONEN

116 Mrd. (55%)

606 Mrd. (13%)

135 Mrd. (73%)

815 Mrd. (13%) EWR-Staaten EU-Mitglieder EU-Beitrittskandidaten Schweiz

DIENSTLEISTUNGEN 74 Mrd. (12%)

EU

AUSLÄNDISCHE TOURISTEN IN DER SCHWEIZ (KALENDERJAHR 2014)

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

Siehe z.B. Neue Zürcher Zeitung (NZZ) zum EU-Integrationsindex, Schweiz wirtschaftlich stärker mit EU verwoben als viele Mitglieder, 12. August, 2014 Siehe C. Blocher, «Bilaterale sind massiv überschätzt», 30. Juli 2014 Siehe z.B. Tagesanzeiger, Milliardär stellt sich gegen die SVP, 2. Oktober 2014 sowie Nobelpreisträger bilden Komitee gegen die Abschottung, 8.Oktober 2014 Gestützt auf Bundesamt für Statistik (BFS), Datensätze zu Aussenhandel, Studierende, Tourismus

101 Mrd. (12%)

Basisjahr 2013, Angaben in CHF © swisscleantech 2015, gestützt auf Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA), Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) und Eurostat

14

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015



Insgesamt war und ist die EU-Diskussion in der Schweiz von Problemen in der Beziehung zur EU geprägt. Die ausführliche Darlegung der Vorteile einer stabilen und liberalen Beziehung fehlt. Die Schweiz profitiert aber ganz direkt von Europa. Gleichzeitig ist auch die Europäische Integration, nüchtern betrachtet und trotz den gewichtigen derzeitigen Herausforderungen, eine Erfolgsgeschichte. Die Schaffung eines stabilen Friedens und die Etablierung des Europäischen Binnenmarkts, oder die länderübergreifende Kooperation in den Bereichen Bildung und Forschung, sind nur einige von vielen Errungenschaften.19



Die Annahme der MEI muss innenpolitisch auch als Signal eines fehlenden Vertrauens in Wirtschaft und Politik gedeutet werden. Es fehlt das Vertrauen, dass Politik und Wirtschaft Rahmenbedingungen schaffen, die notwendig sind damit alle Anspruchsgruppen, auch die Gesellschaft als Ganzes, von Europa profitieren können. Seitens Politik, Wissenschaft und Wirtschaft muss dargelegt werden, dass auch eine offene Schweiz nachhaltig wachsen kann.20 Insbesondere braucht es ein breit abgestütztes Vertrauen, dass sich auch eine durch Zuwanderung wachsende Bevölkerung nachhaltig entwickeln kann - mit NettoGewinnen statt Verlusten für den Arbeitsmarkt, die Umwelt (z.B. Klima und Biodiversität), die Wissenschaft, den Kulturbereich, etc.



Die Zuwanderungsdiskussion wird nicht genügend differenziert geführt. Es werden – gerade auch im Verfassungsartikel 121a – alle Ausländerkategorien (Asyl- und Flüchtlingswesen, Migration aus Drittstaaten und Personenfreizügigkeit mit der EU) über einen Kamm geschert und für alle möglichen Probleme verantwortlich gemacht. Häufig wird nicht zwischen Ursachen und Auswirkungen unterschieden. So hat die Ausländerkriminalität in Tat und Wahrheit keinen direkten Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit mit der EU.21 Und Grenzgänger sind nicht per se ein Problem, im Gegenteil: Ohne ihr Pendeln würden die Arbeitsplätze womöglich im grenznahen Ausland liegen. Es sind vielmehr die Auswirkungen, die im Zusammenhang mit der Zuwanderung auftreten können, welche angegangen werden müssen.



Nicht ausser Acht zu lassen in der Zuwanderungsdiskussion sind auch die positiven Auswirkungen, welche diese mit sich bringt – und die Nachteile, die entstehen würden, müsste die Zuwanderung all zu stark gedrosselt werden. So trägt diese im Moment beispielsweise massgeblich zur finanziellen Balance im Bereich der Altersvorsorge bei. Durch die immer älter werdende Bevölkerung und die gleichzeitig stattfindende Verringerung ihres Anteils an jungen Menschen, welche die AHV-Renten der Pensionierten finanzieren, droht ein Ungleichgewicht. Eine Begrenzung der Zuwanderung durch starre und tiefe Kontingente wie sie z.B. die Ecopop-Initiative forderte, würde ohne Systemeingriffe – d.h. zusätzliche hohe Abgaben oder Leistungsabbau – die Situation im Bereich der Altersvorsorge zusätzlich verschärfen.22

19 Siehe hierzu auch die Darlegungen im swisscleantech Positionspapier Schweiz-Europa, Juni 2014 20 Siehe hierzu den Beitrag von swisscleantech zur Wachstumsdebatte, Zukunft, Swiss made. Wachsen mit Qualität, Dezember 2014 21 Siehe Bundesamt für Statistik (BFS), Kriminalitätsstatistik 22 Siehe hierzu auch Tagesanzeiger ,Ecopop reisst Drei-Milliarden-Loch in AHV-Kasse, 21.Oktober 2014

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015



Die Zuwanderung ist auch ein bedeutender Faktor für das Wirtschaftswachstum. In Zeiten schwacher Konjunkturlage hat sie sich als wichtige Stütze für den Privatkonsum erwiesen, was in Kombination mit tiefen Zinsen und sinkenden Importpreisen die Schweizer Volkswirtschaft stark gestützt und ihr sogar in solchen Phasen zu Wachstum verholfen hat. Wie die BAK Basel nun in Szenariorechnungen zur Umsetzung der MEI aufgezeigt hat, würde die Wirtschaft bei starrer Zuwanderungskontingentierung eine nicht zu unterschätzende Wachstumseinbusse erleiden. Da die Wachstumsschwäche den Effekt der geringeren Bevölkerungszunahme übertreffen würde, wäre die Folge, dass nicht nur das Bruttoinlandprodukt (BIP) sondern auch das BIP pro Kopf langfristig an Wachstum einbüssen.23



Immer wieder wird argumentiert, dass die MEI-Annahme zum Ausdruck bringe, die Schweiz wolle ihre Zuwanderung selbst bestimmen. Es trifft jedoch nicht zu, dass 'Brüssel' aufgrund der Personenfreizügigkeit über die Schweizer Zuwanderung bestimmt. Nebst konjunkturellen Faktoren, wird das Ausmass der Zuwanderung in erster Linie durch die Schweizer Wirtschaft und inländische Massnahmen - bzw. deren Fehlen (z.B. in der Bildungs-, Arbeitsmarkt- oder Steuerpolitik) - beeinflusst. Bereits heute, «bestimmt» die Schweiz ihre Zuwanderung demnach selbst.



Eine politische Steuerung der Zuwanderung, wie sie die SVP mit ihrer Selbstbestimmungsforderung mittels Kontingenten und Inländervorrang durchsetzen will, ist keine Lösung für die Schweiz. Dieser Ansatz müsste allein aus Gründen der Ordnungspolitik und Praktikabilität abgelehnt werden. Eine Rückkehr zur Kontingentierung, wie sie zwischen 1972-2002 in Anwendung war, ist nicht zielführend. Vor allem aus KMU Perspektive würde dies zu gewichtiger Bürokratie führen und stellt keinen gangbaren Weg für eine moderne, global vernetzte Volkswirtschaft wie die Schweiz dar - wirtschafts- und forschungsfreundlich lässt sich Zuwanderung langfristig einzig mittels innenpolitischer Massnahmen senken. Tabelle 2 zeigt Ansätze und Herausforderungen der Zuwanderungssteuerung auf.24



Es zeigt sich ausserdem, dass die Nettozuwanderung zu Zeiten der Kontingentierung teilweise höher war als unter dem danach geltenden Personenverkehrsabkommen. Die Argumentation zur Zuwanderung heute muss daher auch in Perspektive zur Vergangenheit und der derzeitigen Konjunkturlage gestellt werden. Aus einer Analyse der Zuwanderungszahlen der vergangenen Jahre kann beispielsweise nicht abgelesen werden, dass die Zuwanderung generell in jüngster Vergangenheit stark «ausufert». Auch das Argument, die Personenfreizügigkeit hätte zu einer Überfremdung in der Bevölkerung geführt, muss differenziert betrachtet werden. Ein Blick auf die prozentuale Zuwanderung seit 1950 zeigt, dass die Zuwanderung im Verhältnis zur Bevölkerungszahl in früheren Jahren zeitweise deutlich höher war als sie heute ist. Tatsache ist aber, dass der Bestand der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung seit den frühen 80er Jahren stetig angestiegen ist und die Schweiz in Europa heute zu den Spitzenreitern gehört was Nettozuwanderung angeht.25

23 Siehe Tagesanzeiger zur Studie der BAK Basel, Warum die Schweizer Wirtschaft in Schwung bleibt , 21. Oktober 2014 24 Gestützt auf Avenir Suisse, Gelenkte Zuwanderung - Avenir Spezial, 2014 25 Siehe hierzu Bundesamt für Statistik (BFS) Migration und Integration - Ausländische Wohnbevölkerung

15

16

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

17



TABELLE 2 ZUWANDERUNGSSTEUERUNG – ANSÄTZE UND HERAUSFORDERUNGEN23

DARSTELLUNG JÄHRLICHE ZUWANDERUNG

ANSATZ

FUNKTIONSWEISE

HERAUSFORDERUNG

PUNKTESYSTEM

Chancen auf Einreisebewilligung sind an Erfüllungsgrad vorbestimmter Kriterien geknüpft

Schränkt Chancengleichheit ein, trägt Konjunkturellen Schwankungen nicht Rechnung

Jährliche Zuwanderung zur Gesamtbevölkerung in Prozent 25%

5% 4%

20%

4%

KONTINGENTE – DURCH NACHFRAGEN BESTIMMT

Zuwanderung hauptsächlich durch Kriterien der Unternehmen gesteuert

Schränkt Chancengleichheit ein (vor allem für KMU)

3% 15% 3%

Jährliche Zuwanderung

2%

KONTINGENTE – DURCH ANGEBOT BESTIMMT

Anteil ausländischer Staatsangehöriger

Schränkt Chancengleichheit ein, Zuwanderung durch eine vom Zielland festgelegten Höchstwert trägt konjunkturellen Schwankungen nicht Rechnung gesteuert

10% 2% 1%

2010

1998

1996

1994

1990

1992

1988

1986

1984

1980

1982

1978

1976

1974

1970

1972

1968

1966

1964

1960

1962

1958

1956

1954

1950

1952

0 2012

Trägt kurzfristigen innenpolitischen Herausforderungen im Zielland nicht genügend Rechnung

2008

Niederlassungsfreiheit grundsätzlich ohne Einschränkungen

0

2006

FREIER PERSONENVERKEHR

1%

2004

Schränkt Chancengleichheit ein

2000

Niederlassungsfreiheit sofern Beschäftigung oder Nachweis ausreichendes Vermögens vorhanden

2002

AN ERWERBSTÄTIGKEIT/ VERMÖGEN GEKNÜPFTES EINWANDERUNGSRECHT

5%

Ausländeranteil  an der Gesamtbevölkerung in Prozent

18

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

TABELLE 3 NETTO-ZUWANDERUNG SCHWEIZ, EWR-EFTA- UND EU-STAATEN 2012* Nr.

Land

1

Luxemburg

Einwanderung 20'478

Auswanderung 10'442

Netto-EW

Gesamtbevölkerung

Netto-EW

(absolut) 10'036

524'853

1.91%

2

Norwegen

69'908

22'693

47'215

4'985'870

0.95%

Malta

7'111

4'005

3'106

417'546

0.74%

4

Belgien

147'387

74'720

72'667

11'094'850

0.65%

5

Liechtenstein

671

439

232

36'475

0.64%

6

Schweiz

149'051

103'881

45'170

7'954'662

0.57%

7

Schweden

103'059

51'747

51'312

9'482'855

0.54%

8

Österreich

91'557

51'812

39'745

8'408'121

0.47%

9

Deutschland

592'175

240'001

352'174

80'327'900

0.44%

10

Italien

350'772

106'216

244'556

59'394'207

0.41%

11

Finnland

31'278

13'845

17'433

5'401'267

0.32%

12

Vereinigtes Königreich

498'040

321'217

176'823

63'495'303

0.28%

13

Dänemark

54'409

43'663

10'746

5'580'516

0.19%

14

Ungarn

33'702

22'880

10'822

9'931'925

0.11%

Niederlande

124'566

110'431

14'135

16'730'348

0.08%

Frankreich

327'431

288'331

39'100

65'287'861

0.06%

17

Slowakei

5'419

2'003

3'416

5'404'322

0.06%

18

Island

4'960

4'758

202

319'575

0.06%

19

Slowenien

15'022

14'378

644

2'055'496

0.03%

20

Rumänien

167'266

170'186

-2'920

20'095'996

-0.01%

16





Die derzeit diskutierte Optimierung innenpolitischer Massnahmen könnte durchaus eine bessere Langfrist-Steuerung der Zuwanderung bewirken. Da die Zuwanderung unter der bislang geltenden Personenfreizügigkeit massgeblich konjunkturellen Entwicklungen folgt, kann es aber kurzfristig und zwischenzeitlich zu stark erhöhter Zuwanderung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn die langfristigen innenpolitischen Massnahmen noch nicht wirken oder nicht mit dem kurzfristigen Bedarf der Wirtschaft abgestimmt sind. So brauchen Massnahmen im Bereich der Raumplanung sowie bei der Mobilitätsinfrastruktur Zeit, während sich die Konjunktur rasch ändern kann.



Die Annahme der MEI hat deutlich gemacht, dass die Bevölkerung bezüglich Zuwanderung Handlungsbedarf sieht. Dafür braucht es aber kein System von permanent wirkenden, starren Kontingenten, sondern ein politisches Instrument - wie beispielsweise eine Schutzklausel – das temporär eingesetzt werden kann, um kurzfristig und im Ausnahmefall die Zuwanderung zu dämpfen, bis die innenpolitischen Massnahmen Wirkung zeigen. Die Einführung eines entsprechenden Politikinstruments scheint angesichts des MEI-Abstimmungsresultats, wie auch der Europa-Monitor Befragung, zwingend für eine mehrheitsfähige MEI-Umsetzungslösung. Wirtschaft und Wissenschaft können die Auswirkungen eines solchen Instrumentes verkraften.



Gleichzeitig gilt aber auch: Das Schweizer Volk steht im Grundsatz klar zu einem offenen Verhältnis mit der EU, eine Tatsache, die z.B. im Wahlbarometer 2014 des gfs.bern bestätigt wird. Interessant ist die Tatbestand, dass 73%26 sich eine Vereinbarkeit der von Art. 121a BV und der Weiterführung der Bilateralen Verträge erhoffen – sich also die sogenannte «Quadratur des Kreises» wünschen. Sollte diese Vereinbarkeit nicht zu realisieren sein, würden 60% der Bevölkerung für die Bilateralen und nicht für eine harte Umsetzung von Art. 121a BV einstehen.



Was aber in der Diskussion um die MEI-Umsetzung oft vergessen wird: Es reicht nicht aus, den bilateralen Weg zu retten.27 Vielmehr geht es darum, den bilateralen Weg strukturell weiterzuentwickeln und auf eine stabile und nachhaltige Basis zu stellen, um Rechtssicherheit und Planbarkeit herzustellen. Unmissverständliche Äusserungen bereits im Winter 2012 machen klar, dass die EU nur bereit ist andere von der Schweiz angestrebte Einzelabkommen - wie dasjenige zum Strommarkt - einzugehen, wenn es auch zum Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens kommt.28



Die EU-Reaktionen im Nachgang zur Annahme der MEI machen zudem klar, dass die EU nicht bereit ist die Personenfreizügigkeit dahingehend neu zu verhandeln, dass Kontingente und Inländervorrang eingeführt werden könnten.29 Einzig eine Schutzklausel hätte, angesichts der bereits gemachten EU-Äusserungen zur Schweiz sowie angesichts von Referenz-Vergleichen aus Vergangenheit und Gegenwart, eine Chance seitens der EU akzeptiert zu werden. Eine solche Vereinbarung müsste jedoch als Teil einer institutionellen Lösung konzipiert werden - und würde sicherlich nicht nur als Teil der MEI-Umsetzung akzeptiert. In anderen Worten: Die MEI-Umsetzung und die Festlegung einer institutionelle Lösung stehen in einem direkten strategischen Zusammenhang.

(%)

3

15

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

21

Bulgarien

14'103

16'615

-2'512

7'327'224

-0.03%

22

Zypern

17'476

18'105

-629

862'011

-0.07%

23

Kroatien

8'959

12'877

-3'918

4'275'984

-0.09%

24

Tschechische Republik

34'337

46'106

-11'769

10'505'445

-0.11%

25

Polen

217'546

275'603

-58'057

38'538'447

-0.15%

26

Estland

2'639

6'321

-3'682

1'325'217

-0.28%

27

Spanien

304'053

446'606

-142'553

46'818'219

-0.30%

28

Portugal

14'606

51'958

-37'352

10'542'398

-0.35%

29

Griechenland

110'139

154'435

-44'296

11'123'034

-0.40%

30

Lettland

13'303

25'163

-11'860

2'044'813

-0.58%

31

Litauen

19'843

41'100

-21'257

3'003'641

-0.71%

32

Irland

54'439

89'436

-34'997

4'582'707

-0.76%

*Daten von Eurostat: http://ec.europa.eu/eurostat 26 Siehe gfs.bern, Wahlbarometer 2014, September 2014 27 Siehe hierzu u.a. den Meinungsartikel «Was wir brauchen ist ein Binnenmarktvertrag» von Prof. Dr. Andreas Kellerhals in der NZZ vom 19.Januar 2015. 28 Siehe Rat der European Council, Council conclusions on EU relations with EFTA countries, 20. Dezember 2012 29 Siehe Antwort der EU auf Revisionsbegehren der Schweiz zum Personenverkehrsabkommen

19

20

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

30 TABELLE 4 VERSCHIEDENE VORSCHLÄGE FÜR DIE UMSETZUNG VON ART. 121A BV29

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015



Partei oder Akteur

MEI-Umsetzung (Art. 121a BV)

Beziehung Schweiz-EU

SVP

strikt

Alleingang

SP

Fokus auf inländische Massnahmen, EU-kompatibel

Bilaterale erhalten, einzelne Partei-Exponenten für einen EU-Beitritt

FDP

EU-kompatibel, inländische Massnahmen

Bilaterale erhalten

Grüne/GLP

EU-kompatibel, inländische Massnahmen

Bilaterale erhalten

CVP

EU-kompatibel

Bilaterale erhalten

BDP

Umgehen mit neuem Verfassungsartikel

Vertragliche Zusammenarbeit in Verfassung verankern

economiesuisse

EU-kompatibel, inländische Massnahmen

Bilaterale erhalten

Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB)

Kein konkreter Vorschlag, generell: Personenfreizügigkeit erhalten

Bilaterale erhalten

Neue europäische Bewegung Schweiz (Nebs)

Kein konkreter Vorschlag, generell: Personenfreizügigkeit erhalten und ausbauen

Beitritt

Verein «Raus aus der Sackgasse» (RASA)

Korrekturabstimmung

Bilaterale erhalten

Operation Libero

Kein konkreter Vorschlag: Personenfreizügigkeit ausbauen

Bilaterale erhalten, Grundsatzdebatte führen

Aktion Schweiz in Europa (Neues Manifest)

Kein konkreter Vorschlag

Bilaterale erhalten, Gesamtlösung

Prof. Dr. Thomas Cottier

Korrekturabstimmung

Vertragliche Zusammenarbeit in Verfassung verankern

Prof. Dr. Michael Ambühl

EU-kompatibel

Bilaterale erhalten und erweitern: Bilaterale III einschliesslich institutioneller Rahmen

Prof. Dr. Andreas Kellerhals

EU-kompatibel auf Verordnungsweg

Binnenmarktvertrag

Schweizerischer Gewerbeverband (SGV)

strikt

Kein konkreter Vorschlag

swisscleantech

MEI-Umsetzung als Teil der institutionellen Lösung, RASA als Plan B

Binnenmarktvertrag



Derzeit fehlt ein Konsens zum weiteren Vorgehen. Das trifft sowohl auf die Umsetzung von Art 121a BV als auch auf die künftige Ausrichtung der Beziehung Schweiz-EU zu. Eine grobe Gegenüberstellung der Vorschlagsstossrichtungen der grössten Parteien und ausgewählter Akteure, u.a. bedeutender Wirtschafts- und Wissenschaftsvertreter, macht dies deutlich (siehe Tabelle 4). Nach Auffassung von swisscleantech besteht dringender Diskussions- und Handlungsbedarf. Zwischen diesen Lösungsansätzen können grundsätzlich drei mögliche Stossrichtungen unterschieden werden, von denen aber gemäss den geschilderten Überlegungen nur die letzte einen ordnungspolitisch tragbaren und für Wirtschaft und Wissenschaft vertretbaren Weg darstellt:



Wortgetreue Umsetzung Art. 121a BV mit Kontingenten und Inländervorrang umsetzen. Entspricht einer Hochrisikostrategie, weil sie den Bruch mit der EU in Kauf nimmt oder gar provoziert. Sie ist auch mit unverhältnismässigem Bürokratieaufwand verbunden.



«Muddling through» Art. 121a BV möglichst EU-kompatibel umsetzen und inländische Massnahmen angehen. Dieses Vorgehen stellt die Verfassungstreue von Parlament und Bundesrat in Frage und sendet falsche Signale für künftige Abstimmungen und Initiativ-Umsetzungen aus. Es ist ausserdem unrealistisch hinsichtlich der mangelhaften Verhandlungsbereitschaft der EU bezüglich Personenverskehrsabkommen. Des Weiteren muss mit einem Referendum der MEI-Initianten gerechnet werden, welches wiederum eine zusätzliche Phase der Unsicherheit und Meinungsbildung nach sich ziehen würde.



Liberale und stabile institutionelle Beziehungen, oder Beitritt Neuausrichtung der Beziehung Schweiz-EU, mit innen- und aussenpolitischen Massnahmen zur Erfüllung der inhaltlichen Anliegen der MEI, ohne auf Kontingente und Inländerbevorzugung zurückzugreifen, bei gleichzeitigem Aufbau eines langfristig nachhaltigen institutionellen Rahmens, oder Beitritt.

Weitere geplante Schritte und Absichten der MEI-Initianten in gleicher oder ähnlicher Materie im Nachgang zur MEI-Abstimmung zeigen an weiteren Stellen Konfliktpotential und Klärungsbedarf auf: So wird der im schweizerischen Verfassungsrecht verankerte und bewährte Grundsatz des Vorranges des Völkerrechts vor Landesrecht in Frage gestellt.31 Durch die Forderung der Aufkündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und damit verbunden auch des Austritts der Schweiz aus dem Europarat, wird zudem die Legitimität der EMRK in ihrer massgebenden Funktion als Instrument des Minderheitenschutzes untergraben.32

• 30 U.a. gestützt auf Analyse der SRF-Arena zum Thema Wahlkampf um Bilaterale, 3. Oktober 2014, Webseiten der Akteure und persönliche Gespräche 31 Siehe NZZ, Die SVP sieht die Souveränität zunehmend bedroht, 25. Oktober 2014 32 Siehe SRF, Menschenrechte: Maurer will Konvention kündigen, 20. November 2014

21

22

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015



Diskussionsbedarf besteht auch in Sachen Souveränität. Diese ist in der Tat im «Härtetest»33, wenn es um eine Abwägung der geopolitischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen einerseits, und den Grad der Rechtsintegration andererseits geht. Gerade für ein Land wie die Schweiz kann dabei mehr Integration zu mehr und nicht weniger Souveränität führen. In Bereichen wie Wirtschaft, Kriminalitätsbekämpfung und betreffend die Steuerung internationaler Flüchtlingsströme kann mit einer weitgehenden Integration mehr Sicherheit und mehr Effizienz erreicht werden. Bei der Frage der Souveränität muss der Integrationsgrad im «Operationellen» vom Integrationsgrad in strategischen und politischen Bereichen unterschieden werden. So ist es zum Beispiel bei technischen Standards wichtig, dass die Schweiz aktiv mitbestimmen kann, welche Regelungen zukünftig zu gelten haben. Ansonsten wären die hiesigen Hersteller gegenüber ihren europäischen Konkurrenten benachteiligt. Bei strategischen und politischen Angelegenheiten kann hingegen Schweizer Eigenständigkeit durchaus nützlich sein. Das hat sich beispielsweise in der Ukraine-Krise gezeigt, in der die Schweiz in der Lage war, neutral zwischen Europa und Russland zu vermitteln, oder auch bei der Eingabe von ambitionierteren Klimazielen als diejenigen der EU im Rahmen der internationalen Klimapolitik. Dank ihrer Souveränität ist es der Schweiz möglich, sich in diesem Bereich als Vorreiterin zu positionieren.



Die 74.1%-Ablehnung der Ecopop-Initiative Ende November 2014 war ein erfreulicher und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dieser darf allerdings nicht überbewertet werden: die Ablehnung von Ecopop hat leider keine der bestehenden Herausforderungen gelöst, lediglich deren Vergrösserung verhindert. Obwohl die Regierung, alle Parteien und Verbände die Initiative von Beginn an zur Ablehnung empfahlen, unterstreichen auch die Diskussionen im Vorfeld dieser Abstimmung den Klärungs- und Handlungsbedarf: das Bewusstsein, dass es bei der Wachstumsfrage insbesondere auf das «Wie» statt auf das «Wieviel» ankommt, bedarf weiterhin an Schärfung.



swisscleantech-Team in einem Büro-Workshop

Die Aufhebung des Mindestkurses des Schweizer Franken zum Euro vom 15. Januar 2015 verschärft die MEI-Umsetzungs- wie auch die institutionellen Herausforderungen. Die These, dass der starke Franken die Zuwanderung senken könnte und damit die Umsetzung der MEI erleichtern werde, ist zwischen Ökonomen und Politikern stark umstritten und hängt von vielerlei Faktoren ab.34 Mit Sicherheit steht fest: Da nebst Tourismus vor allem die exportierende Industrie betroffen ist, gilt es, eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen zu verhindern und einen kombinierten Lösungsansatz für die MEIUmsetzung und die institutionellen Fragen möglichst rasch zu definieren.

33 Gentinetta, K. & G. Kohler (Hrsg.). Souveränität im Härtetest - Selbstbestimmung unter neuen Vorzeichen. 2010. Avenir Suisse 34 Siehe Tagesanzeiger, Wird die Schweiz jetzt unattraktiver?, 19. Januar 2015

EU-Botschafter Richard Jones wird auf seine Rede am 1. Quartalsanlass 2014 in Bern, vorbereitet

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

23

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EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

25

4 GSF.BERN STUDIE «SCHWEIZ UND EUROPA» – TRENDS UND HANDLUNGSFELDER Im November 2014 hat swisscleantech in Zusammenarbeit mit dem Polit- und Kommunikationsforschungsinstitut gfs.bern einen Europa-Monitor lanciert, dessen Ziel es ist, periodisch im Sinne eines Europabarometers die Haltungen der Stimmberechtigten zur Beziehung Schweiz-EU generell zu erfassen und als Grundlage für die Diskussion über die künftige Ausrichtung der Beziehung Schweiz-EU zu dienen. Die Erkenntnisse der ersten Umfrage stehen als gfs.bern Schlussbericht der Öffentlichkeit zur Verfügung.35 Die wichtigsten Erkenntnisse und Anknüpfungspunkte im Hinblick auf die Stossrichtung der vorliegenden Europastrategie können wie folgt zusammengefasst werden: I. Die Schweiz wird aus der Innenperspektive heraus als generell stark mit dem Ausland vernetzt angesehen. Dabei wird durchaus anerkannt, dass diese Verflechtung über das Wirtschaftliche hinausgeht (z.B. auch was Bereiche wie Sicherheit, Asylwesen etc. betrifft). II.

Gemäss den Umfrageresultaten bestätigen 75% der Befragten die Wichtigkeit gesicherter Beziehungen zur EU und betrachten diese als wichtige Grundlage der Planungssicherheit für die Schweizer Wirtschaft.

III. Für eine weiterführende Integration der Schweiz in die EU und die Weiterentwicklung der Beziehung Schweiz-EU besteht bei den Befragten die nötige Offenheit, allerdings auch Unentschlossenheit.

Die Resultate lassen darauf schliessen, dass dabei folgende inhaltliche Bedingungen erfüllt sein müssen: a.

In der Integrationsfrage wird dem bedachten Umgang der Wirtschaft mit den vorhandenen Umweltressourcen ein weit grösserer Stellenwert eingeräumt als ökonomischem Wachstum und Liberalisierung um jeden Preis;

b.

Mitspracherechte bei der Weiterentwicklung von gemeinsamen Recht (82%) sowie der Einbezug von Schweizer Richtern in die Richtergremien (57%) werden von einer Mehrheit der Befragten gewünscht;

35 Zu finden unter www.gfsbern.ch sowie www.swisscleantech.ch/europa

IV.

c.

Eine Mehrheit der Befragten spricht sich für Kontrollinstrumente im Bereich des Personenverkehrs aus. Dazu gehört eine Ventilklausel (79%) die im Einklang mit der Personenfreizügigkeit eine Kontrolle der Einwanderung erlaubt. Gleiches gilt für die Geltendmachung eines Inländervorrangs (64%);

d.

Individuelle Bedürfnisse mit Alltagsbezügen im Bereich des Arbeitsmarktes werden stärker gewichtet als Präferenzen von Unternehmen. So meinen drei Viertel der Befragten, dass die Personenfreizügigkeit den Lohndruck erhöht. Gleichzeitig geben sich 86% damit einverstanden, dass die Politik verstärkt Massnahmen ergreifen soll, um Personen die es braucht im Inland auszubilden, anstatt die Lücken mit Zuwanderern zu füllen.

Universitäten geniessen eine hohe Glaubwürdigkeit womit die Wissenschaften künftig eine wichtige Rolle in der EU-Debatte spielen dürften.

V. Das Vertrauen in die EU ist grundsätzlich sehr gering, das Image der EU ambivalent. Die ersten Resultate des Europa-Monitors bestätigen daher klar Handlungsbedarf in Bezug auf eine breitangelegte und offene Europadiskussion. Insbesondere die Wichtigkeit, die den Punkten I) Vernetzung und II) Planungssicherheit gegeben wird, scheint hier ausschlaggebend. Es zeigt sich durch Punkt III) klar: Bei der Frage nach der Weiterentwicklung der Beziehung Schweiz-EU müssen verschiedene Komponenten berücksichtigt werden. Gleichwohl darf die Migrationsfrage nicht ausgeblendet werden. Der integrierte Ansatz der vorliegenden Strategie, also die Verknüpfung des institutionellen Aspekts mit der MEI-Umsetzung, wird daher auch durch die Umfrageresultate gestützt. Unterstrichen werden weiter die wichtige Rolle der Wissenschaft in der EU-Debatte sowie der Diskussionsbedarf betreffend die Beurteilung der EU: Das geringe Vertrauen in die EU als Institution dürfte auf die über Jahre negativ geprägte Debatte zur Beziehung Schweiz-EU sowie auf die teils angespannten Wirtschaftslage in der EU, zurückzuführen sein. Die Umfrageresultate machen deutlich, dass grosser Informations- und Diskussionsbedarf besteht.

Solar Impulse landet am Flughafen in Brüssel am 13. Mai 2011

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5 ÜBERGEORDNETE SCHWEIZER ZIELE Gestützt auf die Analyse der Schweizer Anforderungen an die Beziehung zur EU und unter Berücksichtigung der Ausführungen im vorangegangenen Kapitel lassen sich folgende übergeordnete Ziele ableiten. 5.1. Marktzugang – Zentral für Wirtschaft und Wissenschaft Die Schweiz ist im Zentrum von Europa. Europa ist daher von massgebender Bedeutung für ihre Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und somit für die Gesellschaft insgesamt. Besonders Wirtschaft und Wissenschaft brauchen einen diskriminierungsfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt. Der Beschluss der EU, ohne Entwicklung eines institutionellen Rahmens, keine weiteren bilateralen Abkommen abzuschliessen, sowie erste Konsequenzen im Nachgang der MEI-Annahme, stellen bereits jetzt reelle Gefahren für unsere Wettbewerbsfähigkeit dar – die Nicht-Erneuerung des Forschungsabkommens und die Verzögerung des Abschlusses des Stromabkommens sind nur zwei Beispiele. 55% der Schweizer Exporte führen in die EU, 73% der Schweizer Importe stammen aus der EU.36 Die Schweiz ist wirtschaftlich eines der mit der EU am stärksten verflochtenen Länder, gar stärker als einige der Mitgliedstaaten.37 Das Verhältnis zwischen derart gewichtigen Wirtschaftspartnern muss transparent, stabil und effizient gestaltet sein - sowohl für die Schweiz als auch für die EU. Es muss den komplexen Herausforderungen nationaler und inter-nationaler Politik gewachsen sein, auf solider Vertrauensbasis operieren und Bürokratie auf ein Minimum beschränken - im Interesse aller Anspruchsgruppen. 5.2 Rechtsintegration – Mit Mitsprachemöglichkeiten Voraussetzung für einen wirksamen – das heisst gleichberechtigten – Zugang der Schweizerischen Wirtschaft und Forschung zum europäischen Binnenmarkt ist die Bereitschaft zur Übernahme von EU-Recht in den dazu relevanten Bereichen. Eine solche Übernahme geschieht

36 Siehe Bundesamt für Statistik (BFS), Aussenhandelsstatistik 37 Siehe z.B. NZZ zum EU-Integrationsindex, Schweiz wirtschaftlich stärker mit EU verwoben als viele Mitglieder, 12. August, 2014

bereits jetzt im Rahmen des sog. autonomen Nachvollzugs. Dies bedeutet, dass die Schweiz den Rechtsnachvollzug im Grunde nicht machen muss, dies aber praktisch immer tut - aus ureigenem Interesse. Die Bedingung zu einer vereinfachten Rechtsübernahme wird von der EU gestellt und ist aus oben genanntem Grund nachvollziehbar. Die Übernahme ist aber auch notwendig, um der Komplexität der Bestimmungen effizient genug begegnen zu können und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Automatische Rechtsübernahme in wichtigen Bereichen muss daher bereits heute als Tatsache betrachtet werden.38 Heute übernimmt die Schweiz allerdings weitgehend EU-Recht ohne Mitsprache bei dessen Ausgestaltung: Unser Know-how bleibt so bei der Definition von Rechtsnormen und Standards ungenutzt und unsere Interessen bzw. Präferenzen werden nur in unzureichendem Masse berücksichtigt. Entscheidend für die Rechtsintegration sind daher umfassende Mitspracherechte bei der Rechtsetzung und der Gerichtsbarkeit desjenigen Anteils des EU Rechts, der auch für die Schweiz gilt. Ein institutionelles Rahmenabkommen, das vereinfachte Übernahme von EU-Recht beinhaltet, sollte deshalb entsprechende Mitbestimmungsrechte beinhalten. Durch die aktive Mitgestaltung desjenigen Rechts, das in der gesamten EU zur Anwendung kommt, würde die Schweiz auch Mitverantwortung39 für die politische und wirtschaftliche Entwicklung Europas übernehmen. 5.3 Enge politische Kooperation – Ohne Beitritt Die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU in übergreifenden Politikbereichen ist wichtig und wurde in der Vergangenheit, so zum Beispiel durch den Abschluss der Bilateralen II, immer wieder bestätigt. Sie hat sich in vielen Bereichen sehr gut bewährt – etwa im Zusammenhang mit der Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen der Schweiz und den anliegenden EU-Staaten (Schengen), in der Koordination der Asylgesuche (Dublin), der Betrugsbekämpfung oder im Umweltbereich.

38 Siehe Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA), Schengen / Dublin, 5. Januar 2015 39 Wie es u.a. von Prof. Dr. Thomas Cottier et. al. Im «Europa-Manifest» festgehalten wird

Gleichzeitig spricht geopolitisch einiges dafür, dass sich die Schweiz politisch nicht als Teil eines EU-Blocks, sondern autonom zwischen den verschiedenen internationalen Blöcken positionieren kann. Im Einklang und zusammen mit der Neutralität als Grundsatz der Schweizer Aussenpolitik, erlaubt dies der Schweiz beispielsweise immer wieder weltweit wichtige Vermittlungsrollen zu übernehmen. Eine politisch unabhängige Position lässt der Schweiz zudem die Möglichkeit offen, in strategisch wichtigen Bereichen eine Vorreiterrolle anzustreben – z.B. bestünde bei der Klimapolitik dafür ausgesprochener Handlungsbedarf auf dem internationalen Parkett. Zudem zeigt sich, dass eine politische Unabhängigkeit für das Schweizer Volk ein wichtiger Bestandteil der EUBeziehung bleibt und ein Vollbeitritt daher in absehbarer Zeit nicht mehrheitsfähig ist. 5.4 Personenverkehr Schweiz-EU – Als Teil einer ganzheitlichen Zuwanderungspolitik Eine offene und liberale Europapolitik muss von der Gesellschaft langfristig mitgetragen werden. Es gilt deshalb gut darzulegen weshalb und in welchen Bereichen besonders Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auf Talente und Expertise aus der ganzen Welt angewiesen sind. Es ist eine Tatsache, dass Zuwanderung ein entscheidender Faktor für Wirtschaftswachstum und Innovation darstellt. Wird die Zuwanderung zu stark limitiert, hat dies Auswirkungen auf Wachstum und Innovation. Dies wiederum birgt gewisse Risiken für Beschäftigung, Wertschöpfung und letztlich auch für Wettbewerbsfähigkeit und Lebensstandard. Die Schweiz kommt daher nicht darum herum, die Zuwanderungsfrage als Teil einer breiteren Wachstums- und Entwicklungs-Diskussion anzugehen. Dabei ist einer qualitativen Wachstumsstrategie viel Gewicht zu geben.40

40 Siehe swisscleantech, Zukunft, Swiss made. Wachsen mit Qualität, Dezember 2014

Als Teil dieser Strategie könnte ein Richtwert für das maximal angestrebte Bevölkerungswachstum definiert werden. Daraus wiederum liesse sich ein Richtwert für die globale Zuwanderung ableiten, und aus diesem wiederum, das Zuwanderungs-Verhältnis zwischen EU und Nicht-EU-Staaten festlegen. Dieser Richtwert böte eine Ausgangslage und Verhandlungsbasis für Zuwanderungsdiskussionen mit der EU. Damit könnten beispielsweise temporäre Massnahmen zur Einschränkung der EU-Zuwanderung – wie eine permanente Schutzklausel - beurteilt werden. Der Richtwert würde somit auch für die langfristige Steuerung der Zuwanderung, also für innenpolitische Massnahmen, eine wertvolle Basis bieten.

Solar Impulse über Brüssel am 13. Mai 2011

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6 UMSETZUNGSSCHRITTE HIN ZU EINER ZUKUNFTSFÄHIGEN BEZIEHUNG SCHWEIZ-EU Um die in Kapitel 5 dargelegten Ziele zu erreichen, schlagen wir im Folgenden konkrete Umsetzungsschritte vor. Diese betreffen sowohl den Umgang mit Art. 121a BV als auch die Erarbeitung einer nachhaltigen institutionellen Lösung. Die aktuelle Situation ist von grosser Planungs-Unsicherheit gekennzeichnet, was insbesondere für Wirtschaft und Wissenschaft äussert problematisch ist. Konkrete Schritte sind deshalb so rasch wie möglich und als Teil einer Gesamtstrategie zu vollziehen. 6.1 Streichung von Artikel 121a BV sofern nötig Die EU hat bereits unmissverständlich klar gemacht, dass sie nicht über Grundprinzipien wie den freien Personenverkehr oder das Nichtdiskriminierungsgebot des Personenverkehrsabkommens mit sich verhandeln lässt. Einzig über die Lösung technischer Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Abkommens auftreten, liesse sich reden.41 Dass der Bundesrat nun doch eine Änderung des Personenverkehrsabkommens anstreben muss, ist ordnungspolitisch bestimmt und daher verfahrenstechnisch auch richtig. Das Resultat solcher Verhandlungen ist allerdings absehbar und für swisscleantech ist klar, dass es keine EU-kompatible MEI-Umsetzung gibt. Sowohl eine wortgetreue als auch eine sinngemässe Umsetzung von Art. 121a BV führen in eine Sackgasse. Eine wortgetreue Umsetzung könnte nicht wirtschaftsund wissenschaftsfreundlich vollzogen werden und würde zu Bürokratie und Willkür bei der Bestimmung der Höchstzahlen und der Vergabe der Kontingente führen – ein Referendum wäre vorprogrammiert. Voraussichtlich würde sie auch die Kündigung der bilateralen Verträge bewirken. Eine sinngemässe Umsetzung («Muddling through») wiederum würde weder dem Abstimmungs-

41 Siehe Antwort der EU auf Revisionsbegehren der Schweiz zum Personenverkehrsabkommen, 24. Juli 2014

resultat vom 9. Februar 2014 gerecht, noch dem Demokratieverständnis Rechnung tragen und böte den Initianten die Möglichkeit aus einem Referendum oder der angedrohten Durchsetzungsinitiative Kapital zu schlagen. Rückblickend kann daher auch festgestellt werden, dass die Forderung nach «strikter» Umsetzung direkt nach der Abstimmung richtig war. Sie hat bereits die zu erwartende Wirkung aufgezeigt – der Bundesrat hat am 20. Juni 2014 ein Konzept für eine konsequente MEI-Umsetzung vorgelegt und damit eine deutlich negative Reaktion der EU ausgelöst.42 Würde bis Februar 2017 keine Lösung zur Umsetzung von Art. 121a BV gefunden, träten die Übergangsbestimmungen der Initiative in Kraft und der Bundesrat müsste die Initiative auf dem Verordnungsweg umsetzen. Auch dies ist keine Lösung, da dieses Vorgehen zu den gleichen Umsetzungsproblemen führen und die Unsicherheit verlängern würde: Schlimmstenfalls könnte sie die Kündigung des Personenverkehrsabkommens und, durch die Guillotineklausel-Verknüpfung, die Ausserkraftsetzung der Bilateralen I insgesamt bewirken. Zeitlich bietet sich verfahrenstechnisch die Durchführung einer Abstimmung zur Streichung von Artikel 121a BV43 als mögliche Lösung aus dieser Zwickmühle an. swisscleantech ist der Meinung, dass es sich dabei um eine legitimierte Massnahme handelt, deren Angemessenheit in folgenden Fakten begründet liegt: •



Die Initiative schafft insbesondere für Wirtschaft und Wissenschaft über einen langen Zeithorizont Rechts- und Planungs-Unsicherheit.



Die vertragsrechtlichen Konsequenzen44 der Initiative wurden im Vorfeld unzureichend abgeklärt und aufgezeigt. Die von den Initianten vor der Abstimmung aufgestellte Behauptung, die MEI sei kompatibel mit den Bilateralen erwies sich als unzutreffend und irreführend.45







Die Initiative ist ungenau formuliert (z.B. undefinierter Begriff «Masse», unklares Vorgehen bei Grenzgängern, fehlende Angabe der Höchstzahl der Kontingente etc). Bereits die Resultate des gfs.bern Wahlbarometers 2014 vom September 2014 sprechen eine eindeutige Sprache: Die Mehrheit der Befragten sprach sich für die Beibehaltung der bilateralen Verträge aus und vertrat auch die Ansicht, dass bei einem Konflikt zwischen bilateralen Verträgen und der MEI der Beibehaltung der Bilateralen der Vorzug gegeben werden muss. Auch der von gfs.bern und swisscleantech im November 2014 durchgeführte Europa-Monitor bestätigt, statistisch relevant, dass die Mehrheit der Stimmbevölkerung, falls nötig, sich für die Bilateralen und gegen eine Umsetzung der MEI entscheiden würde.46

Bei der MEI-Abstimmung handelt es sich um eine äusserst knappe Entscheidung zu einer eminent wichtigen Frage (Ja-Stimmenanteil 50.3%);

42 Siehe swisscleantech Medienmitteilung, Bundesrat auf dem richtigen Weg, 20. Juni 2014 43 Siehe hierzu auch die Diskussion in der SRF-Arena, Wahlkampf um Bilaterale, 3. Oktober 2014

44 Siehe NZZ, Völkerrecht schränkt Spielraum bei Kontingenten ein, 27. Juni 2014 45 Siehe z.B. Argumente unter www.masseneinwanderung.ch 46 Siehe gfs.bern, Beziehung Schweiz-EU mit Rücksicht auf Migrationsfrage entwickelbar – Schlussbericht Studie «Schweiz und Europa», Dezember 2014

Für eine solche Korrekturabstimmung bieten sich drei Handlungsoptionen an: a. Die neue Verfassungsbestimmung Art. 121a BV wird aufgehoben; b. Die neue Verfassungsbestimmung Art. 121a BV wird in ihrer jetzigen Fassung aufgehoben und durch eine Neufassung mit einem Zusatztext ersetzt, der die vertragliche Zusammenarbeit mit der EU in generalisierter Form bekräftigt; c. Die neue Verfassungsbestimmung Art. 121a BV bleibt bestehen und wird ergänzt mit einer neuen Bestimmung, welche die vertragliche Zusammenarbeit mit der EU bekräftigt. Für swisscleantech stellt Option c) keinen valablen Weg dar, da der unveränderte Wortlauft von Art. 121a BV in zu starkem Kontrast zum Ergänzungstext stehen würde. Dieses Verfahren würde auch falsche Signale hinsichtlich des Umgangs mit Verfassungstexten und der Genauigkeit der Umsetzung von Initiativen aussenden. Ausserdem würde dieses Vorgehen zu Interpretationsunsicherheiten führen. Weitere politische Auseinandersetzungen zur Umsetzung wären absehbar – eine Unsicherheit die sowohl staatspolitisch wie auch auf Grund der mangelnden Planungssicherheit für Unternehmen höchst problematisch wäre.

6.2 Anpassung des Verhandlungsmandats zum institutionellen Rahmen Die Schweizer Verhandlungen mit der EU zum institutionellen Rahmen sind gegenwärtig im Gang.48 Um die oben beschriebenen Ziele zu erreichen, muss das Verhandlungsmandat jedoch angepasst werden. Dabei stehen die Frage der optimalen Gestaltung der Gerichtsbarkeit und womöglich auch eine Mandatsergänzung für mehr Mitsprache im Zentrum. Inwiefern ein Element der Zuwanderungssteuerung - wie z.B. eine Schutzklausel bereits Bestandteil des Verhandlungsmandats ist, bleibt im jetzigen Zeitpunkt noch offen. Die Anforderungen der Schweiz an die Gestaltung ihrer Beziehung zur EU liegen insbesondere in den Bereichen Marktzugang, Mitspracherechte und sowie einer im Bedarfsfall abrufbarer Steuerungsmöglichkeit im Bereich des Personenverkehrs. Die Anliegen der EU umfassen in erster Linie die Bereiche institutioneller Rahmen einschliesslich vereinfachter Rechtsübernahme und Institutionalisierung der Rechtsüberwachung sowie Streitschlichtung. Für die EU gilt dabei der Grundsatz: «Je stärker die Integration, desto mehr Mitsprache». Der Integrationsgrad wird massgeblich - und symbolisch - durch die Ausgestaltung des institutionellen Rahmens bestimmt.

47 Siehe www.initiative-rasa.ch 48 Siehe Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA), Institutionelle Fragen, 22. Januar 2015

Würde der EWR, in der Form eines umfassenden Binnenmarktvertrags, insbesondere in den Bereichen der Mitsprache und Personenfreizügigkeit erweitert und modernisiert, könnte ein entsprechendes Gesamtpaket mehrheitsfähig sein. Dazu kommt, dass der EWR das von der EU bevorzugte Modell für Beziehungen zu Drittstaaten51 mit Teilnahme am EU-Binnenmarkt ist und sie ebenfalls Interesse an einer Weiterentwicklung des EWRs hat.52 Dieser könnte auch für jene Staaten eine Option darstellen, für die sich ein EU-Beitritt als nicht realisierbar erweist oder die diesen nicht anstreben möchten. swisscleantech ist der Meinung, dass ein Vorstoss, die institutionellen Herausforderungen über solch einen Binnenmarkvertrag zu lösen, von der EU als positives Zeichen gewertet würde. Den Verhandlungen über eine Schutzklausel scheint in diesem Szenario deshalb am ehesten Erfolg beschieden.53 Die Schweizer Wirtschaft, Wissenschaft und Politik könnten sowohl administrativ als auch strategisch von Mitsprache, verbesserter Rechtsintegration und einer permanenten Schutzklausel profitieren.

35

DIESE DARSTELLUNG ZEIGT ÜBER EINEN ZEITSTRAHL DIE ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN DER MEI-UMSETZUNG UND DER VORBEREITUNG UND UMSETZUNG EINES BINNENMARKVERTRAGS ZWISCHEN DER SCHWEIZ UND DER EU GRAFISCH AUF. Dezember 2014

2016

2015

Umsetzung MEI

Wortgetreue Umsetzung

Annahme

SP und andere

Abstimmung über Referendum

Bundesrat

Vernehmlassung

EU

Nein

wortgetreu

Umsetzungsgesetz «MEI»

Ablehnung sinngemäss Parlament

Ablehnung

Wortgetreue Umsetzung (Verordnungsweg)

SVP

Abstimmung über Referendum

Entwurf Mandat Anpassung PFZ

Annahme

Sinngemässe Umsetzung

Institutionelle Fragen

Verhandlungen

Paraphierung

Vernehmlassung

Unterschrift

Ratifizierung

Bundesrat

Aussenpolitische Kommission Kantone Wirtschaft und Sozialpartner

Bundesrat

Parlament

Institutionelle Fragen + Umsetzung MEI kombiniert

Mitspracherechte + Schutzklausel im Personenverkehr → Binnenmarktvertrag

Anpassung Verhandlungsmandat BR wenn nötig

Inländische Massnahmen (Arbeitsmarkt, Raumplanung etc. → Qualitatives Wachstum)

49 Wie ihn auch Prof. Dr. Andreas Kellerhals am 19. Januar 2015 im NZZMeinungsartikel «Was wir brauchen ist ein Binnenmarktvertrag» zur Diskussion gestellt hat. 50 D.Freiburghaus, (2015) Königsweg oder Sackgasse? Sechzig Jahre schweizerische Europapolitik, NZZ Libro 51 Dies dürfte auch im Hinblick auf die Schweiz zutreffen, siehe hierzu C. Tobler, «A look at the EEA from Switzerland», in: EFTA Court (ed), The EEA and the EFTA Court. Decentred Integration, Oxford: Hart 2014, 541-554. 52 Siehe hierzu European Free Trade Agreement (EFTA), The European Economic Area and the Single Market 20 Years on, September 2012 53 Siehe hierzu auch C. Tobler, «A look at the EEA from Switzerland», in: EFTA Court (ed), The EEA and the EFTA Court. Decentred Integration, Oxford: Hart 2014, 541-554.

2017

Unsic her

Aus diesem Grund unterstützt swisscleantech die Volksinitiative «Raus aus der Sackgasse - RASA» 47, welche der Bevölkerung gegebenenfalls die Möglichkeit gibt, erneut über Art, 121a BV zu befinden. Entscheidend ist und bleibt, dass ein neuer Volksentscheid im Gesamtzusammenhang der Zusammenarbeit Schweiz-EU gefällt wird, welcher dem Souverän erlaubt, die Kooperation mit Europa auf eine nachhaltig tragfähige Grundlage zu stellen. swisscleantech betrachtet RASA also als einen «Plan B» eine Art Versicherung, sollte es Bundesrat und Parlament nicht gelingen, eine neue Abstimmung rechtzeitig vor das Volk zu bringen.

Deshalb bietet sich für swisscleantech ein Binnenmarktvertrag 49 angelehnt an einen weiterentwickelten EWR als langfristige langfristige institutionelle Lösung am ehesten an. Die Schweiz hat die institutionellen Regelungen zur Funktionsweise des Europäischen Wirtschaftsraums in den 1990er Jahren mitkonzipiert und –verhandelt.50 Entsprechend überrascht es nicht, dass der EWR den Anforderungen der Schweiz noch heute am nächsten kommt.

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

Bundesrat

Bei der Frage, ob die Wahl auf Option a) oder b) fallen soll, stellt sich ein Konflikt zwischen der Dringlichkeit einer Lösung und Verfahrenseffizienz einerseits und der Notwendigkeit einer langfristig nachhaltigen Lösung andererseits. Option b) wäre inhaltlich unmissverständlicher - Artikel 121a wäre gestrichen, und die Stossrichtung für eine nachhaltige Lösung bereits vorgegeben. Option a) ist aber klarer und einfacher, so liesse sich damit der Prozess schneller und sicherer durchlaufen, was angesichts des Zeitdrucks bis Februar 2017 von grosser Relevanz ist.

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

Vorschlag swisscleantech

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Abstimmung über Referendum

RASA als Plan B

EU

?

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6.3 Marktzugang - Umfang erweitern Parallel zu den Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen soll der Zugang zum EU-Binnenmarkt im Interesse aller Parteien um bisher fehlende Bereiche schrittweise erweitert werden. Kurzfristig betrifft dies den Abschluss des Stromabkommens, das für die Energiesicherheit der Schweiz zentral ist, und eine rasche Einigung zu wichtigen Themendossiers, wie den Wiederanschluss an das Forschungsabkommen Horizon 2020 und das Studierendenaustausch-Programm Erasmus. Zudem sollte die Schweiz auch an weiteren Teilen des EU-Binnenmarkts teilnehmen können. Im Vordergrund steht hier der Dienstleistungsmarkt, in dessen Rahmen Schweizer Anbieter nicht gleichberechtigt sind wie EUAnbieter. Auch Dienstleistungen werden vermehrt grenzübergreifend angeboten. Für ein rohstoffarmes Land wie die Schweiz werden Dienstleistungen im Zuge der weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen zu einem zunehmend wichtigen Wirtschaftsfaktor. Exkurs STROMABKOMMEN HERAUSFORDERUNGEN Anfang 2015 wird der europäische Energiebinnenmarkt vollständig liberalisiert sein. Ein schneller Abschluss des Stromabkommens ist gefordert, denn bereits jetzt mangelt es der Schweiz an Mitspracherechten, um in der entscheidenden Konzeptionsphase des Binnenmarktes mitwirken zu können. Kommt das Stromabkommen innerhalb der nächsten 2-3 Jahren nicht zum Abschluss, erfolgt die Einführung des europäischen Energiebinnenmarktes ohne die Schweiz, nur ein verspäteter Beitritt wäre noch möglich. Auch die Einführung des Market Coupling würde so ohne die Schweiz von statten gehen: Dieser Schritt soll die Voraussetzungen für die effiziente Nutzung grenzüberschreitender Stromtransportkapazitäten schaffen. Verzögert sich der Abschluss des Abkommens noch weiter, können kritische Themen im Bereich Produktion, Netze, Handel und Vertrieb nur unbefriedigend angegangen werden. Dies erschwert und verteuert die Umsetzung einer nachhaltige Energieversorgung unnötig und bringt der Energiewirtschaft im Allgemeinen Nachteile. Der Bau von Stromnetzen unter Ausschluss der Schweiz, fehlender Schutz gegen Protektionismus, mangelnde Planungssicherheit, fehlende Gerichtsbarkeit, höhere Stromkosten oder steigende Import- und Exportgebühren verschlechtern die Rahmenbedingungen für die Schweiz ganz allgemein und könnten zur Verlagerung der Geschäftsaktivitäten von hiesigen Marktteilnehmern ins Ausland führen.

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ANFORDERUNGEN Für die Schweiz, als geographisches Stromherzstück Europas, ist ein gegenseitiger, diskriminierungsfreier Marktzugang, d.h. der freie Energieverkehr mit der EU, wichtig. Weiter ist der Einsitz und die vollwertige Mitgliedschaft in entscheidenden Gremien, wie dem ACER (Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden der EU) und ENTSO-E (Vereinigung von 41 Betreibern von Übertragungsnetzen aus 34 EU-Ländern) im Bereich der Stromnetze zentral. Ein Mitwirken in solchen Gremien stellt sicher, dass die Schweizer Wirtschaft bei Entwicklungen des EUEnergiebinnenmarktes, die für sie wichtig sind, nicht aussen vor bleibt und ins Hintertreffen gerät, sondern diese Entwicklungen aktiv mitgestalten kann. Dies gilt besonders für Regelungen über den grenzüberschreitenden Stromverkehr und die Umsetzung des Market Coupling. LÖSUNGSANSATZ Die obigen Darlegungen zu den Herausforderungen im Bereich des Strommarktes zeigen, dass möglichst rasch die institutionelle Basis geschaffen werden muss, damit dieses sektorielle Abkommen im Interesse der Schweizer Energie-Versorgungssicherheit abgeschlossen werden kann. Das Stromabkommen ist technisch bereits so gut wie verhandelt. Dem Abschluss steht einzig noch die Tatsache im Wege, dass die EU nicht bereit ist, weitere Verträge abzuschliessen, solange die Unklarheiten bezüglich der MEI-Umsetzung und der Schaffung eines institutionellen Rahmens bestehen. 6.4 Rechtsintegration – Mitspracherechte durch geeigneten institutionellen Rahmen sichern Die Schweiz muss sich auf verschiedenen Ebenen institutionelle Mitspracherechte sichern. So muss die Schweiz, in einem ersten Schritt, bei der Ausarbeitung von EURechtsakten durch die EU-Kommission in dem Mass mitwirken können, wie es heute die EWR-Vertreter tun (gestaltendes Mitwirkungsrecht oder Decision Shaping).54 Zudem sollte die Schweiz in den für sie relevanten Bereichen auch an der Tätigkeit der verschiedenen Formationen des EU-Rates mitwirken können, wie dies bereits heute im Rahmen der Schengen-/Dublin-Abkommen geschieht.

54 European Free Trade Agreement (EFTA), Influencing the EU – EEA Decision Shaping

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Mit Blick auf das für die Schweiz relevante EU-Recht und den Abschluss eines Binnenmarktvertrags sind auch vertiefte Kooperationsmöglichkeiten zwischen Schweizer Parlamentariern und dem EU-Parlament zu prüfen. Heute ist eine solche Kooperation weder im Rahmen der Bilateralen noch im EWR genügend gegeben. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass dem EU-Parlament früher nur marginale Bedeutung zufiel, was sich in den letzten Jahren aber markant geändert hat.

auch für die Schweiz geltenden EU-Rechtsaktes, durch den automatischen Nachvollzug eingeschränkt. Denn mit der Ablehnung und einer folgenden NichtUmsetzung eines solchen Rechtsaktes würde die Schweiz – auch für sie – relevantes EU-Recht verletzen und damit eine Ausserkraftsetzung von bereits geltendem EU-Recht riskieren. Die dadurch entstehende Rechts- und Planungs-Unsicherheit führt zu Problemen für Wirtschaft und Wissenschaft.

In der Überwachung der Rechtsanwendung und der Lösung juristischer Fragen muss die Schweiz auch in Zukunft ihre Interessen angemessen vertreten können. In Anlehnung an den EWR kann dies im Sinne einer Andocklösung an den EFTA-Gerichtshof erfolgen. Eine solche Lösung hat Dr. rer. Pol. h.c. Carl Baudenbacher, Liechtensteiner Richter am EFTA-Gerichtshof und Schweizer Staatsbürger, bereits vorgeschlagen. Durch ein solches «Andocken» profitiert die Schweiz von der Autorität der EFTA-Institutionen, deren Unabhängigkeit und Kompetenz sowohl durch die EU als auch die EWR/ EFTA-Staaten anerkannt wird. Durch den Einsitz eines Schweizer Vertreters wird gleichzeitig sichergestellt, dass diese Institutionen über ausreichende Kenntnisse über das Schweizer Rechtssystem verfügen.55

LÖSUNGSANSÄTZE Richtungsabstimmung und Opting-Out-Mechanismus

Des Weiteren ist zu prüfen auf welche Weise das Volk in den Prozess der Rechtsentwicklung und Rechtsübernahme miteinbezogen werden kann. Hier gilt es insbesondere dem Spannungsverhältnis von Mitsprache durch die Stimmbevölkerung und Rechtssicherheit durch den automatischen Rechtsnachvollzug Rechnung zu tragen. In dieser Hinsicht gilt es zu prüfen, inwiefern das Volk bereits vor der Verabschiedung von Rechtsakten, in einzelnen, essentiellen Bereichen, zu laufenden Entscheidungsprozessen Stellung nehmen kann. Dies könnte beispielsweise im Sinne von selektiven «Richtungsabstimmungen» zu wichtigen strategischen, nicht aber operationellen Fragen umgesetzt werden. Exkurs VEREINFACHTER RECHTSNACHVOLLZUG HERAUSFORDERUNGEN Automatische Rechtsübernahme und direkt-demokratische Verfahren der Schweiz stehen in einem Spannungsverhältnis zu einander. Wirtschaft und Gesellschaft profitieren von der Rechtssicherheit, die langfristig mit der Rechtsübernahme verbunden ist. Gleichzeitig wird die Möglichkeit der Ergreifung eines Referendums gegen die nationale Umsetzung eines bereits beschlossenen, 55 Siehe hierzu z.B. Vortrag von Prof. Dr. iur. Dr. rer. Pol. h.c. Carl Baudenbacher, Proaktiv einwirken: bei der Energiewende und bei Europa, 13. März 2013

Um auch dem Stimmvolk die Möglichkeit zu geben, sich in laufende Entscheidungsprozessen einzubringen, ist als mögliches Element die Einführung einer konsultativen Volksabstimmung (Richtungsabstimmung) zu prüfen. Angelehnt an das dänische Vorbild56, müsste diese unmittelbar nach der Vorlage eines Rechtsaktentwurfs durch die EU-Kommission aber vor einer Entscheidung im EU-Rat durchgeführt werden, um wirksam zu sein. Eine solche Abstimmung in der Schweiz könnte auch die Meinungsbildung im EU-Rat und Parlament beeinflussen. Angelehnt an den existierenden EWR, wäre es auch denkbar, dem Volk im Rahmen eines Opting-OutMechanismus als Teil eines Binnenmarktvertrags die Möglichkeit einzuräumen, auf die Übernahme eines bestimmten, für sie geltenden Rechtsakts ex-post zu verzichten. Dies wäre unter Umständen allerdings mit der Ausserkraftsetzung und Neuverhandlung des entsprechenden Abkommensteils verbunden. Voraussetzung für die Umsetzung des Opting-Out wäre die Aufhebung von Abkommensverknüpfungen (z.B. Guillotine-Klausel im Rahmen der Bilateralen I). So könnten, zumindest was die Inkraftsetzung von neuen Abkommen betrifft, negative Auswirkungen auf bestehende Abkommen vermieden werden. Die Forderung solch einer Aufhebung der Abkommensverknüpfungen seitens der Schweiz im Gegenzug zur Forderung der EU nach vereinfachter Rechtsübernahme, wird von ausgewiesenen Experten als realistisch eingestuft.57 Insgesamt muss aber festgehalten werden, dass ein beständiger, stabiler Marktzugang mit hoher Planungssicherheit für die Wirtschaft und Wissenschaft und eine selektive Rechtsübernahme durch die Zivilgesellschaft nur bedingt vereinbar sind.

56 Siehe u.a. J. Gronnegaard Christensen, Keeping in Control The Modest Impact of EU on Danish Legislation, 2010 57 Siehe hierzu z.B. Prof. Dr. Michael Ambühl, Zu den verhandlungspolitischen Herausforderungen der Beziehungen Schweiz-EU, 24. September 2014

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6.5 Personenverkehr - Permanente Schutzklausel verankern Der Sinn und Zweck einer Schutzklausel im Personenverkehr ist die kurzfristige Steuerung der Zuwanderung. Die Schutzklausel lässt die Möglichkeit offen, kurzfristige Massnahmen zu ergreifen, wenn es zu einer Überschreitung von vordefinierten und mit der EU vereinbarten Zuwanderungsrichtwerten kommt. So entsteht Zeit- und Handlungsspielraum, damit innenpolitische Massnahmen zur langfristigen Lenkung der Zuwanderung ihre Wirkung entfalten können. Ob die Schutzklausel nach dem Überschreiten des Grenzwertes zur Anwendung kommen soll oder nicht, würde im alleinigen Entscheid der Schweiz liegen. Übertrifft die Zuwanderung im Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre den Grenzwert könnte zudem als Massnahme vereinbart werden, dass für die folgenden 5 Jahre eine Lenkungsabgabe auf die Anstellung ausländischer Arbeitskräfte erhoben wird. Mit den Einnahmen würden langfristig wirkende, innenpolitische Massnahmen unterstützt.58

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Die ursprünglich von der CVP lancierte Idee zur Perpetuierung der Ventilklausel hat swisscleantech bereits im Frühjahr 2013 in die Diskussion und im Vorfeld der Abstimmungen zur MEI und Ecopop eingebracht.60 Als erster Akteur hat swisscleantech die Idee einer permanenten Schutzklausel auch im Zusammenhang mit der MEI-Umsetzung gefordert.61 Mittlerweile wird diese Idee – wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung von verschiedenen Akteuren unterstütz. Im Gegensatz zum Vorschlag einiger traditioneller Wirtschaftsverbände62, erachtet es swisscleantech jedoch als nicht zielführend Zuwanderungsrichtwerte im Schweizer Alleingang zu bestimmen und bei Zielwertüberschreitung Kontingente einzuführen. Dies würde die vielen Nachteile eines Kontingentsystems nach Zielwertüberschreitung gleichwohl mit sich bringen. Ziel sollte eine administrativ effiziente und ordnungspolitisch liberale Lenkung sein, in Abstimmung auf schweizerische und europäische Indikatoren der Zuwanderung.

Das Beispiel Liechtenstein zeigt, dass die EU eine permanente Schutzklausel für EWR-Staaten im Grundsatz nicht ausschliesst. Heute werden solche Ausnahmeregelungen allerdings lediglich Kleinststaaten eingeräumt. Wichtig wäre deshalb eine Lösung, die skalierbar ist und auch bei kleinen und mittelgrossen Staaten Verhältnismässigkeit und innenpolitischen Handlungsspielraum schafft.59

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Exkurs SCHUTZKLAUSELN IM BEREICH DES PERSONENVERKEHRS

UNTERSCHIEDLICHE SCHUTZKLAUSELMECHANISMEN Die Liechtensteinische Schutzklausel

HERAUSFORDERUNGEN

Die wohl prominenteste Schutzklausel im Zusammenhang mit dem freien EU-Personenverkehr gilt für das Fürstentum Liechtenstein. Aufgrund der Kleinheit des Landes, dem hohen Ausländeranteil (33% bei 37'000 Einwohnern, der tagsüber mit 19'000 Grenzgängern auf über 50% steigt) und dem Migrationsdruck, wurde mit der EU eine Sonderregelung getroffen. Diese war zunächst befristet, wurde aber im Zuge der EWR-Osterweiterung faktisch in eine Dauerregelung überführt, die alle 5 Jahre einer wiederkehrenden Überprüfung unterzogen wird. Die liechtensteinische Schutzklausel beinhaltet die Möglichkeit der Beschränkung der Wohnsitznahme – nicht aber eine solche für die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit. Die Wohnsitznahme wird durch jährliche Kontingente eingeschränkt, wobei 56 Aufenthaltsbewilligungen auf erwerbstätige und 16 auf nichterwerbstätige Zuwanderer aus dem EU-Raum entfallen. Dabei wird die Hälfte der Bewilligungen im Auslosungsverfahren vergeben um die Chancengleichheit zu fördern. Die liechtensteinische Sonderregelung hat sich bewährt und hat sich als trag- und anpassungsfähige Lö̈sung erwiesen.Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Sonderregelung bei den Vertragspartnern weiterhin Akzeptanz finden wird.64

Die Schwierigkeit der Einführung von Schutzklauseln im Bereich des Personenverkehrs besteht darin, dass sie den Grundsatz der Freizügigkeit als eines der Grundprinzipien der EU und Kernelement des europäischen Binnenmarkts nicht verletzen, beziehungsweise nicht in seiner Substanz aushöhlen dürfen. LÖSUNGSANSÄTZE Schutzklauseln sind in verschiedenen EU-Verträgen enthalten. So sieht Artikel 14 des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU etwa vor, dass beim Auftreten von ernsthaften schwerwiegenden sozialen oder ökonomischen Herausforderungen eine Schutzklausel angewendet werden darf. Diese Bestimmung könnte beispielsweise dahingehend ergänzt werden,dass eine Schutzklausel auch bei schwerwiegenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen angerufen werden dürfte. Angelehnt an den Vorschlag von Prof. Michael Ambühl63 (ETH Zürich, ehemaliger Unterhändler der Bilateralen II und Staatssekretär im EDA und im EFD) könnten diese Herausforderungen dann als aufgetreten erachtet werden, wenn die Migration übermässig gross ist. Übermässigkeit wiederum könnte dahingehend definiert werden, dass die Einwanderung grösser ist als eine definierte Rate, welche sich aus objektiven Parametern ableiten lässt. Eine solche mathematische Lösung bietet sich gemäss Ambühl deshalb an, weil sie eine transparente Betrachtungsweise anhand quantitativer Grössen erlaubt und ein solches Vorgehen dem EU-Denken nicht fremd ist: Schutzklauseln und wissenschaftliche Methoden zur Lösung politischer Probleme sind geläufig. Bei der Definition der Formel würde diese idealerweise nicht nach schweizerischen Befindlichkeiten ausgerichtet, sondern müsste bei Bedarf für jedes der EU/EFTA-Länder nach gleicher Logik anwendbar sein.

Schutzklauselmechanismus im jetzigen Personenverkehrsabkommen Eine Schutzklausel ist auch Bestandteil des jetzigen Personenverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU. Die Anrufung der Schutzklausel konnte demnach erfolgen, wenn der Zuzug von EU-Arbeitskräften den Durchschnitt der 3 vorangegangenen Jahre um 10% überstieg. In diesem Fall konnte die Aufenthaltsbewilligungszahl einseitig und für eine maximale Dauer von 2 Jahren auf den Durchschnitt der 3 vorangegangenen Jahre plus 5% festgesetzt werden. Die Schutzklausel wurde von Beginn an auf die maximale Dauer von 2 Jahren beschränkt und kann heute für Kerneuropa nicht mehr angewendet werden, da sie bereits zum Einsatz kam.

Bei der Definition der Formel würde diese idealerweise nicht nach schweizerischen Befindlichkeiten ausgerichtet, sondern müsste bei Bedarf für jedes der EU/ EFTA-Länder nach gleicher Logik anwendbar sein.

58 Siehe in diesem Kontext zum Vergleich Avenir Suisse (Das Globalziel: Weniger Zuwanderung trotz Freizügigkeit, 2014) zu Bevölkerungs- und Migrationswachstumszielen sowie Abgaben auf Personalaquisitionen im Ausland und R. Eichenberger zu Steuerregimen für Ausländer «Ausländer sollen höhere Steuern zahlen» 59 Siehe NZZ, CVP will Ventilklausel perpetuieren, 24. April 2013

60 Siehe swisscleantech Medienmitteilung, Schweiz und Europa: Langfristige Strategie statt kurzfristiges Ventil, 24. April 2013 61 swisscleantech Medienmitteilung, Schweiz und Europa: Vorwärtsstrategie statt Schadensbegrenzung, 18. Februar 2014 62 swissmem, scienceindustries, Schweizerischer Arbeitgeberverband & economiesuisse, Zuwanderung: Wirtschaft fordert Schutzklausel und Anstrengungen der privaten und staatlichen Arbeitgeber, 8. Januar 2015

63 Siehe hierzu M. Ambühl & S. Zürcher «Eine Schutzklausel bei der Zuwanderung», NZZ-Meinungsartikel vom 22. Dezember 2014

64 Siehe hierzu NZZ, Als Brüssel eine Ausnahme machte, vom 12. Februar 2014 sowie Kapitel 4.6. im Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein betreffend 15 Jahre Mitgliedschaft des Fürstentums Liechtenstein im Europäischen Wirtschaftsraum

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EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

ETH-Formel für eine Schutzklausel

swisscleantech Berechnungsbeispiel

Um eine faktenbasierte Festlegung einer Schutzklausel zu erarbeiten, wurde im Sommer 2014 am Lehrstuhl von Prof. Dr. Michael Ambühl eine Formel entwickelt.65 Gemäss der ETH-Formel käme eine Schutzklausel dann zum Einsatz, wenn die Nettomigration (in %) einen Schwellenwert übersteigt. In diesem Fall dürften vorher definierte Massnahmen, welche die Einwanderung einschränken, ergriffen werden. Dieser Schwellenwert berechnet sich aus dem Mittelwert der Nettomigrationen aller EU/EFTA-Staaten, erhöht um die doppelte Standardabweichung. Zudem könnten Parameter wie der Bestand von EU/EFTABürgern und auch makroökonomische Variablen des Arbeitsmarkts und der Wirtschaft berücksichtigt werden. Vorteil dieser Betrachtungsweise ist nicht nur, dass sie eine objektive Analyse erlaubt, sondern auch, dass sie flexibel ist. Man kann die Formel mit weiteren gesellschaftspolitischen oder sozioökonomischen Parametern ergänzen. Die Schutzklausel ist so aufgebaut, dass sie grundsätzlich von allen 32 Staaten eingeführt werden könnte, falls dies erwünscht wäre.

Da die wissenschaftlichen Grundlagen der ETHFormel66 zur Zeit der Publikation der vorliegenden Strategie noch nicht veröffentlicht waren, hat swisscleantech ausgehend von der ETH-Formel eine eigene Funktion erarbeitet. Im Folgenden wird diese als Muster am Beispiel der vorhandenen Daten dargestellt. Für die Berechnungen werden Zahlen zur Migration und zum Wirtschaftswachstum aus dem Jahr 2011 verwendet. In diesem Jahr lag der Mittelwert der Zuwanderung über alle EU Länder bei 0.2%, die Standardabweichung bei 0.72%. Grundsätzlich sieht die ETH-Formel vor, den Schutzklauselgrenzwert (SG) auf den Mittelwert (Mw) und die doppelte Standardabweichung (Stdaw) zu beziehen. Es wird zudem vorgeschlagen, die Abweichung vom Mittelwert noch durch Faktoren zu modifizieren, die aus den aktuellen Eckdaten der betroffenen Länder abgeleitet werden können. Spezifisch erwähnt werden zwei Faktoren: Die aktuelle Ausländerquote an EU/EFTA-Bürgern und der Zustand des Arbeitsmarktes. Die Berechnungen von swisscleantech berücksichtigen diese Aspekte, indem sie einen Korrekturwert auf der Basis der aktuellen Ausländerquote in der Schweiz (AQ) sowie das Wachstum der Volkswirtschaften (WV) bestimmen. Somit ergibt sich die Funktion: SG = Mw + 2*Stdaw * AQ * WV. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Zuwanderung für die soziale Stabilität und die Bereitschaft zur Integration umso herausfordernder wird, je höher die Ausländerquote bereits ist und je kleiner das Wirtschaftswachstum eines Landes ist. Im Berechnungsbeispiel von swisscleantech wird angenommen, dass im Allgemeinen die Integration von zusätzlichen Zuwanderern bei einem Ausländeranteil (AA) von 10% zu wenig soziologischen Spannungen führt, während bei einem Ausländeranteil von 30% erhebliche soziologische Spannungen entstehen können. In diesem Fall würde der Wert von AQ auf 50% reduziert, während er bei 10% einen Wert von 1 annehmen soll.

65 Siehe hierzu z.B. Prof. Dr. Michael Ambühl, Zu den verhandlungspolitischen Herausforderungen der Beziehungen Schweiz-EU, 24. September 2014, M. Ambühl & S. Zürcher «Eine Schutzklausel bei der Zuwanderung», NZZ-Meinungsartikel vom 22. Dezember 2014, sowie M. Ambühl & S.Zürcher, Immigration and Swiss-EU Free Movement of Persons: Question of a Safeguard Clause, SPSR, im Erscheinen begriffen

66 Siehe hierzu Immigration and Swiss-EU Free Movement of Persons: Question of a Safeguard Clause, M. Ambühl & S.Zürcher, SPSR, im Erscheinen begriffen

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

Bei einem Ausländeranteil von 30% käme somit die Schutzklausel in der Grössenordnung von einer Standardabweichung vom Mittelwert zu liegen, bei 10% (oder weniger) wäre sie grösser als in 97.5% aller Länder im EU/EFTA Raum. Umgesetzt in einer Exponentialfunktion ergibt sich folgende Formel: AQ = 2.2* Exp(-8* AA). Bei einem Ausländeranteil der Schweiz von 23% (2013) ergibt sich so ein Faktor AQ von 0.35. Zur Bestimmung des Faktors WV, der den Einfluss des Wirtschaftswachstums auf den Grenzwert der Schutzklausel SG beschreibt, stützt sich swisscleantech auf Mittelwert und Standardabweichung des BIP-Wachstums aller Länder in der EU. Es kommt eine lineare Funktion zur Anwendung. Dabei habe WV beim Mittelwert des BIP den Wert 0.5 und beim Mittelwert plus Standardabweichungen einen Wert von 1. Der Mittelwert des BIP-Wachstums in Europa betrug 2011 0.4%, die Standardabweichung 2.2%. In der Schweiz betrug das BIP-Wachstum 1.9%. Somit ergibt sich für WV ein Wert von 0.85. Die Formel ergibt also für SG ein Resultat von: SG = 0.2 + 2*0.72*0.35*0.85 = 0.63%. Gestützt auf diese Berechnung könnte somit die Schutzklausel angerufen werden, wenn die Zuwanderung aus der EU den Wert von 0.63% der Schweizer Bevölkerung, also 49'000 Person, übersteigt. Das obige Beispiel zeigt, wie eine solche Formel aufgebaut sein könnte. Welche Parameter in ihr konkret verwendet werden sollen, damit die Interessen aller an der Verhandlung beteiligten Parteien befriedigt werden können, muss Gegenstand von Verhandlungen sein. Gemäss den Darlegungen von swisscleantech soll jedoch ein Grenzwert der EU-Zuwanderung, als Basis zur Verhandlung, nicht alleine aus EU-Vergleichswerten, sondern als Ableitung einer qualitativen Wachstumsstrategie, definiert werden. Unter der Annahme, dass als Mittelwert der kommenden Jahre ca. 60% der Schweizer Zuwanderung aus EU-Ländern stammt (40% = Nicht-EU-Zuwanderer), würde die ETH-Formel mit swisscleantech Herleitung, eine Gesamtnettozuwanderung für das Jahr 2011 von ca. 74'000 jährlich ergeben.

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6.6. Personenverkehr - Innenpolitische Massnahmen umsetzen Die Indikatoren deuten darauf hin, dass die Zuwanderungssituation von der Bevölkerung mit Besorgnis wahrgenommen wird - dem gilt es also Rechnung zu tragen. Da die Zuwanderung aber letztlich durch Angebot und Nachfrage von Arbeitsplätzen gesteuert wird, müssen innenpolitische Massnahmen umgesetzt werden, welche die Zuwanderung mittel- und langfristig lenken, indem sie das innenpolitische Arbeitskräftepotential stärken. Für den Personenverkehr aus der EU sind deshalb anstelle von Inländervorrang und Kontingentierung der Zuwanderung, innenpolitische Massnahmen gefordert. Es gilt Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Zuwanderung auftreten können (z.B. Stichwort «Lohndruck»), angemessen anzugehen. Dabei stehen für swisscleantech die folgenden Massnahmenbereiche derzeit im Vordergrund: 1. Anreizsysteme zur verbesserten Integration von Frauen, älteren und jüngeren Arbeitskräften im Arbeitsmarkt (inkl. Teilzeitarbeit, Fokus auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie); 2. Rechtskonformer Vollzug des Personenfreizügigkeitsabkommens in den Kantonen (insbesondere flankierende Massnahmen); 3. Stärkung der Bildungs- und Weiterbildungspolitik (z.B. Fachkräfte-Initiative des Bundes67) 4. Griffige Umsetzung des Raumplanungsgesetzes sowie einer nachhaltigen Mobilitätsstrategie; 5. Selektive und qualitative Standortförderung unter Verzicht auf Steuerdumping; Wie vorgehend beschrieben, begrüsst swisscleantech einige der bereits lancierten Ideen in Bezug auf inländische Massnahmen und wird versuchen, aktiv mit anderen Stakeholders zusammenzuarbeiten. Tabelle 4 zeigt eine Übersicht zum Status Quo und zu den Stossrichtungen der Lösungsansätze hinsichtlich Marktzugang, Rechtsintegration, politische Kooperation und Personenverkehr im Verhältnis der Schweiz zur EU auf.

67 Siehe Bundesbehörden, Fachkräfteinitiative: Bund, Kantone und Sozialpartner koordinieren und verstärken ihre Anstrengungen, 21. Mai 2013

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EUROPASTRATEGIE JANUAR 2014

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

EWR

BUNDESRAT (Mandat)*

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TABELLE 5 GEGENÜBERSTELLUNG STATUS QUO UND LÖSUNGSANSÄTZE

STATUS QUO BILATERALE

EU (Mandat)*

VORSCHLAG SWISSCLEANTECH

Marktzugang

Bilateral-sektorieller Marktzugang

Vertiefte, umfassende Freihandelszone (Binnenmarkt)

Weiterentwickelter, bilateralsektorieller Marktzugang mit institutionellem Rahmenabkommen

Institutionelles Rahmenabkommen als Bedingung für Weiterentwicklung des bilateral-sektoriellen Marktzugangs

Umfassender, diskriminierungsfreier Zugang zum EU-Binnenmarkt langfristig liberale und stabile institutionelle Lösung mittels Binnenmarktvertrag

Institutionelle Frage: Rechtsintegration

——Keine Mitwirkungsrechte bei Rechtsetzung

——Bedingtes Mitwirkungsrecht bei Rechtsetzung: Konsultations- und Mitwirkungsrecht bei Ausarbeitung und Beratung von neuen EU-Rechtsakten (Decision-Shaping)

——Weitgehendes Konsultations- und Mitwirkungsrecht, Rechtsetzung, mindestens Stufe EWR , mindestens Stufe EWR (Decision-Shaping)

——Keine Mitwirkungsrechte bei Rechtsetzung

——Über Stufe EWR hinausgehende Mitwirkungsrechte be Rechtsetzung im Gegenzug für automatische Rechtsübernahme

——Selektiv autonome Rechtsübernahme ——Abkommenüberwachung im Zwei-Säulen-Modell ( jede Partei überwacht auf ihrem Staatsgebiet mit ihren Behörden) ——Streitschlichtung durch gemischte Ausschüsse (politisch)

——Umfassend dynamische Rechtsübernahme ——Überwachung im Zwei-SäulenModell: EFTA-Überwachungsbehörde auf Seite EWR/EFTA, Europäische Kommission im EU-Raum

——automatische Rechtsübernahme

——dynamische Rechtsübernahme

——Überwachung im Ein-Säulen-Modell: Europäische Kommission auf beiden Seiten

——Überwachung im Zwei-SäulenModell: Jede Partei überwacht auf ihrem Staatsgebiet mit ihren Behörden

——Streitschlichtung durch EuGH (Urteile bindend)

——Abkommensüberwachung zwingend mit Schweizer Mitwirkung: EFTA-Überwachungsbehörde mit Schweizer Vertretern auf Seite Schweiz, Europäische Kommission im EU-Raum ——Streitschlichtung zwingend mit Schweizer Mitsprachen: EFTA-Gerichtshof mit Schweizer Richter auf Seite Schweiz, EuGH im EU-Raum

——Gemischte Ausschüsse (politisch), mit bindenden Gutachten des EuGH

——Streitschlichtung durch EFTAGerichtshof auf Seite EWR/EFTA, EuGH im EU-Raum

Politische Kooperation

selektiv

selektiv

selektiv

umfassend

selektiv

Umsetzung MEI (Art. 121a BV): Personenverkehr (PFZ)

Drei-Phasen-Verfahren: 1) PFZ mit Beschränkungen 2) Volle PFZ mit Schutzklausel 3) Volle PFZ mit Schutzklausel für Ausnahmefälle

Volle PFZ mit Schutzklauseln (z.B. Liechtenstein)

Volle PFZ, möglicherweise mit Schutzklausel

Volle PFZ

Volle PFZ mit Schutzklausel

*Gestützt auf Dokumentation der Direktion für europäische Angelegenheiten(DEA), Institutionelle Fragen, 22. Januar 2015 sowie Berichterstattung Sonntagszeitung, EU-Mandat, 5. Juli 2014

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EUROPASTRATEGIE JANUAR 2014

Einsame Hütte in den Schweizer Alpen

Pendlerverkehr

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

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7 WEITERFÜHRENDE ARBEITEN In den kommenden Monaten wird swisscleantech den Fokus im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Europastrategie auf folgende Punkte legen, wobei weiterhin eine enge Einbindung von Partnern und die kontinuierliche Bearbeitung - insbesondere Vertiefung spezifischer Themenpunkte – der Strategie vorgesehen ist. Aktuelle Informationen dazu werden auf www.swisscleantech.ch/europa der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden: •

Jährliche Updates des Europabarometers in Zusammenarbeit mit dem Polit- und Kommunikationsforschungsinstitut gfs.bern. Dieser soll die Einstellungen und Befindlichkeiten der Bevölkerung zur Beziehung Schweiz-EU generell erfassen, aber auch Aussagen zur künftigen Ausrichtung des Verhältnisses der Schweiz zur EU ermöglichen – somit also auch die Stossrichtung der vorliegenden Europastrategie periodisch überprüfen.



Konkretisierung und Priorisierung von innenpolitischen Massnahmen, u.a. im Bereich des Arbeitsmarktes. Dies betrifft sowohl Massnahmen hinsichtlich möglicher Auswirkungen, die im Zusammenhang mit dem Personenverkehr auftreten können (Stichwort «Qualitatives Wirtschaftswachstum»), als auch Massnahmen mit Wirkung auf die Steuerung des Personenverkehrs (Stichwort «Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotentials»). Die Arbeiten in diesem Bereich erfolgen in Zusammenarbeit mit der swisscleantech Fokusgruppe «Wirtschaft & Gesellschaft». In diesem Zusammenhang werden auch die kürzlich lancierten Lösungsansätze des Arbeitgeberverbands ausdrücklich begrüsst.68



Beiträge zur Wiederherstellung von wichtigen, derzeit sistierten, Abkommen sowie zur Erschliessung des Zugangs zu weiteren Teilen des EU-Binnenmarkts. Dies betrifft insbesondere die Wiederherstellung der Forschungsabkommen (Horizon 2020, Erasmus+) sowie den Abschluss des Stromankommens und die Ausgestaltung eines Abkommens im Bereich der Dienstleistungen.



Vertiefte Analyse und Stakeholderdiskussion zum Binnenmarktvertrag (Modernisierungsbedarf des EWR) – dies im Lichte der oben dargelegten Anforderungen im Bereich der Mitbestimmung, des Personenverkehrs etc. Dabei wird auch ein Schwerpunkt auf die Diskussion und Entwicklung von Lösungsansätzen im Bereich des Spannungsverhältnisses Rechtssicherheit durch automatische Rechtsübernahme unter Wahrung innenpolitischer Prozesse und Volksrechte gelegt.



Erarbeitung eines konkreten Vorschlags für eine grundsätzliche, langfristige und nachhaltige Lösung zur Beziehung Schweiz-EU - durch Volk und Stände. In diesem Zusammenhang werden auch die Vorschläge von BDP und Prof. Dr. Thomas Cottier in die Diskussion einbezogen.69

Die Helvetia blickt den Rhein hinunter

68 Siehe Medienmitteilung Arbeitgeberverband, Arbeitgeber nutzen Inländerpotenzial, 21. Januar 2015 69 Siehe die Erläuterung der Vorschläge im Rahmen der SRF-Arena, Wahlkampf um Bilaterale, 3. Oktober 2014

Notizen NZZ Zeitungsartikel

Paris Strassburg

München Basel

Djon

Zürich Bern

Genf Mailand Torino Illustration Strasssennetz Europa

Innsbruck

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EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

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8 DOKUMENTENVERWEISE UND QUELLENANGABEN 8.1 Relevante swisscleantech Publikationen Rückwärts chronologisch Zukunft, Swiss made. Wachsen mit Qualität, Dezember 2014 Positionspapier Schweiz - Europa, Juni 2014 Cleantech Strategie Schweiz, Oktober 2010 8.2 Relevante swisscleantech Medienmitteilungen und Veranstaltungen Rückwärts chronologisch 20.06.14 Medienmitteilung: Bundesrat auf dem richtigen Weg: Reaktion zum Umsetzungskonzept des Bundesrates zur Masseneinwanderungsinitiative 19.03.14 Veranstaltung: 1. Quartalsanlass 2014: Schweiz – EU 2.0 18.02.14 Medienmitteilung: Schweiz und Europa: Vorwärtsstrategie statt Schadensbegrenzung: Reaktion zur Annahme der Masseneinwanderungsinitiative sowie zum Umsetzungsvorgehensplan des Bundesrats. 24.06.13 Medienmitteilung: Institutioneller Rahmen: proaktiv auf EU und EFTA zugehen: EFTA Ministerkonferenz in Trondheim – Forderung eines proaktiven Vorgehens der Schweiz zur Schaffung eines zukunftsfähigen institutionellen Rahmens mit der EU.

24.04.13 Medienmitteilung: Schweiz und Europa: langfristige Strategie statt kurzfristiges Ventil: Anrufung Ventilklausel für EU-17 und EU-18-Staaten - Reaktion zur Aufrufung der Ventilklausel (Personenfreizügig-keitsabkommen) durch den Bundesrat und Forderung eines langfristig zukunftsfähigen Rahmens für die Beziehung der Schweiz zur EU. 14.03.13 Veranstaltung: 1. Quartalsanlass 2013: Proaktiv einwirken – bei der Energiewende und bei Europa. 01.05.12 MM: EU: Dienstleistungsabkommen als Preis für institutionelle Lösung: 20 Jahre EWR – Medienmitteilung zur aktuellen europapolitischen Situation aus Sicht der Grünen Wirtschaft. 8.3 Links zu externen und weiterführenden Informationsquellen Papers, Berichte, Zeitungsartikel und Präsentationsfolien Ambühl, M, & S. Zürcher (2014). Eine Schutzklausel bei der Zuwanderung. NZZ-Meinungsartikel vom 22. Dezember 2014 Ambühl, M. (2014) Zu den verhandlungspolitischen Herausforderungen der Beziehungen Schweiz-EU. EZH Zürich, Präsentationsfolien vom 24. September 2014 Avenir Suisse (2014) Das Globalziel: Weniger Zuwanderung trotz Freizügigkeit. Avenir Suisse Avenir Suisse (2014) Gelenkte Zuwanderung - Avenir Spezial Avenir Suisse

Basler Zeitung (2014) Konzern erklärt Wegzug aus der Schweiz in einem Brief, Beitrag vom 4. April 2014 Blocher, C. (2014) Bilaterale sind massiv überschätzt, NZZ am Sonntag Beitrag vom 30. Juli 2014 Böhler, P. & J. Pelkmans. (2013) The EEA Review and Liechtenstein’s Intergration Strategy. Center for European Policy Studies. Brussels Bundesamt für Migration (BfM). (2014) Bilanz der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung seit Ende Dezember 1991

Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA). (2015) Schengen / Dublin. 5. Januar 2015 Direktion für europäische Angelegeheiten (DEA). (2014) Antwort der EU auf Schweizer Revisionsbegehren. Brief von C. Ashton vom 2. Juli 2014 EEA Review Committee. (2012) Outside and Inside Norway’s agreements with the European Union. Official Norwegian Reports NOU European Council (EC). (2014) Council Decision – Authorising the opening of negotiations on an agreement between the European Union and the Swiss Confederation on an institutional framework governing bilateral relations.

Bundesamt für Statistik (BfS). (2015) Statistiken zu Aussenhandel, Studierende, Tourismus, Migration und Integration – Ausländische Wohnbevölkerung

European Free Trade Agreement (EFTA), (2012) The European Economic Area and the Single Market 20 Years on, Report from September 2012

Bundesrat (2014). Bundesrat will mit der EU über Personenfreizügigkeit verhandeln, Medienmitteilung

European Free Trade Agreement (EFTA), Influencing the EU – EEA Decision Shaping. Description.

Cottier, Th. Et al. (2014). Die Schweiz in Europa. Aufruf besorgter Bürger und Bürgerinnen. Europa-Manifest vom September 2014

Europäische Union (EU) (2014) Antwort der EU auf Revisionsbegehren der Schweiz zum Personenverkehrsabkommen

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). (2013). Fachkräfteinitiative: Bund, Kantone und Sozialpartner koordinieren und verstärken ihre Anstrengungen, Medienmitteilung vom 21. Mai 2013

Europäischen Union (EU) (2012) Council conclusions on EU relations with EFTA countries, Sotzungbericht vom 20. Dezember 2012

De Sépibus, J. (2014) Ein institutionelles Dach für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union – Wie weiter? Ein Überblick über Vor- und Nachteile unterschiedlicher Optionen. Universität Bern Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA). (2015) Institutionelle Fragen. 22. Januar 2015

Fürstentum Liechtenstein (2010) Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein betreffend 15 Jahre Mitgliedschaft des Fürstentums Liechtenstein im Europäischen Wirtschaftsraum

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Gentinetta, K. & G. Kohler (Hrsg.). (2010) Souveränität im Härtetest - Selbstbestimmung unter neuen Vorzeichen. Avenir Suisse gfs.bern. (2015) Beziehung Schweiz-EU mit Rücksicht auf Migrationsfrage entwickelbar – Schlussbericht Studie «Schweiz und Europa», Dezember 2014 gfs.bern. (2014) Wahlbarometer 2014, September 2014 Hauser, H. & A. Roitinger. (2001) EWR oder Bilateralismus? Zwei Integrationsoptionen der Schweiz im Vergleich. Universität St.Gallen, SIAW-HSG Jenni, S. (2014) Europeanization of Swiss Law-Making: Empirics and Rhetoric are Drifting Apart. Swiss Political Science Review Kellerhals, A. (2015) Was wir brauchen ist ein Binnenmarktvertrag. NZZ-Meinungsartikel vom 19. Januar 2015 Neue Zürcher Zeitung (NZZ).(2014) Als Brüssel eine Ausnahme machte. Beitrag vom 12. Februar 2014 Neue Zürcher Zeitung (NZZ). (2014) Die SVP sieht die Souveränität zunehmend bedroht, Beitrag vom 25. Oktober 2014 Neue Zürcher Zeitung (NZZ). (2014) Schweiz wirtschaftlich stärker mit EU verwoben als viele Mitglieder, Beitrag vom 12. August, 2014 Neue Zürcher Zeitung (NZZ). (2014). «Völkerrecht schränkt Spielraum bei Kontingenten ein», Beitrag vom 27. Juni 2014

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

Rossier, Y. & D. O’Sullivan. (2013) Non-Paper: Elements de discussion sur les questions institutionnelles entre l’Union Européenne et la conféderacion hélvetique. Schweizerischer Bundesrat. (2006) Europabericht 2006. Schweizerische Eidgenossenschaft (2014) Bundesrat will mit der EU über Personenfreizügigkeit verhandeln. Medienmitteilung Schweizerische Eidgenossenschaft (2014) Fachkräfteinitiative: Bund, Kantone und Sozialpartner koordinieren und verstärken ihre Anstrengungen. Medienmitteilung Schweizer Radio & Fernsehen (SRF) (2014) Menschenrechte: Maurer will Konvention kündigen, Beitrag vom 20. November 2014 Schweizer Radio & Fernsehen (SRF). (2014). Arena: Wahlkampf um Bilaterale, Beitrag vom 3. Oktober 2014 swissmem, scienceindustries, Schweizerischer Arbeitgeberverband & economiesuisse (2015) Zuwanderung: Wirtschaft fordert Schutzklausel und Anstrengungen der privaten und staatlichen Arbeitgeber, Medienmitteilung vom 8. Januar 2015 Tagesanzeiger (2015) Wird die Schweiz jetzt unattraktiver? Beitrag vom 19. Januar 2015 Tagesanzeiger (2014) Ecopop reisst Drei-Milliarden-Loch in AHV-Kasse, Beitrag vom 21.Oktober 2014

Neue Zürcher Zeitung (NZZ). (2013), CVP will Ventilklausel perpetuieren, Beitrag vom 24. April 2013

Tagesanzeiger (2014) Warum die Schweizer Wirtschaft in Schwung bleibt , Beitrag vom 21. Oktober 2014

Neue Zürcher Zeitung (NZZ). (2013). EWR­-Beitritt würde «delikate Fragen» provozieren. Beitrag vom 6. August 2013

Tagesanzeiger (2014) Nobelpreisträger bilden Komitee gegen die Abschottung, 8.Oktober 2014

Regierung des Fürstentum Liechtenstein. (2010). Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein betreffend 15 Jahre Mitgliedschaft des Fürstentums Liechtenstein im Europäischen Wirtschaftsraum

Tagesanzeiger (2014) Milliardär stellt sich gegen die SVP, Beitrage vom 2. Oktober 2014 Tagesanzeiger (2013) «Ausländer sollen höhere Steuern zahlen», Beitrag vom 21. Januar 2013

EUROPASTRATEGIE JANUAR 2015

Thürrer, D. (2011) Gutachten über mögliche Formen der Umsetzung und Anwendung der Bilateralen Abkommen Tobler, C. (2013) Die Erneuerung des bilateralen Wegs: Eine wachsende Annäherung an den EWR in den zur Diskussion gestellten Modellen. In: Jusletter 3. Juni 2013 Tobler, C. (2014) A look at the EEA from Switzerland, in: EFTA Court (ed), The EEA and the EFTA Court. Decentred Integration, Oxford: Hart 2014, 541-554 Abkommen Personenverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (2002). Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit.

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Webseiten Akteure Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) www.auns.ch Bürgerlich-Demokratische Partei Schweiz (BDP) www.bdp.info Christlichdemokratische Volksparteo (CVP) www.cvp.ch economiesuisse www.economiesuisse.ch FDP – Die Liberalen (FDP) www.fdp.ch Grüne Partei der Schweiz (Grüne) www.gruene.ch Grünliberale Partei Schweiz (GLP) www.grunliberale.ch Neue europäische Bewegung Schweiz (Nebs) www.europa.ch Operation Libero. www.operation-libero.ch Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB) www.sgb.ch Schweizerischer Gewerbeverband (SGV) www.sgv-usam.ch Schweizerische Volkspartei (SVP) www.svp.ch Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) www.sp-ps.ch Verein «Raus aus der Sackgasse - RASA» www.rausausdersackgasse.ch