The Mill Destruction & Regen LED-Einstieg

Sébastien Moreau: Für das Compositing verwenden wir Nuke, Flame und Flare. Im 3D-Bereich setzen wir Maya, Softimage und Houdini ein, für das Editing ...
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ISSN 1433-2620 > B 43362 >> 18. Jahrgang >>> www.digitalproduction.com

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MAGAZIN FÜR DIGITALE MEDIENPRODUKTION

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AUGUST 05|14

The Mill

Destruction & Regen

LED-Einstieg

Menagerien und Multiexporter vom UK-Vorzeigestudio

Im Houdini-Workshop zum Wettergott werden

Die Erleuchtung oder nur ein Glühwürmchen?

ENEMY | MAKING-OF

Bilder: capelight pictures/Rodeo FX

Die Tarantel im Mattepainting ist echt! Zumindest ihr oberer Teil: Die Beine wurden CG-verlängert und 2D-animiert.

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Rodeo mit Spinne Rodeo FX aus Montreal/Kanada hat die visuellen Effekte für den Independent-Film „Enemy“ verantwortet: Das Studio hat unter anderem eine digitale und eine echte Spinne zu einem Leinwand-Darsteller kombiniert und Schauspieler Jake Gyllenhaal verdoppelt. Compositing-Supervisor Patrick David verrät mehr zum Postproduktionsprozess. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte dies noch vor dem Lesen des Artikels tun – leider war es für das Makingof-Interview nötig, auch die Handlung anzusprechen. von Mirja Fürst

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as würden Sie tun, wenn Sie in einem Film in einer Statistenrolle einen Ihnen aufs Haar gleichenden Doppelgänger entdeckten, Ihre Mutter (Isabella Rossellini) Ihnen aber versicherte, Sie seien auf jeden Fall ein Einzelkind? Jake Gyllenhaal versucht, diesem Rätsel in „Enemy“ auf die Spur zu kommen. Arachnophobikern dürften sich schon bei einer der ersten Szenen des Films die Fußnägel hochrollen. Denn – so viel sei zu der komplexen Story von „Enemy“ verraten – eine Spinne ist hier ein wichtiges Leitmotiv. Entstanden ist das Werk unter der Regie des frankokanadischen Regisseurs Denis Villeneuve. „Enemy“ ist eine freie Adaption des Romans „Der Doppelgänger“ von José Saramago. Hauptdarsteller Gyllenhaal trifft sich in einigen Szenen selbst – inklusive Körperkontakt. Kameramann Nicolas Bolduc setzte bei den Doppelgängerszenen ein Bewegungskontrollsystem auf Schienen namens Mo-Sys ein. Die Kamerabewegung war vorab jedoch nicht festgelegt, was dem Team viel Freiheit gab.

Als Referenz für die Sichtlinie des Darstellers klebte Rodeo FX im ersten Take ein Tape an die Wand. Character A wurde auf einem Referenzmonitor über die zweite Aufnahme gelegt und Gyllenhaals Blick mit einem Tennisball navigiert. Bei einer der komplexesten Szenen im Film liefen drei Leute gleichzeitig mit Stock-Tennisbällen am Set herum. Rodeo FX wollte wegen des Cross-overs vor der Kamera nach dem Dreh keine Tennisbälle retuschieren müssen, deshalb nutzte man einen Aufnahme-Kniff: Ein Kameramann filmte von der linken Seite aus die rechte Hälfte der

Szene, ein anderer von der rechten Seite aus die linke Hälfte. Die Farbgebung des Films wollte Balduc direkt in der Kamera erzielen. „In der Postproduktion ist viel möglich, um den gewünschten Farbton zu erzielen, aber manchmal reagiert die Hautfarbe in der Post unberechenbar“, so Balduc. Mehr zu Rodeo FX finden Sie im StudioPorträt auf den folgende Seiten. Compositing-Supervisor Patrick David war unter anderem an „Pacific Rim“ (s. auch DP-Ausgabe 06/13), „Now You See Me“ und der vierten Staffel von „Game of Thrones“ beteiligt.

Denis Villeneuve bespricht mit seinen Darstellern Jake Gyllenhaal und Isabella Rossellini die Szenen. „Enemy“ drehte der frankokanadische Regisseur vor seinem Hollywood-Debüt „Prisoners“.

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Für die Sichtlinie des Hauptdarstellers zu seinem Doppelgänger wurde in der zweiten Plate ein Tennisball zur Orientierung eingesetzt.

DP: Warum habt ihr nicht, wie es etwa Digital Domain bei „Oblivion“ gemacht hat (siehe DP 06/13), die Light Stage von Paul Debevec für die Duplikation verwendet? Patrick David: Wir kennen Pauls Light Stage an der University of Southern California. (Anm. d. Red.: Mehr zur Light Stage in einer der kommenden DP-Ausgaben). Aber im Fall von „Enemy“, einem Autoren-Film mit kleinem Budget, mussten die Szenen eher sorgfältig geplant werden, sodass keine aufwendigen Keys oder Rotos nötig waren. DP: Wie groß war euer Team für „Enemy“? Patrick David: Insgesamt haben 53 Leute von uns daran gearbeitet. 38 Artists haben 3D und Compositing gemacht und die restlichen 15 waren für die Administration und den technischen Support da. Wir haben den Film ausschließlich in unserer Location in Montreal realisiert, waren aber auch beim Dreh in Toronto vor Ort. DP: Mit welchen Tools habt ihr gearbeitet? Patrick David: Für das Compositing haben wir Nuke verwendet, für die 3D-Arbeiten Softimage, Photoshop, 3D Equalizer (www. sci-d-vis.com) und ZBrush. Für den Rauch kam Fume Mass FX zum Einsatz. DP: Was waren Herausforderungen bei der Illusion des doppelten Jake? Wie habt ihr die Kampfszene organisiert? Patrick David: Komplex waren diese Szenen,

Der CG-Spinnenkopf sollte im Film sofort lesbar sein – anhand von Concepts fand Rodeo FX heraus, welche Merkmale dafür wichtig sind.

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weil er mit sich selbst interagieren und reden musste. Für die Story war aber nur nötig, beide Charaktere gleichzeitig einige wenige Male zu zeigen, damit der Zuschauer erkennt, dass der Doppelgänger wirklich existiert. In der Kampfszene hat ein Teammitglied Jake mit einem weichen Stock geschubst, um ihm das richtige Gefühl zu vermitteln. Alle diese Plates haben sehr gut funktioniert. Wichtig war, dass beide Charaktere sich nicht in Bereichen kreuzen, die viele Details aufweisen, wie beispielsweise die Haare. In einem Shot schlägt Anthony Adam mit der Hand, was schwierig war: Dies lösten wir mit einem Double, cleverem Compositing und einem Kamerasprung, als die Kontakt-Hand den unteren Bildrand verlässt – so entstand ein nahtloser Effekt. Wenn wir in diesem Shot keine gute Arbeit geleistet hätten, wäre jedem der Trick bewusst geworden, deshalb war diese Szene so wichtig für die Gesamtwirkung des Films.

DP: Kommen wir zum heimlichen Star des Films, der Spinne. Wie seid ihr vorgegangen? Patrick David: Wichtig war bei den einzelnen Spinnenszenen – der Spinne im Schlafzimmer, der Spinnen-Lady und der Riesenspinne in der Stadt-Skyline – zu wissen, wann CG und wann Live-Action-Aufnahmen die bessere Option sind. Echte Aufnahmen sind eigentlich immer besser, aber wenn sie im Vorfeld nicht gut produziert werden, sieht es unecht aus. Außerdem ist man begrenzt in der Darstellung. CG auf der anderen Seite hat keine Grenzen, braucht aber viel Zeit und Energie, damit ein guter Realismus-Grad erreicht wird. Also haben wir für „Enemy“ beides kombiniert, um im Budget zu bleiben. DP: Welche Referenzen hattet ihr? Patrick David: Wir haben eine Spinne als Referenz adoptiert, die wir Rosie nannten und die für einige Monate in unserem Studio lebte. Denis fand sie aber zu haarig, er wollte einen ledrigeren Look, deshalb starteten wir einen Spinnen-Casting-Aufruf. Als anatomische Referenz für den Kopf der SpinnenLady haben wir auch einige in Formaldehyd eingelegte Spinnen-Skelette im Internet. DP: Wie habt ihr den CG-Spinnen-Kopf auf den Körper der nackten Darstellerin gebracht? Patrick David: Wir nannten sie nur die „Spinnen-Lady“. Bei einer Spinne denkt jeder so-

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Der Autounfall war die herausforderndste Szene des Films: Das CG-Automodell musste exakt an die Stelle des echten Autos treten.

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„Enemy“-Eckdaten

fort an acht Beine, nicht aber an ihren Kopf. Deshalb war es eine große Herausforderung, den Kopf realistisch und auf einen Blick erkennbar aussehen zu lassen. Mithilfe von vielen Concepts von Olivier Martin fanden wir heraus, welche Merkmale übertrieben werden mussten, damit das Gesicht auf der Leinwand korrekt gelesen werden konnte. Einer unserer Modeler hatte eine tote Spinne in seinem Schreibtischfach, die er als Referenz diverse Male hervorzog und später auch auseinandernahm, um zu sehen, wie die einzelnen Teile zusammenpassen. Das Full-CGHead-Replacement mit Haaren modellierten wir in Zbrush, texturierten es in Mari, animierten es in Softimage und renderten es in Arnold. Danach trackten wir den CG-Kopf in den Shot über den Kopf der Schauspielerin. DP: Gab es dabei Schwierigkeiten? Patrick David: Ja, die Integration war kompliziert, weil der Shot viele Lichtveränderungen hatte und lang war. Jeder Ruck im Tracking oder ein Unterschied in der Beleuchtung wäre sichtbar gewesen. Viel Zeit haben wir darauf verwendet, dem Gesicht trotz seiner fremden Erscheinungsform Emotionen zu geben. Wir verließen uns dafür auf das Talent unserer Animatoren und auf die subtile Lichtstimmung, die den Augen einen realistischen und gleichzeitig unheimlichen Look gab. DP: Wie kam die Riesenspinne in das Schlafzimmer?

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Gedreht wurde in Toronto, unter anderem in den CineSpace Film Studios (cinespace.com) und auf dem Scarborough Campus der University of Toronto. Insgesamt bearbeitete das Studio 6O VFX-Shots für den Film. Produziert haben den Film die kanadischen Unternehmen Rhombus Media und Micro_Scope sowie die spanischen Firmen Roxbury Pictures und Mecanismo Films. Das Produktionsbudget betrug rund 8 Millionen Euro. „Enemy“ ist am 22. Mai in Deutschland im Kino gestartet und wird am 1O. Oktober auf DVD und Blu-ray veröffentlicht.

Patrick David: Wir haben uns in dieser Szene für ein Live-Shooting statt eines 3D-Assets entschieden, denn ein echtes Tier erzielt eine bessere Wirkung. Auch wenn es immer eine Herausforderung ist, mit Tieren zu drehen – und mit einer Tarantel in einem Miniatur-Schlafzimmer umso mehr. Wir wählten eine Spinne aus dem Tarantula Canada (www.tarantulacanada.ca) aus; das Team dort half uns, die Spinne vor Greenscreen im Miniatur-Set zu filmen. Director of VFX Photography Robert Bock passte die Lichter und das Set entsprechend an. Die Spinne musste mit der Begrenzung von Zimmerdecke und -wänden sowie eines Betts konfrontiert werden, die richtige Pose einnehmen und auf den in den Raum kommenden Schauspieler reagieren. Damit die Tarantel Reaktion zeigte, bliesen wir sie auf ein Kommando hin leicht an. DP: Mit welcher Auflösung und Kamera habt ihr die Spinne gefilmt? Patrick David: Wir drehten mit einer Red Epic in 4K mit 120 fps bei Blende f16, um den Maßstab der Bewegung und die Schärfentiefe für eine Riesenspinne zu kreieren. Bei diesem Setting mussten wir mit so viel Licht ausleuchten, dass wir die Tarantel im Set sitzend in Sekunden gekocht hätten. Dieses Problem lösten wir mit zwei tragbaren Klimaanlagen-Einheiten, die kalte Luft in das Schlafzimmer-Set bliesen.

DP: Wie sah die Nachbearbeitung für die finale Szene aus? Patrick David: Wir haben uns bemüht, als Basis schon den richtigen Take für die Szene herauszupicken, haben aber noch Extra-Bewegungs-Layer obendrauf gepackt, um der Spinne mehr Lebhaftigkeit zu verleihen. Wir sind zufrieden mit der Interaktion des Tiers mit seiner Umgebung im finalen Shot. Die Spinne berührt eine De-

»Wichtig war zu wissen, wann CG und wann Live-Action besser ist.« Patrick David Compositing Supervisor, Rodeo FX

ckenlampe und knickt sie ab – ich liebe diesen Effekt. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass trotz der verfügbaren 3D-Technologien traditionelle Live-Action-Drehs mit Miniaturen immer noch ihren berechtigten Platz haben. DP: Und wie habt ihr den Shot erstellt, als die Godzilla-große Spinne über der Toronto-Skyline erscheint? Patrick David: Das war ebenfalls die Tarantel vom Live-Dreh, die wir in ein Mattepainting gesetzt haben. Wir haben ihr die Beine verlängert, dazu behielten wir die Live-Aufnahme für den oberen Teil der Spinne und animierten die CG-Beine in 2D. Um

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Rodeo FX

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as kanadische Studio Rodeo FX (www.rodeofx.com) gibt es seit 2006, Sébastien Moreau gründete es. Neben Montreal besitzt das Studio noch eine neue Niederlassung in Quebec und baut derzeit Locations in New York und Los Angeles auf. An kleineren Produktionen wie „Enemy“ arbeitet das Studio alleine, bei großen Blockbustern wie „Pacific Rim“ oder „Lucy“ unterstützt Rodeo FX große Studios wie ILM. In der Anfangszeit arbeitete das Studio nur an Filmen, inzwischen hat es sein Portfolio um TV-Serien und Commercials erweitert, da auch in diesen Bereichen der Bedarf an VFX-Arbeiten auf dem neuesten Stand der Technik stetig steigt. Vor seiner Zeit als RodeoPresident arbeitete VFX-Supervisor und -Producer Moreau bei Hybride, Weta und ILM,;als VFX-Supervisor für Rodeo arbeitete er an Filmen wie „The Amazing Spiderman“ und „Mirror, Mirror“. Aktuelle Projekte von Rodeo FX sind „Lucy“, „22 Jump Street“ und „Birdman“, die alle 2014 starten, „Heart of the Sea“ wird 2015 herauskommen. DP: Wo kommt der Name her? Sébastien Moreau: Er stammt von einem Brainstorming-Wettbewerb mit Freunden. Wir haben vorab einige Kriterien festgelegt: der Name sollte kurz und eingängig sein, einen Kino-Bezug haben und bilingual in Französisch und Englisch funktionieren. Rodeo FX kam schnell auf und erfüllte perfekt unsere Kriterien. Wir liebten an dem Namen die Referenz zum Rodeo Drive in Los Angeles, einer Straße in der Nähe von Hollywood, in der sich viele luxuriöse Boutiquen befinden. Später haben wir der Bedeutung noch den Aspekt des Rodeo-Cowboys hinzugefügt. Denn bei jedem neuen Projekt fühlen wir uns wie Cowboys bei einem Rodeo-Turnier. Einer unserer Kunden dachte, der Name ginge auf ein Zitat zurück aus dem Film „Mommie Dearest“. Faye Dunaway spielt in der Biografie-Verfilmung Joan Crawford und sagt: „Ich bin nicht das erste Mal beim Rodeo.“ Der Film ist ein Kult-Klassiker und ein kommerzieller Erfolg, das Zitat trifft also ebenfalls auf uns zu. DP: Warum ist Rodeo FX in diesen Städten vertreten? Sébastien Moreau: Nachdem ich einige Jahre als Compositor im Ausland gearbeitet hatte, wollte ich zurück in meine Heimatstadt

die Bewegungen zu verlangsamen, haben wir den Nuke-Node „Spline Warp“ verwendet – eigentlich eine alte 2D-Animier-Art, bei der die Quell- und Ziel-Kurve gezeichnet und der Morph dazwischen animiert wird. DP: Was war Inspiration für den Look? Patrick David: Die direkte Referenz war die Skulptur „Maman“ (dt. Mutter) von der Künstlerin Louise Bourgeois. Unsere National Gallery of Canada in Ottawa/Ontario besitzt eine dieser insgesamt sechs Skulpturen vor seiner Tür, sie ist sehr berühmt hier in Kanada. (bit.ly/1rCnxY3)

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Montreal. Die zahlreich vorhandenen Artist-Talente in Quebec wollte ich für einen VFX-Industrie-Service nutzen. Für Quebec City haben wir uns entschieden, weil es die zweitgrößte Stadt in der Provinz Quebec ist und viele Artists aus der Umgebung stammen. Wir wollten ihnen die Möglichkeit geben, an Prestige-Projekten zu arbeiten, während sie in ihrer Heimat leben. In beiden Städten gibt es steuerliche Vorteile für Studios und Produzenten, die mit lokalen Unternehmen arbeiten. Auf New York konzentrieren wir uns, um den Markt an der US-amerikanischen Ostküste zu erschließen. Die Location in Los Angeles hat strategische Gründe, denn mit ihr können wir bereits in der Preproduction-Stufe in Projekte integriert werden. DP: Wie groß sind Ihre Büroräume, wie viele Workstations? Sébastien Moreau: In Montreal sitzen wir auf einer Fläche von 1.300 Quadratmetern mit 140 Workstations. Einige davon werden sowohl tagsüber als auch nachts verwendet, denn es gibt in der CompositingAbteilung eine Tag- und Nachtschicht. In Quebec besitzen wir Büroräume mit 280 Quadratmetern und 25 Workstations. New York und Los Angeles befinden sich derzeit noch im Aufbau. DP: Wie viele Mitarbeiter haben Sie insgesamt? Wie entwicklung einbezogen werden.« viele davon sind Sébastien Moreau Festangestellte VFX-Supervisor, Rodeo FX und wie viele Freelancer? Sébastien Moreau: Insgesamt arbeiten 150 Angestellte bei uns und die Zahl steigt kontinuierlich. 90 Prozent unserer Mitarbeiter sind festangestellt, der Rest auf Vertragsbasis je nach Produktionsansprüchen. Wir bevorzugen ein festes Team, für mehr Teamarbeit und Solidarität.

»VFX-Leute sollten früher in die Film-

DP: Wie ist Rodeo FX organisiert und die Pipeline aufgebaut? Sébastien Moreau: Wir haben eine relativ gleichwertige Aufteilung der Mitarbeiter auf die Departments 2D, 3D sowie Produktion und Support, also 50 Mitarbeiter in jeder Abteilung. Für die Organisation unserer Pipeline nutzen wir Shotgun, das Management-Tool setzen wir für jede Art von Projekt ein. DP: Mit welchen Tools auf welcher Hardware arbeitet das Team? Sébastien Moreau: Für das Compositing verwenden wir Nuke, Flame und Flare. Im 3D-Bereich setzen wir Maya, Softimage und Houdini ein, für das Editing benutzen wir Smoke und Avid und für Mattepaintings Photoshop. Unser Renderer ist Arnold, den wir mit dem

DP: War die normal große Spinne, die über einen Tisch krabbelt, denn echt? Patrick David: Ja, da haben wir nur den über der Spinne schwebenden Fuß der Tänzerin in die Szene integriert. Ich glaube, die Darstellerin hatte zu viel Angst, diese Szene wirklich zu spielen – was ich gut verstehen kann. DP: Im Film gibt es viele HandkameraBewegungen. War das ein Problem für euch? Patrick David: In den meisten Fällen nicht, nur bei zwei Shots: Der Autounfall endet mit einem verrückten Zoom in Richtung des Spinnennetzes auf dem kaputten

Autofenster, bei dem der Kameraassistent es gerade noch geschafft hat, den Fokus zu halten. Dort Elemente von unserem CGAutowrack hineinzutracken, war kompliziert. Deshalb haben wir für die gewünschte Wirkung noch viel Kamerabewegung hinzugefügt. Der zweite Fall war, als die Spinnen-Lady erschossen wird. Ursprünglich war dieser nicht als VFX-Shot geplant, deshalb waren keine Tracking-Marker auf dem Gesicht des Aktmodells. So gestaltete sich das Tracking schwierig, aber unsere Matchmove-Artists schafften es dank ihres Talents, der Dame den Spinnenkopf überzustülpen.

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Bild: HBO

Render-Management Qube kombinieren. Unsere Produktionspipeline basiert auf Linux. DP: Welche Art von Artists suchen Sie? Sébastien Moreau: Wir suchen immer nach den besten Artists, im Speziellen Compositors, denn in diesem Bereich gibt es eine große Nachfrage. DP: Gibt es eine Schule, von der Sie am liebsten engagieren? Sébastien Moreau: Jedes Jahr bieten wir Praktika für zukünftige Absolventen der „Art et Technologie des Médias“ (atmjonquiere. com/atm) an. In einem Drei-Jahres-Programm erhalten diese Studenten eine umfassende Ausbildung in allen VFX-Grundlagen. In unserer Firma erweitern sie ihre Basiskenntnisse. Zudem stellen wir viele Absolventen vom Centre NAD (www.nad.ca/en) an, denn der Ausbildungsplan beider Hochschulen richtet sich nach den VFXIndustriebedürfnissen. DP: Aus welchen Gründen glauben Sie, arbeiten Ihre Mitarbeiter gerne bei Rodeo FX? Sébastien Moreau: Der erste Grund ist, dass wir Niederlassungen in ihrer Heimatstadt haben. Außerdem organisiert unser Social Commitee regelmäßig Aktivitäten wie Mini-Golf, Yoga-Kurse, Video-Game-Turniere, Alpin-Ski-Tage oder Volleyball-Turniere. Wir möchten, dass unser Team sich bei uns wohlfühlt und in einer angenehmen Atmosphäre arbeitet, deshalb sind alle Büroräume geräumig und komfortabel eingerichtet. Zusätzlich bemühen wir uns um normale Arbeitszeiten, sodass die Mitarbeiter genug Zeit mit ihrer Familie verbringen können. DP: Können auch Artists aus Deutschland bei Ihnen arbeiten? Sébastien Moreau: Natürlich! Interessierte können sich über unsere

DP: Welche Szene war die schwierigste? Patrick David: Der Autounfall. Denn dabei war essenziell, dass das Publikum die Brutalität des Unfalls fühlt. Die Kräfte, die bei einem Autounfall wirken, sind mit traditionellen Animationsmethoden schwer zu erreichen. Viele Russen installieren Kameras in ihre Autos, wobei einige wahnsinnig schlimme Unfälle filmen. Eines der Videos haben wir als Vorlage verwendet. Wir erstellten verschiedene Stufen der Zerstörung für das Auto und mischten diese mit realen Elementen. Auf der Original Plate fungierte ein verunfalltes Auto als Platzhalter und unser CG-Chrash-Modell musste

„Now You See Me“ Bild: Concorde Filmverleih GmbH

„Game of Thrones“ Bild: Warner Bros. Entertainment

„Pacifi c Rim“

Webseite bewerben und wenn sie ausgewählt werden, fragt unser HR-Department für sie nach einer Arbeitserlaubnis. Das ist ein reguläres Verfahren bei uns, denn wir arbeiten international. DP: Welches Projekt war das bisher herausforderndste? Sébastien Moreau: Immer das kommende, da wir nie wissen, was uns erwarten wird. Jedes neue Projekt gibt uns die Möglichkeit, uns erneut selbst zu übertreffen. Konkrete Projekte, die uns auf eine neue Stufe brachten, waren unter anderem „Pacific Rim“, „Now You See Me“ und aktuell „Game of Thrones“. DP: Wie sieht die Zukunft von Rodeo FX aus? Sébastien Moreau: In der Anfangszeit waren wir eher bekannt für unsere Mattepaintings und CG-Environments. Nach ersten Projekterfolgen kamen auch Anfragen für eine andere Art von Effekten. Durch unsere aktuellen Creature-Animationen erhalten wir immer mehr Aufträge auf diesem Gebiet, ebenso für Hard-Surface-Animation. DP: Wie ist Ihre Meinung zur aktuellen Lage der VFX-Branche? Sébastien Moreau: Sie wächst kontinuierlich, da immer mehr Filme digitale Erweiterungen brauchen. Vor einigen Jahren hatte ein typischer VFX-Film durchschnittlich 400 Shots, heute sind dagegen oft mehr als 1.000 normal. Auch Filme, bei denen man zunächst keine VFX vermuten würde, benötigen diese Art der Nachbearbeitung. Die steigende Nachfrage ermöglicht es VFX-Studios, an größeren Projekten zu arbeiten und ihre Arbeit innerhalb des Unternehmens je nach Typus aufzuteilen. Ich denke, insbesondere bei VFX-lastigen Projekten wäre es gut, die VFX-Leute früher in die Filmentwicklung einzubeziehen. Wenn wir schon mit dem Produktionsteam zusammenarbeiten könnten, würden alle profitieren. Heute ist es noch Standard, die Produktion klar von der Postproduktion abzutrennen, › mf das sollte sich zukünftig ändern.

genau seinen Platz einnehmen – vor allem exakt in dem Moment, als das Live-ActionAuto an die Stelle des CG-Modells tritt. Für diese Komplexitätsstufe gibt es keinen allgemeingültigen funktionierenden Trick. DP: Rodeo FX arbeitet oft mit ILM. Wie ist diese Kooperation entstanden? Patrick David: Unser President, Sébastien Moreau, hat zuvor bei ILM als Senior Compositor gearbeitet. Als er nach Montreal zurückkam und Rodeo FX gründete, wollten seine Ex-Kollegen von ILM weiterhin mit ihm arbeiten, als sie mit dem Outsourcing begannen. Bis jetzt haben wir mit ILM neun Pro-

jekte realisiert, weitere sind geplant. Unsere Beziehung zu ILM ist eng, wir lieben es, mit ihnen zu arbeiten. Aber wir arbeiten nicht aus Eigeninitiative mit ILM – beide Studios haben eine völlig andere Arbeitsauslastung und kooperieren direkt mit der Produktion. › mf

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