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vergessenen Welt. Und vor dem Altar schließlich stand ein. Mann, der sich zu der Gruppe drehte und im flackernden Licht von hunderten von Kerzen langsam ...
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Melvin Schulz-Menningmann

Nachtherz Das Nordland Fantasy

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© 2014 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2014 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Fotolia 62102185 - Peace, Viking warrior, male dressed in Barbarian style with swor© Fernando Cortés Printed in Germany

AAVAA print+design Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-1155-7 ISBN 978-3-8459-1156-4 ISBN 978-3-8459-1157-1 ISBN 978-3-8459-1158-8 Mini-Buch ohne ISBN

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Für Max, der dieses Buch noch nie gelesen hat. Und für Tabea, ohne die die Geschichte ganz anders gelaufen wäre.

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PROLOG

Die Frau wehrte sich. Kämpfte gegen die Fesseln an, den Knebel, schrie erstickt, unverständlich. Doch keiner ihrer Begleiter drehte auch nur den Kopf, keiner des halben Dutzend Männer, die sie durch in den Fels getriebene Höhlen und Gänge zog. Keine natürlichen Höhlen. Zwischen den rauen Felsformationen, den zerklüfteten Steinen, blitzte da und dort ein Relief hervor, eine Steinmetzarbeit, eine Statue. Die Gruppe stapfte stumm den Gang entlang, die Stille nur unterbrochen von den unterdrückten Schreien der jungen Frau. In der Ferne flackerte es. Fackeln, weitere Männer, ganz in Schwarz gekleidet, gerüstet und ebenso stumm wie die Gruppe, die weiter unaufhaltsam voranschritt und die sich wehrende Frau mit sich zog. 5

Das Ende des Ganges rückte näher, versperrt durch ein großes, dunkles Holztor. Kunstvolle Schnitzereien zogen sich über das Holz, die Figuren und Kreaturen wirkten im flackernden Licht der Fackel fast lebendig. Die Augen der Frau fuhren hastig über das Tor, dann wieder zu den Männern, die es bewachten, zu den funkelnden Speerspitzen, den kalten Augen, wieder zum Tor und der Fantasiewelt, die sich darin spiegelte. Ihre Augen waren angstgeweitet, groß und von einem hellen, durchdringenden Blau. Eine gepanzerte Faust schlug gegen das Holz, ein dröhnendes, dumpfes Echo, das hinter dem Tor wiederhallte. Einen Moment herrschte Stille. Dann donnerte ein Knirschen durch den Gang, das alles übertönte, das Knarzen von sich straffenden Seilen, das Klirren von Ketten und das Tor öffnete sich. Die Frau, die das Ganze in stiller Angst beobachtet hatte, wehrte sich wieder, vehementer noch als vorher. Doch sie wurde weitergezo6

gen. Ohne Gnade. Und noch immer ohne Reaktion. Der Gang öffnete sich in eine letzte Höhle, größer als alle vorherigen, doch immer noch genauso unbehaglich und bedrohlich wie die anderen. Von oben fiel Licht hinein, ein einziger Lichtstrahl. Wo er auf den Boden fiel, hatte man eine Art Altar errichtet, direkt in den Fels gemeißelt. Hinter dem Altar erhob sich ein Podest, bedeckt mit abertausenden in den Fels gemeißelten Runen, uralten Zeichen einer vergessenen Welt. Und vor dem Altar schließlich stand ein Mann, der sich zu der Gruppe drehte und im flackernden Licht von hunderten von Kerzen langsam näher kam. Er war sehr groß, schlank, fast schon hager. Gekleidet in einen schlichten, schwarzen Mantel, der seine Gestalt vollständig verhüllte. Sein Gesicht war scharf geschnitten, wirkte aber auch irgendwie fast weiblich, ein zartes 7

Dreieck, in dem zwei große, grüne Augen funkelten, umrahmt von einem sorgfältig getrimmten Bart. Das Auffälligste jedoch waren seine Haare, eine Flut, langer, schwarzer Locken, die ihm in geflochtenen Strähnen bis über die Hüfte hinabfielen. Er trat an die Frau heran, die ihm angstvoll entgegensah, legte eine Hand, an der mehrere silberne Ringe funkelten, an ihr Kinn und zwang sie mit leichter Gewalt, ihm in die Augen zu sehen. Die Stille war fast greifbar, nur unterbrochen von den unruhigen Bewegungen der Männer um sie herum. „Hab keine Angst.“ Die Stimme des Mannes war leise, tief und überraschend sanft. „Es wird nicht lange dauern.“ Er sah zu den Wachen und nickte, woraufhin sie die Frau zum Altar führten, sie dort ablegten und ihr dann, zu ihrer sichtlichen Überraschung die Fesseln abnahmen. Der Mann trat wieder dazu. Die Stimme der Frau war hell, und zitterte vor Angst. 8

„W-wer seid Ihr? Was wollt Ihr von mir? Ich … ich habe kein Geld oder … etwas Ähnliches. B-bitte …“ Der Mann legte ihr einen Finger auf den Mund. „Shhhh, du musst keine Angst haben. Es geht nicht um Geld. Es geht mir auch nicht um dein Leben. Alles, was ich möchte, ist, dass du mir in die Augen siehst.“ Um seine Lippen spielte fast so etwas wie ein Lächeln, doch in seinen Augen war keine Wärme. Die Frau gehorchte zitternd, eine einzelne Träne lief aus ihrem Augenwinkel. Die Augen des Mannes fingen ihre ein und ein dunkler Schleier legte sich darüber. Seine Stimme war auf einmal um einiges tiefer, bestimmter. „Lass alle Angst fallen. Hör auf zu widerstreben. Sei mir untertan.“ Die Augen der Frau weiteten sich angsterfüllt, aber nur für den Bruchteil eines Augenblickes, ehe sich ein Ausdruck glückseliger Apathie über ihr Gesicht legte, begleitet von einem leichten Lächeln. 9

„Gut. Leg dich hin und lass alles geschehen.“ Die Frau gehorchte, streckte sich auf dem Altar aus und sah mit demselben seltsamen Lächeln zur Decke hinauf, dem Licht entgegen. Der Mann umrundete den Altar und wandte sich dem Podest zu. Der Schleier um seine Augen verfinsterte sich, seine Stimme war noch lauter und bestimmter, als er die Arme ausbreitete und, jedes Wort betonend, eine Formel rezitierte. Die eingemeißelten Runen leuchteten auf und in der Höhle wurde es schlagartig sehr kalt. Eiskristalle bildeten sich an den Waffen und Kleidern der Wachen, die Flammen der Kerzen froren auf der Stelle ein und fielen mit leisem Klirren zu Boden wie gefrorene Tränen. Die frostigen Schwaden auf dem Podest, eisiger Nebel, zogen sich zusammen und bildeten die Gestalt eines Mannes, hochaufragend bis zur Decke, das Gesicht nicht mehr als die starre Fratze eines Totenkopfes. „Thorald, du Narr! Was hast du getan?“ tönte eine Stimme, von irgendwo und nirgends, es 10

klang, als würden viele sprechen, und doch sprach nur eine allein. Der Mann beendete die Formel, wies auf die Frau und rief mit sich überschlagender Stimme: „Bei den Runen, bei den Schatten und beim Geist meines Herrn, Ich banne dich!“ Ein klagender Schrei erfüllte die Höhle, lies den Fels in seinen Grundfesten erzittern. Eine der Wachen ließ ihren Speer fallen, der mit einem Klappern zu Boden fiel. Die gefrorene Spitze zersplitterte in tausend Stücke. Die Gestalt zerfaserte wieder zu Frostsschwaden, wirbelte hoch, auf die Frau zu und wurde durch ihren Mund in sie gesogen. Der Körper der Frau bäumte sich auf, zuckte und lag schließlich still. Der klagende Schrei verstummte. Die Kerzen brannten. Einzig der zersplitterte Speer lag noch am Boden. Der Mann ließ die Hände sinken und atmete tief durch. „Es ist vollbracht.“

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Er begann zu lachen, zunächst leise, ein heiseres Krächzen, dann immer lauter, bis seine Stimme die Höhle füllte, tief und Laut, voller Bosheit. Die Frau erwachte mit einem Keuchen, richtete sich auf und sah sich hektisch um. Sie war allein in der großen Halle, die Kerzen waren niedergebrannt und durch das Loch in der Decke schienen die Sterne hinein. Es war finster. Die Frau richtete sich auf, vergrub ihr Gesicht in den Händen und schluchzte. Was war nur geschehen. Sie fühlte sich anders, ganz und gar nicht wohl. Es tut mir so leid. Die Frau hob ruckartig den Kopf, sah sich wieder um. „H-Ha-Hallo? Ist da jemand?“ Ich bin da … aber Ihr könnt mich nicht sehen. Die Stimme der Frau senkte sich zu einem heiseren Flüstern. „Wer seid ihr? Wo seid ihr?“

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Ihre Augen huschten hin und her, versuchten die Schatten zu durchdringen. Ich bin in Euch. In eurem Kopf, eurer Seele. Und was meinen Namen betrifft … so denke ich, kennt ihr ihn bereits. Ich bin Lyx, der Geist des Todes. Die Frau wurde blass. „Ihr seid … in mir? Der Todesgeist Lyx? Aber … aber wie …?“ Der Ton der Stimme änderte sich, ein bitterer Klang schwang deutlich zu hören darin. Es war Thorald. Der Mann, der Euch sagte, Ihr solltet keine Angst haben. Der Mann, der Euch hierher gebracht hat. Er hat mich gebannt, in Euch. Es war meine Schuld, ich habe ihn unterschätzt und dafür muss nun nicht nur ich sondern die ganze Welt bezahlen. „Aber … wovon redet Ihr denn da?“ Die Frau sah sich nervös um. Diese Welt ist einem Kreislauf unterworfen. Kreaturen werden geboren, Kreaturen sterben. Wenn sie sterben, nehme ich sie in mein Reich auf, für das eigentliche Leben. Die ewige Festhalle, der Palast der Glückseligkeit … Ihr kennt die Geschich-

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ten. Aber nun bin ich fort. Und wenn sie nun sterben … dann können sie nirgendwo mehr hin. „Also … sind wir nun alle unsterblich?“ Nein, natürlich nicht. Aber Euch bleibt nun die Erlösung verwehrt … der letzte Frieden. Ohne mich seid ihr dazu verdammt, auf ewig in einer Welt zwischen den Welten zu wandeln, ohne in eine von beiden einziehen zu können. Ihr Menschen nennt es das Unleben. „Aber ich verstehe das nicht … was hätte dieser … Thorald davon?“ Thorald ist machtbesessen. Er hat nur ein Ziel: die Herrschaft. Alles, was ihm dazu gefehlt hat, war eine Armee. „Ich verstehe nicht …?“ Thorald ist ein mächtiger Magier. Aber die Gier nach der Herrschaft hat ihn uralte Grenzen übertreten lassen. Er hat die Toten beschworen. Und je mehr Tote es gibt, die er mit dem Unleben gestraft sind, desto größer wird seine Armee. Versteht ihr? Jeder Tote, der in meiner Halle Frieden findet, steht unter meinem Schutz und entzieht sich somit Thoralds Zugriff. Aber nun ... 14

Die Frau sah sich um, die Augen von Schrecken geweitet und senkte ihre Stimme zu einem Raunen. „Aber … aber es muss doch eine Möglichkeit geben, ihn aufzuhalten?“ Ja … vielleicht … Wenn Ihr es schafft, von hier zu entkommen. Kennt Ihr die Magierakademie? Hoch im Nordosten? „J-ja …“ Die Magier dort, sie können den Bann vielleicht lösen! Sie können mich befreien und diesem Land einen Krieg ersparen, der viele Leben kosten wird … und der schlussendlich nur von Thorald gewonnen werden kann. „Und wie … wie komme ich dahin? Ich weiß ja nicht mal wo ich bin.“ Ich werde Euch helfen, keine Sorge. Schließlich bin ich jetzt ein Teil von Euch, Mjoll. Die Frau bekam große Augen. „Ihr … woher …“ Sie hörte Lyx leise lachen. Wir sind jetzt eins. Eure Gedanken sind meine Gedanken.

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