Themenjournal für geistiges Eigentum

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Vol. 6 – Dez 11

Themenjournal für geistiges Eigentum

www.ipcompetence.com

ipCompetence Vol. 6

Andreas Hüttner Geschäftsführer Kompetenzzentrum für geistiges Eigentum

EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Diese geläufige Phrase enthält mehr als nur einen wahren Kern, was sich leicht überprüfen lässt, wenn man einige Beschreibungen durchliest und dann dazu Bilder ansieht. Aber Bilder können noch mehr: Sie ziehen geradezu unsere Blicke an, in einem viel größeren Ausmaß als dies Schrift vermag. Grund genug diese Effekte auszunutzen. Nimmt man noch die Kostensenkung in diesen Wirtschaftsbereichen und die ständig steigende Verfügbarkeit der erforderlichen Technik hinzu – fast jedes Mobiltelefon kann fotografieren –, so ergibt sich daraus die gegenwärtige Bilderflut. Aber all diese Fotos sind durch das Urheberrecht geschützt; die gerade im Bereich der neueren Medien technisch so einfache Übernahme von Fotos erfordert daher stets die Zustimmung der Urheber (bzw Rechteinhaber), die keineswegs so einfach, billig und schnell zu erhalten ist.

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Viele Fotos werden daher ohne diese Zustimmung verwendet, zum Teil weil sich die Nutzer dessen nicht bewusst sind oder es ihnen gleichgültig ist. Nicht wenige werden abgemahnt und/oder geklagt. Wer aber ist dazu berechtigt – damit befasst sich Johann Guggenbichler in seinem Beitrag. Und wie viel darf für unzulässige Nutzung verlangt werden – dieser Frage hat sich der gerichtliche Gutachter Clemens Thiele vorgenommen. Der Einsatz fremder Fotos auf Werbematerialien ist nur dann zulässig, wenn sie selbst gemacht oder die entsprechenden Lizenzen erworben wurden. Was aber, wenn man nicht das Foto selbst nimmt, sondern nur dessen wirklich originelles Motiv? Das kann doch kein Problem sein – oder doch? Dieser Frage geht Christian Handig im abschließenden Beitrag nach. Ob er fündig geworden ist, wird hier aber nicht verraten. Zahllose PowerPoint-Präsentationen sind bunt bebildert, wobei kaum je Rechte der Urheber eingeholt werden. Auch nicht, wenn diese als Handouts oder im Internet zur Verfügung gestellt werden. In den meisten Fällen beschäftigt dies die Zuhörer (bzw Leser) ebenso wenig wie den Vortragenden. Zu Recht? Das untersucht Stefan Korn. Axel Anderl und Martina Grama berichten über den Versuch des Preismanagements durch Urheberrecht und von unglaublich makellos schöner Haut – geradezu unlauter schön. Ich wünsche Ihnen eine vergnügliche Lektüre und bis zum nächsten Mal!

Andreas Hüttner

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Axel Anderl

Clemens Thiele

Stefan Korn

ist Partner und Leiter des IP/IT Desk bei Dorda Brugger Jordis RAe.

ist gerichtlich beeidigter Sachverständiger für Urheberfragen aller Art, insb Neue Medien und Webdesign.

ist als Rechtsanwalt und Vortragender ua an der Uni Wien und der FH Wien auch mit den urheberrechtlichen Grenzen der Verwendung fremder Werke zu Lehr- und Forschungszwecken konfrontiert.

Martina Grama ist als Rechtsanwaltsanwärterin in seinem Team auf Urheberrechtsfragen spezialisiert.

Näheres unter www.eurolawyer.at

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INHALT Axel Anderl / Martina Grama Unzulässiges Product Advertisement und Fotografien in der Praxis

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Clemens Thiele Über der Lichtbildwerke Wert

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Stefan Korn Fotografien im Unterricht, bei Seminaren und Tagungen

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Johann Guggenbichler Rechtsdurchsetzung bei Fotografien

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Christian Handig

Johann Guggenbichler

Christian Handig

ist Richter am Oberlandesgericht Wien mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Lauterkeits- und Immaterialgüterrecht.

berät in der Wirtschaftskammer Wien Unternehmer(innen) und ihre Berater(innen), spezialisiert im Lauterkeits-, Immaterialgüter- und Gewerberecht.

Fotomotiv – Schutz oder Freiheit? Urheberrechtlicher Motivschutz bei Fotografien

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Impressum

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„Urheberrechtliche Ausschlussrechte an Produktfotografien dürfen nicht zur Durchsetzung von Preisempfehlungen missbraucht werden.“

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Unzulässiges Product Advertisement und Fotografien in der Praxis Axel Anderl / Martina Grama

Fotografien – ob als „einfache“ Produktfotografie oder mit einem (mehr oder weniger bekannten) Werbetestimonial – sind ein unverzichtbares Werkzeug für eine erfolgreiche Produktplatzierung und -werbung. In Zeiten des an Bedeutung gewinnenden Online-Handels und des übermäßigen Einsatzes von Photoshop & Co werden Produktfotografien aber auch immer häufiger zum rechtlichen Spielball. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dieser Entwicklung anhand von zwei Praxisbeispielen.

I. Bildernutzungsverbote – Marktabschottung im Online-Handel A. Problemaufriss Vielen Markenartikelherstellern ist es ein Dorn im Auge, dass im Online-Handel Produkte regemäßig viel günstiger als offline, teilweise sogar weit unter der unverbindlichen Preisempfehlung verkauft werden. Dazu tragen insb auch Preisvergleichs- und andere E-Commerce-Plattformen bei, die einen transparenten Preisvergleich ermöglichen (zB eBay und Amazon Marktplatz). Den Herstellern ist bekannt, dass ein unmittelbarer Druck zur Durchsetzung ihrer Preispolitik kartellrechtswidrig und – wegen seiner Offensichtlichkeit – leicht angreifbar ist.1 Dementsprechend sind aus ihrer Sicht andere Wege gefragt, um dem „Wildwuchs im Preisgefüge“ effizient zu begegnen. Eine zuletzt verstärkt zu beobachtende Methode ist der gezielte Entzug von Nutzungsrechten an Produktabbildungen gegenüber Online-Händlern und insb zwischengeschalteten E-Commerce-Plattformen. Soweit ersichtlich, gibt es noch keine unmittelbar einschlägige Judikatur zur Frage der Zulässigkeit dieser Vorgehensweise. Auf Basis der bestehenden rechtlichen Grundsätze und der Rsp von OGH und EuGH zum Missbrauch

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einer marktbeherrschenden Stellung und mittelbaren Zwang zur Preisdurchsetzung bestehen jedoch berechtigte Bedenken gegen diese Praxis: Der urheberrechtliche Ansatzpunkt für die folgenden Ausführungen ist das Vorliegen eines Werkes im Sinne des UrhG. So kann das Design eines Produkts in etlichen Fällen ein Werk der angewandten bzw der bildenden Kunst (zB ein Stuhl2 oder ein Liege3 ) sein.4 Wird das Produkt fotografiert, so ist das Abbild bereits eine – ohne Zustimmung des Rechteinhabers unzulässige – Vervielfältigung des Produkts. Daneben ist die Fotografie selbst aber jedenfalls durch das UrhG geschützt – und deshalb von besonderem Interesse: Entweder ist die Fotografie ein Lichtbildwerk oder zumindest ein Lichtbild, dessen Hersteller ein im UrhG verankertes Leistungsschutzrecht zukommt.5 Dadurch erhält der Urheber bzw der Hersteller unter anderem die ausschließlichen Verwertungsrechte, wie zB das Recht, eine Vervielfältigung6 herzustellen oder das Werk auf einer Website zur Verfügung zu stellen7 („hochladen“). Diese ausschließlichen Verwertungsrechte können auf einen neuen Rechteinhaber, wie zB das produzierende Unternehmen oder einen die Produkte verkaufenden Händler, übertragen werden.

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OGH 10. 7. 1984, 4 Ob 337/84, Mart Stam-Stuhl I, GRUR Int 1985, 684 = MR 1992, 21 (Anm Walter [31]) = ÖBl 1985, 24; OGH 19. 12. 1989, 4 Ob 157/89, Mart Stam-Stuhl II, ecolex 1990, 235 (Kucsko) = MR 1992, 21.

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OGH 5. 11. 1991, 4 Ob 95/91, Le-Corbusier-Liege, GRUR Int 1992, 674 = MR 1992, 27 (Walter) = IIC 1994, 126 = ÖBl 1991, 272 = RdW 1992, 176 = ZfRV 1992/27.

4

Vgl § 3 UrhG.

5

Vgl § 74 UrhG.

Vgl § 1 Abs 4 KartG und stRsp, insb etwa OGH als KOG 9. 12. 1996,

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§ 15 UrhG.

16 Ok 2/96, Film-Vermietungs-RL.

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§ 18a UrhG.

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B. Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung? Die ausschließliche Verwertungsbefugnis in jeder Art zählt zu den Vorrechten des Inhabers von Immaterialgüterrechten. Dementsprechend ist auch anerkannt, dass die Ausübung eines Ausschließlichkeitsrechts durch seinen Inhaber – selbst wenn er eine marktbeherrschende Stellung einnimmt – grundsätzlich keinen Missbrauch bewirkt und die Inhaber nicht zum Abschluss von (Zwangs-) Lizenzen verpflichtet werden können.8 Allerdings hat der EuGH9 unter der Anwendung der Essential-FacilitiesDoktrin Bedingungen festgelegt, unter denen die Verweigerung einer Lizenz durch ein marktbeherrschendes Unternehmen als Missbrauch im Sinne des Art 102 AEUV bzw § 5 Abs 1 KartG gewertet und mit Zwangslizenzierung bekämpft werden kann. Zu prüfen und kritisch ist dabei insb, ob überhaupt eine marktbeherrschende Stellung des Rechteinhabers angenommen werden kann. 1. Marktbeherrschende Stellung? Als Vorfrage der potentiellen marktbeherrschenden Stellung ist der relevante Markt abzugrenzen.10 Dabei ist darauf zu achten, diesen nicht zu eng abzustecken und zB reflexartig auf einen Online-Bildermarkt abzustellen. Diesfalls würde man aufgrund der dem Urheber an den Produktfotografien ex lege zustehenden Ausschließlichkeitsrechte jeweils automatisch zu einer vermeintlichen marktbeherrschenden Stellung gelangen. Die marktbeherrschende Stellung eines Herstellers wird man wohl nicht losgelöst von seiner Marktstellung das konkrete Produkt betreffend evaluieren können. Im herkömmlichen Online-Handel ist es grundsätzlich zwar unbestritten, dass Produktfotografien ein nahezu unerlässliches Werkzeug zur Ausgestaltung der

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Vgl Heidinger, Kartellrechtliche Zwangslizenzen: Die Anwendung

Platt-form und zur Verkaufsförderung sind. Freilich ist der Händler hier nicht unbedingt auf Produktfotografien des Herstellers angewiesen: Zum einen kann er rechtlich zulässig und mit einem vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand selbst Fotografien von den von ihm vertriebenen Produkten anfertigen.11 Zum anderen gibt es de facto kaum eine Ware, die nicht durch die eines anderen Herstellers austauschbar ist. Selbst wenn also der Entzug der Bilderrechte zur Nichtvermarktbarkeit eines Produkts eines konkreten Herstellers führen würde, kann der Online-Händler dieses durch andere Waren ersetzen. Dies wird regelmäßig dagegen sprechen, die konkreten Bilderrechte des jeweiligen Herstellers als eigenen Markt abzugrenzen. Etwas anderes kann freilich hinsichtlich jener Hersteller gelten, die auf dem Produktmarkt aufgrund besonderer Produkteigenschaften eine Exklusivität oder herrschende Stellung genießen, die auf die Bilderrechte abstrahlt.12 Ebenso können andere, abgrenzbare nachgeschaltete Leistungen, wie Produktvergleichsplattformen, eine andere Beurteilung zulassen: Hier kommt es für den User auch auf eine möglichst umfassende und abschließende Darstellung des Produktangebots an. Für den Vergleich der Produkte und eine etwaige Kaufentscheidung ist aber vielfach auch das Design der Produkte ausschlaggebend. Die Produkte stehen den Betreibern solcher Plattformen – anders als einem Online-Händler – nicht direkt zur Verfügung, sondern müssten für die Herstellung von eigenen Bildern vom gesamten (umfangreichen) Produktsortiment extra angekauft werden.13 Hier kann daher die wirtschaftliche Zumutbarkeit der „Ersatzbeschaffung“ hinterfragt werden. Auch der Ankauf der Fotografien von Dritten ist regelmäßig keine taugliche Alternative, da diese die Bilder idR selbst vom Hersteller beziehen und oftmals keine Weitergaberechte besitzen bzw diese nicht garantieren.14 So wie eine Preisvergleichsplattform grundsätzlich keine Vollständigkeitspflicht (Kontrahierungszwang) trifft, wird

der Essential-Facilities-Doktrin auf Immaterialgüterrechte, MR 2006, 221 (221f) mwN. 9

Vgl insb EuGH 29. 4. 2004, C-418/01, IMS Health/NDC Health,

11

sogleich unten und EuGH 4. 11. 1997, C-337/95, Dior/Evora,

EuZW 2004, 345 = EWS 2004, 310 (von Welser) = GRUR 2004,

ecolex 1998, 228 (Schanda) = DB 1998, 192 = EuZW 1998, 22

524 = GRUR Int 2004, 644 = JZ 2005, 142 = MR 2004, 338 =

= EWS 1998, 25 = GRUR Int 1998, 140 = RIW 1998, 73 = wrp

MR-Int 2004, 75 = MMR 2004, 456 (Hoeren) = ÖBl 2004/73 (Tremmel) = RIW 2004, 620 = wbl 2004/160 = wrp 2004, 717 =

1998, 150. 12

Vgl OGH als KOG 1. 7. 2002, 16 Ok 5/02; OGH 12. 10. 2004, 1

13

Diese sind idR bloße Informationsvermittler und schließen nicht

ZER 2005/124 = ZUM-RD 2004, 391. 10

Vgl dazu im Detail die Ausführungen zur sachlichen Rechtfertigung

CR 2005, 16 = ecolex 2005/64 (Schedl) = EuLF 2004, 168 =

Reidlinger/Hartung, Das österreichische Kartellrecht2 (2008) 114 f;

Ob 240/03f, Kopiergerätezubehör.

vgl zur Essential-Facilities-Doktrin insb EuGH 6. 4. 1995, C-241/91 P und C-242/91 P, RN 46 f, RTE und ITP/Kommission (Magill), MR 1995, 154 = wbl 1995, 23.

selbst Kaufverträge mit Konsumenten ab. 14

Nach stRsp besteht auch kein gutgläubiger Erwerb im Urheberrecht, dazu zB Handig, Guter Glaube – schlechte Chancen, wbl 2010, 209.

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auf der anderen Seite aber auch nicht jede Verweigerung der Überlassung von Bilderrechten durch einen unwesentlichen Produzenten tatbeständsmäßig sein. 2. Missbrauch? Liegt eine marktbeherrschende Stellung vor, ist die Verpflichtung, eine Zwangslizenz abschließen zu müssen, anhand der vom EuGH aufgestellten Kriterien zu prüfen: (I) Das die Lizenz begehrende Unternehmen muss beabsichtigen, auf einem von der Nutzung der „essential facility“ abhängigen Markt neue Dienstleistungen anzubieten, (II) die Weigerung darf sachlich nicht rechtfertigbar und (III) muss geeignet sein, dem Unternehmen, das über das Recht des geistigen Eigentums verfügt, den abhängigen Markt vorzubehalten. Dazu im Detail:15 (I) Ein herkömmlicher Online-Händler bietet idR keine neue, eigenständige Leistung an. Etwas anderes gilt aber wohl für Betreiber von Vergleichsplattformen (zB Geizhals.at) und auf bestmögliche Vollständigkeit und Preistransparenz setzende größere E-CommerceAnbieter wie eBay oder Amazon. Zudem ist – wie oben bereits dargelegt – in diesem Segment grundsätzlich argumentierbar, dass die Produktfotografien eine „essential facility“ für den Betrieb der Plattform darstellen können. (II) Der Entzug der Bilderrechte erfolgt – oftmals sogar offen ausgesprochen –, um „dem Wildwuchs im Preisgefüge“ zu begegnen. Dies insb, um den im Online-Geschäft nicht wirklich funktionierenden „unverbindlich“ empfohlenen Preis durchzusetzen. Damit geht aber freilich die Erschwerung eines (günstigeren) Parallelhandels und die Abschottung des Binnenmarkts einher. Neben der Tatsache, dass dem Schutz des Preisgefüges per se keine geeignete sachliche Rechtfertigung zukommt, genießen Parallelimporte nach der Rsp des EuGH „einen gewissen gemeinschaftsrechtlichen Schutz, da sie die Entwicklung des Handelsverkehrs und die Stärkung des Wettbewerbs begünstigen“.16 Dementsprechend hat die EU zuletzt auch ihre Aktivitäten gegen die Abschottung der

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Online-Märkte verstärkt.17 Aber auch in der Vergangenheit hat der EuGH zum Schutz vor Marktabschottung ausgeschlossen, dass sich der Inhaber eines Urheberrechts zur Verhinderung von zulässigen Parallelimporten auf seine Ausschließlichkeitsrechte berufen kann.18 In der markenrechtlichen Entscheidung Evora/Dior 19 hat der EuGH das Abfotografieren von Markenprodukten für Werbeprospekte zur Ankündigung des weiteren Vertriebs ohne Zustimmung des Rechteinhabers zugelassen. Diese Überlegungen können freilich auch auf andere Immaterialgüterrechte ausgedehnt und insb auf den E-Commerce-Bereich angewendet werden. Wenn daher – so wie im gegenständlichen Fall – das Ausschließlichkeitsrecht zur Abschottung missbraucht wird, ist das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung naheliegend. So hat der EuGH erst jüngst die Verwendung von Urheberrechten zur Abschottung des Marktes abgelehnt.20 (III) Auch die Tatsache, dass der Rechteentzug an Bildern und die damit einhergehende Unvollständigkeit des Produktsortiments bzw der Entzug eines wesentlichen Vergleichskriteriums grundsätzlich geeignet ist, einen Produktvergleich auszuschließen, liegt auf der Hand bzw wurde schon ausgeführt.

C. Vorliegen eines Empfehlungskartells Gemäß § 1 Abs 4 KartG sind einseitige Wettbewerbsbeschränkungen durch Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise oder Preisgrenzen (Empfehlungskartelle) verboten. Ausgenommen von diesem Verbot sind Empfehlungen, die ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet sind und zu deren Durchsetzung auch tatsächlich keinerlei Druck ausgeübt wird. Wenn Produzenten

17

Siehe auch ErwGr 4f RL 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft sowie ErwGr 1f RL 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, in denen auch die Notwendigkeit des einheitlichen Binnenmarkts betont wird; vgl auch das Vorgehen der EU-Kommission etwa gegen Apple wegen der Beschränkung für Entwicklungswerkzeuge für iPhone-Apps oder aber auch wegen der iTunesPreise – nur durch Zusagen konnte Apple jeweils ein Verfahren abwenden.

18

EuGH 20. 1. 1981, C-55/80 und 57/80, Musik-Vertrieb membran und K-tel International/GEMA, Common Market Law Review 1981, 422 = European Intellectual Property Review 1981, 241.

15 16

EuGH 2 9. 4. 2004, C -418/01, IMS Health/NDC Health.

19

EuGH 4. 11. 1997, C-337/95, Dior/Evora.

EuGH 16. 9. 2008, C-468/06 bis C-478/06, Sot. Lelos kai Sai

20

EuGH 4.10. 2011, C-403/08, Football Association Premier League

EE ua/GlaxoSmithKline AEVE Farmakeftikon Proionton, wbl

ua/QC Leisure ua, sowie C-429/08, Karen Murphy/Media Protec-

2008/271.

tion Services.

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ihre Nutzungsrechte an Produktabbildungen offen und gezielt als (Druck-)Mittel einsetzen, um dem „Wildwuchs im Preisgefüge“ und insb dem Verkauf unter der „unverbindlichen“ Preisempfehlung entgegenzuwirken, liegt die Vermutung des Vorliegens eines verbotenen Empfehlungskartells nahe. Unzulässige Druckausübung? Es ist grundsätzlich rechtswidrig, wenn ein Lieferant/ Produzent zur Durchsetzung seiner (unverbindlichen) Preisempfehlungen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Druck auf seine Abnehmer ausübt.21 Bei der rechtlichen Beurteilung kommt es auf die objektive Eignung der angedrohten wirtschaftlichen Maßnahme als Druckmittel an.22 Das Androhen von Liefersperren und die Aufkündigung zugesagter Konditionen sind von der Rsp bereits als unzulässig qualifiziert worden.23 Daneben stehen aber auch andere, mitunter weniger weitrechende Verhaltensweisen der Produzenten aktuell im Blickfeld der Gerichte und Behörden: Demnach können auch die allgemeine Verschlechterung von Konditionen, etwaige Lieferverzögerungen oder -aussetzungen, die Streichung oder Verringerung von Aktionen/Platzierungen/ Regalplätzen, aber auch eine Vertriebswegeeinschränkung unzulässige Mittel sein.24 Freilich hängt die tatsächliche Rechtswidrigkeit einer Maßnahme aber immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab,25 wobei der Druck grundsätzlich nicht gegenüber einem beliebigen Dritten, sondern gegenüber dem eigenen Geschäftspartner ausgeübt werden muss.26 Wie unter I.B. bereits ausführlich dargestellt, sind Produktbilder im Online-Bereich ein beinahe unverzichtbares Werkzeug. Dementsprechend ist der Entzug von Bilder-

rechten zumindest dazu geeignet, den Online-Vertrieb der vom Entzug betroffenen Waren zu erschweren. Im Hinblick auf die Judikatur, dass bereits eine weniger weitreichende Verhaltensweise für die Annahme eines Verstoßes ausreicht27 und der Entzug der Bilderrechte offensichtlich der Durchsetzung der „unverbindlichen“ Preise dient, ist aus unserer Sicht eine unzulässige Druckausübung im Sinne des § 1 Abs 4 KartG naheliegend: Möchte ein Online-Händler seine Plattform weiterhin für den Kunden möglichst attraktiv mit entsprechend qualitativ hochwertigen Bildern anbieten, muss er sich dem Preisdiktat des Herstellers beugen. Diese Einschätzung gilt auch bei einem Entzug gegenüber einer Produktvergleichsplattform: Auch hier wirkt sich der Druck de facto auf den Online-Händler und damit den direkten Geschäftspartner des Produzenten bzw auf den nachfragenden Kunden aus.28

II. Irreführende Werbung durch geschönte Bilder A. Problemaufriss Auch in einem ganz anderen Zusammenhang hat die Verwendung von Fotografien jüngst medial für Aufsehen gesorgt: Ende Juli musste der Kosmetikriese L'Oréal zwei Werbekampagnen für Make-Up-Produkte zurückziehen, weil die dafür eingesetzten Werbetestimonials auf den Bildern zu sehr geschönt wurden.29 Die Werbekampagne wurde deshalb von der britischen Advertising Standards Authority (ASA) 30 als irreführend gewertet. Diese Entwicklung ist insoweit interessant, als dem Einsatz und der Bearbeitung von Bildern in der Werbung große Bedeutung zukommt. Bislang standen in der rechtlichen Betrachtung freilich die ordnungsgemäße Rechteeinräumung (insb auch von unfreiwillig verwendeten

21

OGH als KOG 9. 12. 1996, 16 Ok 2/96, Film-Vemietungs-RL, ÖBl

22

OGH 11. 3. 1965, 9 O s 141/64.

27

OGH als KOG 5. 9. 2001, 16 Ok 5/01, E.L. Depotkosmetik.

23

OLG Wien 7. 3. 1988, 4 R 35, 36/88, Prinzenrolle, ÖBl 1989, 23.

28

Wie eingangs dargelegt, schließen Vergleichsplattformen keine di-

24

OGH als KOG 5. 9. 2001, 16 Ok 5/01, E.L. Depotkosmetik, ÖBl

1997, 193.

rekten Verträge mit Endkunden ab, sondern leiten nur zum jeweils

2003/75 = wbl 2001/320; Verhaltensempfehlung des deutschen Bundeskartellamts vom 13. 4. 2010 zur vertikalen Preisbindung, 6

25

Siehe www.asa.org.uk/ASA-action/Adjudications/2011/7/LOre-

(www.fi w-online.de/fi les/bkarta_vorsschreiben_13042010_fi nal_

al-%28UK%29-Ltd/SHP_ADJ_149640.aspx und www.asa.org.

anonym.pdf, S tand 1 . 10. 2011).

uk /ASA-action /Adjudications /2011/7/ LOreal-(UK)-Ltd /SHP_

Verhaltensempfehlung des deutschen Bundeskartellamts vom 13. 4. 2010 zur vertikalen Preisbindung, 5 (www.fi w-online.de/

26

bestbietenden Händler weiter. 29

ADJ_149632.aspx (Stand 1. 10. 2011). 30

Die ASA ist eine Selbstregulierungsbehörde der Werbeindustrie in

fi les/bkarta_vorsschreiben_13042010_fi nal_anonym.pdf, Stand

UK. In den Selbstregulierungsgrundsätzen (CAP-Code) der ASA

1. 10. 2011).

werden die geltenden Gesetze ausgelegt. Die ASA und ihre Aktivi-

OGH 18. 2. 1970, 12 Os 234/69 ÖBl 1970, 127.

täten genießen hohe Akzeptanz der Regierung und Gerichte.

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Testemonials31 und für die Bearbeitung der Bilder) und diesbezügliche Abgrenzungsfragen im Vordergrund.32 Der vorliegende Fall zeigt aber, dass auch bei urheberrechtlich zulässiger Bearbeitung auf einer anderen Ebene rechtliche Implikationen entstehen können – wenn retuschierte Bilder zur Beeinflussung von Kaufentscheidungen eingesetzt werden.

B. Die Entscheidung der ASA Im konkreten Fall hat die ASA festgestellt, dass die zu Werbezwecken eingesetzten Bilder derart massiv retuschiert wurden, dass damit eine unzutreffende Darstellung der möglichen Wirkung des beworbenen Produkts erfolgt ist. Die makellose Haut des bekannten Testimonials auf dem Werbebild war nämlich das Ergebnis einer digitalen Bearbeitung und nicht ein Effekt der Produktan-

wendung. Das wurde als Verstoß gegen das Irreführungsund Übertreibungsverbot gewertet.33 Damit ist die ASA der Rechtfertigung von L'Oréal, dem Leser sei bewusst, dass das Werbemodel über eine natürliche Schönheit verfügt, professionell gestylt und fotografiert wurde sowie insb die Bilder im Gesamtkontext mit der Werbung für ein kaschierendes Make-Up-Produkt zu sehen sind, nicht gefolgt. Auch die Vorlage von Labortestergebnissen und entsprechenden Bildnachweisen, die die generelle Eignung des Produkts zur Verbesserung des Hautbilds beweisen würden, konnten die ASA angesichts der starken Bearbeitung des Bilds nicht überzeugen.

C. Irreführung nach nationalem Recht? 1. Gesetzliche Grundlage Grundlage des Irreführungsverbots nach dem österreichischen UWG ist der das gesamte Wettbewerbsrecht beherrschende Wahrheitsgrundsatz: 34 Es ist zwar evident, dass jede der Absatzförderung dienende Geschäftspraktik darauf abzielt, den Kaufentschluss zu beeinflussen. Wird dabei jedoch das Mittel der Täuschung eingesetzt, wird der Wahrheitsgrundsatz verletzt und die angewendete Praktik damit rechtswidrig.35 Insb sind demnach Geschäftspraktiken, die geeignet sind, einen Verbraucher über die wesentlichen Merkmale des Produkts in relevanter Weise zu täuschen, irreführend und damit unlauter.36 Dazu zählen Werbeankündigungen mit Täuschungseignung über die Vorteile des Produkts, dessen Zwecktauglichkeit oder aber die von der Verwendung des Produkts zu erwartenden Ergebnisse.37 Darüber hinaus normiert das Lebensmittelsicherheitsund Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) in Umsetzung der KosmetikRL38 das Verbot, kosmetische Mittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder mit Eigenschaften zu bewerben, die diese de facto nicht erfüllen. Da Art 6 Abs 2 der KosmetikRL39 bei der

33

Siehe www.cap.org.uk/The-Codes/CAP-Code/CAP-Code-pdf-versi-

Siehe stellvertretend OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 20/08g, Prominen-

34

Vgl § 2 iVm 1 Abs 4 Z 2 UWG.

ons.aspx (Stand 1. 10. 2011). 31

32

tenbildnisse, ecolex 2008/317 (Horak) = MR 2008, 123 (Korn) =

35

Anderl/Appl in Wiebe, UWG (2009) § 2 Rz 18 mwN.

ÖBl 2008/57 (Gamerith); OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 119/10v MR

36

§ 2 Abs 1 Z 2 UWG.

2011, 18 (Korn).

37

Art 6 Abs 1 lit b RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftsprakti-

Vgl § 5 UrhG und OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 170/07i, Natascha K.,

ken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unterneh-

ecolex 2008/275 = ÖBl 2008/71 (Büchele); OGH 17. 12. 2002, 4 Ob 274/02a, Felsritzbild, ecolex 2004/20 (Schumacher) = MR

men und Verbrauchern (RL UGP). 38

2003, 162 (Walter); Anderl/Schmid, Appropriation Art, ecolex

gliedstaaten über kosmetische Mittel (ab 11. 6. 2013 VO [EG] Nr

2009, 42 ff; Heidinger, Die Abgrenzung zwischen abhängiger Bearbeitung und freier Nachschöpfung, MR 2011, 132 ff.

RL 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit2009/1223 über kosmetische Mittel).

39

Bzw Art 20 Abs 1 KosmetikVO (EG) Nr 2009/1223.

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Bewerbung mit Täuschungseignung auch explizit die Verwendung von Abbildungen anführt, sind auch diese als Angaben im Sinne des LMSVG zu qualifizieren. Damit bietet somit auch das nationale österreichische Recht eine hinreichende Basis für eine Untersagung exzessiver Bildbearbeitungen, die ein mit dem Produkt nicht erreichbares Ergebnis suggerieren. Ob in jedem Fall aber eine Täuschungseignung mit entsprechender Relevanz vorliegt, ist fraglich. 2. Täuschungseignung und Relevanz? Bei der Prüfung, ob eine relevante Täuschung eines Verbrauchers in seinem geschäftlichen Verhalten vorliegt,40 ist vom Verständnis des angesprochenen, durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen.41 Nur sofern bei ihm eine tatsächliche oder potentielle Täuschung über Tatsachen ausgelöst wird, muss der kausale Zusammenhang zwischen der Fehlvorstellung und dem geschäftlichem Verhalten des Verbrauchers untersucht werden.42 Eine Werbeankündigung ist zudem immer nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen, und nicht anhand ihrer einzelnen Teile.43 Fotografien sind daher nicht isoliert betrachtet zu bewerten, sondern im Zusammenhang mit etwaigen Textpassagen. Im Ausgangsfall ist daher zu prüfen, ob aus dem Gesamtbild der Werbeeinschaltung die irrige Annahme des Durchschnittsverbrauchers hervorgerufen wird, das tatsächliche Hautbild der Testimonials würde dem der Abbildung entsprechen. Damit würden dem Produkt bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, die es in Wirklichkeit jedoch nicht besitzt. Wie oben bereits ausgeführt, hat L'Oréal dem Irreführungsvorwurf das Bewusstsein des Verbrauchers um die natürliche Schönheit des Testimonials und sein professionelles Styling sowie insb die Tatsache, dass die Bilder im Gesamtkontext mit der Werbung für ein kaschierendes Make-Up-Produkt zu sehen sind, entgegengehalten.

40

Anderl/Appl in Wiebe, UWG (2009) § 2 Rz 45 mwN.

41

EuGH 13. 1. 2000, C-220/98, Estée Lauder/Lancaster, DB 2000, 272 = ecolex 2000/215 = EuZW 2000, 286 = EWS 2000, 127 =

11

Dieser Argumentation kann durchaus Gewicht zukommen. Auch die Vorlage von Labortests, die die Eignung des Produkts zur Verbesserung des Hautbilds beweisen, ist geeignet, dem Irreführungsvorwurf entgegenzuwirken. Unserer Ansicht nach kann man hier aber wohl im Hinblick auf den relativen Ansatz der Lehre in anderen zur Einflussnahme geneigten Bereichen44 sogar noch einen Schritt weiter gehen: Dem Durchschnittsverbraucher ist wohl bewusst, dass Werbebilder – insb im Kosmetik-, aber auch Lebensmittelbereich – unter (massivem) Einsatz technischer Hilfsmittel und Nachbearbeitung produziert werden. Die Erwartungshaltung des durchschnittlichen Verbrauchers ist nicht, durch Einsatz von Kosmetika die Schönheit des Testimonials zu erzielen oder den Gugelhupf so perfekt backen zu können, wie er in der Werbung dargestellt ist, sondern wohl nur eine gewisse, oft nur subjektiv wahrgenommene (Möglichkeit der) Verschönerung. Diese reduzierte oder aufgeklärte Erwartungshaltung ist bei der Beurteilung einer potentiellen Irreführungseignung geschönter Bilder zu berücksichtigen.

„Zu stark geschönte Produktfotografien können durch Wecken falscher Erwartungen unlautere Irreführungen darstellen.“ Beizupflichten ist der ASA jedoch dahingehend, dass für eine realistischere Darstellung von Produkten die technische Nachbearbeitung im Einzelfall frei nach dem Motto „weniger ist manchmal mehr“ etwas zurückhaltender ausfallen kann bzw sollte. Gerade im Hinblick auf die gebotene gesamthafte Betrachtung von Werbetexten kann ansonsten bei zu massiver Bearbeitung im Kontext mit aggressiver Marketingsprache der Bogen überspannt werden. Im Anlassfall rühmte sich der Hersteller zusätzlich, dass das Produkt die „Ausstrahlung einer perfekten Haut“ schaffen würde. Wenn die perfekte Haut auf den Fotografien jedoch durch den Einsatz von Photoshop und nicht durch das Produkt geschaffen wurde, kann dies in Zusammenschau schließlich eine Täuschungseignung begründen.

44

Vgl dazu etwa die nunmehr liberale Linie der Lehre zu Umwelthin-

GRUR Int 2000, 354 = NJW 2000, 1173 = RIW 2000, 376 = wbl

weisen in Anderl/Appl in Wiebe, UWG (2009) § 2 Rz 253: Diese

2000/89 = wrp 2000, 289; OGH 14. 11. 2000, 4 Ob 260/00i,

sind zwar in hohem Maß geeignet, die geschäftliche Entscheidung

Risikoloses Probetragen, ÖBl 2001, 114.

des Durchschnittsverbrauchers zu beeinflussen. Dennoch kann bei

42

StRsp, insb OGH 6. 4. 1976, 4 Ob 312/76.

der Beurteilung von einer relativen Umweltverträglichkeit ausge-

43

StRsp, insb OGH 20. 5. 2008 4 Ob 69/08p, Sky Reiseversiche-

gangen werden, weil der Durchschnittsverbraucher nicht per se von

rung, ÖBl-LS 2008/163.

der uneingeschränkten Umweltverträglichkeit ausgehen wird.

11

12

ipCompetence Vol. 6

Über der Lichtbildwerke Wert „An einem Bild sind immer zwei Leute beteiligt: der Fotograf und sein Betrachter.“ Ansel Adams Clemens Thiele

In jenen Fällen, in denen der Urheberrechtsverstoß klar dokumentiert bzw gerichtlich festgestellt ist, folgt regelmäßig die Frage nach der „angemessenen Vergütung“, mit anderen Worten: Was kostet der Rechtsverstoß? Im Prinzip geht es um Fragen der Marktüblichkeit vor dem Hintergrund, dass die dafür bestehenden Tarife der Verwertungsgesellschaften aus kartellrechtlichen Überlegungen zu kritisieren sind. Es ist also zu fragen, was unter dem Verkehrswert bzw gemeinen Wert oder Marktwert zu verstehen ist. Kommt es hier auf eine kartellrechtliche Beurteilung an und wenn ja, welche Alternativmodelle einer Berechnung gibt es, insb wenn man bedenkt, dass manche Lichtbilder von Bildagenturen zu erheblich günstigeren Preisen angeboten werden?

I. Typischer Ausgangssachverhalt11 Der Kläger ist ein international tätiger Werbefotograf; die beklagte Betreibergesellschaft Inhaberin des Hotels Schneehütt’n im Salzburger Land und Medieninhaberin der Website unter der URL www.a-gaudi-muass-sein.at,2 auf der sie ihr Hotel werblich präsentiert. Auf dieser Website veröffentlichte die Beklagte insgesamt 56 Fotografien des Klägers. Die Website der Beklagten ist in deutscher und englischer Sprache gehalten, wobei keine durchgehende Übersetzung sämtlicher Subseiten vorhanden ist. Die Navigation ist primär in deutscher Sprache möglich. Zur bloßen Ansicht des Angebots der Beklagten ist eine Registrierung nicht erforderlich, da die Ansicht für jedermann frei zugänglich ist. Die Lichtbilder haben allesamt eine Größe von max 10 x 15 cm und eine Auflösung von 72 dpi 3. Die Fotografien wurden im November 2008 auf

die Website der Beklagten gestellt und im Mai 2010 von der Beklagten entfernt. Bei den online präsentierten Fotografien handelt es sich um 29 Aufnahmen mit einem Fotomodell, 12 Aufnahmen mit zwei Fotomodellen, 2 Aufnahmen mit drei Fotomodellen, 5 Aufnahmen mit vier Fotomodellen und 4 Aufnahmen mit mehr als vier Modellen; 3 Aufnahmen stellen reine Landschaftsaufnahmen dar.

II. Sachfrage der Angemessenheit A. Begriff des angemessenen Entgelts Das dem Verletzten im Fall einer Verletzung von Urheberrechten geschuldete angemessene Entgelt iSd § 86 UrhG entspricht nach hM4 dem Entgelt, das üblicherweise für eine vergleichbare Nutzung im Fall einer im Voraus eingeholten Nutzungsbewilligung vertraglich vereinbart worden wäre. Bei der Ermittlung des angemessenen Entgelts sind auch die Umstände des Einzelfalls, insb der Bekanntheitsgrad des Urhebers, der Umfang der Nutzung und sonstige Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dass im Einzelfall ein höheres als das marktübliche Entgelt erzielbar gewesen wäre, muss der Verletzte behaupten und beweisen.5 Die subjektiven Preisvorstellungen des Verletzten sind ebenso wenig maßgebend wie die Frage, ob er einer Nutzung überhaupt zugestimmt hätte.6 Für den Fall der Veröffentlichung von Fotografien7 bestehen Erfahrungswerte für die Höhe der Veröffentlichungshonorare, die freilich von Fall zu Fall innerhalb

4

Vgl ErläutRV 1936 bei Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht (1986) ÖSGRUM Bd 3, 312; OGH 11. 1. 1983,

1

Allfällige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen oder einem

4 Ob 401/82, AKM-Aufführungsentgelt, ÖBl 1983, 150; OGH

tatsächlichen Geschehen sind rein zufällig, unbeabsichtigt und kei-

17. 6. 1986, 4 Ob 316/85, Kabel-TV Wien, MR 1986/5, 20; OGH

neswegs erwünscht. 2

Der Name des Hotels und der Domain sind ebenfalls erfunden.

3

Die Abkürzung „dpi“ steht für „dots per inch“ („Punkte pro Zoll“).

13. 11. 2001, 4 Ob 249/01y, Wirtschaftskurier, MR 2002, 101. 5

OGH 11. 1. 1983, 4 Ob 401/82, AKM-Aufführungsentgelt, MRA 1983 H 2, 12 = ÖBl 1983, 150.

Diese übliche Einheit der Punktdichte ist ein Maß für die Detail-

6

OGH 29. 9. 1998, 4 Ob 242/98m, Exklusivfoto, MR 1999, 26 (Walter).

genauigkeit einer gerasterten visuellen Darstellung und damit einer

7

Dies können Werke der Lichtbildkunst und/oder Lichtbilder iSd § 73

der Qualitätsaspekte des technischen Wiedergabeverfahrens.

UrhG sein.

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13

„Bei der Ermittlung des angemessenen Entgelts sind – neben der Marktbeobachtung – die Umstände des Einzelfalls wesentlich, insb der Bekanntheitsgrad des Urhebers und der Umfang der Nutzung.“

13

14

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einer bestimmten „Bandbreite“ variieren können und zB bei der Verwendung zu Werbezwecken etwas höher anzusetzen sind.

auch schon vor Jahren in Österreich als Anhaltspunkt für die Bemessung von Veröffentlichungshonoraren durchgesetzt.

B. Zur Bemessung des angemessenen Entgelts

Seit dem Jahr 1996 werden auch für Österreich entsprechende „Bildhonorare“ herausgegeben, und zwar als unverbindliche Verbandsempfehlung nach §§ 31 ff KartG 1988, die als zulässig beurteilt wurde.9 Sie geben das übliche Veröffentlichungs- oder Nutzungshonorar des Fotografen wieder und werden von den Gerichten zur Angemessenheitsprüfung herangezogen.10

1. Bildhonorare 2007 In Deutschland werden von der „Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing“8 seit vielen Jahren „Bildhonorare“ herausgegeben. Es handelt sich dabei um — auf Markterhebungen beruhende — Honorarempfehlungen, die nach dem deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen für „Mittelstandsgemeinschaften“ zulässig sind. Diese deutschen Bildhonorare haben sich weitgehend

9

Vgl KOG 20. 12. 2004, 16 Ok 22/04 ÖBl 2005/30, 132 (Barbist) = EvBl 2005/120, 570 zu den Bildhonoraren 2003.

8

Die MFM ist eine Arbeitsgemeinschaft innerhalb des deutschen

10

OGH 24. 6. 2003, 4 Ob 105/03z, Foto des Mordopfers, ecolex

Bundesverbands der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e.V.; ihre

2004/254, 547 (Schumacher) = EvBl 2003/170, 804 = MR 2003,

Hauptaufgabe ist die Erstellung marktüblicher Bildhornare; vgl www.

317 (Walter) = ÖBl-LS 2003/169, 266 = RdW 2004/11, 22 = ZÖR

mittelstandsgemeinschaft-foto-marketing.de (Stand 1. 9. 2011).

2004, 458.

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Diese Bildhonorare basieren auf Markterhebungen; sie werden in regelmäßigen Abständen valorisiert und neu aufgelegt. Als Herausgeber scheint die Bundesinnung der Fotografen auf.11 Da die gegenständlichen Aufnahmen von der beklagten Partei in den Jahren 2008 bis 2010 verwendet wurden, sind zur Beurteilung des angemessenen Entgelts die Bildhonorare 2007 heranzuziehen. Die in den Bildhonoraren enthaltenen Beträge sind netto ohne USt zu verstehen und beziehen sich auf einzelne Lichtbilder.12 2. Grundstruktur der Nutzung in Online-Medien13 Für die Bildnutzung im Internet sehen die Bildhonorare 2007 im Fall einer redaktionellen Nutzung in Informationsdiensten und Online-Zeitschriften Honorare vor, die nach Nutzungsdauer gestaffelt sind. Gleiches gilt im Bereich der Public Relations, des Webdesigns oder für Banner-Werbung, die ebenfalls eine zeitlich gestaffelte Vergütung aufweisen: (I) Bei der redaktionellen Nutzung beträgt das Grundhonorar für sechs Monate Abrufbarkeit im Internet gemäß den Bildhonoraren € 30,— und für ein Jahr € 50,—; für Langzeitarchive (bis maximal fünf Jahre) beträgt die Nutzungspauschale € 100,—. (II) Für die werbliche Nutzung beträgt das Grundhonorar (bei lokaler Bedeutung, sofern der Text der Website nicht Englisch ist) für drei Monate € 120,–, für sechs Monate € 160,—, für ein Jahr € 250,— und für drei Jahre € 320,—. Beide Bild-Nutzungsarten (Grundnutzung) im Internet setzen eine maximale Größe von 10 x 15 cm bei 72 dpi voraus. Darüber hinausgehende Nutzungen unterliegen der besonderen Vereinbarung. Darüber hinaus ist ein gegliedertes Zuschlagssystem zu beachten. Erscheint zB die Abbildung auf einer Titelseite (auf der Homepage im Sinn der Startseite),14 wird ein Zuschlag von 100 % angegeben.

11

Bundesinnung der Fotografen: Bildhonorare 1996, 1999, 2001, 2003, 2005 und 2007 — Veröffentlichungshonorare im Fotografen-

15

Bei fehlendem Bildnachweis (Namensnennung/Herstellerbezeichnung) sehen die Bildhonorare einen Zuschlag von 100 % des Grundhonorars vor. Wenngleich die oberstgerichtliche Rsp bei der Zuerkennung immateriellen Schadenersatzes, der wie jeder Schadenersatzanspruch das Vorliegen eines Verschuldens voraussetzt, eher zurückhaltend ist, hat sich dieser „Zuschlag“ in der Praxis durchgesetzt und kann als „marktüblich“ bezeichnet werden. Es lässt sich dieser insoweit auch als Vermögensschaden sehen, als das Fehlen einer Namensnennung bzw Herstellerbezeichnung für den Fotografen, insb auch für einen Berufsfotografen, den Verlust einer Werbewirkung mit sich bringt.15 Wenn die Bildhonorare im Falle einer „nicht genehmigten Nutzung“ einen Zuschlag von 300 % vorsehen,16 so ist darunter das angemessene Entgelt nach § 86 UrhG, dessen Verdoppelung als pauschalierter Schadenersatz (Vermögensschaden) nach § 87 Abs 3 UrhG und – im Fall des Fehlens der Namensnennung/Herstellerbezeichnung – der erwähnte weitere Zuschlag von 100 % nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zu verstehen. Ein „Zuschlag“ in dem Sinne, dass insgesamt 400 % veranschlagt werden können, steht nicht zu. Auch bei diesen Zuschlägen handelt es sich jedenfalls um Schadenersatz und nicht um angemessenes Entgelt. Nach der Rsp17 sind im Hinblick auf den reduzierten europäischen Originalitätsbegriff Fotografien in aller Regel, von wenigen Ausnahmen abgesehen (zB Automatenfotografien, Satellitenaufnahmen), als Werke der Lichtbildkunst iSd § 3 Abs 2 UrhG anzusehen. An der Bewertung einer Fotografie in Bezug auf das angemessene Entgelt (Veröffentlichungshonorar) hat sich dadurch aber im Wesentlichen nichts geändert. Handelt es sich im Einzelfall aber um ein künstlerisch gestaltetes Foto, wird dies Anlass für einen entsprechenden Zuschlag oder eine Orientierung am Veröffentlichungshonorar für Werke der bildenden Künste im engeren Sinn sein. Dies ist im gegenständlichen Fall jedoch nicht ersichtlich. Die Bildhonorare umfassen grundsätzlich keine Aufnahme- oder sonstigen Werkhonorare.

gewerbe in Österreich. 12

OGH 24. 11. 1998, Österreichischer Mittelschulatlas, ecolex 1999,

13

Zwischenzeitig sind die Bildhonorare 2011 veröffentlicht, die insb

15

für die Bildnutzung im Internet ein „Feintuning“ vorsehen.

16

Bildhonorare 2007, 4.

Homepage ist die Bezeichnung der „Startseite, Leitseite bzw Ein-

17

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 197/01e, Eurobike, ÖBl 2003, 39

409 (Tahedl) = MR 1999, 171 (Walter).

14

AA OGH 24. 11. 1998, 4 Ob 292/98i, Mittelschulatlas, JUS Z/2664.

stiegsseite“, auch wenn das Wort umgangssprachlich häufig für die

(Gamerith); OGH 16. 12. 2003, 4 Ob 221/03a, Weinatlas, MR

gesamte Internetpräsenz (die „Website“) verwendet wird.

2004, 117 (Walter).

15

16

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C. Sonstige Marktüblichkeit Das KartG 2005 enthält keine dem § 31 KartG 198818 entsprechenden Regelungen. So haben denn auch einige Berufsorganisationen ihre „unverbindlichen Verbandsempfehlungen“ widerrufen.19 Damit stellt sich neben der Frage, ob es überhaupt auf eine kartellrechtliche Beurteilung ankommt, da es lediglich um tatsächliche Marktgepflogenheiten20 geht, die Frage nach der Feststellung einer Marktüblichkeit anhand sonstiger Parameter. 1. Vergleichbare Fotoproduktionen Zu den vom Kläger behaupteten Einkünften (Lizenzgebühren) wird zunächst darauf verwiesen, dass subjektive Preisvorstellungen des Verletzten nicht maßgeblich für eine objektive Berechnung sind; für ein im Einzelfall höheres als das marktübliche Entgelt, ist der Verletzte beweispflichtig. Beruft sich der Fotograf dabei auf eine eigene „Fotoproduktion“ bzw früher gleichartig „produzierte Fotografien“, die beauftragt bzw abgerechnet wurden, ist ihm zu entgegnen, dass die Frage der Angemessenheit einer Vergütung ausdrücklich die Herstellungskosten ausklammert. Aufnahme- oder sonstige Werkhonorare haben außer Ansatz zu bleiben. Der für die bloße Rechteeinräumung verbleibende Vergütungsanteil muss daher vom Fotografen jeweils offen gelegt werden, um als (Vergleichs-)Maßstab herangezogen werden zu können. 2. Internationale Bildagenturen Zunächst ist festzuhalten, dass ein gut funktionierender Markt für sog „Bildagenturen“ wie zB Getty Images

18

Die Bestimmung lautete: „Unverbindliche Verbandsempfehlungen im Sinn dieses Bundesgesetzes sind Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise, Preisgrenzen oder Kalkulationsrichtlinien, die 1. keine Empfehlungskartelle (§ 12) sind; 2. von Verbänden ausgehen, deren Ziel die Vertretung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern ist; unter Verbänden im Sinn dieser Bestimmung sind gesetzliche berufliche Interessenvertretungen und Vereine von Unternehmern zu verstehen; 3. nicht an Angehörige eines freien Berufs gerichtet sind“; siehe dazu bereits oben II.B.1.

19

International Ltd. besteht. Dabei handelt es sich um auf privatrechtlicher Basis eingerichtete Agenturgesellschaften, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das ihnen zur Verfügung stehende Bildarchiv im Bereich Werbung/ Grafikdesign, Medien (Druck- und Onlinepublikationen) sowie zur Kommunikation mit anderen Unternehmen anzubieten und zu vermarkten. Seit ca 2008 hat die Bildagentur Getty Images in großer Anzahl Unternehmen wegen nicht lizenzierten Bildmaterials auf deren Websites abgemahnt und für die unrechtmäßige Nutzung vierstellige Beträge pro Bild verlangt. Zum Teil unterliefen Getty Images dabei Fehler, da auch Kunden abgemahnt wurden, die über eine gültige Lizenz verfügten. Darüber hinaus gab es eine Diskrepanz dahingehend, dass die jeweils bei der Bildagentur „unter Vertrag“ befindlichen Fotografen lediglich Bagatellbeträge für die Bildnutzung im Internet erhielten. In Gerichtsverfahren hat Getty Images idR letztlich auch deutlich geringere Beträge akzeptiert, die sich an den Bildhonoraren der deutschen Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing21 bzw der österreichischen Bundesinnung der Fotografen22 orientieren.23 Die „Preisgestaltung“ von Getty Images ist einem durch Marktbeobachtung über viele Jahre gebildeten „Tarif“ nicht vergleichbar. So hat beispielsweise die Bildagentur ihre zunächst auf der eigenen Website angegebene redaktionelle Bildnutzung im Internet von € 100,— auf einen Lizenzpreis von € 240,— (jeweils inkl USt) ohne Angabe von Gründen erhöht. Als Etappenergebnis lässt sich daher festhalten, dass neben den dargestellten Bildhonoraren 2007 durchaus die sonstige Marktüblichkeit zur Bemessung des angemessenen Entgelts herangezogen werden kann. Aufgrund des eher kurzen Zeitraums (seit 2008) können jedoch die Praktiken von internationalen Bildagenturen derzeit nicht zu den gefestigten österreichischen Gepflogenheiten für übliche Veröffentlichungs- oder Nutzungshonorare des Fotografen gezählt werden.

Vgl Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht (2006) 79 mit Hinweis auf Veröffentlichungen der Bundeswettbewerbsbehörde.

20

Vgl zu diesen Überlegungen OGH 8. 6. 2010, 4 Ob 214/09p,

21

Flüssiggas IV, ÖBl-LS 2010/156 = RdW 2010/591, 581; KOG

Dazu instruktiv LG Düsseldorf 19. 3. 2008, 12 O 416/06, Fotos in eBay-Auktion, MMR 2009, 71 mwN.

9. 12. 1996, 16 Ok 12/96, Flüssiggas I, wbl 1997, 174 = SZ

22

Siehe www.fotografen.at (Stand 1. 9. 2011).

69/275 = ÖBl 1997, 246 (Unbedenklichkeit eines Handelsbrauchs

23

Vgl LG München I 18. 9. 2008, 7 O 8506/07, Getty Images-Bilder,

am Flüssiggasmarkt).

GRUR-RR 2009, 92.

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3. Microstock-Agenturen In jüngster Zeit hat sich der Ankauf von Bildmaterial über sog Microstock-Agenturen etabliert. Nicht nur Privatpersonen greifen auf diese riesigen und preiswerten Bilderpools zu, sondern auch zunehmend renommierte Unternehmen. Dabei handelt es sich kurz zusammengefasst darum, dass von Profis und auch von Hobbyfotografen digitale Bilder auf Vorrat produziert werden, um sie dann via Internet an Kunden zu verkaufen, die entweder keine Zeit oder zu wenig Geld haben, um einen Fotografen für die gesuchte Fotografie zu beauftragen; genau umgekehrt also zur typischen Auftragsfotografie.24 Für die Frage der angemessenen Vergütung stellt sich auch hier die Schwierigkeit der Kalkulationsgrundlagen, da von den Microstock-Anbietern idR nicht offengelegt wird, welcher Teil des Abo-Preises auf die Rechteeinräumung entfällt und wie viel genau die definitionsgemäß geringeren Herstellungskosten ausmachen. Im Fall von Urheberrechtsverletzungen an von Amateurfotografen hergestellten Lichtbildwerken könnten bei entsprechender Darlegung die von Microstock-Agenturen verrechneten Lizenzgebühren zur Anwendung kommen; im Bereich der Berufsfotografie geben sie äußerst beschränkt Auskunft über die Marktüblichkeit.

III. Das angemessene Entgelt für die Nutzung der gegenständlichen Aufnahmen im Internet A. Grundhonorar Im Ausgangsfall wurden 56 digitale Lichtbilder im Internet und seinen Diensten genutzt, in concreto auf den Start- und Subseiten der unter der Domain „a-gaudimuass-sein.at“ erreichbaren Website der Beklagten. Diese Website ist zweisprachig (deutsch/englisch) aufgebaut. Es liegt daher in der Grundstruktur eine Bildnutzung im Internet in Form von Werbung mit bloß regionaler Bedeutung vor. Der Text ist in einer Sprache (deutsch) sowie (auszugsweise) in Englisch verfasst. Angesprochen werden potenzielle Gäste im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus (weltweit) englischsprachiges Publikum.

24

17

Entscheidend kommt es ferner auf die Dauer der Abrufbarkeit im Internet und seinen Diensten an. Hier lässt sich aus den bisherigen Unterlagen keine exakte Zeitdauer objektivieren, sondern lediglich eine Angebotsdauer beginnend von November 2008 bis zur Entfernung im Mai 2010 von mehr als einem Jahr, aber unter drei Jahren bestimmen. Die Bildhonorare 2007 sehen dafür („bis 3 Jahre“) ein Nutzungshonorar ohne weitere Staffelung oder Untergliederung vor.25 Die Fotografien liegen unter einer Größe von 10 x 15 cm. Die Qualität der Auflösung erreicht 72 dpi. Unter Zugrundelegung der Bildhonorare 2007 ergibt sich daher ein Grundhonorar pro Foto für eine Bildnutzung bis drei Jahre in Höhe von € 320,— netto.

B. Zuschläge 1. Vergleichbare Fotoproduktionen Aufgrund des Abbildungsformats sowie der zweisprachig gehaltenen Website, die über eine englischsprachige Ausrichtung verfügt, ist der sog Zuschlag für „englischsprachige Weltrechte“ anwendbar, welcher eine zusätzliche Verwendung in anderen Ländern abgelten soll. Dabei ist ein Zuschlag von 100 % marktüblich.26 Die Frage der unterlassenen Herstellungsbezeichnung führt ebenfalls zu einem Zuschlag von 100 %. Für die Marktüblichkeit dieses Zuschlags spielt es keine Rolle, ob die Bilder selbst mit einer Herstellungsbezeichnung versehen waren oder nicht, da es allein auf das Unterlassenen der Fotografennennung ankommt. Diese Regelung nimmt darauf Rücksicht, dass es für den jeweiligen Urheber/Lichtbildhersteller einen Werbewert darstellt, genannt zu werden, der durch Weglassen der Herstellerbezeichnung wegfällt. Die jeweils anwendbaren Zuschläge beziehen sich auf das Grundhonorar, sodass eine nach Faktoren unterschiedene Kategorienbildung vorgenommen werden kann. Kategorie 1: Für drei der 56 Lichtbilder (reine Landschaftsaufnahmen) ergibt sich daher eine angemessene Gebühr für die Dauer der unbefugten Nutzung mit dem Faktor 3 (300 %) pro Lichtbild.

Näher statt vieler Kneschke, Stockfotografie – Geld verdienen mit

25

Vgl Bildhonorare 2007, 21.

eigenen Fotos (2010).

26

Bildhonorare 2007, 5.

17

18

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2. Besondere Zuschläge Darüber hinaus ist für die Vergütung der angemessenen Bildnutzung im Internet ein weiterer „Zuschlag für die Aufnahme mit Fotomodellen“ zu kalkulieren. Dabei beträgt der Zuschlag für die Aufnahme pro Modell 30 %, bei vier und mehr Modellen insgesamt 100 %.27 Zu berücksichtigen sind schließlich Abbildungen auf der Titelseite bzw Homepage (Startseite der Website) mit einem weiteren Zuschlag in Höhe von 100 %.28 Demnach lassen sich folgende angemessene Vergütungskategorien bilden: Kategorie 2: eine Aufnahme mit vier Fotomodellen auf der Homepage (Faktor 5) Kategorie 3: eine Aufnahme mit zwei Modellen auf der Homepage (Faktor 4,6) Kategorie 4: 29 Aufnahmen mit einem Fotomodell (Faktor 3,3) Kategorie 5: elf Aufnahmen mit zwei Fotomodellen (Faktor 3,6) Kategorie 6: drei Aufnahmen mit drei Fotomodellen (Faktor 3,9) Kategorie 7: acht Aufnahmen mit vier oder mehr Fotomodellen (Faktor 4)

IV. Zusammenfassung und Schlussbemerkung Nach dem Erörterten errechnet sich das „marktübliche Nutzungsentgelt“ unter den erwähnten Annahmen in einer Höhe von (zumindest) € 75.878,40 (inkl 20 % USt). Die dem individuellen Fall angemessene Bestimmung bleibt aber der richterlichen Würdigung nach § 273 ZPO ebenso vorbehalten, wie die Festsetzung des allein verschuldensabhängigen Schadenersatzes. Dabei handelt es sich letztlich um eine richterliche Tat- und Rechtsfrage, die vom Sachverständigen nicht beantwortet werden kann und darf. Dabei verhält es sich ähnlich wie bei der Frage nach dem urheberrechtlichen Schutz an sich. Die Beurteilung der Originalität eines kunstgewerblichen Erzeugnisses, also des Inbegriffs aller Merkmale, die kennzeichnend für seine Herkunft und seine Güte sind, ist regelmäßig eine Rechtsfrage. Das schließt aber nicht aus, dass sich das Gericht dabei eines Sachverständigen bedient, dessen Fachkunde die Feststellung der Tatsachen, auf denen die Originalität des Erzeugnisses beruht, erleichtern wird.29

27

Bildhonorare 2007, 4.

28

Bildhonorare 2007, 21.

29

OGH 13. 1. 1970, 4 Ob 364/69 ÖBl 1970, 98.

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19

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„Die Präsentation von Lichtbildern im Rahmen von Seminaren, wissenschaftlichten Vorträgen, Vorlesungen usw erfolgt im Regelfall öffentlich.“

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Fotografien im Unterricht, bei Seminaren und Tagungen Urheberrechtliche Zulässigkeitsschranken für Vorträge, Handouts und deren Zurverfügungstellung im Internet Stefan Korn

Bilder sagen mehr als tausend Worte: In der heutigen Zeit ist ein Vortrag ohne begleitende Präsentation, die mittels Beamer oä großformatig, hochauflösend und farbenprächtig an die Wand geworfen wird, fast schon undenkbar geworden. Bilder sind oft ein wesentlicher Faktor, um einer solchen Präsentation den letzten Pfiff zu verleihen. Entsprechendes Bildmaterial aus dem eigenen Fundus ist aber nicht immer vorhanden. Was liegt in dieser Situation näher, als auf das via Internet zugängliche unerschöpfliche Reservoir an Fotografien zuzugreifen? Ob das auch (urheberrechtlich) zulässig ist bzw welche Schranken allenfalls bestehen, dürfte zumindest in nicht wenigen Fällen umgekehrt proportional zur Aufmerksamkeit sein, die der Gestaltung der Präsentation geschenkt wird.

I. Einleitung Die wissenschaftliche Forschung und Lehre, der Schulunterricht und – allgemein gesprochen – die Volksbildung werden vom Urheberrechtsgesetzgeber in mehrfacher Hinsicht besonders begünstigt. So privilegiert § 42 Abs 2 UrhG Vervielfältigungen zu eigenen Forschungszwecken, Abs 6 leg cit gestattet unter bestimmten Voraussetzungen Vervielfältigungen (und Verbreitungen) zum Zwecke des Schul- und Unterrichtsgebrauchs. In mehreren Bestimmungen wird die Aufnahme von urheberrechtlich geschützten Werken in zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch dienende Sammlungen 1 bzw Werke 2 für zulässig erklärt. Auch der Schulfunk ist urheberrechtlich begünstigt 3 und auch für die Wiedergabe von Filmwerken und damit verbundenen Werken der Tonkunst zu Zwecken des Unterrichts bzw der Lehre an Schulen

bzw Universitäten besteht eine freie Werknutzung.4 Auch Nutzungen zu wissenschaftlichen bzw zT auch belehrenden Zwecken werden in mehrfacher Hinsicht begünstigt.5 Zu konstatieren ist allerdings, dass die vorstehend nur kursorisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit angesprochenen Vorschriften in ihren Anwendungsvoraussetzungen zT ausgesprochen komplex und den Normadressaten zumindest vielfach auch weitgehend unbekannt sind. Letzteres dürfte in besonderem Ausmaß für die Verwendung fremder Fotografien gelten, die insb dann, wenn sie irgendwo im Internet verfügbar und dank diverser Bildersuchmaschinen auch leicht auffindbar sind, scheinbar als „Freiwild“ angesehen und zur Illustrierung von Vorträgen, Vortragsunterlagen, Seminararbeiten usw verwendet werden. Ob bzw in welchen Grenzen dies zulässig ist, soll im Folgenden untersucht werden.

II. Urheberrechtliche Behandlung von Lichtbildern Fotografien blicken hinsichtlich ihrer urheberrechtlichen Behandlung auf eine durchaus bewegte Geschichte zurück. Nach der Stammfassung des UrhG kam für Fotografien lediglich ein leistungsschutzrechtlicher Schutz als (sog einfaches) Lichtbild iSd §§ 73 ff UrhG, aber kein urheberrechtlicher Schutz in Betracht. Der historische Gesetzgeber ging hierbei noch davon aus, dass in der Aufnahme eines Lichtbilds keine eigentümliche Gestaltung des Geschauten oder Erlebten liegt, sondern eine mit technischen Mitteln bewirkte bildliche Festlegung eines Ausschnitts der Außenwelt.6 Erst die UrhG-

4

§ 56c UrhG.

§ 45 Abs 1 Z 1, § 51 Abs 1 Z 1 UrhG.

5

§ 46 Z 1, § 52 Z 3, § 54 Z 3a und Z 4 UrhG.

§ 45 Abs 1 Z 2, § 51 Abs 1 Z 2, § 54 Abs 1 Z 3 UrhG.

6

Vgl die Mat zu den §§ 73 ff UrhG, abgedruckt bei Dillenz, Materia-

1 2 3

§ 45 Abs 2 UrhG.

lien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 151.

21

22

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Nov 1953 eröffnete – der 1948 beschlossenen Fassung des Art 2 Abs 1 BÜ Rechnung tragend 7 – den urheberrechtlichen Schutz auch für Fotografien, indem in § 3 Abs 1 UrhG statuiert wurde, dass zu den Werken der bildenden Künste im Sinne dieses Gesetzes „auch die Werke der Lichtbildkunst (Lichtbildwerke)“ zählen. Ein Schutz als Lichtbildwerk setzte und setzt dem allgemeinen urheberrechtlichen System folgend aber selbstverständlich voraus, dass die Leistung auch als eigentümliche geistige Schöpfung iSd § 1 Abs 1 UrhG qualifiziert werden kann. Der hiernach für den urheberrechtlichen Schutz erforderliche eigenpersönliche Charakter eines Lichtbilds hängt nach den Materialien von einer Reihe von Umständen, wie Aufnahmestandort, Objektivwahl, Beleuchtung und Belichtung, Entwicklung, Negativretusche udgl ab.8 Seit der UrhG-Nov 1953 existiert daher ein System paralleler Schutzgewährung. Jene Lichtbilder, die als eigentümliche geistige Schöpfungen anzusehen sind, sind sowohl Lichtbildwerke iSd §§ 1 f UrhG als auch einfache Lichtbilder iSd §§ 73 ff UrhG.9 Jene Lichtbilder, welche die erforderliche Eigentümlichkeit nicht erreichen, genießen weiterhin als einfache Lichtbilder leistungsschutzrechtlichen Schutz. Im Folgenden werden Lichtbildwerke und Lichtbilder unter dem Begriff „Fotografien“ dort zusammengefasst, wo eine Differenzierung keinen Unterschied macht. Die vom OGH im Zusammenhang mit dem urheberrechtlichen Schutz von Fotografien zunächst verfolgte, durchaus strenge Linie 10 wurde – unter Hinweis auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art 6 SchutzdauerRL und Art 1 Abs 3 SoftwareRL – in der Entscheidung Eurobike aufgegeben und es wurde ausgesprochen, dass Lichtbilder schon dann als Lichtbildwerke zu qualifizieren sind, wenn die eingesetzten Gestaltungsmittel (zu diesen schon vorhin) eine Unterscheidbarkeit bewirken.11

7

Dies ist nach Ansicht des OGH schon immer dann der Fall, „wenn man sagen kann, ein anderer Fotograf hätte das Lichtbild möglicherweise anders gestaltet.“12 Dies ist allerdings, soweit ersichtlich, bei sämtlichen Fotografien, selbst solchen, die eine möglichst naturgetreue Abbildung zu erreichen versuchen,13 der Fall, weshalb heute wohl sämtliche von Menschen angefertigte Fotografien als Lichtbildwerke anzusehen sind.14 Demgegenüber unterfallen dem Lichtbildschutz idR nur noch Automatenaufnahmen, computergesteuerte Lichtbilder, Satellitenfotografien und vergleichbare ohne menschliche Mitwirkung zu Stande gekommene Aufnahmen.15 Das UrhG gewährt dem Urheber bekanntlich mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen das ausschließliche Recht, das Werk auf die ihm durch die §§ 14 ff UrhG vorbehaltenen Arten zu verwerten.16 Die dem Lichtbildhersteller17 gewährten Rechte entsprechen jenen des Urhebers. Es ist daher in einem ersten Schritt zu untersuchen, ob die gleichsam als „Grundfall“ der vorliegenden Untersuchung dienende Verwendung eines fremden Lichtbilds zu Zwecken eines Vortrags, einer Vorlesung oÄ überhaupt in ein Recht des Lichtbildurhebers bzw des Leistungsschutzberechtigten eingreift.

III. Fotografien in Vorträgen, Vorlesungen und Schulunterricht A. Verwertungsrechtliche Beurteilung: Öffentliche Wiedergabe Aus unionsrechtlicher Sicht ist anzumerken, dass der EuGH in der Entscheidung SGAE v Rafael Hoteles klargestellt hat, dass es ihm obliegt, den Begriff der „Öffentlichkeit“ auszulegen. Aus der Entscheidung, die sich mit der sukzessiven Öffentlichkeit befasst hat, können jedoch für das vorliegende Problem kaum Schlüsse gezogen werden, sieht man von der Erkenntnis ab, dass es

Vgl die Mat zur UrhG-Nov 1953, abgedruckt bei Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 270 f.

8

9

Vgl die Mat zur UrhG-Nov 1953, abgedruckt bei Dillenz, Materialien

12

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, MR 2001, 389 (Walter).

zum österreichischen Urheberrecht (1986) 271.

13

Vgl zu einer solchen Konstellation OGH 16. 12. 2003, 4 Ob 221/03h,

Zu den hieraus resultierenden Abgrenzungsfragen, die durch die

Weinatlas, MR 2004, 117 (Walter); vgl auch OGH 17. 12. 2002,

jüngere Rsp des OGH (zu dieser sogleich im Text) aber an Brisanz verloren haben, vgl insb Noll, Lichtbildwerk und/oder einfaches

4 Ob 274/02a, Felsritzbild, MR 2003, 162 (Walter). 14

Bd 1 (2008) 706 Rz 1596 f; Tonninger in Kucsko, urheber.recht (2008) 954 f. 10

11

In diese Richtung Tonninger in Kucsko, urheber.recht (2008) 135 und 954; Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 (2004) § 3 Rz 4

Lichtbild, ÖBl 2003, 164; Walter, Österreichisches Urheberrecht

und § 73 Rz 5. 15

Tonninger in Kucsko, urheber.recht (2008) 954; Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 (2004) § 73 Rz 5.

Vgl zB OGH 18. 9. 1990, 4 Ob 117/90, Werbefoto, MR 1992, 70 (Walter).

16

§ 14 UrhG.

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, MR 2001, 389 (Walter).

17

§ 74 Abs 1 UrhG.

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„im Allgemeinen […] um recht viele Personen“ geht.18 Daher wird im Folgenden nur auf die nationale Rsp zurückgegriffen. 1. Allgemeines Nach § 18 UrhG ist dem Urheber – kurz gesagt – das Recht der öffentlichen Wiedergabe vorbehalten.19 Dieses Recht ist allerdings bei Werken der bildenden Künste, um die es im gegebenen Zusammenhang wie dargelegt geht, dahingehend eingeschränkt, als dem Urheber nur das Recht zusteht, diese Werke „durch optische Einrichtungen“ öffentlich vorzuführen.20 Aus den Materialien ist zu erschließen, dass mit optischen Einrichtungen technische Vorrichtungen gemeint sind.21 Auf deren Art kommt es allerdings nicht an, weshalb die Projektion von Durchsichts- (zB Dias und Overheadfolien) und Aufsichtsvorlagen22 (zB Fotografien, Postkarten, Drucke, Malereien und Poster) ebenso erfasst ist wie die Wiedergabe mittels sonstiger technischer Hilfsmittel (zB Fernseher, Monitore und Beamer).23 Erfolgt die Wiedergabe allerdings ohne Zuhilfenahme von optischen Einrichtungen, was insb bei Aufsichtsvorlagen praktisch durch Zeigen erfolgen kann, liegt zumindest keine öffentliche Wiedergabe vor.24 Damit wird aber das Vorführungsrecht von den hier zu untersuchenden Nutzungshandlungen der Wiedergabe

18

EuGH 7. 12. 2006, C-306/05, RN 38, SGAE v Rafael Hoteles, GRUR 2007, 225 = GRUR Int 2007, 316 = EWS 2007, 33 = EuZW 2007, 81 = MMR 2007, 164 = MR 2006, 381 = ÖBl 2007, 88 (Dittrich) = ZUM 2007, 132.

19

Das UrhG verwendet in diesem Zusammenhang eine nach Werkarten differenzierende Terminologie. Es spricht im Zusammenhang mit Sprachwerken von Vortrag oder Aufführung, bei Werken der in § 2 Z 2 bezeichneten Art, Werken der Tonkunst und Filmwerken, von Aufführung und bei Werken der bildenden Künste eben von der Vorführung (durch optische Einrichtungen).

20

Hierdurch unterscheidet sich das öffentliche Vorführen iSd § 18 UrhG vom Ausstellen.

21

Ebenso § 19 Abs 4 dUrhG.

22

So bezeichnet man das Ausgangsmaterial der Fotografie, der Re-

23

einer Fotografie mittels Beamer oÄ im Zuge eines Vortrags oder Seminars, einer Vorlesung oder des Schulunterrichts tangiert. Dies freilich nur dann, wenn die an einem Vortrag teilnehmenden Personen, die eine Vorlesung besuchenden Studenten oder die Schüler einer Schulklasse usw auch als Öffentlichkeit iSd UrhG anzusehen sind. 2. Öffentlichkeit von (wissenschaftlichen) Vorträgen uä Zwar kennt § 18 UrhG anders als § 15 Abs 3 dUrhG keine Definition des urheberrechtlichen Öffentlichkeitsbegriffs, doch orientiert sich die Rsp des OGH (auch) an der genannten Definition.25 § 15 Abs 3 dUrhG bestimmt (in der 2003 geringfügig modifizierten Fassung): „Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.“

„Zulässig ist die öffentliche Vorführung von Fotografien zur Erläuterung des Inhalts von wissenschaftlichen oder belehrenden Vorträgen.“ Dementsprechend spricht der OGH in stRsp aus, dass eine Aufführung dann „öffentlich“ ist, wenn sie nicht von vornherein auf einen in sich geschlossenen, nach außen hin begrenzten Kreis abgestimmt ist, wenn sie also allgemein zugänglich ist. Aber auch nicht allgemein zugängliche Veranstaltungen sind als öffentlich anzusehen, wenn der bestimmte oder bestimmbare Personenkreis nicht durch solche Beziehungen verbunden ist, die seine Zusammenkünfte als solche der privaten Sphäre erscheinen lassen. Dies ist nur dort der Fall, wo der Teilnehmerkreis durch ein reelles, persönliches Band verbunden und vermöge wechselseitiger Beziehungen unter sich oder zu dem Veranstalter nach außen hin abgegrenzt ist.26 Persönliche Beziehungen im erörterten Sinn bestehen, wenn die Teilnehmer einer Aufführung dem engeren Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis angehören, wie im

prografie und der Druckvorstufe, das nicht durchsichtig ist und nur unter Auflicht für den weiteren Prozess verwendet werden kann, zB Fotos, Drucke, Malereien und Zeichnungen. 23

24

25

Vgl zuletzt OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f; Hüttner in Kucsko,

Vgl statt Vieler Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008)

urheber.recht (2008) 296; Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2

360 Rz 714.

(2004) § 18 Rz 9; Walter, Die öffentliche Wiedergabe urheber-

Hüttner in Kucsko, urheber.recht (2008) 304 f; Dillenz/Gutman,

rechtlich geschützter Werke in Schulen und Universitäten, ZfRV

UrhG & VerwGesG2 (2004) § 18 Rz 7; Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 360 Rz 714.

2008, 114 je mwN. 26

RIS-Justiz RS0077202.

23

24

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Fall von Personen, unter denen ein über berufliche oder gesellschaftliche Beziehungen hinausgehender, mehr oder weniger ständiger, vertrauter und inniger Kontakt herrscht.27 Dieser von der Rsp geprägte Öffentlichkeitsbegriff gilt, weil das Urheberrecht ganz allgemein nur einen einheitlichen, von den einzelnen Werkkategorien unabhängigen Werkbegriff kennt, auch im Zusammenhang mit Lichtbildwerken.28 Hiervon ausgehend wurden zB ein in einem Filmatelier stattfindendes Gschnasfest mit ca 150 bis 160 geladenen Gästen29, ein Offizierskasino30, eine Hochzeitsfeier 31 oder ein Begräbnis32 als nicht öffentlich qualifiziert. Demgegenüber wurde zB die Wiedergabe von Radiomusik zur Unterhaltung von rund 100 Arbeiterinnen, die nur zum Teil verwandt oder gut befreundet waren, als eine öffentliche Aufführung iSd § 18 Abs 1 und 3 UrhG qualifiziert.33 Ebenso wird im Hinblick auf den ständig wechselnden und untereinander nicht im genannten Sinn persönlich verbundenen Personenkreis zB auch durch ein TV-Gerät in den Allgemeinräumen eines Hotels34 oder eines Altersheims35, durch eine Hotel-Video-Anlage36, durch den (nach jüngerer Rsp) TV-Empfang in einem Hotel-Zimmer37 oder durch die Hintergrundmusik in zB Restaurants, Fitnessstudios und Geschäften eine Öffentlichkeit iSd UrhG erreicht.38

27

RIS-Justiz RS0077202.

28

OGH 16. 12. 2003, 4 Ob 230/03g, Begräbnisfeierlichkeit, MR

29

OGH 22. 6. 1971, 4 Ob 315/71, Gschnasfest, ÖBl 1971, 160.

30

OGH 15. 5. 1979, 4 Ob 326/79, Fernsehempfang im Offizierskasi-

2004, 201 (Walter) = ÖBl 2005, 90.

no, ÖBl 1979, 165. 31

OGH 27. 1. 1998, 4 Ob 347/97a, Hochzeitsmusik, MR 1998, 154 (Walter).

32

OGH 16. 12. 2003, 4 Ob 230/03g, Begräbnisfeierlichkeit, MR 2004, 201 (Walter) = ÖBl 2005, 90.

33

OGH 28. 11. 1978, 4 Ob 390/78, Betriebsmusik, ÖBl 1979, 51.

34

OGH 16. 6. 1998, 4 Ob 146/98v, Thermenhotel L, ÖBl 1999, 98.

35

OGH 29. 1. 1974, 4 Ob 344/73, Fernsehempfang im Sozialversicherungs-Kurheim, ÖBl 1974, 73.

36

OGH 17. 6. 1986, 4 Ob 309/86, Hotel-Video-Anlage (zT auch mit

Auf dieser Basis dürfte zunächst nicht weiter zweifelhaft sein, dass die Teilnehmer einer wissenschaftlichen Fachtagung, eines Seminars oder einer ähnlichen Veranstaltung – von Ausnahmefällen abgesehen – ebenso eine Öffentlichkeit iSd § 18 UrhG bilden wie zB die bei der Präsentation eines neuen Produkts anwesenden, untereinander typischerweise nicht in obigem Sinn verbundenen Personen (zB Kunden und Konsumenten). Zwar können (natürlich in Abhängigkeit von der Gesamtteilnehmeranzahl) auch hier zwischen einzelnen Teilnehmern vereinzelt bzw in untergeordnetem Ausmaß solch persönliche Beziehungen bestehen, die an sich gegen eine Öffentlichkeit sprechen, doch werden diese bei einer Gesamtbetrachtung sowohl individuell wie auch kollektiv in den Hintergrund treten und es wird eine Verbundenheit aller Teilnehmer faktisch nie gegeben sein. Auch der Zweck der Zusammenkunft (zB Fortbildung, Produktneueinführung) spricht hier gegen die Annahme einer „privaten“ Veranstaltung. In den genannten Fällen ist daher regelmäßig eine Öffentlichkeit iSd § 18 UrhG gegeben. 3. „Schul- und Universitätsöffentlichkeit“ als Sonderfall? Demgegenüber weit weniger eindeutig wurde unter dem Aspekt der Öffentlichkeit die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu schulischen oder universitären Zwecken beurteilt. Nach Walter – der zumindest de lege ferenda der Meinung ist, das Öffentlichkeitserfordernis solle im spezifischen Zusammenhalt der Ausbildungsgemeinschaften fallen gelassen werden – lässt sich die Frage, ob die Nutzung von Werken in Ausbildungsgemeinschaften öffentlich erfolgt, an sich nur im Einzelfall beantworten, allerdings liegt seiner Ansicht nach im Schul- und Unterrichtsbereich idR Öffentlichkeit vor (konkret soll sie an Universitäten, Fachhochschulen, Elementar- und Berufsschulen immer, bei allgemein bildenden höheren Schulen regelmäßig gegeben sein).39 Zu zumindest weitgehend ähnlichen Ergebnissen kommen auch Olensky 40 und Streit/Jung.41 Demgegenüber vertritt zB Ciresa die Ansicht, dass „für Schulen und Fachhochschulen aufgrund der personellen und zeitlichen Kontinuität der anwesenden Schüler und deren

dem Schlagwort Hilton/Conti), ÖBl 1986, 132. 37

OGH 31. 8. 2010, 4 Ob 120/10s, Thermenhotel L II, MR 2010, 392 (Walter); vgl auch EuGH 18. 3. 2010, C-136/09, OSDD/Divani Ak-

39

ropolis, MR-Int 2010, 123; EuGH 7. 12. 2006, C-306/05, SGAE,

ders, Die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter

MR 2006, 381. 38

Vgl zB OGH 10. 2. 2004, 4 Ob 249/03a, Radiogerät, ÖBl 2004,

Werke in Schulen und Universitäten, ZfRV 2008, 114 (114 ff). 40

226 (Gamerith); OGH 28. 5. 2002, 4 Ob 108/02i, Figurstudio, MR 2002, 236 (Walter); OGH 17. 11. 1970, 4 Ob 350/70 ÖBl 1971, 54; OGH 20. 10. 1966, 9 Os 81/66, Musikautomaten, ÖBl 1967, 44.

Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 327 Rz 641 f;

Olensky, Der Film in Unterricht und Bildung, in Wittmann/Gottschalk, Film- und Videorecht (1990) 93 (99).

41

Streit/Jung, Zur öffentlichen Wiedergabe von Filmwerken im Unterricht, MR 2008, 79.

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25

25

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persönlicher Beziehung untereinander bzw zum ‚Veranstalter‘ in Verbindung mit einem fehlenden oder doch nur ganz untergeordneten Erwerbszweck im Regelfall Öffentlichkeit iSd § 18 UrhG auszuschließen sein“ werde.42 Ähnlich divergent sind auch die Stellungnahmen in Deutschland. So geht zB v. Ungern-Sternberg davon aus, dass Wiedergaben im Rahmen von Hochschulvorlesungen öffentlich erfolgen, während im schulischen Bereich die Öffentlichkeit bei nur an den Klassenverband gerichteten Wiedergaben zu verneinen sei. Erfolge die Wiedergabe aber außerhalb des Klassenverbands, so liege idR Öffentlichkeit vor. Bei Schulveranstaltungen komme es darauf an, wie viele Schulangehörige teilnehmen und ob Außenstehende zugelassen wären.43 Nach Nordemann sind die üblichen Hochschulveranstaltungen öffentlich.44 Demgegenüber geht zB Haupt davon aus, dass nicht nur der Unterricht in der gymnasialen Oberstufe (sofern in Kursen abgehalten), Vorlesungen an Hochschulen und Universitäten45 oder Lehrgänge zur beruflichen Fortbildung in Zoll- und Finanzschulen mit relativ großem Personenkreis46 öffentlich iSd § 15 Abs 3 dUrhG anzusehen sind, sondern entgegen der bislang vorherrschenden Meinung der Schulunterricht allgemein.47 In seiner Schulfilm-Entscheidung48 geht der OGH davon aus, dass bei Auslegung des § 56c Abs 1 und 2 UrhG nicht die allgemeine Bedeutung des Begriffs Öffentlichkeit im Urheberrecht maßgebend sei, sondern vielmehr nur der (erst) mit der angesprochenen Norm geschaffene Begriffsinhalt einer spezifischen „Schulöffentlichkeit“. Auf dieser Basis kommt der OGH nach ausführlicher Erörterung des Meinungsstands und eingehender Begründung zu folgendem Ergebnis: „Werden Werke der Filmkunst und die damit verbundenen Werke der Tonkunst für Zwecke des Unterrichts in dem dadurch gerechtfertigten Umfang in einzelnen Klassen von Pflichtschulen (Volks-, Haupt-, Sonder-, Berufs- und polytechnischen

42

Ciresa, Zur Vergütungspflicht für die öffentliche Wiedergabe von

43

V. Ungern-Sternberg in Schricker, Urheberrecht3 (2006) § 15 Rz 80.

44

Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht9 (1998) § 15 Rz 4.

45

Vgl auch OLG Koblenz 7. 8. 1986, 6 U 606/83, Öffentliche Wieder-

Filmwerken im Unterricht, MR 2007, 429.

46

Schulen) aufgeführt, so handelt es sich dabei um eine öffentliche Wiedergabe im Unterricht iSd § 56c Abs 1 und 2 UrhG. Solche Aufführungen lösen die Vergütungspflicht nach § 56 Abs 2 UrhG aus.“ Nun darf nicht übersehen werden, dass der OGH in der genannten Entscheidung nicht die §§ 18 oder 18a UrhG, sondern § 56c UrhG auszulegen hatte. Und der OGH hält in der genannten Entscheidung selbst fest, dass der Öffentlichkeitsbegriff in unterschiedlichen Sachzusammenhängen – so etwa in solchen nach dem Straf-, Fernmelde- oder Urheberrecht – durchaus Verschiedenes bedeuten könne und er selbst bei seiner Verwendung innerhalb des UrhG – je nach Sachzusammenhang – nicht notwendig immer inhaltlich Gleiches ausdrücken müsse.49 Daher ist mit der genannten Entscheidung noch nicht notwendig verbunden, dass die Auf- bzw Vorführung von Werken im Rahmen des universitären oder schulischen Unterrichts als öffentlich iSd §§ 18 f UrhG anzusehen ist. Für den in § 18a UrhG verwendeten Öffentlichkeitsbegriff gilt das in gleicher Weise.50 Freilich ist davon auszugehen, dass die vom OGH vorgenommene Auslegung des Begriffs der Schulöffentlichkeit nicht ohne Auswirkungen auf die Auslegung des Öffentlichkeitsbegriffs der §§ 18 f UrhG bleiben wird. Dem Argument, § 56c UrhG stelle eine (vergütungspflichtige) freie Werknutzung dar, die systematisch aber einen „rechtfertigungsbedürftigen“ Eingriff in die Rechte des Urhebers voraussetzt, weshalb der Gesetzgeber davon ausgegangen sein muss, dass die Wiedergabe von Filmwerken im – kurz gesagt – Unterricht vor einer Öffentlichkeit iSd § 18 UrhG erfolgt, ließe sich noch entgegenhalten, dass mit der genannten Bestimmung eine typisierende und insb von den Interessen der Rechteinhaber ausgehende Regelung geschaffen wurde, die allenfalls urheberrechtlich nicht vollständig systemkonform ist. Allerdings ist doch zu konstatieren, dass der Gesetzgeber wohl selbst davon ausgeht, dass zumindest in den überwiegenden Fällen der Werknutzung im schulischen und universitären Bereich eine öffentliche Wiedergabe vorliegt. Denn dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, er habe eine generelle Regelung für offenkundig wenige Aus-

49

OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f, Schulfilm, MR 2008, 299 = ÖBl

gabe im Hochschulbereich, NJW-RR 1987, 699.

2009/27 (Büchele) unter Hinweis auf Walter, Österreichisches

Vgl BGH 17. 3. 1983, I ZR 186/80, Zoll- und Finanzschulen, NJW

Urheberrecht Bd 1 (2008) 47 Rz 81 und ders, Die öffentliche Wie-

1984, 1108.

dergabe urheberrechtlich geschützter Werke in Schulen und Univer-

47

Haupt, Urheberrecht in der Schule (2006) 23 f.

48

OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f, Schulfilm, MR 2008, 299 = ÖBl 2009/27 (Büchele).

sitäten, ZfRV 2008, 114 (115). 50

Vgl Büchele, Anmerkung zu OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f, Schulfilm, MR 2008, 299 = ÖBl 2009/27.

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nahmefälle schaffen wollen.51 In diese Richtung deutete im Übrigen bereits die Regelung des § 42 Abs 6 UrhG. Denn die mit dieser Regelung geschaffene „Freistellung“ vom allgemein für Vervielfältigungstücke iSd § 42 UrhG geltenden Verbot der Zugänglichmachung für eine Öffentlichkeit wäre ja nicht erforderlich, wenn es sich bei der Verteilung der für den Schulgebrauch geschaffenen Vervielfältigungsstücke an die Schüler nicht auch um eine Verteilung an eine Öffentlichkeit handeln würde. Hinzu kommt, dass ein anderes Auslegungsergebnis wohl auch verfassungsrechtlich bedenklich wäre, weil die Wiedergabe von Filmwerken im Unterricht (zumindest) eine Vergütungspflicht auslöst, während eine solche Wiedergabe bei sämtlichen anderen Werkarten mangels Öffentlichkeit von keinem Verwertungsrecht erfasst und daher zustimmungs- und vergütungsfrei zulässig wäre.

„Die Werknutzung ist auch zulässig, wenn sich der „Zitatzweck“ lediglich aus dem Motiv des Lichtbilds ergibt.“ Eine Rechtfertigung für eine solche Privilegierung der Filmurheber dürfte schwer zu finden sein. Und zuletzt darf nicht unbeachtet bleiben, dass es nach dem OGH der Lebenserfahrung entspricht, dass in Pflichtschulen eine weit überwiegende Anzahl der Schüler einer Klassengemeinschaft nur in Ausnahmefällen durch eine enge persönliche Beziehung verbunden ist, die über das Erfordernis eines anständigen Umgangs während des Unterrichts hinausgeht. Demgemäß erschöpfen sich nach dem OGH solche Klassengemeinschaften – als Ganzes gesehen – in Zweckgemeinschaften zur Erfüllung der Schulpflicht, bei denen eine enge persönliche Beziehung gewöhnlich (nur) zwischen einzelnen Schülern jeder Klasse besteht.52 Nun ist zwar grundsätzlich anerkannt, dass auch Berufs-, Arbeits-, Ausbildungs- oder Sportkollegen durch persönliche Beziehungen im oben dargestellten Sinn verbunden sein können.53 Allerdings

27

reichen weitgehend gleichgerichtete, sachbezogene Interessen eines Personenkreises nicht aus.54 Im Ergebnis legen die Ausführungen des OGH daher nahe, auch für Wiedergaben im Pflichtschulunterricht, selbst wenn sie sich nur an die Schüler einer Klasse wenden, idR Öffentlichkeit iSd § 18 UrhG anzunehmen. Das gilt für Lehrveranstaltungen an Fachhochschulen ebenso und umso mehr für Vorlesungen an Universitäten. Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, dass § 18a UrhG einen hiervon abweichenden Öffentlichkeitsbegriff verwendet, hat dies auch für das Zurverfügungstellungsrecht zu gelten.

B. Deckung durch freie Werknutzungen Wird eine Fotografie im Zuge eines Vortrags, einer Vorlesung oder des Schulunterrichts präsentiert (zB mittels Overheadfolie oder als Teil einer Präsentation, die mittels Bildschirm oder Beamer vorgeführt wird), handelt es sich nach dem Bisherigen um eine Vorführung mittels optischer Einrichtungen, die zumindest in den weitaus überwiegenden der hier in Rede stehenden Konstellationen auch als öffentlich iSd § 18 UrhG zu qualifizieren ist. Es handelt sich daher um eine Nutzungshandlung, die – (noch aufrechten) urheberrechtlichen Schutz der verwendeten Fotografie und/oder des von ihr Abgebildeten vorausgesetzt – entweder der Zustimmung des Urhebers55 oder einer Deckung durch eine freie Werknutzung bedarf. Die unionsrechtliche Basis dafür bildet die Ausnahmebestimmung bzgl Werknutzungen „zur Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung“.56 Hinzu tritt die Ausnahmebestimmung betreffend „Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen“.57

54

Vgl zu § 15 Abs 3 dUrhG v. Ungern-Sternberg in Schricker, Urheberrecht3 (2006) § 15 Rz 76.

55 51

52

53

An dieser Stelle sei nur darauf verwiesen, dass insb die Bildungs-

Vgl OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f, Schulfilm, MR 2008, 299 =

träger bemüht sind, für das Lehrpersonal entsprechende Bestände

ÖBl 2009/27 (Büchele).

mit Bildmaterial zu erstellen, das dann nach den zugrundeliegenden

OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f, Schulfilm, MR 2008, 299 = ÖBl

Verträgen für die Lehr- bzw Unterrichtszwecke der jeweiligen Ein-

2009/27 (Büchele) unter Hinweis auf Streit/Jung, Zur öffentlichen

heit verwendet werden darf. Zudem werden im Internet auch Foto-

Wiedergabe von Filmwerken im Unterricht, MR 2008, 79.

grafien für bestimmte Zwecke unter „freien Lizenzen“ angeboten;

Vgl OGH 23. 9. 2008, 4 Ob 131/08f, Schulfilm, MR 2008, 299 = ÖBl 2009/27 (Büchele); Walter, Österreichisches Urheberrecht

vgl zB www.creativecommons.de. 56

Bd 1 (2008) 324 Rz 635 mwN; ders, Die öffentliche Wiedergabe ur-

Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in

heberrechtlich geschützter Werke in Schulen und Universitäten, ZfRV 2008, 114.

Art 5 Abs 3 lit a RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter der Informationsgesellschaft (InfoRL).

57

Art 5 Abs 3 lit a InfoRL.

27

28

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1. Relevante freie Werknutzungen vorab Entsprechend der hier zu untersuchenden Aufgabenstellung kommen zur Rechtfertigung der Vortragsnutzung nur jene freien Werknutzungen in Betracht, die entweder für alle Werkarten oder zumindest für Werke der bildenden Künste gelten, da Fotografien eben dieser Werkkategorie zugerechnet werden. Hierbei wird nicht übersehen, dass eine urheberrechtlich relevante Nutzung von Fotografien nicht allein das an dieser (wie gezeigt heute regelmäßig) bestehende Recht tangiert, sondern auch der Gegenstand, der auf der Fotografie zu sehen ist, betroffen sein kann, sofern dieser urheberrechtlich geschützt ist.58 Allerdings wird es sich, sofern die abgebildeten Gegenstände überhaupt urheberrechtlich geschützt sind, auch bei diesen zumindest idR um der Werkkategorie der bildenden Künste (zu dieser Werkkategorie zählen ja neben den Lichtbildwerken – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – auch zB die Malerei, die bildende Kunst, die angewandte Kunst und die Baukunst) zurechenbare Werke handeln. Allerdings wird sogleich noch darauf zurückzukommen sein, dass diese „Doppelgestaltigkeit“ von Lichtbildwerken gerade für die vorliegende Untersuchung durchaus problematisch ist.

„Sollen fremde Lichtbilder in Handouts verwendet werden, ist dies zulässig, wenn es sich um für den Schul- oder Universitätsgebrauch bestimmte Vervielfältigungen in für diesen Zweck ausreichender Anzahl handelt oder das Handout ein wissenschaftliches Sprachwerk ist.“ 58

Abgesehen von der für alle Werkarten geltenden Vervielfältigung zum eigenen oder privaten Gebrauch (zu dieser noch unten Pkt IV.A.) sind für die vorliegende Untersuchung drei freie Werknutzungen von besonderem Interesse, die vorab aufgezählt werden sollen: So ist es zulässig, - zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke einzelne erschienene Werke der bildenden Künste in einem seiner Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schuloder Unterrichtsgebrauch bestimmten Sprachwerk bloß zur Erläuterung des Inhalts oder in einem solchen Schulbuch zum Zweck der Kunsterziehung der Jugend zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen; 59 - einzelne erschienene Werke der bildenden Künste in einem die Hauptsache bildenden wissenschaftlichen Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen; 60 - veröffentlichte Werke der bildenden Künste bei einem die Hauptsache bildenden wissenschaftlichen oder belehrenden Vortrag bloß zur Erläuterung des Inhalts durch optische Einrichtungen öffentlich vorzuführen und die dazu notwendigen Vervielfältigungsstücke herzustellen.61 § 54 Abs 1 Z 3 UrhG ist jedenfalls für den Grundfall des Vortrags nicht weiter von Interesse, da er lediglich die Vervielfältigung, Verbreitung und Zurverfügungstellung, nicht aber die öffentliche Wiedergabe gestattet. Glei-

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass bei Personenbildnissen natürlich auch die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten, insb das Recht am eigenen Bild, zu beachten sind; vgl

59

§ 78 UrhG. Siehe dazu auch Fotomotiv – Schutz oder Freiheit in

60

§ 54 Abs 1 Z 3a UrhG.

dieser Ausgabe.

61

§ 54 Abs 1 Z 4 UrhG.

§ 54 Abs 1 Z 3 UrhG.

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ches gilt für § 54 Abs 1 Z 3a UrhG. Allerdings gestattet § 54 Abs 1 Z 4 die öffentliche Vorführung von (veröffentlichten) Werken der bildenden Künste durch optische Einrichtungen, wenn dies bei einem die Hauptsache bildenden wissenschaftlichen oder belehrenden Vortrag bloß zur Erläuterung des Inhalts erfolgt. Insofern scheint diese Bestimmung für die hier zu untersuchenden Nutzungen geradezu geschaffen. Allerdings zeigen sich bei näherem Hinsehen doch einige Unsicherheiten.

urhebers legitimiert ist, mag auch dessen schöpferische Leistung für sich genommen gar keine Erörterung finden.

2. Einzelheiten zur sog „Vortragserläuterung“ des § 54 Abs 1 Z 4 UrhG a. Fotografie und Motiv der Fotografie Da es sich um eine freie Werknutzung betreffend Werke der bildenden Künste handelt, ist § 54 Abs 1 Z 4 UrhG grundsätzlich auf Fotografien anwendbar. Allerdings ist bei näherer Betrachtung die Reichweite der Norm fraglich. Denn die öffentliche Wiedergabe einer Fotografie oder deren Vervielfältigung kann unter mehreren Aspekten urheberrechtlich problematisch sein. Wie bereits dargestellt ist die (von Menschen angefertigte) Fotografie idR ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbildwerk. Daneben ist aber denkbar und gar nicht selten, dass auch das am Lichtbild zu Sehende, das Motiv der Fotografie (zB ein Bauwerk, eine Skulptur oder eine Grafik), ebenfalls urheberrechtlich geschützt ist. Ist auch dies der Fall, tangiert zB die Vervielfältigung der Fotografie zwei urheberrechtliche Positionen, konkret jene des Urhebers des Lichtbildwerks einerseits und jene des Urhebers des abgelichteten Werkes andererseits. Ist das Motiv der Fotografie nicht (mehr) urheberrechtlich geschützt,62 wird in die Verwertungsrechte an der Fotografie eingegriffen.

Jedenfalls dem historischen Gesetzgeber konnte es mit § 54 Abs 1 Z 4 UrhG nicht um eine freie Werknutzung an der zur Präsentation verwendeten Fotografie gegangen sein. Denn die hier in Rede stehende freie Werknutzung war schon in der Stammfassung des UrhG enthalten. Nach dieser waren Fotografien aber einem urheberrechtlichen Schutz noch gar nicht zugänglich (siehe oben Pkt II.). Damit ist – was ohnedies nicht bezweifelt wird – notwendig verbunden, dass sich die freie Werknutzung jedenfalls auf jene Gegenstände bezieht, die auf der zur Vorführung verwendeten Vorlage abgebildet sind. Es ist daher jedenfalls von der hier diskutierten freien Werknutzung gedeckt, ein fremdes Werk der bildenden Kunst in einem den Vorgaben des § 54 Abs 1 Z 4 UrhG entsprechenden Vortrag öffentlich durch optische Einrichtungen vorzuführen und die hierzu erforderlichen Vervielfältigungstücke (hierzu noch unten Pkt IV.A.1.) selbst anzufertigen. Wäre die Vorschrift darauf beschränkt, würde sie die heute soweit ersichtlich durchaus verbreitete Praxis, Vorträge mittels fremder Fotografien, die zB aus dem Internet geladen werden, zu illustrieren, nicht legitimieren, weil sie zwar eine freie Werknutzung am letztlich bildlich vorgeführten Werk, nicht aber auch am zur Präsentation zu verwendenden Lichtbildwerk gewähren würde.63 Nähere Betrachtung zeigt allerdings, dass die Norm hierauf nicht beschränkt ist, sondern sie auch eine freie Werknutzung an jenem Lichtbildwerk statuiert, dass das zur Erläuterung des Vortrags dienende Werk der bildenden Kunst zeigt.

Der Zweck, zu dem eine Fotografie im Rahmen eines Vortrags usw präsentiert wird, wird regelmäßig darin bestehen, das Motiv der Fotografie vorzuführen. Demgegenüber werden jene Umstände, die der konkreten Fotografie den urheberrechtlichen Schutz verleihen (also Bildund Blickführung, Objektivwahl usw; hierzu schon oben Pkt II.), nur in als Ausnahmefälle anzusehenden Seminaren für Fotografen und Bildgestalter Erörterung finden. Es stellt sich daher die Frage, ob die von § 54 Abs 1 Z 4 UrhG statuierte freie Werknutzung schon dann eingreift, wenn sich der von der Norm verlangte Zitatzweck lediglich aus dem vom Lichtbildwerk Abgebildeten ergibt und diesfalls auch ein Eingriff in die Rechte des Lichtbildwerk-

Ein erstes Anzeichen in diese Richtung liefert der Normzweck, der ausweislich der Materialien in der „Förderung der Volksbildung“ liegt.64 Denn zur Erreichung dieses Ziels macht es keinen Unterschied, ob in die Rechte des Urhebers des abgebildeten Werkes, in jene des Lichtbildwerkurhebers oder in beide Rechtspositionen eingegriffen wird. Dem könnte man entgegenhalten, dass der Urheber des Lichtbildwerks eine den Zwecken des § 54 Abs 1 Z 4 UrhG dienende Auseinandersetzung mit dem Motiv der Fotografie nicht verhindern kann, da der Vortragende das im Vortrag Vorzuführende auch selbst fotografieren könnte, weshalb zur Erreichung des Normzwecks auch nur ein Eingriff in die Rechte des Urhebers

62

Oder zumindest dessen „Nutzung“ unabhängig von der Reichweite

63

So wohl Braunböck in Kucsko, urheber.recht (2008) 844.

des § 54 Abs 1 Z 4 UrhG durch eine andere freie Werknutzung

64

Vgl die Mat zu § 54 Abs 1 Z 4 UrhG, abgedruckt Dillenz, Materiali-

(zB § 54 Abs 1 Z 5 UrhG) gedeckt.

29

en zum österreichischen Urheberrecht (1986) 129.

29

30

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des abgelichteten Werkes erforderlich sei. Abgesehen davon, dass dies in vielen Fällen aber nicht zutrifft bzw zumindest unter Betrachtung des hiermit verbundenen Aufwandes unrealistisch ist, stehen dieser Auslegung mehrere Überlegungen entgegen. Nach hA ist § 54 Abs 1 Z 4 UrhG letztlich eine besondere Ausformung des Zitatrechts.65 Den insoweit bestehenden urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen ist verkürzt gesagt gemeinsam, dass sie sämtlich die Belegfunktion verlangen.66 Das freilich in dem Sinn, dass es um einen Beleg für das zitierende Werk geht. Dies gilt auch für das Zitat iSd § 54 Abs 1 Z 4 UrhG.67 Wenn diese Bestimmung davon spricht, dass das Werk der bildenden Kunst bloß zur Erläuterung des Inhalts verwendet werden darf, so ist hiermit der Inhalt des Vortrags und nicht der Inhalt des vorgeführten Werkes gemeint.68 Berücksichtigt man, dass es gerade im hier interessierenden Zusammenhang um die verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Unterrichtsfreiheit und der Freiheit der Wissenschaft geht, muss es als ausreichend angesehen werden, wenn im zitierten „Produkt“ mehrere rechtlich geschützte Positionen zusammentreffen und lediglich eine den Zitatzweck rechtfertigt. Hierfür spricht auch die historische Interpretation: Wie bereits dargelegt hat der historische Gesetzgeber Fotografien nicht als Lichtbildwerke, sondern als einfache Lichtbilder bewertet. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die entsprechende Anwendung auch für einfache Lichtbilder angeordnet.69 Daraus folgt aber, dass nach dem Willen des Gesetzgebers schon das Motiv der Fotografie den von § 54 Abs 1 Z 4 UrhG verlangten Zitatzweck realisieren kann. Nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers ist das Lichtbild ein Informationsträger (so sprechen die Materialien von einer „mit technischen Mitteln bewirkten bildlichen Festlegung eines Ausschnitts

der Außenwelt“).70 Denn es ist nicht erkennbar, wie nach diesem Zugang des Gesetzgebers ein einfaches Lichtbild für sich genommen und ohne Betrachtung seines Inhalts jemals Beleg iSd § 54 Abs 1 Z 4 UrhG sein könnte.71 Vielmehr wird aus der Anordnung der Geltung von § 54 Abs 1 Z 4 UrhG auch für einfache Lichtbilder deutlich, dass es bei der Beurteilung des Zitatzwecks auf das Motiv der Fotografie ankommt bzw ankommen kann. Wenn dieses das Zitat rechtfertigt, legitimiert dies auch den Eingriff in die Rechte des Herstellers des „bildlichen Informationsträgers“. Denn wenn es der genannten Norm nur um den Eingriff in die Rechte am abgebildeten Werk ginge, dann bedürfte es ausgehend von der historischen Ausgangssituation der Anordnung der entsprechenden Anwendung in § 74 Abs 7 UrhG nicht. Denn jene Umstände, die den Schutz eines einfachen Lichtbilds begründen (nach dem Willen des historischen Gesetzgebers „technische“ Leistungen), werden mehr oder minder nie einen Beleg iSd Zitatrechts liefern können. Die entsprechende Geltung von § 54 Abs 1 Z 4 UrhG auch für einfache Lichtbilder macht daher nur Sinn, wenn anerkannt wird, dass die von der genannten Norm verlangte Beleg- bzw Erläuterungsfunktion (auch) aus dem Inhalt des Lichtbilds entspringen kann und (auch) dies einen Eingriff in die Rechte des Lichtbildherstellers rechtfertigt.72

70

Vgl die Mat zu den §§ 73 ff UrhG, abgedruckt bei Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 151.

71

Abgesehen von Vorträgen, die sich eben mit den nach der Stammfassung schutzbegründenden technischen Aspekten der Fotografie (zB der Bildentwicklung) beschäftigen. Bei diesen Vorträgen handelt es sich aber wohl um Sonderfälle, die nicht die gesamte Reichweite der freien Werknutzung, wie sie den Vorstellungen des Gesetzgebers entspricht, abdecken. Dies erkennt man auch daran, dass § 74 Abs 7 UrhG auch auf Z 3 und 3a des § 54 Abs 1 UrhG verweist und es sich bei den hier in Rede stehenden Verweisen um einen Gesamtkomplex handelt.

72

Dass es sich hierbei auch um eine sehr bewusste Regelungsentscheidung des Gesetzgebers handelt, zeigt sich zB auch daran, dass der

65

Vgl Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 605

Verweis in § 74 Abs 7 UrhG ua die Katalogfreiheit des § 54 Abs 1

Rz 1318; Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 (2004) § 54 Rz 22 ff.

Z 1 UrhG nicht einschließt. Obwohl für die Produktion eines Katalogs

66

Das ist zwar in Randbereichen durchaus strittig, doch spielt diese

iSd § 54 Abs 1 Z 1 UrhG eine Fotografie (bzw eine sonstige Ver-

Meinungsdivergenz für die vorliegende Untersuchung keine Rolle.

vielfältigungsvorlage) erforderlich ist, erstreckt sich die genannte freie

67

Zu den Einzelheiten noch unten Pkt III.B.2.b.

Werknutzung zwar auf die in den Katalog aufzunehmenden Werke der

68

Vgl die Mat zu § 54 Abs 1 Z 4 UrhG, abgedruckt Dillenz, Mate-

bildenden Künste, sie begründet aber keine Nutzungsbefugnis an uU

rialien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 129, die explizit

schon vorbestehenden Vervielfältigungsvorlagen (insb Lichtbildern)

davon sprechen, dass die freie Werknutzung „nur zur Erläuterung

dieser Werke. Letztere müssen für den Zweck des § 54 Abs 1 Z 1

69

des Inhaltes des Vortrags zulässig ist.“

UrhG angefertigt werden; vgl M. Schulze, Die Katalogbilder-Freiheit,

Vgl § 74 Abs 7 iVm § 54 Abs 1 Z 4 UrhG.

in Tades/Danzl/Graninger, Festschrift Dittrich (2000) 311 (322).

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Nun ist, wie dargelegt, seit der UrhG-Nov 1953 ein urheberrechtlicher Schutz von Lichtbildern möglich und auf Basis der jüngsten Rsp sogar die Regel.73 Mit Bezug auf die hier zu untersuchende freie Werknutzung des § 54 Abs 1 Z 4 UrhG ist allerdings kein „Systemwechsel“ erkennbar. Ein solcher ist durch die Normzwecke auch nicht gefordert. Im Gegenteil. Daher schadet es nach hier vertretener Ansicht nicht, wenn der Inhalt des Vortrags nicht durch die fotografische Leistung, sondern durch das Motiv der Fotografie (mag es urheberrechtlich geschützt sein, oder nicht) erläutert wird. b. Konkretisierung des Zitatzwecks und Zitatumfang § 54 Abs 1 Z 4 UrhG gestattet die öffentliche Vorführung des Werkes der bildenden Künste bloß zur Erläuterung des Inhalts des Vortrags. Das bedeutet, dass der Vortrag als solcher die Hauptsache bilden muss und die Vorführung der Kunstwerke nicht im Vordergrund stehen darf.74 Daher wäre ein Diaabend, der im Wesentlichen nur dem Kunstgenuss der vorgeführten Bilder dient, keinesfalls gedeckt.75

Benutzer des zitierenden Werkes die Orientierung über das behandelte Thema zu erleichtern.77 Ciresa überträgt diese Rsp auch auf § 54 Abs 1 Z 4 UrhG.78 Das ist allerdings schon deshalb zweifelhaft, weil der OGH in der Entscheidung Friedrich Heer II die Reichweite von § 46 Z 2 UrhG in Bezug auf Sprachwerke, nicht aber hinsichtlich Werke wissenschaftlicher oder belehrender Art, die in bildlichen Darstellungen in der Fläche oder im Raum bestehen, sofern sie nicht zu den Werken der bildenden Künste zählen,79 zu beurteilen hatte. Hinsichtlich Letzterer ist aber auch § 46 Z 2 UrhG auf die Erläuterungsfunktion beschränkt, worauf der OGH auch explizit hinweist. Insofern muss es auf Basis der lex lata für § 54 Abs 1 Z 4 UrhG mE dabei bleiben, dass die Bestimmung nur dann greift, wenn die Erläuterungsfunktion gegeben ist.

Zum in § 46 Z 1 UrhG geregelten „kleinen Literaturzitat“ ist umstritten, ob auch der reine Selbstzweck, also die isolierte Verwendung einzelner Stellen eines veröffentlichen Sprachwerks zB auf Postkarten, Kalendern, Briefpapier oä, als zulässiger Zitatzweck anzusehen ist.76 Für § 54 Abs 1 Z 4 UrhG ist diese Frage jedenfalls zu verneinen, weil die Bestimmung eine „Erläuterung“ verlangt. Die Wiedergabe des Werkes bloß zur Ausschmückung ist daher von der hier untersuchten freien Werknutzung nicht gedeckt. Zu § 46 Z 2 UrhG, der der Vortragserläuterungsfreiheit ja insoweit nicht unähnlich ist, als es hier wie dort (zumindest zT) um wissenschaftliche Verwendungszwecke geht, hat der OGH ausgesprochen, dass als Zweck für das große Literaturzitat neben dem Erläuterungszweck auch andere Zwecke in Frage kommen, etwa eine Stimmung zu verdeutlichen oder dem

In diesem Punkt entspricht die österreichische Rechtslage daher § 51 Z 1 dUrhG, der die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einzelner erschienener Werke im durch den Zweck gebotenen Umfang in einem selbständigen wissenschaftlichen Werk zur Erläuterung des Inhalts gestattet. Hierzu geht der BGH hinsichtlich der Zulässigkeit von Abbildungen zur Erläuterung eines Schriftwerks davon aus, dass nicht schon jede Vervollständigung eines Textes durch Abbildungen bereits eine Erläuterung bilde.80 Es solle vielmehr nur jene Vervollständigung gestattet sein, die – wie ein Zitat – erläuternd an einen konkreten gedanklichen Inhalt anknüpfe, wobei der Zusammenhang zwischen Erläuterung und gedanklichem Inhalt erkennbar sein müsse.81 Der Vervollständigungszweck ist allerdings nach dem BGH für sich genommen kein ausreichender Zitatzweck iSd genannten Bestimmung.82 Für eine „Erläuterung“ ist daher eine Anknüpfung an den gedanklichen Inhalt, sei es zur Beweisführung oder zur Verdeutlichung des Gesagten, maßgeblich. 83 Das Bild muss als Beleg dienen bzw die Erörterungsgrundlage oder den Bezugspunkt für eine referierende Darstellung

73

Oben Pkt II.

77

74

Vgl die Mat zu § 54 Abs 1 Z 4 UrhG, abgedruckt Dillenz, Materi-

MR 1995, 179 = ecolex 1995, 498; zust Walter, Österreichisches

alien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 130; Walter, Ös-

Urheberrecht Bd 1 (2008) 542 Rz 1134; G. Korn in Kucsko,

terreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 606 Rz 1321; Ciresa in

urheber.recht (2008) 792. Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht (13. EL) § 54

Streit, Urheberrecht für die Praxis (2011) 307.

79

ISd § 2 Z 3 UrhG.

Braunböck in Kucsko, urheber.recht (2008) 843.

80

BGH 3. 4. 1968, I ZR 83/66, Kandinsky, GRUR 1968, 607 (Fromm).

Zum Meinungsstand vgl Walter, Österreichisches Urheberrecht

81

BGH 3. 4. 1968, I ZR 83/66, Kandinsky, GRUR 1968, 607 (Fromm).

Bd 1 (2008) 540 Rz 1130 f; G. Korn in Kucsko, urheber.recht

82

BGH 3. 4. 1968, I ZR 83/66, Kandinsky, GRUR 1968, 607 (Fromm).

(2008) 787 f.

83

Vgl auch Schricker in Schricker, Urheberrecht3 (2006) § 51 Rz 17.

böck in Kucsko, urheber.recht (2008) 843; Höhne/Jung/Koukal/ 75 76

OGH 31. 1. 1995, 4 Ob 1/95, Friedrich Heer II, ÖBl 1996, 99 =

78

Ciresa, Österreichisches Urheberrecht (13. EL) § 54 Rz 59; Braun-

31

Rz 64.

31

32

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bilden.84 Liegt diese Voraussetzung vor, schade es aber nicht, wenn mit der Abbildung auch ein gewisser Schmuckzweck verfolgt wird, solange dieser nicht überwiege.85 Diese Ausführungen können auch für die „Erläuterung“ iSd § 54 Abs 1 Z 4 UrhG als treffend angesehen werden. Es ist daher ein innerer Zusammenhang zwischen dem Inhalt des Vortrags und dem zu seiner Erläuterung vorgeführten Werk gefordert. Dieser Zusammenhang kann darin bestehen, dass das Vorgeführte den Vortragsinhalt verdeutlicht (zB iSe bildlichen Darstellung bzw Einführung des zu erörternden Problems) oder die Aussagen des Vortrags belegen soll. Wenn es aber an diesem Erläuterungszusammenhang fehlt, scheidet eine Bezugnahme auf § 54 Abs 1 Z 4 UrhG aus. Dies wäre zB bei der Verwendung zur bloßen Illustration, dh zur reinen Ausschmückung der Fall. Aber auch die zT zum „kleinen Zitat“ angenommenen Zitatzwecke der Darstellung von Devise oder Motto sind keine Erörterung iSd § 54 Abs 1 Z 4 UrhG.86 Noch weniger kann das für den reinen Blickfang angenommen werden. Aus naheliegenden Gründen sieht § 54 Abs 1 Z 4 UrhG keine Beschränkung auf „einzelne Stellen“ oder „kleine Teile“87 vor, weil bei Werken der bildenden Künste idR nur ein Großzitat praktisch ist. Allerdings kennt die Norm auch keine Beschränkung auf „einzelne Werke“.88 Gleichwohl ist insb auch aus Gründen der richtlinienkonformen Interpretation eine Beschränkung des Zitatumfangs dahin anzuerkennen, dass der Vortragszweck den zulässigen Zitatumfang begrenzt.89

„Eine Online-Zugänglichmachung dieser Vortragsunterlagen ist überhaupt nur dann zulässig, wenn die Unterlagen als wissenschaftliche Sprachwerke qualifiziert werden können.“

c. Sonstige Beschränkungen Von § 54 Abs 1 Z 4 UrhG sind nur veröffentlichte Werke der bildenden Künste erfasst. Zudem versteht die Bestimmung unter „Vorträgen“ nach hA nur Live-Vorträge.90 Beides sollte nicht weiter problematisch sein. Der Vortrag muss, um unter die genannte freie Werknutzung zu fallen, wissenschaftlich oder belehrend sein. Nach den Materialien verfolgt der Gesetzgeber mit der Bestimmung die Förderung der Volksbildung.91 Hieraus und aus einem Vergleich mit der zB in § 54 Abs 1 Z 3 UrhG verwendeten Terminologie („Schulund Unterrichtsgebrauch“) folgt, dass die Norm nicht auf den schulischen Bereich beschränkt ist. Sie erfasst vielmehr auch den Universitätsbereich, wissenschaftliche Vorträge und die Erwachsenenbildung.92 Wenn der Vortrag allerdings lediglich der Unterhaltung, der Werbung oÄ dient, ist die freie Werknutzung nicht anwendbar. § 54 Abs 1 Z 4 UrhG verlangt nicht expressis verbis, dass der Vortrag, zu dessen Erläuterung ein Werk der bildenden Kunst öffentlich vorgeführt werden soll, ein Werk iSd UrhG ist. Zum kleinen Literaturzitat des § 46 Z 1 UrhG, dem ebenfalls kein ausdrückliches Werkerfordernis des zitierenden Werkes zu entnehmen ist, verlangt der OGH allerdings, dass dem zitierenden Werk auch Werkqualität zukommt.93 Das soll nach einem Teil der Lehre auch für § 54 Abs 1 Z 4 UrhG gelten,94 ist aber dem Gesetz nicht zu entnehmen. Allerdings wird der Vortrag im Hinblick auf den von der freien Werknutzung geforderten wissenschaftlichen oder belehrenden Charakter ohnedies regelmäßig ein Werk iSd UrhG sein, weshalb der Frage keine nennenswerte praktische Bedeutung zukommen wird.

90 84

Maaßen, Bildzitate in Gerichtsentscheidungen und juristischen

85

BGH 3. 4. 1968, I ZR 83/66, Kandinsky, GRUR 1968, 607 (Fromm).

86

Vgl zu einem ähnlich gelagerten Fall (Werk der bildenden Kunst

Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 606 Rz 1322; Braunböck in Kucsko, urheber.recht (2008) 843; Höhne/Jung/

Publikationen, ZUM 2003, 830 (835) mwN.

Koukal/Streit, Urheberrecht für die Praxis (2011) 307. 91

Vgl die Mat zu § 54 Abs 1 Z 4 UrhG, abgedruckt bei Dillenz, Mate-

wird als „Aufhänger“ für einen Magazinartikel verwendet) zB OLG

92

Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 605 Rz 1318.

Hamburg 10. 7. 2002, 5 U 41/01, Maschinenmensch, GRUR-RR

93

OGH 3. 10. 2000, 4 Ob 224/00w, Schüssels Dornenkrone, MR

rialien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 127 f.

2003, 33.

2000, 373 (Walter); OGH 31. 1. 1995, 4 Ob 1/95, Friedrich

87

Vgl § 46 Z 1, § 47 Abs 1, § 52 Z 1 und 2 UrhG.

Heer II, ÖBl 1996, 99 = MR 1995, 179 = ecolex 1995, 498; abl

88

Vgl § 46 Z 2 für das wissenschaftliche Literaturzitat, § 52 Z 3 für das wissenschaftliche Musikzitat und § 54 Abs 1 Z 3a für das wis-

89

Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 540 Rz 1129. 94

Höhne/Jung/Koukal/Streit, Urheberrecht für die Praxis (2011) 307;

senschaftliche Zitat von Werken der bildenden Künste.

allerdings bleibt diese unterschiedliche Auslegung ohne praktische

Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht (13. EL) § 54 Rz 64.

Auswirkungen.

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Nach einem Teil der Lehre soll § 54 Abs 1 Z 4 UrhG nur für Vorträge gelten, die keinen kommerziellen Zwecken dienen.95 Das entspricht allerdings weder dem Gesetzeswortlaut, noch der Absicht des Gesetzgebers.96 Richtigerweise verlangt die Bestimmung weder Unentgeltlichkeit noch das Fehlen von Erwerbs- oder Gewinnerzielungsabsicht.97 Das ist zwar vor dem Hintergrund der InfoRL nicht ganz unproblematisch, da die Ausnahmebestimmung des Art 5 Abs 3 lit a InfoRL die Verfolgung von kommerziellen Zwecken nicht zulässt. Da es sich bei § 54 Abs 1 Z 4 UrhG letztlich um eine Ausprägung des Zitatrechts handelt, dürfte allerdings das Zitatrecht des Art 5 Abs 3 lit d InfoRL auch für die dargestellte Rechtslage eine unionsrechtliche Grundlage geben.98 d. Quellenangaben Wie bereits dargelegt ist § 54 Abs 1 Z 4 UrhG eine Ausprägung des Zitatrechts. Zu § 46 Z 1 UrhG spricht der OGH aus, dass von einem „Anführen“ iSd genannten Bestimmung nur dann gesprochen werden kann, wenn klar zum Ausdruck kommt, dass die zitierte Stelle einem fremden Werk entnommen wurde.99 Das gilt auch für diese Bestimmung. Es muss daher erkennbar sein, dass es sich beim zitierten Werk um ein fremdes Werk handelt.100 Dieses Erfordernis deckt sich nicht vollständig mit dem auch für Zitate iSd § 54 Abs 1 Z 4 UrhG geltenden Erfordernis der Quellenangabe. Auch bei einer unvollständigen Quellenangabe kann das Zitat durchaus erkennbar sein.101 Umgekehrt kann aber davon ausgegangen werden, dass bei einer entsprechend ausgeführten Quellenangabe auch die Erkennbarkeit gegeben ist. Die Verpflichtung zur Quellenangabe entfällt nur dann, wenn sie sich als unmöglich erweist.102 In dem Fall, dass sowohl das für den Vortrag verwendete Lichtbild wie auch das auf diesem Abgebildete urheberrechtlichen Schutz genießen, müssen – sofern nicht unmöglich – konsequenterweise beide Urheber genannt werden.

95

Höhne/Jung/Koukal/Streit, Urheberrecht für die Praxis (2011) 308.

96

Vgl die Mat zu § 54 Abs 1 Z 4 UrhG, abgedruckt Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht (1986) 129 f.

97

Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 605 Rz 1319.

98

Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 605 Rz 1319.

99

Dittrich, Österreichisches und internationales Urheberrecht5 (2007)

100

HA; vgl nur Braunböck in Kucsko, urheber.recht (2008) 844.

101

Vgl OGH 10. 7. 1990, 4 Ob 72/90, Voll Leben und voll Tod (zT auch

102

§ 57 Abs 3a Z 2 UrhG.

§ 46 E 9.

Das Lied von der Erde), ÖBl 1990, 283 = MR 1990, 227.

33

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IV. Fotografien in den Vortragsunterlagen Vielfach werden den Teilnehmern eines Vortrags oÄ begleitend entsprechende Vortragsunterlagen – untechnisch gesagt – zur Verfügung gestellt bzw scheint dies weitgehend auch erwartet zu werden. Es ist daher an das vorhin gefundene Ergebnis anknüpfend zu prüfen, ob es urheberrechtlichen Bedenken begegnet, wenn jene Fotografien, die nach den bisher gefundenen Ergebnissen für wissenschaftliche oder belehrende Vorträge usw verwendet werden dürfen, in diese Unterlagen integriert werden.

A. Handout Dass das Einbinden fremder Fotografien in Vortragsunterlagen und deren Verteilung an die Teilnehmer sowohl das Vervielfältigungs- wie auch das Verbreitungsrecht103 tangieren, liegt auf der Hand und muss daher nicht ausführlich begründet werden. Fraglich bleibt, ob auch insoweit eine freie Werknutzung zur Verfügung steht. Das ist indes nur sehr eingeschränkt der Fall: 1. Beurteilung für außeruniversitäre und -schulische Zwecke § 54 Abs 1 Z 4 UrhG gestattet nicht bloß die öffentliche Wiedergabe des (veröffentlichten) Werkes der bildenden Künste zu den in der Norm genannten Vortragszwecken, sondern auch die Herstellung der dazu notwendigen Vervielfältigungsstücke. Insofern erschöpft sich die freie Werknutzung nicht in ihrem Bezug zum Recht der öffentlichen Wiedergabe, sondern sie erstreckt sich auch auf das Vervielfältigungsrecht. Dies allerdings nur in einem sehr eng umrissenen Bereich. Denn gestattet werden lediglich die zur Vorführung durch optische Einrichtungen erforderlichen Vervielfältigungsstücke (arg „dazu“). Zulässig ist es daher zB, das Lichtbild(werk) zwecks Vorführung mittels Overheadprojektor auf eine entsprechende Folie zu vervielfältigen. Aber auch das Einscannen zum Zweck der Präsentation mittels Beamer ist – da es sich auch insoweit um eine Vervielfältigung handelt104 – zulässig.105 Weitere Vervielfältigungen, zB und insb in Vortragsunterlagen, gestattet die freie Werknutzung des § 54 Abs 1 Z 4 UrhG aber

nicht.106 Insofern ist es auch konsequent, wenn die Bestimmung kein Verbreitungsrecht umfasst, zumal auch ein solches für eine Verwendung einer Fotografie in den Vortragsunterlagen erforderlich wäre.107 Auch die Z 3 des § 54 Abs 1 UrhG liefert keine Grundlage. Denn in der nun zu prüfenden Verwendung außerhalb des Schul- oder Lehrgebrauchs, dh zB für die Zwecke eines von einem nicht dem schulischen oder universitären Bereich zurechenbaren Seminarveranstalter durchgeführten wissenschaftlichen Seminars, fehlt es eben an dem von der Norm verlangten Bezug zu Unterricht bzw Lehre an Schulen bzw Universitäten. Zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen ist allerdings, dass für Vervielfältigungen und Verbreitungen von Fotografien in Seminarunterlagen oÄ auch dann eine Rechtfertigung möglich ist, wenn diese nicht dem Schulbzw Unterrichtsgebrauch dienen. Denn § 54 Abs 1 Z 3a UrhG (das sog „Kunstzitat“) gestattet, einzelne erschienene Werke der bildenden Künste in einem die Hauptsache bildenden wissenschaftlichen Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Berücksichtigt man, dass von dieser freien Werknutzung die Vervielfältigung, Verbreitung und Zurverfügungstellung108 angesprochen wird, während es in § 54 Abs 1 Z 4 UrhG (vornehmlich) um das Recht der öffentlichen Wiedergabe in Form des Vortrags geht, ist ein wechselseitiger Bezug nicht zu leugnen.109 Zwar kennt das UrhG seit der UrhG-Nov 1996 keine Beschränkung des Kunstzitats auf die „Erläuterung des Inhalts“ mehr, doch dürfte es sich hierbei tatsächlich um ein Redaktionsversehen handeln.110 Richtigerweise ist auch für das

106

HA; vgl Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht (13. EL) § 54 Rz 61; Braunböck in Kucsko, urheber.recht (2008) 844; Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 605 Rz 1320; Höhne/Jung/Koukal/Streit, Urheberrecht für die Praxis (2011) 308.

107

Vgl auch Höhne/Jung/Koukal/Streit, Urheberrecht für die Praxis

108

§§ 15, 16 und 18a UrhG.

109

Vgl auch Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 605

(2011) 308.

Rz 1316, der davon spricht, dass § 54 Abs 1 Z 4 UrhG jene Lücke schließt, die von § 54 Abs 1 Z 3 und 3a UrhG mit Bezug auf wissenschaftliche und pädagogische (belehrende) Vorträge offen gelassen wird, weil diese Bestimmungen anders als die Regelun103

§§ 15 f, 74 Abs 1 UrhG.

104

OGH 26. 1. 1999, 4 Ob 345/98h, Radio Melody, ÖBl 2000, 86.

105

Zum Ganzen Braunböck in Kucsko, urheber.recht (2008) 844; Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht (13. EL) § 54 Rz 61.

gen des Literaturzitats das Recht des öffentlichen Vortrags und der Rundfunkwiedergabe nicht einschließen. 110

Vgl auch Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 603 Rz 1310.

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„Die bestehenden freien Werknutzungen liefern für die Zurverfügungstellung im Rahmen von E-Learning-Plattformen keine Grundlage.“ Kunstzitat eine Belegfunktion zu verlangen,111 die den oben für § 54 Abs 1 Z 4 UrhG dargestellten Schranken entsprechen dürfte. Hierauf kann verwiesen sein. Freilich ist § 54 Abs 1 Z 3a UrhG insofern enger als Z 4 leg cit, als erstere Bestimmung ein Kunstzitat lediglich „in einem die Hauptsache bildenden wissenschaftlichen Werk“ gestattet. Nach der Rsp des OGH setzt ein wissenschaftliches Werk voraus, dass sich der Gegenstand zur wissenschaftlichen Bearbeitung eignet und der Urheber durch die Art und Weise der Behandlung des Themas – sei es durch den Inhalt oder durch seine Darstellung – die Absicht erkennen lässt, dass sein Werk einem wissenschaftlichen Zweck, insb der Belehrung, dienen soll.112 Ob bzw unter welchen Voraussetzungen auch populärwissenschaftliche Werke privilegiert sind, hat der OGH bislang offengelassen. Jedenfalls entspricht aber eine bloße Aneinanderreihung, Gegenüberstellung und Wiedergabe fremder Inhalte mangels methodisch geordneter Erarbeitung von Erkenntnissen nicht den Anforderungen an eine wissenschaftliche Bearbeitung.113 Von diesen Grundlagen ausgehend ist aber zumindest nicht ausgeschlossen, dass auch Seminar- bzw Vortragsunterlagen als wissenschaftliche Sprachwerke anzusehen sind.114 Bei zB bloß „Thesen“ wiedergebenden PowerPoint-Folien wird das mE aber kaum jemals der Fall sein, bei Vorlesungsskripten ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen. Da sich betreffend die Verwendung fremder Fotografien insoweit aber keine spezifischen Fragen stellen, soll es bei diesen allgemeinen Hinweisen sein Bewenden haben. Festzuhalten bleibt, dass dann, wenn es sich bei der Seminar- oder Vortragsunterlage nach der letztlich nur im Einzelfall vorzunehmenden Beurteilung um ein wissenschaftliches Sprachwerk handelt, die Verwendung fremder Fotografien, in diesen Unterlagen

111

35

durch § 54 Abs 1 Z 3a UrhG115 gestattet wird, sofern die sonstigen Voraussetzungen, insb der wie angesprochen auch insoweit zu verlangende Erläuterungszweck, vorliegen. Die oben vertretene Ansicht, dass sich diesfalls der Zitatzweck aus dem Motiv der Fotografie ergeben kann, gilt mutatis mutandis auch hier.116 Ist auch über § 54 Abs 1 Z 3a UrhG eine Rechtfertigung nicht möglich, dürfte eine urheberrechtsgesetzkonforme Einbindung fremder Fotografien in Vortragsunterlagen usw nicht möglich sein. Denn eine Berufung auf die Vervielfältigung zum eigenen oder privaten Gebrauch des § 42 UrhG scheitert für nicht dem Abs 6 leg cit zurechenbare Vervielfältigungen (zu diesen sogleich) schon daran, dass nach § 42 Abs 5 UrhG eine Vervielfältigung zum eigenen oder privaten Gebrauch nicht vorliegt, wenn die Vervielfältigung zu dem Zweck vorgenommen wird, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem dürfen nach der genannten Bestimmung zum eigenen oder privaten Gebrauch hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht dazu verwendet werden, das Werk damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine solche Zugänglichmachung ist aber bei Seminarunterlagen geradezu unausweichlich. Sieht man von den Fällen des § 42 Abs 6 und 7 UrhG ab, gestattet § 42 UrhG keine Verbreitung der zu privaten bzw eigenen Zwecke hergestellten Vervielfältigungsstücke. Auch § 42 Abs 1 UrhG liefert daher (abgesehen davon, dass es sich auch nicht mehr um einzelne Vervielfältigungsstücke handeln wird) keine Grundlage. Das gilt zumindest für in den hier zu untersuchenden üblichen Fällen auch für die mit den Entscheidungen Schüssels Dornenkrone117 und Medienprofessor118 begründete und in weiteren Entscheidungen fortgeführte und verfeinerte Rsp. Danach kann das durch Art 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch im Einzelfall entgegenstehen. Letztlich komme es auf eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Urhebers, über die Verwendung seines Werkes zu bestimmen und diese nur gegen Entgelt zu gestatten, und dem Interesse desjenigen, der durch die Verwendung des Werkes Tatsachen mitteilen

Vgl auch Walter, Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 603 Rz 1310; Höhne/Jung/Koukal/Streit, Urheberrecht für die Praxis (2011) 303.

115

Für einfache Lichtbilder iVm § 74 Abs 7 UrhG.

112

OGH 31. 1. 1995, 4 Ob 1/95, Friedrich Heer II, ÖBl 1996, 99 =

116

Auf die auch insoweit geltenden „allgemeinen Zitatvoraussetzun-

113

OGH 11. 8. 2005, 4 Ob 146/05g, Smiths Freunde, MR 2005, 88

117

OGH 3. 10. 2000, 4 Ob 224/00w, Schüssels Dornenkrone, MR

114

Vgl Schöwerling, E-Learning und Urheberrecht an Universitäten

118

OGH 12. 6. 2001, 4 Ob 127/01g, Medienprofessor, MR 2001, 304

MR 1995, 179 = ecolex 1995, 498.

gen“ (insb Erkennbarkeit und Quellenangabe) sei hingewiesen.

(Walter). (2007) 185 ff und 191.

2000, 373 (Walter). (Swoboda, Walter).

35

36

ipCompetence Vol. 6

oder Meinungen äußern will, an.119 Der Gesetzgeber hat in einer Fülle von zT höchst detaillierten urheberrechtlichen Bestimmungen die Lehr-, Unterrichts- und Bildungsinteressen an der Nutzung fremder Werke (natürlich nur zu den entsprechenden Zwecken) mit den Interessen des Rechteinhabers abgewogen. In Bezug auf das hier zu untersuchende Thema lässt sich aus der skizzierten Rsp des OGH keine allgemeine Erkenntnis ableiten.120 2. Unterricht und Lehre als Sonderfall Eine vom bisherig Dargestellten abweichende Beurteilung ist allerdings geboten, wenn die vorstehend untersuchten Materialen dem Unterrichts- oder Lehrgebrauch

119

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 194/01k, Wiener Landtagswahlkampf, MR

an Schulen oder Universitäten dienen sollen. Denn nach § 42 Abs 6 UrhG dürfen Schulen und Universitäten für Zwecke des Unterrichts bzw der Lehre in dem dadurch gerechtfertigten Umfang Vervielfältigungsstücke in der für eine bestimmte Schulklasse bzw Lehrveranstaltung erforderlichen Anzahl herstellen und verbreiten (Vervielfältigung zum eigenen Schul- bzw Universitätsgebrauch).121 Soweit es die Vervielfältigung zum Unterrichts- und Lehrgebrauch erfordert, das Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist aufgrund einer Sonderbestimmung auch das zulässig.122 Abweichend von der allgemeinen Beurteilung ist Schulen bzw Universitäten daher gem § 42 Abs 6 UrhG auch die Vervielfältigung und Verbreitung fremder Fotografien gestattet, sofern dies für Zwecke des Unterrichts bzw

2002, 30 (Walter); OGH 19. 11. 2002, 4 Ob 230/02f, meischi.at, MR 2003, 38 (Walter); OGH 24. 6. 2003, 4 Ob 105/03z, Foto des Mordopfers, MR 2003, 317 (Walter); OGH 14. 3. 2005, 4 Ob

121

266/04b, Afrikadorf, MR 2005, 327. 120

heit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch

Ähnlich für den Bereich des E-Learning Schöwerling, E-Learning und Urheberrecht an Universitäten (2007) 191.

Diese Befugnis gilt allerdings nicht für Werke, die ihrer Beschaffenbestimmt sind; § 42 Abs 6 letzter Satz UrhG.

122

§ 42 Abs 5 Satz 1 iVm Abs 6 UrhG.

ipCompetence Vol. 6

der Lehre in dem dadurch gerechtfertigten Umfang und der konkret für die Schulklasse bzw der Lehrveranstaltung erforderlichen Anzahl geschieht und lediglich eine Vervielfältigung auf den in § 42 Abs 1 UrhG genannten Trägern123 vorgenommen wird bzw bei einer Vervielfältigung auf anderen Trägern keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden.

B. Die Zurverfügungstellung von Vortragsunterlagen oÄ zum Download Das mit der UrhG-Nov 2003 neu geschaffene Zurverfügungstellungsrecht behält dem Urheber das Recht vor, „das Werk der Öffentlichkeit drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“.124 Völlig unstrittig dürfte sein, dass dieses Verwertungsrecht jedenfalls dann tangiert ist, wenn die für einen Vortrag, eine Vorlesung oder eine Schulstunde bestimmten und fremde Werke beinhaltenden Unterlagen ohne Zugangsbeschränkungen auf einer Internetseite präsentiert werden.125 Ob durch spezielle Programmierung zumindest versucht wird, den Download zu verhindern, spielt eigentlich keine Rolle, weil schon die Ermöglichung des online erfolgenden Werkkonsums tatbestandsmäßig ist. Insb wenn man obiger Einschätzung zum Öffentlichkeitsbegriff iSd jüngeren Rsp folgt, wird das Zurverfügungstellungsrecht allerdings schon in deutlich enger begrenzten Strukturen (Intranetsysteme, Internetsysteme mit Zugriffsbeschränkungen) betroffen sein. Denn wenn bereits ein Fachhochschulkurs, eine Vorlesungsgruppe oder eine Schulklasse eine Öffentlichkeit iSd § 18a UrhG bilden, dann ist auch die Zurverfügungstellung von urheberrechtlich geschützten Werken in derartigen zugriffsbeschränkten Systemen eine Zurverfügungstellung iSd § 18a UrhG. Eine Zurverfügungstellung jener Vortragsunterlagen, die nach dem bisher Gesagten urheberrechtlich zulässig sind, ist nur für wissenschaftliche Werke möglich, da von dieser Bestimmung126 auch das Zurverfügungstellungsrecht umfasst ist. Demgegenüber ist dies bei den Unter-

37

richts- und Lehrmaterialien iSd § 42 Abs 6 UrhG nicht der Fall. Zwar gestattet diese Bestimmung wie dargelegt nicht nur die Vervielfältigung zu den von ihr erfassten Zwecken, sondern (notwendigerweise) auch die Verbreitung der Vervielfältigungsstücke. Eine Zurverfügungstellung gestattet die Norm allerdings zumindest expressis verbis nicht. Hieran ändert auch nichts, dass § 42 Abs 5 UrhG das Zugänglichmachen für die Öffentlichkeit nur vorbehaltlich der Abs 6 und 7 untersagt. Denn mit zugänglich machen meint § 42 Abs 5 UrhG nicht die Zurverfügungstellung iSd § 18a UrhG, sondern umschreibt lediglich den „eigenen“127 Gebrauch negativ.128 Auch eine erweiternde Auslegung ist aus mehreren Gründen abzulehnen.129 Insb im Hinblick darauf, dass auf Basis der aktuellen Rsp wie dargelegt wohl davon auszugehen ist, dass auch schulische oder universitäre Ausbildungsgemeinschaften weitgehend als Öffentlichkeit qualifiziert werden, ist der Gesetzgeber gefordert, zumal der gegebene Rechtsbestand den Ansprüchen an eine moderne Gestaltung von Unterricht und Lehre wohl kaum gerecht wird. Allerdings zeigen die Erfahrungen in Deutschland, wo 2003 mit § 52a dUrhG eine eigene Regelung betreffend die „Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung“ geschaffen wurde, dass es sich hierbei um ein ausgesprochen komplexes Regelungsanliegen handelt.130 Eine gesetzliche Regelung im österreichischen UrhG dürfte aber letztlich unumgänglich sein.

127

§ 42 Abs 5 UrhG idgF entspricht § 42 Abs 2 UrhG idF vor der Novelle 2003, bis zu der § 42 UrhG keine Differenzierung zwischen eigenem und privatem Gebrauch kannte.

128

Schöwerling, E-Learning und Urheberrecht an Universitäten

129

Ebenso und ausführlich Schöwerling, E-Learning und Urheberrecht

(2007) 160. 123

Das wäre zB auch der Fall, wenn die Vortragsunterlage in elektroni-

124

§ 18a Abs 1 UrhG.

125

Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 (2004) § 18a Rz 7; Walter,

umstritten. Aus diesem Grund war die Geltung der Norm ursprüng-

Österreichisches Urheberrecht Bd 1 (2008) 370 Rz 736; Gaderer

lich auch bis 31. 12 . 2006 befristet, ist aber in weiterer Folge jeweils

scher Form (zB pdf-File) erstellt und dann per E-Mail „verteilt“ wird.

126

an Universitäten (2007) 160. 130

Die Bestimmung des § 52a dUrhG war und ist nach wie vor höchst

in Kucsko, urheber.recht (2008) 312; Höhne/Jung/Koukal/Streit,

prolongiert worden. Zur wissenschaftlichen Diskussion vgl das

Urheberrecht für die Praxis (2011) 117.

bei Dreier in Dreier/Schulze, UrhG3 (2008) § 52a dUrhG ausge-

§ 54 Abs 1 Z 3a UrhG.

wiesene Schrifttum.

37

38

ipCompetence Vol. 6

Rechtsdurchsetzung bei Fotografien Johann Guggenbichler

Im Zeitalter der elektronischen Medien bestehen vielfältigste technische Möglichkeiten der Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke. Das Urheberrecht ist dadurch für Rechtsverletzungen besonders anfällig geworden. Urheberrechtseingriffe im Bereich der Fotografie, deren technisches Umfeld sich in den letzten 20 Jahren durch die Erfindung der Digitalfotografie und die digitale Werknutzung grundlegend verändert hat, sind alltäglich. Die schrankenlose Möglichkeit der Vermittlung von Fotografien über Internet und Mobiltelefone trägt das ihre dazu bei. Der folgende Beitrag widmet sich der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung.

I. Der Schutzgegenstand Lichtbilder werden durch ein fotografisches oder ein der Fotografie ähnliches Verfahren1 hergestellt.2 Seit Wirksamwerden der SchutzdauerRL3 ist jedes Foto als Lichtbildwerk4 zu qualifizieren, das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Fotografen5 ist. Ein besonderes Maß an Originalität ist nicht erforderlich. Es genügt, dass darin aufgrund der gewählten Gestaltungsmittel (Motiv, Blickwinkel, Beleuchtung etc) die persön-

lichen Züge des Fotografen zum Ausdruck kommen, sodass eine individuelle Zuordnung zwischen Lichtbild und Fotografen möglich ist.6 Selbst Alltagsfotos von Amateurfotografen können Lichtbildwerke sein. Erfüllt ein Lichtbild diese Anforderungen nicht, bestehen daran lediglich Leistungsschutzrechte des Herstellers (zB Pass-, Radar- und Satellitenfotos).7 Jedes Lichtbildwerk ist zugleich ein Lichtbild. An Lichtbildwerken bestehen somit Urheberrechtsschutz und Leistungsschutz nebeneinander.8 Bei gewerbsmäßig hergestellten Lichtbildern9 gilt der Unternehmensinhaber des Lichtbilds als Hersteller. Dies gilt jedoch nicht für Lichtbildwerke, da das Leistungsschutzrecht das Urheberrecht nicht einschränken kann. Neben dem Urheberrecht des Fotografen kann es daher kein Leistungsschutzrecht des Unternehmers geben.10 Dies ist für die Frage der Aktivlegitimation im Urheberrechtsprozess von wesentlicher Bedeutung.

6

OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 170/07i, Natascha K., ÖBl 2008/71 (Büchele) = ecolex 2008/275 = RdW 2008/392; OGH 12. 9.

1

Die Wortfolge „durch ein der Fotografie ähnliches Verfahren“ ist

2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, ÖBl 2003/12 (Gamerith) = MR

weit auszulegen und umfasst zB auch auf einem Videoband fest-

2001, 389 (Walter); Handig, Lauter Lichtbildwerke! ÖBl 2009/3;

gehaltene Abbildungen oder mittels computergesteuerter Digital-

Swoboda, Radelnd zum Foto-Kunstwerk – Auswirkungen der

kamera aufgenommene und gespeicherte „Standbilder“, vgl OGH

„Eurobike“-Entscheidung für die Praxis des Fotorechts, MR 2002, 195.

1. 2. 2000, 4 Ob 15/00k, Vorarlberg Online, ecolex 2000/186 = MR 2000, 167 (Walter) = ÖBl 2000, 276.

7

§§ 73 ff UrhG.

2

§ 3 Abs 2 sowie § 73 Abs 1 UrhG.

8

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, MR 2001, 389

3

RL 2006/116/EG zur Harmonisierung der Schutzdauer des Ur-

(Walter) = ÖBl 2003, 39 (Gamerith); Tonninger in Kucsko,

heberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte, davor RL

urheber.recht (2008) 136 und 957 mit Judiakturhinweisen.

93/98/EWG. Gem Art 6 SchutzdauerRL werden Fotografien als

4

9

Werke der Kunst geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem

gestellte Lichtbilder; das trifft insb bei Zeitungen und Zeitschriften

Sinn darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen

zu; OGH 8. 9. 2009, 4 Ob 115/09, Passfotos I, EvBl 2010/32, 226

Schöpfung ihres Urhebers sind.

= MR 2009, 367 (Walter) = ecolex 2010/95, 267 (Horak) = Jus-

Und damit gem § 3 Abs 1 SchutzdauerRL als Werk der bildenden

Extra OGH-Z 4804; siehe auch OGH 9. 10. 1990, 4 Ob 152/90,

Künste. 5

Das sind im Betrieb eines Unternehmens für dessen Zwecke her-

Geschlechtsbezogene Angaben beziehen sich auf Frauen und Männer gleichermaßen.

Michael Konsel, ÖBl 1991, 44 = wbl 1991, 33. 10

Noll, Lichtbildwerk und/oder einfaches Lichtibld, ÖBl 2003/44; Tonninger in Kucsko, urheber.recht (2008) 957.

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39

„Da es einem Fotografen kaum möglich wäre, Verwertungshandlungen seiner Werke zu überwachen, ist er auf Einrichtungen angewiesen, die diese Aufgaben übernehmen.“

39

40

ipCompetence Vol. 6

II. Die Akteure A. Fotografen und Lichtbildhersteller, Lizenznehmer Im Urheberrechtsprozess geht es meist um die Eingriffe in Persönlichkeits- und/oder Verwertungsrechte des Urhebers. Urheber eines Lichtbildwerks kann nach dem in § 10 UrhG verankerten Schöpferprinzip11 nur eine natürliche Person sein. Juristische Personen kommen als Urheber nicht in Betracht.12 Der Urheber kann ihnen aber Werknutzungsrechte oder Werknutzungsbewilligungen13 an seinem Werk einräumen. Neben dem Werknutzungsberechtigten bleibt der Urheber selbst zur gerichtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen berechtigt.14 Dagegen kann der Inhaber einer Werknutzungsbewilligung aus eigenem Recht und Namen nicht gegen Dritte vorgehen.15 Der Urheber kann ihm aber eine Vollmacht zur Rechtsverfolgung in seinem Namen erteilen.16 Schaffen mehrere Personen gemeinsam ein Lichtbildwerk, entsteht Miturheberschaft.17 Voraussetzung für die Stellung als Miturheber ist ein (wenn auch geringer) eigenschöpferischer Beitrag zur Gesamtleistung. Zur Rechtsverfolgung ist jeder Miturheber für sich allein berechtigt.18 Besteht Streit über die Urheberschaft an einem Lichtbildwerk, hilft dem Fotografen die gesetzliche Urhebervermutung:19 Trägt das Foto (oder tragen Kopien davon) seinen Namen, sein Pseudonym oder sein Künstlerzeichen, gilt er bis zum Beweis des Gegenteils als dessen Urheber.

B. Kollektive Rechtewahrnehmung Dem einzelnen Fotografen wäre es kaum möglich, seine Lichtbilder selbst zu verwerten, Verwertungshandlungen zu überwachen und Rechtsverletzungen zu verfolgen.

11

Ebenso § 7 dUrhG.

Er ist auf Einrichtungen angewiesen, die diese Aufgaben für ihn übernehmen. 1. Rechtsschutzverband der Fotografen Österreichs Der Rechtsschutzverband der Fotografen Österreichs (RSV),20 ein 1969 gegründeter, unabhängiger, nicht auf Gewinn gerichteter Verein, dem derzeit rund 1.700 Fotografen angehören, verfolgt den Zweck, die den Fotografen und verwandten Berufen (zB Fotoagenturen) zustehenden Rechte treuhändig wahrzunehmen und seinen Mitgliedern Rechtsschutz zu gewähren. Nach eigenen Angaben werden pro Jahr über 100 Urheberrechtsfälle und über 400 Eintreibungen offener Rechnungen durchgeführt. Der RSV bietet Fotografen Rechtsschutz in Urheberrechtsstreitigkeiten (Urheberrechtsschutzversicherung) und die Eintreibung offener Rechnungen (Eintreibungsversicherung) an. Auch die Übertragung der Rechte des Lichtbildherstellers für Zwecke der Prozessführung ist in den Statuten ausdrücklich vorgesehen, seine Aktivlegitimation in der Rsp anerkannt.21 Die Erlangung einer Betriebsgenehmigung als Verwertungsgesellschaft blieb dem RSV bislang verwehrt. Anders als Verwertungsgesellschaften vergibt er keine kollektive Werknutzungsrechte, sondern beschränkt sich auf die Rechtsdurchsetzung bei der (vermuteten) Verletzung von Urheberrechten der Mitglieder. 2. Verwertungsgesellschaft bildende Kunst, Fotografie und Choreografie Verwertungsgesellschaften bezwecken die kollektive Wahrnehmung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken.22 Ihre Tätigkeit darf nicht auf Gewinn gerichtet sein, bedarf einer Betriebsgenehmigung und unterliegt staatlicher Aufsicht.23 Im Wahrnehmungsvertrag24 räumt der Urheber der Verwertungsgesellschaft Werknutzungsrechte an gegenwärtigen und künftigen Werken zur treuhändigen Wahrnehmung in eigenem Namen ein. Diese erteilt Nutzern Werknut-

12

Hornsteiner in Kucsko, urheber.recht (2008) 186.

13

§§ 23 ff UrhG.

14

§ 26 Satz 2 UrhG.

20

Siehe www.rsv-fotografen.at (Stand 1. 10. 2010).

Büchele in Kucsko, urheber.recht (2008) 364; Ofner in Kucsko,

21

OGH 16. 9. 1986, 4 Ob 341/86, Rennbahn-Expreß, MR 1986, H5,

Guggenbichler in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG (Lose-

22

§ 1 VerwGesG.

blattsammlung) § 24 Rz 2.

23

Die Aufsichtsbehörde, die auch über die Betriebsgenehmigung ent-

24

Dazu ausführlich Ciresa, Der Wahrnehmungsvertrag, in Dittrich/

15

urheber.recht (2008) 1157. 16

17

§ 11 Abs 1 UrhG.

18

§ 11 Abs 2 UrhG.

19

§ 12 UrhG.

18 (Walter) = ÖBl 1987, 53.

scheidet, ist gem § 28 VerwGesG die „KommAustria“. Hüttner, Das Recht der Verwertungsgesellschaften (2006) 143 ff.

ipCompetence Vol. 6

zungsbewilligungen25 zu einheitlichen Tarifen, oft in Form von Rahmenverträgen für ihr gesamtes Repertoire. Das Nutzungsentgelt wird nach festen Regeln auf sämtliche Bezugsberechtigten verteilt.26 Gegenüber Rechteinhabern und Nutzern besteht Kontrahierungszwang.27 Zur Geltendmachung bestimmter Ansprüche – zB jenem auf Reprografievergütung gem § 42b Abs 2 UrhG28 – sind ausschließlich Verwertungsgesellschaften berechtigt. Verwertungsgesellschaft für den Bereich der Fotografie ist die 1977 gegründete Verwertungsgesellschaft bildende Kunst, Fotografie und Choreografie (VBK).29 Mit dem Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags beauftragt der Fotograf die VBK mit der treuhändigen Wahrnehmung seiner gegenwärtigen oder künftigen urheberrechtlichen Befugnisse, räumt ihr räumlich und zeitlich unbegrenzte Werknutzungsrechte ein und betraut sie mit der Wahrnehmung der ihm zustehenden Verwertungs- und Persönlichkeitsrechte.30 Das Bildmaterial selbst ist allerdings bei der VBK nicht erhältlich.31 Durch Gegenseitigkeitsverträge mit ausländischen Urheberrechtsgesellschaften und die Mitgliedschaft bei Dachverbänden sorgt die VBK weltweit für die Wahrnehmung der von ihr verwalteten Rechte und kann auch über ausländische Rechte verfügen.32 Zur erleichterten Durchsetzung der Rechte von Bezugsberechtigten ist der Anscheinsbeweis zulässig: Macht die VBK glaubhaft, dass ein Fotograf Mitglied bei ihr oder bei einer ausländischen Verwertungsgesellschaft ist, so

25

folgt daraus typischerweise, dass er alle seine Rechte an schon geschaffenen oder auch künftigen Lichtbildern übertragen hat.33 Bei gewerbsmäßigen Rechtsverletzungen besteht für die VBK das Recht zur „Repertoireklage”. Der Beklagte, der die Rechte auch nur eines Mitglieds verletzt, kann verpflichtet werden, in Zukunft die Rechte sämtlicher Mitglieder zu beachten.34 Die Repertoireklage ist nur dann nicht zulässig, wenn ausschließlich eine ganz bestimmte Rechtsverletzung verfolgt wird. 3. Bildagenturen Viele Fotografen räumen einer oder mehreren Bildagenturen – meist bei gleichzeitiger Überlassung des Fotomaterials35 – Werknutzungsrechte an ihren Fotografien ein und beauftragen und ermächtigen diese, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Werknutzungsbewilligungen an interessierte Dritte (Werbeagenturen, Zeitungen etc) zu vergeben. Die Bildagenturen bauen umfangreiche Bilddatenbanken auf und bieten diese – meist über das Internet – zur kommerziellen Nutzung an.36 Die weltweit größten Bildagenturen sind derzeit die Getty Images Inc 37 und die zum Konzern von Bill Gates gehörende Corbis Inc. Die Erlöse werden nach einem im Vorhinein vereinbarten Schlüssel (je nach Bekanntheitsgrad des Fotografen, oft 50:50) zwischen Agentur und Fotografen aufgeteilt.

„Das UrhG stellt dem Verletzten zahlreiche Ansprüche zur Verfügung, mit denen er die Folgen von Rechtsverletzungen ermitteln, beseitigen, künftige Rechtsverletzungen verhindern, die Öffentlichkeit aufklären und Schadenersatz fordern kann.“

Die Einräumung von Werknutzungsrechten mit Ausschließlichkeitscharakter scheidet hingegen aus; auch im Verhältnis Verwertungs-

33

gesellschaft-Nutzer ist von einem Kontrahierungszwang auszuge26

§ 14 VerwGesG; Näheres bei Walter, UrhG (2006) 361.

27

§§ 11 und 17 VerwGesG.

28

§ 42b Abs 4 UrhG.

29

Vgl www.vbk.at (Stand 1. 10. 2010).

30

§§ 14–18a sowie §§ 19–21 UrhG.

32

Alle Verwertungsgesellschaften räumen nur die von ihnen wahrge-

So ausdrücklich für ausländische Verwertungsgesellschaften OGH 25. 1. 1994, 4 Ob 169/93, Belgische Verwertungsgesellschaft,

hen; siehe Walter, UrhG (2006) 296 bzw 373.

31

41

ÖBl 1994, 185 = MR 1994, 66. 34

OGH 12. 5. 2009, 4 Ob 34/09t, Alfons Walde, MR 2010, 334 (Walter) = ÖBl 2010/17 (Büchele); Beispiel bei Ofner in Kucsko, urheber.recht (2008) § 81 Seite 1161 Pkt 6.3.

35

Das Eigentum am Fotomaterial verbleibt mangels anderer Vereinbarung beim Fotografen.

36

Die zum Konzern von Bill Gates gehörende Bildagentur „Corbis“

nommenen Rechte ein, vertreiben aber die Werke selbst nicht.

verfügt laut „Wikipedia“ über Nutzungsrechte an 100 Millionen Fo-

Die VBK ist Mitglied der CISAC (Confédération Internationale des

tos; ein Verzeichnis deutscher Verbandsagenturen ist unter www.

Sociétés d’Auteurs et Compositeurs), in der weltweit 160 Urheberrechtsgesellschaften vereinigt sind sowie der EVA (European Vi-

bvpa.org abrufbar („Der Bildermarkt”). 37

Das Unternehmen geriet im Jahr 2008 durch eine „Abmahnwel-

sual Artists), in der alle europäischen Urheberrechtsgesellschaften

le“ in die Schlagzeilen, siehe de.wikipedia.org/wiki/Getty_Images

gemeinsam im Interesse und zum Schutz ihrer Mitglieder tätig sind.

(Stand 1. 10. 2010).

41

42

ipCompetence Vol. 6

Das der Agentur eingeräumte Nutzungsrecht reicht im Zweifel nicht weiter als für den konkreten Zweck erforderlich.38 Das in der Praxis wichtige Bearbeitungsrecht ist mit dem Nutzungsrecht im Zweifel nicht verbunden, sondern bedarf einer gesonderten Vereinbarung.39 In einer jüngst ergangenen Entscheidung stellte der OGH allerdings klar, dass auch derjenige, der eine Fotografie ohne Zustimmung des Fotografen bearbeitet, Leistungsschutzrechte an der Bearbeitung erwirbt und deren Verletzung unabhängig davon verfolgen kann, ob der Fotograf der Bearbeitung oder der Rechtsverfolgung zugestimmt hat.40

C. Die andere Seite: Täter, Mittäter und Gehilfen Klagen wegen Verletzung von Lichtbildrechten können gegen den unmittelbaren Täter, gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen gerichtet werden. Unmittelbarer Täter ist derjenige, von dem die Beeinträchtigung ausgeht und auf dessen maßgeblichem Willen sie beruht.41 Mittäter ist zB, wer in Vertretung des Geschäftsinhabers Werkstücke feilbietet.42 Gehilfe ist nicht jeder, der irgendeinen Tatbeitrag leistet, sondern nur derjenige, der den Täter bewusst (willentlich) fördert.43 Dies setzt Kenntnis oder vorwerfbare Nichtkenntnis der maßgeblichen (objektiven und eventuellen subjektiven) Tatbestandsmerkmale voraus. Auch selbstständige Unternehmer können Gehilfen sein.44 Für Urheberrechtsverstöße in Zeitungen oder auf Websites haftet der Medieninhaber. Den Domaininhaber trifft grundsätzlich keine Haftung für Urheberrechtsver-

38

OGH 26. 8. 2008, 4 Ob 111/08i, Lageplan, MR 2008, 307 = ecolex 2009/121 (Schumacher) = jusIT 2009/4; soweit in dieser Entscheidung das Wort „Zweckübertragungstheorie“ verwendet wird, ist diese nicht mit der in der BRD im Zusammenhang mit § 31 Abs 5 dUrhG entwickelten Zweckübertragungslehre zu verwechseln, vgl Wild in Schricker, UrhG3 § 31 Rz 31 ff.

39

Vgl § 33 Abs 1 UrhG.

40

OGH 8. 9. 2009, 4 Ob 115/09d, Passfotos II, ecolex 2010/95 (Horak) = MR 2009, 367 (Walter) siehe weiters „Auch rechtswidrige Fotos sind geschützt“, Der Standard v 1. 2. 2010.

41

OGH 19. 9. 1994, 4 Ob 97/94, Telefonstudien, MR 1995, 60 (Walter) = ÖBl 1995, 84 = wbl 1995, 125.

42

OGH 12. 5. 2009, 4 Ob 34/09t, Alfons Walde, MR 2010, 334 (Walter) = ÖBl 2010/17 (Büchele).

43

OGH 22. 1. 2008, 4 Ob 194/07v, Tauschbörse, ÖBl 2008/51 (Büchele) = MR 2008/18 (Daum) = ecolex 2008/165 (Pichler).

44

OGH 16. 12. 2003, 4 Ob 221/03h, Weinatlas, MR 2004, 117 (Walter).

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letzungen, die durch den Inhalt der zugehörigen Website begangen werden.45 Der Betreiber eines Internetportals haftet für Urheberrechtsverletzungen, wenn er Prüf- und Sorgfaltspflichten verletzt.46 Buchhändler trifft keine allgemeine Pflicht, von ihnen vertriebene Bücher auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Sie haften nur, wenn ihnen die Rechtsverletzung bekannt wird und sie nicht reagieren.47 Für Urheberrechtsverletzungen, die in einem Betrieb von Bediensteten oder Beauftragten begangen werden, haftet der Unternehmer.48

III. Rechtsdurchsetzung Ob Eingriffe in Verwertungsrechte, Persönlichkeitsrechte oder Leistungsschutzrechte des Fotografen, das UrhG stellt dem Verletzten zahlreiche Ansprüche zur Verfügung, mit denen er die Folgen solcher Rechtsverletzungen ermitteln, beseitigen, künftige Rechtsverletzungen verhindern, die Öffentlichkeit aufklären und den Ersatz seines materiellen und ideellen Schadens fordern kann. Die DurchsetzungsRL49 hat wesentliche Rahmenbedingungen für den Rechtsschutz und die Rechtsverfolgung im Recht des geistigen Eigentums harmonisiert. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, konkrete und wirksame materielle und verfahrensrechtliche Sanktionen gegen Immaterialgüterrechtsverletzungen vorzusehen. Dem im österreichischen Urheberrecht vor allem im Bereich des Auskunftsanspruchs und der einstweiligen Verfügung bestehenden Umsetzungsbedarf50 wurde mit der UrhG-Nov 200651 Rechnung getragen.

Verschulden des Verletzers ab.53 Wer ein Lichtbildwerk ohne Genehmigung veröffentlicht, greift jedenfalls in Ausschließungsrechte des Urhebers ein, wenn er sich nicht auf eine wirksame Rechteeinräumung berufen kann, die bis zum Urheber zurückreicht. Auch bei der Übernahme von Lichtbildern von einer Agentur ist er dem Unterlassungsanspruch des Urhebers ausgesetzt, wenn diese nicht über Verwertungsrechte verfügt.54 Einen gutgläubigen Erwerb von Nutzungsrechten gibt es im österreichischen Urheberrecht nicht.55 Anspruchsvoraussetzung ist hingegen Wiederholungsgefahr; 56 sie ist nach stRsp schon bei einmaliger Rechtsverletzung zu vermuten.57 Der Beklagte kann diese Vermutung entkräften, indem er beweist, dass eine Wiederholung der gleichen oder einer ähnlichen Verletzungshandlung völlig ausgeschlossen oder äußerst unwahrscheinlich ist.58 Steht eine Rechtsverletzung unmittelbar bevor,59 ist eine vorbeugende Unterlassungsklage zulässig. Als materielle Anspruchsvoraussetzungen müssen Wiederholungs- bzw Begehungsgefahr spätestens im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster

53

OGH 16. 3. 2004, 4 Ob 30/04x, Emotion, MR 2004, 331 = RdW

54

OGH 20. 4. 2010, 4 Ob 13/10f, Natascha K IV, MR 2010, 398

2004/295.

A. Unterlassungsanspruch 52

Der Unterlassungsanspruch wird in der Praxis am häufigsten geltend gemacht. Er hängt nicht von einem

43

(Walter) = RdW 2010, 518. 55

Guggenbichler in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 24 Rz 10; siehe auch Handig, Guter Glaube – schlechte Chancen. Der gutgläubige Erwerb im Urheberrecht, wbl 2010, 209.

56

OGH 24. 10. 2000, 4 Ob 251/00s, Telehost, ÖBl 2001, 107 = MR 2001, 42.

57 45

OGH 24. 1. 2006, 4 Ob 226/05x, Nacht der 1000 Rosen, MR 2006, 148 = RdW 2006/266 = ecolex 2006/369 = ÖJZ 2006/75.

58

3

Wanckel, Foto- und Bildrecht (2009) Rz 267. 46

Wanckel, Foto- und Bildrecht3 (2009) Rz 267.

47

OGH 16. 12. 2003, 4 Ob 221/03h, Weinatlas, MR 2004, 117

OGH 12. 5. 2009, 4 Ob 34/09t, Alfons Walde, MR 2010, 334 (Walter) = ÖBl 2010/17 (Büchele). OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 201/10p; RIS-Justiz RS0080065; RS0037661, RS0080119, RS0079782; Beispiele bei Guggenbichler in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 81 Rz 7 ff.

59

Etwa weil Vorbereitungshandlungen getroffen werden oder der

(Walter).

Beklagte sich rühmt, zu einer bestimmten Handlung berechtigt zu

Vgl § 88 UrhG; Beauftragter kann auch eine Werbeagentur sein;

sein – sog „Erstbegehungsgefahr“; RIS-Justiz RS0037661; OGH

Näheres St. Korn in Kucsko, urheber.recht (2008) 1296 ff.

22. 1. 2008, 4 Ob 194/07v, Tauschbörse ÖBl 2008/51 (Büche-

RL 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigen-

le) = MR 2008/18 (Daum) = ecolex 2008/165 (Pichler); OGH

tums; diese wird auch als Enforcement Directive bezeichnet.

13. 11. 2001, 4 Ob 244/01p ÖBl 2002/71; Wanckel, Foto- und

50

Gamerith in Kucsko, urheber.recht (2008) 72.

Bildrecht3 (2009) Rz 429; Gamerith, Der vorbeugende Unterlas-

51

BGBl I 2006/81

sungsanspruch, ÖBl 2005/13 will bereits die „konkrete Besorgnis“

52

§ 81 UrhG.

einer Rechtsverletzung genügen lassen.

48

49

43

44

ipCompetence Vol. 6

Instanz60 vorliegen. Im Provisorialverfahren ist der Entscheidungszeitpunkt maßgeblich.61 Das Unterlassungsbegehren muss ausreichend bestimmt und darf nicht zu weit gefasst sein. Es muss den Kern der konkreten Verletzungshandlung erfassen, darf sich aber auch auf ähnliche Handlungen erstrecken, um Umgehungen nicht zu leicht zu machen. Bei einem Eingriff in Verwertungsrechte ist auf das konkret verletzte Verwertungsrecht abzustellen, doch sind auch ähnliche Fälle zu berücksichtigen. Erfolgt eine Rechtsverletzung im Rahmen eines Internet-Auftritts, liegt eine solche auch in anderen Medien nahe, weshalb das Unterlassungsbegehren entsprechend weit formuliert werden kann62. Zulässig ist aber auch die allgemeinere Beschreibung der Verletzungshandlung oder die Verbindung eines konkreten Einzelverbots mit einem verallgemeinernden Verbot, das die tatsächlich verübte Handlung allgemeiner beschreibt und ihr so einen breiteren Rahmen gibt, ohne dabei über den Kern der Verletzungshandlung hinauszugehen. Der Beklagte darf jedoch nicht zu einer Unterlassung verhalten werden, zu der er nach materiellem Recht gar nicht verpflichtet ist.63 Ausreichend bestimmt ist zB die Bezugnahme auf ein der Klage angeschlossenes Lichtbild64 oder folgendes Begehren: „Die Beklagte ist schuldig, ab sofort die Vervielfältigung und/oder Verbreitung von Lichtbildwerken, an denen der Klägerin die ausschließlichen Verwertungsrechte zustehen, sofern die Klägerin dem nicht zugestimmt hat, in unveränderter, veränderter oder bearbeiteter Form zu unterlassen; insb betrifft dies das Lichtbild [...] .” Zu unbestimmt ist hingegen: „Der Beklagten wird die Veröffentlichung von Lichtbildern untersagt, an denen der Klägerin Urheber- oder Leistungsschutzrechte zustehen”.

Wird eine Repertoireklage erhoben, ist jedenfalls bei im Rahmen eines Gewerbebetriebs begangenen Urheberrechtsverletzungen zu vermuten, dass sich die Wiederholungsgefahr nicht bloß auf die Werke des konkret betroffenen Urhebers beschränkt, sondern der Täter auch Rechte anderer Urheber verletzen wird. Das Unterlassungsgebot kann sich deshalb auf alle Werke erstrecken, die zum Werkbestand der Verwertungsgesellschaft gehören.65 Der mit der UrhG-Nov 2003 in Umsetzung von Art 8 Abs 3 InfoRL66 eingeführte § 81 Abs 1a UrhG schafft einen für die Praxis wichtigen Unterlassungsanspruch gegen Internet-Access-Provider, die oftmals die einzigen sind, derer der Rechteinhaber bei Rechtsverletzungen im Internet habhaft werden kann. Anspruchsvoraussetzung ist die vorherige Abmahnung des Providers. Dagegen ist der Nachweis der Verletzung einer Prüfpflicht ebenso wenig erforderlich wie eine Mitwirkung des Providers an der Rechtsverletzung. Es genügt, dass Lichtbilder der Öffentlichkeit ohne Zustimmung des Rechteinhabers zur Verfügung gestellt werden und dass der Provider diese vermittelt. Das an den Provider adressierte Unterlassungsgebot kann die Verpflichtung zur Unterlassung der Vermittlung, aber auch zur Sperre von Websites in angemessenem Umfang umfassen.67

B. Beseitigungsanspruch Der Beseitigungsanspruch68 dient der Beendigung eines durch die Urheberrechtsverletzung verursachten und noch fortdauernden gesetzwidrigen Zustands.69 Auch er setzt kein Verschulden voraus. Anders als beim Unterlassungsanspruch bedarf es auch keiner Wiederholungsgefahr.70 Beseitigung kann so lange begehrt werden, als noch Eingriffsgegenstände und/oder -mittel vorhanden sind.71 Wie der Unterlassungsanspruch

65

Vgl OGH 12. 5. 2009, 4 Ob 34/09t, Alfons Walde, MR 2010, 334 (Walter) = ÖBl 2010/17 (Büchele).

66 60

Fucik in Fasching/Konecny, ZPO2 (2008) § 406 Rz 18; RIS-Justiz

berrechts und der Verwandten Schutzrechte in der Informationsge-

RS 0122101. 61

Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 402 Rz 33a.

62

OGH 21. 11. 2006, 4 Ob 178/06i, St. Stephan, MR 2007, 84

63

sellschaft. 67

Heidinger, Die zivilrechtliche Inanspruchnahme von Access-Provi-

(Walter); OGH 21. 11. 2006, 4 Ob 178/06i MR 2007, 84.

68

§ 82 UrhG.

OGH 31. 8. 2010, 4 Ob 88/10k, Leben auf dem Mond, wbl

69

OGH 29. 1. 2002, 4 Ob 266/01y, Schwimmbad, MR 2003, 44

dern auf Sperre urheberrechtsverletzender Webseiten, ÖBl 2011/37.

2010/247 (652); ob ein Unterlassungsgebot zu eng oder zu weit gefasst ist, bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage, vgl

(Walter) = ÖJZ 2002/118. 70

4 Ob 47/11g. 64

RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmte Aspekte des Urhe-

OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 170/07i.

St. Korn in Kucsko, urheber.recht (2008) 1174 mit Judikaturnachweisen.

71

Zutr St. Korn in Kucsko, urheber.recht (2008) 1173.

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steht auch der Beseitigungsanspruch nicht nur im Fall der Verletzung von Verwertungsrechten,72 sondern auch von Persönlichkeitsrechten des Urhebers73 zu.74 Passiv legitimiert ist ausschließlich der Eigentümer der Eingriffsgegenstände,75 allerdings unabhängig davon, ob er selbst an der Urheberrechtsverletzung beteiligt war. Für einen unbeteiligten Dritten kann dies eine nicht unbeträchtliche Härte bedeuten, besonders wenn man bedenkt, dass die Kosten der Beseitigung grundsätzlich von ihm zu tragen sind.76 Die von Teilen der Lehre geforderte Ausdehnung auf bloß Verfügungsberechtigte (zB Verwahrer) ist angesichts des klaren Gesetzeswortlauts allerdings nicht begründbar.77 Richtet sich der Beseitigungsanspruch gegen den Medieninhaber einer Zeitung, liegt darin auch die Behauptung, dass er Eigentümer der zu beseitigenden Eingriffsgegenstände (Druckunterlagen, Vervielfältigungsstücke) ist; das Gegenteil müsste der Beklagte behaupten und beweisen.78 Beseitigung kann durch Vernichtung rechtswidrig hergestellter, verbreiteter oder zur Verbreitung bestimmter Kopien, Löschung rechtswidriger Inhalte von Internetseiten oder Löschung sämtlicher elektronischer Daten, die der Speicherung von Lichtbildern dienen, erfolgen. Gem § 82 Abs 4 UrhG sollen nach Möglichkeit gelindere Mittel zum Einsatz kommen. Die Entfernung einer einzelnen, ein urheberrechtsverletzendes Foto enthaltenden Seite eines Buches ist etwa dessen Vernichtung vorzuziehen.79 Bei fehlendem Herstellervermerk ist die Anbringung des Herstellerhinweises auf Verviel-

„Die technische Entwicklung hat auch vor der Urteilsveröffentlichung nicht haltgemacht. Urteilsveröffentlichungen auf Homepages, YouTube oder Facebook sind im Kommen.“

45

fältigungsstücken ein taugliches Mittel, um den gesetzwidrigen Zustand zu beseitigen. Eine Vernichtung wäre überschießend.80 Nach § 82 Abs 5 UrhG kann der Verletzte als Alternative zur Beseitigung die Herausgabe der Eingriffsgegenstände oder Eingriffsmittel gegen angemessene, die Herstellungskosten nicht übersteigende Entschädigung verlangen. Dieses Wahlrecht ist in der Klage auszuüben81. Zur Herausgabe ist nur der Eigentümer verpflichtet.82 Der Beseitigungsanspruch kann mittels einstweiliger Verfügung gesichert werden.83 Da mit einer EV kein unumkehrbarer Zustand geschaffen werden darf, darf die Sicherungsmaßnahme aber nicht schon in der Beseitigung oder Vernichtung selbst bestehen.84 Geeignetes Sicherungsmittel ist etwa ein Verfügungsverbot.85 § 83 UrhG schränkt den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch bei unbefugten Änderungen ein. Der Fotograf hat nur das Recht, zu verlangen, dass die Änderung als von einem Dritten stammend gekennzeichnet oder dass die auf dem Foto angebrachte Urheberbezeichnung beseitigt oder berichtigt wird. Ob eine Änderung unbefugt ist, ist uU auch gem § 21 UrhG im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen.86 Die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands kann verlangt werden, wenn sie möglich ist und ihr keine überwiegenden Interessen der Öffentlichkeit oder des Eigentümers entgegenstehen.87 Das Recht auf Wiederherstellung steht nur dem ursprünglichen Urheber (Schöpfer), nicht

80

OGH 11. 3. 2010, 4 Ob 195/09v, Hundertwasser-Krawina-Haus/ Hundertwasserhaus V, MR 2010, 201 (Walter) = EvBl-LS 2010/119 = ÖBl-LS 2010/168 (Knecht-Kleber) = ecolex 2010/332, 887 (Horak) = RdW 2010/378, 345 = GRUR Int 2010, 1085 = ZUMRD 2011, 133; OGH 17. 5. 1977, 4 Ob 344/77, Panoramakarte

72 73 74 75

§§ 14 ff UrhG.

Zillertal, ÖBl 1978, 23.

§§ 19 ff UrhG.

81

St. Korn in Kucsko, urheber.recht (2008) 1184.

Walter, MR 1988, 18 (Entscheidungsanmerkung).

82

§ 82 Abs 6 UrhG.

§ 82 Abs 6 UrhG; vgl OGH 25. 10. 1983, 2 Ob 522/82, Winter im

83

§ 87c UrhG.

Gesäuse, ÖBl 1984, 54 = RdW 1984, 44.

84

OLG Wien 4. 12. 1978, 2 R 2016/78 ÖBl 1980, 86; St. Korn in

76

Art 10 Abs 2 SchutzRL.

77

Vgl OGH 17. 5. 1977, 4 Ob 344/77, Panoramakarte Zillertal, ÖBl

Kucsko, urheber.recht (2008) 1188. 85

1978, 23; St. Korn in Kucsko, urheber.recht (2008) 1175. 78

OGH 21. 11. 1989, 4 Ob 133/89, Thalia, ÖBl 1990, 187 = MR

79

OGH 17. 12. 2002, 4 Ob 274/02a, Feslritzbild, MR 2003, 162

86

Zuletzt ausf OGH 15. 12. 2010, 4 Ob 171/10s, Bundeshymne II,

87

OGH 11. 2. 1997, 4 Ob 17/97x, Wiener Aktionismus, ÖBl 1997,

1990, 58 (Polley). (Walter) = ecolex 2004/20.

OGH 22. 9. 2009, 17 Ob 16/09s, Diesel III, ecolex 2010/96 (Horak) = ÖBl 2010/36 = wbl 2009/274. MR 2011, 79 (Walter) = JBl 2011, 313. 301 = MR 1997, 98 (Walter).

45

46

ipCompetence Vol. 6

aber seinen Erben zu.88 Die Wiederherstellungskosten sind Teil des durch die unbefugte Änderung verursachten Schadens und von den Personen zu ersetzen, die an der Änderung ein Verschulden trifft.

C. Angemessenes Entgelt 89 Der Anspruch auf angemessenes Entgelt90 soll die dem Fotografen durch die unbefugte Verwertung seiner Lichtbilder91 entstandenen finanziellen Nachteile ausgleichen und ihm jenes Entgelt verschaffen, das er vom Nutzer bei vorheriger Einwilligung erhalten hätte.92 Die Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten93 und des Rechts auf Herstellerbezeichnung94 gewähren hingegen keinen Anspruch auf angemessenes Entgelt.95 Die Verletzung geistiger Interessen ist auch nicht bei der Bemessung des angemessenen Entgelts wegen des Eingriffs in Verwertungsrechte zu berücksichtigen.96 Der Anspruch kann gegen jeden gerichtet werden, der aus der unbefugten Verwendung des Werkes einen messbaren Nutzen gezogen hat. Wer hingegen selbst nicht in Verwertungsrechte eingreift, sondern einen solchen Eingriff bloß veranlasst oder unterstützt (Anstifter, Gehilfe), schuldet kein angemessenes Entgelt, weil bei ihm kein Vermögenszuwachs eintritt, der rückgängig zu machen wäre.97 „Angemessen“ ist jenes Entgelt, das dem Fotografen üblicherweise für eine gleichartige, im Voraus eingeholte Einwilligung zur Nutzung seiner Fotografien gezahlt werden muss; maW: das marktgerechte, im Geschäftsver-

88

Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 10 Rz 3.

89

Siehe dazu auch in diesem Heft Thiele, Über der Lichtbildwerke Wert.

90

§ 86 UrhG.

91

§§ 14 ff UrhG.

92

OGH 19. 11. 2009, 4 Ob 163/09p, Masterplan II, MR 2010, 30

kehr für vergleichbare Nutzungen übliche Lizenzentgelt.98 Dem Kläger steht das objektiv angemessene Lizenzentgelt zu. Welches Entgelt er verlangt hätte, wäre er um seine Zustimmung gefragt worden, ist ebenso unerheblich wie die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die fehlende Bereitschaft des Verletzers, ein Entgelt zu zahlen oder dessen Einwände, er hätte das Foto woanders günstiger bekommen, habe es nur kurze Zeit genutzt oder nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt.99 Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige können bei der Ermittlung des angemessenen Entgelts wertvolle Hilfe leisten.100 Die Bundesinnung der Berufsfotografen veröffentlicht regelmäßig marktübliche Nutzungshonorare,101 wobei ausdrücklich die Unverbindlichkeit dieser Veröffentlichung betont wird.102 Vor allem in der deutschen Literatur wird seit Jahren ein „Verletzerzuschlag“ für die unautorisierte Nutzung oder die Unterlassung des Urheber-/Herstellervermerks diskutiert. Da der Verletzer nur jenes Lizenzentgelt zahlen müsse, das er auch bei rechtmäßiger Nutzung zu zahlen gehabt hätte, bestünde ohne einen solchen Zuschlag ein Anreiz zu rechtswidrigem Verhalten. Der Gesetzgeber ist dieser Anregung bislang weder in Deutschland noch in Österreich gefolgt. Deutsche Gerichte sprechen einen Verletzerzuschlag in Ausnahmefällen zu.103 Für Österreich ist anzumerken, dass das Gesetz für die Unterlassung des Urheber-/Herstellervermerks – wie dargelegt – kein angemessenes Entgelt vorsieht. Eine Berücksichtigung als Zuschlag bei der Bemessung des angemessenen Entgelts kommt ebenfalls nicht in Betracht.104 Was die unbefugte Verwertung von Lichtbildern betrifft, ist das Problem dadurch entschärft, dass bereits leichte Fahrlässigkeit (die idR aufgrund der Verletzung der gebotenen Sorgfalt bei der Prüfung von Lichtbildrechten wohl gegeben sein wird) einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe des doppelten angemessenen Entgelts gem § 87 Abs 3 UrhG rechtfertigt.

(Walter) = ecolex 2010/168 (Schumacher); Guggenbichler in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 86 Rz 1. 93

§§ 19 bis 21 UrhG.

94

§ 74 Abs 3 UrhG.

95

OGH 26. 5. 1998, 4 Ob 63/98p, Rauchfänge, MR 1998, 194

99

Guggenbichler in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 86 Rz 16.

(Walter) = JBl 1998, 793 (Mahr) = ecolex 1998, 855 (Schanda) =

100

Siehe www.sachverständige.at (Stand 1. 10. 2010).

ÖJZ 1998/197 = RdW 1998, 610.

101

Zuletzt Bundesinnung der Berufsfotografen (Hrsg), Bildhonorare

102

Dies vor dem Hintergrund des § 1 Abs 4 KartG 2005.

OGH 19. 1. 2009, 4 Ob 163/09p, Masterplan II, MR 2010/30 (Wal-

103

Näheres b ei Wanckel, Foto- und Bildrecht3 (2009) Rz 441 ff.

ter) = ecolex 2010/168 (Schumacher); Guggenbichler in Ciresa/

104

OGH 24. 11. 1998, 4 Ob 292/98i, Mittelschulatlas, MR 1999, 171

96

Büchele/Guggenbichler, UrhG § 86 Rz 1.

Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (1982) Rz 561; Kucsko, Geistiges Eigentum (2003) 530.

OGH 24. 11. 1998, 4 Ob 292/98i, Mittelschulatlas, MR 1999, 171 (Walter) = ecolex 1999/167 (Tahedl).

97

98

2011; vgl www.fotografen.at/rsv/rechner/index.htm (Stand 1. 10. 2010).

(Walter) = ecolex 1999/167 (Tahedl).

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47

47

48

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In der Praxis ist es freilich üblich, solche Zuschläge zu verlangen. Die VBK sieht in ihren Tarifbedingungen einen 100%igen Zuschlag für die unautorisierte Nutzung sowie die unterlassene Herstellerbezeichnung vor. Auch Bildagenturen fordern bei unbefugter Verwendung, unbefugter Änderung oder nicht genehmigtem Unterbleiben des Copyright-Vermerks Zuschläge von je 100 % als (verschuldensunabhängige) Konventionalstrafe, zB: € 1.500,– wurden als ein angemessenes Entgelt für die unbefugte Veröffentlichung mehrerer von einem Architekturfotografen angefertigter Lichtbilder einer Kunstinstallation in einem Firmenmagazin mit einer Auflage von 10.000 Stück zuerkannt;105 € 660,– waren für die Verwendung von 11 Lichtbildern in einem Fernsehbeitrag angemessen;106 € 1.500,– erhielt ein Fotograf für die unberechtigte Verwendung von fünf Lichtbildern im Internet-Auktionsportal „eBay“.107

D. Schadenersatz Urheberrechtliche Schadenersatzansprüche108 setzen wie solche nach allgemeinem Zivilrecht ein Verschulden des Verletzers voraus;109 leichte Fahrlässigkeit genügt. Da es im Urheberrecht generell keinen gutgläubigen Erwerb gibt, ist leichte Fahrlässigkeit schon dann anzunehmen, wenn der Nutzer sich nicht vergewissert hat, dass eine vollständige „Rechtekette“ bis hin zum Urheber besteht. Sich auf bloße Zusagen zu verlassen, entspricht nicht der erforderlichen Sorgfalt.110 Schadenersatz gem § 87 Abs 1 und 2 UrhG steht – im Gegensatz zum angemessenen Entgelt – auch bei Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten zu. Klagen auf Ersatz des dem Urheber tatsächlich entstandenen Schadens (einschließlich des entgangenen Gewinns111) und solche auf Gewinnherausgabe112 sind in der Praxis

freilich – wohl wegen der damit verbundenen Beweisschwierigkeiten – selten,113 wenngleich die jüngere OGHRsp zum Lauterkeitsrecht eine Tendenz zur Beweiserleichterung für den Geschädigten erkennen lässt, die durchaus auch für das Urheberrecht fruchtbar gemacht werden könnte. Der Kläger muss nur konkrete Anhaltspunkte für den erlittenen Schaden darlegen; dem Beklagten obliegt dann der Gegenbeweis, dass kein Schaden eingetreten sein kann.114 Dennoch wird der Einfachheit halber meist pauschalierter Schadenersatz115 geltend gemacht: Der Geschädigte kann jedenfalls das Doppelte des nach § 86 UrhG gebührenden Entgelts begehren, ohne einen konkreten (Grund-)Schaden behaupten oder beweisen zu müssen. Es handelt sich in gewisser Weise um eine „Strafe“ für den Verletzer, die aber wegen der leichten Verletzbarkeit des Urheberrechts durchaus vertretbar ist.116 Da die Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten und des Rechts auf Herstellerbezeichnung kein angemessenes Entgelt gem § 86 UrhG rechtfertigt, kommt in diesen Fällen allerdings eine entsprechende Schadenspauschalierung nicht in Betracht.117 In der Praxis wird schließlich oft übersehen, dass der pauschalierte Schadenersatz das angemessene Entgelt bereits einschließt und der Geschädigte somit nicht etwa das Dreifache des angemessenen Entgelts erhält.118 Ansprüche auf Ersatz immateriellen Schadens119 und – soweit sie die Pauschale übersteigen – nach § 87 Abs 1 sowie solche auf Gewinnherausgabe120 können zusätzlich zum pauschalierten Schaden geltend gemacht werden.121

113

Zur Beweislastverteilung Dittrich, UrhR5 (2007) E 1 zu § 87.

114

OGH 15. 9. 2005, 4 Ob 74/05v, Großkunden-Rückvergütung IV, ÖBl

115

§ 87 Abs 3 UrhG.

116

OGH 26. 5. 1998, 4 Ob 63/98p, Rauchfänge, MR 1998, 94 (Walter)

2006/15 (Barbist) = ecolex 2006/91 (Tonninger) = wbl 2006/40.

105

OGH 12. 6. 2007, 4 Ob 57/07x, ÖJZ 2007/159 = MR 2007, 196

= ecolex 1998, 855 (Schanda) = JBl 1998, 793 (Mahr) = RdW 1998,

(Walter).

610 = ÖJZ 1998/197; OGH 19. 11. 2009, 4 Ob 163/09p, Master-

106

OGH 26. 5. 1998, 4 Ob 63/98p, Rauchfänge, MR 1998, 94 (Walter) = ecolex 1998, 855 (Schanda) = JBl 1998, 793 (Mahr) =

plan II, MR 2010, 30 (Walter) = ecolex 2010/168 (Schumacher). 117

RdW 1998, 610 = ÖJZ 1998/197.

OGH 15. 11. 1988, 4 Ob 76/88, MR 1989, 99 (Walter) = wbl 1989, 251.

107

LG Düsseldorf 19. 3. 2008, 12 O 416/06.

118

108

§ 87 Abs 1 bis 3 UrhG.

119

§ 87 Abs 2 UrhG.

109

OGH 21. 12. 2004, 4 Ob 252/04v, Tourismusinformationssysteme,

120

§ 87 Abs 4 UrhG.

MR 2005, 183 (Walter).

121

Walter, MR 1993, 20 (Entscheidungsanmerkung); Mahr, Bereiche-

3

Vgl § 87 Abs 5 UrhG.

110

Wanckel, Foto- und Bildurheberrecht (2009) Rz 434.

rung, Schadenersatz und Herausgabe des Verletzergewinnes im Urhe-

111

§ 87 Abs 1 UrhG.

berrecht, in Beiträge zum Urheberrecht IV, ÖSGRUM Bd 19 (1996)

112

§ 87 Abs 4 UrhG.

33 (45); Guggenbichler in Kucsko, urheber.recht (2008) 1247 f.

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Auch der mit einer Urheberrechtsverletzung verbundene ideelle Schaden ist zu ersetzen.122 Hintergrund dieser Regelung ist die ideelle Beziehung (das „geistige Band“) des Urhebers zu seinem Werk. Die unbefugte Änderung seines Werkes oder dessen Veröffentlichung in einem von ihm nicht gewünschten Zusammenhang kann den Fotografen gerade auch im emotionalen Bereich treffen. Wenngleich der Gesetzeswortlaut nicht auf Ausnahmefälle abstellt, ergibt eine Gesamtschau mit vergleichbaren Bestimmungen aus anderen Rechtsgebieten,123 dass ideeller Schadenersatz das Vorliegen besonderer Umstände voraussetzt. Es muss sich um eine ganz empfindliche, erhebliche und schwerwiegende, den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteigende Kränkung124 handeln. An dieser Voraussetzung ist trotz in der Lehre geübter Kritik125 festzuhalten. Auch zeitlich weit später datierende Gesetze zum Schutz von Persönlichkeitsrechten126 verlangen besondere Umstände für einen Anspruch auf ideellen Schadenersatz.127 Die besondere Kränkung kann sich auch aus der Art und Intensität der Eingriffshandlung selbst ergeben.128 Ideeller Schadenersatz kann etwa gerechtfertigt sein, wenn ein Lichtbild durch eine Bearbeitung seiner Charakteristika beraubt und entstellt wird,129 wenn Vervielfältigungen in minderer Qualität verbreitet werden130 und dadurch der Eindruck entsteht, der Urheber selbst habe Bilder minderer Qualität

122

§ 87 Abs 2 UrhG.

123

§ 16 Abs 2 UWG, § 53 Abs 4 MschG, § 150 Abs 4 PatG.

124

Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (1982)

49

geliefert,131 bei einem Vertrauensbruch im Rahmen einer Geschäftsbeziehung,132 wenn der Verletzer mehrfach in die Rechte des Urhebers eingreift oder dessen Lichtbilder bloß ausschnittsweise und unter Weglassung von Herstellerbezeichnung, Text und Rahmen in einer Art und Weise wiedergibt, die das Publikum nicht erkennen lässt, dass es sich um Lichtbilder des Urhebers und nicht um eine von ihm selbst gestaltete Reportage handelt und so den Eindruck vermittelt, Idee und Gestaltung eines Themas stammten von ihm.133 Der BGH sprach für die verstümmelte Wiedergabe des prämierten Fotos eines weltbekannten Fotografen auf einem Buchumschlag schon im Jahr 1971 ideellen Schadenersatz in der Höhe von ca € 5.000,– zu.134 Einem österreichischen Modefotografen blieb immaterieller Schadenersatz hingegen verwehrt.135 Seine im Auftrag eines Printmediums geschaffenen Mode-Fotos wurden entgegen der Zusage, ihm die Auswahl der Fotos sowie die Art und Weise der Veröffentlichung zu überlassen, nicht entsprechend seinen Vorgaben veröffentlicht (auf fünf statt sechs Seiten, in geänderter Reihenfolge, geändertem Format sowie unter Abdruck der fünften Seite gegenüber einer bezahlten Anzeige für ein verdauungsförderndes Joghurt). Die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadens kann – unter Berücksichtigung des Verschuldensgrads, der Intensität und Dauer der Verletzung und weiterer relevanter Umstände – nach § 273 ZPO erfolgen. Die Höhe des immateriellen Schadenersatzes sollte für den Verletzer zumindest fühlbar sein und der Allgemeinheit verdeutlichen, dass sich Rechtsverletzungen dieser Art nicht lohnen.

Rz 553.2 spricht von einer „ernsten“, Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II (1984) 237 von einer „schweren“ Beeinträchtigung. 125

Vgl Walter, MR 2009, 82 (Entscheidungsanmerkung).

126

Etwa § 1328a ABGB.

127

Dazu Helmich, Schadenersatz bei Eingriffen in die Privatsphäre, ecolex 2003, 888.

128

„Lichtbilder und Lichtbildwerke sind im Inland jedenfalls dann geschützt, wenn der Rechteinhaber EU-Staatsangehöriger ist oder – im Fall einer juristischen Person – seinen Sitz in der EU hat.“

OGH 26. 5. 1998, 4 Ob 63/98p, Rauchfänge, MR 1998, 194 (Walter) = ecolex 1998, 855 (Schanda) = JBl 1998, 793 (Mahr) = RdW 1998, 610.

129

OGH 3. 10. 1972, 4 Ob 343/72, C'est la vie, ÖBl 1973, 112; OGH

131

12. 10. 1993, 4 Ob 101/93, WIN, MR 1994, 239 (Walter) = ÖBl 1993, 279 = ÖJZ 1994/75 = ecolex 1994, 237 = RDW 1994, 105;

132

OGH 1 0. 5. 1994, 4 O b 5 5/94. Cosy II, MR 1995, 22 (Walter).

siehe auch Walter, Schadenersatz, angemessenes Entgelt und

133

OGH 26. 5. 1998, 4 Ob 63/98p, Rauchfänge, MR 1998, 194 (Walter) = ecolex 1998, 855 (Schanda) = JBl 1998, 793 (Mahr) =

Verletzergewinn bei Urheberrechtsverletzungen, MR 1995, 2 und

RdW 1998, 610, hier: ideeller Schadenersatz € 1.000,–.

Mahr, Der „besondere Ärger“ als Voraussetzung einer Entschädi130

OGH 28. 12. 1955, 3 Ob 602/55, Colorbilder, ÖBl 1955, 18 = SZ 28/268.

gung nach § 87 Abs 2 UrhG , MR 1996, 9.

134

OGH 28. 12. 1955, 3 Ob 602/55, Colorbilder, ÖBl 1955, 18 = SZ

135

28/268.

BGH 5. 3. 1971, I ZR 94/69, GRUR 1971, 525. OGH 18. 11. 2008, 4 Ob 175/08a, Fotostrecke, MR 2009, 81 (Walter) = ecolex 2009/162 (Schumacher).

49

50

ipCompetence Vol. 6

E. Rechnungslegung 136

Der Anspruch auf Rechnungslegung ist ein Hilfsanspruch und soll den Verletzten in die Lage versetzen, alle ihm nach §§ 86 und 87 UrhG zustehenden Entgeltansprüche leichter beziffern und damit wirksamer durchsetzen zu können. Der Kläger muss behaupten und beweisen, dass ihm ein Anspruch auf Entgelt, Schadenersatz oder Gewinnherausgabe zumindest dem Grunde nach zusteht. Soweit im Rahmen des Hauptanspruchs gefordert, gehört dazu auch der Beweis des Verschuldens des Verletzters. Der Rechnungslegungsanspruch umfasst das Recht auf Auskunftserteilung137 – etwa über die Auflage eines Printmediums, in dem ein Foto ohne Zustimmung verwendet wurde. Zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung gehört auch die Vorlage von Belegen.138 Üblich ist die Verknüpfung des Rechnungslegungsbegehrens mit jenem auf Überprüfung der Richtigkeit der Rechnungslegung durch einen Gerichtssachverständigen. Ein Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit der Rech-

nungslegung ist freilich prozessual nicht durchsetzbar.139 Neben dem Anspruch auf Prüfung durch einen Sachverständigen kommen lediglich Schadenersatzansprüche in Betracht. Der Anspruch auf Rechnungslegung wird prozessual mit der Stufenklage geltend gemacht.140 Nach erfolgter Rechnungslegung muss der Kläger sein Zahlungsbegehren konkretisieren.141

F. Urteilsveröffentlichung Die Urteilsveröffentlichung142 dient – wenngleich oft so empfunden – nicht der Bestrafung des Verletzers, sondern der Aufklärung der Öffentlichkeit über eine Rechtsverletzung, deren Publizität auch künftig noch nachteilige Folgen befürchten lässt. Sie setzt ein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung, nicht aber Verschulden oder Wiederholungsgefahr voraus.143

139

OGH 2. 9. 1998, 9 ObA 92/98i, KEMRObus, ÖBl 1999, 42 = RdA 1999/53.

140

Art XLII EGZPO; Beispiel bei Guggenbichler in Ciresa/Büchele/

141

OGH 7. 10. 1997, 4 Ob 288/97z, Stufenklage, MR 1998, 203

Guggenbichler, UrhG Rz 22. 136

§ 87a UrhG.

137

OGH 12. 5. 2009, 4 Ob 34/09t, Alfons Walde, ÖBl 2010/17

138

(Walter).

(Büchele) = MR 2010, 334 (Walter); OGH 25. 5. 2004, 4 Ob

142

§ 85 UrhG.

58/04i, Fragespiel als Datenbank, MR 2004, 331 (Walter) = RdW

143

OGH 20. 6. 2007, 4 Ob 57/07x, Pop-Up-Fenster, MR 2007, 196

2004, 606.

(Walter) = ecolex 2007/333 (Tonninger) = ÖJZ 2007/159 = RdW

OGH 16. 12. 2009, 17 Ob 21/09a RdW 2010/377.

2007/691.

ipCompetence Vol. 6

Grundsätzlich wird der im Prozess Obsiegende zur Veröffentlichung auf Kosten des Unterlegenen ermächtigt. Hat die Urteilsveröffentlichung in einem Medium des Unterlegenen zu geschehen, kann angesichts des für den Medieninhaber aus § 85 Abs 4 UrhG ableitbaren Kontrahierungszwangs auch eine Verpflichtung des Unterlegenen zur Veröffentlichung erfolgen.144 Die Veröffentlichung erfolgt idR in dem Medium, in dem auch die Rechtsverletzung publik wurde. Für Form und Aufmachung der Urteilsveröffentlichung gilt das „Talionsprinzip“: Die Urteilsveröffentlichung erfolgt grundsätzlich in jener Form und Aufmachung, in der auch die beanstandete Ankündigung veröffentlicht wurde.145 Die technische Entwicklung hat auch vor der Urteilsveröffentlichung nicht haltgemacht. Urteilsveröffentlichungen auf Homepages, YouTube oder Facebook werden an Häufigkeit zunehmen.146 Hat die Veröffentlichung auf einer Website zu erfolgen, ist das Urteil innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist (idR 30 Tage) als direkter Bestandteil der Homepage, also der Einstiegsseite der Website, zu platzieren.147 Auf YouTube kann eine Veröffentlichung des Urteils als „scrollendes“ Video samt Verlesung des Texts erfolgen. Auf Facebook kann das Urteil in der Rubrik „Fotos“ als eigenständiges „Album“ veröffentlicht werden.148

G. Verfahren Streitigkeiten nach dem Urheberrechtsgesetz fallen ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands in die Zuständigkeit der Handelsgerichtsbarkeit.149 Für Urheberrechtsstreitigkeiten mit Auslandsbezug schafft Art 5 Nr 3 EuGVVO einen Wahlgerichtsstand beim Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Der in dieser Bestimmung verwendete, unionsrechtlich autonom aus-

zulegende Begriff der „unerlaubten Handlung“ bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag iSd Art 5 Nr 1 EuGVVO anknüpfen.150 Nicht erfasst ist bspw der (bereicherungsrechtliche) Anspruch auf angemessenes Entgelt gem § 86 UrhG.151 Die Wendung „Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, ist vertragsautonom dahin auszulegen, dass sie sowohl den Ort des Schadenseintritts als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint.152 Für reine Inlandssachverhalte und solche mit Auslandsbezug außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der EuGVVO153 normiert § 83c JN sowohl für natürliche als auch für juristische Personen154 einen ausschließlichen Gerichtsstand am Unternehmenssitz des Beklagten. Bestehen im Inland mehrere Zweigniederlassungen, hat der Kläger die Wahl, beim Gericht der Hauptniederlassung oder dem Gericht jener Zweigniederlassung zu klagen, auf die sich die beanstandete Handlung bezieht.155 Hat der Beklagte im Inland kein Unternehmen, ist sein allgemeiner Gerichtsstand, subsidiär sein inländischer Aufenthalt und wenn auch ein solcher nicht bekannt ist, der Begehungsort maßgeblich.156 Der Gerichtsstand gem § 83c JN verdrängt den allgemeinen Gerichtsstand und Wahlgerichtsstände. Gerichtsstandsvereinbarungen bleiben zulässig. Für Urheberrechtsverletzungen in vom Ausland abgesendeten Schriften, Druckwerken und sonstigen Gegenständen gilt jeder inländische Ort als Begehungsort, an dem der Gegenstand eingelangt oder zur Abgabe oder Verbreitung gelangt ist.157 Kommen mehrere Begehungsorte in Betracht, besteht ein Wahlrecht des Klägers.158 Das (außerhalb vertraglicher Rechtsbeziehungen) anzuwendende Recht ist in Fällen mit Auslandsbezug nach

150 144

OGH 25. 9. 2004, 4 Ob 155/04d, Urteilsveröffentlichung im Internet, ecolex 2005/21 (Burgstaller).

OGH 17. 10. 2006, 4 Ob 174/06a, Leerkassettenvergütung IV, MR 2007/35 (Walter) = ÖJZ 2007/25.

151

Schmaranzer in Burgstaller/Neumayer, Internationales Zivilverfah-

145

OGH 19. 12. 2006, 4 Ob 171/06k, ÖJZ 2007/70.

146

Dazu Schnider/Hofmarcher, Urteilsveröffentlichungen auf Face-

152

Klauser/Kodek, JN/ZPO16 Art 5 EuGVVO E 113 ff.

book, Myspace, Youtube & Co, ÖBl 2011/2.

153

Dazu Klauser/Kodek, JN/ZPO16 Vor Art 1 EuGVVO Tabelle A.

OGH 20. 6. 2007, 4 Ob 57/07x, Pop-Up-Fenster, MR 2007, 196

154

OGH 2 6. 6. 1997, 4 O b 2 377/96d, News, MR 1998, 15.

(Walter) = ecolex 2007/333 (Tonninger) = ÖJZ 2007/159 = RdW

155

OGH 14. 3. 2005, 4 Ob 4/05z ecolex 2005/290 (Opetnik).

2007/691.

156

Dieser ist nach denselben Kriterien zu bestimmen wie bei Art 5 Nr

chung auf Facebook, Der Standard v 23. 11. 2010.

157

§ 83c Abs 3 JN.

§ 51 Abs 2 Z 10 iVm Abs 3 JN.

158

§ 102 JN.

147

148

149

51

rensrecht (2009) Art 5 EuGVO Rz 46.

HG Wien 39 Cg 75/10p; 10 Cg 115/10g; vgl Urteilsvseröffentli-

3 EuGVVO; vgl Simotta in Fasching, ZPO ² § 83c JN Rz 13.

51

52

ipCompetence Vol. 6

dem Schutzlandprinzip zu ermitteln.159 Dies ergibt sich einerseits aus Art 8 der Rom II-VO,160 andererseits (für Sachverhalte außerhalb ihres räumlichen Anwendungsbereichs) aus § 34 IPRG161 und schließlich auch aus zahlreichen internationalen Übereinkommen.162 Anzuwenden ist das Recht des Staates, für den der Schutz beansprucht wird. Maßgebend ist somit der Ort der Nutzungs- oder Verletzungshandlung.163 Dies muss nicht immer der Gerichtsstaat sein. Behauptet bspw ein Franzose vor einem österreichischen Gericht,164 seine Urheberrechte seien in Belgien von einem Engländer verletzt worden, hat das österreichische Gericht belgisches Recht anzuwenden.165 Am Schutzlandprinzip hat auch die E-CommerceRL166, die vom Herkunftslandprinzip ausgeht, nichts geändert, weil das Urheberrecht ausdrücklich vom Herkunftslandprinzip ausgenommen ist.167 Das Schutzlandprinzip gilt daher insb bei Rechtsverletzungen im Internet. Welcher Ort maßgeblich ist, wenn ein Foto unerlaubt im Internet zur Verfügung gestellt wird (der Ort der Zurverfügungstellung oder der Ort der Abrufbarkeit?), ist nicht restlos geklärt und wird auch von der vom II-VO nicht beantwortet.168 Sachgerecht erschiene eine Beurteilung nach dem Recht des Staates (der Staaten), dessen (deren) Publikum angesprochen werden soll.169

159

135/06s, Gruppe D, MR 2006, 387 (Walter) = ÖJZ 2007/3 = ZfRV VO (EG) 2007/864 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, in Kraft seit 11. 1. 2009. 161

Es ist Sache des Klägers, deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er den Schutz nicht nur für das Inland, sondern auch für fremde Staaten begehrt; mangels entsprechender Anhaltspunkte muss sonst angenommen werden, dass nur Schutz für Österreich angestrebt wird.172 Von der Frage des anzuwendenden Rechts ist die fremdenrechtliche Frage zu trennen, ob im Fall eines Auslandsbezugs in Österreich Schutz gewährt wird. Ob konkret zu beurteilende Lichtbilder vom räumlich-persönlichen Schutzbereich des österreichischen Urheberrechtsgesetzes erfasst sind, ist nach den §§ 94 ff UrhG zu prüfen. Lichtbilder und Lichtbildwerke sind im Inland jedenfalls dann geschützt, wenn ihr Urheber (Hersteller) österreichischer Staatsbürger oder – wenn der Hersteller eine juristische Person ist – seinen Sitz in Österreich hat. Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der EU oder eines Vertragsstaats des EWR sind Inländern gleichgestellt.173 Den Schutz des UrhG genießen auch im Inland erschienene Lichtbilder. Sonst kommt ein Schutz nur auf der Grundlage „faktischer Gegenseitigkeit“ oder internationaler Verträge in Frage. Der Schutz einfacher Lichtbilder (Leistungsschutz) wird jedoch weder von der RBÜ174 noch vom WUA175 oder dem TRIPs-Abkommen erfasst.176

Erläut IPRG GP XIV RV 784 AB 945, 49; OGH 9. 8. 2006, 4 Ob 2006/29.

160

Bei Rechtsverletzungen in mehreren Staaten ist an so viele Rechtsordnungen anzuknüpfen, wie es Schutzländer gibt (Mosaikbeurteilung),170 was gerade bei Rechtsverletzungen im Internet wieder zu Problemen führt.171

H. Ausgewählte Aspekte des einstweiligen Rechtsschutzes Zur Sicherung rascher und effizienter Rechtsverfolgung ermöglicht § 87c UrhG dem Inhaber von Lichtbildrech-

Handig, Rom II-VO – Auswirkungen auf das Internationale Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht, wbl 2008, 1; ders, Das Leck im 170

Schutzlandprinzip, ecolex 2009, 775. 162

3

Übersicht bei Verschraegen in Rummel, ABGB Vor § 34 Rz 1.

163

OGH 20. 6. 2006, 4 Ob 47/06z, Werbefoto, ÖBl 2007/8 (Fallen-

171

Das aufgrund einer Gerichtsstandvereinbarung zuständig wurde.

165

Verschraegen in Rummel, ABGB3 § 34 IPRG Rz 9.

166

RL 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste

613 (635). 172

OGH 9. 8. 2006, 4 Ob 135/06s, Gruppe D, MR 2006, 387

173

Unionsrechtliches Diskriminierungsverbot des Art 12 EG (nunmehr

(Walter) = ÖJZ 2007/3 = ZfRV 2006/29.

der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen

Art 18 AEUV) bzw des Art 4 EWR-Abkommen, welches unmittelbar

Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (RL über den elektronischen Geschäftsverkehr). 167

Verschraegen in Rummel 3 IPRG § 34 Rz 29.

Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung), BGBl 1982/319.

175

Handig, Rom II-VO – Auswirkungen auf das Internationales Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht, wbl 2008, 1 (11).

169

anwendbar ist. 174

Handig, Das Herkunftslandprinzip und seine Auswirkungen in den verschiedenen Rechtsbereichen, wbl 2003, 253.

168

Heiss/Loacker, Die Vergemeinschaftung des Kollisionsrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse durch Rom II, JBl 2007,

böck) = MR 2007/28 (Walter). 164

Art 8 der Rom II-VO.

Welturheberrechtsübereinkommen

(Pariser

Fassung),

BGBl

1982/203. 176

OGH 20. 6. 2006, 4 Ob 47/06z, Werbefoto, ÖBl 2007/8 (Fallenböck) = MR 2007/28 (Walter).

ipCompetence Vol. 6

ten die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs, der Ansprüche auf Beseitigung, angemessenes Entgelt, Schadenersatz und Gewinnherausgabe sowie zur Sicherung von Beweismitteln.177 Abweichend von § 381 EO bedarf es keiner Gefährdungsbescheinigung.178 Auch die Bescheinigung einer besonderen Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit ist – anders als nach deutschem Recht – nicht erforderlich;179 bei fortdauernden Rechtsverletzungen ist Dringlichkeit ohnedies anzunehmen.180 Zu bescheinigen ist hingegen der zu sichernde Anspruch. Beim Unterlassungsanspruch gehört dazu auch die Bescheinigung der Wiederholungsgefahr. Österreichische Gerichte sind zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen international zuständig, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit im Inland gegeben sind.181 Im Geltungsbereich der EuGVVO (bzw Brüssel I-VO) können „einstweilige Maßnahmen“ auch dann im Inland beantragt werden, wenn für die Hauptsache die Gerichte eines anderen Vertragsstaats zuständig sind.182 Nach herrschender Ansicht hat der Kläger die Wahl, ob er einen Gerichtsstand der EuGVVO oder einen nationalen Gerichtsstand in Anspruch nimmt.183 Das Provisorialverfahren ist nach der EO in erster Instanz grundsätzlich einseitig.184 Im zweiseitigen Provisorialverfahren, das in der Praxis den Regelfall darstellt,

177

§ 87c wurde in Umsetzung der Durchsetzungs-RL in das UrhG eingefügt. Bis dahin konnten nur Unterlassungsansprüche mittels einstweiliger Verfügung gesichert werden. Die Sicherbarkeit von

53

war nach früherer Rsp und ganz überwiegender Lehre Art 6 EMRK nicht anwendbar.185 Vor dem Hintergrund einer Entscheidung des EGMR186 und jüngster OGHRsp ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nunmehr auch im Provisorialverfahren verstärkt zu beachten. Das rechtliche Gehör wird auch im Sicherungsverfahren verletzt, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten.187 Beabsichtigt das Gericht etwa, den Behauptungen des Beklagten in seiner Äußerung zum Sicherungsantrag zu folgen und/oder von ihm angebotene Bescheinigungsmittel zu verwerten, hat es – bei sonstiger Nichtigkeit seiner Entscheidung (!) – dem Kläger vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Dieses notwendige „Mehr“ an rechtlichem Gehör kann naturgemäß zu Verfahrensverzögerungen führen.

„Nach den jüngsten Entscheidungen des EGMR und des OGH ist der Grundsatz des rechlichen Gehörs nunmehr auch im Provisorialverfahren verstärkt zu beachten.“

Die Einseitigkeit des Sicherungsverfahrens im Bereich des Urheberrechts im Allgemeinen und damit auch des Lichtbildrechts im Besonderen wird daher in Zukunft die Ausnahme und wohl auf die Anwendungsfälle des § 87c Abs 4 UrhG beschränkt bleiben. Nur dann, wenn dem Kläger wahrscheinlich ein nicht wieder gutzumachender Schaden droht oder die Gefahr der Beweisvernichtung besteht, ist die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne Anhörung des Gegners zulässig.

Beweismitteln war nicht ganz unumstritten – vgl Erläut RV 1324 BlgNR 22.GP 5. 178

§ 87c Abs 3 UrhG; vgl auch Angst, EO2 § 381 Rz 20: „Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Verstöße im Bereich des Urheberrechts ganz allgemein eine Gefahr iSd § 381 nach sich ziehen.”

179

OGH 20. 5. 2005, 4 Ob 63/05a, Kitzbüheler Gams, MR 2005, 252 (Walter); zu der für das deutsche Recht angenommenen Prozessvoraussetzung der „Dringlichkeit“ oder „Eilbedürftigkeit“ siehe OGH 11. 9. 1984, 4 Ob 357/84, Pelzwaren-Schlagerverkauf, ÖBl 1984, 161 = JBl 1985, 430.

180

OGH 19. 11. 2002, 4 Ob 229/02h, Hundertwasserhaus II, ÖBl 2003/37 (Walter).

185

G. Kodek, Die Anwendbarkeit von Art 6 EMRK im Provisorialverfah-

181

§ 27a JN.

ren, Zak 2010, 8; Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG (2009) §

182

Art 31 EuGVVO.

24 Rz 59; RIS-Justiz RS0028350.

183

Siehe schon zum EuGVÜ/LGVÜ Kodek in Burgstaller/Deixler-

186

EGMR 15. 10. 2009, Nr 17056, Micallef v Malta.

Hübner, EO § 387 Rz 15.

187

OGH 5. 10. 2010, 17 Ob 11/10g, , ÖBl 2011/10 = MR 2010, 409

184

Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 390 Rz 17.

= ecolex 2011/17 = Zak 2010/771 = wbl 2011/43.

53

54

ipCompetence Vol. 6

„Die bloße Idee, vorgefundene dreidimensionale Objekte für die zweidimensionale Darstellungsform der Fotografie auszuwählen, ist für einen urheberrechtlichen Schutz nicht hinreichend konkret.“

ipCompetence Vol. 6

55

Fotomotiv – Schutz oder Freiheit? Urheberrechtlicher Motivschutz bei Fotografien Christian Handig

Das Motiv prägt die Fotografie. Da die meisten Fotografien durch das Urheberrecht als Lichtbildwerke – oder zumindest als Lichtbilder – geschützt sind, liegt die Frage nahe, ob dieser prägende Bestandteil selbst einen urheberrechtlichen Schutz genießt. Oder müssen Motive prinzipiell jedem frei zugänglich bleiben? Eine Fotografie1 ist eine Aufnahme durch ein optisches Verfahren auf einem lichtempfindlichen Medium,2 gleichviel ob frisch vermählte Paare, gebrochene Schienbeine mittels Röntgenbilder3 oder Straßenzüge um Straßenzüge systematisch (für Google Street View4 oder für Microsofts Bing Streetside 5) aufgenommen werden.

Reportage-,8 Werbe-, Wissenschaftsfotografie,9 Luftbildarchäologie10 und Digitalisierung von Bibliotheken11).12 Von besonderem Interesse ist hier das Kriterium des Motivs; demnach kann man zB zwischen Akt-, Architektur-, Einsatz-,13 forensischer,14 Landschafts-, Portrait-,15 Produkt-,16 Reise-, Kriegs-, spiritistischer,17 Sport-, Tier- und Veranstaltungsfotografie18 unterschieden.19

8

Fotografien von Unglücksfällen oder naturwissenschaftliche Berichte für Zeitungen und Zeitschriften (zB National Geographic Magazin).

9

ZB die Ablichtung von Krankheitssymptomen für die medizinische Literatur und die systematische Ablichtung von Galaxien durch das Hubble-Weltraumteleskop zu weiterführenden astronomischen Analysen.

Die Fülle an vorhandenen Fotografien kann man nach vielen Kriterien einteilen, etwa nach dem Ort (zB Luftbild-, Straßen-, Unterwasser- und Weltraumfotografie) oder nach dem Zweck der Aufnahmen (zB analytische,6 Dokumentar-,7 künstlerische, Presse-,

10

Zur Suche nach oder die Untersuchung bereits bekannter archäologischer Überreste aus größerer Höhe, die von Luftfahrzeugen festgehalten werden.

11

Mit der Intention, den Inhalt alter Bücher und Schriftrollen aus Papyrus- oder Pergamentbahnen trotz des physischen Verfalls (oder sonstiger möglicher Vernichtung zB durch Brand) zu erhalten und auch die Verfügbarkeit und Bearbeitbarkeit deutlich zu verbessern.

1

Der Begriff Fotografie kommt von den griechischen Wörtern „fotos“

12

Daneben bestehen zahlreiche andere Unterscheidungskriterien, zB

(„Licht“) und „grafos“ („schreiben“).

Auftrags- und Stockfotografie. Bei Letzterer werden die Fotografien

2

The New Encyclopædia Britannica Vol 25 (2007) 761.

auf Vorrat („to have in stock“) produziert, um sie dann an Kunden

3

Diese werden nicht nur zu wissenschaftlichen Zwecken (insb Medizin, Archäologie und Geologie) verwendet, sondern auch zu

(idR mittels Bildagentur) zu verkaufen. 13

künstlerischen, siehe zB Nick Veasey; vgl www.nickveasey.com (Stand 10. 10. 2011). 4 5 6 7

Fotografiert werden Einsatzkräfte (zB Feuerwehr) bei der Arbeit, also in Notfall- und Einsatzszenarios.

14

Vgl maps.google.de/intl/de/help/maps/streetview (Stand: 10. 10. 2011).

Forensische Fotografie dient der Dokumentation von Verletzungen und Tatorten.

Vgl www.bing.com/maps/explore (Stand 10. 10. 2011).

15

ZB für Lichtbildausweise, Wahlplakate oder zu Werbezwecken.

Die analytische Fotografie dient Orientierungs- und Messaufgaben.

16

ZB Mode- und Lebensmittelfotografie.

Diese Aufgabe wurde der Fotografie schon sehr früh zugedacht, so be-

17

Fotografieren sog übersinnlicher und paranormaler Phänomene.

auftragte Frankreich 1851 die damals bekanntesten Fotografen (zB

18

Das umfasst öffentliche Ereignisse (zB Popkonzerte und Wahl-

Édouard-Denis Baldus und Hippolyte Bayard), ein nationales Denk-

kampfveranstaltungen) ebenso wie private Veranstaltungen (zB

malarchiv zu schaffen. Nur wenig später begann die sozialdokumentarische Fotografie; vgl Annan, Photographs of the Old Closes and

Hochzeiten und Kindergeburtstagsfeiern). 19

Die Grenzen sind dabei fließend, als Beispiel seien die Werbefoto-

Streets of Glasgow, 1868–77 (1880); Thomson/Smith, Street Life in

grafien Oliviero Toscanis für Benetton von 1984 bis 2000 genannt,

London (1877). Wie vielfältig dieser Bereich ist, kann man zB daran

die nicht nur für die Produkte warben, sondern auch künstlerische

ersehen, dass auch Zielfotografien dazu zählen, mit denen Einlaufrei-

und sozialdokumentarischen Funktionen erfüllten, indem sie auf

henfolge und -zeiten der Sportler zweifelsfrei festgehalten werden.

Missstände (HIV, Krieg und Pflichtzölibat) hinwiesen.

55

56

ipCompetence Vol. 6

I. Schutz & Voraussetzung A. Lichtbildwerke Diese verschiedenen Kriterien sind aber aus urheberrechtlicher Sicht nicht maßgeblich, was sich auch aus den jüngsten Schlussanträgen der Generalanwältin im Verfahren Painer v Standard ergibt, wonach neben „künstlerischer Qualität oder einer Neuheit, auch der Zweck der Gestaltung sowie Aufwand und Kosten […] unbeachtlich“ 20 sind. Worauf kommt es dann an? Um diese Frage beantworten zu können, richtet sich der Blick auf das Schutzziel des Urheberrechts: Dieses schützt bei Fotografien einerseits Lichtbildwerke und andererseits Lichtbilder. Lichtbildwerke müssen „individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers“ sind.21 Sind die Fotografien nicht hinreichend originell,22 so sind deren Hersteller23 dennoch durch ein Leistungsschutzrecht geschützt,24 dessen Schutzumfang geringer ist.25 Zum Verhältnis der beiden Rechte zueinander ist anzumerken, dass Lichtbildwerke auch gleichzeitig den Schutz für Lichtbilder genießen.26

20

Ein Lichtbildwerk liegt nach Auffassung der nationalen Rsp selbst bei „alltägliche[n], übliche[n] Landschafts-, Porträt- oder Werbeaufnahmen [vor], wenn in ihnen eine visuelle Gestaltung durch den Fotografen zum Ausdruck kommt, mögen sie sich im Ergebnis auch kaum von ähnlichen Lichtbildern anderer Fotografen unterscheiden“.27 Selbst den Fotografien der „Masse der Amateurfotografen, die alltägliche Szenen in Form von Landschaftsfotos, Personenfotos oder Urlaubsfotos“ 28 abbilden, kommt demnach Werkcharakter zu. Ähnlich fordert der BGH auch nur „ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografen gegeben ist“.29 Aber nicht nur Fotografien, sondern auch die darauf abgebildeten Motive können durch das Urheberrecht geschützt werden, stellte doch der BGH zur sehr ähnlichen deutschen Rechtslage fest: „Denkbar ist vielmehr auch, dass die in einem Lichtbildwerk verkörperte schöpferische Leistung dadurch übernommen wird, dass das fotografierte Objekt nachgestellt und erneut fotografiert wird“. 30 Um die Frage zu klären, in welchen Fällen dies zutrifft, sind daher die Elemente von Lichtbildwerken näher zu betrachten.

Schlussanträge der GA Verica Trstenjak v 12. 4. 2011, C-145/10, RN 123, Painer v Standard ua.

21

22

Art 6 RL 2006/116/EG über die Schutzdauer des Urheberrechts

27

(Walter) = MR 2001, 389 = ÖBl 2003, 39 (Gamerith). In diesem

2006/372, 12, davor RL 93/98/EW, ABl L 1993/290, 9.

Sinn auch zB A. Nordemann in Loewenheim, Handbuch des Ur-

Den Unterschied zwischen „Lichtbild“ und „Lichtbildwerk“ macht

heberrechts § 9 RN 149; aA Loewenheim in Schricker, Urherberrecht3 (2006) § 2 RN 179.

„insb die der Persönlichkeit des Künstlers entstammende Eigenart und ein gewisses Maß an Originalität“ aus; OGH 12. 10. 1993

28

4 Ob 117/93, Radwanderführer/Radwanderkarte, ecolex 1994, Felsritzbild, ecolex 2004/20 (Schumacher) = MR 2003, 162

24

25

16. 12. 2001, 4 Ob 221/03h, Weinatlas, MR 2004, 117 (Walter). 29

BGH 3. 11. 1999, I ZR 55/97, Werbefotos, GRUR 2000, 317

(Walter).

= MMR 2000, 218 = NJW-RR 2000, 343 = WRP 2000, 203 =

Beim Lichtbild wird nicht dem Urheber, sondern dem Hersteller ein

ZUM 2000, 233; BGH 8. 11. 1989, I ZR 14/88, Bibelreproduktion,

Leistungsschutz im Umfang des § 74 UrhG eingeräumt.

GRUR 1990, 669, 673 = MDR 1990, 697 = NJW-RR 1990, 1061

Auch Lichtbildwerke sind als Lichtbilder geschützt, der Schutz ist

= ZUM 1990, 354; BGH 10. 10. 1991, I ZR 147/89, Bedienungs-

parallel anzuwenden; vgl zB Walter, Österreichisches Urheberrecht

anweisung, GRUR 1993, 34 (35) = MDR 1992, 658 = NJW 1992,

I (2008) RN 205, 1596 f; Handig, Lauter Lichtbildwerke! ÖBl 2009,

689 = WRP 1992, 160 = ZUM 1992, 427. AA aber zB Schack:

8 (9 f).

„Die meisten Fotografien erreichen die Schutzschwelle der persön-

Ein praktisch bedeutsamer Unterschied ist die unterschiedliche

lichen geistigen Schöpfung nicht und erheben auch keinen künstle-

Schutzdauer, diese beträgt bei Lichtbildern nicht 70 Jahre ab Tod

rischen Anspruch“, wofür das Leistungsschutzrecht besteht; ders,

des Urhebers, sondern erlischt 50 Jahre nach der Aufnahme; wenn

Kunst und Recht2 (2009) RN 858; aber auch Bullinger/Bretzel/

aber das Lichtbild vor dem Ablauf dieser Frist veröffentlicht wird, 50 Jahre nach der Veröffentlichung; § 74 Abs 6 UrhG. 26

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, GRUR Int 2002, 865 (Walter) = MR 2001, 389 = ÖBl 2003, 39 (Gamerith); OGH

183 = MR 1994, 70 und OGH 17. 12. 2002, 4 Ob 274/02a,

23

OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, GRUR Int 2002, 865

und bestimmter verwandter Schutzrechte (SchutzdauerRL), ABl L

Schmalfuß, Urheberrecht in Museen und Archiven (2010) 28. 30

BGH 5. 6. 2003, I ZR 192/00, Rz 32, Hundertwasser-Haus,

Vgl zB Walter, Österreichisches Urheberrecht I (2008) RN 205,

AfP 2003, 543 = GRUR 2003, 1035 = IIC 2004, 351 = MR 2003,

1596 f; Handig, Lauter Lichtbildwerke! ÖBl 2009, 8 (9 f)

156 = NJW 2004, 594 = wrp 2003, 1460 = ZUM 2003, 955.

ipCompetence Vol. 6

B. Gestaltungsmittel Wenn der OGH auf die bloße Unterscheidbarkeit als Schutzvoraussetzung abstellt, so meint er, „dass die Persönlichkeit des Urhebers aufgrund der von ihm gewählten Gestaltungsmittel (Motiv, Blickwinkel, Beleuchtung etc) zum Ausdruck kommt“.31

Mehr ist offenbar nicht notwendig und geht man von der österreichischen und deutschen Rsp aus, so sind selbst massenhaft angefertigte Fotografien, auch wenn sie – anders als im Verfahren vor dem EuGH – nicht von einer Berufsfotografin erstellt wurden, als Lichtbildwerke geschützt.

Die Generalanwältin fand in den erwähnten Schlussanträgen bei einer Porträtaufnahme (von Kindergartenund Hortkindern) folgende Elemente: „den Blickwinkel, die Haltung und den Gesichtsausdruck des Porträtierten, den Hintergrund, die Schärfe sowie das Licht und die Beleuchtung“.32 Tatsächlich lassen die Rahmenbedingungen bei den gegenständlichen Porträtaufnahmen wenig Freiraum für eine kreative Gestaltung. So erwarten die Eltern (und Großeltern) der Kinder ein gut ausgeleuchtetes, scharfes Brustbild ihres Kindes, auf dem es dem Betrachter des Bildes entgegenlächelt (oder ihn zumindest freundlich ansieht). Damit die Fotografien auch gekauft werden, ist es aus Sicht des Fotografen sinnvoll, die Anforderung vollständig zu erfüllen. Daher bleibt ihm unter diesen Voraussetzungen kaum Spielraum für individuelle Gestaltung: 33 Er kann zB einen neutralen oder etwas auffälligeren Hintergrund verwenden.34 Aufgrund der zeitlichen Rahmenbedingungen werden üblicherweise Kind für Kind35 fotografiert und abschließend von der ganzen Gruppe jeweils zwei Fotografien gemacht,36 danach wird die nächste Gruppe abgelichtet. Diese eher serielle Art der Produktion ist dennoch hinreichend originell, um ein Werk der Lichtbildkunst zu erzeugen.

Dieser Umstand ist wesentlich für die relevanten Gestaltungsmittel. Wenn selbst Urlaubsschnappschüsse und private Partyfotografien als Lichtbildwerke geschützt sind, so umfasst dies auch die große Zahl an Aufnahmen, die nicht mit spezialisierten Geräten (zB Fotoapparat, Digital-, Videokamera und Camcorder), sondern mit Mehrzweckgeräten, wie insb Mobiltelefon mit integrierter Digitalkamera, herstellt wurden. Bei diesen, wie vielen anderen Aufnahmegeräten, unterstützt die Technik des Geräts den Fotografen soweit, dass dieser idR nur mehr Motiv, Bildausschnitt und Standort zum Motiv wählt (und manchmal auch die Brennweite).37 Die technischen Qualitäten können dabei nicht dem Fotografierenden zugerechnet werden (sie schaffen auch keine Individualität oder Originalität).

31

OGH 20. 6. 2006, 4 Ob 47/06z, Werbefoto, MR 2007, 28 (Walter)

37

Handig, Lauter Lichtbildwerke! ÖBl 2009, 8 (8 f).

= ÖBl 2007/8, 37 (Fallenböck).

38

Auch wenn es selbst für Smartphones eine stetig wachsende Zahl

32

33

Daraus folgt, dass zur Begründung des urheberrechtlichen Schutzrechts das reicht, was die Masse der fotografierenden Bevölkerung beim Fotografieren ausmacht: Die Auswahl von Motiv, Blickwinkel und -ausschnitt.38 Demgegenüber bleiben natürliche und/oder künstliche Lichtverhältnisse oft unbeachtet,39 während zB die Tiefenschärfe40 ebenso wie die Belichtungszeit sehr häufig dem Aufnahmegerät überlassen werden.41 Natürlich können

Schlussanträge der GA Verica Trstenjak v 12. 4. 2011, C-145/10,

von Apps mit Fotografie-Programmen gibt, durch Filter das Ergeb-

RN 124, Painer v Standard ua.

nis von Kombinationen verschiedener virtueller Objektive, Filme und

Bei anderen Arten von Porträtfotografien hat ein Berufsfotograf

Blitze zu erzeugen, zB Hipstamatic oder Instagram; vgl hipstamatic.

einen größeren Spielraum, so zB OLG Hamburg 5. 11. 1998, 3 U 175/98, Wagner-Familienfotos, AfP 1999, 181 = GRUR 1999, 34

com bzw instagr.am (Stand 1. 10. 2011). 39

gen Lichtverhältnissen entstehen aber meist schlechte Fotografien;

Er kann anstatt der bloßen Aufforderung zum Lächeln dieses unter

Gros, Foto-Perfektion mit dem Smartphone, Die Presse 25. 9. 2011,

Verwendung von Ausdrücken, von denen er annimmt, dass es die

35

29. 40

Viele Aufnahmegeräte haben einen Autofokus, der das Motiv au-

dies ist allerdings für die urheberrechtliche Bewertung der Fotogra-

tomatisch scharfstellt. Etliche Mehrfunktionsgräte, wie zB Mobil-

fie ohne Bedeutung.

telefone, bieten nicht die Möglichkeit, selbst Änderungen bei der

Wenn Geschwister vorhanden sind, werden üblicherweise auch zwei Fotografien von Geschwistern gemacht.

36

So haben Smartphones zB hierfür kleine Sensoren, bei schwieri-

717 = ZUM-RD 1999, 73.

Kinder lustig finden, hervorrufen (oder es zumindest versuchen);

57

Schärfe vorzunehmen. 41

Nach Bullinger/Bretzel/Schmalfuß ist auch der besondere Aufnah-

Die nach Auffassung des Fotografen bessere Fotografie wird dann

mezeitpunkt ein Anhaltspunkt für die erforderliche Originalität, Ur-

zum Kauf angeboten.

heberrecht in Museen und Archiven (2010) 30.

57

58

ipCompetence Vol. 6

handwerkliche42 oder künstlerische Aspekte hinzutreten.43 Ebenso kann die Fotografie auch durch Nachbearbeitung deutlich an Originalität gewinnen.44 Letzteres ist mit der Verbreitung der digitalen Fotografie in vielen kommerziellen Bereichen üblich geworden und wird auch im künstlerischen Bereich genutzt. Aber bei der Masse der alltäglichen Fotografien (wie einfachen Urlaubsschnappschüssen) beschränkt sich die Nachbearbeitung auf die schlichte Beseitigung des Rote-Augen-Effekts45. Da diese ohne fundierte handwerkliche Fähigkeiten, künstlerische Motivation oder gestalterische Nachbearbeitung erzeugt werden, sind diese zusätzlichen Aspekte auch für die Frage der Schutzfähigkeit von Motiven, also des

42

ZB umfassende technische Ausstattung und Kenntnisse, eine Vielzahl von Aufnahmen (so werden für einen Artikel im National Geo-

prägenden Bestandteils von Fotografien, weder notwendig noch relevant. Diese können sich nur auf den Umfang des Schutzes iS eines beweglichen Systems auswirken. Dabei ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass der EuGH die Auffassung der österreichischen und der deutschen Rsp teilt, zumal nach den Schlussanträgen „die Anforderungen für eine urheberrechtliche Schutzfähigkeit einer Fotografie nach Art 6 SchutzdauerRL nicht allzu hoch“ seien.46

II. Begriff & Inhalt Der Inhalt des Begriffs „Motiv“ ist nicht eindeutig.47 Zum einen wird darunter nur das abgebildete Objekt verstanden, zum anderen werden auch andere Elemente der Abbildung wie insb ein besonderer Blickwinkel und -ausschnitt inkludiert. Freilich sind diese Elemente bei der

graphic Magazine tausende Aufnahmen gemacht, aus denen dann ca zehn ausgewählt werden). 43

Ausführlich dazu A. Nordemann, Die künstlerische Fotografie als

46

urheberrechtlich geschütztes Werk (1992) 137 ff. 44

scher Professoren, was für eine autonome und europäische Ein-

So können nicht nur technische Unzulänglichkeiten (zB Unschärfe)

schätzung recht kurz greift; die Erwähnten sind A. Nordemann in

und unerwünschte Details (zB Hautunreinheiten, Augenringe oder

Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts2 (2010) § 9 RN 149

Pigmentflecken) ausgebessert werden, sondern auch Spezialeffek-

und Leistner, Copyright Law in the EC: Status quo, recent case

te oder das Kombinieren verschiedener Fotografien (Composing)

law and policy perspectives, Common Market Law Review 2009,

durchgeführt werden. Die Digitaltechnik hat die Möglichkeiten der

847 (849 f); Schlussanträge der GA Verica Trstenjak v 12. 4. 2011,

Nachbearbeitung deutlich erweitert; vgl Hempel, Technische und wirtschaftliche Grundlagen in Hoeren/Nielen, Fotorecht (2004) 44. 45

Als Quelle zitiert die GA dazu nur aus zwei Lehrmeinungen deut-

C-145/10, RN 124, Painer v Standard ua. 47

Ein undifferenzierter Vergleich mit anderen künstlerischen Elemen-

Der Begriff bezeichnet den Effekt bei Fotografien, dass Pupillen

ten wie zB Stil und Manier, die urheberrechtlich nicht schützbar sind,

unter bestimmten Voraussetzungen (insb Verwendung eines Blitz-

wird dem mE nicht gerecht; so aber OLG Hamburg 29. 6. 1995,

lichts und Blick direkt in die Kamera) rot dargestellt werden.

3 U 302/94, Troades, ZUM-RD 1997, 217.

ipCompetence Vol. 6

Aufnahme nur logisch voneinander zu trennen, ist doch das menschliche Auge wie auch der Fotoapparat aufgrund der Optik nur in der Lage, jene Teile eines Objekts abzubilden, die dem Auge (bzw Fotoapparat) zugewandt sind (sofern keine zusätzlichen Elemente wie zB Spiegel verwendet werden).

59

Wird jedoch ein Objekt abgelichtet, das von Menschen gestaltet wurde, so ist der Fotograf idR nicht der Schöpfer des künstlichen Gegenstands,53 sondern nur eine Person, die diesen vervielfältigt. Stammt das fotografierte Werk vom Fotografen selbst, so besteht dafür zwar ein Werkschutz, aber in der Funktion als bloßes Motiv der Fotografie.

A. Abgebildete Objekte Ein abgebildetes Objekt auf einer Fotografie kann entweder ein von Menschen gestalteter Gegenstand (zB Zieroder Gebrauchsgegenstand) oder etwas Natürliches (zB eine Person, ein Tier oder ein Objekt wie etwa ein Stein) sein. Im zweiten Fall kann der Gegenstand selbst nicht durch das Urheberrecht geschützt werden, sofern er nicht durch menschliches Schaffen selbst zum Kunstgegenstand gemacht wurde, wie zB ein mit Formaldehyd präpariertes Tier von Damien Hirst oder eine aus dem Stein herausgearbeitete Skulptur von Alfred Hrdlicka.48 Oft genug ist dies nicht der Fall und dann kann die Naturbelassenheit eines menschlichen Gesichts49 auch nicht dadurch geändert werden, dass zB bei einer Person eine bestimmte Bewegung oder ein bestimmter Gesichtsausdruck durch den Fotografen veranlasst wird. Es liegt keine „eigentümliche geistige Schöpfung“ des Urhebers50 — also nichts von Menschen Geschaffenes — vor.51 Deshalb kann dieses Stück Natur nicht Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes sein.

Besonders deutlich wird dies im Fall der Reproduktionsfotografie, also bei der möglichst originalgetreuen Wiedergabe von zweidimensionalen Vorlagen, wie beim Einscannen von Buchseiten (um diese digital verfügbar zu machen) 54 oder beim Ablichten von anderen Fotografien, zB ein Passbild von einem Verbrechensopfer, das von einem Pressefotografen für einen Bericht in einer Zeitung abgelichtet wird.55 Wesentlich ist aber, dass das Motiv iSd abgebildeten Objekts entweder eine Schöpfung eines Dritten oder natürlichen Ursprungs ist. Fällt im ersten Fall das Urheberrecht dem Schöpfer zu, so entsteht im anderen Fall keines. Die bloße Auswahl eines Objekts ist eine Idee. Die Idee, ein bestimmtes Lebewesen oder einen bestimmten Gegenstand zu fotografieren, ist nicht hinreichend originell, um eine urheberrechtliche Schutzwürdigkeit zu begründen. 56 Es fehlt an dem für die Fotografie unabdingbaren Element der Perspektive.

Dies gilt mE auch für alltägliche Posen.52 Ein Werkschutz könnte nur dann einsetzen, wenn der Fotograf dadurch selbst ein Werk, zB eine Choreografie, geschaffen hat.

B. Blickwinkel und -ausschnitt

48

Schwieriger ist die Einschätzung bzgl nicht bearbeiteter Steine, die

53

49

Sieht man von diversen Eingriffen zB durch Friseure, Visagisten,

Wird zB ein Werk der Baukunst fotografiert, so ist mittels Fotografie kein einfaches Abbilden57 mehr

bloß Bestandteil eines Kunstwerks sind. Kosmetiker und Ärzte (mittels kosmetischer Operationen) ab, deren

öffentlich zugänglich und/oder vorbestehend ist; vgl Bullinger/ Garbers-von Boehm, Der Blick ist frei, GRUR 2008, 24 (26). 54

Arbeitsergebnisse durchaus auch Werkcharakter entfalten können. Im Übrigen können sich im Bereich des Gesichts auch noch andere Vgl zB Walter, Österreichisches Urheberrecht I (2008) RN 104.

51

Das gilt auch für artistische Posen, zB von Akrobaten („Kontorsionist“), die ihren Körper aufgrund von jahrelangem Training extrem

52

Siehe zB www.europeana.eu oder www.books.google.com (Stand 10. 10. 2011).

55

selbstständige Werke befinden, zB originelle Brillen oder Schmuck. 50

Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Werk gemeinfrei,

So zB OGH 8. 9. 2009, 4 Ob 115/09d, Passfotos II, ecolex 2010/95 (Horak) = EvBl 2010/32 = MR 2009, 367 (Walter).

56

Im Übrigen besteht aus rechtspolitischer Sicht ein starkes und berechtigtes Freihaltungsbedürfnis der Allgemeinheit.

57

Dennoch stellt die Fotografie eines dreidimensionalen Objekts, zB ei-

biegen können.

nes Werkes der Baukunst, eine urheberrechtliche Vervielfältigung und

AA ist Fotograf Konrad Müller, der den damaligen Altkanzler Helmut

damit grundsätzlich einen Eingriff in das Verwertungsrecht des Urhe-

Kohl in einer (für diesen üblichen) nachdenkenden Pose fotografier-

bers dar, der aber in bestimmten Fällen zulässig sein kann (zB durch

te, und der Zeitschrift Focus, die Helmut Kohl im Heft 4/2011 am

die sog „Freiheit des Straßenbilds“). Diese möglichen urheberrecht-

Cover in derselben Pose abbildete, mit einer Unterlassungsklage

lichen Verletzungen sind aber für die Schutzfähigkeit von Motiven

drohte; vgl Serrao, Prominente Pose, Süddeutsche 1. 2. 2011.

nicht von Bedeutung und werden daher im Folgenden nicht erörtert.

59

60

ipCompetence Vol. 6

möglich,58 weil Fotografieren zur Vervielfältigung eines dreidimensionalen Objekts in einem zweidimensionalen Bild führt. Deshalb müssen ein Winkel und idR auch ein Ausschnitt gewählt werden.59 Damit liegen aber notwendigerweise die wesentlichen Elemente vor, auf die sich die Masse nicht berufsmäßig fotografierender Personen beschränkt. Schließlich braucht es nach Auffassung der Rsp nur eine Unterscheidbarkeit zur Erlangung des Werkcharakters.60 Werden durch einen neuen Fotografen diese wesentlichen Kriterien übernommen, so enthält die neue Fotografie die prägenden Bestandteile der bestehenden Fotografie und daher ist eine solche Aufnahme im Ergebnis einer unmittelbaren Vervielfältigung der Vorlage ähnlich.61

C. Kombination mehrerer Objekte Der Gestaltungsraum wird deutlicher größer, wenn nicht bloß eine Perspektive eines Objekts, sondern eine Kombination von Objekten fotografiert wird. Dies mag in manchen Fällen an den Unzulänglichkeiten des Fotografierenden oder an nicht (bzw schwer) zu überwindenden Gegebenheiten liegen, zB wird das eigentliche Objekt, eine touristische Sehenswürdigkeit, durch parkende Kraftfahrzeuge und Passanten teilweise verdeckt. In vielen Fällen werden die Kombinationen aber auch dem Wunsch des Fotografierenden entspringen, zB wird eine touristische Sehenswürdigkeit mit Freunden abgebildet.

58

In der deutschen Rsp wurde in einigen Fällen danach unterschieden, ob die Kombination der Objekte (bzw das Arrangement) vorgefunden oder durch den Fotografen selbst gestaltet wurde.62 Während das Motiv im ersteren Fall nicht schützbar sein soll, soll es im zweiten Fall anders sein.63 1. Vorbestehende und fotobestimmte geschaffene Werke Abgesehen davon, dass auch – wie erwähnt – einzelne Elemente Werkcharakter haben können, kann auch einer Kombination mehrerer Objekte ein selbstständiger Werkcharakter zukommen.64 Gemäß den europäischen Vorgaben trifft dies auf alles zu, was eine hinreichend originelle „eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers“ darstellt.65 Dies kann bei Personen auch eine Choreographie sein, wie im Fall der „Klammerpose“: Auf der Fotografie sieht man die Rückansicht eines Mannes mit (durch den gewählten Bildausschnitt) abgeschnittenen Armen, Beinen und Kopf in der Körperhaltung im Stil der Christus-Statue in Rio de Janeiro. Eine Frau umklammert den Mann mit ihren Beinen und blickt oberhalb der Taille in Richtung des Bildbetrachters. Diese Szene wurde nachgestellt und für eine Zeitschrift fotografiert. Nachdem die deutschen Gerichte in den vorgelegten Bildern zu modernen Choreographien weder annähernd gleiche oder gar identische Klammerposen erkennen konnten, sahen sie in dieser weitgehenden66 Nachstellung der Pose eine unfreie Bearbeitung und in der Folge einen

Es gibt zwar eine Form von Fotografie, die umgangssprachlich als „3D-Fotografie“ bezeichnet wird, tatsächlich sind derartige „Stereoskopien“ aber nur zweidimensionale Abbildungen, die lediglich einen räumlichen Eindruck vermitteln. Selbst bei mit Computern

62

Hüper, Zum Schutz vor Nachfotografie und Nachbildungen von ur-

63

Problematisch ist an diesem Kriterium, dass das Vorliegen eines

animierten Visualisierungen werden letztlich immer nur einzelne zweidimensionale Bilder erzeugt, die lediglich einen räumlichen 59

heberrechtlich geschützten Fotoaufnahmen, AfP 2004, 511 (512 f).

Eindruck erwecken.

Arrangements nicht ohne Weiteres ersichtlich ist und deshalb im

Dieser Unterschied wird zB im Urheberrecht des Vereinigten Kö-

Verfahren idR auf die Aussage einer Partei zurückgegriffen werden

nigreichs berücksichtigt, wonach jede Fotografie dreidimensionaler

muss; so zutreffend Hüper, Zum Schutz vor Nachfotografie und

Objekte ein Werk darstellt, wogegen es bei der Ablichtung zweidi-

Nachbildungen von urheberrechtlich geschützten Fotoaufnahmen,

mensionaler Objekte der Absicht des Fotografen „to stamp his own personality and taste on the finished product“ bedarf, um ein Werk

AfP 2004, 511 (512). 64

zu erzeugen; Bainbridge, Intellectual Property6 (2007) 38. 60

61

ZB OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 179/01d, Eurobike, GRUR Int 2002,

Auch nach Schack kann dem arrangierten selbst Werkcharakter zukommen; ders, Kunst und Recht2 (2009) RN 841.

65

Handig, Is the Term “Work” of the CDPA 1988 in Line with the

865 (Walter) = MR 2001, 389 = ÖBl 2003, 39 (Gamerith);

European Directives? European Intellectual Property Report

OGH 20. 6. 2006, 4 Ob 47/06z, Werbefoto, MR 2007, 28 (Walter)

(EIPR) 2010, 53 (54 f); ders, The Copyright Term “Work” – A Eu-

= ÖBl 2007/8, 37 (Fallenböck); OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 170/07i.

ropean Harmonisation at an Unknown Level, International Review on

AA Huttenlauch: „Kein Sujet der bildenden Kunst, sei es so originell, lässt sich monopolisieren und ist daher nicht schützbar“;

Intellectual Property and Competition Law (ICC) 2009, 665 (670 ff). 66

Die abgebildeten Personen waren andere, der Oberkörper des

Huttenlauch, Appropriation Art – Kunst an den Grenzen des Urhe-

Mannes war in der Nachstellung nackt und die Frau blickte von der

berrechts (2010) 113.

anderen Seite den Betrachter an.

ipCompetence Vol. 6

unzulässigen Eingriff.67 Der Schutzgegenstand ist nach dieser Argumentation die neue Choreographie und nicht das Motiv, obwohl sich dafür Elemente wie zB der Bildausschnitt angeboten hätten. 2. Vorgefundene Objekte Wenn sich der Schutz eines Motivs nicht daraus ergibt, dass dieses vom Fotografen geschaffen wurde, so kann sich der Schutz – insb bei vorgefundenen Werken – nur aus dem Werkcharakter der Fotografie selbst ergeben. Die grundsätzliche Überlegung, verschiedene Objekte gemeinsam auf einer Fotografie abzubilden, wird dabei wohl noch nicht hinreichend originell genug sein. Im Übrigen bestehen in der Lehre massive Bedenken, gemeinfreien Motiven, Landschaften, Städteansichten, Straßenzügen oder an öffentlichen Plätzen gelegenen Bauwerken Werkcharakter zuzuerkennen, um eine Monopolisierung zu unterbinden.68 Im Hinblick auf solche Motive wird zuweilen auch ins Treffen geführt, dass diese nicht (mehr) urheberrechtlich geschützte Werke zeigen.69 Diese Auffassung verkennt jedoch den Unterschied zwischen den abgebildeten Objekten und der Fotografie selbst, die an sich ein Werk (bzw Gegenstand eines Leistungsschutzrechts) ist.70 Für Letzteres zählt nur das fotografische Ergebnis. Aus rechtspolitischer Sicht ist aber zuzustimmen, dass ein starkes und berechtigtes Freihaltungsbedürfnis der Allgemeinheit besteht, Kombinationen vorgefundener Objekte nicht durch urheberrechtliche absolute Ausschließungsrechte einzuschränken. Dieses Ergebnis ergibt sich mE auch aus folgender Überlegung: Motive sind nur als prägende Elemente von Lichtbildwerken mit Blickwinkeln auf bestimmte Objekte bzw Szenen geschützt, daher kann der urhe-

berrechtliche Schutz nur dort eingreifen, wo diese Elemente der Perspektive (Blickwinkel und -ausschnitt) mit übernommen werden. Die bloße Idee, eine bestimmte Kombination vorgefundener dreidimensionaler Objekte für die zweidimensionale Darstellungsform der Fotografie auszuwählen,71 ist noch nicht hinreichend originell, um eine urheberrechtliche Schutzwürdigkeit zu begründen.72

„Der urheberrechtliche Schutz von Motiven kann nur dort eingreifen, wo das Motiv mit den Elementen der Perspektive (Blickwinkel und -ausschnitt) übernommen wurde.“

III. Schutz & Umfang Bei Fotografien sind grundsätzlich zwei Formen des Eingriffs denkbar. Dies ist zum einen die Vervielfältigung73 unter Zugrundelegung der Vorlage als technisches Ausgangsmaterial, zB durch Kopieren oder Abfotografieren74. In diesen Fällen stellt sich jedoch die Frage nach dem Schutz des Motivs nicht. Von Interesse sind daher andere Möglichkeiten wie insb das Nachstellen der Szene und eine neuerliche Fotografie nach der Vorlagefotografie. Auch hier ist das Ergebnis im „Idealfall“ eine perfekte Vervielfältigung. Der Umstand, dass diese Art der Vervielfältigung mit wesentlich mehr Aufwand verbunden ist als die einfache mechanische oder digitale Kopie, ist für die urheberrechtliche Bewertung als Vervielfältigung unbeachtlich. Trifft der Idealfall aber nicht zu, sondern wird die Vorlage nur unvollständig75 nachgestellt, so ist dies iSd österreichischen Urheberrechts von besonderem Interesse: Ent-

71 67

LG Köln und OLG Köln 5. 3. 1999, 6 U 189/97, Klammerpose, AfP 2000, 212 = GRUR 2000, 43 = ZUM-RD 1999, 223.

68

70

Nur die nachgestellte Fotografie des dreidimensionalen Objekts kann wieder einen Eingriff darstellen.

72

Franzen/von Olenhusen, Lichtbildwerke, Lichtbilder und Fotoimita-

ME liegt bei der Klammerpose auch diese Kombination vor; vgl LG Köln und OLG Köln 5. 3. 1999, 6 U 189/97, Klammerpose,

te — Abhängige Bearbeitung oder freie Benutzung? UFITA 2007, 69

AfP 2000, 212 = GRUR 2000, 43 = ZUM-RD 1999, 223.

435 (436).

73

§ 15 UrhG.

Dazu zB Heitland, Der Schutz der Fotografie im Urheberrecht

74

Nicht selten werden Fotografien für die Veröffentlichung in Zei-

Deutschlands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Ame-

tungen bearbeitet, weil hier schnell auf das vorhandene, oft dürf-

rika (1995) 100.

tige Material zurückgegriffen wird, um tagesaktuelle Geschehnisse

Diese Voraussetzung ist bei Leistungsschutz ausübender Künst-

(zB Passfotografien von Opfer von Gewaltverbrechen) möglichst

ler notwendig; vgl § 66 Abs 1 UrhG (bzw ErwGr 9 SchutzdauerRL 2009/116/EG iVm Art 2 lit a WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger).

61

schnell zu illustrieren. 75

Unabhängig davon, ob dies aufgrund eines bewussten Willensakts oder infolge von Unzulänglichkeiten erfolgt.

61

62

ipCompetence Vol. 6

weder liegt infolge einer unfreien Bearbeitung ein zusätzlicher Eingriff in die Rechte des Urhebers vor oder das neue Werk stellt eine selbstständige Neuschöpfung dar, die die Rechte des Urhebers nicht verletzt.76 Entsteht mit der neuen Fotografie keine selbstständige Neuschöpfung, sind auch die Urheberpersönlichkeitsrechte zu beachten, wie insb das Recht der Namensnennung.77

nämlich „öffentliche Wiedergabe“, 82 „Werkbegriff“83 und „gerechter Ausgleich“84 bereits klargestellt. Da in der InfoRL der Begriff „Vervielfältigungsstück“ mehrfach genannt wird,85 ist es dem EuGH vorbehalten, auch diesen auszulegen. Nun kann ein Vervielfältigungsstück aber nur dann vorliegen, wenn man diesen Gegenstand nicht als etwas Neues (also eine selbstständige Neuschöpfung) ansieht. Daher kann der EuGH für diese Abgrenzung Kriterien festlegen.

A. Unionsrechtliche Vorgaben Die urheberrechtlichen RL setzen sich weder eingehend mit dem Werkbegriff noch mit der Abgrenzung einer unfreien Bearbeitung von einer „selbstständigen Neuschöpfung“78 auseinander. Aber selbst wenn bei Gesetzgebungsprozessen die Begriffe nicht einheitlich definiert werden, tragen sie dennoch das Potenzial zur Harmonisierung in sich. So sind nach stRsp des EuGH die Begriffe unionsrechtlicher Normen autonom und einheitlich auszulegen, soweit „die Erläuterung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist“ 79 (was im Zusammenhang aber nicht zutrifft). Mit anderen Worten: Alleine der Umstand, dass ein Begriff in einem Sekundärrechtsinstrument erwähnt wird, trägt durch mögliche Auslegung des EuGH ein großes Harmonisierungspotenzial in sich. 80 Nichts anderes gilt bei den Begriffen der urheberrechtlichen RL. 81 Dies hat der EuGH anhand von Begriffen der zentralen Norm im europäischen Urheberrecht, der InfoRL,

Persönlichkeitsrechte von Urhebern, die grundrechtlich geschützt oder durch RL harmonisiert wären, bestehen auf europäischer Ebene nicht; 86 allerdings verlangen manche Ausnahmetatbestände („freie Werknutzungen“) 87 die Nennung des Namens des Urhebers; andernfalls ist die Nutzung unzulässig.88

82

EuGH 7. 12. 2006, C-306/05, RN 31, SGAE v Rafael Hoteles, GRUR 2007, 225 = GRUR Int 2007, 316 = EWS 2007, 33 = EuZW 2007, 81 = MMR 2007, 164 = MR 2006, 381 = ÖBl 2007, 88 (Dittrich) = ZUM 2007, 132.

83

EuGH 16. 7. 2009, C-5/08, RN 27, Infopaq, EWS 2009, 381 = EuZW 2009, 655 = EuGRZ 2009, 480 = GRUR 2009, 1041 = GRUR Int 2010, 35 = K&R 2009, 707 = MR-Int 2009, 56 = ÖBlLS 2009/293 (Büchele) = ZUM 2009, 945.

84

EuGH 21. 10. 2010, C-467/08, RN 32, Padawan v SGAE, AfP 2010, 556 = CR 2011, 6 = EuZW 2010, 951 = GRUR 2011, 50

„Der Schutz von Motiven kann sich aber auch daraus ergeben, dass das abgebildete Objekt ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist und jede weitere Fotografie eine Vervielfältigung darstellt.“

(Kröber) = GRUR Int 2010, 1043 = K&R 2010, 796 = MMR 2010, 828 (Hoeren) = MR-Int 2010, 115 (Walter) = wbl 2010/231 = ZUM-RD 2011, 1; zur „Vergütung“ iSd der Vermiet- und VerleihRL EuGH 30. 6. 2011, C-271/10, VEWA v Belgien. 85

So insb in Art 2 lit d, Art 4 Abs 1 und 2 sowie Art 7 Abs 2 RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Der Ausdruck wird auch in anderen RL

76

§ 5 UrhG.

verwendet so in Art 1 Abs 1und 2, Art 3 Abs 1 lit a und d,

77

§ 20 Abs 1 UrhG.

Art 5 Abs 1, Art 8 Abs 2, Art 9 Abs 1 lit c RL 2006/115/EG

78

ISd § 5 Abs 1 UrhG.

zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem

79

ZB EuGH 18. 1. 1984, Rs 327/82, Ekro.

Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geisti-

80

In diesem Sinn auch Gotzen in seinem Vortrag „Towards a Sing-

gen Eigentums sowie Art 5 lit c, Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 2 lit b

le EU Concept of Originality?“ bei den Study Days der ALAI am 30. 6. 2011. 81

RL 96/9/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken. 86

ZB Handig, The Copyright Term “Work” – A European Harmonisati-

Allerdings enthält Art 6bis der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. 9. 1886 derartige Rechte, zu

on at an Unknown Level, IIC°665 (690°ff); ders, Is the Term “Work”

deren Verbandländern alle Mitgliedstaaten der EU zählen.

of the CDPA 1988 in Line with the European Directives? EIPR (Vol

87

Art 5 Abs 3 lit a bis f InfoRL.

32) 2010, 53 (54).

88

Schlussanträge der GA C-145/10, Painer v Standard ua, RN 202.

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63

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B. Ungewöhnliche Vervielfältigungen Eine Vervielfältigung kann durch verschiedene Arten erfolgen. Aus urheberrechtlicher Sicht ist es aber unerheblich, ob der Eingriff in das Verwertungsrecht der Vervielfältigung manuell, maschinell oder in einem anderen Medium, zB in gemalter Form, erfolgt.89 Folgerichtig sah ein deutsches Gericht in der werkgetreuen Übernahme des Inhalts einer Fotografie eines Altars einer zerstörten Kirche in Dubrovnik 1992 mit zwei Soldaten90 in ein Ölgemälde durch Ulrich Lamsfuß 91 eine Vervielfältigung.92 So auch bei der Fotografie von zwei unbekleideten Modellen.93 In den USA94 wurde ein Verfahren über eine teilweise Übernahme eines Motivs einer Fotografie für eine Modezeitschrift in ein Gemälde „Niagara“ von Jeff Koons entschieden.95 So auch im Fall des bekannten Plakats „HOPE“ für Barack Obama, das ebenfalls nach einer Fotografie gemalt wurde.96 Es bestehen aber noch weitere Möglichkeiten der Vervielfältigung wie der dreidimensionale Nachbau des Motivs einer Fotografie. Das kann eine nur kurzfristige Nachstellung der Szene zum Zweck einer neuerlichen

Fotografie sein oder aber der Nachbau in Form eines dreidimensionalen Objekts. Letzteres hat der BGH anlässlich des Nachbaus der Comic-Figur „Idefix“97 als dreidimensionale Figur grundsätzlich als eine Form der Vervielfältigung angesehen.98 Die Nachstellung der Szene kommt va im künstlerischen Bereich99 vor und stellt eine Praktik des Fotorealismus100 und der Appropriation Art dar, die auch schon zu urheberrechtlichen Verfahren führte: So hatte der Künstler Jeff Koons101 das Motiv von Art Rogers Schwarz-WeißFotografie in Farbe nachgebaut.102 Die Fotografie zeigt eine Frau und einen Mann mit jeweils vier Welpen auf ihrem Schoß, auf einer Bank nebeneinander sitzend und den Betrachter anlächelnd. In einem Verfahren in den USA wurde dies als eine urheberrechtliche (und unzulässige)103 Vervielfältigung betrachtet.104 Auch in Deutschland beschäftigten solche Vervielfältigungen die Gerichte: So wurde zB jüngst nach Peter

97

Die bekannte Hundefigur des Zeichners Albert Uderzo aus der Comicserie Asterix.

89

Jacobs, Photografie und künstlerisches Schaffen, in Westermann/

98

Rosener, FS Quack (1991) 33 (39). 90

Vom Fotografen Hans Madej in der Zeitschrift Geo.

91

Lamfuß ist ein Appropriation Artist, der nach Fotografie malt, wobei

= GRUR Int 2005, 340 = NJW-RR 2004, 1629 = wrp 2004, 1293 = ZUM 2004, 748. 99

er diese selbst herstellt oder aus Zeitungen, Zeitschriften und der

92

Insb mit Hilfe von Glasfasern und Polyesterharzen, zB Duane Hanson „Supermarket Lady“ (1970) aus Fiberglas und Polyester

Werbung übernimmt, wie zB die Fotografie eines Fluss-/Nilpferds von Frans Lanting aus der Zeitschrift National Geographic Maga-

BGH 8. 7. 2004, I ZR 25/02, RN 5, Hundefigur, GRUR 2004, 855

mit originaler Kleidung in Lebensgröße. 100

Der Foto- bzw Hyperrealismus entstand Ende der 60iger Jahre,

zine 2004; siehe zB www.maxhetzler.com > Exhibitions > Ulrich

wobei natürliche Darstellungen idR anhand von Fotografien repro-

Lamsfuß (Stand 10. 10. 2011).

duziert werden (zB Chuck Close und Duane Hanson); Brockhaus,

So das AmtsG Hamburg 27. 1. 2004, 36A C 2781/03; so gemäß

Enzyklopädie21 (2005) Bd 9, 529.

Huttenlauch, Appropriation Art – Kunst an den Grenzen des Urhe-

101

Jeff Koons hat sich selbst von der Bezeichnung „Appropriation Art“

berrechts (2010) 196 ff.

distanziert, weil er sich im Gegensatz zu anderen Appropriationis-

93

LG Hamburg 12. 6. 1992, 324 O 697/91, Hubschrauber mit Damen.

ten stets um die Beschaffung der Rechte an seinen Vorlagen be-

94

Bereits 1966 wurde Andy Warhol wegen der Übernahme des

müht; Huttenlauch, Appropriation Art – Kunst an den Grenzen des

Motivs für sein Werk „Flowers“ (1964) von der Fotografin Patricia Caulfield geklagt; das Verfahren wurde jedoch mit einem Vergleich

Urheberrechts (2010) 70. 102

Art Rogers Werk trägt den Titel „Puppies“ (1980-1984), Jeff Koons

103

Nach Auffassung der Gerichte lagen die Voraussetzungen für

beendet. 95

96

Diese Vervielfältigung der Fotografie von Andrea Blanch wurde

Werk trägt den Titel „String of Puppies“ (1988).

als zulässig iS von „fair use“ angesehen; United States Court of

„fair use“ Privilegierung nicht vor. Die Entscheidung wurde stark

Appeals, Second Circuit 16. 11. 2006, Dockets No 05-6433-cv,

kritisiert. In einem späteren Rechtstreit wurde (auch nach einem

Andrea Blanch v Jeff Koons, The Solomon R Guggenheim Found-

wesentlichen Erkenntnis des Supreme Courts) das Vorliegen der

ation and Deutsche Bank.

Voraussetzung für „fair use“ gesehen; vgl United States Court of

Das Werk wurde von Shepard Fairey nach einer Fotografie von

Appeals, Second Circuit 25. 10. 2006, Docket No 05-6433-cv,

Mannie Garcia gemalt. Im Verfahren wurde die Vervielfältigung als durch „fair use“ gerechtfertigt angesehen; Shepard Fairey, Obey

Andrea Blanch v Jeff Koons. 104

United States Court of Appeals, Second Circuit 2. 4. 1992, Do-

Giant Art Inc v The Associated Press, US District Court New York,

ckets No 91-7396, 91-7442 und 91-7540, 960 F.2d 301 (2nd

No. 09-CV-1123.

Cir 1992), Jeff Koons v Art Rogers, Sonnabend Gallery Inc.

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Leibings bekannter Fotografie „Sprung in die Freiheit“ (ein Grenzsoldat flieht 1961 aus der DDR, indem er über einen an der Grenze verlegten Stacheldraht springt, der die Errichtung der Berliner Mauer vorbereitet) eine Skulptur an der Stelle der Aufnahme geschaffen.105 Ein deutsches Gericht sah in dieser Skulptur eine freie Benutzung des Originals.106 Damit geht es von einer Vervielfältigung der Fotografie aus. Nun ist bei der urheberrechtlichen Betrachtung ausschließlich die Originalität der Fotografie ausschlaggebend. Da „zur Bestimmung [der] Schutzfähigkeit [von Fotografien] keine anderen Kriterien anzuwenden“107 sind, ist die Bekanntheit der Aufnahme und der besondere Kontext des Mauerbaus ohne Belang. Es bleibt ein über eine Stacheldrahtrolle springender Soldat, der sich im Sprung seiner Waffe entledigt. Dieser Auffassung kann aber nicht gefolgt werden, weil bei einer Transformation einer zweidimensionalen Abbildung in ein dreidimensionales Werk nicht die für die Fotografie prägenden Elemente der Perspektive übernommen werden können. Vielmehr müssen bei einer solchen Transformation Teile hergestellt werden, die nicht auf der Fotografie abgebildet sein können (da zB die Rückseite des Soldaten außerhalb des Blickwinkels lag) und weiters können Blickwinkel und -ausschnitt nicht dargestellt werden; deshalb kann durch einen solchen Nachbau kein Eingriff in ein Werk der Lichtbildkunst vorliegen.

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Gegenstand“.111 Demnach ist nur die unmittelbare Verwendung des Lichtbilds als technische Vorlage unzulässig.112 Somit besteht bei Lichtbildern kein Motivschutz.113 Werden nun aber wesentliche Elemente eines Lichtbildwerks (Motiv, Blickwinkel und -ausschnitt) wiedergegeben, wird sich das Ergebnis von der Vorlage kaum unterscheiden. Dabei ist von manchen Elementen abzusehen, wie zB der technischen Qualität, die sich aber auch bei Vervielfältigungen von der Vorlage unterscheiden kann – und der somit keine Bedeutung zukommt. Kommt das Ergebnis dem Original nahe, so liegt entweder eine Doppelschöpfung, eine Bearbeitung oder eine selbstständige Neuschöpfung vor. 1. Doppelschöpfung Bei einer Doppelschöpfung liegt es am Schöpfer der zeitlich nachfolgend entstandenen Schöpfung nachzuweisen, dass diese nicht bloß eine Vervielfältigung darstellt und dass er die Vorlage weder gekannt noch — bewusst oder unbewusst — zugrunde gelegt hat.114 Ist die

111

BGH 4. 11. 1966, Ib ZR 77/65, skai-cubana, GRUR 1967, 315.

112

Falls bloß Teile einer Fotografie übernommen werden, stellt sich die Frage, ab wann ein Eingriff stattfindet. Nach Auffassung des BGH umfasst das Leistungsschutzrecht der Tonträgerhersteller die Übernahme „jedes Fetzens“ Musik. Dies müsste auch auf Lichtbil-

Aber selbst wenn man zu einem gegenteiligen Ergebnis käme, so wäre nach österreichischer Rechtslage (neben dem Vorliegen freier Werknutzungen) auch zu prüfen, ob diese Transformation nicht aufgrund der Meinungsäußerungs-108 und Kunstfreiheit109 zulässig ist.110

der anzuwenden sein. Offen ist freilich, ob auch der EuGH eine solche Auffassung bzgl des harmonisierten Leistungsschutzrechts der Tonträgerhersteller teilt; vgl BGH 20. 11. 2008, I ZR 112/06, Metall auf Metall, CIPR 2009, 40 = GRUR 2009, 403 = JZ 2009, 471 (Schack) = K&R 2009, 177 = MMR 2009, 253 = NJW 2009, 770 = wrp 2009, 308 = ZUM 2009, 219 (Stieper).

C. Bearbeitung von Fotografien

113

Bei Bearbeitungen besteht im Schutzumfang ein Unterschied zwischen Lichtbildern und Lichtbildwerken. So beschränkt sich der Leistungsschutz bei einem Lichtbild „auf die konkrete Aufnahme als körperlicher

Hüper, Zum Schutz vor Nachfotografie und Nachbildungen von urheberrechtlich geschützten Fotoaufnahmen, AfP 2004, 511 (511) mHinw auf LG Hamburg 24. 10. 1995, 308 S 6/95. AA Wanckel der die Auffassung vertritt, dass das „identische Nachstellen geschützt sein [könnte]“; ders, Foto- und Bildrecht3 (2009) RN 374. Da aber zB auch Röntgenbilder Lichtbilder darstellen, würde die neuerliche Aufnahme derselben Köperstelle desselben Patienten einen Eingriff

105

Das Denkmal von Florian Brauer, Michael Brauer und Edward

darstellen, wenn die Aufnahme in einer anderen Einrichtung erfolgt

Anders wurde 2009 auf der Bernauer Straße errichte.

und sich die dargestellten Körperteile nicht verändert haben. Um

106

LG Hamburg 14. 11. 2008, 308 O 114/08, RN 27, ZUM 2009, 165.

Derartiges zu vermeiden, macht es Sinn, den Schutz auf den körper-

107

Art 6 SchutzdauerRL.

108

Art 13 StGG, Art 10 EMRK sowie Art 11 Charta der Grundrechte der EU bzw Art 17a StGG.

lichen Gegenstand des Lichtbilds einzugrenzen. 114

Deutsche Rsp, zB BGH 3. 2. 1988, I ZR 143/86, Fantasy, GRUR 1988, 810 (Schricker) = MDR 1988, 838 = NJW 1989, 386

109

Art 17 f StGG.

= ZUM 1988, 534 und OLG Köln 5. 3. 1999, 6 U 189/97, Klammer-

110

ZB OGH 13. 7. 2010, 4 Ob 66/10z, Lieblingshauptfrau, JBl 2010,

pose, AfP 2000, 212 = GRUR 2000, 43 = ZUM-RD 1999, 223 mHinw

799 = MR 2010, 327 (Thiele, Walter) = ÖBl 2010/55, 285.

auf Fromm/Nordemann, Urheberrecht 8 (1994) Anhang § 24 RN 11.

65

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früher entstandene Fotografie im Internet abrufbar (gewesen), so wird eine Berufung auf die Unkenntnis dieser älteren Fotografie kaum erfolgreich sein können, sofern die Vorlage ein gewisses Maß an Originalität aufweist. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Doppelschöpfung vorliegt, wird zwar mit dem geringeren Grad an Komplexität und Originalität sinken,115 diese Einschätzung liegt aber im Ermessen des Gerichts und stellt deshalb für alle Betroffenen einen großen Unsicherheitsfaktor dar. Eindeutige Ergebnisse bzgl der Doppelschöpfung wird man nur dort erwarten können, wo die Komplexität und Originalität entweder sehr hoch oder sehr niedrig (zB alltägliche Fotografien von allgemein bekannten Sehenswürdigkeiten) sind.116 2. Bearbeitung oder Neuschöpfung Im Fall einer Bearbeitung ist eine Zustimmung erforderlich.117 Die Zustimmung kann aber entfallen, falls das neue Werk im Vergleich zur Vorlage ein selbstständiges Werk bildet. Eine freie Bearbeitung (bzw abhängige Neuschöpfung) ist dann anzunehmen, wenn das benutzte Werk im Vergleich zwar noch erkennbar ist, jedoch völlig in den Hintergrund tritt. Dabei sind an das Vorliegen einer solchen freien Bearbeitung stets strenge Anforderungen zu stellen.118 Soweit aber nur mehr auf die Unterschiedlichkeit abgestellt wird, muss die Reichweite des Schutzes iS eines beweglichen Systems mit dem Ausmaß der Unterschiedlichkeit korrelieren. Je größer die Originalität des Wer-

115

ZB Bullinger in Wandkte/Bullinger, UrhG3 (2009) § 23 Rz 21; Franzen/von Olenhusen, Lichtbildwerke, Lichtbilder und Fotoimitate — Abhängige Bearbeitung oder freie Benutzung? UFITA 2007,

kes ist, desto größer ist der Schutzumfang.119 Bei Werken, die in einem hohen Ausmaß Originalität aufweisen, wird es einer sehr umfassenden Bearbeitung bedürfen, um das Niveau einer freien Bearbeitung bzw einer Neuschöpfung zu erreichen.120 Umgekehrt ergibt sich daraus für einfache Fotografien, die gerade noch geschützt sind, dass deren Schutzumfang sehr gering sein muss. Nichts anderes kann für Motive gelten.121 a. Geringes Maß an Originalität Ein geringes Maß an Originalität liegt zB bei vielen Produktfotografien vor; so werden für Webshops und Kataloge zahlreiche derartige Fotografien von verschiedensten Produkten (von Topfpflanzen über Ballkleider bis zu Schrauben) erstellt. Nimmt man das Beispiel einer bestimmten Schraube, die von mehreren Wiederverkäufern fotografiert wird, so bietet das Motiv nur sehr wenig Gestaltungsspielraum, insb wenn man berücksichtigt, dass der Hintergrund neutral (zB einfärbig weiß oder grau) gehalten wird, um die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht vom Produkt abzulenken. Praktisch bedeutsam wird dies, wenn der Rechteinhaber einer Fotografie gegen den Rechteinhaber einer anderen Fotografie auf Unterlassung122 wegen Vervielfältigung klagt. Derartige Probleme können nicht nur bei Produktfotografien auftreten, sondern sind auch in anderen Bereichen denkbar, zB bei millionenfach abgebildeten, öffentlich zugänglichen Werken wie die Freiheitsstatute in New York, das Fresko der „Schule von Athen“ im Vatikan oder der „Manneken Pis“ in Brüssel.123 Bei diesen Fotografien werden zweifellos auch Fotografien hergestellt, die kaum unterscheidbar sind, wobei nicht wenige dieser Fotografien der Öffentlichkeit oder Teilen der Öffentlichkeit in sozialen Netzwerken124 (zB myspace, facebook, NETLOG und flickr) zur Verfügung gestellt werden. Auch hier lie-

435 (463); Heidinger, Die Abgrenzung zwischen abhängiger Bearbeitung und freier Nachschöpfung — Eine Untersuchung am Beispiel nachgestellter Fotografien, MR 2011, 132 (141). 116

117

119

Die weitergehende Überlegung der deutschen Literatur in Abgrenzung zwischen Doppelschöpfung und unbewusster Entlehnung dürf-

120

Handig, Lauter Lichtbildwerke! ÖBl 2009, 8 (10).

te in der Praxis wenig Bedeutung haben; siehe dazu Franzen/von

121

Ebenfalls für eine Flexibilisierung Heidinger, Die Abgrenzung zwi-

Olenhusen, Lichtbildwerke, Lichtbilder und Fotoimitate — Abhängige

schen abhängiger Bearbeitung und freier Nachschöpfung — Eine

Bearbeitung oder freie Benutzung? UFITA 2007, 435 (461 f).

Untersuchung am Beispiel nachgestellter Fotografien, MR 2011,

Selbst in derartig eindeutigen Fällen erscheint dies nicht immer angemessen, wie zB bei Kunstformen wie Fotocollagen, Fotomonta-

132 (141). 122

gen oder der Appropriation Art. 118

Ähnlich Loewenheim in Schricker, Urherberrecht3 (2006) § 2 RN 73 mwN.

ZB Schumacher in Kucsko, urheber.recht (2007) § 5 Kap 5.1

zB Schadenersatz. 123

mwN; Walter, Österreichisches Urheberrecht I (2008) 152 mwN;

Viele Staaten weisen beliebte und häufig fotografierte Sehenswürdigkeiten auf, so zB Japan den Berg Fuji oder das zinnoberrote

OGH 22. 1. 2008, 4 Ob 221/07i, Buslinien-Logo, MR 2008, 96 (Walter).

Zu dieser Forderung können freilich noch andere hinzutreten, wie

Holztor („Torii“) vor dem Itsukushima-Schrein auf der Insel Miyajima. 124

Handig, Zu viele Freunde? ecolex 2010, 824 (825 ff).

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gen Konflikte nahe, insb im Verhältnis mit kommerziellen Anbietern (zB auf einer kommerziellen Website oder auf Postkarten). Wendet man auch auf diese Fotografien den Grundsatz an, je geringer die Originalität eines Motivs ist, desto eher wird eine ähnliches Werk eine freie Bearbeitung darstellen,125 so stellt sich die Frage nach dem verbleibenden Schutzumfang. Bei den massenhaft vorhandenen Fotografien wäre eine sehr massive Einschränkung nur konsequent, um die äußerste Reduzierung auf den unwahrscheinlichen Fall völliger Übereinstimmung abzustellen.126 Damit würde einerseits die Schwelle von der Unterscheidbarkeit zur bloßen „statistischen Einmaligkeit“, die bisher für sich allein nicht ausreichte, einer Leistung urheberrechtlichen Schutz zuzuerkennen, überschritten.127 Ein derart geringes Schutzniveau entspricht aber dem Niveau des Lichtbilds. Es wäre daher mE sinnvoll, Fotografien von kaum vorhandener Originalität keinen Schutz als Lichtbildwerk zu gewähren. Die Schlussfolgerung ergibt sich aus dem marginalen Anforderung an den Werkcharakter: Entsteht doch ein Freiraum für wertende Überlegungen, ob Motive erst ab einem gewissen Ausmaß schützbar sind, erst dann, wenn für die Schutzfähigkeit ein gewisses Maß an Originalität notwendig ist.

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zu ragen scheinen. Diese Szene wurde mit einer anderen Person und anderen Elementen nachgestellt und aus der gleichen Perspektive fotografiert. Das Gericht sah darin eine unfreie Bearbeitung.128 Man könnte dies freilich als bloße Übernahme einer Idee abtun, und ein Teil der Lehre spricht sich gegen den Schutz von Motiven aus, weil dies „gegen die dem Urheberrecht zugrunde liegende Dichotomie von Form und Idee“ verstoße.129 So wurde von der Rsp zB die Übernahme der Idee einer Person, die mit wehender Krawatte in einer Startposition wie in der Aschenbahn hockt,130 ebenso abgelehnt wie die Übernahme bestimmter Bildinhalte (zwei Geschäftsleute mit einem Laptop, eine Mutter und Kind im Baumgarten).131 Dem ist aber nicht zu folgen, soweit die prägenden Elemente übernommen wurden. Dabei zeigt das Beispiel des „TV-MAN“, dass die Kombination einer inszenierten Szene und einer besonderen Perspektive ein hohes Maß an Originalität schaffen kann. Werden diese beiden wesentlichen Elemente übernommen, so liegt mE ein Eingriff in das Lichtbildwerk vor. Dagegen sind etwa die konkrete Person und die Form und Farbe der Couch beim „TV-MAN“ völlig bedeutungslos. Das Ausmaß an Originalität kann auch durch andere Elemente wie zB Belichtungszeit oder Nachbearbeitung deutlich erhöht werden.

D. Lauterkeitsrechtlicher Schutz b. Hohes Maß an Originalität Die Korrelation bedingt aber eben auch, dass ein Motiv mit einem hohen Maß an Originalität, ohne Hinzutreten weiterer Umstände geschützt sein kann. Dies sei an jüngeren deutschen Entscheidungen ausgeführt, so zB dem „TV-MAN“: Gegenstand des Verfahrens war eine Fotografie von einem Mann, der auf einer Couch vor einem Fernsehgerät sitzt. Das kahlköpfige Haupt des Mannes wurde von hinten so aufgenommen, dass die Antennen des Fernsehgeräts aus seinem Kopf

125

128

LG Düsseldorf 8. 3. 2006, 12 O 34/05, TV-MAN.

129

Bullinger/Garbers-von Boehm, Der Blick ist frei, GRUR 2008,

Huttenlauch, Appropriation Art – Kunst an den Grenzen des Urheberrechts (2010) 115.

126

Als Abgrenzung für den Schutz des Motivs wurde von der älteren Lehre vorgeschlagen, ob das neue Werk dem älteren „Konkurrenz machen wird oder machen kann“ 132 bzw ob dies auch in der Absicht des Urhebers liegt.133 Diese wettbewerbliche Sicht ist übrigens auch einer der Gründe, die für das Vorliegen eines „fair use“ nach US Copyright Law maßgeblich sind. Aber in diesem Recht wird dadurch nicht die Schutzfähigkeit bestimmt,

24 (25). 130

Loewenheim in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts (2003)

Schutz vor Nachfotografie und Nachbildungen von urheberrechtlich

§ 8 RN 29. 127

OGH 22. 1. 2008, 4 Ob 216/07d, Joey Racino Show,

LG Düsseldorf 16. 3. 1994, 12 O 36/94; zit nach Hüper, Zum geschützten Fotoaufnahmen, AfP 2004, 511 (512).

131

ecolex 2008/2000 = MR 2008, 91 = ÖBl 2008/50, 249 =

OLG Hamburg 5. 5. 1992, 3 W 50/92; zit nach Hüper, Zum Schutz vor Nachfotografie und Nachbildungen von urheberrechtlich ge-

wbl 2008/139; schon davor zB OGH 10. 12. 1985, 4 Ob 387/85,

schützten Fotoaufnahmen, AfP 2004, 511 (512).

Tagebücher, EvBl 1986, 463 = GRUR Int 1986, 486 = MR 1986

132

Breit, Zum Kunstverlagsrecht, GRUR 1928, 265 (265).

H2, 20 (Walter) = ÖBl 1986, 27 = SZ 58/201.

133

Elster, Selbstplagiat und Motivschutz, GRUR 1928, 362 (364).

67

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sondern — falls eine solche vorliegt — die Zulässigkeit des Eingriffs beurteilt.134 Davon abgesehen, dass diese Überlegung der älteren Lehre nicht Freihaltungsinteressen der Allgemeinheit im erforderlichen Maß berücksichtigen, entspricht dieser Ansatz dem Lauterkeitsrecht (UWG), insb der Ausbeutung der Bekanntheit der fotografischen Vorlage135 bzw Irreführung über die Urheberschaft der Fotografie.136 Diese Ausbeutung kann bei Fotografien durch Kopien oder Nachstellen erfolgen. Erstere würde jedenfalls eine glatte Übernahme fremder Arbeitsergebnisse darstellen. Auch das Nachstellen von Motiven aus der Perspektive der Vorlage wird häufig bereits eine Verletzung urheberrechtlicher Ansprüche bedeuten. Sollte dies aber nicht der Fall sein, so kann der Urheber (bzw Rechteinhaber)137 mit dem lauterkeitsrechtlichen Anspruch die Ausbeutung138 bekämpfen.

134

”In determining whether the use made of a work in any particular case is a fair use the factors to be considered shall include — [...] (4) the effect of the use upon the potential market for or value of the

69

„Je geringer die Originalität eines Motivs ist, desto eher wird ein ähnliches Werk eine selbstständige Neuschöpfung darstellen.“ IV. Schluss & Anmerkung Die Fotografie ist eine zweidimensionale Darstellung von idR dreidimensionalen Objekten (sieht man von Sonderfällen wie der Reproduktionsfotografie ab). Deshalb muss bei der Abbildung der Objekte ein Blickausschnitt und ein Blickwinkel gewählt werden. Die Perspektive auf das Objekt bzw die Objekte prägt eine Fotografie. Daher ist der Gegenstand des Schutzes die Abbildung von Objekten aus bestimmten Perspektiven. Demgegenüber ist die bloße Idee, bestimmte Objekte abzubilden, für die Werkart der Fotografie zu unkonkret. Der Schutz von Motiven kann daher nur eine bestimmte Perspektive der abgebildeten Objekte umfassen, nicht aber die Abbildung als solche. Der Schutz von Motiven kann sich aber auch daraus ergeben, dass das abgebildete Objekt ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist und jede weitere Fotografie eine Vervielfältigung darstellt.

copyrighted work”; 17 USC § 107 (4). 135

Eine „sonstige unlautere Handlung“ iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG; vgl ErläutRV zur UWG Reform 2007 144 BlgNR 23. GP 3.

136

§ 2 Abs 1 Z 2 bzw 6 UWG (bzw Art 6 Abs 1 lit b bzw f RL 2005/29/ EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern).

137

Verstöße gegen das Urheberrecht kann nur der Berechtigte, nicht aber der Mitbewerber des Verletzten gemäß § 1 UWG geltend machen. Eine Abtretung des Unterlassungsanspruchs nach UrhG allein ist nicht möglich; zB OGH 24. 4. 2001, 4 Ob 93/01g, Internet-Nachrichtenagentur, MR 2001, 381 (Walter) = ÖBl 2001, 220 (Mayer) = wbl 2001/293; OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 20/08g, Prominentenbildnisse, ecolex 2008/317 (Horak) = MR 2008, 123 (Korn) = ÖBl 2008/57 (Gamerith); OGH 18. 11. 2008, 4 Ob 185/08x, Logoretusche, EvBl 2009/67 = MR 2008, 377 = ÖBl 2009/31 (Gamerith) = wbl 2009/88.

138

Nach dem Grundsatz der Spezialität des UrhG und der Subsidiarität des UWG vermag die Übernahme einer urheberrechtlich geschützten Leistung für sich allein noch keine Unlauterkeit iSd § 1 UWG zu begründen; OGH 24. 4. 2001, 4 Ob 93/01g, Internet-Nachrichtenagentur, MR 2001, 381 (Walter) = ÖBl 2001, 220 (Mayer) = wbl 2001/293; OGH 28. 5. 2002, 4 Ob 30/02v, EDV-Firmenbuch II, ecolex 2002/321 (Anderl) = MR 2002, 306; OGH 11. 3. 2008, 4 Ob 20/08g, Prominentenbildnisse, ecolex 2008/317 (Horak) = MR 2008, 123 (Korn) = ÖBl 2008/57 (Gamerith).

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IMPRESSUM Zitiervorschlag:

Thiele, Über der Lichtbildwerke Wert, ipCompetence Vol. 6 (2011) 13. Thiele, ipCompetence Vol. 6 (2011) 13. Herausgeber: Kompetenzzentrum geistiges Eigentum GmbH, 1010 Wien, Kohlmarkt 4 Redaktion: Dr Christian Handig, KR Mag Andreas Hüttner, RA Hon-Prof Dr Guido Kucsko Grundlegende Richtung: Fachbeiträge zum Geistigen Eigentum Verlag: MANZ´sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien Fotografie: Wolfgang Prummer, Philippe Veldeman Grafik & Layout: Gerlinde Schmid Communications GmbH Verlag & Druck: MANZ´sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in dieser Publikation erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Herausgeber sowie des Verlags ist ausgeschlossen.

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ISSN 2220-6957