Umfang des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers bei bereits ...

27.06.2011 - sung Kauf- und Werkvertragsrecht vermenge, weil der Einbau und die Verlegung der neuen Fliesen zu keinem Zeitpunkt Verkäuferpflicht ...
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RA DR. PECHSTEIN

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Umfang des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers bei bereits erfolgtem Einbau der mangelhaften Kaufsache beim Verbrauchsgüterkauf - Aktuelle EuGH-Rechtsprechung zum „Fliesenfall“ und zum „Spülmaschinenfall“ (EuGH, Urt. v. 16.06.11; Rs. C-65/09 und C-87/09) Liebe Kursteilnehmer, -innen! Wie bereits in der abgelaufenen Kurswoche angekündigt, soll im Folgenden in der gebotenen Kürze auf eine aktuelle – äußerst examensrelevante! - Entscheidung des EuGH vom 16.06.11 eingegangen werden, die die Problematik des Umfangs der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf in der Konstellation betrifft, dass sich der Mangel erst zeigt, nachdem die Sache bereits beim Käufer eingebaut worden ist. 1 Hinweis: Der EuGH hatte aufgrund einer Vorlage des BGH (RÜ 2009, 142 „Bodenfliesen-Fall“) und des AG Schorndorf (ZGS 2009, 525 ff.; dazu die Schlussanträge des GA beim EuGH, RÜ 2010, 414 ff.) im Vorabentscheidungsverfahren zu entscheiden. Der EuGH sollte klären, ob die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG den Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung verpflichtet, das vertragswidrige Verbrauchsgut aus einer Sache, in die der Verbraucher es gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut hat, auszubauen und die Ersatzsache einzubauen oder die entsprechenden Kosten zu tragen.

Problemstellung: Ist eine Kaufsache ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend vom Käufer eingebaut worden (z.B. gekaufte Fliesen werden verlegt) und stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass sie mangelhaft sind (z.B. sich nach der Verlegung zeigende Verfärbungen des Fliesenbelags), stellt sich insbesondere die -sehr umstrittene- Frage, ob der Käufer vom Verkäufer die Lieferung einer neuen mangelfreien Sache, die Kosten für den Ausbau der bereits eingebauten mangelhaften Sache sowie die Kosten für den Einbau der mangelhaften bzw. der neuen mangelfreien Sache verlangen kann. Insoweit hatte der BGH zwei verschiedene Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1.Vorlagefrage: Absolute Unverhältnismäßigkeit iSd § 439 Abs. 3 beim Verbrauchsgüterkauf? Hinweis: Eine sog. relative Unverhältnismäßigkeit (=Vergleich mit der anderen Art der Nacherfüllung) scheidet in diesen Fällen wegen Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung nach § 275 Abs. 1 aus.

Problematisch ist zunächst die sog. absolute Unverhältnismäßigkeit (= im Vergleich mit dem Interesse des Käufers an der Nacherfüllung): Insoweit ist fraglich, ob bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1) überhaupt eine Berufung auf eine absolute Unverhältnismäßigkeit möglich ist oder ob eine richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 3 der Annahme einer absoluten Unverhältnismäßigkeit beim Verbrauchsgüterkauf entgegensteht (beachte: Art. 3 Abs. 3 der RL sieht nur eine relative Unverhältnismäßigkeit vor!). 1. Ansicht des BGH und des Generalanwalts (GA) beim EuGH: Der BGH („Bodenfliesenfall“) hatte diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung gem. Art 234 EG vorgelegt.2 Der GA beim EuGH vertritt hierzu übereinstimmend mit dem BGH die Ansicht, dass die Verbrauchsgüterkauf-RL der Annahme einer absoluten Unverhältnismäßigkeit nicht ent1

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Vgl. zur nationalen Rspr.: BGH RÜ 2008, 549 („Parkettstäbefall“) = NJW 2008, 2837 m. Anm. Skamel NJW 2008, 2820; BGH RÜ 2009, 142 („Bodenfliesenfall“) = NJW 2009, 1660 (= doppelter Vorlagebeschluss) m. Anm. Lorenz NJW 2009, 1633; dazu die Schlussanträge des GA beim EuGH RÜ 2010, 418 und RÜ 2010, 414 („Spülmaschinenfall“) Vgl. BGH RÜ 2009, 142 = NJW 2009, 1660 (= doppelter Vorlagebeschluss) m. Anm. Lorenz NJW 2009, 1633

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gegensteht. Begr.: aus Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 RL ergibt sich, dass jede der beiden Nacherfüllungsvarianten für sich jeweils möglich und verhältnismäßig sein muss. 3 Hinweis: Als Faustregel hat der BGH formuliert, dass absolute Unverhältnismäßigkeit – jedenfalls soweit kein Verschulden des Verkäufers vorliegt – anzunehmen ist, wenn die Kosten der Nacherfüllung 150% des Werts der Sache im mangelfreien Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen. 4

2. Entscheidung des EuGH vom 16.06.11 zur absoluten Unverhältnismäßigkeit: a) Abweichend von der Stellungnahme des GA verstößt es nach Ansicht des EuGH gegen Art. 3 der Verbrauchsgüterkauf-RL, wenn der Verkäufer nach nationalem Recht (§ 439 Abs. 3) die Ersatzlieferung als einzig mögliche Art der Abhilfe aufgrund absoluter Unverhältnismäßigkeit verweigern kann. Denn, als unverhältnismäßig gilt eine Abhilfe nach der Richtlinie nur dann, wenn sie dem Verkäufer Kosten verursachen würde, die verglichen mit der alternativen Abhilfemöglichkeit unzumutbar wären - d.h. die Richtlinie sieht als solches nur die sog. relative Unverhältnismäßigkeit vor. Ist im Einzelfall jedoch nur eine dieser beiden Abhilfen möglich, kann der Verkäufer die einzige Abhilfe, durch die sich der vertragsgemäße Zustand des Verbrauchsguts herstellen lasse, daher nach dem EuGH nicht verweigern. b) Der EuGH sieht insoweit jedoch eine Einschränkung vor, als der Kostenerstattungsanspruch des Käufers auf einen dem Wert des Verbrauchsguts in vertragsgemäßem Zustand und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit angemessenen Betrag beschränkt werden kann, wenn die Ersatzlieferung als einzig mögliche Art der Abhilfe wegen des erforderlichen Aus- und Einbaus zu unverhältnismäßigen Kosten führen würde. Diese Sichtweise begründet der EuGH damit, dass in diesem Fall das Recht des Verbrauchers auf Ersatzlieferung unberührt bleibt. Allerdings darf nach dem EuGH diese Einschränkung nicht zu einer faktischen Aushöhlung des Rechts des Verbrauchers auf Erstattung dieser Kosten führen und ist daher restriktiv zu handhaben. Darüber hinaus muss dem Verbraucher im Fall einer Herabsetzung des Kostenerstattungsanspruchs die Möglichkeit gewährt werden, statt einer Ersatzlieferung für das vertragswidrige Verbrauchsgut eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder die Vertragsauflösung zu verlangen. 2.Vorlagefrage: Umfang der Nacherfüllungspflicht beim Verbrauchsgüterkauf – Einbeziehung von Ein- bzw. Ausbaukosten? Zudem stellt sich insoweit die Frage, ob bei den vom Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung zu tragenden Kosten – neben den Kosten der neuen Sache- die Kosten des neuen Einbaus bzw. des Ausbaus der mangelhaften Sache mit einzubeziehen sind: 1. (Neu)Einbaukosten: Hinweis/Differenziere: um die Einbaukosten ging es im „Bodenfliesenfall“ des BGH (RÜ 2009, 142) nicht! Im „Parkettstäbefall“ des BGH (RÜ 2008, 549) hat er jedoch für das deutsche Kaufrecht entschieden, dass die Einbaukosten grds. nicht vom Verkäufer zu tragen sind!

a) Nach einer Ansicht sind diese im Rahmen der Nacherfüllung ersatzfähig:5 Begründet wird dies damit, dass die Nacherfüllung dazu diene, die Kaufsache in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen und der Käufer müsse so gestellt werden wie er stünde, wenn er von Anfang an eine mangelfreie Sache erhalten hätte.

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Vgl. Schlussanträge des GA beim EuGH RÜ 2010, 418, 419 („Bodenfliesenfall“) Vgl. BGH RÜ 2009, 142 („Bodenfliesenfall“) = NJW 2009, 1660 (= doppelter Vorlagebeschluss) Vgl. OLG Karlsruhe ZGS 2004, 432 = MDR 2005, 135, 136; Bamberger/Roth/Faust § 439 Rdnr. 13, 18

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b) Nach anderer Ansicht sind diese Kosten hingegen nicht erstattungsfähig:6 Begründet wird diese Sichtweise damit, dass die weitergehende - vorstehend genannte – Auffassung Kauf- und Werkvertragsrecht vermenge, weil der Einbau und die Verlegung der neuen Fliesen zu keinem Zeitpunkt Verkäuferpflicht gewesen sei. c) Rechtsprechung des BGH (vgl. „Parkettstäbefall“ des BGH):7 Auch der BGH lehnt die Ersatzfähigkeit dieser Kosten ab und begründet dies wie folgt: - Nachlieferung als modifizierte Erfüllung, d.h. schuldete der Verkäufer schon ursprünglich nicht den Einbau, dann auch nicht bei Nacherfüllung; - Vermögensschäden oder Aufwendungen sind nicht durch Nacherfüllung zu ersetzen, sondern nur im Rahmen der §§ 280 ff.; - selbst wenn der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Käufer ist, folgt hieraus nicht, dass der Verkäufer dort mehr als Übereignung und Übergabe schuldet. 2. Ausbaukosten: Insoweit ist - bislang - zu differenzieren: a) Kaufsache ist nicht wesentlicher Bestandteil einer käufereigenen Sache geworden (und daher Rücknahmeanspruch des Verkäufers (+)); „Dachziegelfall“ (BGHZ 87, 104): Wohl hM:8 Anspruch des Käufers auf Ersatz der Ausbaukosten (+); Begründung: eine mit seinem Rücknahmerecht aus § 439 Abs. 4 korrespondierende Rücknahmever-pflichtung des Verkäufers hinsichtlich der gelieferten mangelhaften Sache. Sofern eine Kaufsache bestimmungsgemäß eingebaut worden sei, falle neben der Pflicht zur Mitnahme auch das dieser notwendigerweise vorgelagerte Herausreißen der mangelhaften Sache unter die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers. Zu beachten ist jedoch, dass ein Rücknahme- und damit auch Ausbauanspruch des Käufers ein korrespondierendes Rücknahmerecht des Verkäufers nach § 439 Abs. 4 voraussetzt. b) Kaufsache ist wesentlicher Bestandteil einer käufereigenen Sache geworden (und daher Rücknahmeanspruch des Verkäufers (-)); „Bodenfliesenfall“ (BGH RÜ 2009, 142): aa) Wenn die Kaufsache - zB Fliesen durch ihre Verlegung - gemäß §§ 946, 93, 94 Abs. 2 wesentlicher Bestandteil (des Gebäudes) geworden sind, ist der Anspruch des Verkäufers auf Rücknahme aus §§ 439 Abs. 4, 346 Abs. 1 gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ausgeschlossen und auch ein Wertersatzanspruch steht ihm gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 1 nicht zu9. Mangels Rücknahmerecht des Verkäufers besteht in diesem Fall auch keine Rücknahmepflicht. bb) Der BGH10 hatte dem EuGH allerdings die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob sich jedenfalls im Anwendungsbereich eines Verbrauchsgüterkaufvertrages i.S.d. §§ 474 ff. – im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung von § 439 eine Pflicht des Verkäufers, die Kosten des Ausbaus der Fliesen zu tragen, ergeben könnte. Nach Ansicht des GA beim EuGH ist die RL jedoch dahingehend auszulegen, dass der Verkäufer im Rahmen der Ersatzlieferung nicht verpflichtet ist, die Kosten des Ausbaus bzw. Einbaus zu tragen, sofern er nach dem Kaufvertrag nicht zum Einbau verpflichtet war. Hauptargument: die Rechte des Verbrauchers (hier: Nacherfüllungsanspruch) sind grds. durch die im Kaufvertrag vereinbarten Verpflichtungen begrenzt.11 6 7 8

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Vgl. Palandt/Weidenkaff § 439 Rdnr. 11 m.w.N. = Argumentation des BGH folgend: BGH, Urt. v. 15.07.08 – VIII ZR 211/07, RÜ 2008, 549 = NJW 2008, 2837 („Parkettstäbe“); vgl. nunmehr auch den „Spülmaschinenfall“ RÜ 2010, 414 Ursprünglich: BGH NJW 1983, 1479 („Dachziegelfall“); OLG Frankfurt RÜ 2008, 352; OLG Köln NJW-RR 2006, 677; Lorenz ZGS 2004, 408, 410 f.; nunmehr aber ders. NJW 2009, 1633, 1635 Fn. 20; ders. NJW 2005, 1889, 1895; Schneider ZGS 2008, 177 f.; Terrahe VersR 2004, 680, 682; Witt ZGS 2008, 369, 370 Vgl. BGH RÜ 2009, 142 = NJW 2009, 1660. Lorenz NJW 2009, 1633, 1634 schlägt im Hinblick auf diese Problematik vor, die Rücknahmepflicht aus dem Sinn und Zweck der Nacherfüllung durch Neulieferung - dem im § 439 Abs. 4 enthaltenen „Tauschelement“ herzuleiten! Vgl. BGH RÜ 2009, 142 = NJW 2009, 1660 (= doppelter Vorlagebeschluss) m. Anm. Lorenz NJW 2009, 1633 Vgl. RÜ 2010, 414, 416 f. („Spülmaschinenfall“)

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3. Entscheidung des EuGH vom 16.06.11 zu den Aus- und Einbaukosten: a) Entgegen der Auffassung des GA hat der EuGH nun jedoch entscheiden, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf der Verkäufer im Rahmen seiner Nacherfüllungspflicht in Form der Ersatzlieferung verpflichtet ist, ein mangelhaftes Verbrauchsgut auszubauen und die Ersatzsache einzubauen bzw. die dafür erforderlichen Kosten zu tragen. b) Begründung der Entscheidung des EuGH: aa) Entscheidend für den EuGH ist die „Unentgeltlichkeit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts“ i.S.d. Art. 3 Abs. 2 der RL, die „wesentlicher Bestandteil des nach der Richtlinie gewährleisteten Verbraucherschutzes sei“. Ergänzender Hinweis zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie: Artikel 3 Rechte des Verbrauchers (1) Der Verkäufer haftet dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes besteht. (2) Bei Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher entweder Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe des Absatzes 3 oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung in bezug auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Absätze 5 und 6. (3) Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Eine Abhilfe gilt als unverhältnismäßig, wenn sie dem Verkäufer Kosten verursachen würde, die - angesichts des Werts, den das Verbrauchsgut ohne die Vertragswidrigkeit hätte, - unter Berücksichtigung der Bedeutung der Vertragswidrigkeit und - nach Erwägung der Frage, ob auf die alternative Abhilfemöglichkeit ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zurückgegriffen werden könnte, verglichen mit der alternativen Abhilfemöglichkeit unzumutbar wären. Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind. (4) Der Begriff "unentgeltlich" in den Absätzen 2 und 3 umfasst die für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes notwendigen Kosten, insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten. (5) Der Verbraucher kann eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder eine Vertragsauflösung verlangen, - wenn der Verbraucher weder Anspruch auf Nachbesserung noch auf Ersatzlieferung hat oder - wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat oder - wenn der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat. (6) Bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher keinen Anspruch auf Vertragsauflösung

Die Unentgeltlichkeit „solle den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn von der Geltendmachung seiner Ansprüche abhalten könnten. Die Ersatzlieferung wäre für den Verbraucher aber mit zusätzlichen finanziellen Belastungen verbunden, wenn der Verkäufer nicht zum Aus- und Einbau oder zur entsprechenden Kostentragung verpflichtet wäre“. Entscheidend ist nach dem EuGH nämlich, dass der Verbraucher ansonsten Kosten zu tragen hätte, die er nicht hätte tragen müssen, wenn der Verkäufer den Kaufvertrag „ordnungsgemäß erfüllt“ hätte. bb) Besonders bemerkenswert an der Entscheidung des EuGH ist, dass er – entgegen der Ansicht des BGH und des GA - die Kostentragungspflicht des Verkäufers für den Aus- und Einbau im Rahmen seiner Nacherfüllungspflicht in Fällen, in denen keine Partei die Vertragswidrigkeit verschuldet hat, trotz des Umstands, dass der Verkäufer dies im Rahmen seiner ursprünglichen Erfüllungspflicht gar nicht geschuldet hat, auch nicht für unbillig hält. Entscheidend für den EuGH ist insoweit, dass - selbst wenn den Verkäufer kein Verschulden treffe - er die kaufvertragliche Pflicht zur Lieferung einer vertragsgemäßen Sache nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Deshalb „müsse er die Folgen der Schlechterfüllung tragen“. Man müsse insoweit eben den Zweck der durch in der RL vorgesehenen Rechte berücksichtigen, der sei, den Zustand

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herstellen, der vorgelegen hätte, wenn der Verkäufer von vornherein ein vertragsgemäßes Verbrauchsgut geliefert hätte. cc) Außerdem habe auf der anderen Seite der Verbraucher den Kaufpreis gezahlt und damit seine vertragliche Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt. Schließlich könne dem Verbraucher auch aus dem Umstand, dass er - im Vertrauen auf die Mangelfreiheit des Verbrauchsguts – dieses seiner Art und seinem beabsichtigten Verwendungszweck entsprechend eingebaut hat, kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.