Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen

18.01.2012 - Coaching, in dem wir auch sehr viel zusätzlich mit Sozi- ..... Karriere im Anschluss an die Ausbildung gelegt. Ziel ist ...... Nürnberg, S. 7–22.
2MB Größe 16 Downloads 177 Ansichten
Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen Untersuchung zur inhaltlichen Ausgestaltung von betrieblichen Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzeptionen Band 16 der Reihe Berufsbildungsforschung

Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen Untersuchung zur inhaltlichen Ausgestaltung von betrieblichen Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzeptionen Band 16 der Reihe Berufsbildungsforschung

InhAlt

1

Inhalt Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................................................................................................... 3

tabellenverzeichnis .......................................................................................................................................................................................................... 4

Verzeichnis der Fallbeispiele ........................................................................................................................................................................................ 4

Abkürzungsverzeichnis................................................................................................................................................................................................... 5

Zusammenfassung ............................................................................................................................................................................................................ 7

1

Ausgangslage und Projektziele......................................................................................................................................................................15 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.2 1.3

2

Methodisches Vorgehen ...................................................................................................................................................................................29

2.1 2.2 2.3 2.4

3

Ausgangslage ..................................................................................................................................................................................15

Demografische Herausforderungen....................................................................................................................................15

Qualifikatorische Herausforderungen ...............................................................................................................................18

Arbeitsmarktbezogene Herausforderungen....................................................................................................................21

Zusammenfassung.......................................................................................................................................................................22

Untersuchungsziele und Forschungsfragen....................................................................................................................22

Forschungsthesen ........................................................................................................................................................................25

Dokumentenanalyse...................................................................................................................................................................29

Online-Befragung ........................................................................................................................................................................30

Telefonische, leitfadengestützte Experteninterviews .................................................................................................32

Betriebliche Fallstudien.............................................................................................................................................................33

Darstellung der Untersuchungsergebnisse..............................................................................................................................................35

3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.4.7 3.4.8 3.4.9 3.4.10 3.4.11

Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen ......................................................................................35

Stellenwert der dualen Ausbildung: Ökonomische Dimension.............................................................................36

Stellenwert der dualen Ausbildung: Gesellschaftspolitische Dimension..........................................................47

Stellenwert der dualen Ausbildung: Werteorientierte Dimension.......................................................................48

Zusammenfassung zentraler Ergebnisse...........................................................................................................................49

Varianten der Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene ...................................51

Duale Ausbildung .........................................................................................................................................................................52

Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt (auch Leiharbeit) ........................................................................54

Nachqualifizierung ......................................................................................................................................................................55

Anforderungen an Ausbildung vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen......................57

Gestiegene Qualifikationsanforderungen auf mittlerer Qualifikationsebene ................................................58

Veränderter Bewerber-/Arbeitsmarkt................................................................................................................................60

Alternative Ausbildungsvarianten .......................................................................................................................................61

Förderung der Ausbildungsfähigkeit ..................................................................................................................................63

Verlängerung der Ausbildungsdauer ..................................................................................................................................64

AusbildungPlus – Vermittlung von Querschnittsqualifikationen ........................................................................66

Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer Berufe ............................................................................................................66

Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“: Zusätzliche fachliche und überfachliche

Inhalte an drei Lernorten .........................................................................................................................................................67

Berufsübergreifende Grundausbildung.............................................................................................................................68

Ausbildungsvarianten zur Unterstützung der internationalen Geschäftstätigkeit......................................69

Verzahnung von Aus- und Weiterbildung........................................................................................................................70

Ausbildung als Basis für einen strukturierten Personalentwicklungsprozess................................................71

Duales Studium .............................................................................................................................................................................73

Zusammenfassung zentraler Ergebnisse...........................................................................................................................82

2

InhAlt

4

Gesamtbewertung und Handlungsempfehlungen ...............................................................................................................................87

4.1 4.2 4.3

Hoher Stellenwert dualer Ausbildung in den Großunternehmen........................................................................87

Erkennbare Vielfalt alternativer Ausbildungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene ......................89

Zur Konkurrenz beruflicher und akademischer Bildung..........................................................................................91

literatur ...............................................................................................................................................................................................................................94

Anlagen ................................................................................................................................................................................................................................97

Anlage 1: Online-Fragebogen ......................................................................................................................................................................99

Anlage 2: Leitfaden für die Telefoninterviews .................................................................................................................................. 111

Anlage 3: Leitfaden für die betrieblichen Fallstudien ................................................................................................................... 113

ABBilDUnGsVeRZeicHnis

3

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Alterung der Bevölkerung im Vergleich .............................................................................................................................15

Abbildung 2:

Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis unter 65 Jahren 2009 bis 2060 (in Mio.) .........................................16

Abbildung 3:

Entwicklung der Schulabsolvent/innenzahlen 2005 bis 2020 .................................................................................17

Abbildung 4:

Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2010/2011.......................................17

Abbildung 5:

Entwicklung der Studierendenanfängerquote in Deutschland von 1999 bis 2012........................................20

Abbildung 6:

Zusammensetzung der Neuzugänge in den drei Sektoren des beruflichen Ausbildungssystems seit 2000 nach schulischer Vorbildung (in %) ................................................................................................20

Abbildung 7:

Arbeitskräftebedarf 2005 bis 2035 nach Berufshauptfeldern in Prozent............................................................21

Abbildung 8:

Veränderungen der mittleren Fachkräfteebene am unteren und oberen Rand..............................................23

Abbildung 9:

Entwicklung der Ausbildungsquote 1999–2010 .............................................................................................................25

Abbildung 10: Übersicht über das Methodenspektrum im zeitlichen Verlauf ...............................................................................29

Abbildung 11: Anzahl der Mitarbeiter/innen der befragten Unternehmen im In- und Ausland nach

Größenklassen.................................................................................................................................................................................31

Abbildung 12: Strukturierungsansatz zur Spezifizierung des Stellenwerts dualer Ausbildung..............................................35

Abbildung 13: Ausbildungsquoten 2000, 2005 und 2010...........................................................................................................................36

Abbildung 14: Zufriedenheit der Unternehmen mit der Leistungsfähigkeit des dualen Systems ........................................37

Abbildung 15: Bewertung eigener Ausbildung ..............................................................................................................................................38

Abbildung 16: Gründe für die eigene Ausbildung.........................................................................................................................................39

Abbildung 17: Als (sehr) wichtig bewertete Rekrutierungsvarianten von Unternehmen, für die sich die

eigene Ausbildung mehr lohnt als früher ..........................................................................................................................40

Abbildung 18: Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Kosten-/Nutzenverhältnis des dualen Systems.....................41

Abbildung 19: Auswirkungen der zunehmenden Internationalisierung auf das Ausbildungsverhalten der

Unternehmen ..................................................................................................................................................................................43

Abbildung 20: Rekrutierungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene........................................................................................52

Abbildung 21: Relativer Stellenwert der Rekrutierungsvarianten untereinander........................................................................52

Abbildung 22: Bedeutung unterschiedlicher Varianten für Großunternehmen zur zukünftigen Deckung

ihres Fachkräftebedarfs (sehr wichtig/wichtig)...............................................................................................................54

Abbildung 23: Zukünftige Bedeutung des Modells „Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt“ ...............................55

Abbildung 24: Beeinflussende Faktoren des Ausbildungsverhaltens in den letzten 5-10 Jahren ..........................................57

Abbildung 25: Beitrag alternativer Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle im „Kampf um Talente“ (Wettbewerbsfaktor).....................................................................................................................................................................60

Abbildung 26: (Sehr) wichtige Gründe für das Angebot einer Ausbildung mit Zusatzqualifikation ....................................62

Abbildung 27: Inhaltliches Spektrum der Ausbildung mit Zusatzqualifikationen .......................................................................63

Abbildung 28: Varianten des Modells duales Studium ...............................................................................................................................74

Abbildung 29: Ranking der Gründe für das Angebot dualer Studiengänge .....................................................................................74

Abbildung 30: Einsatzbereiche von Absolventen dualer Studiengänge .............................................................................................75

Abbildung 31: Stellen für duale Studiengänge: ausbildungsergänzend oder -ersetzend...........................................................76

Abbildung 32: Zukünftige Relevanz des dualen Studiums.......................................................................................................................78

Abbildung 33: Nähe bzw. Distanz der vorgefundenen Ausbildungsvarianten zur dualen Ausbildung ..............................83

TABellen UnD FAllBeisPiele

4

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Verteilung der Unternehmen nach Wirtschaftszweigen ............................................................................................30

Tabelle 2:

Fördernde und hemmende Faktoren der Ausbildung nach BBiG/HwO ............................................................50

Tabelle 3:

Stärken und Schwächen der Modelle „duale Ausbildung“ und „duales Studium“ .........................................85

Verzeichnis der Fallbeispiele Fallbeispiel 1: EQ+ für Jugendliche ohne qualifizierenden Hauptschulabschluss ........................................................................64

Fallbeispiel 2: Berufseinstiegsjahr mit Ausbildungsverlängerung .......................................................................................................65

Fallbeispiel 3: Einjährige Berufsorientierung .................................................................................................................................................65

Fallbeispiel 4: Berufsvorbereitendes Praktikum ...........................................................................................................................................65

Fallbeispiel 5: Betriebsinterne Qualifizierung................................................................................................................................................65

Fallbeispiel 6: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“ I ....................................................................................................67

Fallbeispiel 7: Ausbildungsvariante Basisqualifizierung und Berufsorientierung .......................................................................68

Fallbeispiel 8: Export von Elementen des deutschen Ausbildungsmodells ins Ausland ...........................................................69

Fallbeispiel 9: Aufbau eines Ausbildungssystems im Ausland nach deutschem Vorbild ..........................................................70

Fallbeispiel 10: Kompetenzmanagement............................................................................................................................................................72

Fallbeispiel 11: Facharbeiterentwicklung ...........................................................................................................................................................73

Fallbeispiel 12: Ausbildungsintegrierendes Studium....................................................................................................................................80

Fallbeispiel 13: Berufsbegleitende Studiengänge ............................................................................................................................................80

Fallbeispiel 14: Export des Modells duales Studium ins Ausland............................................................................................................82

ABküRZUnGsVeRZeicHnis

Abkürzungsverzeichnis abH

Ausbildungsbegleitende Hilfen

AG

Aktiengesellschaft

BA

Bachelor

BBiG

Berufsbildungsgesetz

BIBB

Bundesinstitut für Berufsbildung

BMBF

Bundesministerium für Bildung und Forschung

DAX

Deutscher Aktienindex

DECVET

Pilotinitiative des BMBF zur Entwicklung eines deutschen Leistungspunktesystems für die Berufsbildung

DIHK

Deutscher Industrie- und Handelskammertag

DHBW

Duale Hochschule Baden-Württemberg

DQR

Deutscher Qualifikationsrahmen

EQ

Einstiegsqualifizierung

EU

Europäische Union

HwK

Handwerkskammer

HwO

Handwerksordnung

IAB

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

IHK

Industrie- und Handelskammer

ISCED

International Standard Classification of Education

IT

Informationstechnik

IW

Institut der deutschen Wirtschaft Köln

KMK

Kultusministerkonferenz

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KVP

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

MA

Master

PAL

Prüfungsaufgaben- und Lehrmittelentwicklungsstelle

PE

Personalentwicklung

SE

Europäische Gesellschaft

5

6

ZUsAMMenFAssUnG

Zusammenfassung Ziel der Studie „Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen – Untersuchung zur inhaltlichen Ausgestaltung von betrieblichen Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzeptionen“ war es zu analy­ sieren, welche Rekrutierungswege Großunternehmen für Beschäftigte auf der mittleren Qualifikationsebene einschlagen. Im Fokus stand dabei die Bedeutung der dualen Ausbildung als Rekrutierungsinstrument, d. h. welche Faktoren die Ausbildungsbereitschaft begüns­ tigen und hemmen und inwiefern Großunternehmen alternative Ausbildungsvarianten entwickeln, um ihre Fachkräftebasis in Zukunft zu sichern. Die Ergebnisse der Untersuchung basieren auf einem methodischen Setting, bestehend aus Dokumentenanalysen, einer Online-Befragung von 30 Ausbildungs- und Personalexpertinnen und -experten in Großunternehmen sowie sich daran anschließenden vertiefenden Telefoninterviews mit denselben Personen. In die Studie einbezogen sind Unternehmen unter­ schiedlicher Wirtschaftsbereiche aus Gewerbe, Dienst­ leistung und Handel. Über drei betriebliche Fallstudien, die qualitative Interviews mit Ausbildungsleiter/innen, Produktionsleiter/innen und Betriebsräten umfas­ sen, erfolgte eine vertiefende Erhebung alternativer Ausbildungsvarianten. Die Untersuchung ist insge­ samt als Qualitativstudie angelegt. Die Ergebnisse der Online-Befragung wurden ergänzend hinzugezogen, um beispielsweise Einstellungen zur Relevanz dualer Ausbildung branchenübergreifend zu ermitteln oder auch den Stellenwert der identifizierten Ausbildungsund Rekrutierungsvarianten untereinander besser einschätzen zu können. Die duale Ausbildung kommt in den befragten Groß­ unternehmen in verschiedenen Varianten und Facetten vor. Die klassische Ausbildung ohne jegliche Gestal­ tungsvarianten existiert in der Praxis der Großunter­ nehmen kaum mehr. In der Untersuchung wird daher nach alternativen Ausbildungsvarianten „gefahndet“, die Unternehmen, neben der dualen Ausbildung, zur Qualifizierung von Fachkräften für die mittlere Qualifi­ kationsebene1 entwickeln und durchführen. Es werden alle identifizierten alternativen Varianten beschrieben, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Unternehmen angeboten werden. Ziel ist es, die Gestal­ tungsvielfalt abzubilden und zukünftige Trends erken­ nen zu können („Trendscouting“).

1

Auf der mittleren Qualifikationsebene ist die Facharbeit ange­ siedelt. Sie grenzt sich sowohl von der höheren Ebene (akade­ misch qualifiziertes Personal) als auch von sogenannten Ein­ facharbeitsplätzen (An- und Ungelernte) ab.

7

Nachfolgend sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie und die daraus abgeleiteten Handlungsempfeh­ lungen zusammenfassend dargestellt.

A) Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick 1. Der stellenwert der dualen Ausbildung ist in Großunternehmen weiterhin hoch. Einschlägige Studien verweisen bereits auf die hohe Relevanz der dualen Ausbildung für Unternehmen. Sie wird derzeit und zukünftig als wichtigstes Modell bezeichnet, um Fachkräfte für Tätigkeiten auf der mitt­ leren Qualifikationsebene zu qualifizieren (vgl. Weber 2007; Dionisius u. a. 2009; Hippach-Schneider/Weigel 2011). Auch die in der Studie befragten Großunterneh­ men bestätigen der dualen Ausbildung einen hohen Stellenwert bei der Qualifizierung ihres Fachkräftenach­ wuchses. Die Gründe für diese positive Bewertung der dualen Ausbildung sind vielfältig: " Verbindung von Theorie und Praxis: Die Dualität der Lernorte gewährleistet, dass die Auszubildenden das theoretisch Erlernte in die Praxis umsetzen, be­ reits in der Ausbildung betriebliche Abläufe kennen­ lernen und erste Berufserfahrung sammeln können. " Kosten-/Nutzenverhältnis: Die Ausbildung wird als rentabel betrachtet, auch wenn sich das Kosten-/ Nutzenverhältnis nur schwer monetär beziffern lässt. Die qualitative Hochwertigkeit der Ausbildung rechtfertigt für viele Unternehmen die entstehenden (hohen) Kosten. " Einbindung in die Unternehmenskultur: Die Ver­ mittlung unternehmensbezogener Werte, das Kennen­ lernen der Unternehmenskultur sowie die Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unterneh­ men fördern den Stellenwert der dualen Ausbildung. " Gestaltungsspielraum: Die in der Vergangenheit vorangetriebene Flexibilisierung der Ausbildung durch mehr Gestaltungsoffenheit wird als positive Entwicklung bewertet. Die duale Ausbildung hat ihren festen Platz im Rek­ rutierungsinstrumentarium deutscher Großunterneh­ men. Trotz einer grundsätzlichen Zufriedenheit mit dem dualen Ausbildungssystem konnte die Studie Faktoren herausarbeiten, die Unternehmen entweder hemmen, weiter in die duale Ausbildung zu investieren, oder das Ausbildungsengagement zusätzlich fördern. Die folgen­ de Tabelle liefert einen Überblick über die identifizierten fördernden und hemmenden Faktoren und den daraus abgeleiteten Verbesserungsbedarf.

ZUsAMMenFAssUnG

8

Fördernde und hemmende Faktoren der Ausbildung nach BBiG/HwO Aspekt

leistungsfähigkeit

Fördernde Faktoren

• • • • • •

Hemmende Faktoren

• Zu wenig Praxisbezug im Schulsystem, zu wenig individuelle Förderung der Schüler/ innen • Zunehmende Heterogenität der Bewerbergruppe • Trend zur Akademisierung des Bildungssystems und dadurch Abwertung der Berufsbildung • Leistung/Kooperation mit den Berufsschulen/fehlende Inhalte in Curricula der Berufsschulen • Zu große Anzahl an Berufen • Fehlende Durchlässigkeit an der Schnittstelle zur Hochschule

Verbesserungsbedarf

• Individuellere Förderung der Schüler/innen während der Schulzeit • Attraktivität der dualen Ausbildung gegenüber Studiengängen stärken • Verbesserte Ausbildung der Schüler/innen in der Berufsschule bzw. Professionalisierung des Lehrpersonals und bessere Kooperation mit Unternehmen; Stärkung der Stellung der Berufsschulen im Schulsystem • Weniger Berufe bzw. Stärkung des Berufsgruppenprinzips • Mehr Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Studium

Aspekt

kosten-/nutzenverhältnis

Fördernde Faktoren

• Höhere Rentabilität der eigenen Ausbildung gegenüber der Rekrutierung externer Fachkräfte

Hemmende Faktoren

• Abnehmende Zahl an (geeigneten) Bewerber/innen

Verbesserungsbedarf

• Abkehr von politisch forcierter Akademisierung des Berufsbildungssystems

Aspekt

Flexibilität

Fördernde Faktoren

• Höhere Flexibilität (z. B. durch Gestaltungsoffenheit, Berufsgruppen), um auf heterogene Zielgruppen zugehen zu können • Schnellere Umsetzung neuer Berufe • Erneuerung der Berufsbilder und positive Entwicklung des Prüfungswesens durch die Einführung der gestreckten Abschlussprüfung

Hemmende Faktoren

• Zunehmend steigendes Anforderungsniveau der Ausbildung, zu viele Inhalte • Aber noch nicht schnell genug! • Bindung von Ausbilderkapazität durch hohes Engagement bei der IHK

Verbesserungsbedarf

• Häufigere und schnellere Überprüfung und Neuordnung der Berufsbilder • Flexibilisierung des Systems/Modularisierung

Aspekt

Werteorientierung

Fördernde Faktoren

• Vermittlung unternehmensbezogener Werte/Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen • Fortführung der Unternehmenstradition

Hemmende Faktoren

• Keine benannt

Kombination aus Theorie und Praxis Höheres Ausbildungsniveau/gestiegene Anforderungen Qualitativ höhere Ausbildung als früher Zentrales Prüfungssystem bei den zuständigen Stellen (Kammern) Betriebsspezifische Qualifizierung der Fachkräfte Möglichkeiten der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung

ZUsAMMenFAssUnG

Die genannten Verbesserungsbedarfe, wie z. B. not­ wendige Anpassung der in der Berufsschule vermittelten Inhalte an die betrieblichen Bedarfe und an die verän­ derten beruflichen Anforderungen, Beschleunigung/Fle­ xibilisierung des Neuordnungsverfahren, unübersichtli­ che Zahl von Ausbildungsberufen, sind nicht unbekannt. Großunternehmen unterscheiden sich hier nicht von der Unternehmenslandschaft insgesamt. Wahrgenom­ mene Schwachstellen der dualen Ausbildung werden bislang durch einen erhöhten Ressourceneinsatz (Perso­ nal, Finanzen) kompensiert. Als Konsequenz ist aus den betrieblichen Strategien ablesbar, dass Unternehmen, die ihre Bedarfe durch das Angebot der Ausbildung auf Dauer nicht abgedeckt sehen – u. a. aufgrund fehlen­ der fachlicher Inhalte in der Berufsschule –, vermehrt alternative Ausbildungsvarianten entwickeln, die in unterschiedlichem Ausmaß Variationen des klassischen dualen Ausbildungssystems darstellen.

2. Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene werden primär über die duale Ausbildung rekrutiert. Die befragten Unternehmen rekrutieren ihre Fachkräfte im Durchschnitt zu etwa zwei Drittel über die eigene Ausbildung – darunter zählen in diesem Fall: duale Ausbildung, duale Ausbildung mit Zusatzqualifikation, duales Studium. Vor allem im gewerblich-technischen Bereich bildet die duale Ausbildung einen unverzicht­ baren Bestandteil der Personalpolitik in den Großun­ ternehmen. Einerseits sind berufliche Handfertigkei­ ten immer noch gefragt, andererseits ist es schwerer, einschlägig qualifizierte Fachkräfte auf dem externen Arbeitsmarkt zu finden, die den spezifischen Qualifi­ kationsanforderungen des jeweiligen Unternehmens gerecht werden. Im kaufmännischen Bereich sind Tendenzen zur Höherqualifizierung erkennbar. Die Anforderungsprofile in diesem Bereich haben sich offensichtlich derart verändert, dass vermehrt auf Ab­ solventinnen und Absolventen dualer Studiengänge zu­ rückgegriffen wird. Insgesamt werden aber Tätigkeiten auf der mittleren Qualifikationsebene auch zukünftig – und das ist ein zentraler Befund der Untersuchung – mehrheitlich von Personen mit einer Berufsausbildung ausgeführt. Neben der dualen Ausbildung wird etwa ein knappes Drittel der Fachkräfte über den externen Arbeitsmarkt rekrutiert. Dies ist als Komplementärstrategie für spezi­ fische Zwecke zu bewerten: " Der externe Arbeitsmarkt wird entweder im Falle eines entstehenden spezifischen Bedarfs, z. B. an speziellen fachlichen Kompetenzen, Erfahrungen oder zu besetzenden Positionen, als Rekrutierungs­ variante gewählt oder

9

" der Bedarf entsteht ad hoc und muss in kurzer Zeit gedeckt werden, sodass Fachkräfte nicht schnell genug intern bereitgestellt werden können. Der Anteil an An- und Ungelernten ist in den Groß­ unternehmen eher gering und sinkt nach deren Anga­ ben tendenziell weiter, weshalb die befragten Unterneh­ men nur zu einem zu vernachlässigenden Anteil über Nachqualifizierungsmaßnahmen rekrutieren.

3. Alternative Ausbildungsvarianten als Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen und identifizierte Verbesserungsbedarfe dualer Ausbildung Die Etablierung alternativer Ausbildungsvarianten kann als eine Reaktion auf sich verändernde Rahmenbedin­ gungen von Ausbildung gesehen werden. Als zentrale Faktoren sind zum einen veränderte und/oder steigende Qualifikationsanforderungen – bedingt durch techni­ sche Innovationen, neue Formen der Arbeitsorganisati­ on und die zunehmende Internationalisierung – zu nen­ nen sowie zum anderen der veränderte Bewerbermarkt (weniger gute Bewerber/innen, leistungsstarke Jugend­ liche ziehen ein Hochschulstudium vor). Zudem sollen über die identifizierten Ausbildungsvarianten erkannte Schwächen im Ausbildungssystem kompensiert werden – beispielsweise durch eine erhebliche inhaltliche Anrei­ cherung oder eine vom gängigen System abweichende Organisation der Ausbildung, z. B. durch die Integration eines dritten Lernorts oder die Qualifizierung aller Aus­ zubildenden einer Berufsgruppe in einem Basismodul. Die Unternehmen entwickeln Ausbildungsvarianten, die es erlauben, das zukünftige Fachpersonal noch be­ triebs- und bedarfsorientierter auszubilden. Dazu wird die „klassische“ duale Ausbildung auf vielfältige Weise angereichert. Bei den in der Untersuchung identifizierten alterna­ tiven Ausbildungsvarianten handelt es sich mehrheitlich um unterschiedliche Ausprägungen der Ausbildung mit Zusatzqualifikationen, die in ihrer Ausgestaltung eine unterschiedliche inhaltliche und organisatorische Nähe zur klassischen dualen Ausbildung aufweisen (vgl. nachfolgende Abbildung). Lediglich eine beschrie­ bene Variante ist unterhalb des ordnungspolitischen Rahmens angesiedelt, d. h., sie endet nicht mit einem Ausbildungsabschluss. Dabei handelt es sich um ein Qualifizierungsprogramm für „schulmüde“ Jugendliche, die in zwei Jahren auf eine Beschäftigung als Arbeiter/in vorbereitet werden und dieses mit einer internen Prü­ fung des Unternehmens abschließen. Duale Studiengänge werden von nahezu allen befragten Unternehmen angeboten. Die Absolventinnen und Absolventen von dualen Studienmodellen werden

ZUsAMMenFAssUnG

10

in der Regel nicht auf der mittleren Qualifikationsebene, sondern wie bisherige Hochschulabsolventinnen und -absolventen für höher qualifizierte Tätigkeiten, mit Op­ tion auf eine Führungslaufbahn, eingesetzt. Im Vergleich zu klassischen Hochschulabsolventinnen und -absol­ venten bringen duale Studentinnen und Studenten aber bereits Praxiserfahrung mit und kennen die Strukturen und Prozesse des Unternehmens. Das Studium erfährt, laut Aussage der befragten Unternehmen, durch das Prinzip der Dualität eine Aufwertung. Die folgende Übersicht zeigt das in den Großunternehmen vorgefundene Spektrum an Ausbildungsvarianten.

Visier. Einzelne Unternehmen haben diese Ausbildungs­ plätze im vergangenen Jahr aufgestockt bzw. zusätzli­ che Programme für diese Zielgruppe entwickelt. Hier könnte sich eine Entwicklung von der Übernahme rein gesellschaftlicher Verantwortung hin zur Potenzial­ nutzung auch „am unteren Rand“ abzeichnen. Die Zahl der Jugendlichen in diesen Programmen ist quantitativ bisher nicht von großer Bedeutung bei der Sicherung der Fachkräftebasis. Leistungsstarke Auszubildende werden durch die Integration zusätzlicher Inhalte gefördert und zu guten Leistungen motiviert. Während die Vermittlung über-

Alternative Ausbildungsvarianten in Großunternehmen

Duales Studium – Exportmodell ins Ausland

Duales Studium – berufsbegleitend

Duales Studium „light“

Förderung der Ausbildungsfähigkeit

AusbildungPlus – Vermittlung von Querschnittsqualifikationen

Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“

Duales Studium – praxisintegrierend

Duales Studium – ausbildungsintegrierend

Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer Berufe

Verlängerung der Ausbildungsdauer

Duales Studium – Ersatz der dualen Berufsausbildung

Berufsübergreifende Grundausbildung

Ausbildungmodelle zur Unterstützung der internationalen Geschäftstätigkeit Verzahnung von Aus- und Weiterbildung

Ausbildung als Basis für einen strukturierten PE-Prozess

Duale Ausbildung

Diese lassen sich anhand von drei charakteristischen Prinzipien zusammenfassend darstellen:

Prinzip der Potenzialausschöpfung unterschiedlicher Qualifikationsniveaus Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen nutzt verschiedene Modelle zur Integration Leistungsschwä­ cherer in die duale Ausbildung. Angefangen von ausbil­ dungsbegleitenden Hilfen und Nachhilfeprogrammen über Einstiegsqualifizierungen bis hin zu Berufsorien­ tierungs- und Berufsvorbereitungsprogrammen, die ein Jahr vor der regulären Ausbildung starten. Die teilweise inhaltlich komplexen und kostenintensiven einjährigen Modelle bieten vornehmlich Unternehmen des verar­ beitenden Gewerbes an. Diese Unternehmen nehmen die Zielgruppe der „Schulverlierer/innen“ nicht zuletzt aufgrund der absehbaren demografischen Entwicklung als potenzielles Fachkräftereservoir ansatzweise ins

fachlicher Kompetenzen meist als nicht zertifizierte Zusatzqualifikation (z. B. Varianten „AusbildungPlus“) erfolgt, werden zusätzliche fachliche Ausbildungsinhalte aus zertifizierten Fort-/Weiterbildungen vorzeitig in die Ausbildung integriert (z. B. Verknüpfung der Ausbildung zum/zur Mechatroniker/in mit der Weiterbildung zum/ zur Servicetechniker/in). Im Falle des Ablegens einer Fortbildungsprüfung können diese Inhalte angerechnet werden. Folgende Varianten zur Potenzialausschöpfung unterschiedlicher Qualifikationsniveaus lassen sich zusammenfassend finden: " Varianten zur Förderung der Ausbildungsfähigkeit " Varianten zur Verlängerung der Ausbildungsdauer " Varianten „AusbildungPlus“ zur Vermittlung von Querschnittsqualifikationen

ZUsAMMenFAssUnG

Prinzip der Gestaltung von lerneinheiten Es können Ausbildungsvarianten identifiziert werden, die eine modulartige Sortierung ihrer Inhalte vorse­ hen – und zwar über abgeschlossene Lerneinheiten. Im Ergebnis entsteht – aufbauend auf einer oder mehre­ ren Ausbildungsordnungen – ein System miteinander verbundener Lerninhalte, die flexibel, zum Teil auch berufsübergreifend, vermittelt werden. Erkennbar sind also Prinzipien modular gestalteter Ausbildungskon­ zepte, mit deren Hilfe Unternehmen versuchen, die Passgenauigkeit von Ausbildungsberufen mit Blick auf ihre branchen-/betriebsspezifischen Anforderungen zu erhöhen. Wenn beispielsweise verfügbare Berufsprofile die betrieblichen Anforderungen nicht vollständig abbilden, integrieren einzelne Großunternehmen gezielt Inhalte aus weiteren Ausbildungsberufen in die Ausbildung. Dies soll bewirken, dass die Fachkräfte entweder breiter oder spezialisierter einsetzbar sind. Beispiele hierfür sind der/die Verfahrensmechaniker/in mit Zusatzqualifikation Berufskraftfahrer/in, Anlagen­ mechaniker/in mit Schweißerprüfung oder Elektro­ niker/in mit Kenntnissen über Mikrotechnologie oder Wasserkraft. Die in den Unternehmen der Finanzdienstleis­ tungsbranche angewendete Variante Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“ (drei Lernorte) sieht ebenfalls die Entwicklung von Lerneinheiten in Abhän­ gigkeit der unternehmensspezifischen Qualifikationsan­ forderungen vor. Durch die Zusammenarbeit mit einem dritten, externen Lernort (Akademie) weichen die beiden befragten Unternehmen aus dem Wirtschaftszweig „Er­ bringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistun­ gen“ bei den kaufmännischen Berufen auf Partner aus, die – aus ihrer Sicht – flexibler auf veränderte Bedarfe der Unternehmen eingehen. Die damit einhergehenden Zusatzkosten nehmen die Unternehmen in Kauf, um die Qualität der eigenen Ausbildung zu steigern. Die in der Berufsschule vermittelten Inhalte gehen nicht im erfor­ derlichen Umfang auf die gestiegenen Anforderungen im Berufsfeld ein. Dies wird darauf zurückgeführt, dass das Berufsbild zuletzt 1997 neu geordnet wurde. Zwei Unternehmen bilden in ihrer gewerblichtechnischen Ausbildung auf Basis des Berufsgruppenprinzips aus, d.h., die Auszubildenden verwandter Berufe werden in den ersten sechs bzw. zwölf Monaten über ein Grundmodul gemeinsam ausgebildet. Besonders hervorzuheben ist das Modell eines Unternehmens des verarbeitenden Gewerbes, welches ein berufsüber­ greifendes Berufsgrundbildungsjahr vorsieht mit der Option, nach einem Jahr in einen anderen dualen Aus­ bildungsberuf innerhalb der Berufsgruppe zu wechseln.

11

Folgende Varianten mit Ansätzen zur Gestaltung von Lerneinheiten werden zusammenfassend in den Unter­ suchungsergebnissen beschrieben: " Varianten von Ausbildung mit Zusatzinhalten ande­ rer Berufe " Varianten mit drei Lernorten: Ausbildung mit Unter­ stützung „Dritter Experten“ " Varianten mit einer berufsübergreifenden Grund­ ausbildung

Prinzip der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung Zur Vorbereitung der Auszubildenden auf die Anfor­ derungen in den betrieblichen Einsatzfeldern schaffen einige der befragten Unternehmen fließende Übergänge zwischen Aus- und Weiterbildung. Teilweise werden dazu standardmäßig für alle Auszubildenden eines Jahrgangs Fortbildungsinhalte in die Ausbildung integriert. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Auszubildenden bereits während der Ausbildung Weiterbildungszertifikate (z. B. zum/zur Servicetechniker/in) oder erforderliche Berech­ tigungsscheine (z. B. für Tätigkeiten im Gas- oder Wasser­ netz [Energieversorger] oder für Tätigkeiten am Airbag, an der Klimaanlage [Automobilhersteller]) erwerben, um später Spezialistentätigkeiten übernehmen zu können. Die duale Ausbildung stellt in manchen Unter­ nehmen, hauptsächlich des verarbeitenden Gewerbes, den Ausgangspunkt für einen durchgängigen Perso­ nalentwicklungsprozess auf Facharbeiterebene dar. Junge Talente sollen frühzeitig erkannt und individuell gefördert werden. Den jungen Fachkräften stehen dabei unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten offen: Expertenlaufbahn, Führungslaufbahn oder Projektlei­ tung. Am Ende dieser Entwicklung kann eine interne Weiterbildung, eine berufliche Fortbildung oder ein BA-/MA-Abschluss stehen. Intendiert sind durchgän­ gige Entwicklungspfade, die während der Ausbildung beginnen und nach Beendigung der Ausbildung nicht abgeschlossen sind. Folgende Varianten werden in den Untersuchungser­ gebnissen beschrieben: " Varianten zur Verzahnung von Aus- und Weiterbil­ dung " Varianten mit Ausbildung als Basis eines strukturier­ ten Personalentwicklungsprozesses Die identifizierten Modelle unterscheiden sich aus verschiedenen Gründen von der klassischen dualen Ausbildung, stellen aber prinzipiell deren Grundprinzip nicht infrage: Die Dualität von Theorie und Praxis, d. h. die Verbindung von Lernen in einem schulischen Kon­ text und im Arbeitsprozess. Im Gegenteil, genau diese

ZUsAMMenFAssUnG

12

Dualität ist es, die die Unternehmen an ihren ausländi­ schen Standorten vermissen und dort mit verschiedenen Modellen aktiv darauf hinwirken, eine Berufsausbildung nach deutschen Qualitätsmaßstäben und mit betriebli­ chen Anteilen zu etablieren.

Varianten des dualen studiums Auch die erhobenen und nachfolgend vorgestellten Varianten von dualen Studiengängen lassen sich nach ihrer Nähe bzw. Distanz zur dualen Ausbildung differen­ zieren: Die in die Ergebnisdarstellung eingehenden Mo­ delle unterscheiden sich grundsätzlich in ausbildungsin­ tegrierende, d. h. inklusive eines IHK/HwK-Abschlusses, und praxisintegrierende duale Studiengänge. Die Unternehmen sehen die Stärken und Schwächen beider Modelle (duale Ausbildung, duales Studium) und versuchen, in ihrer Kombination eine bestmögliche Ausbildung ihrer Mitarbeiter/innen zu etablieren.

" Duales Studium „light“: zwei bis drei Semester Studium, ohne Studienabschluss im Anschluss an die duale Ausbildung " Duales Studium – ausbildungsintegrierend: Kombi­ nation eines Berufsabschlusses (IHK/HwK) und eines Bachelorabschlusses " Berufsbegleitendes Studium: Start eines Bachelorstu­ diums im Anschluss an eine duale Berufsausbildung Als eher praxisintegrierende Varianten werden in den Untersuchungsergebnissen beschrieben: " Duales Studium – praxisintegrierend: Bachelorstu­ dium mit betrieblichen Praxisphasen während der Semesterferien " Duales Studium – Ersatz der dualen Berufsausbil­ dung: Das duale Studium ersetzt die duale Ausbil­ dung.

stärken und schwächen duale Ausbildung und duales studium

stärken

schwächen

Duale Ausbildung

Duales studium

Große Praxisnähe

Praxisintegrierend

Kombination aus Theorie und Praxis

Verzahnung von Theorie auf akademischem Niveau und praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten

Enge Bindung an Unternehmen

Übergreifendes, konzeptionelles Denken

Relevante Berufserfahrung

Eigenverantwortlichkeit, hohes Maß an Selbstorganisation

Hoher Transfererfolg: gut in Tagesgeschäft/ Produktionsprozess integrierbar

Hohes Qualifikationsniveau

Gut im Unternehmen vernetzt

Weniger geregelt, u. U. günstiger, auf keinen Fall kostenintensiver

Berufsethos

Zertifizierte Praxisphasen, die in Endnote einfließen

Zu geringe bundesweit einheitliche Anrechnungsmöglichkeiten zwischen beruflicher Ausbildung und Studium Siehe Leitfrage 1: Hemmende Faktoren der dualen Ausbildung

Überwiegend wird das duale Studium als Möglich­ keit gesehen, mit den betrieblichen Abläufen vertraute Fach- und Führungskräfte auf einem höheren Quali­ fikationsniveau heranzubilden. Damit wird das duale Studium zu einem Qualifizierungsangebot für besonders Leistungsstarke. Als Modelle mit einem Ausbildungsbezug werden in den Untersuchungsergebnissen beschrieben:

Geringere Präsenz (zeitlich) im Unternehmen

" Duales Studium – Exportmodell ins Ausland: Das Modell duales Studium, d. h. Studium kombiniert mit betrieblichen Praxisphasen, wird ins Ausland exportiert. Das Modell duales Studium wird für die Unterneh­ men in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Einerseits fo­ kussieren sich leistungsstarke Jugendliche verstärkt auf eine hochschulische Ausbildung, andererseits bildet sich

ZUsAMMenFAssUnG

am oberen Rand hoch qualifizierter Facharbeit ein Quali­ fikationssegment heraus, das in einzelnen Unternehmen auch mit dualen Bachelorabsolvent/innen besetzt wird.

4. Wachsende konkurrenz zwischen beruflicher und akademischer Bildung Die Mehrheit der 28 Unternehmen bieten duale Studi­ engänge nicht speziell für die mittlere Fachkräfteebene an, d. h. für Tätigkeiten oder Positionen, die üblicher­ weise mit beruflich qualifizierten Fachkräften besetzt sind, sondern ausschließlich zur Qualifizierung ihres akademischen Nachwuchses. Die restlichen Unterneh­ men bilden die Absolvent/innen dualer Studiengänge teilweise für ein Tätigkeitssegment am oberen Rand der mittleren Fachkräfteebene aus. Dabei handelt es sich beispielsweise um Tätigkeiten im technischen Service oder im Vertrieb (gewerblich-technisch) oder der geho­ benen Sachbearbeitung (kaufmännisch). Duale Studiengänge werden primär dazu angeboten, um den gestiegenen Anforderungen an den Arbeitsplät­ zen gerecht zu werden und um gut qualifizierte Bewer­ ber/innen für das Unternehmen gewinnen und halten zu können. Der Großteil der Unternehmen betont, dass die dual Studierenden keine „besseren Fachkräfte“ sind, sondern mit den klassischen Hochschulabsolvent/in­ nen konkurrieren. Darüber hinaus gibt es aber Unter­ nehmen, die im dualen Studium eine Zwischenstufe zwischen dualer Ausbildung und Hochschulstudium sehen. Unternehmen eröffnen sich über dieses „Mittel­ ding“ neue Spielräume. Sie qualifizieren damit nicht aus­ schließlich für ihren Akademikernachwuchs, sondern auch für anspruchsvollere Fachkräftetätigkeiten. Tendenziell werden eher im kaufmännischen Be­ reich klassische Ausbildungsstellen mit dualen Student/ innen ersetzt als im gewerblich-technischen Bereich. Das bedeutet primär, dass sich das Ausbildungsstellen­ profil verändert. Beispielsweise sind zwei Unternehmen dazu übergegangen, größtenteils nur noch dual Studie­ rende statt beruflich Qualifizierte für kaufmännische Tätigkeiten vorzusehen. Die Gründe liegen vordringlich in der Notwendigkeit an gestiegenen fachlichen sowie personalen und methodischen Kompetenzen. Über diese Kompetenzen verfügen nach Meinung der Unter­ nehmen in der Regel nur Hochschulabsolvent/innen: Ausbildungsabsolvent/innen seien nicht „senior“ genug und brächten zu wenig Sprachkompetenzen mit. Im gewerblich-technischen Bereich sind Über­ schneidungen zwischen den Qualifikationsprofilen an der Schnittstelle von hoch qualifizierter Facharbeit zu Akademikertätigkeit erkennbar, allerdings weniger in Richtung dualer Ausbildung. An dieser Schnittstelle sind häufig Fachkräfte mit Fortbildungsabschlüssen beschäf­ tigt (z. B. Meister/in oder Techniker/in). Meister/innen

13

und Techniker/innen werden vielfach für fachlich an­ spruchsvollere Sachbearbeitertätigkeiten eingesetzt oder als betriebliche Vorgesetzte (z. B. Fertigungsgruppenlei­ ter/innen). Bachelor-Student/innen hingegen steigen auf einem höheren hierarchischen Level ein, wie z. B. in der gehobenen Sachbearbeitung oder im mittleren Management. Ihnen stehen zudem weitere Karriereopti­ onen offen. Seit einigen Jahren steigt der Anteil an dual Studierenden in den Unternehmen kontinuierlich an, gleichzeitig ist aber in der Berufsbildungsstatistik eine rückläufige Entwicklung von Fortbildungsabschlüssen festzustellen. In Zukunft erwarten die befragten Unter­ nehmen an dieser Schnittstelle zunehmende Verände­ rungseffekte zulasten der Fortbildungsberufe: „Warum sollte man jemanden zum Techniker fortbilden, wenn man in derselben Zeit einen Bachelor haben kann?“ Neben der Konkurrenz dualer Studiengänge zur dualen Ausbildung im kaufmännischen Bereich und bei Fortbildungsabschlüssen im gewerblich-technischen Bereich wird auch eine Konkurrenz zu klassischen Hochschulabschlüssen gesehen: Es werden mehr Akade­ miker/innen selbst über duale Studiengänge ausgebildet und weniger Hochschulabsolvent/innen vom externen Arbeitsmarkt rekrutiert. Die Unternehmen nutzen die dualen Studiengänge als Grundlage für eine über einen längeren Zeitraum angelegte Personalentwicklung (ca. vier bis fünf Jahre). Im Ergebnis steht ein/e hochschu­ lisch qualifizierte/r Mitarbeiter/in, der/die das Unterneh­ men, d. h. die Kultur, die Produkte und die Prozesse, gut kennt und sich auf dieser Basis weiterentwickeln kann. Die befragten Großunternehmen sprechen nur vereinzelt von einer direkten Konkurrenzsituation zwischen der dualen Ausbildung und dualen Studien­ gängen. Eine breit gefächerte betriebliche Relevanz kann aus den Erkenntnissen – mit den benannten Ausnahmen (Verdrängung von Fortbildungsberufen und teilweise Substitution der kaufmännischen Ausbildung aufgrund der Überschneidung von Anforderungsprofilen) – nicht erkannt werden: Die Frage der Konkurrenz bedarf einer näheren Betrachtung und ist gegenwärtig nicht ein­ deutig zu beantworten. Einerseits deuten der Ersatz von dualen Ausbildungsplätzen durch Ausbildungsstellen für duale Studiengänge und diffuse Qualifikationsprofile an der Schnittstelle zwischen gehobener Facharbeit und Akademikertätigkeit auf Verdrängungseffekte hin. An­ dererseits wird von Unternehmen die bildungspolitisch forcierte Akademisierung, d. h. die Forderung steigender Studierquoten, kritisiert (vgl. dazu auch BIBB 2012c). Erkennbar ist die Sorge der Unternehmen, dass der bildungspolitische Trend einer Aufstiegsorientierung kontraproduktive Auswirkungen auf das Ausbildungs­ verhalten der Schulabsolvent/innen hat, sodass die be­ triebliche Ausbildung zukünftig auf (noch) weniger gute

ZUsAMMenFAssUnG

14

Bewerber/innen zurückgreifen kann. Die Befürchtung ist, dass leistungsstarke Bewerber/innen sich eher für ein Studium entscheiden und sich dadurch das Problem der Nachwuchssicherung auf der mittleren Fachkräfteebene verschärft.

B) Handlungsempfehlungen Unternehmen formulieren die Modernisierungsbedarfe des Ausbildungssystems auf der Grundlage erkannter Anpassungsnotwendigkeiten, die durch unternehme­ rische, technologische und gesellschaftliche Verände­ rungen entstehen. Dabei handelt es sich um vereinzelt benannte Neuordnungsbedarfe, beispielsweise in kaufmännischen Berufen. Auch sind veränderte Qualifi­ kationsprofile in gewerblich-technischen Berufsbildern der Energiebranche erkennbar. Ein Energieversorger verweist beispielsweise auf ein selbst entwickeltes Profil zum/zur „Hydroniker/in“ und „Hydromechaniker/in“2. Die Hinzunahme weiterer externer Partner (Aka­ demien) bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten zeigt weitergehenden Handlungsbedarf der Unterneh­ men an der Schnittstelle zur Berufsschule. Aus Sicht ein­ zelner Betriebe deckt diese in einzelnen Branchen bzw. Regionen grundlegend benötigte Inhalte in kaufmänni­ schen Berufen nicht ausreichend ab. Notwendig scheint eine verbesserte Anpassungsfähigkeit der Berufsschulen an sich verändernde Anforderungen, um deren Rolle im dualen System nachhaltig zu stabilisieren. Zudem gilt es, die Ausdehnung des Berufsgruppen­ prinzips, d. h. die gemeinsame Grundlagevermittlung verwandter Berufe und eine im Zeitverlauf stärkere Spezialisierung, auch für weitere Berufe zu prüfen mit dem Ziel, flexiblere Wege zum Ausbildungserfolg für Jugendliche und eine Verbesserung der Wechselmög­ lichkeiten zwischen gleichwertigen Berufsbildern zu schaffen. Letztendlich wäre das auch ein Beitrag zum Ausbau betrieblicher Berufsorientierung und damit zur Reduzierung von Ausbildungsabbrüchen. Ein weiterer Ansatz zur stärkeren Flexibilisierung der Ausbildung liegt in der Vermittlung von Inhalten über abgegrenzte Lerneinheiten innerhalb der curricu­ laren Gesamtstruktur eines Ausbildungsberufes. Unter Berücksichtigung einer stärker modular ausgerichteten Ausbildung könnten einzelne Lerneinheiten schneller erneuert und an veränderte Anforderungen angepasst 2

Zielgruppe: Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen der Berufe Elektroniker/in und Industriemechaniker/in: Elektro­ niker/innen erhalten direkt im Anschluss an die Berufsausbil­ dung eine dreimonatige Grundausbildung im Bereich Metall. Industriemechaniker/innen erhalten eine entsprechende Ver­ tiefung im Bereich Elektronik. Beide Gruppen erlernen zudem spezifische Inhalte rund um die Wasserkraft.

werden. Es gilt zu prüfen, inwieweit die Grundprinzipi­ en der Gestaltung von Lerneinheiten geeignet sind, die Flexibilität des Ausbildungssystems weiter zu erhöhen und die skizzierten Ausbildungsvarianten stärker an das System zu binden. Dies wäre ebenfalls ein Beitrag, die Verzahnung der Aus- und Weiterbildung und somit deren Durchgängigkeit zu stärken sowie die Attraktivität dualer Ausbildung zu erhöhen. Auch wenn der Kern der Ausbildung über die identifizierten Ausbildungsvarianten grundsätzlich erhalten bleibt, so verändern sich doch die Facetten dualer Ausbildung beispielsweise durch weitere Partner (Akade­ mien, Hochschulen) oder die Anreicherung bestehender Inhalte durch modulare Lerneinheiten aus anderen Ausund Fortbildungsberufen. Gründe bestehen in veränder­ ten Arbeitsanforderungen oder auch in der Erhöhung der Attraktivität der Ausbildung. Die sich in Unternehmen entwickelnden Varianten sollten daraufhin weiter beob­ achtet werden, ob es sich bei den identifizierten Varianten um Einzelfälle handelt oder um Entwicklungstendenzen, die die Notwendigkeit betonen, die Flexibilisierung der dualen Ausbildung stärker voranzutreiben. Die Untersuchungsergebnisse geben Hinweise auf sich verändernde Qualifikationsanforderungen auf der mittleren Fachkräfteebene. Die nähere Betrachtung der von den Unternehmen genutzten alternativen Ausbil­ dungsvarianten lässt zudem Rückschlüsse auf Verände­ rungen hinsichtlich des erforderlichen Qualifikations­ niveaus zu. Es lässt sich über alle Unternehmen hinweg feststellen, dass eine feste Zuordnung von Abschlüssen zu fest definierten Stellen- oder Tätigkeitsprofilen mehr und mehr aufgelöst wird. Die Unternehmen nutzen ver­ schiedene Ausbildungsvarianten oder auch Kombinatio­ nen von Modellen, um für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld den/die bestmöglich ausgebildete/n Mitarbeiter/in auszubilden. Um jedoch dezidiert Aussagen über Qualifikations­ bedarfe auf der mittleren Fachkräfteebene treffen zu können, auch hinsichtlich möglicher Verdrängungsef­ fekte durch duale Studiengänge, sind weitergehende tätigkeitsbezogene Analysen in ausgewählten Bran­ chen notwendig. Ziel ist es dabei zu klären, wie sich die Verschiebungen zwischen Ausbildung und Studium auf Basis der aus der Tätigkeit erwachsenen Kompetenzanforderungen weiterentwickeln und wie sich daraus abgeleitet Facharbeit weiterentwickelt. Erforderlich ist es, die benannten Verschiebungen, insbesondere an der Schnittstelle mittlere Fachkräfteebe­ ne/akademische Tätigkeiten, weiter zu beobachten. Eine bildungspolitisch höhere Sensibilität bei der Forderung nach mehr Akademiker/innen hinsichtlich betrieblicher Belange bei der Sicherung der mittleren Fachkräftebasis könnte bestehende Irritationen reduzieren.

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

1

15

Ausgangslage und Projektziele

1.1 Ausgangslage Unternehmen stellen sich in Bezug auf die duale Berufsausbildung vielschichtigen Herausforderungen, die insbesondere aus veränderten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen resultie­ ren. Die demografische Entwicklung, der Wandel der Arbeitsanforderungen und die Dynamik der Globali­ sierung führen zu einem verschärften Wettbewerb auf den Arbeits- und Ausbildungsmärkten. Unternehmen nutzen deshalb in der Regel neben der dualen Ausbil­ dung noch verschiedene andere Rekrutierungswege, um ihren Fachkräftebedarf zu decken, wie beispielsweise duale Studiengänge, die Studium und Berufsausbildung miteinander verzahnen. Eine Herausforderung für das duale System ist, dass duale Studiengänge künftig verstärkt Qualifikationen abdecken könnten, die bisher durch die duale Berufsaus­ bildung bedient werden. So tritt die berufliche Ausbil­ dung in Konkurrenz zur „verberuflichten“ Hochschul­ ausbildung (vgl. Dietrich/Severing 2008, S. 98). Davon sind insbesondere wissensintensive Berufe betroffen, die häufig von Personen mit einer Studienberechtigung ergriffen werden.

Nachfolgend werden die wesentlichen Herausforde­ rungen entlang von drei Argumentationssträngen – demografische, qualifikatorische und arbeitsmarktbezo­ gene Herausforderungen – näher ausgeführt.

1.1.1

Demografische Herausforderungen

Der Demografiefaktor trifft die Unternehmen gleich mehrfach. Neben der Abnahme und Alterung des Erwerbspersonenpotenzials, ist das steigende Durch­ schnittsalter der Belegschaften, aber auch die sinkende Anzahl von Schulabsolventinnen und -absolventen zu nennen.

sinkendes erwerbspersonenpotenzial Unterschiedliche Prognosen (BIBB-DEMOS, BIBB-FIT, IAB) weisen in eine Richtung: Seit 1990 sinkt der Anteil der 20- bis 64-jährigen Bevölkerung kontinuierlich, der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung dagegen steigt (vgl. Abbildung 1). Die Zahl der heute in Deutschland lebenden knapp 50 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter wird nach 2020 erkennbar zurückgehen und im Jahr 2030

Abb. 1: Alterung der Bevölkerung im Vergleich 1990

100%

2010

2030

2050

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

Ve r

De

ut

sc

hl

an d It a l F ei ni ran ien gt . K k re ön ich N i g re ie de ich rla Sc nd hw e ed en De ut sc hl an d Ve It a re in Fra lien nk ig t. Kö reic h n N i g re ie i c de h rla Sc nd hw e ed en De ut sc hl an d Ve It a re F in ra lien nk ig t. Kö reic ni h N g re ie de ich rla Sc nd hw e ed en De ut sc hl an d Ve It a re in Fra lien nk ig t. Kö reic ni h N g re ie de ich rla Sc nd hw e ed en

0%

0–19 Quelle: Bundesministerium des Innern 2011, S. 35

20–64

65+

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

16

etwa 42 Millionen betragen. Diese Entwicklung wird das zukünftige Angebot an Arbeitskräften bestimmen (vgl. BMI 2011, S. 36) (vgl. Abbildung 2). Bei einer Gegenüberstellung des gesamtwirtschaft­ lichen Arbeitskräfteangebots und des Bedarfs ist zudem ein stärkerer Rückgang des Angebots als des Arbeitskräf­ tebedarfs erkennbar (vgl. Helmrich 2012, S. 3). Engpässe entstehen dabei eher bei Fachkräften mit mittleren Bildungsabschlüssen als bei akademisch Gebildeten (vgl. ebd., S. 9).

steigendes Durchschnittsalter in den Unternehmen Für die Unternehmen bedeutet dies nicht nur ein quantitativ abnehmendes Erwerbspersonenpotenzial, sondern auch einen Anstieg des Durchschnittsalters der Belegschaften. Das Erwerbspersonenpotenzial wird in Zukunft zu einem hohen Anteil aus über 50-Jährigen bestehen (BMI 2011, S. 37). Dies stellt Anforderungen nicht nur an die Rekrutierungsvarianten der Unterneh­ men, sondern auch an die konzeptionelle Ausrichtung der Personalpolitik auf die unterschiedlichen Lebensla­ gen und -bedürfnisse der Belegschaft. Verlässliche Daten zur Altersstruktur der Beschäftigten in den Teilbranchen liegen bisher nicht vor. Bereits heute ist ein Rückgang potenzieller Arbeits­ kräfte aus dem dualen System spürbar, den Unterneh­ men in ihrer Personalplanung berücksichtigen müssen. Deutlich lässt sich dies anhand des ebenfalls demo­

grafisch bedingten Rückgangs der Schüler/innen- und Absolventen/innenzahlen erkennen.

sinkende Anzahl an schulabsolventinnen und -absolventen Ausgehend vom Jahr 2005 mit knapp 12,3 Millionen Schüler/innen, wird die Zahl bis 2020 um 2,2 Millionen Schüler/innen zurückgehen und 10,1 Millionen betra­ gen. Dies entspricht einem Rückgang von 17,8 Prozent gegenüber 2005 (KMK 2007, S. 8). Das für die mittlere Fachkräfteebene wichtige Potenzial der Absolventinnen und Absolventen der Sekundarstu­ fe I (Hauptschüler/innen und Realschüler/innen) wird bundesweit insgesamt sinken. Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen mit Realschulabschluss geht bis 2025 um rund 70.300 Personen (19,5 Prozent) zurück (KMK 2011, S. 10). Bei denjenigen mit einem Hauptschulabschluss fällt der erwartete Rückgang proportional gesehen noch stärker aus und beträgt bis 2025 rund 39,3 Prozent (ebd.). Ein Blick auf die akademisch Qualifizierten lässt erkennen, dass der Rückgang bis 2025 im Verhältnis gesehen mit 7,1 Prozent weniger stark ausfallen wird. Starke Differenzen gibt es bei einer Unterschei­ dung nach Ost- und West-Deutschland. In den neuen Bundesländern wird die Abnahme der Personen mit Fachhochschul- und Hochschulreife in den Flächenlän­ dern mit knapp 25 Prozent deutlicher stärker ausfallen als in den Stadtstaaten, deren Zahl nahezu unverändert

Abb. 2: Bevölkerung im erwerbsalter von 20 bis unter 65 jahren 2009 bis 2060 (in Mio.) Millionen Personen

50

1-W1

1-W2

48 46 44 42 40 38 36 34 32 30

2010

2015

2020

2025

Quelle: Bundesministerium des Innern 2011, S. 36

2030

2035

Kalenderjahr

2040

2045

2050

2055

2060

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

17

Abb. 3: entwicklung der schulabsolvent/innenzahlen 2005 bis 2020 110

100 West 90

80

D gesamt

70 Ost 60

50 2005

2015

2010

2020

Quelle: KMK 2009

bleibt (a. a. O., S. 11). Unternehmen müssen somit bei der Versorgung mit Nachwuchskräften von regional unter­ schiedlichen Rahmenbedingungen ausgehen. Diese Entwicklung hat negative Auswirkungen auf die Nachfrage nach Ausbildungsstellen. Von großen Problemen bei der Rekrutierung von Auszubildenden berichten 27 Prozent der Unternehmen. Dies betrifft zwar vor allem kleine und mittlere Unternehmen (Becker u. a. 2011, S. 28), aber immerhin 50 Prozent der Betriebe mit über 250 Mitarbeitenden berichten eben­ falls von Problemen bei der Besetzung von Ausbildungs­ stellen. Dies lässt sich auch an der Zahl nicht besetzter

Ausbildungsplätze verdeutlichen. Obwohl die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus allgemein­ bildenden Schulen die Zahl der zu besetzenden dualen Ausbildungsplätze seit Beginn der 1990er-Jahre über­ steigt (vgl. Autorengruppe BIBB/Bertelsmann Stiftung 2011, S. 7), konnten auch im Jahr 2010 zum Abschluss des Berichtsjahres rund vier Prozent der gemeldeten Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Laut dem BIBB-Qualifizierungspanel bliebe zudem jeder dritte Ausbildungsbetrieb erfolglos bei der Suche nach geeigneten Bewerber/innen für das Ausbildungs­ jahr 2010/2011 (vgl. Abbildung 4).

Abb. 4: Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2010/2011 Anteil an Ausbildungsbetrieben mit Ausbildungsangeboten für das Ausbildungsjahr 2010/2011 und mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben (betriebliche Vakanzquote) (in %)

Betriebe mit Ausbildungsstellenangeboten

52,6

davon Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen

Quelle: Troltsch u. a. 2012, S. 2

34,8

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

18

Zusätzlich ist festzuhalten, dass eine unmittelbare Aufnahme einer dualen Berufsausbildung nur gut einem Fünftel der Abiturientinnen und Abiturienten attraktiv erscheint (BMBF 2011, S. 33). Diese Zahlen legen nahe, dass der Fachkräftebedarf der Wirtschaft künftig nicht mehr ausschließlich durch die berufliche Erstausbildung gedeckt werden kann.

1.1.2

Qualifikatorische Herausforderungen

Veränderte (steigende) Qualifikationsanforderungen Auslöser für veränderte Qualifikationsanforderungen bestehen zunächst in technologischen und/oder orga­ nisatorischen Veränderungen der Arbeitstätigkeit. Die Einführung neuer Technologien eröffnet Dispositions­ spielräume im Verhältnis Arbeitsorganisation, Technik und Personal (vgl. Rese 2001, S. 172; Bergmann 2006, S. 147). Technik wird nicht mehr als der allein dominie­ rende Faktor angesehen, dem sich die anderen Faktoren anzupassen haben. Die Zerstückelung von Arbeitsinhal­ ten, Reduzierung von Interaktionsmöglichkeiten, die rigide Trennung von Arbeitsplanung und -ausführung, direkte Kontrolle und eine weitgehende Vereinfachung der Arbeit weichen zunehmend Konzepten, welche die Produktivitätspotenziale der Arbeit durch die Nutzung der Qualifikationen der Beschäftigten und deren fach­ licher Souveränität erhöhen wollen. Im Rahmen dieser Konzepte haben Gruppenarbeit, Aufgabenintegration, Jobrotation und erhöhte Kooperation eine erhebliche Bedeutung (vgl. Florida/McNulty 1995). Prozessorientie­ rung bei der Arbeitsorganisation rückt in den Fokus der Betriebsorganisation. Baethge u. a. (1998, S. 83 ff.) weisen darauf hin, dass die mit dem Begriff Prozessorientierung gefasste Veränderungsdynamik in der Betriebs- und Arbeitsorganisation weitreichende Auswirkungen auf Kompetenzanforderungen der Beschäftigten und in deren Gefolge auf die Konzeption und Inhalte der Aus- und Weiterbildung haben (vgl. auch Dehnbostel 2008). Zudem führen der in den vergangenen Jahren gewachsene Einfluss der Informations- und Kommuni­ kationstechnologie sowie ein größerer Dienstleistungs­ charakter zu steigenden Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten. Durch die Integration von Dienst­ leistungsaufgaben und handwerklich-technologischen Kompetenzen ist Facharbeit zudem komplexer und an­ spruchsvoller geworden – Facharbeiter/innen überneh­ men heute deutlich weniger rein produktionsbezogene Tätigkeiten als noch vor 15 Jahren (vgl. Galiläer 2007, S. 70). Auf allen Hierarchieebenen benötigen Fachkräfte breite berufliche Handlungskompetenzen. Diese benö­ tigten und sich verändernden Qualifikationen müssen

in immer kürzeren Zeiträumen zur Verfügung stehen. Vor allem auf der mittleren Qualifikationsebene zeich­ net sich dabei ein Trend zur Höherqualifizierung ab. Der Bedarf nach beruflicher Flexibilität und regelmäßiger, gezielter Weiterentwicklung von Qualifikationen und Tätigkeitsprofilen wird deshalb weiter zunehmen (vgl. Wilhelm 2012).

Friktionen beim übergang schule/Beruf Eine Reihe von Fakten lassen vermuten, dass für einige Jugendliche der Übergang von der Schule ins Berufs­ leben bzw., aus Sicht der Unternehmen, die Besetzung möglicher Ausbildungsstellen nicht friktionslos erfolgt. Angeführt seien an dieser Stelle drei Faktoren: " Hohe Zahl an Vertragslösungen: Im Jahr 2008 wur­ den 21,5 Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst (vgl. BIBB 2010, S. 174). Zudem wechselten im Schnitt der letzten 30 Jahre ein Fünftel der Absol­ ventinnen und Absolventen direkt nach der Aus­ bildung den erlernten Beruf (vgl. Hall 2007, S. 10). Die Lösungsquoten schwanken meist zwischen 20 und 25 Prozent (vgl. Bohlinger 2008; Kupka/Wolters 2010, S. 5), sodass rund ein Fünftel bis ein Viertel der Einmündungsprozesse nicht erfolgreich verlaufen und damit nicht nur Ausbildungsstellen blockiert, sondern zusätzlich auch biografische Unsicherhei­ ten erzeugt werden. Den Unternehmen geht somit Potenzial verloren, das angesichts der aufgezeigten demografischen Herausforderungen dringend benötigt wird. " Hohe Zahl an Jugendlichen im Übergangssystem: Viele Schulabgänger/innen finden keinen direkten Einstieg in den Arbeitsmarkt, sondern münden in das Übergangssystem ein. Ihr Anteil an der Gesamt­ heit der Neuzugänge hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Gegenwärtig kann von einem Viertel bis einem Drittel der nicht studienberechtig­ ten Schulabgänger/innen (Neuzugänge) ausgegangen werden, die mindestens an einer Übergangsmaßnah­ me teilnehmen (BIBB 2010, S. 91; Autorengruppe Bil­ dungsberichterstattung 2010, S. 313; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012, S. 102). Durch das Übergangssystem entstehen nicht nur hohe Kosten, die jährlich mit 4,3 Milliarden Euro für 2010 ange­ geben und mit 3,3 Milliarden Euro für das Jahr 2025 prognostiziert (Autorengruppe Bildungsberichter­ stattung 2010, S. 317) werden. Vielmehr verlieren Unternehmen ein Potenzial aus dem Blick, das vor dem Hintergrund zusätzlichen Fachkräftenach­ wuchsbedarfs für die mittlere Qualifikationsebene dringend benötigt wird. " Sinkende Ausbildungsreife von Jugendlichen aus Unternehmenssicht: Aus Unternehmensbefragun­

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

gen sind Hinweise zu entnehmen, was unter fehlen­ der Ausbildungsreife zu verstehen ist: Die größten Defizite sehen Unternehmen bei schriftsprachlichen Kompetenzen, Rechtschreibung und Zeichensetzung sowie der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit, ca. jedes achte Unternehmen sieht Mängel bei der Dreisatzund Prozentrechnung und den Wirtschaftskenntnis­ sen (vgl. Dobischat/Kühnlein/Schurgatz 2012, S. 32; Autorengruppe BIBB/Bertelsmann Stiftung 2011, S. 10). Zudem wird die mangelnde Ausbildungs­ reife auch auf die als nicht ausreichend erachteten Sozialkompetenzen der Schulabsolvent/innen bezogen – und zwar von 75 Prozent der befragten Unternehmen. Generell sind die regelmäßigen Meldungen einer fehlenden Ausbildungsreife eines Teils der Schulabgänger/innen aus Betrieben mit Vorsicht zu genießen, da stichhaltige Belege für ein nachlassendes Qualifikationsniveau fehlen. Zudem wird nicht immer zwischen vorhandenen und auch tatsächlich am Arbeitsplatz benötigten Kompetenzen unterschieden. Aus Sicht der Unternehmen erfordert eine sinkende Ausbildungsreife innerbetriebliche Maßnahmen – als Kompensationsfunktion – mit dem Ziel, das Eingangsniveau der Auszubildenden anzuheben.

Dynamik der Globalisierung Im globalen Wettbewerb werden Internationalisie­ rungsstrategien als wichtige Rahmenbedingung für den Stellenwert und die Weiterentwicklung der Berufsaus­ bildung erachtet. „Für international agierende Unter­ nehmen ist es ein Moment der Standortentscheidung, wo mit welcher Flexibilität und zu welchen Kosten von den Bildungssystemen Berufskompetenzen bereit­ gestellt werden können.“ (Bertelsmann Stiftung 2009, S. 154). Dieser Zusammenhang wird umso wichtiger, je mehr Wettbewerbsvorteile auf Wissensvorsprüngen und nicht mehr vorrangig auf materiellen Produktions­ faktoren beruhen (Bertelsmann Stiftung 2009, S. 165). In Zeiten erhöhter transnationaler Mobilität können Unternehmen zudem über den nationalen Ausbildungs­ markt hinaus adäquate Fachkräfte rekrutieren und die Ausbildung ihres Personals ganz oder teilweise in andere Länder verlagern. Dies ist besonders für Unternehmen attraktiv, die gezielt Konzepte der Mitarbeitervielfalt („Diversity“) verfolgen und bestimmte ausländische Märkte bedienen. Eine Ausrichtung auf internationale Märkte dürf­ te den beschriebenen Trend zur Höherqualifizierung weiter fördern, da Kompetenzen wie interkulturelles Wissen und Sprachfähigkeiten an Bedeutung gewin­ nen. Betriebe, die stark im internationalen Wettbewerb stehen, sollten demnach höhere durchschnittliche Qualifikationsniveaus mit höheren Anteilen von Hoch­

19

schulabsolventinnen und -absolventen aufweisen als Betriebe, die sich auf den nationalen Markt beschränken. Hinweise hierauf finden sich im Bildungsbericht (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 107): Es zeigt sich, dass Betriebe ohne oder mit nur geringem Auslandsumsatz höhere Ausbildungsquoten aufwei­ sen als Betriebe, deren Auslandsumsatz bei 50 Prozent und mehr liegt. Eine mögliche Erklärung wird darin gesehen, dass die stark im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen zwecks Bewältigung erhöhter Qualifikationsanforderungen „häufig schon ein höheres durchschnittliches Qualifikationsniveau mit höheren Anteilen von Hoch- und Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen aufweisen als Betriebe, die nur für den nationalen Markt arbeiten“ (Autorengruppe Bildungsbe­ richterstattung 2010, S. 107). In Sektoren und Branchen, in denen große Unter­ nehmen transnational tätig sind und die Kosten und Leistungsfähigkeit von Berufsausbildungssystemen international vergleichen, entsteht zugleich ein Stan­ dardisierungsdruck auf nationale Ausbildungssysteme (Bertelsmann Stiftung 2009, S. 169). Dieser resultiert aus der weltweiten Standardisierung von Produkten und Verfahren, welche vereinheitlichend auf die Qualifika­ tionsanforderungen der Unternehmen wirken (Bertels­ mann Stiftung 2009, S. 167).

Trend zu höheren Bildungsabschlüssen Parallel zu dem zuvor aufgezeigten Trend der demo­ grafischen Entwicklung lässt sich auch ein Trend zu höheren Bildungsabschlüssen erkennen (vgl. Helmrich u. a. 2012, S. 2). Die Gründe dafür liegen u. a. in einem veränderten Bildungsverhalten junger Menschen, die vermehrt akademische Bildungsabschlüssen anstreben. Die Zahl der Studienanfänger/innen hat 2012 mit rund 55 Prozent eines Altersjahrgangs ihren Höhepunkt erreicht. Zu berücksichtigen ist allerdings der doppelte Abiturjahrgang des Vorjahres, der ein schnelles Anstei­ gen der Studierendenanfängerquote zur Folge hatte. Aber auch bereits 2010 war die Studierendenanfänger­ quote mit rund 45 Prozent im Vergleich zu 1999 (31 Pro­ zent) deutlich gestiegen (vgl. Abbildung 5). Auch die Quote der Studienanfänger/innen und Studienabsolventinnen und -absolventen ohne Abitur erhöht sich. Die Anzahl der Studienanfänger/innen ohne Abitur ist in Deutschland in den Jahren von 2007 bis 2010 im bundesweiten Durchschnitt erkennbar gestiegen: der Anteil der Studienanfänger/innen ohne Abitur hat sich in dieser Zeit von 1,09 Prozent auf 2,08 Prozent nahezu verdoppelt. Im Jahr 2010 begannen 9.241 Personen ohne Abitur ein Studium in Deutschland (Nickel/Duong 2012, S. 29).

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

20

Abb. 5: entwicklung der studierendenanfängerquote in Deutschland von 1999 bis 2012

studienanfängerquote

80%

60%

40%

31,3

33,5

36,1

'99

'01

'02

38,9

37,1

37,0

35,7

37,1

'03

'04

'05

'06

'07

40,3

43,0

54,0

54,7

'11

'12

45,2

20%

0%

'08

'09

'10

jahre von 1999 bis 2012 Quelle: Statistisches Bundesamt 2012, S. 11

Die Anzahl derjenigen, die mit mittlerem Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss in das duale System einmünden, ist wiederum seit dem Jahr 2000 um fünf Prozent gesunken: 2010 hatten knapp 45 Prozent der Neuzugänge einen mittleren Bildungsabschluss, im Jahr 2000 waren es noch 50 Prozent (Abbildung 6).

Weiterhin ist erkennbar, dass der Anteil von (Fach-) Hochschüler/innen im dualen System steigt – ebenfalls um fünf Prozentpunkte seit 2000. Diese Entwicklungen könnten auf einen Anstieg höher qualifizierter Tätigkei­ ten und auf eine entsprechende Arbeitskräftenachfrage verweisen (vgl. Galiläer 2009, S. 36).

Abb. 6: Zusammensetzung der neuzugänge in den drei sektoren des beruflichen

Ausbildungssystems seit 2000 nach schulischer Vorbildung (in %) Duales System

in %

Schulberufssystem

Übergangssystem

100 90

1,6 15,7

19,2

20,2

18,6

19,4

20,7 30,5

80

1,2

1,5

22

24,9

51,9

52

21,8

20,6

2008

2010

70 60

50

45,7

44,9

50

62,7

62,3

59,7

16,9 0,3

17,8 0,2

2008

2010

35,8

40 30 20

29

30,2

28,8

10 0

31,2

4,5

4,4

4,6

15,4 4,6

2000

2008

2010

2000

Ohne Hauptschulabschluss Mit Hauptschulabschluss

Mit mittlerem Schulabschluss Mit (Fach-)Hochschulreife

2000

Sonstige Abschlüsse

*Bis 2008 Übergangssystem einschließlich Doppelzählungen; 2000 enthält zusätzliche Maßnahmen der BA; vgl. Methodische Erläuterungen E1 und Erläuterungen bei Tab. E1 – 1A Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, eigene Berechnungen und Schätzungen auf Basis der Schulstatistik; Bundesagentur für Arbeit, Bestand von Teinehmerinnen und Teilnehmern in ausgewählten Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik mit SGB-Trägerschaft des Teilnehmers

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

21

Wird berücksichtigt, dass auch die Zahl der dual Studierenden stark angestiegen ist, so stehen den Unter­ nehmen zukünftig mehr hochschulisch Qualifizierte zur Verfügung. So halten Helmrich u. a. (2012, S. 9 f.) fest, dass ein „leichtes konstantes Überangebot an akademisch Ausgebildeten bei zeitgleich zunehmenden Engpässen bei Fachkräften mit mittleren Bildungsabschlüssen“ besteht.

Unternehmen sehen darin eine der wichtigsten Heraus­ forderungen.

1.1.3

Arbeitsmarktbezogene Herausforderungen

Die Prognosen zeigen auf, dass der Fachkräftebedarf sektoral unterschiedlich ausfallen wird (vgl. Abbildung 7).

Laut dem DIHK Innovationsreport (2011) hat der Aus­ bau der Fachkräftebasis für Großunternehmen mit über 250 Mitarbeiter/innen die höchste Priorität bei dem Ausbau des Standortes Deutschland. „Unternehmen haben große Schwierigkeiten, geeignete Forscher, Inge­ nieure und Techniker zu rekrutieren und sind dadurch in ihrer Innovationsfähigkeit deutlich eingeschränkt“ (DIHK 2011, S. 3). Knapp 56 Prozent von 1.100 befragten

Ein Fachkräfte- bzw. Arbeitskräfteengpass wird dem­ nach hauptsächlich in den Gesundheits- und Sozialbe­ rufen sowie den Gastronomie- und Reinigungsberufen entstehen. Obwohl relativ geringe Zuwächse in tech­ nisch-naturwissenschaftlichen Berufen erwartet wer­ den, ist hier vor dem Hintergrund regionaler Engpässe ebenfalls von einem Fachkräfteengpass auszugehen.

60

50

21,2

13,3

2,1

22,2

12,7

1,9

2,0

19,3

12,2

11,7

18,6

4,7

4,5

4,4

11,0

10,8

10,7

10,5

10,4

9,2

9,0

8,8

8,8

9,2 10,4

47,9

10,9

47,7

11,5

47,6

12,1

47,6

0

12,6

17,4

16,8

16,4

16,1

15,8

8,4

8,2

8,4

8,4

8,5

4,6 3,0

4,9 3,2

5,0 3,4

5,2 3,5

5,3 3,7

40

20

4,3

5,0

30,9

32,1

12,6

33,1

13,0

33,8

13,5

11,2

12,0

3,7

3,8

3,7

3,7

3,6

2005

2010

2015

2020

2025

Produktionsbezogene Berufe Rohstoffgewinnende Berufe Be-, verarbeitende und instandsetzende Berufe Maschinen und Anlagen steuernde und wartende Berufe

Primäre Dienstleistungsberufe Berufe im Warenhandel, Vertrieb Verkehrs-, Lager-, Transport-, Sicherheits-, Wachberufe Gastronomie- und Reinigungsberufe Büro-, kaufmännische Dienstleistungsberufe

Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 163

17,9

47,6

34,5

Produktionsbezogene Berufe

13,8 80

2,2

2,4

Primäre Dienstleistungsberufe

in % 100

Arbeitskräftebedarf 2005 bis 2035 nach Berufshauptfeldern in Prozent

Sekundäre Dienstleistungsberufe

Abb. 7:

Erwartungsgemäß wird die Nachfrage nach Erwerbspersonen ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung sinken. Bei Arbeitskräften mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung werden sich bei anhaltender Nachfra­ ge demografiebedingt Fachkräfteengpässe ergeben (vgl. Helmrich u. a. 2012, S. 5).

sekundäre Dienstleistungsberufe Technisch-naturwiss. Berufe Rechts-, Management- und wirtschaftswissenschaftl. Berufe Künstlerische, Medien-, geistesu. sozialwissenschaftl. Berufe Gesundheits- und Sozialberufe, Körperpflege Lehrberufe

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

22

Eine starke Unterdeckung der Nachfrage wird im gewerblich-technischen Bereich entstehen, in den quantitativ starken Berufsfeldern der Metallbe- und -verarbeitung sowie im Handwerk. Betroffen sind somit die Kernsektoren der deutschen Industrie (Fahrzeug­ bau, Maschinenbau, Elektroindustrie) (Autorengrup­ pe Bildungsberichterstattung 2010, S. 103). Auch bei Dienstleistungsberufen wird eine ähnliche Relation von Angebot und Nachfrage bei Warenkaufleuten und Büro­ berufen erwartet (vgl. Weber 2007, S. 106). Deutlich wird, dass vor allem auf der mittleren Qua­ lifikationsebene mit einem Fachkräfteengpass zu rech­ nen ist, der sich spätestens gegen Ende 2030 bemerkbar machen wird (vgl. Helmrich u. a. 2012, S. 1; Dercks/ Hardege 2012, S. 4). Durch entsprechende Strategien zur Fachkräftesicherung aufseiten der Unternehmen, die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen, aber sicherlich auch durch Veränderungen der Berufswahloptionen von Jugendlichen werden die Prognosen vermutlich nicht in diesem Ausmaß eintreten. Dennoch wird eine Anpas­ sung betrieblicher Ausbildungs- und Rekrutierungs­ modelle zur Vorbeugung gegen Fachkräfteengpässe erforderlich sein.

1.1.4

Zusammenfassung

Die skizzierte Ausgangslage verdeutlicht, welchen He­ rausforderungen sich Unternehmen bei der Sicherung ihres Fachkräftebedarfs stellen müssen. Deutlich wird, dass Unternehmen zukünftig zum einen aus einem geringer werdenden Beschäftigungspotenzial schöpfen können (Quantität). Zum anderen ist abzusehen, dass sich die Anforderungen an die Qualifikation der Be­ schäftigten verändern und zunehmen (Qualität). Zudem sehen sich Unternehmen mit einem Mismatch kon­ frontiert: Den sich verändernden, zum Teil steigenden Qualifikationsanforderungen stehen Bewerber/innen gegenüber, deren Bildungsniveau nicht im selben Maße gestiegen ist bzw. deren Kompetenzen häufig nicht den Erwartungen der Betriebe entsprechen. Insgesamt betrachtet befördern die aufgezeigten Einflussfaktoren alternative Modelle der Rekrutierung und Ausbildung. Insbesondere Großunternehmen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie verfügen durch ihre Wirtschaftskraft und ihre zumeist internationa­ le Ausrichtung über ausreichend eigene Ressourcen, um jenseits gesetzlicher Rahmenbedingungen eigene Modelle auszuarbeiten und umzusetzen. Durch ihre besondere Stellung für die gesamte hiesige Wirtschaft haben neue und alternative Modelle der Rekrutierung und Ausbildung gleichzeitig auch überbetriebliche Sig­ nalwirkung und können den Umgang und die (Weiter-) Entwicklung gesetzlich geregelter beruflicher Ausbil­ dung beeinflussen.

1.2 Untersuchungsziele und Forschungsfragen Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Rahmen der Berufsbildungsforschungs­ initiative eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um den Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunter­ nehmen zu erfassen und möglichen Modernisierungs­ bedarf zu identifizieren. Im Kern geht es darum zu analysieren, " welche Rekrutierungswege Großunternehmen für Personal auf der mittleren Qualifikationsebene einschlagen, " welche Faktoren die Ausbildungsbereitschaft be­ günstigen bzw. hemmen sowie darum, " ob und wenn ja, welche alternativen Ausbildungsva­ rianten Großunternehmen nutzen. Die Untersuchung konzentriert sich auf Großunter­ nehmen. Denn nicht nur hinsichtlich der Produktent­ wicklung oder dem Einsatz von Produktionsverfahren, sondern auch in der Berufsbildung gelten Großunter­ nehmen als Trendsetter. Ihre wirtschaftliche Größe, ihr internationaler Handlungsraum und der bestehende globale Wettbewerbsdruck führen dazu, dass sie früh­ zeitig neuartige Wege der Rekrutierung beschreiten (müssen). So haben nicht zuletzt die Großunternehmen in der Vergangenheit in Modellprojekten – durch eigene innovative Ansätze die Aus- und Weiterbildung – die Berufsausbildung in Deutschland nachhaltig weiterent­ wickelt. Ziel des Projektes ist es, Einblick in die inhaltliche Ausgestaltung der betrieblichen Rekrutierungs- und Ausbildungskonzeptionen von Großunternehmen zu erhalten. Untersucht wurde, wie hoch ihre Bereitschaft zur Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO) ist und welcher Stellenwert der dualen Ausbildung, im Kontext aller Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle, aus ihrer Sicht zukommt. Dabei geht es zum einen um die Identifikati­ on verschiedener Möglichkeiten der Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene. Eine Abgrenzung erfolgt zu den Varianten „Rekrutierung über den Arbeitsmarkt“ sowie zur „Rekrutierung durch Nach­ qualifizierung“. Zum anderen werden zur klassischen Ausbildung alternative Ausbildungsvarianten heraus­ gearbeitet. Aus dem Verhältnis der alternativen Ausbil­ dungsvarianten zur klassischen Ausbildung, d. h. deren inhaltliche und strukturelle Nähe oder Distanz, werden mögliche Implikationen auf das deutsche Berufsbil­ dungssystem abgeleitet.

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

23

Der besondere Fokus liegt auf alternativen Ausbil­ dungsvarianten, die die meist international agierenden Großunternehmen anwenden, um speziell auf der mittleren Qualifikationsebene Personal zu rekrutieren, auszubilden und auch beruflich weiterzubilden. „Al­ ternativ“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Ausbildungsvarianten, die über die klassische duale Berufsausbildung hinausgehen, darunter wurden auch duale Studiengänge (ausbildungsintegriert und praxisin­ tegriert) gefasst.

Abb. 8:

rung von angelernt Beschäftigten (z. B. Umschulungen, Teilqualifizierungen) von Bedeutung. Sie nimmt in den Untersuchungsergebnissen einen eher geringen Stellen­ wert ein, da die befragten Unternehmen kaum An- und Ungelernte beschäftigen. Die folgende Abbildung stellt die in der Untersu­ chung fokussierte mittlere Fachkräfteebene mit den Schnittstellen zu den angrenzenden Qualifikationsebe­ nen dar:

Veränderungen der mittleren Fachkräfteebene am unteren und oberen Rand An- und Ungelernte

Mittlere Fachkräfteebene

schnittstelle: an- und ungelernte Tätigkeit – einfache Facharbeit

Es lassen sich Ausbildungsvarianten zur Qualifi­ zierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikati­ onsebene von Varianten an der Schnittstelle zur hoch qualifizierten Facharbeit bzw. akademischen Qualifi­ kationsebene abgrenzen. Während auf der mittleren Qualifikationsebene im Verständnis dieser Studie beruflich qualifizierte Facharbeiter/innen angesiedelt sind, sind am Übergang zur höheren Qualifikations­ ebene Facharbeiter/in mit einem Fortbildungs- oder Hochschulabschluss verortet (vgl. Abbildung 8). Speziell Rekrutierungs- und Ausbildungsvarianten für akade­ misches Personal sind kein primärer Gegenstand der Untersuchung. Entsprechende Modelle fließen aber in die Untersuchung mit ein, wenn sie bisherige berufliche Ausbildung substituieren oder (teilweise) Bestandteil von Rekrutierung und Ausbildung für die mittlere Fachkräfteebene sind. Die untere Qualifikationsebene (gering qualifiziertes Personal) war zwar für die Unter­ suchung in Hinblick auf Modelle der Nachqualifizie-

Akademiker/innen

schnittstelle: hoch qualifizierte Facharbeit – Akademiker/innentätigkeit

Aus der Zielsetzung der Studie lassen sich fünf hand­ lungsleitende Forschungsfragen zu folgenden Themen­ bereichen ableiten:

F1: Welchen stellenwert hat die duale Ausbildung in Großunternehmen? " Wie lässt sich der Stellenwert der dualen Berufsaus­ bildung aus Sicht der Unternehmen beschreiben? " Wie zufrieden sind die Unternehmen mit der Leis­ tungsfähigkeit der dualen Ausbildung? " Was schätzen Unternehmen an der dualen Ausbil­ dung und inwiefern sehen sie Verbesserungsbedarf? " Welche Faktoren fördern und hemmen die Ausbil­ dung nach BBiG/HwO?

24

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

F2: Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene – welche Varianten bestehen jenseits der dualen Ausbildung?

" Inwiefern entwickeln die Unternehmen alternati­ ve Ausbildungsvarianten und welchen Prinzipien folgen die identifizierten Alternativen?

" Welche Möglichkeiten zur Rekrutierung von Fach­ kräften für die mittlere Qualifikationsebene außer der dualen Ausbildung nutzen Großunternehmen?

" Inwieweit ist die duale Ausbildung die passende Antwort auf Veränderungen auf der mittleren Fach­ kräfteebene?

" Welche Gründe und wirtschaftlichen Rahmenbe­ dingungen beeinflussen die Entscheidung für oder wider berufliche Ausbildung?

Der vorliegende Bericht ordnet in Kapitel 1 den Un­ tersuchungsgegenstand zunächst in den einschlägigen wissenschaftlichen Diskurs ein und stellt die Zielsetzung und die daraus abgeleiteten Forschungsthesen mit ihrer Begründung ausführlich dar. Danach wird in Kapitel 2 auf die methodischen Grundlagen näher eingegangen. Die Darstellung der Forschungsergebnisse in Kapitel 3 erfolgt entlang der im Kapitel 2 formulierten For­ schungsthesen. Im abschließenden Kapitel 4 werden die Befunde mit thematisch einschlägigen Forschungs­ erkenntnissen in Bezug gesetzt, um ihre thematische Reichweite beurteilen zu können. Auf Basis der zusam­ menfassenden Bewertung erfolgt die Ableitung und For­ mulierung von Schlussfolgerungen in Form bildungspo­ litischer Handlungsempfehlungen.

" Wie bewerten die Unternehmen die duale Ausbil­ dung im Vergleich zu anderen Rekrutierungsvarian­ ten?

F3: Welchen Anforderungen muss sich Ausbildung heute stellen? " Inwiefern verändern sich die Erwartungen der Unternehmen an berufliche Bildung durch sich wandelnde Rahmenbedingungen? " Welchen Einfluss haben dabei veränderte fachliche Anforderungen oder gestiegene Qualifikationsanfor­ derungen auf der mittleren Qualifikationsebene, die Ordnungsmittel selbst, Kosten-Nutzen-Aspekte und Erfordernisse des Arbeitsmarktes?

F4: Welche alternativen Ausbildungsvarianten für die mittlere Qualifikationsebene bieten Unternehmen an? " Welche zur dualen Berufsausbildung nach BBiG/ HwO alternativen Ausbildungsvarianten (Formen, Inhalte, Organisation) bieten Unternehmen an? " Wie sehen diese Alternativmodelle en détail aus und welchen Zweck verfolgen sie? " Welche Relevanz haben diese Wege für die Personal­ gewinnung insgesamt? " In welchem Bezug (inhaltlich, strukturell) stehen die alternativen Modelle zur dualen Ausbildung? " In welchem Verhältnis stehen die alternativen Aus­ bildungsvarianten zur klassischen dualen Ausbil­ dung (inhaltliche und strukturelle Nähe oder Distanz bzw. Ergänzung oder Verdrängung)?

F5: Welche Auswirkungen auf das Berufsbildungssystem sind bereits heute oder zukünftig durch die identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungskonzeptionen feststellbar? " Inwiefern ergibt sich durch die festgestellten Varian­ ten dualer Ausbildung ein Gestaltungsbedarf?

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

25

1.3 Forschungsthesen Auf der Grundlage der genannten Forschungsfragen so­ wie des aktuellen Forschungsstands zum Zeitpunkt der Studie wurden Forschungsthesen abgeleitet. Sie dienen der Entwicklung des Erhebungsinstrumentariums sowie der späteren Einordnung und Bewertung der gewonne­ nen Ergebnisse.

i. stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen stellenwert: Der Stellenwert der dualen Ausbildung ist in Großunternehmen derzeit und auch zukünftig hoch (These zu F1.1). Aspekte wie die Leistungsfähigkeit und das Kosten-/ Nutzenverhältnis der Ausbildung bewerten Unter­ nehmen branchenübergreifend, immer noch, gut. In Untersuchungen bestätigen Betriebe, dass sich für sie die Ausbildung wirtschaftlich lohnt (vgl. Dionisius u. a. 2009, S. 18). In den vergangenen 15 Jahren hat sich das Berufsbildungssystem verändert, es bietet heute eine größere Flexibilität und von Betrieben geschätzte gute Ansätze, wie z. B. durch gestaltungsoffene Ausbildun­ gen, Berufsgruppen oder die gestreckte Abschlussprüfung.

Abb. 9:

In den letzten drei Jahren sind allerdings sinkende Ausbildungsquoten zu konstatieren. Bis Ende 2010 sank die bundesweite Ausbildungsquote auf sechs Prozent, was den niedrigsten Wert seit 1999 darstellt (Hucker 2012, S. 4 f.). Ein deutlicher Abwärtstrend ist in den neuen Bundesländern zu verzeichnen (vgl. Abbildung 9). Erklä­ rungsansätze, wie Folgen des demografischen Wandels (Sinken des Bewerber/innenangebots) oder die konjunk­ turelle Entwicklung (Reduktion der Ausbildungsaktivität aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise), greifen al­ lerdings zu kurz. Erkennbar sind zusätzlich methodische Schwächen bei der Ermittlung der Ausbildungsquote, die vom Verhältnis „Gesamtbeschäftigte zu Auszubildenden“ ausgeht. Im Falle einer sinkenden Auszubildendenanzahl und steigender Beschäftigung wirkt sich das negativ auf die Ausbildungsquote aus. Noch ist unklar, ob der Rück­ gang als Trend bezeichnet werden kann. Mit Blick ausschließlich auf die Großunternehmen lässt sich in einer Langfristperspektive feststellen, dass zwischen 1999 und 2010 die Ausbildungsbetriebsquote, d. h. der prozentuale Anteil der Ausbildungsbetriebe an allen Betrieben, um 1,8 Prozent gesunken ist (vgl. BIBB 2012b). Bundesweit über alle Betriebsgrößen hinweg betrug die Veränderung nur -1,0 Prozent. Geklärt wird, worauf nach Ansicht der Großunternehmen die zurück­ gehenden Ausbildungsquoten zurückzuführen sind und wie sich ihrer Meinung nach die Ausbildungsquoten in Großunternehmen entwickeln werden.

entwicklung der Ausbildungsquote 1999–2010

7,5% 7,0% 6,5% 6,0% 5,5%

Deutschland Quelle: Hucker 2012, S. 5

Alte Länder

Neue Länder und Berlin

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

5,0%

26

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

Unternehmen im gewerblich-technischen oder kaufmännischen Bereich unterscheiden sich hinsicht­ lich einzelner Aspekte wie z. B. Ausbildungstradition oder Ausbildungsintensität nach Zielgruppen (Anteile von Haupt-, Realschüler/innen und Abiturient/innen). Dies könnte bedeuten, dass sich auch der Stellenwert der Ausbildung in verschiedenen Branchen unterschiedlich darstellt. Daher wird bei der Auswertung eine Differen­ zierung nach gewerblich-technischen und kaufmänni­ schen Berufsfeldern vorgenommen – und zwar dort, wo durch die Betriebe Angaben gemacht wurden.

Es gibt Hinweise darauf, dass Betriebe ohne oder nur mit einem geringen Auslandsumsatz höhere Ausbil­ dungsquoten aufweisen als Betriebe, deren Auslandsum­ satz bei mindestens 50 Prozent liegt. Exportorientierte Unternehmen messen der dualen Berufsausbildung in ihrer Personalstrategie demnach einen geringeren Stellwert bei (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstat­ tung 2007, S. 107). Zu klären gilt es, inwieweit durch die Internationalisierung die Ausbildungsaktivität im Inund Ausland beeinflusst wird.

effizienz: Unternehmen, die die Effizienz der Ausbildung in ihrem Unternehmen als lohnend bewerten, weisen der Ausbildung einen hohen Stellenwert zu (These zu F1.2).

ii. Varianten der Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene

Unternehmen müssen von dem Nutzen bzw. der Effizienz der dualen Berufsausbildung überzeugt sein, um eine hohe Ausbildungsaktivität entfalten zu kön­ nen. Studien zur Kosten-/Nutzen-Betrachtung dualer Berufsausbildung zeigen auf, dass der Grad der Ausbil­ dungsaktivität von positiven Effektivitätsbetrachtungen abhängig ist (vgl. Dionisius u. a. 2009).

Flexibilität und individualisierung: Das System der dualen Ausbildung wird flexibler und individualisierter (These zu F1.3). Die Möglichkeiten der betrieblichen Ausbildung verändern sich – durch Berufsgruppen oder die gestal­ tungsoffene Ausbildung. Auch der Aspekt der „Durchläs­ sigkeit“ innerhalb und zwischen den Bildungssystemen beeinflusst die Ausbildung. Gleichzeitig haben Großun­ ternehmen aufgrund ihrer Ressourcen die Möglichkeit, eigene Konzepte zu entwickeln und umzusetzen (z. B. Ausbildung mit Zusatzqualifikationen). Die Ausbil­ dung verändert sich auch aufgrund der zunehmenden Heterogenität der Bewerber/innengruppe – um leis­ tungsstärkeren Bewerber/innen mit Abitur und leis­ tungsschwächeren mit Hauptschulabschluss gerecht zu werden, bieten Unternehmen individualisierte Ausbil­ dungskonzepte mit gezielter Förderung an. Unternehmen, die die AusbildungPlus anbieten, wol­ len damit sowohl Defizite bei Auszubildenden ausglei­ chen, als auch Leistungsstarke fördern (vgl. Waldhausen/ Werner 2005, S. 60; BIBB 2011c; Severing 2009, S. 26 ff.).

internationalisierung: Die internationale Geschäftstätigkeit der Großunternehmen beeinflusst ihre Ausbildungsaktivitäten im In- und Ausland (These zu F1.4).

Branchenübergreifend dient die duale Ausbildung mittel- und langfristig zur Rekrutierung und Bindung benötigter Fachkräfte (These zu F2.1). Viele Unternehmen schätzen die klassische Ausbil­ dung derzeit und zukünftig als „Königsweg“ ein, um Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene auszu­ bilden (vgl. Weber 2007, S. 122). Vor allem für die mittlere Fachkräfteebene ist die Ausbildung vermutlich derzeitig und zukünftig das wichtigste Rekrutierungsinstrument.

iii. Anforderungen an die Ausbildung vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen Gestiegene Anforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene: Steigende Qualifikationsanforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene fördern die Entwicklung eigener Ausbildungsvarianten mit dem Ziel, die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen anzupassen (These zu F3.1). In einigen Berufsbereichen wird eine „höhere systematische Wissensbasiertheit“ (Alesi/Teichler 2013, S. 34) als wichtig erachtet, sodass von der Anhebung des Qualifikationsniveaus über Akademisierungstendenzen gesprochen wird. Es lässt sich nicht genau feststellen, ob der Wandel hin zu komplexeren, anspruchsvolleren Tätigkeiten eine Folge technologischer Entwicklungen oder eine Folge der ansteigenden Qualifikationen der Erwerbstätigen ist (vgl. Tiemann 2013, S. 81). Aber unter denjenigen Personen, die hohen Wissensanforderungen ausgesetzt sind, haben etwa die Hälfte eine Berufsausbil­ dung absolviert (a. a. O., S. 73). Als Folgen dieses beschriebenen Wandels entwickeln Unternehmen alternative Ausbildungs- und Qualifizie­

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

rungsmodelle und besetzen anspruchsvollere Positionen vermehrt mit Hochschulabsolventinnen und -absolventen.

Arbeitsmarkt: Die Ausbildungsaktivität wird durch die Quantität und Qualität der Bewerber/innen auf dem Ausbildungsmarkt bestimmt (These zu F3.2). Viele Unternehmen berichten branchenübergreifend von Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen (vgl. Becker u. a. 2011, S. 16). Unternehmen, die nicht aus­ reichend viele oder nicht ausreichend gute Bewerber/ innen finden, bieten die Ausbildung mit Zusatzqualifika­ tionen an. Sie tun dies für verschiedene Zielgruppen (vgl. Becker u. a., S. 21 ff.), " um Defizite bei „leistungsschwächeren“ Auszubil­ denden auszugleichen, " um die Ausbildung durch zusätzliche Inhalte anzu­ reichern, oder aus Gründen der Attraktivitätssteigerung des Unternehmens (vgl. u. a. Goeser/Isenmann 2011, S. 21), " um durch dieses Angebot ein attraktiver Wettbewer­ ber zu sein und so möglichst viele Bewerber/innen „anzulocken“.

iV. Alternative Ausbildungsvarianten Großunternehmen stellen sich den Herausforderungen, die die duale Ausbildung mit sich bringt, durch die etablierung neuartiger Ausbildungsvarianten (These zu F4.1). Die duale Berufsausbildung besitzt in Deutschland nach wie vor einen hohen Stellwert. Die Rahmenbe­ dingungen bringen aber Herausforderungen mit sich, wie z. B. zu wenige oder zu wenig gute Bewerber/innen, hohe Kosten oder auch nicht mehr passgenaue Ausbil­ dungsinhalte. Um von den positiven Aspekten der eige­ nen Ausbildung zu profitieren, wie z. B. bedarfsgerechte Ausbildung, Bindung von Fachkräften, und gleichzeitig nachteilige Aspekte kompensieren zu können, ent­ wickeln Großunternehmen eine Vielzahl alternativer Modelle (vgl. BIBB 2011a).

internationalisierung: Internationalisierungsaktivitäten unterstützen das Ausbildungsverhalten von Großunternehmen in Richtung Höherqualifizierung und fördern die Entwicklung alternativer Ausbildungsvarianten (These zu F4.2).

27

Großunternehmen, vor allem solche, die im produzierenden Gewerbe tätig sind, haben zumeist eine Vielzahl ausländischer Standorte. Die Geschäfts­ tätigkeit auf internationalen Märkten erfordert eine Höherqualifizierung der Fachkräfte, z. B. im Bereich der Sprachkompetenzen oder der interkulturellen Kompetenz (vgl. BIBB 2011a; Waldhausen/Werner 2005, S. 58 u. 63).

Veränderte fachliche Anforderungen führen zu einer formalen Höherqualifizierung der Fachkräfte für die mittlere Fachkräfteebene und erfordern eine stärkere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung (These zu F4.3). Im deutschen Bildungssystem lässt sich ein generel­ ler Trend zur Höherqualifizierung beobachten: Schüler/ innen streben nach höheren Schulabschlüssen, im Idealfall dem Abitur. Auch bewerten viele anschließend ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch ein Studium höher als durch eine Ausbildung. Unternehmen wiede­ rum orientieren sich bei der Bewerber/innenauswahl verstärkt auf andere Zielgruppen als noch vor 15 Jahren. Im kaufmännischen Bereich z. B. ist das Abitur vor Beginn der Ausbildung eher die Regel (vgl. Alesi/Teich­ ler 2013). Hintergrund sind die gestiegenen fachlichen und überfachlichen betrieblichen Anforderungen. Die Einführung und der Erfolg des dualen Studiums mit Bachelorabschluss könnten daher dazu führen, dass neue und anspruchsvolle Inhalte auch Eingang in die Ausbildung finden.

Durchlässigkeit: Betriebliche Modelle fördern die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von Bildungssystemen. Die Entwicklung oder Etablierung unterschiedlicher Ansätze ist von dem Bemühen gekennzeichnet, durchgängige Karrierepfade im Unternehmen zu etablieren (These zu F4.4). Um Fachkräfte bedarfsgerecht aus- und weiterzu­ bilden, ist die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von Bildungssystemen (z. B. Durchstieg zwischen einzelnen Berufen oder zwischen Ausbil­ dungsberuf und Studium als beruflich Qualifizierter) für Unternehmen handlungsleitendes Motiv. Innovative Modelle, wie z. B. die Modularisierung von Aus- und Weiterbildung oder die Schaffung von Berufsgruppen, werden in Unternehmen zum Teil bereits umgesetzt und sollen auch in der Berufsbildung stärker Eingang finden (vgl. Waldhausen/Werner 2005, S. 61 ff.; Alesi/ Teichler 2013).

1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele

28

inhaltliche und strukturelle nähe oder Distanz: Alternative Ausbildungsvarianten intendieren die strukturierte Vermittlung zusätzlich benötigter Qualifikationen. Sie werden in ein organisatorisch passendes Setting eingebunden (These zu F4.5). Seit Mitte der 1990er-Jahre ist das Angebot an Zusatzqualifikationen gestiegen. Seit der BolognaReform werden darüber hinaus verstärkt duale Studi­ engänge entwickelt. Diese Modelle nach dem Prinzip „AusbildungPlus“3 sind ein Mittel dafür, um betriebsspe­ zifisch benötigte Fachkenntnisse zu vermitteln, die eine Anpassung der Ausbildung entsprechend den aktuellen Qualifikationserfordernissen ermöglicht (vgl. Waldhau­ sen/Werner 2007, S. 25). Alternative Ausbildungsformen stellen darüber hinaus eine strukturell und inhaltlich weiter gefasste Variante von Zusatzqualifikationen in der Berufsausbildung dar.

Gestiegene Anforderungen an der schnittstelle zur höheren Qualifikationsebene: Mit steigenden Qualifikationsanforderungen „am oberen Rand“ greifen Unternehmen vermehrt auf alternative Ausbildungsvarianten zurück, um die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen anzupassen (These zu F4.6). Allein mit der dualen Berufsausbildung kann die Wirtschaft ihren Fachkräftebedarf häufig nicht mehr decken. Aktuelle Erkenntnisse aus der BIBB/IAB-Quali­ fikations- und Berufsfeldprojektion zeigen am ehesten Fachkräfteengpässe bei den höchsten Qualifikations­ gruppen mit Hoch- und Fachhochschulabschluss (ISCED 5a und 6) und mit Fachschulabschluss (ISCED 5b). Eben­ so ist im mittleren Fachkräftesektor (qualifizierter Be­ rufsabschluss) verstärkt mit Engpässen zu rechnen (vgl. Helmrich/Zika/Kalinowski/Wolter 2012). Alternative Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten dienen dazu, die sinkende Zahl von Schulabgänger/innen mit einem höchstens mittleren Schulabschluss zu kompensieren. Dabei wird vielfach auf höher qualifizierte Absolvent/ innen allgemeinbildender Schulen zurückgegriffen.

ergänzung oder Verdrängung: Alternative Modelle ergänzen das Spektrum dualer Ausbildungsberufe und stehen nicht im Wettbewerb zueinander (These F4.7). Alternative Ausbildungsvarianten tragen dazu bei, besondere branchenbedingte Anforderungen an 3

vgl. AusbildungPlus: Das Portal für mehr Qualifikation (www.ausbildungplus.de)

die Qualifikationen der Beschäftigten zu bewältigen (vgl. BIBB 2011, S. 7 ff.). Zudem sind diese auf beson­ dere Zielgruppen zugeschnitten, z. B. zur Förderung leistungsstarker oder zur Unterstützung leistungsschwächerer Auszubildender (vgl. Becker u. a. 2011). Alternative Ausbildungsvarianten, wie z. B. die klassische Berufsausbildung oder duale Studiengänge, stehen dabei nicht im Wettbewerb zueinander, sondern ergänzen das bestehende Angebot. Zentrales Motiv ist nicht die Herstellung einer Kon­ kurrenzsituation, sondern die Erhöhung der Durchläs­ sigkeit zwischen den Bildungsgängen (vgl. a. a. O., S. 123).

2 MeTHODiscHes VORGeHen

2

29

Methodisches Vorgehen

Untersucht wurde die Ausbildungs- bzw. Rekrutierungs­ praxis in 30 Großunternehmen (22 DAX-Unternehmen sowie darüber hinaus acht weitere Unternehmen mit zwischen 4.500 und 20.000 Mitarbeiter/innen). Insgesamt kam eine mehrstufige multimethodische Herangehensweise zum Einsatz, die qualitative und quantitative Methoden verbindet, um den Gegenstand in seiner Komplexität möglichst realitätsgetreu zu erfas­ sen und ein besseres Verständnis für das Zusammenwir­ ken der konstituierenden Faktoren zu entwickeln.

Abb. 10

(BIBB) einbezogen und Zwischenergebnisse gesichtet und diskutiert. Diese Vorgehensweise ermöglichte die Reflexion des Forschungsprozesses und generierte wei­ tere Forschungsfragen für die durchgeführten Fallstu­ dien. Die Durchführung der Studie erfolgte in fünf Ar­ beitsschritten (Dokumentenanalyse, Online-Befragung, vertiefende telefonische Interviews, betriebliche Fall­ studien sowie Berichterstellung), die nachfolgend näher vorgestellt werden.

übersicht über das Methodenspektrum im zeitlichen Verlauf

Dokumentenanalyse

Online-Befragung (n=30)

∙ Analyse betrieblicher Ausbildungsund Rekrutierungsmodelle

∙ Standardisierte Befragung von Ausbildungs- und Personalverantwortlichen

∙ Zusammenstellung eines Unternehmenspools

∙ Erfassung erforderlicher Angaben zu Ausbildungs- und Rekrutierungskonzepten

Vertiefende telefonische interviews (n=30) ∙ Leitfadengestützte Interviews mit Ausbildungsleiter/innen oder Personalverantwortlichen ∙ Qualifizierte Erhebung der spezifischen Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle

Betriebliche Fallstudien

∙ Analyse der alternativen Ausbildungsund Rekrutierungsmodelle ∙ Analyse der innerbetrieblichen Wirkungsweise sowie Relevanz

Gesamtauswertung und Bericht

∙ Themenbasierte Auswertung der vorliegenden Ergebnisse ∙ Erstellung des Abschlussberichts und der Abschlusspräsentation

∙ Leitfadengestützte Interviews mit innerbetrieblichen Expert/innen (Personalverantwortlichen, Führungskräften und Betriebsräten)

expertenworkshop am 8.10. 12/2011

06/2012

08/2012

Die Ergebnisse erlauben einen vertieften Einblick in das Ausbildungsverhalten von Großunternehmen, sind jedoch nicht repräsentativ. Ziel der Untersuchung war es in erster Linie, alternative Ausbildungs- und Rek­ rutierungsmodelle in der Breite zu identifizieren und zu analysieren. Das Gesamtspektrum sollte dargestellt werden und somit auch Modelle, die nur in einzelnen Unternehmen zu finden sind. Im Blickfeld der Unter­ suchung stehen somit einzelne Phänomene (Varianten) und weniger die Frage des quantitativen Umfangs. Im Untersuchungsverlauf wurden Expertinnen und Experten des Bundesinstituts für Berufliche Bildung

10/2012

12/2012

2.1 Dokumentenanalyse Ziel Ziel der Studie war die Analyse betrieblicher Ausbil­ dungs- und Rekrutierungsmodelle deutscher Großun­ ternehmen (z. B. duale Studiengänge, branchen- oder betriebsspezifische Qualifizierungsprogramme, Ver­ bundausbildungen). Die Dokumentenanalyse diente als Grundlage für die Erstellung des Fragebogens für die Online-Befragung.

2 MeTHODiscHes VORGeHen

30

Die Analyse erfolgte über die Auswertung von Informa­ tionen in Geschäftsberichten oder Internetseiten von Großunternehmen. Die identifizierten Beispiele lieferten einen ersten Überblick über gängige Qualifizierungswe­ ge jenseits beruflicher Ausbildung nach BBiG/HwO und trugen dazu bei, die Fragestellungen für die Online-Befragung zu präzisieren.

" Wirtschaftszweige: In die Untersuchung wurden Unternehmen verschiedener Branchen einbezogen: Sowohl Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe als auch Dienstleister wurden in die Studie mit eingebunden. Es ging einerseits darum, die Be­ sonderheiten verschiedener Branchen (vgl. Tabelle 1) zu berücksichtigen, und andererseits sollte ein mög­ lichst breites Spektrum an alternativen Ausbildungsund Rekrutierungsvarianten identifiziert werden.

Zudem konnten relevante Ansprechpartner/innen (Ausbildungs- und Personalverantwortliche) identifiziert und ein Unternehmenspool von insgesamt 50 Groß­ unternehmen (30 DAX-Unternehmen und 20 weitere Großunternehmen) für die nachfolgende Online-Be­ fragung und die vertiefenden telefonischen Interviews zusammengestellt werden.

" Unternehmensgröße: Es sollten vor allem Groß­ unternehmen mit über 10.000 Beschäftigten Berücksichtigung finden, da diese eher innovative Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten nutzen. In einzelnen Fällen wurden auch Unternehmen mit weniger Beschäftigten in die Studie eingebunden, die über derartige Varianten verfügen.

Vorgehen

2.2 Online-Befragung Ziel Erforderliche Sachinformationen, wie z. B. Kennzahlen zu Mitarbeiter/innen, zum Fachkräfteanteil oder zur Entwicklung der Ausbildungsquote, wurden im Vorfeld der telefonischen Interviews über eine standardisierte Online-Befragung erhoben (vgl. Schnell/Hill/Esser 2011, S. 374). Die Online-Befragung diente dazu, die Inter­ views inhaltlich zu entlasten. Gegenstand waren, neben den Rahmendaten zum Unternehmen, die Bewertung des derzeitigen und zukünftigen Stellenwerts der dualen Ausbildung sowie im Unternehmen etablierte alterna­ tive Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene.

" Internationale Geschäftstätigkeit: Es wurden zu­ dem Unternehmen einbezogen, die Repräsentanzen in Deutschland haben, deren Muttergesellschaft sich aber im Ausland befindet. Darüber konnten Ein­ flüsse von Unternehmen aus und auf ausländische Ausbildungssysteme ermittelt werden. Zudem war es möglich, Einflüsse der internationalen Geschäfts­ tätigkeit auf das deutsche Berufsbildungssystem zu untersuchen. Die Anzahl der ausgewählten Unternehmen aus den einzelnen Wirtschaftsbereichen orientierte sich an dem Anteil an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des jeweiligen Bereichs. Wirtschaftszweige mit einem höhe­ ren Anteil an Beschäftigten wurden in der Studie stärker berücksichtigt als andere. Die Mehrheit der befragten Unternehmen (19 von 30) wird als Aktiengesellschaft geführt. Darüber hinaus

In Ergänzung der qualitativen Erkenntnisse konnten die Ergebnisse der Online-Befragung einer quantitativen Auswertung unterzogen werden.

Tabelle 1: Verteilung der Unternehmen

nach Wirtschaftszweigen

Vorgehen

Wirtschaftszweig

Auswahl der Unternehmen Im Fokus der Studie standen Großunternehmen, die als Trendsetter für Innovationen der Aus- und Weiterbil­ dung gelten. Aus dem erstellten Unternehmenspool mit einer Größenordnung von 50 Unternehmen erfolgte die Auswahl von 30 Großunternehmen. 22 DAX-Unterneh­ men und acht weitere Unternehmen waren bereit, sich zu beteiligen. Die Kriterien für die Auswahl der 30 Unternehmen folgten den formulierten Vorgaben:

Verarbeitendes Gewerbe

Anzahl 14

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen

4

Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen

3

Information und Kommunikation

3

Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden

2

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

2

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen; Energieversorgung

2

2 MeTHODiscHes VORGeHen

31

sind als Rechtsformen die Europäische Gesellschaft (SE) (3), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (3), die Kommanditgesellschaft (1), die eingetragene Genossen­ schaft (1) sowie andere Rechtsformen (3) angegeben. Die Mitarbeiter/innenzahl der Unternehmen in Deutschland bewegt sich bei neun Unternehmen zwi­ schen 4.000 und unter 10.000 Beschäftigten, bei sechs Unternehmen zwischen 10.000 und unter 25.000 Be­ schäftigten, bei sieben zwischen 25.000 und unter 50.000 und bei acht Unternehmen bei über 50.000 Beschäftig­ ten. Nahezu alle Unternehmen sind weltweit aktiv (vgl. Abbildung 11).

Ansprechpartner bzw. die Ansprechpartnerin festgelegt. Ansprechpartner/innen waren Ausbildungsleiter/in­ nen und Personalverantwortliche. Die identifizierten Ansprechpartner/innen erhielten einen personalisierten Zugangscode, um auf den Fragebogen zugreifen zu kön­ nen. Dass diejenigen Personen geantwortet haben, die zur Beantwortung der Fragen auch qualifiziert sind, ist auf unterschiedliche Weise sichergestellt worden: über die vorherige telefonische Abklärung der Zuständigkei­ ten, über das telefonische Abklären der Bereitschaft zur Teilnahme, über die Übersendung eines personalisierten Zugangscodes und über die anschließende Einbindung der antwortenden Person in die Experteninterviews.

Abb. 11: Anzahl der Mitarbieter/innen der befragten Unternehmen im in- und Ausland nach Größenklassen Anzahl Mitarbeiter/innen im Inland

Anzahl Mitarbeiter/innen im Ausland

n=

n=

4

4 9 4

7

5

4 7

6

8

Bis unter 10.000 10.000 bis unter 25.000 25.000 bis unter 50.000 50.000 bis unter 100.000 über 100.000

Die Beschäftigtenzahlen weltweit bewegen sich bei sieben Unternehmen unter 10.000 Mitarbeitenden, bei zwölf Unternehmen bis unter 50.000 Beschäftigten und bei den anderen Unternehmen – bei einer fehlenden Angabe – mit einer breiten Streuung bis zu 275.000 Beschäftigten.

Der Online-Fragebogen (siehe Anlage 1) wurde inhaltlich mit dem Auftraggeber abgestimmt und einem Pretest unterzogen (Verständlichkeit, Eindeutigkeit, Handhabbarkeit). Der Fragebogen ist in die folgenden Themenkomplexe unterteilt:

Vorgehen bei der Befragung

" Angaben zum Unternehmen und zur Organisation der Ausbildung

Die Ansprache der Unternehmen erfolgte mehrstufig: In einem ersten Schritt wurden 30 Unternehmen posta­ lisch, mithilfe von Informationsschreiben des BMBF und des f-bb, über die Studie informiert. Bei der anschlie­ ßenden telefonischen Kontaktaufnahme wurde der

" Positionen zur dualen Ausbildung, zum Ausbildungs­ verhalten und zur Personalplanung (z. B. Gründe für die eigene Ausbildung) " Angaben zu alternativen Ausbildungs- und Rekrutie­ rungsmodellen

2 MeTHODiscHes VORGeHen

32

2.3 Telefonische, leitfadengestützte Experteninterviews Ziel Die telefonischen Expertengespräche sollten die Ergeb­ nisse aus der Online-Befragung vertiefen und spezifi­ zieren. Ziel der Telefoninterviews war die Erhebung der unternehmensspezifischen Ausbildungs- und Rekrutie­ rungsmodelle sowie deren qualitative Diskussion z. B. hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile. Gefragt wurde nach den Gründen für die Nutzung alternativer Ausbil­ dungsvarianten, deren perspektivische Bedeutung im Unternehmen und nach der Einschätzung der bildungs­ politischen Entwicklungen im Vergleich zu unterneh­ mensinternen Herausforderungen.

Vorgehen Eine Expertin/ein Experte ist im Allgemeinen eine Person, die ein besonderes Wissen über relevante Sach­ verhalte besitzt (vgl. Gläser/Laudel 2004, S. 10) und „in irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Prob­ lemlösung oder (…) über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Ent­ scheidungsprozesse verfügt“ (Meuser/Nagel 2005, S. 74). Gesprochen wird deshalb von methodisch konstruierten Expert/innen (vgl. Deeke 1995, S. 10). Experteninterviews sind im Verständnis dieser Studie eine spezielle Anwendungsform von leitfaden­ gestützten Interviews. Anders als bei biografischen Interviews interessiert der/die Befragte dabei weniger als (ganze) Person denn in ihrer/seiner Eigenschaft als Experte/Expertin für ein bestimmtes Handlungsfeld. Die Person wird auch nicht als Einzelfall, sondern als Reprä­ sentant/in einer Gruppe (von bestimmten Expert/innen) in die Untersuchung einbezogen. Dies schränkt die Bandbreite der potenziell relevanten Informationen, die die Befragten liefern sollen, deutlicher als bei anderen Interviews, ein. Deshalb kommt dem Leitfaden bei dieser Interviewform eine starke Steuerungsfunktion im Hinblick auf den Ausschluss unergiebiger Themen zu. Die Interviewpartner/innen verfügen über eine exklusive Stellung im jeweiligen Unternehmen und sind gemäß ihrer Position und Erfahrung in der Lage, die vorhandenen bestehenden Ausbildungs- und Rekrutie­ rungsmodelle im Unternehmen aus strategischer Sicht und hinsichtlich ihrer praktischen Ausgestaltung und Handhabung zu bewerten. Im Unterschied zur schriftlichen Befragung ermög­ licht die mündliche Befragung in Form eines leitfa­ dengestützten Interviews eine aktive Steuerung des

Gesprächs. So wird es möglich, dass einerseits über eine geordnete und einheitliche Struktur (Leitfaden) über alle Interviews hinweg Antworten generiert werden, die eine spätere Kategorisierung ermöglichen. Andererseits kön­ nen während des Interviews einzelne Aspekte vertiefend thematisiert werden. Dieser explorative Charakter stellt sicher, dass bislang nicht fokussierte Ausbildungsvarian­ ten offengelegt und bewertbar werden. Mit dem leitfadengestützten, telefonischen Exper­ teninterview (vgl. Schnell/Hill/Esser 2011, S. 317) wurde eine effiziente und ökonomische Form der Datener­ hebung gewählt. Dieser Interviewform wurde Vorrang gegenüber alternativen methodischen Zugängen wie den Vor-Ort-Interviews eingeräumt, die aus Zeit- und Kostengründen einen deutlich geringeren Einbezug von Unternehmen zur Folge hätte. Die Interviews wurden aufgezeichnet, zusammenge­ fasst und mittels eines thematischen Codierungssystems (anlehnend an die Auswertungsstrategie zu Expertenin­ terviews nach Mäuser/Nagel 2005) mithilfe der Software MAXQDA thesenbasiert ausgewertet. Grundlage der Gesamtauswertung waren die zentra­ len Leitfragen, die sich aus dem Erkenntnisinteresse der Studie ergaben. Die forschungsleitenden Fragestellun­ gen bedurften der Konkretisierung in Form von Thesen (siehe Kapitel 1.3) als Grundlage für die Durchführung der einzelnen Auswertungsschritte und der Darstellung der Ergebnisse im Abschlussbericht.

Durchführung des experteninterviews Der Interviewleitfaden (siehe Anlage 2) orientierte sich eng an den Fragestellungen der Online-Befragung und sollte die Befragungsergebnisse weiter vertiefen. Nach der Erstellung des Interviewleitfadens erfolgte eine unternehmensindividuelle Schwerpunktsetzung unter Berücksichtigung der in der Online-Befragung gemach­ ten Angaben. Im Fokus der Experteninterviews standen insbe­ sondere Hintergrundinformationen und Detailfragen zu alternativen Ausbildungsvarianten. Dabei dienten Betriebsbeispiele der Erläuterung einzelner Sachverhal­ te. In einzelnen Fällen konnten außerdem auf Nachfrage nicht auswertbare Angaben der Unternehmen bei der Online-Befragung korrigiert werden.4

4

Teilweise waren auch zusätzliche Erläuterungen zur begriff­ lichen Einordnung notwendig. So bezogen z. B. einige Unter­ nehmen ihre Angaben zur Nachqualifizierung nicht allein auf die berufliche Qualifizierung An- und Ungelernter, sondern allgemein auf Weiterbildungsmaßnahmen.

2 MeTHODiscHes VORGeHen

2.4 Betriebliche Fallstudien Ziel Ziel der drei vertiefenden betrieblichen Fallstudien war es, Inhalt, Form und Organisation alternativer Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle näher zu untersuchen. Daraus sollte abgeleitet werden, inwieweit diese Varianten eine Reaktion der Unternehmen auf veränderte Herausforderungen sind und inwieweit sie Erwartungen an die berufliche Bildung widerspiegeln. Ein weiteres Untersuchungsinteresse bezog sich auf die detaillierte Untersuchung des strategischen Zwecks und der betrieblichen Folgen dieser Varianten im Vergleich zur klassischen dualen Berufsausbildung. Zudem stand die betriebliche Bewertung ihrer Relevanz im Kontext aller betrieblichen Ausbildungs- und Qualifizierungs­ modelle im Fokus der Fallstudien. Die Ergebnisse der Fallstudien werden im Zusammenhang mit den Ergeb­ nissen der Online-Befragung und der Telefoninterviews integriert dargestellt und sind nicht gesondert aufge­ führt. Zusammenfassend erfüllen die Fallstudien die fol­ genden Ziele: " Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten hinsichtlich ihres strategi­ schen Zwecks und der betrieblichen Folgen " Analyse der Organisation dualer Ausbildung mit Fokus auf alternative Ausbildungs- und Rekrutie­ rungsvarianten " Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen betrieblicher Akteure, wie Personal- und Ausbil­ dungsverantwortliche, Produktionsleiter/innen oder Führungskräfte

Vorgehen Fallstudien als Forschungsansatz, „der die theoretischen Vorgaben der Methodologie in praktische Handlungs­ anweisungen umsetzt, ohne selbst Erhebungstechnik zu sein“ (Lamnek 2000, S. 5), bieten den Vorteil, dass man sich für ausgewählte Aspekte intensiv und tiefer gehend mit dem Untersuchungsmaterial beschäftigen und so umfangreichere und komplexere Ergebnisse generieren kann (vgl. Witzel 1982, S. 78). Dazu können unterschiedliche (Einzel-)Methoden kombiniert werden, um die Fälle in ihrer Komplexität möglichst realitäts­ getreu zu beschreiben und ein besseres Verständnis für das Zusammenwirken der konstituierenden Faktoren zu entwickeln (vgl. Lamnek 2000, S. 5 ff.). Dazu wurden in den Unternehmen Experteninter­ views mit unterschiedlichen betrieblichen Akteuren in

33

Abhängigkeit der jeweiligen Branche durchgeführt. Zu den befragten Expert/innen gehörten Ausbildungs- und Personalentwicklungsverantwortliche, Filial-, Abtei­ lungs- bzw. Produktionsleiter/innen und Führungskräf­ te sowie Vertreter/innen des Betriebsrats. Die Ergebnisse der Fallstudien sind lediglich typisch für die untersuch­ ten und weiteren (Fall-)Situationen, jedoch nicht reprä­ sentativ für alle Großunternehmen. Sie ermöglichen es, betriebliche Modelle zu beleuchten und Handlungsmus­ ter zu begründen.

Thematischer Fokus Die Befragungsergebnisse warfen Themen- und Fra­ gestellungen auf, die mithilfe der Fallstudien geklärt, vertieft und verdichtet wurden. Identifiziert wurden folgende drei bildungspolitisch relevante Themen: Fach­ kräftesicherung, Internationalisierung und die Ausbil­ dung mit Unterstützung „Dritter Experten“. 1. Fachkräftesicherung: Konzentriert wurde sich auf vertiefende und die Studie ergänzende Fragestellun­ gen zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebe­ darfs. Speziell stand das Handling der Unternehmen von unterschiedlichen Anforderungs- und Quali­ fikationsniveaus in der Ausbildung im Fokus. Dazu gehörte auch die Frage nach Entwicklungspfaden für Beschäftigte zur Vorbereitung auf die Übernahme anspruchsvollerer Tätigkeiten (z. B. durch das Modell der dualen Studiengänge). Es galt, das Verhältnis des dualen Studiums zu dualer Ausbildung zu betrach­ ten, da unterschiedliche Zielsetzungen mit dem dualen Studium verfolgt werden: Einerseits stand das betriebliche Interesse im Fokus, die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und somit kompetente Be­ werber/innen anzuziehen und zu binden. Anderer­ seits galt es zu prüfen, inwieweit sich ein geändertes Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle Fachkraft-Akade­ miker/in in den Unternehmen etabliert. Diese Frage stellt sich gerade vor dem Hintergrund der Diskussi­ on um die Akademisierung der Berufswelt. 2. Internationalisierung: Vor dem Hintergrund intensiver internationaler Geschäftstätigkeiten der befragten Großunternehmen war zu klären, inwie­ weit sich diese auf die Ausbildung selbst auswirken. Die Fragestellungen beleuchteten die Modelle der Unternehmen näher und berücksichtigten auch die veränderten Anforderungen an die Beschäftigten (z. B. Vermittlung von Sprachkenntnissen, Sozialund Kulturkompetenzen). Die bisherigen Erkennt­ nisse, die eher auf einen Export von Elementen der dualen Ausbildung verweisen, galt es hinsichtlich Ausmaß und Reichweite näher zu betrachten. 3. Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“: Das Thema bezieht sich auf Untersuchungen zur

2 MeTHODiscHes VORGeHen

34

Pluralität der Lernorte. In Erweiterung der Lernorte „Betrieb“ und „Berufsschule“ etablieren einige Un­ ternehmen in der Ausbildung feste Kooperationen mit externen Bildungsinstituten oder Akademien. Ausbildungsinhalte werden gezielt an diese dritten Experten ausgelagert oder von externen Trainer/in­ nen im Unternehmen übernommen.

Auswahl der Unternehmen Die Auswahl der Unternehmen erfolgte auf Basis des vorgestellten Themenspektrums. Alle drei Themen soll­ ten weitgehend über die ausgewählten Unternehmen abgedeckt werden. Ausgewählt wurden ein Unterneh­ men aus der produzierenden chemischen Industrie, ein Automobilhersteller und ein Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche. Der entwickelte Gesprächsleitfaden (siehe Anla­ ge 3) konzentrierte sich thematisch auf die genannten Fragestellungen und beleuchtete sowohl strategische als auch operative Aspekte identifizierter Ausbildungsund Rekrutierungsvarianten.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

3

35

Darstellung der Untersuchungsergebnisse

3.1 Stellenwert der dualen Ausbil­ dung in Großunternehmen Leitfrage 1, mit den dazu operationalisierten Thesen, bildet die Grundlage zur Beantwortung der Frage nach dem Stellenwert der dualen Ausbildung als Ausbildungs­ und Rekrutierungsmodell in Großunternehmen. Es werden dazu hauptsächlich Ergebnisse der Online-Be­

leitfrage F1: W elchen stellenwert hat die duale Ausbildung in Großunternehmen? " Wie lässt sich der Stellenwert der dualen

Berufsausbildung aus Sicht der Unternehmen

beschreiben? " Wie zufrieden sind die Unternehmen mit der

Leistungsfähigkeit der dualen Ausbildung?

fragung herangezogen5. Ergänzend dazu werden Zitate aus den telefonischen Interviews verwendet. Es handelt sich zunächst um eine Grobeinschätzung der befragten Unternehmen zur eigenen Ausbildung (Status quo in den befragten Großunternehmen) – und zwar insgesamt zu den in dem jeweiligen Unternehmen vorzufindenden Modellen6. Der Stellenwert dualer Ausbildung bezieht sich auf die Eignung der von Großunternehmen in Anspruch ge­ nommenen Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten, um den Fachkräftenachwuchs für die mittlere Qualifika­ tionsebene zu sichern. Da die Beweggründe für die duale Berufsausbildung in Großunternehmen nicht eindi­ mensional sind und keiner monolithisch ausgerichteten Strategie folgen, erfolgt die Bewertung des Stellenwertes über drei verschiedene Dimensionen: ökonomische Di­ mension, werteorientierte Dimension und gesellschafts­ politische Dimension (vgl. Abbildung 12).

" Was schätzen Unternehmen an der dualen

Ausbildung und inwiefern sehen sie Verbesse­ rungsbedarf?

5 Sofern keine anderen Angaben gemacht werden, ist bei den quantitativen Angaben immer von allen 30 Unternehmen als relevante Bezugsgröße auszugehen.

" Welche Faktoren fördern und hemmen die Aus­ bildung nach BBiG/HwO?

6 Einige Unternehmen bieten die Ausbildung mit Zusatzqualifi­ kationen an. Einige wenige der befragten Betriebe subsumie­ ren auch das duale Studium unter den Begriff „Ausbildung“. Eine differenzierte Betrachtung und Auswertung der verschie­ denen Ausbildungsvarianten erfolgt in Kapitel 3.4.

Abb. 12:

strukturierungsansatz zur spezifizierung des stellenwerts dualer Ausbildung

Ökonomische Dimension

Gesellschaftspolitische Dimension

Werteorientierte Dimension

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

36

Ausbildung zur Fachkräftesicherung und berücksichtigt das Kosten-/Nutzenverhältnis. Die Flexibilität des Sys­ tems sowie die Auswirkungen der Internationalisierung auf das Ausbildungsverhalten der befragten Unter­ nehmen sind ebenfalls der ökonomischen Dimension zugeordnet.

Der Stellenwert dualer Ausbildung wird von den Unternehmen nicht ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten (u. a. Effizienz und Effektivität dualer Ausbildung) bewertet. Auch werteorientierte (u. a. Tra­ ditionsbezug dualer Ausbildung, Beitrag zur Corporate Identity) und gesellschaftspolitische Aspekte (u. a. Aus­ bildungsverantwortung und Abhängigkeit vom Bewer­ bermarkt) begründen den Stellenwert von Ausbildung in Unternehmen.

Zunächst wird der Frage der Ausbildungsbereit­ schaft, als Merkmal des Stellenwerts auf Ebene der ökonomischen Dimension, nachgegangen. Als Indi­ kator eignet sich hier die Ausbildungsquote, da deren Entwicklung letztlich von ökonomischen Faktoren und strategischen Überlegungen der Unternehmen beein­ flusst ist.

In diesem Zusammenhang sei aber darauf verwiesen, dass die Dimensionen zwar in Beziehung zueinander stehen, die ökonomische Dimension aber handlungs­ leitend ist. Ökonomische Ziele entsprechen zum einen dem Unternehmenszweck und sind zum anderen Voraussetzung für die Fortführung der Ausbildung. „Wenn Unternehmen […] anfangen, Ausbildung nicht mehr als ökonomisch sinnvolle Investition zu betrach­ ten, sondern als sozialpolitische Wohltat, dann besteht langfristig die Gefahr, dass sie sich auch tatsächlich aus der Ausbildung zurückziehen“ (Busemeyer 2012, S. 28).

a. stagnation der betrieblichen Ausbildungsquoten

3.1.1 stellenwert der dualen Ausbildung: Ökonomische Dimension

Die seit dem Jahr 2000 durch die Unternehmen ange­ gebenen Ausbildungsquoten zeigen grundsätzlich eine dem Bundesdurchschnitt entsprechende Ausbildungs­ aktivität. Die Quoten weisen eine breite Streuung mit einer Konzentration um den Bundesdurchschnitt her­ um auf. Im Jahr 2000 haben 14 Unternehmen unter dem durchschnittlichen Niveau ausgebildet, in den Jahren 2005 und 2010 waren es 17 bzw. 18 Unternehmen (vgl. Abbildung 13).

Die ökonomische Dimension umfasst Aspekte wie die Zufriedenheit der befragten Unternehmen mit der Leis­ tungsfähigkeit des Ausbildungssystems, dem Beitrag der

Berücksichtigt werden muss, dass die befragten Unternehmen ihre Ausbildungsquoten unterschiedlich berechnen. Zum Teil wird die Quote auf Basis der fest

Abb. 13: Ausbildungsquoten 2000, 2005 und 2010 Jahr

2000

2005

2010

2,0

3,0

4,0

ein Unternehmen Bundesdurchschnitt

5,0

6,0

zwei Unternehmen

7,0

8,0

9,0

vier Unternehmen

23

25

Ausbildungsquote in %

sechs Unternehmen

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

angestellten Vollzeitkräfte berechnet, andere Unterneh­ men beziehen die Zahlen ausschließlich auf ihre aktive Belegschaft, also alle im Unternehmen tätigen Perso­ nen (u. a. Zeitarbeitskräfte, Praktikant/innen). Manche Unternehmen zählen Praktikant/innen und duale Studentinnen und Studenten als Auszubildende, andere nicht. Zudem ergeben sich Schwankungen aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen, die einen Personalab­ bau zufolge haben und auf den meist erst verzögert der Abbau von Ausbildungsplätzen folgt. In den nächsten fünf bis zehn Jahren prognostiziert der Großteil der befragten Unternehmen eine gleich­ bleibende (20 Nennungen in den Interviews) bis leicht ansteigende (sieben Nennungen) Ausbildungsquote. Von einer sinkenden Ausbildungsquote geht in den nächsten Jahren lediglich ein Unternehmen aus. Die demografiebedingte Knappheit an Bewerber/innen (sechs Nennungen) und die zunehmende Attraktivi­ tät dualer Studiengänge bei den Bewerber/innen werden zwar als potenzielle Hindernisse einer steigenden oder konstanten Ausbildungsquote benannt, dennoch wird mehr als die Hälfte der Unternehmen (16) an ihrer bisherigen Quote festhalten oder sie erhöhen, um ihren zukünftigen Bedarf an Nachwuchskräften decken zu können. „Wir werden nächstes Jahr versuchen, noch mehr auszubilden. Aufgrund der demografischen Entwick­ lung wird das schwerer, aber es ist unser Ziel, die Aus­ bildungsquote beizubehalten.“ (Branche: Handel) „Ich denke, die Quote bleibt stabil, weil ich im Moment den gemeldeten Bedarf an Nachwuchskräften nicht abdecken kann, weil mir nicht die entsprechen­ den Kapazitäten zur Verfügung stehen. Also einmal wegen der Bedarfssignale der letzten Jahre und zum

Abb. 14:

37

Zweiten aufgrund der demografischen Strukturdaten unseres Unternehmens.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) Branchenspezifisch lassen sich leichte Tendenzen in der prognostizierten Entwicklung der Ausbildungs­ quote erkennen. Vor allem Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe prognostizieren eine steigende Ausbildungsquote in den kommenden fünf bis zehn Jahren, was sich auf das tendenzielle Wachstum dieses Wirtschaftszweigs (v. a. Automobil- und Chemiebranche) zurückführen lässt.

b. Hohe Zufriedenheit der Unternehmen mit der leistungsfähigkeit der dualen Ausbildung These F1.1: Der Stellenwert der dualen Ausbildung ist in Großunternehmen derzeit und auch zukünftig hoch. Die Auswertung der quantitativen und qualitativen Da­ ten stützt die These des derzeitig und zukünftig hohen Stellenwertes des dualen Ausbildungssystems als Rekru­ tierungsmodell in Großunternehmen. Die Mehrheit der befragten Unternehmen (n=24) ist mit der Leistungsfä­ higkeit des dualen Systems zur Deckung des betriebli­ chen Fachkräftebedarfs zufrieden oder sehr zufrieden. Lediglich ein Unternehmen gibt an, unzufrieden zu sein (vgl. Abbildung 14). Diese Zufriedenheit drückt sich auch darin aus, dass für nahezu alle befragten Unternehmen die eigene Ausbildung einen unverzichtbaren Bestandteil der Per­ sonalpolitik darstellt, der entscheidend zur Sicherung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt (n=28). Gut qualifizierte und eingearbeitete Mitarbeiter/innen

Zufriedenheit der Unternehmen mit der leistungsfähigkeit des dualen systems

(sehr) zufrieden

teils, teils

Zufriedenheit mit der Leistungsfähigkeit des dualen Systems

unzufrieden

24

0

5

10

5

15

20

25

1

30

Anzahl der Unternehmen n=30

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

38

Abb. 15: Bewertung eigener Ausbildung Die eigene Ausbildung ...

Anzahl der Unternehmen 0

5

10

15

20

25

30 30

wirkt sich positiv auf das Image des Betriebs aus. trägt entscheidend zur künftigen Wettbewerbsfähigkeit bei.

29

gehört bei uns zur Firmentradition.

29

ist der beste Weg, künftige Mitarbeiter/innen in die Unternehmenskultur einzuführen.

28

steigert deutlich den Geschäftswert unseres Unternehmens durch qualifizierte Mitarbeiter/innen.

28

ist unverzichtbarer Bestandteil der Personalpolitik.

28

nutzen wir, um das Risiko von Qualifikationsengpässen auszuschließen.

26

ist stets auch Gemeinschaftsaufgabe der Wirtschaft.

26

erhöht die Attraktivität unseres Betriebs für leistungsfähige Arbeitskräfte.

22

wirkt sich positiv auf Gestaltung der betrieblichen Weiterbildung aus.

20

fördert die Innovationsfähigkeit des Betriebs.

20

gewährleistet die stetige Zufuhr von neuem Wissen.

19

soll uns vom externen Arbeitsmarkt unabhängig machen.

19

bewirkt eine systematische Verjüngung unserer Belegschaft.

19

erhöht stark das Ansehen unseres Betriebs bei Kunden und Lieferanten.

19

verbessert unsere Anpassungsfähigkeit an technische und Marktveränderungen.

18 n=30

steigern den Geschäftswert des Unternehmens (n=28) (vgl. Abbildung 15). Ausschlaggebende Faktoren zur Erklärung die­ ses hohen Stellenwerts sind vielfältig erkennbar: Die Unternehmen schätzen die Kombination aus Theorie und Praxis, die gewährleistet, dass die Auszubildenden das theoretisch Erlernte in die Praxis umsetzen und die sicherstellt, dass die Jugendlichen bereits in der Ausbil­ dung betriebliche Abläufe kennenlernen und relevante Berufserfahrung sammeln.

Mehrfachantworten möglich

„Generell ist die Verbindung von theoretischen Inhalten und praktischer Anwendung ein enormer Vorteil des deutschen Ausbildungssystems. Ich glaube, dieser Ansatz ist auch nach wie vor und auch zukünftig richtig und gut.“ (Branche: Erbrin­ gung von Finanz- und Versicherungsdienstleistun­ gen) Die Mitarbeiter/innen werden schon sehr früh an das Unternehmen gebunden und lernen die Kultur sowie verschiedene Fach- und Produktionsbereiche

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

39

kennen. Das ermöglicht einen weitgehend friktionslosen Übergang von Ausbildung in Beschäftigung.

auch die besseren Führungskräfte. Das kann man na­ türlich nicht verallgemeinern.“ (Branche: Handel)

„Da wissen wir, was wir haben, die haben eine dreijährige Probezeit durchlaufen, ist doch toll! Und die bringen auch während der Ausbildung Nutzen, da sie, wenn man das gut pädagogisch anpackt, einen hohen Output an Leistung haben.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

c. Vielfältige Gründe für die eigene Ausbildung

Auch im Hinblick auf berufsbegleitende Weiter­ qualifizierungen (Aufstiegsfortbildung, Studium) wird die berufliche Ausbildung als vorteilhaft betrachtet. 20 Unternehmen geben an, dass sich die eigene Ausbildung positiv auf die Gestaltung der betrieblichen Weiterbil­ dung auswirkt (vgl. Abbildung 15), in dem Sinne, dass diese im Anschluss an die solide Grundausbildung, die der/die Ausbildungsabsolvent/in im Unternehmen durchlaufen hat, eine betriebsnahe Weiterqualifizierung leichter realisierbar ist als bei extern ausgebildeten Fachkräften. „Ich glaube, dass sich die berufliche Ausbildung – gerade im Hinblick auf Weiterqualifizierungen wie Meister oder Bachelor – lohnt. Weiterqualifizierungen lassen sich nach einer Ausbildung leichter realisieren. Das sind, in Richtung Zukunft gedacht, wahrscheinlich

Gefragt nach den Gründen für die eigene Ausbildung, steht der Aspekt der Passgenauigkeit benötigter Fach­ kräfte im Vordergrund. So finden sich unter den sechs meistgenannten Gründen der Unternehmen für die eigene Ausbildung die Berücksichtigung betrieblicher Anforderungen, die Reaktion auf den Mangel an qualifi­ ziertem Personal auf dem Ausbildungsmarkt, die Siche­ rung des Fachkräftenachwuchses in den Branchen/Re­ gionen sowie die Vermeidung hoher Fluktuation durch die Gewinnung besonders betriebsnaher Fachkräfte (vgl. Abbildung 16). 26 der befragten Unternehmen nutzen zudem die Ausbildung, um das Risiko von Qualifika­ tionsengpässen auszuschließen, 22 sind der Meinung, dass durch die eigene Ausbildung die Attraktivität des Betriebes für leistungsstarke Arbeitskräfte steigt (vgl. Abbildung 15). Weitere Gründe für die eigene Ausbildung sind die Einsparung der Einarbeitungskosten im Vergleich zu betriebsfremden Fachkräften (n=22), die Reduktion des Risikos personaler Fehlentscheidungen im Gegensatz

Abb. 16: Gründe für die eigene Ausbildung Anzahl der Unternehmen

0

5

10

15

20

25

Qualifizierung von Nachwuchskräften, die genau den betrieblichen Anforderungen entsprechen

30

Gewinn von Fachkräften, da Mangel an qualifiziertem Personal auf dem Arbeitskraft

24

Einsparung hoher Einarbeitungskosten für betriebsfremde Fachkräfte

22

Vermeiden von hoher Fluktuation durch Gewinnung besonders betriebsverbundener Fachkräfte

21

Sicherung des Fachkräftenachwuchses in den Branchen/Regionen

21

Vermeidung des Risikos personaler Fehlentscheidungen, das bei Einstellung betriebsfremder Kräfte gegeben sein kann

20

Möglichkeit, bei der Übernahme von Auszubildenden „die Besten“ auszuwählen

18 16

Einsparung von Kosten der Personalsuche auf dem Arbeitsmarkt Einsparung von un- und angelernten Arbeitskräften durch den Arbeitseinsatz der Auszubildenden während der Ausbildung

30

6

n=30 Mehrfachantworten möglich

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

40

zur Einstellung externer Fachkräfte (n=20), die Möglich­ keit der Übernahme der „Besten“ nach der Ausbildung (n=18) und die Einsparung der Kosten für die Personal­ suche auf dem Arbeitsmarkt (n=16). Sechs Unternehmen bewerten die Kostenreduktion, die durch den Arbeits­ einsatz der Auszubildenden während der Ausbildung verzeichnet werden kann, als einen ausschlaggebenden Grund.

d. Ausgeglichenes kosten-/nutzenverhältnis der dualen Ausbildung

„Die eigene Ausbildung bietet die Möglichkeit, betriebsspezifisch auszubilden. Der externe Markt an Fachkräften bietet oftmals nicht genau das, was das jeweilige Unternehmen sucht.“ (Branche: Bergbau, Ge­ winnung von Steinen und Erden)

Unternehmen, für die sich Ausbildung aus ökonomi­ schen Gründen stärker lohnt als früher (neun von 307), betrachten die Ausbildung im kaufmännischen Bereich (n=7) und gewerblich-technischen Bereich (n=6) künftig als ein wichtiges oder sehr wichtiges Modell, Fachkräfte auf der mittleren Qualifikationsebene zu rekrutieren. Immerhin fünf Unternehmen nennen allerdings auch den Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulab­ solvent/innen als (sehr) wichtiges Rekrutierungsinst-

„Die Ausbildung ist das zentrale Medium, über das wir den Fachkräftebedarf im Unternehmen decken. Die bei uns ausgebildeten Fachkräfte kennen natürlich das

Abb. 17:

These F1.2: Unternehmen, die die Effizienz der Ausbildung in ihrem Unternehmen als lohnend bewerten, weisen der Ausbildung einen hohen Stellenwert zu.

A ls (sehr) wichtig bewertete Rekrutierungsvarianten von Unternehmen, für die sich die eigene Ausbildung mehr lohnt als früher Anzahl der Unternehmen 0

2

4

6

12

6

Eigene Ausbildung im gewerblich-technischen Bereich

5

Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolvent/innen Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt

3

Beschäftigung von Leiharbeitskräften (über Zeitarbeitsfirmen)

3

Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeiter/innen ohne Berufsausbildung

2

Einstellung schulisch ausgebildeter Berufsanfänger/innen

2

Unternehmen – und zwar nicht nur aus der Fachlich­ keit heraus, sondern auch aus der Außerfachlichkeit heraus, die kennen verschiedenste Abläufe, die kennen die Unternehmenskultur, das bringt natürlich große Vorteile.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

10

7

Eigene Ausbildung im kaufmännischen Bereich

Einstellung von Studienabbrecher/innen

8

1

n=9 Mehrfachantworten möglich

rument. Anderen Rekrutierungsvarianten, wie z. B. der Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt, der Beschäftigung von Leiharbeitskräften über Zeitarbeitsfirmen oder der Einstellung von Studi­ enabbrecher/innen messen sie eine deutlich geringere Bedeutung zu (vgl. Abbildung 17). 7

vgl. Abbildung 24, Kapitel 3.3.1 auf S. 57

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

41

Abb. 18: Zufriedenheit der Unternehmen mit dem kosten-/nutzenverhältnis des dualen systems (sehr) zufrieden

teils, teils

Zufriedenheit mit dem Kosten-/ Nutzenverhältnis des dualen Systems

23

0

5

10

7

15

20

Anzahl der Unternehmen

Die Effizienz der eigenen Ausbildung hat demnach großen Einfluss auf den Stellenwert der dualen Ausbil­ dung in den befragten Großunternehmen. Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen sind mit dem Kosten-/Nutzenverhältnis des dualen Aus­ bildungssystems (sehr) zufrieden, keines der befragten Unternehmen gibt an, unzufrieden zu sein. Auch wenn sich das Verhältnis zwischen Investition und Nutzen schwer beziffern lässt, wird die duale Aus­ bildung als rentabel eingestuft. Vor allem die qualitative Hochwertigkeit der Ausbildung rechtfertigt für die befragten Unternehmen die hohen Kosten (sechs Nen­ nungen). Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen: Erworbene Kompetenzen der Fachkräfte sind mit dem betrieblichen Bedarf kompatibel. „Wir stecken da viel Geld rein, aber das, was wir da­ für bekommen, hat auch Hand und Fuß, ist qualitativ hochwertig. Da sehen wir die Relation als angemessen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Die Ausbildung ist qualitativ hochwertiger als früher, es werden mehr Inhalte vermittelt, man kann einen viel höheren Anspruch erheben an den heutigen Facharbeiter.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) 27 der 30 befragten Unternehmen geben bei der Frage danach, welche Aspekte das Ausbildungsverhal­ ten des Unternehmens in den vergangenen fünf bis zehn Jahren deutlich beeinflusst hat, die gestiegenen Anforderungen an die Fachkräfte der mittleren Quali­ fikationsebene an. Folgten die Tätigkeiten vor einigen Jahren noch häufiger einer gewissen Routine, wurden die Anforderungen im Laufe der Zeit zunehmend komplexer und vielfältiger. Die stetige Weiterentwick­ lung der Technologien und Maschinen erfordert analog

25

30 n=30

dazu eine Zunahme an Know-how. Durch vermehrte Geschäftstätigkeiten im Ausland und in Folge der Glo­ balisierung gewinnen Sprachkenntnisse und interkul­ turelle Kompetenzen an Bedeutung. Zudem integrieren Unternehmen vermehrt Zusatzkurse oder Zusatzquali­ fikationen in den regulären Ausbildungsplan. Von den Lehrlingen werden in erhöhtem Maße konzeptionelle und kreative Fähigkeiten sowie eine selbstständige Arbeitsweise erwartet. Die gestiegenen Anforderungen und die daraufhin erfolgte Anpassung und Weiterent­ wicklung der betrieblichen Ausbildung führt dazu, dass Auszubildende bereits während der Ausbildung wertschöpfend eingesetzt werden können. „Dadurch, dass das Anforderungsprofil gestiegen ist, ist natürlich auch die Wertschöpfung des Azubis ge­ stiegen und dadurch ist der Nutzen in den Abteilungen höher als früher, wo es noch – und ich bin jetzt auch schon 17 Jahre dabei – viele Abteilungen gab, die doch noch sehr administrativ und routinemäßig unterwegs waren und wo der Nutzen natürlich nicht so hoch war wie heute, bei jemandem, der schon recht schnell in irgendwelche Projektgeschäfte einsteigt.“ (Branche: Information und Kommunikation) Die Einstellung von berufserfahrenen Fachkräften oder (Fach-)Hochschulabsolventinnen und -absolventen über den externen Arbeitsmarkt wird zwar von jeweils knapp der Hälfte der befragten Unternehmen als (sehr) wichtige Rekrutierungsvariante bewertet (vgl. Abbildung 22), aber nicht unbedingt als rentable Alternative zur Ausbildung im eigenen Unternehmen. Die Einstellung extern ausgebildeter Fachkräfte wird häufig dann in Anspruch genommen, wenn der Fachkräftebedarf durch intern ausgebildete Mitarbeiter/innen nicht gedeckt werden kann. Den hohen Einstiegsgehältern extern rekrutierter Fachkräfte steht die Ersparnis an Einarbei­

42

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

tungszeit und -kosten eines/einer selbst ausgebildeten Beschäftigten gegenüber. Ein sehr hoher Anteil der be­ fragten Unternehmen (n=22) sieht in der eigenen Ausbil­ dung den Vorteil, dass hohe Kosten für die Einarbeitung betriebsfremder Fachkräfte entfallen (vgl. Abbildung 16).

„Der Aspekt der Flexibilisierung wird immer wichti­ ger, ein starres Ausbildungssystem wird zukünftig nicht mehr funktionieren. Die Ausbildung muss zukünftig individueller umgesetzt werden.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen)

Auch die Einsparung von Kosten der Personalsuche auf dem externen Arbeitsmarkt wird von den Unterneh­ men (n=16) als Vorteil der eigenen Ausbildung erachtet (vgl. Abbildung 16). Die eigene Ausbildung soll das Unternehmen vom externen Arbeitsmarkt unabhängig machen (vgl. Abbildung 15).

„Die eigene Ausbildung bietet die Möglichkeit, betriebsspezifisch auszubilden. Der externe Markt an Fachkräften bietet oftmals nicht genau das, was das jeweilige Unternehmen sucht.“ (Branche: Bergbau, Ge­ winnung von Steinen und Erden)

Ein geringer Anteil der befragten Unternehmen (n=6) benennt auch den Wegfall an- und ungelernter Arbeitskräfte durch Auszubildende als einen Grund für die eigene Ausbildung (vgl. Abbildung 16). Die Auszubil­ denden sind ab einem fortgeschrittenen Ausbildungs­ stand nach Einschätzung der Unternehmen – in der Regel ab dem zweiten Ausbildungsjahr – fähig, relativ selbstständig zu arbeiten und werden schon während der Ausbildungszeit vermehrt in die Produktions- und Dienstleistungsprozesse mit einbezogen. Dadurch steigt die Rentabilität der betrieblichen Ausbildung für den Ausbildungsbetrieb. „Der Vorteil ist eigentlich der, dass ich einiges an Einarbeitung und Kosten spare, als wenn ich extern rekrutieren würde, weil der Auszubildende natürlich schon drei Jahre bei uns im Haus ist, durch verschie­ dene Abteilungen gelaufen ist, d. h., der braucht einige Schulungen gar nicht mehr, der braucht keine Einfüh­ rungstage mehr, der muss sich nicht in die Systeme einarbeiten, das kennt er alles schon drei Jahre lang und er kann viel schneller dann effizient in den Bereich eingearbeitet werden.“ (Branche: Information und Kommunikation)

e. Hohe Flexibilität des Ausbildungssystems These F1.3: Das System der dualen Ausbildung wird flexibler und individualisierter. Die These, dass das System der dualen Ausbildung flexi­ bler und individualisierter wird, wird durch die Befra­ gungsergebnisse der Unternehmen gestützt. Ein hohes Maß an Flexibilität der betrieblichen Ausbildung wird von den meisten Unternehmen hervorgehoben. Die Aus­ bildung ermöglicht eine systematische Heranführung des Fachkräftenachwuchses an das ausbildende Unter­ nehmen und dessen Spezifika. Über die Hälfte der Unter­ nehmen (n=18) bewerten sie als ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Anpassungsfähigkeit an technische und Marktveränderungen (vgl. Abbildung 15).

Insbesondere Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe begrüßen zwar die mittlerweile schnellere Ein­ führung bzw. Anpassung von Berufen. Um sicherzustel­ len, dass die Ausbildungsberufe die rasante Entwicklung von Qualifikationsanforderungen und Tätigkeitsprofilen abbilden, müssten die Prozesse allerdings noch effizi­ enter sein. Ebenso erfahren die allgemein flexibleren Prüfungsmöglichkeiten, wie die gestreckte Abschluss­ prüfung und der betriebliche Auftrag in der Prüfung, in diesem Kontext eine positive Erwähnung. Zudem werden das Angebot zweijähriger Berufe und die Möglichkeit, Ausbildungsbestandteile im Ausland wahrzunehmen, als Erweiterung des Flexibilitätsspielraums angesehen. Der Großteil der Unternehmen ist mit der Pass­ genauigkeit der Berufe zufrieden. Gerade die neu geordneten Metall- und Elektroberufe und deren gestaltungsoffene Ausbildungsordnungen, die es den Unternehmen ermöglichen, viele betriebsspezifische Inhalte zu vermitteln, tragen zur Zufriedenheit bei. Die Unternehmen der Automobilindustrie zeigen sich hierbei „noch zufrieden“, erwarten aber zukünftig einen erneuten Anpassungsbedarf. „Ja, wir bilden ja z. B. für die Montage Fertigungs­ mechaniker aus, die gerade dieses Qualitätsmanage­ ment-Denken, das Thema Lean Management, Präsen­ tation, Problemlösung und Teamfähigkeit mit in die Ausbildung integriert haben und insofern passt das zusammen. Oder auch Mechatroniker, die im Rahmen des betrieblichen Auftrages in der Prüfung lernen, die Probleme ganz gezielt und tiefgehend auch zu lösen, und damit haben die auch eine gewisse Problemlö­ sungsfähigkeit und auch eine entsprechende Fähigkeit, Probleme auf den Punkt zu bekommen, auf ein Ergeb­ nis zu bekommen. Und damit sind wir eigentlich sehr zufrieden.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Ein Unternehmen der Dienstleistungsbran­ che ist momentan deshalb zufrieden, da der Beruf Tourismuskaufmann/-frau vor Kurzem überarbeitet wurde und daher sehr gut die Belange der Branche abdeckt.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

43

f. Zunehmende internationale Geschäftstätigkeit beeinflusst das Ausbildungsverhalten der Unternehmen

extern eingekauften Trainer/innen vermittelt. Neun Unternehmen bieten ihren Auszubildenden einen Aus­ landsaufenthalt während der Ausbildungszeit an.

These F1.4: Die internationale Geschäftstätigkeit der Großunternehmen beeinflusst ihre Ausbildungsaktivitäten im In- und Ausland.

Sechs Unternehmen erwähnen explizit die Leis­ tungsfähigkeit des deutschen Ausbildungssystems im Vergleich zu ausländischen Ausbildungsmodellen. Das Alleinstellungsmerkmal des deutschen Ausbildungssys­ tems besteht, laut Aussage der exportierenden Unter­ nehmen, hauptsächlich in der hier vorhandenen Kom­ bination aus Theorie und Praxis. Ausländische Modelle sind oftmals sehr verschult (z. B. Ungarn, Russland), die Inhalte werden nur theoretisch vermittelt.

Zwei Drittel (n=20) der befragten Unternehmen be­ stätigen, dass die zunehmende Internationalisierung Auswirkungen auf das eigene Ausbildungsverhalten hat (vgl. Abbildung 19). Die befragten Unternehmen sind größtenteils „Global Player“, d. h., das Aktivitätsspektrum der meisten Betriebe ist weltweit ausgerichtet. Nur sehr wenige sind ausschließlich in Deutschland tätig (n=4). Vor allem in der EU und dem restlichen Europa, in Nordamerika und Asien sind viele Unternehmen mit Standorten vertreten. Die Ausbildung leistet für viele der befragten Unternehmen einen Beitrag zur Unterstützung ihrer Geschäftstätigkeiten im Ausland. Aufgrund der Gestal­ tungsoffenheit bietet sie den Unternehmen die Mög­ lichkeit, ihren Auszubildenden relevante Inhalte bereits während der Ausbildungszeit zu vermitteln und sie da­ mit für internationale Geschäftstätigkeiten zu wappnen. Vor dem Hintergrund der Internationalisierung wer­ den verstärkt zusätzliche überfachliche Qualifikationen vermittelt (n=18), die den Betrieben als relevant bezüg­ lich ihrer Geschäftstätigkeiten im Ausland erscheinen und in den Curricula der Berufsschulen nicht abgedeckt sind. Dies betrifft in erster Linie vertiefte Sprachkennt­ nisse (v. a. Englisch, Spanisch) sowie interkulturelle Kompetenzen. Diese werden in Schulungen von meist

„Ich glaube nach wie vor, dass wir mit dem dua­ len System, das ja nach wie vor noch einzigartig ist in Europa, einen sehr starken Vorteil gegenüber den rein schulischen Ausbildungen haben, da diese Modelle nicht ermöglichen, die Theorie mit der Praxis zu ver­ knüpfen.“ (Branche: Sonstige wirtschaftliche Dienstleis­ tungen) Neben dem hohen Stellenwert der deutschen dualen Ausbildung im Vergleich zu ausländischen Modellen und dem Beitrag, den diese zur Unterstützung der internationalen Geschäftstätigkeiten leistet, ist ein Trend zur Höherqualifizierung im Kontext der internationalen Geschäftstätigkeit erkennbar. Unternehmen, die eine größere Anzahl an Produktions- und Vertriebsstand­ orten im Ausland besitzen, bieten vermehrt das duale Studium als Ausbildungs- und Rekrutierungsmodell an. Immerhin 19 von 28 Unternehmen mit einem dualen Studium haben mehr als 50 Vertriebsfilialen/-standorte, elf Unternehmen mehr als 50 Produktionsstandorte weltweit. Vor allem im kaufmännischen Bereich greifen Unternehmen oftmals auf duale Studiengänge zurück,

Abb. 19: Auswirkungen der zunehmenden internationalisierung auf das Ausbildungsverhalten der Unternehmen eher ja

Die zunehmende Internationalisierung hat Auswirkungen auf die Ausbildung von Fachkräften.

eher nein

20

0

5

10

10

15

20

Anzahl der Unternehmen n=30

25

30

44

um Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene zu qualifizieren – nicht zuletzt aufgrund der angegebenen höheren Kompetenzanforderungen, die sich im Zuge internationaler Geschäftstätigkeit ergeben. „Grundsätzlich generiert man für das Ausland eher Hochschulabsolventen, das Bachelor-/Master­ system ist international gängige Praxis und bekannt.“ (Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen)

g. Verbesserungsbedarf hinsichtlich des dualen Ausbildungssystems Neben dem erkennbaren und dargestellten hohen Stel­ lenwert des dualen Ausbildungssystems für die Großun­ ternehmen wird nach konkreter Nachfrage unterschied­ licher Verbesserungsbedarf formuliert.

schnittstelle zur Berufsschule Branchenübergreifend, mit leichtem Überhang der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, wird Kritik an der Leistung der Berufsschulen geäußert. Verbes­ serungspotenzial in der Zusammenarbeit mit Berufs­ schulen (zehn Nennungen) bestehen in der besseren inhaltlichen Abstimmung zwischen den Lernorten Berufsschule und Betrieb. Angesprochen werden vor allem die zu geringe Passung von vermittelten Ausbil­ dungsinhalten und dem betrieblichen Bedarf sowie die unzufriedenstellende Ausgestaltung der Inhalte. Die Kooperation zwischen Betrieb und Berufsschule müsse intensiviert werden, um eine bessere Passung zu erzielen. Verbunden mit der inhaltlichen Frage ist auch der Hinweis auf fehlendes ausreichend qualifiziertes Personal in den Berufsschulen. „Wir tun uns an vielen Stellen schwer mit den Berufsschulen, da können Berufsschulen oft nichts dafür – Problem ist das Ineinandergreifen von Kompe­ tenzentwicklung zwischen den Lernorten. Lernfelder sind manchmal nicht perfekt mit dem verzahnt, was im Betrieb gerade benötigt wird.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Von der Praxis her haben wir immer wieder Prob­ leme mit der Abdeckung durch die Berufsschulen, also das ist ein sehr unterschiedliches Bild, teilweise sehr gut, teilweise müssen wir dort Inhalte abdecken, die in der Schule durch Lehrermangel etc. nicht ausreichend vermittelt werden. Das ist so der Punkt, den ich da sehe.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Betriebliche Handlungsstrategien zur Verbesserung der Situation bestehen in der ergänzenden Wissensver­ mittlung durch die Unternehmen, beispielsweise durch Zusatzkurse. Auch werden Kooperationen mit externen

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Partnern (z. B. Akademien) initiiert, die den Auszubilden­ den die fehlenden Inhalte vermitteln (zwei Nennungen). „Die Leistung der Berufsschulen ist eher mangelhaft. Wenn die Leistung der Berufsschulen besser wäre, wäre das duale System optimal. Mit der derzeitigen Situation müssen wir viel Engagement in den Ausgleich dieser Defizite stecken (Zusatzkurse).“ (Branche: Verarbeiten­ des Gewerbe) „Für den Bereich Basisqualifizierung haben wir uns einen externen Partner gesucht, die Akademie [Name ersetzt], die uns diese Basisqualifizierung bundesweit einheitlich zur Verfügung stellt. Diese Fachqualifizie­ rung wird ganz unterschiedlich erbracht, so wie es eben beim jeweiligen Kunden notwendig ist und manchmal eben auch mit internen Referenten, Dozenten oder Ma­ terialien versehen.“ (Branche: Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen)

Hohes Anspruchsniveau in der Ausbildung Das Anspruchsniveau der Ausbildung steigt vor al­ lem in gewerblich-technischen Berufen stetig. Dieser Aspekt wurde zwar von manchen Unternehmen positiv bewertet, teilweise schlagen sich die steigenden An­ forderungen jedoch in schlechten Prüfungsleistungen der Auszubildenden nieder (vier Nennungen), was zu einer teilweise kritischen Bewertung führt. Insbesonde­ re Auszubildende mit Haupt- und Realschulabschluss haben Schwierigkeiten, die anspruchsvollen Prüfungen zu bestehen (als Beispiel wurde hier das Berufsbild KfzMechatroniker/in genannt). Dies wird unter anderem auf die Masse an Inhalten zurückgeführt, die heutzutage laut Ausbildungsordnung zu vermitteln ist. Zum Teil müssen die ausbildenden Betriebe kompensatorisch wirken und die Auszubildenden durch Zusatzkurse während der Ausbildung auf die Prüfungen vorberei­ ten, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutet und die Kosten der Ausbildung erhöht. Es müsse sichergestellt werden, dass ein Ausbildungsberuf von der Zielgruppe der Absolvent/innen der Sekundarstufe I weiterhin zu bewältigen ist. „Was mir ein bisschen Sorgen bereitet, ist der stän­ dige Anstieg des Anspruchsniveaus in den Abschluss­ prüfungen. Da glaube ich, ist man auf dem falschen Weg. Insbesondere im Hinblick darauf, dass gerade in den technischen Berufen eben auch viele junge Leu­ te mit Haupt- oder Realschulabschluss ausgebildet werden. Wenn ich diesen Leuten die Berufsbefähigung vermittle und dann die Prüfungen in bestimmten Bereichen so anspruchsvoll sind, dass ich eigentlich immer nur mit einem schlechten Ergebnis herausgehen kann, also da bin ich mit der Entwicklung unzufrieden.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissen­ schaftlichen und technischen Dienstleistungen)

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Zu große Vielfalt an Berufen Die zu große Vielfalt und damit einhergehende Unüber­ sichtlichkeit der Ausbildungsberufe in Deutschland wird von vier Unternehmen kritisiert. Als mögliche Verbesse­ rungen dahingehend werden eine Reduzierung der An­ zahl der Berufe, ein vermehrter Einsatz des Berufsgrup­ penprinzips und damit verbunden die Modularisierung von Ausbildungsberufen benannt. Zwei Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe schlagen zudem die Einführung einer Grundqualifizierung vor, mit anschlie­ ßender Spezialisierung. Als mögliche Umsetzung wird die Ausarbeitung einer geringen Anzahl an Basisberufen vorgeschlagen, die eine breite Grundqualifikation absi­ chern und auf die dann betriebs- bzw. spartenspezifisch aufgebaut werden kann. „Wir haben eine unglaubliche Zahl von Berufen, da blickt keiner mehr durch. Macht es nicht Sinn, eine Grundqualifizierung zu finden, auf der Spezialisierun­ gen aufbauen können. Das könnte man speziell entlang vom Bedarf der Unternehmen und Kompetenzen der Azubis machen. Ich rede hier nicht von zweijährigen Berufen oder dem angelsächsischen Modell.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

Trend zur Akademisierung Branchenübergreifend bewerten fünf Unternehmen den Trend in Richtung Akademisierung der mittleren Fachkräfteebene als bedenklich, u. a. da das klassische duale Ausbildungssystem bislang ein Garant für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands darstellt. Es wird kritisch festgestellt, dass vonseiten des Staates vermehrt in die Hochschulbildung investiert wird und die beruf­ liche Bildung (v. a. Berufsschulen) finanziell weniger gut ausgestattet sind. Eine zunehmende Entwertung des dualen Ausbildungssystems wird infolge dessen von manchen Unternehmen befürchtet. „Die Ausbildung im Fachkräftebereich verliert permanent an Ansehen, da kann man machen, was man will. Wenn man heutzutage nicht studiert hat oder nicht studieren kann, dann ist das schon mal schlecht.“ (Branche: Energieversorgung)

Verbesserung des kosten-/nutzenverhältnisses Trotz des überwiegend positiven Tenors hinsichtlich eines ausgewogenen Kosten-/Nutzenverhältnisses der Berufsausbildung werden auch hier Verbesserungswün­ sche genannt, die zur Steigerung der Rentabilität des Systems beitragen könnten. Die fehlende Passung zwischen den Curricula der Berufsschulen und den benötigten Inhalten der Ausbil­ dung wird auch unter dem Aspekt des Kosten-/Nutzen­

45

verhältnisses kritisch beurteilt. Die zusätzlichen Qua­ lifizierungen, die nötig sind, um den Auszubildenden die fehlenden Inhalte zu vermitteln, sind mit enormen Kosten verbunden. „Weil wir neben dem klassischen Part Berufsschule und neben dem klassischen Part in der Unterneh­ menspraxis einen dritten Part bezahlen müssen und konzipieren müssen, der sehr wichtig ist, und das ist die sogenannte Qualifizierung mit den Facetten Basisqua­ lifizierung und Fachqualifizierung. Das ist für uns ein sehr kostenintensiver Part.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen)

erhöhung der Flexibilisierung des dualen Ausbildungssystems Auch bezogen auf die Flexibilität des Ausbildungssys­ tems wird noch Verbesserungsbedarf gesehen. Folgende Aspekte werden in diesem Zusammenhang benannt: " Häufigere Überprüfung und Neuordnung der Berufsbilder (vier Nennungen), um beispielsweise auf die stetigen Veränderungen im technologischen Bereich schneller reagieren zu können. Aufgrund der Möglichkeiten einer beweglicheren und schnelle­ ren Anpassung der Curricula der Fachhochschulen auf die Bedarfe des Unternehmens, begründet ein Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor das Ausweichen auf das Modell des dualen Studiums in bestimmten Berufsfeldern. „Veränderungen (technologisch und was Produkti­ onsverfahren angeht) passieren heute so schnell, dass wir auch in der Berufsausbildung sehr viel schneller werden müssen, um mithalten zu können und im Ide­ alfall sogar Entwicklungen vorwegnehmen zu können. Man bewegt sich im Spannungsfeld zwischen hoch­ wertiger, auf berufliche Anforderungen ausgerichteter Ausbildung. Auf der anderen Seite ist das System zu unflexibel und zu wenig auf dynamische Veränderun­ gen ausgerichtet.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) " Beschleunigung von Neuordnungsverfahren (sechs Nennungen): Die Anpassung der Berufsbilder an die Bedarfe der Unternehmen wird nach wie vor als ein langwieriger Prozess wahrgenommen und bringt einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich. Teil­ weise müssen Zwischenlösungen bis zur erfolgten Anpassung oder Neuordnung gefunden werden. „Also manchmal könnte eine Entwicklung, eine Anpassung an die Bedarfe der Unternehmen etwas schneller gehen, also bis letzten Endes ein Berufsbild verändert wird, dauert es doch einige Zeit lang und das ist manchmal etwas schwierig, darauf zu warten. Man versucht dann mit der zuständigen Stelle, mit dem Be­

46

rufsbildungsausschuss vor Ort irgendwelche Zwischen­ lösungen zu bekommen, aber unter dem Strich ist das natürlich eine sehr langwierige Geschichte, bis dann das Bundesministerium die Entwicklung nachgezeich­ net hat.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) " Neun der 30 Unternehmen geben an, dass bestehen­ de Ausbildungsberufe zur Bewältigung der Anfor­ derungen an den betrieblichen Arbeitsplätzen nicht passgenau sind. Das sind insbesondere zwei Unter­ nehmen der Branche „Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“. Ein Unternehmen (Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienst­ leistungen) bemängelt, dass die Ausbildung sehr spezifisch ist und die Absolventen/innen nur sehr speziell einsatzfähig sind. „Ausbildung sollte aber ja so angelegt sein, dass man eher Generalist ist, das verschwindet immer mehr.“ (Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen) " Auch zur Frage angepasster Inhalte von Ausbil­ dungsberufen sind Hinweise aus einem Unterneh­ men der Energiebranche geäußert worden. Ein Unternehmen benennt selbst entwickelte Quali­ fizierungsinhalte zum/zur „Hydroniker/in“ und „Hydromechaniker/in“8 (Einsatz dieser Fachkräfte im Bereich Wasserkraft), die im Anschluss an die Berufs­ ausbildung vermittelt werden. " Ein Unternehmen (Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen) stört sich an miss­ verständlichen (Dialogmarketing) oder unattraktiven (Sozialversicherungsfachangestellte) Berufsbezeich­ nungen. Im kaufmännischen Bereich wird von der Neuordnung der Büroberufe erwartet, dass die neuen Berufsbilder zudem den gestiegenen Anforde­ rungen entsprechen können. " Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungssystem (vier Nennungen): Die Anerkennung und Anrech­ nung von Lernleistungen auf höhere Abschlüsse sollte vereinfacht werden. Wünschenswert wäre ein Punktesystem (vgl. DECVET9) oder die Möglichkeit, verschiedene Berufe kombinieren zu können, bei­ 8 Zielgruppe: Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen der Berufe Elektroniker/in und Industriemechaniker/in: Elektro­ niker/innen erhalten direkt im Anschluss an die Berufsausbil­ dung eine dreimonatige Grundausbildung im Bereich Metall. Industriemechaniker/innen erhalten eine entsprechende Ver­ tiefung im Bereich Elektronik. Beide Gruppen erlernen zudem spezifische Inhalte rund um die Wasserkraft. 9 DECVET ist eine Pilotinitiative des BMBF zur Entwicklung ei­ nes deutschen Leistungspunktesystems für die Berufsbildung. Die Initiative verfolgt das Ziel, durch ein einheitliches Punkte­ system Lernleistungen und Kompetenzen zu bewerten und de­ ren Anrechnung für andere Ausbildungswege zu ermöglichen.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

spielsweise Ausbildungsberufe, deren Tätigkeitsfelder und erforderliche Kompetenzen sich überschneiden, wie z. B. Werkzeugmechaniker/in und Mechatroni­ ker/in. „Es wäre also gut, mit der Durchlässigkeit früher anzusetzen und so das schulische Übergangssystem etwas zu entlasten.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Es wäre schön, wenn man zwischen Berufen mi­ schen könnte. Gut wäre z. B. eine Mischung zwischen Werkzeugmechaniker und Mechatroniker, weil an Arbeitsplätzen Kompetenzen aus beiden Berufen gefor­ dert sind.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) " Stärkere Einbindung in das Prüfungswesen (zwei Nennungen): Von zwei Unternehmen wurde der Wunsch nach einer Modifizierung des Prinzips „wer lehrt, prüft nicht“ hin zu „wer lehrt, der prüft“ geäußert. „Wir hätten Interesse daran, stärker in eine Prüfung zu gehen, die im Unternehmen stattfindet, d. h., Unter­ nehmen und Ausbilder werden zertifiziert, um Prüfun­ gen eigenständig durchführen zu können. Wir würden eine Umstellung des Systems auf ‚wer lehrt, der prüft‘ bevorzugen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Warum wird eine Prüfung in einem dualen Beruf von der zuständigen Stelle durchgeführt, warum ist die Berufsschule hier nicht involviert, warum wird nicht intensiver die Möglichkeit gegeben, betriebliche Aufträ­ ge zu realisieren? Warum gibt es PAL, die relativ weit von der betrieblichen Realität weg ist, die die Prüfung erstellen?“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

Bewertung der Praxisphasen Ein Unternehmen (Branche: Erbringung von freibe­ ruflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­ leistungen) bemängelt, dass die betrieblichen Phasen der dualen Ausbildung in keiner Weise zertifiziert oder akkreditiert werden und daher nicht in die abschlie­ ßende Benotung der Auszubildenden mit einfließen. Eine formale Bewertung dieser Leistung könnte zu einer allgemeinen Verbesserung der Qualität der praktischen Phasen der Auszubildenden führen. In dieser Hinsicht werden duale Studiengänge als Vorreiter bezeichnet, da hier die bearbeiteten Praxisthemen in die Hochschulno­ te der Studierenden mit einfließen.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

3.1.2 stellenwert der dualen Ausbildung: Gesellschaftspolitische Dimension Der Stellenwert dualer Ausbildung lässt sich nicht ausschließlich über seine ökonomische Komponente erklären. Unternehmen äußern darüber hinaus weitere Argumente für die Ausbildung, die sich jenseits öko­ nomischer Fragen bewegen. Dazu gehört zunächst die Wahrnehmung gesellschaftspolitischer Verantwortung in der Form, dass Ausbildungsbetriebe einen Beitrag zur beruflichen und persönlichen Sozialisation von jugend­ lichen Berufseinsteiger/innen leisten.

a. Bereitschaft zur übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung Das Motiv der gesellschaftspolitischen Verantwortung ist in den befragten Unternehmen stark ausgeprägt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ausbildung eine Gemein­ schaftsaufgabe und eine Leistung für die Gesellschaft darstellt und in gemeinsamer Verantwortung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft durchgeführt wird. 26 der 30 Unternehmen bestätigen diese Aussage (vgl. Abbildung 15).

47

die gesellschaftliche Verantwortung im Vordergrund, da durfte Ausbildung auch kosten, was sie wollte. Man wird auch in Zukunft eine gute Ausbildung anbieten wollen, aber sie muss auch wirtschaftlich sein.“ (Bran­ che: Energieversorgung)

b. konjunkturbedingte Abhängigkeit vom Bewerbermarkt: Bewerberquantität und -qualität Die befragten Unternehmen spüren aktuell zwar einen Bewerberrückgang, sprechen jedoch noch wenig von einem Bewerbermangel. Es zeigt sich, dass vor allem qualitative Einschränkungen der Bewerber/innen ein zunehmendes Problem für Großunternehmen darstel­ len. Bei der Frage danach, welche Aspekte das Ausbil­ dungsverhalten des Unternehmens in den vergangenen fünf bis zehn Jahren deutlich beeinflusst haben, geben elf der 30 befragten Betriebe an, nicht ausreichend gute Bewerber/innen gefunden zu haben, was zur Folge hatte, dass angebotene Stellen nicht besetzt wurden.

„Wir haben Ausbildung in der Vergangenheit oft als gesellschaftliche Verantwortung begriffen. Das ist auch nicht unwichtig und steht so einem großen Konzern gut an.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissen­ schaftlichen und technischen Dienstleistungen)

Großunternehmen befinden sich gegenwärtig (noch) in der komfortablen Lage, qualifizierte und geeignete Bewerber/innen für die Ausbildungsplätze auswählen und die besten Auszubildenden nach der Ausbildung übernehmen zu können. Immerhin über die Hälfte der befragten Unternehmen bestätigt das Argument der „Bestenauswahl“ bei der Übernahme (n=18) (vgl. Abbil­ dung 16).

Einige Betriebe begründen zudem die Festlegung ihrer Ausbildungsquote auf einem bestimmten Niveau mit dem gesellschaftlichen Auftrag zur Förderung der beruflichen Sozialisation junger Menschen und ihrer Persönlichkeitsbildung (drei Nennungen), dem sie sich verpflichtet fühlen.

„Wir sind in der guten Situation, dass wir noch aus­ reichend Bewerber haben (mehr Bewerber als Stellen). Aber wir stellen uns darauf ein, dass wir mit rückläu­ figen Schülerzahlen zunehmend Bewerber bekommen, die evtl. noch nicht ausbildungsreif sind.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

„Im Großen und Ganzen bleibt sie so wie sie ist, behaupte ich mal, weil Großunternehmen ja auch einen gesellschaftlichen Auftrag haben. Wenn wir nicht aus­ bilden, wer soll es dann machen …?“ (Branche: Verarbei­ tendes Gewerbe)

Auch wenn sich der Bewerbermangel in Großunter­ nehmen aktuell noch wenig bemerkbar macht – nur vier Betriebe begründeten nicht besetzte Stellen mit einem quantitativen Bewerbermangel –, wird die Quantität der Bewerber/innen in den kommenden Jahren demogra­ fisch bedingt weiter abnehmen. Auch aufgrund der kurz­ fristig noch weiter zunehmenden Studierendenzahlen in den nächsten Jahren sowie der Attraktivität von (dualen) Studiengängen im Vergleich zur dualen Ausbildung bei leistungsstärkeren Bewerber/innen, wird ein weiterer Rückgang an Ausbildungsinteressent/innen erwartet.

Einschränkend wird von einem Unternehmen erwähnt, dass die gesellschaftspolitische Verantwortung nur so lange Berücksichtigung finden kann, wie sich für ausbildende Betriebe ein wirtschaftlicher Nutzen erkennbar darstellen lässt. Die Unternehmen müssen im Vergleich zu früher deutlich mehr in die eigene Ausbildung investieren. Finanzielle Engpässe und damit einhergehende Sparprogramme könnten auf Dauer ein Ausweichen auf kostengünstigere Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten bedeuten. „Grundsätzlich achtet das Unternehmen zurzeit sehr auf die Wirtschaftlichkeit. Es gab Zeiten, da stand

„Unsere Bewerberzahlen sind in den letzten Jahren etwas zurückgegangen, aber nicht analog zur demo­ grafischen Entwicklung, nach der wir viel schlechter hätten dastehen müssen.“ (Branche: Handel) Die Ansprüche der Großunternehmen an den zu­ künftigen Fachkräftenachwuchs sind hoch, die erwarte­

48

te Zunahme der Heterogenität der Bewerbergruppe wird daher kritisch bewertet. Vor allem in einfachen Kultur­ fähigkeiten, wie Lesen, Schreiben und Rechnen, werden Defizite wahrgenommen. „Neben Defiziten in Englisch gibt’s auch Defizite in Mathe (v. a. Grundlagen). Wir würden gerne mehr Hauptschüler einstellen, aber Mathe ist ganz schwie­ rig.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden) „Die Defizite liegen vor allem im Bereich mathe­ matischer Grundkenntnisse, im Bereich deutscher Sprachkompetenz, sie liegen auch im Bereich Motivati­ on, Berufsorientierung und Zuverlässigkeit.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) Vor diesem Hintergrund bieten bereits acht Un­ ternehmen Fördermaßnahmen vor oder während der Ausbildung an, um leistungsschwächere Auszubildende aufzufangen. Bei den Maßnahmen und Angeboten zur Förderung leistungsschwächerer Bewerber/innen und Auszubil­ dender werden Maßnahmen angeboten, die der eigent­ lichen Ausbildung vorgeschaltet sind, wie beispielsweise ein Berufsorientierungsjahr sowie Berufsvorberei­ tungsmaßnahmen zu Beginn der Ausbildung, Nachhil­ femaßnahmen während der Ausbildung oder spezielle ausbildungsbegleitende Hilfen.10 „Wir reagieren darauf, indem wir im November mit einem eigenen Berufsvorbereitungsprogramm starten, um die Defizite, die die Bewerber aus dem schulischen und häuslichen Bereich mitbringen, aus­ zugleichen.“ (Branche: Erbringung von freiberufli­ chen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­ leistungen) Gleichzeitig haben Großunternehmen aufgrund ihrer Ressourcen die Möglichkeit, eigene Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. 15 Unternehmen bieten die eigene Ausbildung mit Zusatzqualifikationen an. Fünf Unternehmen bezeichnen das Modell „Ausbildung mit Zusatzqualifikation“ als zielgruppenorientiert im Hinblick auf den Ausgleich von fachlichen und über­ fachlichen Defiziten der Auszubildenden, sieben Betrie­ be wollen damit besonders leistungsstarke Auszubilden­ de fördern (vgl. Abbildung 26). Zudem intensivieren und erweitern die Großunter­ nehmen ihre Marketingstrategien, indem sie beispiels­ weise vermehrt auf Ausbildungsmessen präsent sind 10 Eine detailliertere Beschreibung der angebotenen Maßnahmen und Programme zur Förderung leistungsschwacher Bewerber/ innen und Auszubildender findet sich im Rahmen der Ergeb­ nisdarstellung in Kapitel 3.4.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

oder Berufsinformationstage für Ausbildungsinteressen­ tinnen und -interessenten anbieten. Außerdem weichen sie zunehmend auf neue, tendenziell schulisch höher gebildete Zielgruppen aus, um leistungsstärkere Auszu­ bildende für die eigene Ausbildung zu gewinnen (drei Nennungen). Hier rücken auch Studienabbrecher/innen in das Blickfeld der Unternehmen. Mit Einführung des zweigliedrigen Hochschulsystems (Bachelor/Master) sind die Abbruchquoten wieder gestiegen. Damit öffnet sich für die Unternehmen ein stetig wachsender Pool an potenziellen Ausbildungsinteressent/innen mit höhe­ rem Bildungsniveau. „Wir machen ein verstärktes Marketing. Wir gehen in die Schulen und versuchen, dort mehr geeignete Be­ werber zu finden und zu erreichen, dass sie sich für uns interessieren. Wir haben z. B. jetzt gerade im Moment über 30 Abiturienten von einem Gymnasium da, die wir jetzt sensibilisieren und auf uns einstimmen, dass sie sich jetzt bewerben, und das läuft jetzt kontinuierlich.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Wir investieren viel in Marketing und passen das gezielt an (zielgruppenspezifisch). Im Zweifel lasse ich lieber zwei Plätze frei, bevor ich zwei Risikokandidaten nehme.“ (Branche: Information und Kommunikation) „[Studienabbrecher] könnten für uns interessant werden, in Richtung Eingangskanal in die Berufsaus­ bildung. Im Zuge der Demografie ist es ein Kanal, den wir in Zukunft genau beobachten wollen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

3.1.3 stellenwert der dualen Ausbildung: Werteorientierte Dimension Wertebezogene Argumente für die eigene Berufsausbildung runden die Dimensionen zur Beschreibung des Stellenwertes der dualen Ausbildung ab. Über die betriebliche Ausbildung werden unternehmensbezogene Werte vermittelt. Dies trägt zur Identifizie­ rung der Auszubildenden mit dem Unternehmen bei, wobei an dieser Stelle Überschneidungen der werteori­ entierten mit der ökonomischen Dimension erkennbar sind. Die Ausbildung leistet einen Beitrag zur Einbindung der Auszubildenden in die Unternehmensidentität (Corporate Identity). Die Identität eines Unternehmens wird durch betriebliche Charakteristika und Spezifika geformt. Dabei spielen Aspekte wie die Unternehmens­ kultur, -geschichte und Organisationsstruktur ebenso eine Rolle wie der betriebsspezifische Sprachgebrauch und die allgemeinen Umgangsformen. Auch die intern gelebten Normen und Werte, die zusammengefasst als

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Unternehmensphilosophie bezeichnet werden können, tragen wesentlich zur betrieblichen Identitätsbildung bei. Die Prägung der Unternehmensstruktur und -kultur, die Vermittlung unternehmensbezogener Werte sowie die Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen fördern den Stellenwert der dualen Ausbildung. Für 28 der befragten Unternehmen fördert die eigene Ausbildung wesentlich die Identifikation der Mitarbeiter/innen mit dem Unternehmen, da sie der beste Weg ist, um sie in die Unternehmenskultur einzu­ führen (vgl. Abbildung 15). Die im Unternehmen ausgebildeten Fachkräfte kennen die Systeme, Abläufe und die Kultur des Un­ ternehmens, da sie in der Ausbildungszeit Gelegenheit hatten, sehr viele verschiedene Bereiche zu durchlaufen. Über den externen Markt rekrutierte Fachkräfte können diesen Vorsprung der Ausbildungsabsolvent/innen nicht oder nur schwer einholen. „Und schlussendlich auch die Unternehmens­ strategie und auch den Spirit in einem Unternehmen kann man natürlich sehr gut in der Ausbildungszeit vermitteln. Dadurch, dass in der Ausbildung sehr viele Bereiche durchlaufen werden, können die Azubis das Unternehmen auch ganz anders einschätzen und dann auch ganz anders tätig werden als jemand, der von außen kommt.“ (Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen) Auch das Motiv der stringenten Fortführung der ei­ genen Unternehmenstradition sollte unter dem Aspekt der Werteorientierung erwähnt werden. Die befragten Unternehmen betrachten diese in hohem Maße als aus­ schlaggebend für die Begründung der eigenen Ausbil­ dung. Nahezu alle Unternehmen (n = 29) geben an, dass die eigene Ausbildung für sie zur Unternehmenstraditi­ on gehört (vgl. Abbildung 15).

3.1.4 Zusammenfassung zentraler ergebnisse Leitfrage 1 beleuchtet die Relevanz der dualen Ausbil­ dung für die Großunternehmen sowie die Faktoren, die Ausbildung befördern und hemmen (siehe Tabelle 2). Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die befrag­ ten Großunternehmen der dualen Ausbildung einen hohen Stellenwert bescheinigen. Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht über die benannten fördernden und hemmenden Faktoren für die duale Ausbildung sowie geäußerten Verbesserungs­ bedarf am dualen Ausbildungssystem aus Sicht der befragten Unternehmen. Der Verbesserungsbedarf wird

49

im Rahmen der Gesamtbewertung der Ergebnisse noch einmal aufgegriffen. Die durch die Unternehmen seit dem Jahr 2000 angegebenen Ausbildungsquoten zeigen grundsätzlich eine dem Bundesdurchschnitt entsprechende Ausbil­ dungsaktivität. In den nächsten fünf bis zehn Jahren prognostiziert der Großteil der befragten Unternehmen eine gleichbleibende bis leicht ansteigende Ausbil­ dungsquote. Das Ergebnis korrespondiert durchaus mit bundesweiten Erkenntnissen. Troltsch u. a. (2012, S. 8) verweisen darauf, dass die Mehrheit der Ausbildungs­ betriebe in Deutschland ihre Ausbildungsaktivitäten in den kommenden drei Jahren unverändert lassen will. Rückläufige Bewerberzahlen und die zunehmende Attraktivität dualer Studiengänge bei den Bewerber/ innen werden dabei als potenzielle Hindernisse einer steigenden oder konstanten Quote benannt, um den zukünftigen Bedarf an Nachwuchskräften über die duale Ausbildung decken zu können. Die Identifizierung der Faktoren, die den Stellen­ wert der Ausbildung in Unternehmen begünstigen, erfordert einen mehrdimensionalen Betrachtungsan­ satz, um das breite Spektrum der Gründe und poten­ zieller Hemmnisse für die duale Ausbildung zu ver­ deutlichen. Neben der ökonomischen sind auch eine werteorientierte und gesellschaftspolitische Dimension erkennbar. Die Prägung der Unternehmensstruktur und -kultur, die Vermittlung unternehmensbezogener Werte sowie die Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen sind benannte positive Effekte, die zu einem hohen Stellenwert der Ausbil­ dung beitragen. Über den externen Markt rekrutierte Fachkräfte können diesen Vorsprung gegenüber den Ausbildungsabsolventen/innen nicht oder nur schwer einholen. Auch spielt die Übernahme gesellschaftspo­ litischer Verantwortung keine unbedeutende Rolle bei den Gründen für die eigene Ausbildung. Diese wird als gemeinsame Aufgabe von Staat, Gesellschaft und Unter­ nehmen begriffen. Erwartungsgemäß kann der hohe Stellenwert vor allem über die ökonomische Dimension begründet werden. Schließlich stellt die eigene Ausbildung zur Gewinnung und Sicherung von Fachkräften, die auf die betriebsspezifischen Inhalte hin ausgebildet wer­ den, einen unverzichtbaren Bestandteil der betriebli­ chen Personalpolitik dar. Auch wenn sich das Kosten-/ Nutzenverhältnis nur schwer in Zahlen ausdrücken lässt, wird die Ausbildung als rentabel betrachtet. Die qualitative Hochwertigkeit der Ausbildung rechtfer­ tigt für viele Unternehmen die entstehenden (hohen) Kosten.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

50

Tabelle 2: Fördernde und hemmende Faktoren für die Ausbildung nach BBiG/HwO Aspekt

leistungsfähigkeit

Fördernde Faktoren

• • • • • •

Hemmende Faktoren

• Zu wenig Praxisbezug im Schulsystem, zu wenig individuelle Förderung der Schüler/ innen • Zunehmende Heterogenität der Bewerbergruppe • Trend zur Akademisierung des Bildungssystems und dadurch Abwertung der Berufsbildung • Leistung/Kooperation mit den Berufsschulen/fehlende Inhalte in Curricula der Berufsschulen • Zu große Anzahl an Berufen • Fehlende Durchlässigkeit an der Schnittstelle zur Hochschule

Verbesserungsbedarf

• Individuellere Förderung der Schüler/innen während der Schulzeit • Attraktivität der dualen Ausbildung gegenüber Studiengängen stärken • Verbesserte Ausbildung der Schüler/innen in der Berufsschule bzw. Professionalisierung des Lehrpersonals und bessere Kooperation mit Unternehmen; Stärkung der Stellung der Berufsschulen im Schulsystem • Weniger Berufe bzw. Stärkung des Berufsgruppenprinzips • Mehr Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Studium

Aspekt

kosten-/nutzenverhältnis

Fördernde Faktoren

• Höhere Rentabilität der eigenen Ausbildung gegenüber der Rekrutierung externer Fachkräfte

Hemmende Faktoren

• Abnehmende Zahl an (geeigneten) Bewerber/innen

Verbesserungsbedarf

• Abkehr von politisch forcierter Akademisierung des Berufsbildungssystems

Aspekt

Flexibilität

Fördernde Faktoren

• Höhere Flexibilität (z. B. durch Gestaltungsoffenheit, Berufsgruppen), um auf heterogene Zielgruppen zugehen zu können • Schnellere Umsetzung neuer Berufe • Erneuerung der Berufsbilder und positive Entwicklung des Prüfungswesens durch die Einführung der gestreckten Abschlussprüfung

Hemmende Faktoren

• Zunehmend steigendes Anforderungsniveau der Ausbildung, zu viele Inhalte • Aber noch nicht schnell genug! • Bindung von Ausbilderkapazität durch hohes Engagement bei der IHK

Verbesserungsbedarf

• Häufigere und schnellere Überprüfung und Neuordnung der Berufsbilder • Flexibilisierung des Systems/Modularisierung

Aspekt

Werteorientierung

Fördernde Faktoren

• Vermittlung unternehmensbezogener Werte/Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen • Fortführung der Unternehmenstradition

Hemmende Faktoren

• Keine benannt

Kombination aus Theorie und Praxis Höheres Ausbildungsniveau/gestiegene Anforderungen Qualitativ höhere Ausbildung als früher Zentrales Prüfungssystem bei den zuständigen Stellen (Kammern) Betriebsspezifische Qualifizierung der Fachkräfte Möglichkeiten der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Trotz der hohen Zufriedenheit benennen einige betriebliche Expertinnen/Experten zu bearbeitende Schwachstellen des dualen Ausbildungssystems. Häufig benannt werden die Unübersichtlichkeit der Ausbil­ dungsberufe in Deutschland sowie die verbesserungs­ bedürftige inhaltliche Schnittstelle zur Berufsschule. Auch der zunehmende Trend hin zur Akademisierung auf der mittleren Fachkräfteebene wird durchaus kri­ tisch kommentiert, da leistungsstarke Bewerber/innen zunehmend eher Interesse an einem dualen Studium haben und auf der mittleren Fachkräfteebene zukünf­ tig fehlen. Zudem wird die Notwendigkeit einer höheren Fle­ xibilität dualer Ausbildung betont: zum einen über eine verbesserte Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Be­ rufen und Systemen und zum anderen über die schnel­ lere Neuordnung einzelner Berufsbilder, um langjährige – und dadurch unflexible – Prozesse zu vermeiden.

51

3.2 Varianten der Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene

leitfrage F2: Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene – welche Varianten bestehen jenseits der dualen Ausbildung? " Welche Möglichkeiten zur Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene, außer der dualen Ausbildung, nutzen Großun­ ternehmen? " Welche Gründe und wirtschaftlichen Rahmen­ bedingungen beeinflussen die Entscheidung für oder wider berufliche Ausbildung? " Wie bewerten die Unternehmen die duale Aus­ bildung im Vergleich zu anderen Rekrutierungs­ varianten?

In der Untersuchung wurde auch analysiert, wie Groß­ unternehmen Fachkräfte für die mittlere Qualifikati­ onsebene rekrutieren. In der Ergebnisdarstellung wird zwischen den Rekrutierungsvarianten duale Ausbildung, externer Arbeitsmarkt und Nachqualifizierung unter­ schieden. Ergänzend zur dualen Ausbildung, die erwartungs­ gemäß von allen Großunternehmen angeboten wird, geben zwölf Unternehmen an, auch über den externen Arbeitsmarkt Fachpersonal zu rekrutieren11. Vier12 Unternehmen bieten auch Nachqualifizierungen an, um an- und ungelernten Mitarbeiter/innen das Nachholen eines Berufsabschlusses zu ermöglichen (vgl. Abbildung 20).

11 Unter „Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt“ wird hier die Rekrutierung sowohl von ausgebildeten Fachkräften und auch Hochschulabsolvent/innen, als auch von Leihar­ beitskräften und ungelernten Kräften über den externen Ar­ beitsmarkt zusammengefasst dargestellt. 12 In zwei der Fallstudienbetrieben werden Maßnahmen angebo­ ten, die mit Nachqualifizierung in Verbindung gebracht wer­ den können. Es handelt sich um kein systematisches Konzept und findet in geringem Umfang statt (z. B. Teilnahme eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin an Externenprüfung). Da­ her werden diese Ansätze nicht in die Rekrutierungsvariante „Nachqualifizierung“ eingerechnet.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

52

Abb. 20: Rekrutierungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene Anzahl der Unternehmen 0

5

10

15

20

12

Rekrutierung über Arbeitsmarkt

Die nachfolgende Grafik visualisiert die Häufigkeit der Nennungen bezogen auf die jeweilige Rekrutie­ rungsvariante (Frage: „Bieten Sie dieses Modell an?“ – dunkelblaue Balken). Die prozentualen Angaben beziehen sich auf den Stellenwert, den die Unternehmen der jeweiligen Variante einräumen (Frage: „Welche Stel­ lenwert nehmen die einzelnen Rekrutierungsvarianten ein, in Prozent?“ – hellblaue Balken). Hier wurde, unter ausschließlicher Berücksichtigung derjenigen Unter­ nehmen, die die jeweilige Variante tatsächlich anbieten, ein Mittelwert berechnet. In der Befragung gaben die Unternehmen an, ihre Fachkräfte im Durchschnitt zu etwa 68 Prozent über die eigene Ausbildung (Ausbildung, Ausbildung mit Zusatz­ qualifikation, duales Studium) zu rekrutieren. Etwa 28 Prozent der Fachkräfte werden über den Arbeitsmarkt rekrutiert und ein geringer Anteil über Nachqualifizie­ rungsmaßnahmen für An- und Ungelernte (vgl. Abbil­ dung 21).

30 30

Duale Ausbildung

Nachqualifizierung

25

n=30 Mehrfachantworten möglich

4

3.2.1 Duale Ausbildung These F2.1: Branchenübergreifend dient die duale Ausbildung mittel- und langfristig zur Rekrutierung und Bindung benötigter Fachkräfte. In Kapitel 3.1 wurde die Bedeutung der dualen Aus­ bildung aus Sicht der befragten Unternehmen bereits dargelegt und erläutert. Die These, dass das Modell derzeitig und auch zukünftig einen hohen Stellen­ wert in Großunternehmen besitzt, kann anhand der erhobenen quantitativen und qualitativen Ergebnisse gestützt werden. Nicht überraschend ist demnach, dass die Ausbildung eine hohe Priorisierung gegenüber anderen Varianten zur Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene aufweist. Die duale Ausbildung gilt in den befragten Großunternehmen immer noch als „Königsweg“ zur Sicherung ihrer Fach­ kräftebasis. Zwei Drittel der befragten Unternehmen

Abb. 21: Relativer stellenwert der Rekrutierungsvarianten untereinander 67,46 %

70 60

Genutzte Rekrutierungswege

Stellenwert/Rekrutierung (Mittelwerte)

50 40

n=30

20

Stellenwert/Rekrutierung Nachqualifizierung (absolute Häufigkeiten) 5 % (n=2) 10 % (n=1)

27,78 %

30

n=12

10

n=4

0

Eigene Ausbildung

Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt

Nachqualifizierung

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

rekrutieren über diesen Weg für die mittlere Fachkräf­ teebene. „Im Fachkräftebereich wird nicht besonders viel extern eingestellt, d. h., die eigene Ausbildung bleibt hier trotz allem die wichtigste Rekrutierungsstrategie.“ (Branche: Energieversorgung) „Die Fachkräfte auf der mittleren Qualifikations­ ebene rekrutieren wir natürlich sehr wichtig und aus­ schließlich über Auszubildende.“ (Branche: Information und Kommunikation) Merkmale, die die eigene Ausbildung gegenüber der Einstellung betriebsfremder Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt auszeichnen, wurden bereits in Kapitel 3.1 genannt und sollen im Folgenden noch einmal in Erinnerung gerufen werden: " Einsparung der Einarbeitungskosten, schnellerer und effizienterer Einsatz der Ausbildungsabsolvent/ innen " Einsparung der Kosten für die Personalsuche auf dem Arbeitsmarkt " Gewinnung von Fachkräften, die auf dem externen Markt nicht verfügbar sind " Verminderung der Fluktuation durch Gewinnung besonders betriebsnaher Fachkräfte " Reduktion des Risikos personaler Fehlentscheidungen " Möglichkeit der Übernahme der „Besten“ nach der Ausbildung " leichtere Realisierbarkeit von Weiterqualifizierung für Ausbildungsabsolvent/innen " Steigerung der Unabhängigkeit vom externen Markt Die vielfältigen Vorteile der im Unternehmen ausge­ bildeten Fachkräfte im Vergleich zu extern rekrutiertem Personal tragen zu deren hohen Ansehen in den befrag­ ten Unternehmen bei. Abbildung 22 veranschaulicht, dass die duale Ausbil­ dung auch in Zukunft für die befragten Unternehmen das wichtigste Modell zur Deckung ihres Fachkräftebe­ darfs für die mittlere Qualifikationsebene bleibt. Die eigene Ausbildung im gewerblich-technischen und kaufmännischen Bereich wird jeweils als wichtigste Variante zur zukünftigen Deckung des Fachkräftebe­ darfs bewertet. Vor allem im gewerblich-technischen Bereich bildet die duale Ausbildung einen unverzichtbaren Bestandteil der Personalpolitik in den Großunternehmen.

53

„[...] solange es Produktionsstätten in Deutschland gibt, braucht man immer gute Fachleute.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Dies hängt auch mit dem berufsspezifisch ange­ spannten Arbeitsmarkt zusammen. Es ist schwerer, einschlägig qualifizierte Fachkräfte auf dem externen Arbeitsmarkt zu finden, die den spezifischen Qualifi­ kationsanforderungen des jeweiligen Unternehmens gerecht werden (vier Nennungen). „Es ist besonders wichtig, im gewerblich-techni­ schen Bereich eine eigene Qualifikation zu haben, weil wir da einen Fachkräftebedarf haben und die Jugend­ lichen zu wenig Interesse daran haben.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Im gewerblich-technischen Bereich ist die eigene Ausbildung sehr wichtig, da es das, was wir brauchen, auf dem Markt nicht gibt – z. B. Baustoffprüfer als Beruf, den es nur in der Baustoffbranche gibt. Wenn wir uns keine Baustoffprüfer ausbilden würden, gäbe es keine.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden) Auch der Ausbildung im kaufmännischen Bereich wird zukünftig große Bedeutung zur Deckung des Fachkräftebedarfs auf der mittleren Qualifikationsebene beigemessen. Hier lassen sich jedoch eher Tendenzen zur Höherqualifizierung erkennen. Die Anforderungs­ profile in diesem Bereich haben sich offensichtlich derart verändert, dass vermehrt auf Absolvent/innen dualer Studiengänge zur Besetzung der Stellen zurück­ gegriffen wird. „Wir haben aber gerade auch bei den kaufmänni­ schen Auszubildenden einen relativ hohen Anteil an Leuten mit Hochschulreife und das nähert sich dann nachher in den Tätigkeiten wieder an, weil wir auch ein berufsbegleitendes BWL-Studium anbieten, sodass die Absolventen des dualen Studiums und diejenigen, die dieses berufsbegleitende Studium absolviert haben, später durchaus auf vergleichbaren Positionen landen.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissen­ schaftlichen und technischen Dienstleistungen) Ergänzend zur Ausbildung kommt die Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeits­ markt zur Deckung des Fachkräftebedarfs infrage. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen sieht dieses Modell als (sehr) wichtig an. Der Ersatz von Fach­ kräften durch (Fach-)Hochschulabsolventinnen und -absolventen wird ebenfalls von knapp der Hälfte der Unternehmen als (sehr) wichtig bewertet. Ein Drittel der Betriebe beschäftigt Leiharbeitskräfte (über Zeitar­ beitsfirmen).

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

54

Abb. 22: Bedeutung unterschiedlicher Varianten für Großunternehmen zur zukünftigen Deckung ihres Fachkräftebedarfs (sehr wichtig/wichtig) Anzahl der Unternehmen 0

5

10

15

20

21

Eigene Ausbildung im kaufmännischen Bereich Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt

14 13

Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolventen

10

Beschäftigung von Leiharbeitskräften (über Zeitarbeitsfirmen) Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeiter/innen ohne Berufsausbildung

5

Einstellung von Studienabbrecher/innen

5

Einstellung von Berufsanfänger/innen, die von anderen Unternehmen ausgebildet wurden

Als weniger bedeutsame Rekrutierungsstrategien werden die Weiterbildung von Mitarbeiter/innen ohne Berufsausbildung sowie die Einstellung von Studienabbrecher/innen, schulisch ausgebildeten Berufsanfän­ ger/innen und Ausbildungsabsolvent/innen anderer Unternehmen angesehen.

3.2.2 Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt (auch leiharbeit) Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen rekrutiert Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene über den externen Arbeitsmarkt (n=12). Es ist davon auszugehen, dass alle Großunternehmen Fachkräfte auch über den Arbeitsmarkt rekrutieren, jedoch in geringerem Umfang als über die eigene Ausbildung. Der Rekrutierung über den Arbeitsmarkt wird deshalb kein hoher Stellenwert zur Fachkräftesicherung auf mittlerer Qualifikations­ ebene beigemessen. Durchschnittlich werden in den zwölf Unternehmen, die angeben, diese Variante anzubieten, ca. 28 Prozent der Fachkräfte über den externen Markt rekrutiert (vgl. Abbildung 21). Die Rekrutierung über den Arbeitsmarkt

30

24

Eigene Ausbildung im gewerblich-technischen Bereich

Einstellung schulisch ausgebildeter Berufsanfänger/innen

25

3 2

n=30 Mehrfachantworten möglich

ergänzt das Rekrutierungsportfolio. Aus primär zwei Gründen werden Fachkräfte extern rekrutiert: " Der externe Arbeitsmarkt wird entweder im Falle eines entstehenden fachlich spezifischen Bedarfs, z. B. an speziellen Kompetenzen, Erfahrungen oder zu besetzenden Positionen, als Rekrutierungsvarian­ te gewählt oder " der Bedarf entsteht ad hoc und muss in kurzer Zeit gedeckt werden, sodass Fachkräfte nicht schnell genug intern bereitgestellt werden können. Die Rekrutierung über den Arbeitsmarkt wird als Komplementärstrategie für einen spezifischen Zweck gesehen, der über die duale Ausbildung kurzfristig nicht zu decken ist. „Es ist ein Parallelsystem und keine Konkurrenz. Die Auszubildenden werden immer zu bestimmten Zeiten fertig (Sommer/Winter). Es gibt Bereiche, die außerhalb dieses Zeitraums Kräfte suchen. Wir suchen auch nicht nur Young Professionals, sondern auch Professionals, die schon gewisse Berufserfahrungen mitbringen. Da­ her ist das ein ganz normaler Weg, der nicht in Konkur­ renz zur Ausbildung steht.“ (Branche: Erbringung von

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

55

freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) Insbesondere im Fall überdurchschnittlicher Wachstumsphasen wird auf den externen Arbeitsmarkt zurückgegriffen. „Ich sag mal, unser Unternehmen ist in den letzten 15 Jahren extrem gewachsen. (...) das kann man mit der eigenen Ausbildung nicht abdecken. Es ist also nie­ mand ausgewechselt oder ersetzt worden, sondern man braucht auch Facharbeiter von extern und eine gesunde Mischung ist da immer gut. Und wir haben im letzten Jahr, glaub’ ich, 1.000 Mitarbeiter neu eingestellt und es gehen auch immer wieder Mitarbeiter, die Fluktua­ tion ist da. Aber bei 1.000 Stellen kommen wir mit den 140, die wir jedes Jahr ausbilden, nicht weit, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Der Großteil der Unternehmen (sieben der zwölf Ant­ wortenden) geht davon aus, dass diese Rekrutierungsva­ riante in den nächsten fünf Jahren nicht weiter ausge­ baut wird. Für stark wachsende Unternehmen gewinnt die Strategie weiter an Bedeutung. Letztlich muss berücksichtigt werden, dass in den Großbetrieben Leiharbeit als Rekrutierungsvariante in der Regel zur kurzfristigen Überbrückung perso­ naler Engpässe gewählt wird. Wie aus Abbildung 22 ersichtlich wird, geben zehn Unternehmen an, bei der zukünftigen Deckung ihres Facharbeiterbedarfs auf Leiharbeitskräfte zurückzugreifen. Teilweise werden Zeitarbeiter/innen, die nicht mit einer fachadäquaten

Ausbildung ins Unternehmen kommen, nachquali­ fiziert und anschließend in feste Arbeitsverhältnisse übernommen. „Bei den Facharbeitern gibt es dann die Zeitarbeits­ firmen, die hier Fachkräfte anbieten. Da gibt es dann aber auch schon längere Zeit eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit denen. Wir machen z. B. auch Qualifizierungsmaßnahmen mit den Zeitarbeitern, die wir finanzieren, und haben auch schon viele übernom­ men. Davon profitieren wir ja dann auch irgendwie.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Auch ein Unternehmen aus der Branche „Erbrin­ gung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“ greift auf die Beschäf­ tigung von Leiharbeitskräften auf der mittleren Fach­ kräfteebene zurück (bis zu 50 Prozent der Belegschaft) und unterhält dazu eine eigene Personalservicetochter, die geeignete Kräfte für das Unternehmen rekrutiert. Begründet wird dies mit dem ökonomischen Vorteil der Zeitarbeit und der Möglichkeit, flexibel auf die jeweilige Geschäftslage reagieren zu können.

3.2.3 nachqualifizierung Bei der Nachqualifizierung handelt es sich von der Definition her um Fördermaßnahmen für An- und Ungelernte13 mit dem Ziel des nachträglichen Erwerbs eines formalen Berufsabschlusses. Es kann sich auch um Teilqualifizierungen mit dem Ziel handeln, den Berufs­ abschluss zu erwerben.

Abb. 23: Zukünftige Bedeutung des Modells „Rekrutierung über externen Arbeitsmarkt“ Das Modell wird in den nächsten fünf Jahren...

Anzahl der Unternehmen 0

2

4

6

10

12

7

auf heutigem Niveau verbleiben

an Bedeutung gewinnen

2

weiß nicht

2

keine Angabe

8

1

n=12

13 Darunter werden Personen verstanden, die entweder keinen Berufsabschluss oder einen Berufsabschluss, der auf dem Ar­ beitsmarkt nicht mehr verwertbar ist, haben.

56

Vier der 30 befragten Unternehmen nutzen die Nachqualifizierung von An- und Ungelernten zur Rek­ rutierung von Fachkräften auf mittlerem Qualifikations­ niveau. Da Einfacharbeitsplätze zunehmend wegfallen, besteht einerseits die Notwendigkeit, im Unternehmen beschäftigte An- und Ungelernte auf das Niveau einer Fachkraft zu qualifizieren. „Also zum einen haben wir einen zwar zurückge­ henden Anteil An- und Ungelernter, aber doch noch eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die vor ca. 20 Jahren eingestellt wurden für Produktionstätigkeiten, also als Produktionshelfer. Diese Stellen entfallen mehr und mehr, und hier haben wir Programme, um sie auf den Stand eines [Berufsbezeichnung: anonymisiert] zu bringen. Was neu wiederkommt: dass wir beispielsweise Leasingkräfte, die bei uns im Bereich Logistik, Abfül­ lung usw., also auch eher einfacher Produktionstätig­ keiten, eingesetzt sind, dass wir die qualifizieren, um sie dann wieder auf Facharbeiterniveau zu bringen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Andererseits führen einzelne wenige Unternehmen Nachqualifizierung als zusätzliche Variante zur Deckung ihres Fachkräftebedarfs durch, d. h., es werden an- und ungelernte Personen rekrutiert und weiterqualifiziert. „Unterhalb von beruflicher Ausbildung machen wir Umschulungen, dass man also vom Arbeitsmarkt welche nimmt und die dann in einem Jahr zum Ma­ schinen- und Anlagenführer qualifiziert.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Wir stellen Fremdberufler ein, die wir dann be­ rufsbegleitend zu einem Facharbeiterabschluss führen. D. h., die schließen dann eine Ausbildung zum [Berufs­ bezeichnung: anonymisiert] ab.“ (Branche: Verarbeiten­ des Gewerbe) Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die befragten Unternehmen dieser Rekrutierungsvariante wenig Bedeutung zumessen, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass der Anteil an An- und Unge­ lernten gering ist und tendenziell weiter sinkt. Lediglich die Hälfte der vier Unternehmen geht somit davon aus, dass das Modell der Nachqualifizierung in Zukunft (deutlich) an Bedeutung gewinnen wird. „[…], wir haben so gut wie keine An- und Ungelern­ ten. Wir verfolgen das Prinzip, dass wir eigentlich nur Facharbeiter einstellen. Wir haben sicherlich im Dienst­ leitungsbereich, im Werkschutz oder in der Kantine den ein oder anderen, der keine oder zumindest keine fachspezifische Ausbildung besitzt, aber wir haben in der Produktion oder in anderen Prozessen so gut wie keinen, der keine Facharbeiterausbildung hat.“ (Bran­ che: Verarbeitendes Gewerbe)

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

„Also der Anteil An- und Ungelernter ist bei uns sehr niedrig, das kommt eher noch aus der Vergangenheit, zuletzt haben wir eigentlich keine An- und Ungelernten mehr eingestellt.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

3.3 Anforderungen an Ausbildung vor dem Hintergrund veränder­ ter Rahmenbedingungen leitfrage F3:

Welchen Anforderungen muss sich Ausbildung heute stellen?

" Inwiefern verändern sich die Erwartungen der Unternehmen an berufliche Bildung durch sich wandelnde Rahmenbedingungen? " Welchen Einfluss haben dabei fachliche Notwendigkeiten bzw. gestiegene Qualifikati­ onsanforderungen auf der mittleren Quali­ fikationsebene, die Ordnungsmittel selbst, Kosten-Nutzen-Aspekte und Erfordernisse des Arbeitsmarktes? Wie Ausbildung in Unternehmen durchgeführt wird, hängt von mehreren Faktoren ab, die in diesem Kapitel näher betrachtet werden. Die Einflussfaktoren auf die mittlere Fachkräfteebene und auf die Anforderungen, denen duale Ausbildung heute genügen muss, wirken sowohl aus den Unternehmen heraus (steigende Anfor­ derungen) als auch von außen auf das Unternehmen ein (veränderter Bewerbermarkt).

57

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Qualifi­ kationsanforderungen auf der mittleren Fachkräfteebe­ ne in den Unternehmen steigen. Beispielsweise müssen im gewerblich-technischen Bereich Facharbeiter/innen mit immer komplexer werdenden Produkten, Verfahren und Produktionsprozessen zurechtkommen. Im Dienst­ leistungssektor sind die Fachkräfte unter anderem mit sich rasch wandelnden Kommunikations- und Informa­ tionstechnologien und sich stetig ändernden Kunden­ anforderungen konfrontiert. Unternehmen reagieren auf diese Entwicklungen, indem sie die betriebliche Ausbildung um notwendi­ ge (über-)fachliche Inhalte anreichern. Dadurch wird jedoch die Ausbildung anspruchsvoller. Dies wird zunehmend zum Problem, da demografiebedingt das Ausbildungspotenzial abnimmt (quantitativ und quali­ tativ). Schulabgängerzahlen sinken erkennbar, während gleichzeitig das Studieninteresse gut qualifizierter Ju­ gendlicher zunimmt. Die Folge davon ist, dass leistungs­ starke Bewerber/innen nicht mehr in gleichem Umfang wie bisher für die duale Ausbildung zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite steigt die Nachfrage nach Ausbildungsanwärter/innen mit Hochschulreife, denn Unternehmen orientieren sich bei der Bewerberauswahl verstärkt auf andere Zielgruppen als noch vor 15 Jahren. Im kaufmännischen Bereich z. B. ist das Abitur als Einstiegsniveau in die Ausbildung mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme (vgl. Alesi/Teichler 2013).

Abb. 24: Beeinflussende Faktoren auf das Ausbildungsverhalten in den letzten 5 bis 10 jahren Anzahl der Unternehmen 0

5

10

20

25

30

27

Anforderungen an Fachkräfte sind gestiegen Stellen konnten nicht besetzt werden – nicht ausreichend gute Bewerber/innen

11

Ausbildung lohnt sich ökonomisch mehr als früher

9

Bestehende Berufsbilder sind nicht passgenau

9

Stellen konnten nicht besetzt werden – nicht ausreichend viele Bewerber/innen

4

Ausbildung lohnt sich ökonomisch weniger als früher

1

Anforderungen an Fachkräfte sind gesunken

1

Ausbildungsintensive Bereiche sind weggefallen

15

n=30 Mehrfachantworten möglich

58

3.3.1 Gestiegene Qualifikationsanforderungen auf mittlerer Qualifikationsebene These F3.1: Steigende Qualifikationsanforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene fördern die Entwicklung eigener Ausbildungsvarianten mit dem Ziel, die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen anzupassen. Der wichtigste Einflussfaktor auf das Ausbildungs­ verhalten von Großunternehmen sind mit Abstand fachliche Notwendigkeiten. Das zeigen die Ergebnisse der quantitativen Befragung: Hier gaben 27 von 30 Unternehmen an, dass gestiegene Anforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene ihr Ausbildungsver­ halten in den letzten fünf bis zehn Jahren am stärksten beeinflusst haben (vgl. Abbildung 24). In die gleiche Richtung weist der Befund, dass die be­ fragten Unternehmen die Entwicklung und den Einsatz eigener Ausbildungsvarianten mit fachlichen Notwen­ digkeiten begründen: Aufgrund gestiegener Qualifika­ tionsanforderungen bieten zwei Drittel der Großunter­ nehmen die Ausbildung mit Zusatzqualifikationen an und drei Viertel greifen sogar auf duale Studiengänge zurück. Die Ergebnisse stützen die These, dass Großunter­ nehmen eigene Ausbildungsvarianten entwickeln, um steigende Qualifikationsanforderungen auf der mittle­ ren Qualifikationsebene zu kompensieren. Dies beant­ wortet allerdings nicht die Frage, warum und inwiefern sich Qualifikationsbedarfe aus Sicht der befragten Unternehmen verändert haben. Dies wurde über die qualitativen Interviews ergänzt. Identifiziert wurden da­ bei verschiedene Einflussfaktoren auf die Qualifikations­ entwicklungen in Großunternehmen. Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf die Ursachen für die gestiegenen Qualifikationsanforderun­ gen auf der mittleren Qualifikationsebene.

a. Technologische Veränderungen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, vor allem die Automobilbranche, und der Branche Information und Kommunikation führen gestiegene Anforderun­ gen an die Fachkräfte auf komplexere Produkte sowie komplexere Produktionsverfahren zurück. Die tech­ nologische Entwicklung erfolgt kontinuierlich und in immer kürzeren Zyklen. Fachkräfte müssen, neben der fortwährenden Erneuerung ihres Fachwissens, ein gewisses Maß an Flexibilität, Veränderungsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit mitbringen, um die an sie gestellten Anforderungen bewältigen zu können. Was die Fertigung betrifft, sind die Anforderungen an die Fachkräfte durch die zunehmende Automatisierung in

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

der Produktion (z. B. Robotik und automatische Prozess­ steuerung) besonders in den Bereichen Wartung und Instandhaltung deutlich gestiegen. „Ganz aktuelles Beispiel: Elektromobilität. Die Pro­ dukte, die wir produzieren, werden immer komplexer, damit steigen selbstverständlich die Anforderungen für alle Mitarbeiter, die mit diesen Produkten zu tun haben, egal in welchem Zusammenhang – das gilt für studierte Ingenieure wie für die, die wir in der Berufsausbildung qualifizieren. Insofern steigen Anforderungen kontinu­ ierlich – auf der einen Seite wegen der Komplexität der Produkte, auf der anderen Seite, weil auch die Produk­ tionsverfahren immer komplexer werden.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Anforderungen im Fertigungsbereich sind ge­ stiegen: Anlagen sind komplexer. Ausweitung der Tätigkeitsbereiche erkennbar, z. B. um Instandhaltung. Einfache Tätigkeiten gibt‘s nicht mehr (Automati­ sierung oder Übergabe an Fremdfirmen).“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Aber nicht nur in Unternehmen aus dem verarbei­ tenden Gewerbe steigen die Anforderungen aufgrund technologischer Weiterentwicklungen, sondern auch in Unternehmen aus Dienstleistungsbranchen. Diese Unternehmen verweisen insbesondere im Hinblick auf die rasante Entwicklung von Internettechnologien auf einen kontinuierlichen Qualifizierungsbedarf ihrer Mitarbeiter/innen. „Es ist so, dass die IT-Welt bei uns immer komplexer wird. Also das eine ist das Thema Datenschutz, das bei uns sehr hoch angesiedelt ist, und das Thema Internet, CloudComputing usw., d. h., wir brauchen eigentlich immer Mit­ arbeiter, die sich ständig weiterqualifizieren und die auch mit den technischen Neuerungen Schritt halten können.“ (Branche: Information und Kommunikation) „Ja, zum einen sind wir natürlich in einer Welt, in der das ganze Online-Geschäft immer stärker Einzug findet, d. h., da sind schon andere Anforderungen auch von technischer Natur, der Informationsfluss ist enorm, weil wir natürlich auch sehr viele Unterschiede der Informationsgewinnung haben.“ (Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen)

b. steigende Verantwortung auf mittlerer Fachkräfteebene Über alle Branchen hinweg führen neue Formen der Arbeitsorganisation, der internationalen Zusammen­ arbeit und des Qualitätsmanagements zur stärkeren Einbindung von Mitarbeiter/innen auf mittlerer Fach­ kräfteebene in die Produktions- bzw. Geschäftsprozesse der Unternehmen. Die Tätigkeitsfelder der Fachkräfte

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

verändern sich dadurch stetig und weiten sich aus. Methodische Kompetenzen, wie z. B. die Fähigkeit zur Selbstorganisation im Team, werden daher wichtiger. Auch Projektmanagementkenntnisse werden zuneh­ mend erforderlich, da sich Projektarbeit auch auf die Fachkräfteebene verlagert. Fachkräfte sind in höherem Maß als früher für das Ergebnis ihres Handelns und für ihr Produkt verant­ wortlich. Auch kostenbewusstes und sicherheitsrele­ vantes Handeln oder Kundenorientierung sind heute wichtige Aspekte, die auch auf der Ebene von Fachkräf­ ten berücksichtigt werden müssen. Die Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass diese in der Literatur bereits mehrfach beschriebenen Entwicklungen das Ausbildungsverhalten der Unterneh­ men stark beeinflussen: Mitarbeiter/innen auf mittlerer Fachkräfteebene sind stärker an Optimierungsprozessen beteiligt. Das betrifft nicht mehr nur das betriebliche Vorschlagswesen, sondern auch die konkreten Umset­ zungsprozesse. Insbesondere in Produktionsunterneh­ men werden zunehmend Produktionssysteme wie z. B. lean production eingeführt. Fachkräfte, die damit arbei­ ten, müssen mit Ingenieurinnen und Ingenieuren oder Technikerinnen und Technikern auf gleicher Augenhöhe kommunizieren können. Dazu brauchen sie umfassende Prozesskenntnisse und die Bereitschaft, sich aktiv an der kontinuierlichen Verbesserung dieser Prozesse (KVP) zu beteiligen. „Ich selber hab‘ auch eine Ausbildung gemacht, allerdings in den 70er-Jahren, und wenn ich da verglei­ che, was wir noch an Ausbildungsinhalten vermittelt bekommen haben und was sie unseren heutigen Azubis vermitteln, dann ist da ein riesengroßer Unterschied. Wir haben die Basics erfahren und heute machen wir mit den Leuten Englischkurse, Spanischkurse, techni­ sches Englisch, machen im fachlichen Bereich viel, viel mehr als damals und das führt auch dazu, dass die heutigen Fachkräfte, die eine Ausbildung gemacht ha­ ben, dass man die auch hinterher teilweise ganz anders einsetzen kann. Also nach meiner Beobachtung, wo früher dann schon der ein oder andere Techniker oder sogar Ingenieur war, das kann heute auch ein Fachar­ beiter machen. Oder insbesondere in Teams, in denen Techniker/Facharbeiter und Ingenieure zusammenwir­ ken, merken wir einfach auch, dass die Ingenieure bzw. Vorgesetzten auch einen viel höheren Anspruch erheben an den heutigen Facharbeiter.“ (Branche: Verarbeiten­ des Gewerbe) „Zudem werden die Hierarchien immer flacher, was automatisch dazu führt, dass mehr Verantwortung in diese Ebene gegeben wird.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

59

c. Gestiegene Anforderungen in Ordnungsmitteln Obwohl die Mehrzahl der Betriebe die gestiegenen Anforderungen an die (angehenden) Fachkräfte auf technologische und wirtschaftliche Entwicklungen zurückführt, gibt es auch Unternehmen, die als Grund für gestiegene Anforderungen in der Ausbildung die Ordnungsmittel selbst benennen. Angemerkt wird, dass die Anforderungen, die neue und neu geordnete Berufs­ bilder an die Auszubildenden stellen, teilweise so hoch sind, dass sie von Auszubildenden ohne Hochschulreife nur mit Unterstützung seitens des Betriebes zu bewälti­ gen sind. Im gewerblich-technischen Bereich betrifft das Berufsbilder wie z. B. den/die Kfz-Mechatroniker/in. „Fachlich gibt es höhere Anforderungen durch die Ordnungsmittel, z. B. beim Kfz-Mechatroniker. Bei die­ sem Niveau ist es für Realschüler schon anspruchsvoll.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden) „[…] betrifft fachliche Aspekte an den Schulen, hier sind Anforderungen höher geworden, z. B. was Kun­ denbetreuung, Kundenzufriedenheit angeht. Das ist für viele eine Hürde. Was mathematische und physikalische Kenntnisse betrifft, ist dieser Beruf ohnehin anspruchs­ voll. Das komplette Handwerk muss natürlich gleich­ zeitig auch abgedeckt sind.“ (Branche: Handel)

d. Höhere Anforderungen aufgrund der Internationalisierung Auch die Internationalisierung in Großunternehmen führt zu steigenden Anforderungen in der Ausbildung. Zwei Drittel der befragten Unternehmen (20 von 30) stimmten dem zu. Die internationale Vernetzung der Großunternehmen erfordert verstärkt auch von Fach­ kräften gute bis sehr gute Sprachkenntnisse, insbe­ sondere Englisch. Gerade in kaufmännischen Berufen haben diese Anforderungen stark zugenommen. „Mit der zunehmenden Internationalisierung haben Fremdsprachenkenntnisse drastisch an [Relevanz] ge­ wonnen und dann auch speziell Englisch. Unsere kauf­ männischen Azubis und auch die Laboranten machen komplett Englisch mit Zertifikat, weil sie internationa­ les Marketing machen, internationale Betriebssysteme haben und auch internationale Entwicklungen haben.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Neben Sprachen werden auch eine gewisse Bereit­ schaft und die Fähigkeit gefordert, sich mit anderen Kul­ turen auseinanderzusetzen (interkulturelle Kompetenz). Hiervon sind auch technische Fachkräfte betroffen, die in der Montage oder im Service tätig sind. „Überfachlich sind die Anforderungen gestiegen, weil der Nachwuchs verstärkt im internationalen Ge­

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

60

schäft eingesetzt wird – in der Montage, der Inbetrieb­ nahme und im Service. Der Anteil des internationalen Geschäfts hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. D. h., es werden einerseits verstärkt Sprachkenntnisse vermittelt und der Umgang mit fremden Kulturen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

Die Ausbildung mit Zusatzqualifikation wird von etwa der Hälfte der Unternehmen, die das Modell anbieten, aus Wettbewerbsgründen angeboten. Das Zu­ satzspektrum an Berufsprofilen orientiert sich in diesen Fällen an dem quantitativen und qualitativen Bewerberangebot.

Weil die Curricula der Berufsschulen Sprachkom­ petenzen und interkulturelle Kompetenzen nicht in ausreichendem Maße abdecken, halten 18 Unternehmen die Vermittlung zusätzlicher überfachlicher Qualifikati­ onen für erforderlich.

„Ja, nicht jedes Unternehmen bietet Zusatzqualifi­ kationen an, z. B. zum Fremdsprachenkorresponden­ ten.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

3.3.2 Veränderter Bewerber-/Arbeitsmarkt These F3.2: Die Ausbildungsaktivität wird durch die Quantität und Qualität der Bewerber/innen auf dem Ausbildungsmarkt bestimmt. Auf einem enger werdenden Ausbildungsmarkt ste­ hen die Unternehmen zunehmend im Wettbewerb um besonders leistungsstarke Bewerber/innen. Großunter­ nehmen präsentieren sich gerade auch dieser Zielgruppe nicht zuletzt durch alternative Ausbildungsvarianten als attraktive Arbeitgeber. Dies bestätigen auch die Ergeb­ nisse der quantitativen Befragung: Nach den veränder­ ten fachlichen Anforderungen im Beruf ist der „Kampf um Talente“ der am zweithäufigsten genannte Grund, warum Unternehmen alternative Ausbildungsvarianten einsetzen. Die Unternehmen nutzen hierfür zwar auch die Aus­ bildung mit Zusatzqualifikationen (sieben von 15), doch wird als entscheidender Wettbewerbsfaktor auf dem Ausbildungsmarkt eindeutig das duale Studium gesehen (14 von 28).

„Das neue Ausbildungssystem seit 2011 zielt auf eine größere Flexibilität, eine gezielte Förderung von Azubis sowie eine größere Attraktivität ab, ist gleichzei­ tig aber durchaus ein sehr anspruchsvolles Programm!“ (Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungs­ dienstleistungen) Die fachliche Notwendigkeit steht beim Angebot von Zusatzqualifikationen jedoch im Vordergrund. Qualifi­ kationsprofile, die auf dem Arbeitsmarkt kaum oder nur schwierig zu finden sind, werden beispielsweise durch die Weiterentwicklung der Beschäftigten im Unterneh­ men kompensiert. Das Zusatzspektrum an alternativen Ausbildungsvarianten orientiert sich somit an mangeln­ den Qualifikationsprofilen am regionalen oder überregi­ onalen Arbeitsmarkt. Auf das duale Studium setzen fast alle befragten Unternehmen, um mit dem Angebot leistungsstarke Abiturientinnen und Abiturienten anzusprechen. Die Unternehmen nutzen die duale Ausbildung, um diese Zielgruppe frühzeitig an sich zu binden. „Es gibt heute doppelt so viele Bewerber für duales Studium wie für die ,klassische‘ Ausbildung. Das duale Studium ist spannend, weil man hier die guten Abitu­ rienten kriegt.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen)

Abb. 25: Beitrag alternativer Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle im „kampf um Talente“ (Wettbewerbsfaktor) Anzahl der Unternehmen 0

5

20

25

30

7

Ausbildung mit Zusatzqualifikation (n=15)

Nachqualifizierung (n=4)

15 14

Duales Studium (n=28)

Rekrutierung über Arbeitsmarkt (n=12)

10

2 1

n=30 Mehrfachantworten möglich

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

„Damit kann man sich frühzeitig um die TopBewerber kümmern, die schon während der Schulaus­ bildung herausstechen. Leuten mit gutem Abiturschnitt wollen wir auch attraktive Arbeitsplätze bieten, sonst entscheiden die sich, woanders hinzugehen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Für duale Studiengänge sprechen aus Sicht der Unternehmen weitere Gründe: Unternehmen können auf die inhaltliche Ausgestaltung dualer Studiengänge direkt einwirken und diese auf die konkreten betriebli­ chen Bedarfe ausrichten. Die stärker ordnungspolitisch geregelten Berufe bieten dahingehend einen geringeren Spielraum. Auch ist die inhaltliche Anpassung von Stu­ diengängen deutlich schneller zu bewerkstelligen als die von Ausbildungsordnungen. „Weil wir da natürlich das duale Studium selbst ausrichten – wir kooperieren mit den Hochschulen und haben auch Einfluss auf die Inhalte der dualen Studi­ engänge. Wir haben auch mit einer Fachhochschule einen Studiengang selbst entwickelt. Da finden sich natürlich unsere Bedarfe wieder.“ (Branche: Verarbei­ tendes Gewerbe) Der Vorteil des dualen Studiums gegenüber einem „reinen“ Hochschulstudium liegt für die Unternehmen darin, dass Absolventinnen und Absolventen eines dualen Studiums bereits Berufserfahrung im Unterneh­ men gesammelt haben, entsprechend sozialisiert sind und ohne eine größere Einarbeitung sofort eingesetzt werden können. „[Das duale Studium gewinnt] zum einen an Attraktivität bei jungen Menschen, aber auch bei den Betrieben, weil sie eben nicht nur reine Akademiker von den Hochschulen einstellen, sondern auch vom dua­ len System, die eben schon sehr viel Berufserfahrung mitbringen.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen)

61

3.4 Alternative Ausbildungsvarianten leitfrage F4: Welche alternativen Ausbildungsvarianten für die mittlere Qualifikationsebene bieten Unternehmen an? " Welche zur dualen Berufsausbildung nach BBiG/HwO alternativen Ausbildungsvarianten (Formen, Inhalte, Organisation) bieten Unter­ nehmen an? " Wie sehen diese Alternativmodelle en détail aus und welchen Zweck verfolgen sie? " Welche Relevanz haben diese Wege für die Per­ sonalgewinnung insgesamt? " In welchem Bezug (inhaltlich, strukturell) stehen die alternativen Modelle zur dualen Ausbildung? " In welchem Verhältnis stehen die alternativen Ausbildungsvarianten zur klassischen dualen Ausbildung (inhaltliche und strukturelle Nähe oder Distanz bzw. Ergänzung oder Verdrän­ gung)? Die duale Ausbildung kommt in den befragten Groß­ unternehmen in verschiedenen Varianten und Facetten vor. Die klassische Ausbildung ohne Gestaltungsvarian­ ten existiert in der Praxis der Großunternehmen kaum mehr. In der Untersuchung wird daher nach alternati­ ven Ausbildungsvarianten „gefahndet“, die Unterneh­ men, neben der dualen Ausbildung, zur Qualifizierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene entwickeln und durchführen. Es wurden alle identifi­ zierten alternativen Modelle beschrieben, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Unternehmen angeboten werden. Ziel ist es, die Gestaltungsvielfalt abzubilden und zukünftige Trends erkennen zu können („Trendscouting“).

These F4.1: Großunternehmen stellen sich den Herausforderungen, die die duale Ausbildung mit sich bringt, durch die Etablierung neuartiger Ausbildungsvarianten. Die Etablierung alternativer Ausbildungsvarianten ist eine Reaktion auf die im vorangegangenen Kapi­ tel beschriebenen veränderten Rahmenbedingungen. Gestaltungsoffene Berufsbilder intendieren die Ausrich­ tung der Ausbildung an betriebs- und branchenspezifi­ sche Bedarfslagen. Die Unternehmen bieten eine Reihe alternativer Modelle an, die mehr oder weniger Varian­

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

62

ten der dualen Ausbildung darstellen. Diese weisen eine unterschiedliche Nähe (inhaltlich und organisatorisch) zur klassischen dualen Ausbildung auf. In der Befragung wurden die im Folgenden vorge­ stellten Modelle unter dem Aspekt „Ausbildung mit Zusatzqualifikation“ erhoben14. Unter Zusatzqualifikati­ onen werden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten verstanden, die über die in den Ausbildungsordnungen definierten Ausbildungsinhalte hinausgehen und sich somit deutlich oberhalb der Mindestanforderungen von Ausbildungsordnungen befinden (vgl. BIBB Datenreport 2012; Waldhausen/Werner 2005). Weitere Merkmale sind " die Vermittlung der Inhalte parallel zur Berufsausbil­ dung oder unmittelbar im Anschluss, " ein zeitlicher Mindestumfang (mindestens 40 Stun­ den) und " eine Zertifizierungsoption. Im Ergebnis bieten 15 Unternehmen unterschied­ liche Varianten von Ausbildung mit Zusatzqualifika­ tionen an. Ausschlaggebend für das Angebot sind aus Sicht der Unternehmen gestiegene (über-)fachliche Anforderungen und die Möglichkeit, über diese Modelle leistungsstarken Jugendlichen eine attraktive Ausbil­ dungsvariante anbieten zu können. Ein absehbarer Fachkräftemangel spielt hingegen eine untergeordnete Rolle (vgl. Abbildung 26).

Die Anreicherung der klassischen Ausbildung mit Zusatzqualifikationen wird durch das Prinzip der Gestaltungsoffenheit der Ausbildung gestützt. Aus Sicht der Unternehmen leisten diese Ausbildungsva­ rianten einen Beitrag zur Stabilisierung der mittleren Fachkräfteebene. Ein Großteil der Unternehmen, die die Ausbildung mit Zusatzqualifikationen anbieten, geht davon aus, dass dieses Modell auch in den nächs­ ten fünf Jahren im heutigen Umfang angeboten wird. Die Minderheit (n=3) geht von einer weiter steigenden Bedeutung aus. Die angebotenen Zusatzqualifikationen sehen mehrheitlich zusätzliche fachliche Kompetenzen (n=15) in unterschiedlicher Intensität vor, dann zusätzliche oder vertiefte Fremdsprachenkenntnisse (n=12) oder auch überfachliche/methodische Kompetenzen (n=12) (vgl.  Abbildung 27). Die in der Untersuchung identifizierten Varianten dualer Ausbildung werden in diesem Kapitel entlang ihrer jeweiligen Nähe zur klassischen Ausbildung vorgestellt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Modelle zur Unterstützung Leistungsschwächerer (z. B. Förderung der Ausbildungsfähigkeit, Verlängerung der Ausbildungsdauer) und Modelle im Sinne einer „Ausbil­ dungPlus“ im überfachlichen Bereich (z. B. Vermittlung von Querschnittsqualifikationen). Diese Modelle weisen eine deutliche Nähe zur klassischen dualen Ausbildung auf, sind aber der Vollständigkeit halber aufgeführt und kurz beschrieben.

Abb. 26: (sehr) wichtige Gründe für das Angebot einer Ausbildung mit Zusatzqualifikation Anzahl der Unternehmen 0

5

10 9

Fachliche Notwendigkeit

7

Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“ Kostengünstige Alternative

3

Andere Gründe

3

Keine Angabe

14 Abgesehen von den Modellen in Kapitel 3.4.10 „Duales Studi­ um“; dieses wurde in der Befragung als duales Studiengänge gesondert erhoben und bewertet.

15

1

n=15 Mehrfachantworten möglich

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

63

Abb. 27: inhaltliches spektrum der Ausbildung mit Zusatzqualifikationen Anzahl der Unternehmen 0

5

10 12

Zusätzliche/vertiefte Fremdsprache

9

Zusätzliche fachliche Inhalte auf ähnlichem Niveau

8

Verstärkt überfachliche/methodische Kompetenzen

6

Zusätzliche fachliche Inhalte auf höherem Niveau Verstärkt Aspekte der Kundenorientierung/Dienstleistung

4

Andere

1

Keine Angabe

1

Des Weitern werden Ausbildungsvarianten vorge­ stellt, deren inhaltliche und organisatorische Ausge­ staltung sich erkennbar von dem klassischen Modell entfernen, dadurch dass sie " ein abweichendes Gestaltungsprinzip verfolgen, z. B. berufsübergreifende Grundausbildung, Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer Berufe, Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“, " die internationale Geschäftstätigkeit flankieren, z. B. Auslandsaufenthalte der Auszubildenden, Export deutscher Ausbildungselemente ins Ausland, oder " die Grenzen von Aus- und Weiterbildung ver­ schwimmen lassen, z. B. Verzahnung von Aus- und Weiterbildung, Ausbildung als Basis eines struktu­ rierten Weiterbildungsprozesses.

3.4.1 Förderung der Ausbildungsfähigkeit Unterstützungsmaßnahmen, die leistungsschwächeren Jugendlichen den Übergang in Ausbildung und deren Abschluss erleichtern sollen, finden in den Unterneh­ men zu zwei Zeitpunkten statt: vor Beginn und während der Ausbildung. Es handelt sich dabei z. B. um Schnup­ perpraktika, Vorkurse, Nachhilfeprogramme oder ausbildungsbegleitende Hilfen (abH).

15

n=15 Mehrfachantworten möglich

Das Bewerberangebot, aus dem die Unternehmen schöpfen, ermöglicht es ihnen zwar immer noch, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen, eine „Bestenauslese“, wie bis vor einigen Jahren möglich, ist allerdings heute nicht mehr realisierbar. Jugendliche, die früher eine duale Ausbildung begonnen haben, münden nun eher in ein Hochschulstudium ein. Die Zielgruppe der leistungs­ schwächeren Jugendlichen, die nicht friktionslos in eine duale Ausbildung einmünden, gerät daher zunehmend ins Blickfeld von Großunternehmen. Die Unternehmen sind zum heutigen Zeitpunkt nicht wesentlich auf diese Zielgruppe angewiesen, um ihr Fachkräftereservoir zu sichern. Die bestehenden Varianten werden eher aus gesellschaftspolitischer Verantwortung heraus ange­ boten. Mit Blick in die Zukunft und der absehbaren demografischen Entwicklung werden diese Modelle aber an Bedeutung gewinnen. Vor und/oder zu Beginn der Ausbildung bieten die Großunternehmen eine Reihe unterschiedlicher Model­ le an, um die Jugendlichen für eine duale Ausbildung zu begeistern und fit zu machen. „Wir haben ein Angebot für Schulabbrecher und schulmüde Jugendliche. Junge Menschen können in das Unternehmen reinschnuppern und Praktika machen. Diese Jugendlichen können jedoch nicht zur Hauptziel­ gruppe werden, da wie gesagt die Anforderungen an unsere Azubis sehr hoch sind und diese Jugendlichen die­ se Reife nicht haben.“ (Branche: Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen)

64

Zwei Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor bieten Berufsvorbereitungsmaßnahmen zu Beginn der Ausbildung an. In Vorkursen und Berufsvorbereitungs­ programmen sollen Defizite, die die Bewerber/innen aus dem schulischen und häuslichen Bereich mitbringen, ausgeglichen werden. „Also die größten Defizite sind schon mal in den Noten erkennbar, d. h. also, die Masse, die wir noch vor fünf bis sechs Jahren hatten, die im 2er- und 3er-Be­ reich lag, die ist heute nicht mehr da. Jetzt bekommen wir Bewerbungen mit Noten im 3er-, 4er- und 5er-Be­ reich und wenn die dann bei uns anfangen, machen wir Vorkurse, um einzuschätzen, wie weit sind die bei der Programmierung. Bei manchen muss man noch anfan­ gen, denen Primzahlen zu erklären, und bei anderen ist es so, die zwar eine gute Mathenote haben, aber die ist nicht mehr ausschlaggebend dafür zu sagen, dass derje­ nige wirklich ein technisches oder logisches Verständnis hat.“ (Branche: Information und Kommunikation) „Die Defizite liegen vor allem im Bereich mathe­ matischer Grundkenntnisse, im Bereich deutscher Sprachkompetenz, sie liegen auch im Bereich Motiva­ tion, Berufsorientierung und Zuverlässigkeit. […] Wir reagieren darauf, indem wir im November mit einem eigenen Berufsvorbereitungsprogramm starten.“ (Bran­ che: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) Während der Ausbildung werden weitere Förderins­ trumente genutzt, um leistungsschwächere Jugendliche besser in die duale Berufsausbildung zu integrieren. Die Großunternehmen, ausschließlich aus dem verarbeiten­ den Gewerbe, greifen hierbei auf die bekannte Bandbrei­ te an Unterstützungsmaßnahmen zurück: " Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) werden von drei Unternehmen des produzierenden Gewerbes benannt. " Nachhilfeprogramme während der Ausbildung konzentrieren sich meist auf Mathematik, aber auch andere Themen, je nach individuellem Bedarf der Auszubildenden (Nachhilfemaßnahmen werden von drei Unternehmen des produzierenden Gewerbes genannt). „Ja, z. B. Nachhilfeprogramme für Mathematik. Ist bei uns eingebunden in das Programm ‚Entwicklung und Förderung für Auszubildende‘. In regelmäßigen Gesprächen mit Azubis und Ausbildern werden För­ dermaßnahmen besprochen. Hier werden z. B. auch konkrete Lernzeiten zu Hause vereinbart.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

3.4.2 Verlängerung der Ausbildungsdauer Um auch Jugendliche als Fachkräfte zu gewinnen, für die eine Ausbildung in der Regelzeit nicht machbar scheint, bieten Unternehmen für diese Zielgruppe Modelle an, die die Ausbildungsdauer verlängern. Ausbildungsva­ rianten dieser Kategorie intendieren einen leichteren Übergang von der Schule in den Beruf. Auch hier steht für die Unternehmen die gesellschaftliche Verantwor­ tung im Vordergrund. Aufgrund des hohen zeitlichen und monetären Aufwands nimmt diese Art der Quali­ fizierung einen relativ geringen Anteil im Vergleich zur klassischen Ausbildung ein. Gerade im verarbeitenden Gewerbe werden diese jungen Fachkräfte nach erfolg­ reicher Vermittlung an ihren späteren Arbeitsplatz als verlässliche Größe im Facharbeiterreservoir geschätzt. Diese Mitarbeiter/innen sind, laut Angaben befragter Betriebsräte in den Fallstudien, mit ihren Aufgaben in der Produktion am zufriedensten. Bei diesen Modellen handelt es sich um Berufsori­ entierungsmaßnahmen, Einstiegsqualifizierungen oder Berufsvorbereitungsprogramme. Ein Unternehmen hat das Instrument Einstiegsqua­ lifizierung zu einem EQ+ ausgebaut, um auch Jugendli­ chen ohne qualifizierenden Hauptschulabschluss – der die Mindestanforderung für eine Ausbildung bei diesem Unternehmen ist – den Einstieg ins Unternehmen zu ermöglichen. Fallbeispiel 1 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: eQ+ für jugendliche ohne qualifizierenden Hauptschulabschluss „Wir haben jetzt erstmalig die Einstiegsqualifizierung+ durchgeführt. Das ist für junge Menschen, die aus irgendwelchen Gründen den Quali noch nicht gemacht haben, meistens schon einmal probiert haben, aber nicht gepackt haben. Da gibt es ja sehr schwierige Biografien, die dahinterstecken, und da setzen wir jetzt mit dem EQ+-Modell an. Das beinhaltet einen Tag Berufsschule, einen Tag an der Mittelschule und drei Tage bei uns. Einmal, um auf den Beruf vorzubereiten, was Ziel der EQ ist, aber zusätzlich auch noch, um den Quali nachholen. Und das war schon beeindruckend, dass von den 18 Leuten, die eigentlich alle schon einmal ‚Loser‘ waren und 4er und 5er im Zeugnis hatten, 17 den Quali über dieses Programm geschafft haben. Wir haben da auch ein enges Coaching, in dem wir auch sehr viel zusätzlich mit Sozialpädagogen gearbeitet haben.“

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

In zwei Unternehmen des verarbeitenden Gewer­ bes werden ebenfalls entsprechende Modelle für die benannte Zielgruppe angeboten. Ein Unternehmen legt seinen Fokus auf die Berufsorientierung und gibt Ju­ gendlichen die Möglichkeit, ein Jahr lang verschiedenste Berufe im Unternehmen kennenzulernen. Fallbeispiel 2 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Berufseinstiegsjahr mit Ausbildungsverlängerung „Zur Zielgruppe gehören junge Leute, die sich noch nicht beruflich orientiert haben. Die bekommen die Möglichkeit, sich ein Jahr zu orientieren. Im technischnaturwissenschaftlichen Bereich werden schon Kernqualifikationen vermittelt, Teilnehmer gehen auch in die Berufsschule und werden in betriebliche Praktikumsphasen eingebunden – können bis zu mehreren Monaten laufen. Das müssen dann nicht prozessindustrietypische Berufe sein. Der Berufswunsch kann auch Gastronomie, Hotel, Krankenhaus oder Kfz-Mechatroniker sein. Das sind alles Berufe, die wir nicht anbieten; wenn es Leuten aber hilft, sich zu 100 Prozent in einem Berufsfeld zu orientieren, unterstützen wir sie darin. Die Vermittlungsquote über 20 Jahre beträgt weit über 80 Prozent. Ziel ist schon, Leute für das Unternehmen zu gewinnen, das ist aber nicht vordergründig. Grundsätzliches Ziel ist die unternehmensunabhängige Vermittlung der Leute in Ausbildung.“

Das zweite Unternehmen bietet gleich zwei „Startprogram­ me“ für die Zielgruppe der leistungsschwächeren Jugendli­ chen an. Der Fokus liegt jeweils auf der Berufsvorbereitung. Werden die Programme erfolgreich abgeschlossen, können die Jugendlichen in eine reguläre Ausbildung starten. Fallbeispiel 3 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: einjährige Berufsorientierung Seit 1993 bereitet das Unternehmen in einer einjährigen Maßnahme leistungsbereite Jugendliche mit Hauptschulabschluss auf eine Berufsausbildung vor, um ihnen Perspektiven für den Berufseinstieg zu eröffnen. Mehr als 80 Prozent aller Teilnehmer erhalten im Anschluss einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz innerhalb oder in Partnerbetrieben. Insgesamt werden jedes Jahr 200 Plätze in den Berufsfeldern Metall, Elektro, Bau, Holz oder Büro zur Verfügung gestellt. Die Jugendlichen machen ein Praktikum im Betrieb, gehen einen Tag pro Woche in die Berufsschule und erhalten einen Tag pro Woche sozialpädagogische Betreuung. Nach Beendigung des berufsvorbereitenden Jahres erhalten die Jugendlichen eine Bescheinigung über die Teilnahme am Programm und ein Zeugnis der berufsbildenden Schule.

65

Fallbeispiel 4 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Berufsvorbereitendes Praktikum Das Programm richtet sich an eine ähnliche Zielgruppe, die aber „etwas bessere Startvoraussetzungen mitbringt“. In diesem Programm erhalten die Jugendlichen einen einjährigen Praktikumsvertrag für eines der zwei Berufsbilder „Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“ oder „Maschinen- und Anlagenführer/in“. In diesem einen Jahr werden ihnen bereits Teile des jeweiligen Berufsbildes vermittelt und auch sie erhalten eine sozialpädagogische Betreuung. Danach steigen die Jugendlichen in die reguläre Ausbildung in einem der Partnerbetriebe (Ausbildungsverbund) ein.

Ein Dienstleistungsunternehmen bietet neben dem EQ-Programm im gewerblich-technischen Bereich ein Modell an, in dem jährlich 24 „schulmüde“, arbeitslose Jugendliche (im Hartz-IV-Bezug) für eine Tätigkeit im [Geschäftsbereich: anonymisiert] qualifiziert werden. Im Gegensatz zu allen anderen in der Untersuchung identifizierten Ausbildungsvarianten ist dieses Modell jenseits der ordnungspolitischen Ebene angesiedelt. Die Qualifizierung endet mit einem unternehmensinternen Zertifikat. Fallbeispiel 5 aus der Branche erbringung von technischen Dienstleistungen: Betriebsinterne Qualifizierung Jedes Jahr werden 24 Jugendliche in einer zweijährigen internen Qualifizierungsmaßnahme – ohne Berufsschulunterricht und Berufsabschluss – in der Beschäftigung qualifiziert. Die Jugendlichen werden als Angelernte eingestellt und entsprechend bezahlt (höhere Entlohnung als Ausbildungsentgelt). Während der zwei Jahre wird ihnen ein Pate (ein Meister) zur Seite gestellt, der sie fachlich begleitet. Ein Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr übernimmt die sozialpädagogische Begleitung. Die Qualifizierungsinhalte orientieren sich an der Umschulung zum/zur [Abschluss: anonymisiert] (IHK). Diese Maßnahme schließen sie mit einer eigens konzipierten Prüfung – angelehnt an die IHK-Prüfung – ab. Wer diese Prüfung besteht, kann sich nach einem weiteren Jahr für die IHK-Prüfung zum/zur [Abschluss: anonymisiert] anmelden.

66

3.4.3 AusbildungPlus – Vermittlung von Querschnittsqualifikationen Querschnittsqualifikationen, z. B. soziale, methodische und Selbstkompetenzen, nehmen branchenübergreifend einen hohen Stellenwert ein. Im Rahmen der Auswei­ tung der internationalen Geschäftstätigkeit der Großunternehmen geht es beispielsweise darum, mit auslän­ dischen Geschäftspartnern zusammenzuarbeiten und adäquat zu kommunizieren. Entsprechend hoch ist der Anteil an überfachlichen Zusatzqualifikationen, in denen Sozial- und Methodenkompetenzen gefördert werden.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

„Ja, das ist klar Englisch. Wir machen 60 Prozent Auslandsumsatz, das geht aber über die Sprache hi­ naus, also wir machen auch durchaus interkulturelle Trainings. Es geht um Kommunikation an sich, also die Bedeutung überhaupt von Kommunikation, sowohl schriftlich, mündlich, non-verbal, das ist aus unserer Sicht gestiegen und da haben wir zusätzliche Bausteine in der Ausbildung.“ (Branche: Information und Kom­ munikation)

3.4.4 Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer Berufe

„Es gibt nicht einen Beruf bei [uns], der keine Zu­ satzqualifikation bekommt. Reden können in ganzen Absätzen, selbstbewusst, problemlösend an die neuen Herausforderungen gehen – mit hoher methodischer Kompetenz und genau das schulen wir im Vorfeld, damit die auf den Stellen auch Problemlöser sind und nicht nur Verrichter von Arbeit. Insofern hat jeder Beruf ein vorher festgelegtes und standardisiertes Qualifika­ tionsprogramm. Wir haben ein zusätzliches Begleitpro­ gramm für alle Auszubildenden, wo es um die Vermitt­ lung von Sozialkompetenzen geht. [Name Programm: anonymisiert] nennen wir das, was ich glaube sieben bis acht Tage ausmacht. Zu Themen wie: Wie ernähre ich mich gesund, Teamorientierung, Integrität, Diver­ sity-Aspekte etc. Das ist für alle Azubis verpflichtend.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

In drei Unternehmen werden (Teil-)Inhalte aus einem zweiten Berufsbild in das „Hauptberufsbild“ integriert und zusammen vermittelt. Aufgrund spezifischer tätig­ keitsbezogener Anforderungen, die das „Hauptberufs­ bild“ nicht vollständig abdeckt, haben die Unternehmen Sonderlösungen entwickelt. In zwei Fällen erfolgt die Vermittlung der gemeinsamen Inhalte während der Erstausbildung und in einem Fall in Form einer Weiter­ bildung direkt im Anschluss an die Ausbildung. Durch Absprachen mit der zuständigen Stelle und Berufsschu­ len zur Organisation und Durchführung können diese Ausbildungsvarianten in die betriebliche Ausbildung integriert werden.

Ein Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche integriert die Zusatzqualifikation „Projektmanagement“ in die Ausbildung. Es werden dazu Schulungen ange­ boten und die Jugendlichen führen ein zeitlich länger angelegtes Projekt gemeinsam durch.

Zusatzqualifikation Berufskraftfahrer/in: Die Ausbil­ dung zum/zur Verfahrensmechaniker/in wird mit der Zusatzqualifikation „Berufskraftfahrer/in“ zwecks Spe­ zialisierung in der Betonherstellung ergänzt, d. h., das Unternehmen finanziert den Lkw-Führerschein. Dieses Unternehmen bildet auch Berufskraftfahrer/innen mit Sonderqualifizierung „Betonpumpenspezialist/in“ aus. (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden)

Besonders häufig werden interkulturelle und kommunikative Zusatzqualifikationen vermittelt. Auf­ grund der meist internationalen Geschäftstätigkeit der Unternehmen werden den Jugendlichen bereits in der Ausbildung zusätzliche Fremdsprachenkurse angeboten. „Wir haben einen externen Englisch-Trainer, der mit den Azubis zweimal pro Woche Unterricht macht. Für Spanisch haben wir ein Abkommen mit der Berufsschu­ le über zusätzlichen Unterricht. Sonst machen wir das über eingekaufte spezielle Sprachtrainer. Aspekte wie interkulturelle Kompetenzen, Verhandlungstraining, Kommunikation werden in der Berufsschule gar nicht vermittelt. Das schulen wir dann zusätzlich.“ (Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleis­ tungen) Dazu gehört auch das Thema „Diversity Manage­ ment“, das modular angeboten wird und interkulturelle sowie Kommunikations- und Verhandlungstrainings vorsieht.

Die von Großunternehmen benannten einschlägigen Beispiele sind:

Elektrofachkraft/Fachkraft für Mikrotechnologie: Im gewerblich-technischen Bereich sind in einzelnen Berufen Zusatzqualifikationen vorgesehen. Beispielswei­ se absolvieren Mikrotechnolog/innen eine Schulung zur Elektrofachkraft. Mechatroniker/innen machen parallel einen Kurs zur zertifizierten Fachkraft für Mikrotechno­ logie (Vier-Wochen-Kurs, überbetrieblich, mit IHK-Zer­ tifikat). (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Berufsprofil „Hydroniker/in“ und „Hydromecha­ niker/in“ im Anschluss an die Erstausbildung: Beim Hydroniker lernen die Elektroniker/innen viele Indust­ riemechanikerkompetenzen zusätzlich und umgekehrt (dreimonatige Grundausbildung rund um die Wasser­ kraft im Anschluss an die Erstausbildung). (Branche: Energieversorgung)

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

3.4.5 Ausbildung mit Unterstützung „Dritter experten“: Zusätzliche fachliche und überfachliche inhalte an drei lernorten Zwei Unternehmen aus der Finanzbranche haben jeweils modular strukturierte Ausbildungsvarianten entwickelt, in denen über die gesamte Dauer der Aus­ bildung gezielt ein dritter, externer Lernort die Vermitt­ lung von Inhalten einzelner Lerneinheiten übernimmt. Die Unternehmen sprechen von einer Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“. Fachliche und überfachliche Inhalte werden neben der Berufsschule von einem zweiten externen Partner [Weiterbildungs­ akademie: anonymisiert], in der Ausbildung, vermittelt. Die Akademie bereitet die Auszubildenden auch auf die IHK-Prüfung vor. Den Einbezug eines „Dritten Experten“ begrün­ den die befragten Expert/innen mit einer fachlichen Notwendigkeit. Die Ausbildung mit Zusatzqualifikation ist zum Standard für die Qualifikationsanforderungen an eine/n Bankkaufmann/-frau geworden. Hintergrund ist eine bestehende Divergenz zwischen dem Berufsbild, das zuletzt 1997 neu geordnet wurde, und den gegen­ wärtigen betrieblichen Anforderungen. Ein weiterer Grund liegt in der angestrebten Steigerung der Unter­ nehmensattraktivität, um sehr gute Bewerber/innen anzusprechen und für die Ausbildung zu interessieren. „Das ermöglicht uns, mit der besten Berufsaus­ bildung im Finanz- und Dienstleistungssektor die talentiertesten Schulabsolventen für uns zu begeistern und sie fit für eine erfolgreiche Zukunft zu machen.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungs­ dienstleistungen) Bei den zusätzlichen Inhalten handelt es sich um fachliche, zum Teil unternehmensspezifische Vertie­ fungen (z. B. Produktschulungen), Vertriebsschulungen und überfachliche Methodenkompetenztrainings. Die Vermittlung dieser, mit dem externen Partner erarbei­ teten Inhalte, erfolgt an den bundesweiten Standorten des Lernpartners und soll ein bundesweit einheitliches und standardisiertes Qualifikationsniveau der Auszubil­ denden sicherstellen. Denn im Gegensatz zur Beschu­ lung in den Berufsschulen sind bei den Schulungen des externen Partners nicht nur die Inhalte standardisiert, sondern auch deren Vermittlung. Zudem werden die Module regelmäßig evaluiert und können bei Bedarf in relativ kurzer Zeit angepasst werden. Fallbeispiel 6 aus der Branche erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter experten“ i

67

Das Unternehmen hat seine Berufsausbildung neu ausgerichtet. Das Ziel: Auszubildende ergebnisorientiert und nachhaltig auf einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung und gleichzeitig auf eine erfolgreiche Zukunft als Bankmitarbeiter/in vorzubereiten. Die Ausbildung ist in Lerneinheiten gegliedert, dadurch soll flexibel auf individuelle Bedürfnisse und Leistungsniveaus der Jugendlichen reagiert und z. B. Schwerpunkte im Verlauf der Ausbildung neu ausgerichtet werden können.

Das System ist dreistufig aufgebaut und findet in der Unternehmenspraxis und an drei weiteren Lernorten statt:

Stufe 1: Theorie: Die Vermittlung der prüfungsrelevanten theoretischen Inhalte erfolgt neben der Berufsschule (Lernort 1) in der Weiterbildungsakademie A (Lernort 2). Die Auszubildenden besuchen Trainings an bundesweiten Standorten; der Lehrplan wird kooperativ ausgearbeitet. Stufe 2: Praxis: In Praxisphasen werden die Auszubildenden kontinuierlich auf eine Tätigkeit in der Kundenberatung vorbereitet, es werden unternehmensspezifische Inhalte, Abläufe und Standards vermittelt. Die Durchführung der vertriebsorientierten Grundlagenqualifizierung und die Bereitstellung der Medien liegen in der Hand der Weiterbildungsakademie B (Lernort 3). Stufe 3: Verantwortung (überfachliche Kompetenzen): Ziel ist es, dass sich alle Auszubildenden sozial engagieren, hier werden unterschiedliche Möglichkeiten angeboten. Es gibt ein Pilotprojekt in Kooperation mit einer Tageszeitung, damit die Auszubildenden Zeitung als Infomedium kennenlernen und sich an diese Form der Information gewöhnen (Lesen langer Texte, fundierte Hintergrundinfos, Smalltalk-Themen für Kundenkontakt). Die Auszubildenden müssen auf einem OnlinePortal Fragen zu Artikeln beantworten. Die Aufgaben werden durch ein Lehrerinstitut benotet.

Innerhalb der vorgegebenen Ausbildungslogik hat jeder Auszubildende die Möglichkeit, seinen Lernrhythmus selbst zu bestimmen und ist gefordert, seinen Lernalltag eigenverantwortlich zu organisieren. Mit einem Mix aus unterschiedlichen Medien und Methoden (z. B. Lernaufträge, interaktive Geschichten, Gruppentraining, OnlinePortal zur Vorbereitung und für flexiblen Zugriff) sollen im Ausbildungsverlauf immer wieder neue Lernimpulse und Lernschwerpunkte gesetzt werden. Das Programm wird regelmäßig in Qualitätszirkeln mit allen Beteiligten inhaltlich erweitert und verbessert.

68

Ein weiteres Unternehmen bietet eine ähnliche Ausbildungsvariante an. Auch hier liegt die Intention darin, benötigte und in den Berufsschulcurricula nicht ausreichend abgedeckte fachliche, aber auch überfachli­ che Kompetenzen zu vermitteln, um auf die veränderten Anforderungen an den Beruf reagieren zu können. Wie in dem zuvor beschriebenen Fallbeispiel auch, sind mit der Vermittlung der zusätzlichen Qualifikationen keine gesonderten Zertifikate verbunden. Die Kenntnisse sind interne Voraussetzungen zur Ausübung des Berufs in dem Unternehmen und werden in den Personalunterla­ gen dokumentiert.

3.4.6 Berufsübergreifende Grundausbildung Zwei Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes nut­ zen die 2003/2004 geschaffene Berufsgruppensystema­ tik in den Metall- und Elektroberufen, um gemeinsame Grundqualifikationen berufsübergreifend zu vermitteln. Gerade in der Automobilbranche erfordert der schnelle technologische Wandel eine hohe Flexibilität und damit schnelle Anpassungsfähigkeit der Bildungskonzepte. Die Unternehmen wählen die Berufe, in denen sie den größten Gestaltungsspielraum sehen und nutzen diesen, um unternehmensspezifische Anforderungen in das Berufsbild zu integrieren. In beiden Unternehmen durchlaufen alle gewerblich-technischen Auszubilden­ den, unabhängig von ihrem zunächst gewählten Berufs­ bild, gemeinsam eine halb- oder einjährige technische Grundbildung. In einem Unternehmen sind alle gewerblich-techni­ schen Auszubildenden unabhängig vom Beruf das erste halbe Jahr in der Produktion und besetzen dann erst gezielt berufstypische Positionen. Darüber hat das Un­ ternehmen zusammen mit einer Universität ein kom­ petenzorientiertes Ausbildungsmodell entwickelt (vgl. Anderka 2010, S. 202 ff.). Die Ausbildungsinhalte werden kompetenzorientiert beschrieben und auf die Lernorte projiziert. „Es gibt erste Ansätze zur Kooperation mit der Berufsschule, hier ist aber bisher nichts wirklich etabliert. Wir wollen aber so langsam das Thema Kompetenzerwerb an Berufsschulen stärker forcieren.“ Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der gesamten Ausbildung und berücksichtigt folgende Aspekte: " Entwicklung und Förderung von Auszubildenden, Vermittlung verstärkt überfachliche Kompetenzen " Vermittlung fachlicher Inhalte " Erprobung beruflicher Handlung In einem Unternehmen aus dem verbreitenden Gewerbe (siehe nachfolgendes Fallbeispiel) erfolgt

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

zunächst die Einstellung mit Ausbildungsvertrag im gewählten Ausbildungsberuf. Im Anschluss an eine zwölfmonatige Basisqualifizierung in acht Bausteinen (z. B. Drehen, Fräsen, Elektrik) haben die Jugendlichen dann die Möglichkeit, sich noch für einen anderen Beruf derselben Berufsgruppe zu entscheiden. Gegebenenfalls wird der Ausbildungsvertrag umgeschrieben. Mit dieser Variante sollen Stärken und Talente der Auszubildenden auf einer fundierten Basis frühzeitig erkannt und gezielt gefördert werden. Das kann in letzter Konsequenz auch den Durchstieg zum Studium bedeuten. Neben der fachlichen Vermittlung von Ausbildungsinhalten erfolgt somit auch eine Berufsorientierung als Bestandteil der Ausbildung. Das Unternehmen legt Wert auf eine best­ mögliche Ausbildung, um auf künftige Anforderungen (z. B. neue Technologien) vorbereitet zu sein. Zudem sind die Mitarbeiter/innen, die ihren Stärken entsprechend eingesetzt werden, motivierter und produktiver in der Arbeitsausführung. Fallbeispiel 7 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Basisqualifizierung und Berufsorientierung Ziel des Konzeptes ist es, mit Stärkenorientierung, Flexibilität und weiterführenden modularen Qualifizierungen die Auszubildenden auf die zukünftigen beruflichen Anforderungen vorzubereiten. Die Berufsausbildung erfolgt in vier Schritten: A) Gemeinsame breite Grundbildung im ersten Ausbildungsjahr (zwölf Monate) 1. Basisqualifizierung: Berufsorientierung: Gemeinsam mit externen Beratern wird ein Konzept zur Erkennung der Talente und Stärken der Auszubildenden entwickelt und angewendet. Mit Unterstützung der dafür qualifizierten Ausbilder/innen lernt die/der Auszubildende in der Basisqualifizierung ihre/seine Talente und Stärken kennen. Sowohl auf Basis der aufgezeigten Bedarfe des Unternehmens als auch auf persönlichen Wunsch der/des Auszubildenden können nach der gemeinsamen Basisqualifizierung Berufswechsel vereinbart werden. Bedarfsplanung: Zum Ende der Basisqualifizierung erfolgt eine zusätzliche Bedarfsabfrage in den Fachbereichen, insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation der Auszubildenden. Auf veränderte qualitative Bedarfe in den Fachbereichen kann durch den möglichen Berufswechsel am Ende der Basisqualifizierung flexibel reagiert werden. Der Planungszeitraum verkürzt sich dadurch auf zwei bis zweieinhalb Jahre.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Berufsgruppen-Orientierung: Die Auszubildenden erhalten im ersten Ausbildungsjahr eine breite, einheitliche, berufsbildübergreifende Grundlagenausbildung (Basisqualifizierung) in acht Bausteinen, ergänzt durch fachspezifische Inhalte und Versetzung in den Fachbereich. Beginnend mit der Basisqualifizierung werden Talente und Stärken der Auszubildenden ermittelt und im Rahmen der Berufsausbildung weiter ausgebaut. B) Berufsbezogene Fachqualifizierung (18–30 Monate) Die Spezialisierung nimmt im Verlauf der Berufsausbildung zu. Im dritten Ausbildungsabschnitt „Spezialqualifizierung“ werden die von der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Inhalte durch zusätzliche bedarfsorientierte Bausteine ergänzt. 2. Aufbauqualifizierung: Berufliche Inhalte und Konzentration auf die Abschlussprüfung 3. Spezialqualifizierung: Zusätzliche Bausteine entsprechend technologischer Anforderungen 4. On-Top-Qualifizierung: Weiterbildung: Programme zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung

3.4.7 Ausbildungsvarianten zur Unterstützung der internationalen Geschäftstätigkeit These F4.2: Internationalisierungsaktivitäten unterstützen das Ausbildungsverhalten von Großunternehmen in Richtung Höherqualifizierung und fördern die Entwicklung alternativer Modelle. Wie in Kapitel 3.1.1 bereits ausgeführt, hat die internationale Geschäftstätigkeit der Unternehmen Auswirkung auf ihr Ausbildungsverhalten im In- und im Ausland. Die Ausbildung in Deutschland wird, auf­ grund gestiegener Anforderungen beispielsweise durch die Kommunikation mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen oder Geschäftspartner/innen weltweit, anspruchsvoller. Neben gängigen Zusatzqualifikatio­ nen in Form von Fremdsprachen oder interkulturellen Trainings bieten neun von 26 international tätigen Unternehmen ihren Auszubildenden die Möglichkeit eines mehrwöchigen Auslandsaufenthaltes an. Die Auszubildenden sollen dadurch Einblick in die Arbeits­ abläufe an ausländischen Standorten erhalten, die kul­ turellen Spezifika des jeweiligen Landes kennenlernen

69

sowie ihre Fremdsprachenkenntnisse weiter ausbauen. Diese Auslandsaufenthalte werden zum Teil betrieblich organisiert oder über EU-Programme (z. B. Erasmus+) realisiert. „Sprachkurse oder auch kulturelle Kenntnisse in der Form, dass wir die Azubis schon auch mal für ein paar Wochen ins Ausland (z. B. China, Dänemark, England, …) schicken, damit sie auch mal eine ganz andere Kultur kennenlernen und auch schon mal einüben, wie man sich in einer anderen Kultur bewegt.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Wir schicken etwa 30 Prozent unserer Azubis auf einen etwa zwölf bis15 Wochen dauernden Auslands­ aufenthalt. Wir nutzen das Leonardo-Programm der EU, also innerhalb der EU, und insbesondere unsere dualen Studenten werden über den Globus verteilt, z. B. in Korea, Japan, Südafrika, Brasilien.“ (Branche: Verar­ beitendes Gewerbe) Ein weiterer Schwerpunkt der Ausbildungsaktivität vor dem Hintergrund der zunehmenden Internationali­ sierung ist der Export einzelner Elemente der deutschen Berufsausbildung ins Ausland. 20 der 26 Unternehmen mit Auslandsaktivität transferieren deutsche Ausbil­ dungsansätze ins Ausland. Das Alleinstellungsmerkmal des deutschen Aus­ bildungssystems besteht laut Angaben der befragten Expertinnen und Experten hauptsächlich in der Kom­ bination aus Theorie und Praxis. Ausländische Modelle sind oftmals sehr verschult, die Inhalte werden nur the­ oretisch vermittelt. Daher werden vor allem praktische Elemente des dualen Systems exportiert. Dies geschieht beispielsweise in Form eines ergänzenden praktischen Jahres, das im Anschluss an die reguläre Ausbildungszeit umgesetzt wird. Ziel ist also die Qualitätsverbesserung der jeweiligen Berufsausbildungssysteme am auslän­ dischen Standort. Keines der befragten Unternehmen importiert hingegen ausländische Ausbildungsvarianten oder Teile davon. Fallbeispiel 8 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: export von elementen des deutschen Ausbildungsmodells ins Ausland UsA: „Gearbeitet wird in einem Trimester-System in Kooperation mit dem College. In Anlehnung an das deutsche System der zwei Lernorte, Berufsschule und Betrieb, durchlaufen die Auszubildenden abwechselnd Theoriephasen im College und Praxisphasen im Betrieb. In den USA liegt der Schwerpunkt der Ausbildung auf fachlichen Inhalten.“

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

70

Russland: „Es handelt sich normalerweise um eine dreijährige schulische Ausbildung. Nach dem ersten Jahr versucht das Unternehmen zwei Jahre lang Einfluss auf die staatlich-schulischen Inhalte zu nehmen und hängt am Ende noch ein praktisches Jahr dran.“

indien: „Unternehmen bestimmter Größe bekommen eine Anzahl an Praktikanten vorgeschrieben. Das machen wir gerne. Wir haben aber auch Vorschläge zur besseren Qualifizierung eingebracht. Das ist schon sehr nah an unserem deutschen Ausbildungsmodell.“

Die Exportaktivitäten deutscher Großunternehmen beeinflussen teilweise ausländische Bildungssysteme an sich. So haben sich beispielsweise in Ungarn mehrere deutsche Automobilunternehmen zusammengeschlos­ sen, um dort eine Ausbildung nach deutschem Vorbild aufzubauen. Die Unternehmen treten mit den dortigen Ministerien und Behörden in Kontakt und verhandeln die Rahmenbedingungen und die Inhalte der Berufsaus­ bildung. Die Aktivitäten beinhalten z. B. den Aufbau eines be­ trieblichen Bildungszentrums, über das die Grundlagen vermittelt werden, sowie die Einrichtung von Lernsta­ tionen in der Produktion. „Ziel ist es, dass am Ende der gleiche Facharbeiter mit der gleichen Kompetenz rauskommt, wie es hier der Fall ist.“ (Branche: Verarbeiten­ des Gewerbe) In einem Land erhalten die Auszubilden­ den auch eine Art Praktikantenvertrag und eine kleine Vergütung, um die berufliche Ausbildung gegenüber der im Ausland oft vorherrschenden akademischen Ausbil­ dung aufzuwerten. In letzter Konsequenz qualifiziert das Unternehmen auch die Berufsschullehrer/innen, um eine Berufsausbildung nach deutschen Qualitätsmaß­ stäben im Ausland gewährleisten zu können. Fallbeispiel 9 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Aufbau eines Ausbildungssystems im Ausland nach deutschem Vorbild „In [Land X: anonymisiert] haben wir beispielsweise ein großes Werk. Vor 15 Jahren haben wir da schon mal mit einer Art Ausbildung begonnen. Wir haben systematisch angefangen, die Schüler längere Zeit in den Ferienzeiten zu uns zu holen. In den letzten Jahren haben wir intensiv mit der Regierung verhandelt, weil wir gerne mehr betriebliche Ausbildungseinheiten aufbauen wollen. Ganz aktuell haben wir im letzten Jahr ein ähnliches Bildungszentrum wie hier aufgebaut. D. h. mit High-Tech-Anlagen, um auch in der aktuellen Technologie ausbilden zu können. Ziel ist es, dass wir irgendwann 50 Prozent Zeitanteil der Ausbildung im Unternehmen erreichen.

Ich denke, dass wir dafür noch ungefähr vier bis fünf Jahre brauchen werden. Wir haben jetzt extra jemanden vom Ministerium dafür eingestellt, der diesen Prozess modelliert und gute Kontakte zu den Hochschulen und der Regierung hat. Die Regierung ist mittlerweile aber auch hochinteressiert an diesen Modellen. Wir arbeiten noch nicht mit Kammern in dem Sinne zusammen, dass wir eine Kammerprüfung haben wollen. Natürlich gibt es da auch Kompetenznachweise. Am Ende bekommen die das normale schulische Zertifikat und parallel auch noch ein unternehmensspezifisches Zertifikat. In Ungarn sind wir also schon relativ weit.“

3.4.8 Verzahnung von Aus- und Weiterbildung These F4.3: Veränderte fachliche Anforderungen führen zu einer formalen Höherqualifizierung der Fachkräfte für die mittlere Fachkräfteebene und erfordern eine stärkere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung. Erkenntnisse der Untersuchung stützen die These, dass veränderte fachliche Anforderungen eine Höher­ qualifizierung der Fachkräfte erfordern. Das Qualifika­ tionsniveau auf der mittleren Fachkräfteebene steigt insgesamt an. Es gibt – über alle Branchen hinweg – zunehmend Tätigkeits- und Aufgabenfelder, die eine Fachkraft ohne zusätzliche Weiterbildungen oder eine Fortbildung nicht bewerkstelligen kann. Es werden mehr und mehr bedarfsorientierte und auf individuelle Potenziale abgestimmte Qualifizierungswege beschrit­ ten, um für spezialisierte oder hoch komplexe Aufgaben den/die passend qualifizierte/n Mitarbeiter/in einsetzen zu können. In etwa einem Viertel der befragten Unternehmen werden Ausbildungsvarianten angeboten, die Weiter­ bildungen oder Teile aus Fortbildungsberufen bereits in die duale Ausbildung integrieren. Der Zweck ergibt sich aus den Anforderungen der Tätigkeit, die sich nicht vollständig durch ein einzelnes Berufsbild oder ohne ein Weiterbildungs-/Fortbildungszertifikat abdecken lassen. Diese Ausbildungsvariante wird aufgrund der fachlichen Notwendigkeit für alle Auszubildenden angeboten oder für Auszubildende, bei denen sich abzeichnet, dass in absehbarer Zeit eine Fortbildungsprüfung abgelegt wird. Für Unternehmen erhöht sich dadurch die Effizienz der Ausbildung, da Weiterbildungszertifikate oder Teile der Fortbildungen kostengünstig in die Ausbildungszeit integriert werden. Zwei Unternehmen vermitteln Inhalte (Lerneinhei­ ten) aus Fortbildungen schon während der Ausbildung.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Im ersten Fall wird ein aus Sicht des Unternehmens not­ wendiger Weiterbildungslehrgang integriert. Im zweiten Fall werden die Auszubildenden auf Spezialistentätigkei­ ten vorbereitet. Weiterbildung Schweißer: „[…] oder was wir auch machen ist, dass wir Berufe, die wir früher als eigene Berufe angeboten haben, beispielsweise Schweißer, dass wir die jetzt in solchen Fällen, in denen wir immer geringere Bedarfe haben, dann nicht als eigenständigen Ausbildungsgang, sondern beispielsweise einen Anla­ genmechaniker mit zusätzlichen Schweißprüfungen versehen, sodass der am Ende mehr oder weniger das Gleiche kann.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Servicetechniker: „Aufbauqualifizierung zum Servicetechniker als Angebot für Kfz-Mechatroniker, die schon während der Ausbildung beginnt, weil viele Inhalte ähnlich oder gleich sind. Das haben wir mit der Handwerkskammer so schlank gemacht, dass wir nichts doppelt vermitteln. Die Absolventen machen dann ein halbes Jahr nach der Ausbildung den Abschluss als Servicetechniker. Das war früher erst nach zwei, drei Jahren möglich, da eigentlich Berufserfahrung erfor­ derlich ist.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) In die Ausbildung integrierte Inhalte aus Fortbil­ dungsberufen werden im Anschluss an die Berufs­ ausbildung auf die Prüfung angerechnet. Dazu gibt es Vereinbarungen der Unternehmen mit den zuständigen Stellen. Im Blick steht die Effektivierung von Entwick­ lungspfaden. „Es gibt da sozusagen ein Kurssystem bei uns, das wir über die Azubis stülpen, die aber nicht irgendwo zertifiziert sind. Es gibt in manchen Berufen auch Pflichtabschlüsse, z. B. das Englischzertifikat oder die Fachkraft für Bürokommunikation, die machen noch den Dialogmarketingbaustein, oder andere erwerben zusätzlich den Führerschein für den Gabelstapler, das sind dann so zertifizierte Zusatzangebote. Aber es gibt keinen Beruf, wo du nicht irgendwas obendrauf hast. Das sind dann Qualifikationen, die die Prüfungsord­ nung nicht abdecken und die sehr firmenspezifisch sind. (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) In einem Unternehmen aus dem Bereich Energie­ versorgung erwerben technische Fachkräfte bereits während der Ausbildung Grundlagen und teilweise Be­ rechtigungen für Tätigkeiten im Gas- oder Wassernetz. Betroffen sind Berufe wie Elektroniker/in, Kraftwerker/ in, Kraftwerksmeister/in oder Kraftwerksingenieur/in. Die während der Ausbildung vermittelten Grundlagen dienen der Vorbereitung auf die Fortbildungsprüfung. Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe integriert in die Ausbildung zum/zur Mechatroniker/in

71

von der Berufsgenossenschaft vorgeschriebene Berech­ tigungsnachweise für Klimaanlagen und für den Airbag. Außerdem wurde aufgrund der neuen Thematik „Elekt­ romobilität“ die integrierte Ausbildung zur Elektrofach­ kraft eingeführt. Fünf Unternehmen (vier aus dem verarbeitenden Gewerbe, eines aus dem Bereich der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) bieten die Fortbildung zum/zur Fremdsprachenkorrespondent/in (IHK) oder zum/ zur Euromanagement-Assistent/in als Zusatzqualifi­ kation für die Berufe Industriekaufmann/-frau und Kaufmann/-frau für Bürokommunikation an. Dieses Modell sieht eine enge Verzahnung von Ausund Weiterbildung vor und wird auch gezielt für leis­ tungsstarke Auszubildende angeboten. Damit werden diese individuell gefördert und erste Grundlagen für die Karriere im Anschluss an die Ausbildung gelegt. Ziel ist es, leistungsstarke Auszubildende an das Unternehmen zu binden.

3.4.9 Ausbildung als Basis für einen strukturierten Personalentwicklungsprozess These F4.4: Betriebliche Modelle fördern die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von Bildungssystemen. Die Entwicklung oder Etablierung unterschiedlicher Ansätze ist von dem Bemühen gekennzeichnet, durchgängige Karrierepfade im Unternehmen zu etablieren. Es bestätigt sich die These, dass betriebliche Mo­ delle die Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von Bildungssystemen erhöhen und Unternehmen auch auf Fachkräfteebene bewusst durchgängige Karrierepfade etablieren. Lebenslanges Lernen, d. h. eine strukturierte und gesteuerte Weiterbildung der Mitarbeiter/innen, ist für die Großunternehmen kein bloßes Lippenbe­ kenntnis, sondern eine betriebliche Notwendigkeit. Die Unternehmen müssen mit hoher Geschwindigkeit auf veränderte Anforderungen reagieren, sei es auf­ grund technologischer Entwicklungen oder Markt­ veränderungen auf der einen Seite oder aufgrund des demografischen Wandels und der bevorstehenden Verrentungswelle geburtenstarker Jahrgänge auf der anderen Seite. Um in Zukunft nicht nur mit ausreichend vielen, sondern auch mit ausreichend gut qualifizierten Fachkräften den Geschäftserfolg sicherzustellen, haben vornehmlich Unternehmen der Automobilindustrie elaborierte Modelle zur Personalentwicklung auf Fach­ arbeiterebene konzipiert und etabliert.

72

Zwei Unternehmen aus dem verarbeitenden Ge­ werbe und eines aus dem Bereich Energieversorgung binden die duale Berufsausbildung in einen durchgän­ gigen Personalentwicklungsprozess ein, an dessen Ende ein internes Zertifikat, ein Fortbildungsabschluss oder auch ein Bachelor- oder Masterabschluss stehen kann. D. h., ähnlich wie es für Hochschulabsolvent/innen oft üblich ist, werden in diesen Unternehmen auch für Facharbeiter/innen standardisierte Entwicklungspfade (Expertenlaufbahn, Führungslaufbahn etc.) beschrieben und entsprechende Weitbildungsmodule konzipiert. Die Gründe sind auch hier gestiegene Qualifikationsanfor­ derungen und die fachliche Notwendigkeit. Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe reagiert beispielsweise auf die Notwendigkeit, in kürze­ rer Zeit Expert/innen auszubilden und zu entwickeln, durch ein eigenes Programm. Der Altersdurchschnitt in Produktionseinheit A ist relativ niedrig, es arbeiten viele junge Fachkräfte zusammen mit immer weniger wer­ denden „alten Hasen“, die Expert/innen und Meister/ innen ihres Fachs (Werkzeugmacher/innen) sind. Da im Werkzeugbau dieses Unternehmens Großwerkzeuge hergestellt werden, sind viele Kenntnisse und Fertigkei­ ten notwendig, die das Berufsbild nicht beinhaltet bzw. die viel Erfahrungswissen erfordern. Die erfahrenen Mitarbeiter/innen gehen in den kommenden Jahren nach und nach in Rente: Es besteht die Gefahr, dass dem Unternehmen das gesamte Know-how verloren geht. Junge Mitarbeiter/innen müssen heute schneller verant­ wortliche Positionen übernehmen können. „Früher galt immer der Spruch: ‚Ein richtiger Werk­ zeugmacher muss zehn Jahre gearbeitet haben.‘ Die Zeit haben wir heute nicht mehr. Heute sitzen junge Leute mit weniger als zehn Jahren Berufserfahrung in Positi­ onen mit Führungsverantwortung oder leiten Baustel­ len in China oder anderswo auf der Welt. Wenn ich da immer warten würde, bis jemand zehn Jahre Berufser­ fahrung hat, dann könnte ich meine Arbeit nicht mehr machen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Junge Facharbeiter/innen haben nicht mehr diese zehn Jahre Zeit, sich die Kniffe und Tricks von den er­ fahrenen Kolleg/innen abzuschauen, um selbst Expert/ innen ihres Fachs zu werden. Das Unternehmen hat momentan wenige Expert/innen und viele Mitarbeiter/ innen auf dem Level eines Anwenders und Könners. Ziel eines Unternehmens aus dem verarbeitenden Gewerbe ist es, dieses Verhältnis umzudrehen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und jun­ ge Facharbeiter/innen schneller auf einen Expertenlevel zu bringen, hat das Unternehmen aus dem verarbeiten­ den Gewerbe folgendes Aus- und Weiterbildungskon­ zept entwickelt.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Fallbeispiel 10 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: kompetenzmanagement Nach Abschluss der Ausbildung zum Werkzeugmechaniker durchlaufen alle Auszubildenden ein mehrstufiges Weiterbildungsprogramm, das auf ihre individuellen Qualifizierungsbedarfe zugeschnitten ist. In einem Mitarbeitergespräch erstellt der Vorgesetzte zusammen mit dem Jungfacharbeiter eine Qualifizierungsmatrix (Selbstund Fremdeinschätzung). In dieser Matrix sind alle Kompetenzen eingetragen, die ein Kenner, ein Anwender und ein Experte haben müssen (Soll-Kompetenzen). Zu jeder Kompetenz ist ein Kompetenzprofil hinterlegt, in dem genau beschrieben wird, was der Facharbeiter können muss. Dabei wird unterschieden zwischen Basis-, Detailund Spezialwissen. Jedes Kompetenzfeld wird farblich (rot/orange/grün) gekennzeichnet, je nach Kompetenzstand. Erst wenn alle Felder grün markiert sind, ist der Facharbeiter zum Experten geworden. Das Programm ist mehrstufig aufgebaut:

Theorie: Es wurden Leitfäden zu elf Themen entwickelt, in denen das notwendige Wissen abgebildet ist. Diese Leitfäden hängen überall in der Werkshalle aus, die Mitarbeiter können sich die fehlenden Inhalte selbst

erarbeiten. Zusätzlich werden Schulungen zu diesen Themen angeboten. In den Mitarbeitergesprächen wird festgelegt, welche Schulungen der Facharbeiter im nächsten Jahr

absolvieren soll. Pro Jahr sollten mindestens vier Schulungen besucht werden.

Praxis: Die erlernten Kenntnisse sollen auch in prakti­ schen Übungen angewendet werden. Dazu wurde ein eigener Übungsbereich eingerichtet. Für dieses Modell wurde ein Mitarbeiter aus der Werkstatt abgestellt, der die praktischen Übungen anleitet, aber auch die theoretischen Schulungen durchführt. Im Prinzip soll jeder Mitarbeiter Experte werden, auf dem Level „Kenner“ dürfen sich jeweils nur die neuen Mitarbeiter direkt nach der Ausbildung befinden.

In einem Unternehmen aus dem Bereich Energiever­ sorgung werden im Anschluss an eine gewerbliche oder kaufmännische Ausbildung insgesamt sieben15 verschie­ 15 Ein achter Pfad ist ein Studienförderprogramm inklusive Sti­ pendium für Auszubildende, die ihre Ausbildung überdurch­ schnittlich gut abgeschlossen haben.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

dene Weiterentwicklungspfade angeboten. Diese Weiter­ bildungen dauern zwischen drei Monaten und drei Jahren und werden an verschiedenen Standorten angeboten. Die Programme verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen: die Weiterentwicklung zum/zur Techniker/in bzw. Meister/ in, z. B. ein Programm für individuelle Facharbeiter­ förderung oder die Vermittlung zusätzlicher, vertiefter fachlicher Inhalte (Expertenlaufbahn). Das Unter­ nehmen bildet stark über Bedarf aus (sieben Prozent Ausbildungsquote, zwei Prozent Übernahmequote). Die übernommenen Facharbeiter „sind eher Facharbeiter plus“, d. h. sie durchlaufen eine dieser Weiterbildungen. Ein Unternehmen der Automobilbranche bietet in ähnlicher Weise verschiedene Karrierepfade speziell für Jungfacharbeiter/innen im gewerblich-technischen Bereich an. Der Personalentwicklungsprozess ist hier stärker an bestehende Entwicklungspfade für Akademi­ ker/innen angebunden und auf eine spätere Fach- und Führungskarriere der Teilnehmer/innen ausgerichtet (siehe nächstes Fallbeispiel: Facharbeiterentwicklung). Fallbeispiel 11 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Facharbeiterentwicklung Das Förderprogramm ist ein zukunftsorientiertes Entwicklungsprogramm für junge Facharbeiter im gewerblich-technischen Bereich. Wer eine technische Berufsausbildung mit hervorragenden Leistungen absolviert hat, wird in den ersten Berufsjahren gezielt gefördert. Das Programm ist mit einer ersten Pilotrunde für 20 gute Jungfacharbeiter gestartet, die nach ihrer Ausbildung und einer kurzen Orientierungsphase in ihrem Fachbereich ein 24-monatiges Programm durchlaufen. In dieser Zeit werden die Facharbeiter mit systematischen Fachbereichswechseln auf eine spätere Fach- und Führungskarriere vorbereitet. Anschlussmöglichkeiten sind z. B. Fortbildungen zum Techniker oder Meister. Dieser Pfad stellt einen Baustein eines ganzheitlichen Personalentwicklungsprozesses dar. Der Facharbeiter kann grundsätzlich berufsbegleitend noch einen Bachelorabschluss erwerben.

Auch die nachfolgenden Ergebnisse zum dualen Studium bekräftigen die Aussage, dass alternative Ausbildungsvarianten die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen durch die Entwicklung durchgängi­ ger Karrierepfade befördern. Diese „Durchgängigkeit“ zwischen Ausbildung und Studium stellen die Unter­ nehmen oftmals in Eigenregie her, indem sie die Quali­ fizierungskonzepte inhaltlich und organisatorisch eng mit Hochschulen und zuständigen Stellen abstimmen, um ihren Absolventinnen und -absolventen den Durch­ stieg von der Ausbildung zum Studium zu erleichtern.

73

3.4.10 Duales studium Die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Ausbildungsvarianten haben eines gemeinsam: Am Ende der Qualifizierung oder als Ausgangspunkt für eine Weiterqualifizierung steht ein IHK/HwK-Abschluss. Zusätzlich zu diesen Varianten dualer Ausbildung, ob mit oder ohne Zusatzqualifikation oder mit direkt an­ schließender Weiterbildung, bieten nahezu alle befrag­ ten Unternehmen duale Bachelorstudiengänge an (28 der 30 Unternehmen). Die erhobenen und nachfolgend vorgestellten Varianten dualer Studiengänge lassen sich ebenfalls nach ihrer Nähe bzw. Distanz zur dualen Ausbildung differenzieren. Die unter dem Begriff „Duales Studium“ in die Ergebnisdarstellung eingehenden Ausbildungsvarianten unterscheiden sich in ausbildungsintegrierende und praxisintegrierende Modelle: " ausbildungsintegrierende Studiengänge: Die Jugendlichen erwerben neben dem Hochschulab­ schluss gleichzeitig auch einen anerkannten Berufs­ abschluss (n=16). " praxisintegrierende Studiengänge: Entweder die Auszubildenden studieren an einer Berufsakademie (n=19) oder in das Studium sind mehrere Praxisphasen integriert (n=15), die einen vertieften Einblick in Unternehmensprozesse (Produkt- oder Dienstleis­ tungserstellungsprozess) gewähren. Die unterschiedlichen Varianten dualer Studiengänge sind relativ gleichmäßig verteilt (vgl. Abbil­ dung 28). Manche Unternehmen entscheiden sich für ein bestimmtes Studienmodell und bieten diese nicht par­ allel an: Z. B. bieten sechs Unternehmen ausschließlich ausbildungsintegrierende Studiengänge an, elf Unter­ nehmen nutzen allein praxisintegrierende Modelle. Die restlichen Unternehmen bieten eine Kombination aus beiden Varianten des dualen Studiums an. Eine aussage­ kräftige Zuordnung zu einzelnen Branchen konnte nicht festgestellt werden. Manche Unternehmen, die mehrere Varianten anbie­ ten, sehen für die Absolvent/innen im Anschluss an das Studium fest definierte Einsatzgebiete vor, was nachfol­ gend am Beispiel eines Energieunternehmens deutlich wird. „Im IT-Bereich und im Bereich Elektrotechnik (Ener­ gieversorgung, -verteilung und -gewinnung im Thema smart grids, smart systems) ist man dazu übergegan­ gen, auf den Facharbeiter den Bachelor ,aufzupfropfen‘, d. h., in der Konsequenz gibt es dort die Variante Bache­

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

74

Abb. 28: Varianten des Modells duales studium Anzahl der Unternehmen

0

4

8

12

16

20

24

28

19

Studium an der Berufsakademie

Bachelorstudium plus Ausbildungsabschluss (IHK)

16

Bachelorstudium mit Praxisphasen im Betrieb

15 n=28 Mehrfachantworten möglich

lor und Bachelor inklusive IHK-Abschluss gleichzeitig. Diese sind dann in der Montage, Inbetriebnahme, im Service tätig. Die reinen Bachelor sind eher im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. Im Vertrieb sind vor allem die Berufsakademie-Studenten vorgesehen.“ (Branche: Energieversorgung) Der Hauptgrund, duale Studiengänge anzubieten, besteht für die meisten Unternehmen (21 von 28) in der fachlichen Notwendigkeit. Die Hälfte bietet das Modell außerdem an, um den besten Schulabgänger/innen frühzeitig attraktive Angebote unterbreiten zu können (vgl. Abbildung 29).

Duales studium als Ausbildungsmodell für die mittlere Fachkräfteebene? Die Mehrheit der 28 Unternehmen bietet diese duale Studiengänge nicht speziell für die mittlere Fachkräf­ teebene an, d. h. für Tätigkeiten oder Positionen, die üblicherweise mit beruflich qualifizierten Fachkräften besetzt werden. Etwa 60 Prozent der befragten Unter­ nehmen bieten die dualen Studiengänge ausschließlich zur Qualifizierung ihres akademischen Nachwuchses an. Bei den restlichen Unternehmen werden die Absolvent/ innen dualer Studiengänge allerdings teilweise für Tätig­ keiten am oberen Rand der mittleren Fachkräfteebene ausgebildet.

Abb. 29: Ranking der Gründe für das Angebot dualer studiengänge Anzahl der Unternehmen 0

4

8

12

24

28

14

Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“

9

Drohender Fachkräftemangel

4

Kostengünstige Alternative

Andere Gründe

20 21

Fachliche Notwendigkeit

Keine Angabe

16

3 2

n=28 Mehrfachantworten möglich

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

75

Erkenntnis ist, dass die Unternehmen mit dualen Studienangeboten in der Regel für Absolventinnen und Absolventen von dualen Studiengängen weitere Karriereoptionen vorsehen (n=19). Lediglich ein kleiner Teil der befragten Unternehmen setzt ihre dual Studie­ renden auch auf der mittleren Fachkräfteebene ein (n=4) (vgl. Abbildung 30).

nähert sich dann nachher in den Tätigkeiten wieder an, weil wir auch ein berufsbegleitendes BWL-Studium anbieten, sodass die Absolventen des dualen Studiums und diejenigen, die dieses berufsbegleitende Studium absolviert haben, später durchaus auf vergleichbaren Positionen landen. Aber die duale Ausbildung alleine ist im Regelfall nicht mehr ausreichend, um sich in der

Abb. 30: einsatzbereiche von Absolventen dualer studiengänge Anzahl der Unternehmen 0

4

8

12

Ja, in der Regel werden für die Absolventen/innen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen.

16

20

24

28

20 4

Beides Nein, in der Regel werden die Absolventen/innen wie Absolventen/innen klassischer Berufsausbildung auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt.

2

Keine Angabe

2

Die beiden Unternehmen, die angeben, ihre dual Studierenden auf mittlerem Fachkräfteniveau einzu­ setzen, führen unterschiedliche Gründe an: Bei einem Unternehmen erfordert die Branche (Bergbau) ein duales Studium, in welchem die notwendigen Kenntnis­ se erworben werden. Denn einen Ausbildungsberuf, der diese Inhalte entsprechend abdeckt, gibt es nicht. Bei dem anderen Unternehmen werden die Ab­ solventinnen und Absolventen zunächst auf mittlerer Fachkräfteebene eingesetzt, eine spätere Weiterentwick­ lung zur Übernahme anspruchsvollerer Aufgaben ist aber vorgesehen. Beschäftigte mit einem reinen Bache­ lorabschluss sowie hochschulisch dual Qualifizierte kön­ nen aber durchaus vergleichbare Positionen einnehmen. „Natürlich wird ein ausgebildeter Anlagenmecha­ niker eine andere Tätigkeit ausüben als ein Bachelor of Science, der Klimatechnik studiert hat. […] aber auch die Absolventen dualer Studiengänge […] nehmen wir in die anspruchsvolle Sachbearbeitung und Projektar­ beit, während die Absolventen der klassischen Ausbil­ dungsberufe in vielen Fällen auch erst mal eher in der Sachbearbeitung oder sogar in operativen Tätigkeiten eingesetzt werden. Wir haben aber gerade auch bei den kaufmännischen Auszubildenden einen relativ hohen Anteil an Leuten mit Hochschulreife und das

n=28

Hierarchie und auch finanziell interessant weiterzu­ entwickeln.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) In nahezu allen Unternehmen werden Absolven­ tinnen und Absolventen eines dualen Studiums für höherwertige Tätigkeiten eingesetzt als Ausbildungsab­ solventinnen und Absolventen. Es werden erkennbar vor allem die gemeinsamen Stärken der beiden Model­ le betont, z. B. Praxisnähe, frühzeitige Bindung an das Unternehmen, starke Einbindung in Unternehmensnetzwerke (vgl. Tabelle 3, Kapitel 3.4.11). „Der duale Student wird ebenso wie der Auszubil­ dende sehr früh in das Unternehmen eingeführt, er kennt das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, zu dem er als Ingenieur tätig ist, eigentlich schon. Was ein Riesen­ vorteil ist gegenüber dem, der frisch reinkommt und im ersten Jahr noch nicht so wirklich weiß, wo links und wo rechts ist.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Die Befragung zeigt auch, dass immerhin neun von 28 Unternehmen mit dem Modell duales Studium klassische Ausbildungsplätze ersetzt haben. Acht Unter­ nehmen bieten die dualen Studiengänge zusätzlich zur dualen Ausbildung an und acht Unternehmen ersetzen

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

76

Abb. 31: stellen für duale studiengänge: ausbildungsergänzend oder -ersetzend Anzahl der Unternehmen 0

4

8

Es wurden damit klassische Ausbildungsplätze ersetzt.

16

20

24

28

9

Es wurden sowohl Stellen ersetzt als auch neue geschaffen.

8

Es wurden zusätzlich zu bestehenden Ausbildungsplätzen neue Stellen geschaffen.

8

Keine Angabe

12

3

damit Ausbildungsplätze und schaffen gleichzeitig zu­ sätzliche Ausbildungsstellen (vgl. Abbildung 31). Die meisten zusätzlich geschaffenen Stellen ent­ stehen im IT-Bereich (acht Nennungen), gefolgt vom gewerblich-technischen und dem kaufmännischen Bereich (je sechs Nennungen). Die zusätzlichen Stellen in der IT-Branche bewegen sich vor allem auf Akademiker­ niveau und ersetzen in fünf der acht Fälle die Rekrutie­ rung von Hochschulabsolvent/innen. „Der Bereich IT ist auf Akademikerniveau, wurde früher mit Diplomabsolventen besetzt. Gibt’s heute nicht mehr auf dem Markt in der von uns benötigten Menge, daher füllen wir die Stellen mit den dualen BA-Absolventen.“ (Branche: Erbringung von freibe­ ruflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­ leistungen) In der Mehrzahl der Unternehmen (n=16) durchlaufen maximal zehn Prozent der Auszubildenden ein duales Studium, in sechs Unternehmen sind es bereits 20 Prozent und in zwei Unternehmen beträgt der Anteil der dualen Student/innen im Verhältnis zu den Auszubildenden 20 Prozent, in einem sogar 56 Prozent. Tendenziell werden eher im kaufmännischen Be­ reich (fünf Nennungen) klassische Ausbildungsstellen mit dualen Studenten besetzt, gefolgt vom IT-Bereich (vier Nennungen), weniger im gewerblich-technischen Bereich (drei Nennungen). „Im kaufmännischen Bereich werden frühere Indus­ triekaufleute [Fachkräfteniveau] durch BA-Absolventen ersetzt.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen)

n=28

„Im kaufmännischen Bereich wurden zehn Aus­ bildungsplätze (Fremdsprachenkorrespondenten und Bürokaufleute) durch duale Studenten (BWL und Wirtschaftsinformatiker) ersetzt. Somit wurde die kauf­ männische Ausbildung zugunsten des dualen Studiums aufgegeben.“ (Branche: Information und Kommunika­ tion) Die Unternehmen ziehen das Bachelorstudium der kaufmännischen Ausbildung aus unterschiedlichen Gründen vor, die sich aber im Wesentlichen immer wieder auf die veränderten Anforderungen in der Be­ rufstätigkeit zurückführen lassen. Unternehmen fordern heute von ihren Mitarbeiter/innen mehr konzeptio­ nelle Kompetenzen und weniger „Rezeptwissen“, um in immer kürzeren Wissens- und Innovationszyklen und der zunehmend komplexen Arbeitswelt bestehen zu können. Hochschulisch dual Qualifizierte bringen nach Ansicht eines Unternehmens aus dem Bereich „Informa­ tion und Kommunikation“ diese Kompetenz eher mit als Absolventinnen und Absolventen einer dualen Ausbil­ dung. Aber auch die Jugendlichen selbst streben immer mehr nach einem akademischen Abschluss, gerade im kaufmännischen Bereich. „Vor ca. zehn Jahren haben wir Bürokaufleute und Fremdsprachenkorrespondenten ausgebildet (zehn bis 15 Leute). Nach Ausbildungsabschluss wurden Leute z. B. im Sekretariat und der kaufmännischen Sachbe­ arbeitung nachgefragt. Die Sachbearbeitung wurde nach Prag ausgelagert. Im Sekretariat wollten die Manager die jungen Absolventen ,nicht haben‘, da sie mit 19 nicht ,senior‘ genug waren, um im internati­ onalen Projektgeschäft zu überleben. Also haben wir umgeschwenkt auf Fremdsprachenkorrespondenten. Die wurden im Unternehmen immer gefördert und zum Studium motiviert (hatten alle Abitur). Jetzt haben die

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Bewerber mit Abitur ja die Wahl zwischen einer Ausbil­ dung und dem dreijährigen Bachelor und interessieren sich daher mehr für das Studium.“ (Branche: Informati­ on und Kommunikation) Über die zukünftige Bedeutung und das Verhältnis der Ausbildungsvarianten „Duale Ausbildung“, „Duales Studium“ und „Hochschulstudium“ existieren in den Unternehmen unterschiedliche Positionen. Ein Teil der Unternehmen betont, die dual Studierenden seien „keine besseren Fachkräfte“, sondern den klassischen Hochschulstudierenden gleichgestellt. Es gibt aber auch Unternehmen, die im dualen Studium eine Zwischen­ stufe zwischen dualer Ausbildung und Hochschulstu­ dium sehen. Unternehmen eröffnen sich über dieses „Mittelding“ neue Spielräume. Sie qualifizieren damit nicht ausschließlich ihren Akademikernachwuchs, sondern auch ihren Nachwuchs für gehobene Fachkräf­ tetätigkeiten.

77

Über alle Unternehmen hinweg lässt sich feststellen, dass die feste Zuordnung von Stellen- oder Tätigkeits­ profilen zu Abschlüssen mehr und mehr aufgelöst wird. Die Unternehmen nutzen verschiedene Ausbildungsva­ rianten und deren Kombination, um für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld die bestmöglich ausgebildeten Mitarbei­ ter/innen zu erhalten.

Zur Frage der konkurrenz zwischen dualer Ausbildung und dualem studium Zum heutigen Zeitpunkt betrachten die Unternehmen beide Modelle in einer Komplementärfunktion für unterschiedliche Zielgruppen und Kompetenzprofile, weniger als konkurrierende Ausbildungsvarianten. Das duale Studium stellt zunächst eine ergänzende Variante zur dualen Ausbildung dar. Ein Einsatz der Absolventin­ nen und Absolventen auf der mittleren Qualifikations­ ebene erfolgt kaum.

„Das duale Studium ist ja noch mal so eine Zwi­ schenstufe zwischen dualer Ausbildung und Hoch­ schulausbildung. Insbesondere im IT-Bereich, da für die die Berufe hier nicht ausreichend waren, da haben wir sehr viele Angebote. Aber auch im Bereich ,Vertrieb und Marketing‘ nutzen wir verstärkt das Thema ,Duales Studium‘ und keine Ausbildungsberufe.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen)

„Konkurrenz der beiden Systeme? Nein, ich sehe das eher als Ergänzung und als gegenseitige Unterstützung der Systeme! Wir lernen z. B. sehr viel Methodisches aus der Ausbildung für das duale Studium. Wir haben eine einheitliche Lernplattform für Azubis und Studenten, d. h., unsere Azubis profitieren auch vom Know-how der Studenten.“ (Branche: Erbringung von freiberufli­ chen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleis­ tungen)

In manchen Unternehmen wurden konkrete Bache­ lorpositionen geschaffen, die den Absolventinnen und Absolventen zunächst den Einstieg in das Unternehmen ermöglichen sollen und längerfristig weitere Karriere­ wege eröffnen.

„Die beiden Modelle werden ganz schön lange noch parallel laufen – solange es Produktionsstätten in Deutschland gibt, braucht man immer gute Fachleute.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

„Im Moment stellen wir die alle auf Bachelor­ positionen, das sind neue Positionen, die wir ge­ schaffen haben im mittleren Managementbereich, also am Ende der Facharbeiterleiter zu Beginn des Management-Zirkels, und dann wird man gucken, wie die sich entwickeln. Manche werden auf dieser Ebene bleiben, weil sie sagen, das ist genau das, was ich will, und andere wollen einen etwas gehobeneren Qualifizierungsgrad, andere werden sagen, ,also ich brauch jetzt noch einen Master‘ und werden versu­ chen, den umzusetzen und die werden wir dann auch begleiten müssen. Und dann gibt es noch die dritte Gruppe: Mal angenommen, sie arbeiten im Bereich A und haben einen Bachelor of Science und plötzlich sollen sie in den Einkauf für weltweite Rohstoffe, dann sagt man denen, du machst jetzt keinen Sciencemaster drauf, sondern es reicht dir ein Bachelor of Business Administration. Also, das ist so variabel und man muss sich eben auf alle Möglichkeiten einstellen, die die Stellen erfordern.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

„Das duale Studium, das jemand bei uns im Unternehmen macht, zielt nicht auf eine Fachar­ beiterposition, sondern dass er fachlich Erfahrung gesammelt hat. Anschließend im Netzwerk eines Unternehmens müssen Akademiker eng mit Facharbei­ tern zusammenarbeiten und deren Sprache verstehen und gewisse praktische Fähigkeiten mitbringen, um als Ingenieur bestimmte Dinge auch anders einzu­ schätzen. Das ist eine ganz andere Zielrichtung, von daher gibt es keine Konkurrenz.“ (Branche: Verarbeiten­ des Gewerbe) Mittel- und langfristig wird die Bedeutung des Aus­ bildungs- und Rekrutierungsmodells duales Studium in den Unternehmen weiter steigen (n=17) (vgl. Abbil­ dung 32). Das duale Studium gewinnt für die Unternehmen einerseits als Rekrutierungsinstrument an Bedeutung. Aufgrund des sinkenden Interesses gut qualifizierter Schulabsolventinnen und -absolventen an einer dualen Ausbildung – diese suchen heutzutage eher den Weg an

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

78

Abb. 32: Zukünftige Relevanz des dualen studiums Anzahl der Unternehmen

Das Modell wird in den nächsten fünf Jahren ...

0

4

8

12

20

24

28

13

an Bedeutung gewinnen

10

auf heutigem Niveau verbleiben

4

deutlich an Bedeutung gewinnen keine Angabe

16

1

die Hochschulen (vgl. die steigenden Studierendenzah­ len) – sollen damit frühzeitig leistungsstarke Schulab­ gänger/innen für das Unternehmen gewonnen werden. „Also ich glaube, dass beide Instrumente [duale Ausbildung und duales Studium] unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und zwar auf sehr, sehr gute Art und Weise. Wir werden aber in Zukunft erleben, dass das duale System durch die dualen Studiengänge, was die Abiturienten angeht, unter Druck gerät, weil die Abiturienten – das merken wir auch bei Marketing­ maßnahmen aller Art – natürlich im Moment sich sehr auf die dualen Studienplätze fokussieren.“ (Branche: Information und Kommunikation) Anderseits greifen Unternehmen aufgrund gestie­ gener Anforderungen an der Schnittstelle hoch quali­ fizierter Facharbeit und typischer Akademikertätigkeit vermehrt auf Absolventinnen/Absolventen dualer Studiengänge zurück. Die Unternehmen bieten duale Studiengänge an, um ein neu identifiziertes Qualifika­ tionsniveau am Übergang von Facharbeiter- zu Aka­ demikerabschlüssen abzudecken. Wobei die Grenzen hier fließend zu sein scheinen und es in den einzelnen Unternehmen häufig keine klaren Vorgaben gibt, ob ein/e weiterqualifizierte/r Facharbeiter/in oder ein/e Bachelorabsolvent/in eine Position übernehmen soll. Die Fachabteilungen entscheiden selbstständig, welches Kompetenzprofil bevorzugt wird. Überschneidungen zwischen den Qualifikationspro­ filen entstehen daher eher an der Schnittstelle von hoch qualifizierter Facharbeit (Meister/in und Techniker/in) zu Akademikertätigkeit und zwischen dualem Studium und klassischem Hochschulstudium, weniger zur dualen Ausbildung. Gerade im gewerblich-technischen Bereich werden die Fortbildungsberufe Meister/in und Techniker/in von

n=28

Bachelorabsolvent/innen zunehmend verdrängt. Das zeigt sich daran, dass der Anteil an dualen Studierenden in den Unternehmen seit einigen Jahren kontinuierlich steigt und gleichzeitig eine rückläufige Entwicklung von Fortbildungsabschlüssen festzustellen ist (vgl. Dobi­ schat 2008). Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe geht davon aus, dass zukünftig der Bedarf an akademisch qualifizierten Absolvent/innen vordringli­ cher sein wird als der Bedarf an Facharbeiter/innen. „Das klassische Studium und die duale Ausbildung stehen in Konkurrenz zueinander und ich sehe das duale Studium dort eher als ein Mittelding, als eine Möglichkeit, um auf Inhalte der dualen Ausbildung, aber auch auf die Zielgruppe, nicht zu verzichten, selbst wenn wir vielleicht nicht in allen Fällen ein Studium benötigen, zumindest nicht am Anfang. Was wir uns stärker wünschen, wäre eine Ausbildung mit durchaus sehr guten Schülern und zu einem späteren Zeitpunkt durch berufsbegleitende Bachelor Höherqualifizierun­ gen. Da sehe ich eigentlich einen sehr guten Weg für beide Seiten, aber es gibt sehr viele, die einfach sagen: ,Studium ist schon wichtig.‘“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Man kann Industriemeister machen, bis jetzt gibt’s immer noch den Techniker – wobei ich es persönlich schwierig sehe, den Techniker zukünftig aufrechtzuer­ halten, wenn in derselben Zeit ein BA-Studium absol­ viert wird. Aufstiegsqualifizierung zum Meister ist ein ganz anderes Ding und wird häufig als gleichwertig mit dem BA gesehen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „In unserer Branche gibt es auch ein duales Studium neben dem Meister – das ist schon eine Konkurrenz.“ (Branche: Handel) Insbesondere im kaufmännischen Bereich ist auf­ grund der gestiegenen Anforderungen und den meist

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

höher qualifizierten Bewerber/innen (mit Hochschul­ zugangsberechtigung) eine Konkurrenz schon heute deutlich spürbar. „Es gibt Konkurrenz im kaufmännischen Bereich! Gerade bei der Übernahme schnappen BA-Absolventen den ausgebildeten Industriekaufleuten die Plätze weg.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden) „Durch die Einführung des Bildungsproduktes ,Dua­ ler Student‘ können wir natürlich Zielfunktionen füllen, die wir vorher mit einem Ausbildungsabsolventen nicht hätten besetzen können, da hätten wir uns jemanden von extern geholt. Es gibt aber auch Funktionen, die ein dualer Student übernimmt, wo man sagt, da passt mir der duale Student jetzt besser drauf als der klassische Ausbildungsabsolvent, warum auch immer. Das kann allein schon sein, dass ein Ausbildungsabsolvent nicht so sehr fachspezifisch, sondern etwas breiter eingesetzt ist, z. B. im HR-Bereich können sie keinen Ausbildungs­ absolventen als Konzeptionisten einsetzen, da er in der Ausbildung nichts über den Personalbereich gelernt hat, der duale Student sehr wohl. Und das ist vielleicht genau das bisschen mehr, was der duale Student hat. In der monatlichen Entlohnung macht das oft keinen Unterschied.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen) Neben der Konkurrenz zu Fortbildungsabschlüssen wird auch ein Wettbewerb zu klassischen Hochschulab­ schlüssen gesehen: Es werden mehr Akademiker/innen selbst ausgebildet und weniger Hochschulabsolvent/ innen vom Arbeitsmarkt rekrutiert. Die Unternehmen nutzen die dualen Studiengänge für einen vier- bis fünfjährigen Personalentwicklungsprozess. Sie erhalten eine/n Hochschulabsolvent/in, die/der das Unterneh­ men, die Prozesse, Strukturen, die Kultur kennt und die/ den sie während des dualen Studiums auf die unterneh­ mensspezifischen Anforderungen vorbereiten konnten. Bereits direkt nach dem Studium kann der/die junge Mitarbeiter/in gezielt nach den bekannten Neigungen und Potenzialen weiterentwickelt und – das ist der wesentliche Vorteil – direkt wertschöpfend eingesetzt werden. „Die Dualstudenten werden bei uns rekrutiert für die mittlere, aber auch teilweise schon für die höheren Führungsebenen, das ist also ein klares Premiuman­ gebot, das wir machen. Die konkurrieren hier bei uns durchaus mit den ,normalen‘ Hochschulabsolventen und sind von unserer Eingangsqualifikation her deut­ lich besser als ein Durchschnittsabiturient. Die Absol­ venten der dualen Studiengänge konkurrieren mit den guten und sehr guten deutschen Hochschulabsolventen. So ist der Markt.“ (Branche: Information und Kommu­ nikation)

79

„Also [das duale Studium] ist eigentlich eine fünfjährige Personalentwicklung und das ist auch der Unterschied zu einem normalen Studium. Er weiß ganz genau: ,Was könnte mir gefallen? Wo könnten meine Schwerpunkte liegen?‘ und wir arbeiten natürlich auch mit entsprechend überfachlichen Seminaren an der Persönlichkeit.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

Varianten von dualen studiengängen Nachfolgend werden die verschiedenen Varianten dualer Studiengänge, die die befragten Unternehmen anbieten, beispielhaft vorgestellt und deren Zweck erläutert. Es beginnt mit Modellen, die sich stärker an den Gestal­ tungsprinzipien dualer Ausbildung orientieren und endet mit Ausbildungsvarianten, die sich weiter von der dualen Ausbildung entfernt haben und somit streng genommen keine Variante dualer Ausbildung darstellen, sondern einen eigenen Typus repräsentieren.

Duales studium „light“ Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe bietet eine komplexitätsreduzierte Variante des dualen Studiums für Fachkräfte auf der mittleren Qualifi­ kationsebene an. Die Stellen für Studierende dieser Variante bewegen sich nicht ausschließlich auf Akade­ mikerniveau: Es werden damit Stellen besetzt, für die die „normale“ Qualifikation eines Facharbeiters oder einer Facharbeiterin nicht ausreicht, aber auch kein komplettes Hochschulstudium zwingend erforderlich ist. Daher wird die Berufsausbildung mit Teilen eines Hochschulstudiums kombiniert: Je nach Bedarf können junge Facharbeiter/innen ihre Kenntnisse durch zwei bis drei Semester an einer Hochschule vertiefen, ohne einen formalen Abschluss zu erwerben. Dahinter stehen keine konkreten Karriereoptionen, sondern es besteht eine fachliche Notwendigkeit in bestimmten Tätigkeits­ feldern, deren Anspruch eine klassische IHK-Ausbildung nicht abdeckt.

Duales studium – ausbildungsintegrierend Die befragten Unternehmen bieten die dualen Studien­ gänge meist sehr guten Abiturientinnen und Abiturien­ ten als Direkteinstieg ins Unternehmen im Anschluss an die allgemeine Hochschulreife an. Insgesamt 16 der 28 Unternehmen bieten ausbil­ dungsintegrierende Studiengänge an, d. h., die Jugendli­ chen erwerben einen Ausbildungsabschluss und parallel dazu einen Hochschulabschluss. Die beiden Ausbil­ dungsgänge sind zeitlich und organisatorisch aufeinan­ der abgestimmt. Die Unternehmen konzipieren Quali­ fizierungsmodelle, in denen die Stärken der Ausbildung und des dualen Studiums kombiniert werden. Meist beginnen die Jugendlichen mit einer klassischen dualen

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

80

Ausbildung, nach ein bis eineinhalb Jahren beginnt das Studium an einer Hochschule. Die Berufsausbildung schließen sie als Teilnehmer/innen der Externenprü­ fung an der IHK ab. Insgesamt dauert diese Form der Qualifizierung, je nach Modell, dreieinhalb bis vierein­ halb Jahre, also etwas länger als ein duales Studium mit Praxisphasen. Bewusst wird nicht auf die Inhalte der du­ alen Ausbildung verzichtet. Auch ist den Unternehmen der formale Ausbildungsabschluss wichtig. Besonders im gewerblich-technischen Bereich (n=10) wird diese Kombination geschätzt, und das ausbildungsintegrierte Modell genießt einen hohen Stellenwert in den Fachab­ teilungen. Die Unternehmen wollen auf die Vorteile bei­ der Modelle (vgl. Tabelle 3, Kapitel 3.4.11), speziell auch auf die beruflichen Handfertigkeiten, nicht verzichten. „Im technischen Bereich bestehen wir auf den du­ alen Abschluss, im Gegensatz zu den kaufmännischen Berufen, weil wir da die Notwendigkeit sehen, dass je­ mand, der später einen Bachelor- oder Masterabschluss hat, trotzdem den Ausbildungsberuf sehr gut kennt.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Das ist wirklich toll, wenn die fertig sind, müssen die sich ja eigentlich ganz normal für ein Arbeitsver­ hältnis bewerben, mittlerweile sagen die Fachabteilun­ gen aber, ‚du brauchst mir den gar nicht schicken zum Bewerbergespräch, den nehme ich blind‘. Das Modell als solches hat mittlerweile einen so hohen Wert, weil die genau wissen, dass das unwahrscheinlich praxisorien­ tiert ist.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Da diese Form der Ausbildung auf dem Bewerber­ markt sehr gefragt ist, gelingt es den Unternehmen mit diesem Modell, Talente eines Jahrgangs frühzeitig an sich zu binden. „Deutschlandweit haben wir jedes Jahr ca. 1.000 Bewerbungen für die 24 Stellen, da werden wirklich die Besten ausgesucht, die haben ein entsprechendes Auf­ treten in den Abteilungen und werden alle übernom­ men – dann auch gleich in höherwertige Tätigkeiten.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

Fallbeispiel 12 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Ausbildungsintegrierendes studium Das Unternehmen bietet leistungsstarken Abiturienten in Kooperation mit zwei Fachhochschulen ein ausbildungsintegriertes Studium an. Die Jugendlichen beginnen meist eine technische oder – in geringerem Umfang – eine kaufmännische Ausbildung. Diese durchlaufen sie verkürzt in zweieinhalb Jahren und beginnen parallel ein ausbildungsbegleitendes Studium. Nach insgesamt dreieinhalb Jahren erwerben die Jugendlichen einen

Studienabschluss als Bachelor of Science (Wirtschaftsinformatik), Bachelor of Engineering (Mechatronik, Elektrotechnik oder Maschinenbau) oder Bachelor of Arts (Business Administration oder Internationales Management). Die Präsenzveranstaltungen des Studiums finden abends und am Wochenende statt, parallel nehmen die Studierenden noch an angebotenen Begleitprogrammen, wie z. B. qualifizierenden Workshops oder NetzwerkEvents, teil. „Die sind also vier Jahre im Unternehmen, haben eine Berufsausbildung, einen Bachelorabschluss und eineinhalb Jahre berufliche Erfahrung und unser internes Begleitprogramm (überfachliche Qualifikationen, die immer wichtiger werden) über Kommunikation, Netzwerke etc. durchlaufen und die sind dann sehr gut einsetzbar. Die sind dann nicht für den Bereich ,Forschung und Entwicklung‘ vorgesehen, sondern sind dann mehr in der Produktion gut einsetzbar als Ingenieure. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und das hat mittlerweile unseren Bedarf an Akademikern, den wir sonst über Hochschulabsolventen und das Traineeprogramm gedeckt haben, um fast 50 Prozent reduziert.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

Berufsbegleitendes studium In einigen Unternehmen werden Bachelorstudien­ gänge aber auch gezielt zur Weiterqualifizierung von sehr guten Fachkräften im Anschluss an eine erfolg­ reich absolvierte Berufsausbildung angeboten. Diese berufsbegleitenden Modelle finden sich vor allem in gewerblich-technischen Berufen. Facharbeiter/innen, die eine Hochschulzugangsberechtigung haben und über das nötige Potenzial verfügen, werden zu einem Studium motiviert. In diesem Fall steht insbesondere die Fachkräftesicherung durch die Ausbildung des eigenen Ingenieursnachwuchses im Vordergrund. Fallbeispiel 13: Berufsbegleitende studiengänge Ein Unternehmen hat in Kooperation mit verschiedenen Hochschulen gemeinsam Curricula für das berufsbeglei­ tende Bachelor- und auch Masterstudium entwickelt. Ausgebildete Fachkräfte können nach Erhalt erster Praxiserfahrung berufsbegleitend einen Bachelorstudiengang absolvieren. Auch besteht dann im Anschluss die Möglichkeit, ein berufsbegleitendes Masterstudium (an verschiedenen Hochschulen in Deutschland) abzuschließen. (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) Ein Unternehmen aus dem Bereich „Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden“ bietet das Programm Stu-

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

dium plus an. Sehr gute Azubis mit Abitur können sich nach der Ausbildung direkt für ein Studium bewerben und erhalten ein Stipendium in Höhe von monatlich 700 Euro. Darüber hinaus wird ihnen ein Mentor aus der Führungsebene zur Seite gestellt, der den adäquaten Einsatz während der Praxisphasen sicherstellt. Diese Absolventinnen und Absolventen können dann international eingesetzt werden. Ein ähnlich aufgebautes Programm bietet auch ein Unternehmen aus dem Bereich der Energieversorgung an. Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe bietet ein Academic Programm an, welches sich an eigene Mitarbeiter mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung richtet. Es ist dabei unerheblich, über welchen Weg die Mitarbeiter ins Unternehmen gekommen sind. Diese können über Kooperation mit einer Hochschule einen BA- oder MA-Abschluss nachholen. Pro Jahr werden hierfür ca. 50 Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt. Die Umsetzung erfolgt in den Abendstunden mithilfe einer Arbeitszeitreduzierung oder auch durch Sabbaticals.

Duales studium – praxisintegrierend Eine andere Möglichkeit des attraktiven Direkteinstiegs in das Unternehmen bieten praxisintegrierende duale Studiengänge. Im Vergleich zu einem normalen Stu­ dium umfasst es Lerneinheiten im Betrieb, allerdings keine ganze Berufsausbildung. Bei der Dualen Hoch­ schule Baden-Württemberg (DHBW) sind die Student/ innen beispielsweise drei Monate an der Hochschule und anschließend drei Monate im Betrieb. Die dual Studierenden werden während ihrer Semes­ terferien in verschiedenen Abteilungen des Unterneh­ mens als Praktikant/innen eingesetzt. Elf der befragten Unternehmen bieten praxisintegrierende duale Studien­ gänge an, wahlweise an der Berufsakademie oder an der Hochschule (zumeist Fachhochschule). Der Anteil an dualen Studiengängen hat in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen. Die Gründe für das Angebot dieses Ausbildungsmodells sind vielschichtig, wie die folgende Stellungnahme eines Unternehmensvertreters deutlich macht: „Zunächst einmal gewinnt das Modell deshalb an Bedeutung, weil wir z. B. in der Betriebswirtschaft eher die Nachfrage nach Bachelorn als nach Industriekauf­ leuten haben. Genauso haben wir einen entsprechenden Ingenieurbedarf, den wir nicht nur durch das Recrui­ ting von Hochschulen decken können, die Tendenz geht dahin, dass wir alle möglichen Quellen, u. a. die dualen Studiengänge, nutzen. Das wird aufgrund der Bedarfe

81

im Unternehmen zunehmen und aufgrund der massiv steigenden Bewerberzahlen in diesem Bereich.“ (Bran­ che: Verarbeitendes Gewerbe) Ähnlich wie bei dem ausbildungsintegrierenden Modell sehen die Unternehmen hier den größten Vorteil im betrieblichen Anteil des Studiums. Die Studieren­ den kennen das Unternehmen und haben eine höhere Bindung. Ein Unternehmen der Branche „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und techni­ schen Dienstleistungen“ bietet dieses Ausbildungsmo­ dell ebenfalls aufgrund komplexerer Aufgaben- und Tätigkeitsprofile in einzelnen Geschäftsbereichen an, z. B. zur Abwicklung und technischen Realisierung im Systemkundengeschäft. Für den Vertrieb und die Sys­ temtechnik werden daher bevorzugt Absolvent/innen des dualen Studiums eingestellt. Das Unternehmen hat mit dem dualen Studium 15 Prozent der klassischen Ausbildungsplätze ersetzt, vorrangig in der IT und im kaufmännischen Bereich (BWL). Auch andere Rekru­ tierungswege, z. B. über den externen Arbeitsmarkt, wurden damit ersetzt: Die eigenen BA-Absolvent/innen werden, aufgrund ihrer bereits dreijährigen Unter­ nehmenserfahrung gegenüber externen Hochschul­ absolvent/innen bevorzugt. Es gibt keine eindeutige Zuordnung von Stellenprofilen zu Abschlüssen. In der IT werden Stellen teilweise durch Fachinformatiker oder BA-Absolvent/innen (Informatik) besetzt. Auch für die weiteren Karriereoptionen geht in diesem Unternehmen die Leistung vor Abschluss: „Da entscheidet persönliches Profil und Passung.“ Die Unternehmen sehen einen weiteren gewichtigen Vorteil in dualen Studiengängen: Sie können die Inhalte weitestgehend selbst bestimmen. Die Unternehmen ge­ hen auf Hochschulen zu und entwickeln in Abstimmung mit den jeweiligen Studiengängen eigene Curricula, die ihren betrieblichen Bedarfen bestmöglich entsprechen. Komplizierten Reglementierungen gehen sie so aus dem Weg. „Wir haben mit der Variante, die wir machen mit ei­ ner Dualen Hochschule und auch mit einer Fachhoch­ schule, beste Erfahrungen gemacht. Die Hochschulen waren flexibel in der Kreierung und Einführung neuer Module, die für unsere Qualifizierung wichtig sind. Z. B. bei der Konzeption des Studiengangs „[anonymi­ siert]“ konnten wir neben den betriebswirtschaftlichen Basics 30 Prozent der Inhalte selbst bestimmen, indem wir fachspezifische Add-ons in das Curriculum mit eingebracht haben.“ (Branche: Erbringung von freibe­ ruflichen, wirtschaftlichen und technischen Dienstleis­ tungen) Für ein Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationsbranche ist nicht die duale Ausbildung, sondern das duale Studium „der Königsweg“: „Hat vor

82

allem ökonomische Aspekte. Wir können diese Leute sofort einsetzen und machen gute Erfahrungen mit dem dualen Studium. Könnte in Zukunft noch wichtiger wer­ den, wird sonst auf dem heutigem Niveau verbleiben.“

Duales studium – ersatz der dualen Berufsausbildung Während im gewerblich-technischen Bereich die duale Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert genießt (vgl. Kapitel 3.1) und dort auch ausbildungsintegrierende Studiengänge besonders beliebt sind, stellt sich das in den kaufmännischen Berufen und den IT-Berufen anders dar. Wie bereits mehrfach angeführt, haben sich die Anforderungen in diesen Tätigkeitsfeldern in einem größeren Umfang weiterentwickelt und erhöht, sodass die Unternehmen das duale Studium gegenüber der dualen Ausbildung bevorzugen. In zwei Unternehmen wurde die kaufmännische Ausbildung komplett durch das Angebot dualer Studi­ engänge ersetzt. Das Stellenprofil hat sich in dem Maße geändert, dass der Ausbildungsberuf die Anforderungen nicht mehr abdecken konnte. „Jetzt haben die Bewerber mit Abitur die Wahl zwi­ schen einer Ausbildung und dem dreijährigen Bachelor und interessieren sich daher mehr für das Studium. Somit wurde die kaufmännische Ausbildung zugunsten des dualen Studiums aufgegeben.“ (Branche: Informati­ on und Kommunikation) „Hier haben wir eigene Ausbildung zurückgefahren. In der Zentrale werden zunehmend Industriekaufleu­ te durch BA-Absolventen ersetzt. Wenn heute ein/e Industriekaufmann/-frau in Rente geht, wird die Stelle übermorgen mit einem BA-Absolventen ersetzt, wenn nicht sogar mit einem Master. Wir haben vieles zentra­ lisiert (Einkauf, Buchhaltung) oder auch ausgelagert in Service-Zentren. Daher sind die Basic-Jobs, die früher von Industriekaufleuten gerade auch an Produktions­ standorten ausgeführt wurden, weggefallen.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden) Zwei Unternehmen haben ihre Auszubildenden zum/zur Informatikkaufmann/-frau bzw. zum/zur Fachinformatiker/in durch dual qualifizierte Hochschul­ absolvent/innen ersetzt. „Wir hatten z. B. an einem Standort die Situation, dass wir Informatikkaufleute nach der Ausbildung nicht mehr adäquat einsetzen konnten, weil die Funk­ tionen nicht mehr vorhanden waren. Dort fand ein Umdenken statt – es sollte weiter ausgebildet werden, aber mit klarer Perspektive für die Leute, daher duales Studium. Ausbildungsplätze wurde in duale Studien­ plätze umgewandelt und die Anzahl erhöht. Von den

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

Inhalten hat sich zum Diplom nichts geändert, nur die Zeit ist kürzer geworden – sehr positiv.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe) „Im IT-Bereich wurde komplett umgestellt von Fachinformatikern auf duale Studiengänge. Die Tä­ tigkeiten haben sich dort so stark verändert, weg von Hardware hin zu Kundenbetreuung und Softwarepro­ grammierung, Planung und Projektierung. D. h., die klassische Ausbildung konnte im Hardwarebereich auch nicht mehr abgebildet werden.“ (Branche: Ener­ gieversorgung)

Duales studium – exportmodell ins Ausland Ebenso wie Unternehmen das duale Ausbildungsmodell in Teilen ins Ausland exportieren (vgl. Kapitel 3.4.7), gibt es ein Unternehmen (Information und Kommu­ nikation), das das Modell duales Studium an seinen ausländischen Standorten einführt. „Wir versuchen, das duale Modell [Studium] zu exportieren. Was ist Kern in Deutschland, was braucht man, was sind Grundlagen? Alles in ständiger Abstimmung mit der Zentrale in Deutschland.“ Fallbeispiel 14 aus der Branche information und kommunikation: export des Modells duales studium ins Ausland indien: Das Unternehmen kauft Vorlesungen ein. Es werden Bachelorstudenten rekrutiert, die dann ein duales Studium, in dem Fall einen berufsbegleitenden Master, absolvieren. Das ist ein Modell in Indien mit eigenen Klassen.

china: Nach China wird der duale Bachelor exportiert. Die Studenten werden nach dem Grundstudium rekrutiert und setzen ihr Studium im dualen System fort. Die Studenten verwenden ihre Semesterferien und absolvieren ansonsten ein sehr verschultes Studium. Brasilien: Hier sind es Studenten aus verschiedenen Studiengängen, die ein Studium in Kooperation absolvieren.

3.4.11 Zusammenfassung zentraler ergebnisse These F4.5: Alternative Ausbildungsvarianten intendieren die strukturierte Vermittlung zusätzlich benötigter Qualifikationen. Sie werden in ein organisatorisch passendes Setting eingebunden.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

83

Ausgehend von dem identifizierten aktuellen und zukünftig hohen Stellenwert der dualen Ausbildung zur Sicherung der Fachkräftebasis in den Unternehmen bieten die befragten Großunternehmen alternative Ausbildungsvarianten an, die in unterschiedlichem Ausmaß Varianten von dualer Ausbildung darstellen. Die identifizierten Modelle bewegen sich mehr oder weniger in unmittelbarer Nähe zur dualen Ausbildung. Lediglich ein Modell zur Integration „schulmüder“ Jugendlicher (vgl. Fallbeispiel 5) ist jenseits der ordnungspolitischen Ebene angesiedelt, d. h., es schließt nicht mit einem anerkannten Abschluss, sondern mit einem unterneh­ mensinternen Zertifikat ab. Die folgende Abbildung 33 visualisiert das breite Spektrum der in der Untersuchung identifizierten Ausbildungsvarianten. Dargestellt ist die Nähe oder Distanz zur klassischen dualen Ausbildung auf Basis ihrer Gestaltungsprinzipien. Während beispielsweise Ausbildungsvarianten zur Förderung der Ausbildungs­ fähigkeit kaum eine Variationsvielfalt aufweisen, so sind Modelle mit Zusatzinhalten aus anderen Ausbildungs­ berufen weiter von der klassischen Ausbildung entfernt. Im Ergebnis ist erkennbar, dass zwar eine breite Vielfalt an Ausbildungsvarianten besteht, diese im Wesentlichen aber lediglich Modifikationen der dualen Ausbildung sind. Die Unternehmen orientieren sich also weiterhin an der dualen Ausbildung. Das duale Studium wird in der Untersuchung den Ausbildungsvarianten zugeordnet. Durch das Nebenei­

nander von ordnungspolitisch und hochschulisch gere­ gelten Ausbildungsgängen begründet sich eine weitere Entfernung als beispielsweise zu Ausbildungsvarianten, die lediglich zusätzliche Inhalte anbieten. Die Alternativen zur dualen Ausbildung werden von Großunternehmen im Wesentlichen genutzt, um Rekru­ tierungshürden auf einem sich wandelnden Ausbildungs­ markt zu kompensieren und um die Fachkräfte auf sich verändernde Qualifikationsanforderungen vorzubereiten. Um ausreichend viele Fachkräfte bestmöglich für zukünftige Herausforderungen zu qualifizieren " werden in noch überschaubarem Umfang Leistungs­ schwächere an die Ausbildung herangeführt, " vermitteln die Unternehmen den Auszubildenden zusätzliche fachliche und überfachliche Inhalte wäh­ rend der Ausbildung oder direkt im Anschluss daran, " werden „Dritte Experten“ zur Vermittlung von Fachinhalten einbezogen, " werden auf Basis bestehender Ausbildungsberufe modulare Angebote entwickelt, die dem betriebli­ chen Bedarf entsprechen, " erfolgt die systematische Verzahnung von Aus- und Weiterbildung zur Etablierung von Entwicklungs­ pfaden und " setzen die Unternehmen verstärkt auf das duale Studium.

Abb. 33: nähe bzw. Distanz der vorgefundenen Ausbildungsvarianten zur dualen Ausbildung Duales Studium – Exportmodell ins Ausland Duales Studium – berufsbegleitend

Duales Studium „light“

Verlängerung der Ausbildungsdauer

Förderung der Ausbildungsfähigkeit

Duale Ausbildung

AusbildungPlus – Vermittlung von Querschnittsqualifikationen

Duales Studium – praxisintegrierend

Duales Studium – ausbildungsintegrierend

Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer Berufe Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“

Duales Studium – Ersatz der dualen Berufsausbildung

Berufsübergreifende Grundausbildung

Ausbildungmodelle zur Unterstützung der internationalen Geschäftstätigkeit Verzahnung von Aus- und Weiterbildung

Ausbildung als Basis für einen strukturierten PE-Prozess

84

Die identifizierten Modelle unterscheiden sich aus verschiedenen Gründen von der klassischen dualen Ausbildung. Mit Ausnahme des Modells „Praxisinte­ grierendes duales Studium“16 stellt keines der Alter­ nativmodelle die Grundzüge der dualen Ausbildung prinzipiell infrage, d. h. die Dualität von Theorie und Praxis und somit die Verbindung von Lernen in einem schulischen Kontext und im Arbeitsprozess. Im Gegen­ teil, genau diese Dualität ist es, die die Unternehmen an ihren ausländischen Standorten vermissen und dort aktiv darauf hinwirken, eine Berufsausbildung nach deutschen Qualitätsmaßstäben oder duale Studien­ gänge mit betrieblichen Anteilen zu etablieren. Eine Abkehr vom Ausbildungsprinzip ist nicht erkennbar. Im kaufmännischen Sektor gibt es allerdings erkenn­ bare Anzeichen dafür, dass ein erhöhter Flexibilisie­ rungsspielraum über den Einsatz dualer Studiengänge erzeugt werden soll. Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen führt Maßnahmen zur Integration Leistungsschwächerer in die duale Ausbildung durch – angefangen von ausbil­ dungsbegleitenden Hilfen und Nachhilfeprogrammen über Einstiegsqualifizierungen bis hin zu Berufsorien­ tierungs- und Berufsvorbereitungsprogrammen, die ein Jahr vor der regulären Ausbildung starten. Die zum Teil sehr aufwendigen und kostenintensiven einjährigen Modelle zur Integration von leistungsschwächeren Ju­ gendlichen in die Ausbildung werden vornehmlich von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes angeboten. Diese Unternehmen nehmen die Zielgruppe der „Schul­ verlierer/innen“, nicht zuletzt aufgrund der absehbaren demografischen Entwicklung, als potenzielles Fachkräf­ tereservoir langsam ins Visier. Einzelne Unternehmen haben diese Ausbildungsplätze im vergangenen Jahr auf­ gestockt bzw. zusätzliche Programme für diese Zielgrup­ pe entwickelt. Hier scheint sich eine Entwicklung von der Übernahme rein gesellschaftlicher Verantwortung hin zur Potenzialnutzung auch „am unteren Rand“ zu vollziehen. Die befragten Großunternehmen reichern die duale Ausbildung um eine Reihe von zusätzlichen fachlichen und überfachlichen Inhalten an. Solange die erforder­ lichen Zusatzqualifikationen in einem überschaubaren Rahmen bleiben, werden sie vor allem im fachlichen Be­ reich meist unternehmensintern vermittelt. Gerade bei der Vermittlung überfachlicher Kompetenzen beziehen einzelne Unternehmen externe Partner mit ein. Dies kann punktuell geschehen und sich nur auf einzelne eng umgrenzte ergänzende Ausbildungsinhalte (z. B. Sprachkurse) beziehen. In der Untersuchung werden deshalb nur solche Modelle gesondert aufgeführt, die in ihrer Art gehäuft auftreten (AusbildungPlus: Vermitt­ 16 Es handelt sich im Grunde um ein Hochschulstudium, das be­ triebliche Praxisphasen vorsieht.

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

lung von Querschnittsqualifikationen – meist aufgrund des hohen Internationalisierungsgrades von Großunter­ nehmen) oder die sich inhaltlich oder organisatorisch wesentlich von bekannten „Zusatzqualifikationen“ bzw. deren Vermittlung unterscheiden.

These F4.6: Mit steigenden Qualifikationsanforderungen „am oberen Rand“ greifen Unternehmen vermehrt auf alternative Ausbildungsvarianten zurück, um die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen anzupassen. Es wird die These gestützt, dass die Unternehmen aufgrund steigender Qualifikationsanforderungen „am oberen Rand“ vermehrt auf alternative Ausbildungs­ varianten zurückgreifen. Die Untersuchung zeigt, dass etwa ein Viertel der Unternehmen, aufgrund gestie­ gener Anforderungen, Ausbildung mit Zusatzquali­ fikation anbietet und mit diesem Modell klassische Ausbildungsplätze ersetzt hat. Hier sind vor allem die Unternehmen der Branche „Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen“ zu nennen, die die Variante „Ausbildung mit Unterstützung Dritter“ als Standardausbildung zur Abbildung ihres Qualifikati­ onsbedarfs sehen. Bei einigen Unternehmen nehmen externe Partner bei der Ausbildung einen so wichtigen Stellenwert ein, dass sie neben dem Betrieb und der Berufsschule zum dritten Lernort werden. Diese Variante unterscheidet sich insbesondere mit Blick auf die Einbindung der Berufsschule. Aufgrund einer nicht mehr aktuellen Aus­ bildungsordnung im Beruf Bankkaufmann/-frau, deren Inhalte im Rahmenlehrplan sowie im Ausbildungsrah­ menplan offensichtlich nicht den betrieblichen Anfor­ derungen der Branche genügen, wurden eigene Module (fachlich und überfachlich) entwickelt, die von einem dritten, externen Partner über die gesamte Ausbil­ dungsdauer vermittelt werden und auf die IHK-Prüfung vorbereiten sollen. Im Modell der berufsübergreifenden Grundausbil­ dung nutzen die Großunternehmen die Gestaltungs­ spielräume, die ihnen die Ordnungsmittel bieten, um für ihren betrieblichen Bedarf auszubilden. Dabei kommen den Unternehmen insbesondere gestaltungsoffene Aus­ bildungsordnungen, wie die der neu geordneten Metallund Elektroberufe, entgegen. Aufgrund ihrer Flexibilität und Passgenauigkeit ist die Mehrzahl der befragten Unternehmen mit den verfügbaren Ausbildungsberufen zufrieden. In Fällen, in denen sich die betrieblichen Bedarfe

nicht über bestehende Berufsbilder abbilden lassen, be­

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

helfen sich Unternehmen damit, auf Basis bestehender Ausbildungsgänge Varianten zu bestehenden Berufs­ profilen zu entwickeln. Dazu reichern sie den von ihnen ausgewählten Ausbildungsberuf um modulare Ausbil­ dungsinhalte anderer Berufe an. Zur Vorbereitung der Auszubildenden auf die Anfor­ derungen in den betrieblichen Einsatzfeldern schaffen einige der befragten Unternehmen fließende Übergänge zwischen Aus- und Weiterbildung. Teilweise werden dazu standardmäßig für alle Auszubildenden eines Jahr­ gangs Fortbildungsinhalte in die Ausbildung integriert. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Auszubildenden bereits während der Ausbildung Weiterbildungszertifi­ kate oder erforderliche Berechtigungsscheine erwerben, um später Spezialistentätigkeiten zu übernehmen. In letzter Konsequenz stellt die duale Ausbildung in manchen Unternehmen, hauptsächlich des verarbeiten­ den Gewerbes, den Ausgangspunkt für einen durchgän­ gigen Personalentwicklungsprozess auf Facharbeiter­ ebene dar. Junge Talente sollen frühzeitig erkannt und individuell gefördert werden. Den jungen Fachkräften stehen dabei unterschiedliche Entwicklungsmöglichkei­ ten (Expertenlaufbahn, Führungslaufbahn oder Projekt­ leitung) offen. Am Ende dieser Entwicklung kann eine interne Weiterbildung, eine berufliche Fortbildung oder ein BA-/MA-Abschluss stehen.

85

These F4.7: Alternative Modelle ergänzen das Spektrum dualer Ausbildungsberufe und stehen nicht im Wettbewerb zueinander. Dual ausgebildete Fachkräfte werden nach wie vor gebraucht, besonders im verarbeitenden Gewerbe in den gewerblich-technischen Berufen. Anders stellt sich die Lage im kaufmännischen und IT-Sektor dar. Hier reicht eine duale Ausbildung teilweise nicht mehr aus, um den gestiegenen Qualifikationsanforderungen gerecht zu werden. Die Unternehmen unterfüttern die duale Aus­ bildung in erheblichem Umfang durch zusätzliche Qua­ lifizierungsangebote bzw. wurde die duale Ausbildung vereinzelt bereits von dualen Studiengängen abgelöst. Das duale Studium nutzen nahezu alle befragten Großunternehmen, wobei unterschiedliche Formen von dualen Studiengängen, wie ausbildungs- und praxis­ integrierende Studiengänge, verbreitet sind. Überwie­ gend wird das duale Studium als Möglichkeit gesehen, mit den betrieblichen Abläufen vertraute Fach- und Führungskräfte auf höherem Qualifikationsniveau heranzubilden. Damit wird das duale Studium zu einem Qualifizierungsangebot für besonders Leistungsstarke. Ein Konkurrenzverhältnis zwischen Ausbildung und dualem Studium ist zum jetzigen Zeitpunkt lediglich in einzelnen Ansatzpunkten erkennbar, wenn beispiels­ weise Ausbildungsplätze zugunsten von Studienplätzen gestrichen wurden. Beschäftigte mit Berufsabschluss und Beschäftigte mit akademischem Abschluss fin­ den sich weiterhin in unterschiedlichen Laufbahnen

Tabelle 3: stärken und schwächen der Modelle duale Ausbildung und duales studium

stärken

schwächen

Duale Ausbildung

Duales studium

Große Praxisnähe

Praxisintegrierend

Kombination aus Theorie und Praxis

Verzahnung von Theorie auf akademischem Niveau und praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten

Enge Bindung an Unternehmen

Übergreifendes, konzeptionelles Denken

Relevante Berufserfahrung

Eigenverantwortlichkeit, hohes Maß an Selbstorganisation

Hoher Transfererfolg: gut in Tagesgeschäft/ Produktionsprozess integrierbar

Hohes Qualifikationsniveau

Gut im Unternehmen vernetzt

Weniger geregelt, u. U. günstiger, auf keinen Fall kostenintensiver

Berufsethos

Zertifizierte Praxisphasen, die in Endnote einfließen

Zu geringe bundesweit einheitliche Anrechnungsmöglichkeiten zwischen beruflicher Ausbildung und Studium Siehe Leitfrage 1: Hemmende Faktoren der dualen Ausbildung

Geringere Präsenz (zeitlich) im Unternehmen

86

und Aufgaben- und Verantwortungsbereichen wieder. Konkurrenzsituationen entstehen eher an der Schnitt­ stelle von hoch qualifizierter Facharbeit (Meister/in und Techniker/in) und Akademikertätigkeit. In diesem Qualifikationssegment könnte es vermehrt zu Tätig­ keitsüberschneidungen kommen. Diesen Überschnei­ dungsbereich gilt es weiter zu beobachten und zu untersuchen. Die Unternehmen sehen die Stärken und Schwächen beider Ausbildungsvarianten und versuchen in ihrer Kombination eine bestmögliche Ausbildung ihrer Mitar­ beiter/innen zu etablieren (vgl. Tabelle 3). Das Modell wird in Zukunft an Bedeutung gewin­ nen: Einerseits fokussieren sich leistungsstarke Jugend­ liche verstärkt auf eine hochschulische Ausbildung, an­ dererseits bildet sich am oberen Rand hoch qualifizierter Facharbeit ein Qualifikationssegment heraus, das in einzelnen Unternehmen auch mit dualen Bachelorab­ solvent/innen besetzt wird. Etwa die Hälfte der Unter­ nehmen bietet bereits heute duale Studiengänge an, um den gestiegenen Anforderungen an den Arbeitsplätzen gerecht zu werden und hat mit diesem Modell klassische Ausbildungsplätze ersetzt. Tendenziell ist diese Entwicklung eher in kaufmän­ nischen als in gewerblich-technischen Berufen zu be­ obachten. In zwei Unternehmen werden Stellen, für die früher kaufmännisch ausgebildete Fachkräfte gewählt wurden, sukzessiv mit Bachelorabsolvent/innen besetzt. Begründet wird dieses Vorgehen mit gestiegenen Anfor­ derungen auf fachlicher und sprachlicher Ebene, inso­ fern sich auch das Stellenprofil verändern müsse. Zudem sind einfache Tätigkeiten durch einen stärkeren Grad an Automatisierung weggefallen oder wurden ausgelagert. „Daher sind die Basic-Jobs, die früher von Industrie­ kaufleuten gerade auch an Produktionsstandorten aus­ geführt wurden, weggefallen. Im Bereich Einkauf und Global Sourcing werden nun lieber Hochschulabsolven­ ten eingesetzt. Bei Realschülern ist Englisch schwierig bzw. nicht vorhanden. Die können wir in der Zentrale eines Global Players nicht mehr gebrauchen. Da sind wir auf Studenten mit Auslandserfahrung angewiesen. Um mit Lieferanten auf der ganzen Welt kommunizie­ ren zu können, muss man schon im Ausland gewesen sein und fließend Englisch sprechen.“ (Branche: Berg­ bau, Gewinnung von Steinen und Erden) „Vor ca. zehn Jahren haben wir Bürokaufleute und Fremdsprachenkorrespondenten ausgebildet (zehn bis 15 Leute). Nach Ausbildungsabschluss wurden Leute z. B. im Sekretariat und der kaufmännischen Sachbe­ arbeitung nachgefragt. Sachbearbeitung wurde nach Prag ausgelagert. Im Sekretariat wollten die Manager die jungen Absolventen ,nicht haben‘, da sie mit 19 nicht

3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse

,senior‘ genug waren, um im internationalen Projekt­ geschäft zu überleben. Also haben wir umgeschwenkt auf Fremdsprachenkorrespondenten. Die wurden im Unternehmen immer gefördert und zum Studium motiviert (hatten alle Abitur). Jetzt haben die Bewerber mit Abitur ja die Wahl zwischen einer Ausbildung und dem dreijährigen Bachelor und interessieren sich daher mehr für das Studium. Somit wurde die kaufmännische Ausbildung zugunsten des dualen Studiums aufgege­ ben.“ (Branche: Information und Kommunikation) Aber auch im gewerblich-technischen Bereich hat die rasante technologische Entwicklung dazu geführt, dass die Unternehmen vermehrt auf alternative Aus­ bildungsvarianten zurückgreifen. Dies zeigt sich in der Branche der „Erneuerbaren Energien“ in plastischer Weise: „Auf der fachlichen Ebene hat sich in der Thematik ,Neue Energien‘, d. h. die Technologie smart grids, smart technologies, in den letzten Jahren rasant weiterentwi­ ckelt. Da reicht eine Elektrikerausbildung heute nicht mehr, da braucht man die Automatisierer, auch die Kenntnisse von Embedded IT. Dadurch sind die Anfor­ derungen höher geworden und dementsprechend gibt es hier auch den Switch zu dualen Studiengängen und zur Ausbildung mit Zusatzqualifikationen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

4

87

Gesamtbewertung und Handlungsempfehlungen

Grundlage für die Gesamtbewertung der Untersu­ chungsergebnisse und die Ableitung von Handlungs­ empfehlungen ist Leitfrage F5.

leitfrage F5: Welche Auswirkungen auf das Berufsbildungssystem sind bereits heute oder zukünftig durch die identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungskonzeptionen feststellbar? " Inwiefern ergibt sich durch die festgestellten Varianten dualer Ausbildung ein Gestaltungs­ bedarf? " Inwiefern entwickeln die Unternehmen alterna­ tive Ausbildungsvarianten und welchen Prinzi­ pien folgen die identifizierten Alternativen? " Inwieweit ist die duale Ausbildung die passen­ de Antwort auf Veränderungen der mittleren Fachkräfteebene? Die Bewertung erfolgt entlang von drei Kernerkenntnis­ sen der Studie: " Hoher Stellenwert dualer Ausbildung in Großunter­ nehmen (Kapitel 4.1) " Erkennbare Vielfalt alternativer Ausbildungsvarian­ ten für die mittlere Fachkräfteebene (Kapitel 4.2) " Zur Konkurrenz beruflicher und akademischer Bil­ dung (Kapitel 4.3) Der hohe Stellenwert dualer Ausbildung bedeutet nicht, dass kein Reformbedarf dabei besteht, die Flexi­ bilität beruflicher Ausbildung zu erhöhen. Jedes der drei Kapitel endet daher mit der Beschreibung von Hand­ lungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der berufli­ chen Bildung in Deutschland.

4.1 Hoher Stellenwert dualer Ausbildung in den Großunter­ nehmen Aus unterschiedlichen Studien ist bekannt, dass Unter­ nehmen die klassische duale Ausbildung derzeit und zukünftig als „Königsweg“ einschätzen, um Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene auszubilden und damit der dualen Ausbildung einen hohen Stellenwert zuweisen (vgl. Weber 2007; Dionisius u. a. 2009; HippachSchneider/Weigel 2011). Auch die vorliegenden Untersu­

chungsergebnisse bringen hierzu keine gänzlich davon abweichenden Erkenntnisse hervor. Die Unternehmen sind mit der von ihnen durchgeführten Ausbildung erkennbar zufrieden. Sie haben sich vielgestaltige Aus­ bildungsvarianten geschaffen, die ein unterschiedlich breites Spektrum hinsichtlich der Nähe zur klassischen dualen Ausbildung aufweisen: von Ausbildungsvarian­ ten, die lediglich zusätzliche (über-)fachliche Inhalte in die Ausbildung integrieren, über Varianten, in denen die Vermittlung fachlicher Inhalte über Dritte organisiert ist, bis hin zu Varianten, die in Kombination mit einem Studium angeboten werden (vgl. dazu auch BIBB 2011d, S. 38). Im Grunde genommen existiert in Großunter­ nehmen nicht ausschließlich die klassische Form dualer Ausbildung, sondern vielfältige, auf Basis der Ausbil­ dungsordnung entwickelte Varianten. Im Falle erkann­ ter positiver ökonomischer Effekte der Ausbildung wird die Ausbildungsaktivität auch zukünftig aufrechter­ halten. Die duale Ausbildung rechnet sich im Vergleich zu anderen Rekrutierungsvarianten trotz der damit verbundenen (hohen) Kosten. Der Befund fügt sich an dieser Stelle ebenfalls in Erkenntnisse anderer Studien zur Kosten-/Nutzen-Betrachtung dualer Berufsausbil­ dung ein. Diese zeigen auf, dass der Grad der Ausbil­ dungsaktivität von positiven Effektivitätsbetrachtungen abhängig ist (vgl. u. a. Dionisius u. a. 2009). Das Festhalten an der dualen Ausbildung wird, neben dem günstigen Kosten-/Nutzenverhältnis, von den be­ fragten Großunternehmen insbesondere mit der hohen Qualität der dualen Ausbildung begründet. Unternehmen schätzen an der dualen Ausbildung, dass sie angehende Fachkräfte betriebsspezifisch qualifiziert. Wird der Blick auf unterschiedliche Unternehmensgrößen gerichtet, so lässt sich im Abgleich mit dem Forschungsstand feststellen, dass die eigene Ausbildung zur Deckung des Fachkräftebedarfs, zur Vorbeugung des drohenden Fach­ kräftemangels sowie zur Deckung eines betriebsspezifi­ schen inhaltlichen Bedarfs von zentraler Bedeutung ist (vgl. BIBB 2010, S. 23; BIBB 2011d17, S. 21). Betriebe mit mehr als 250 Beschäftigten (Großbetriebe) decken ihren Bedarf an Fachkräften überwiegend über interne Ausbil­ dung und Qualifizierung (vgl. BIBB 2011d, S. 38). Über den Arbeitsmarkt rekrutieren die befragten Unternehmen Fachkräfte lediglich zur kurzfristigen Bedarfsdeckung, in der Regel im Kontext der Bearbei­ tung von sich kumulierenden Aufträgen. Auch wird die Leiharbeit zu diesem Zweck in unterschiedlichem Umfang verwendet (vgl. BIBB 2011d, S. 28). Der dadurch entstehende Qualifikationsmix in der Belegschaft wird 17 Hier wird die schulische Ausbildung mitgerechnet.

88

teilweise als positiver Nebeneffekt wahrgenommen (vgl. dazu auch Hippach-Schneider/Weigel 2011, S. 25). Die Entwicklung gering qualifizierter Beschäftigter über Nachqualifizierungsmaßnahmen spielt in den befragten Großunternehmen eine untergeordnete Rolle. Sicherlich auch, da sie nur über einen geringen Anteil von An- und Ungelernten verfügen. Auch im internationalen Vergleich wird das deutsche Ausbildungssystem nicht nur als geeignet, sondern als herausragend bezeichnet. Ebenfalls lässt sich dieser Be­ fund in den Forschungsstand problemlos einordnen (vgl. dazu Hucker 2012, S. 4 f.). Alleinstellungsmerkmal ist die enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Erkennbar ist, dass die Gestaltungsoffenheit und Flexibilität der dualen Ausbildung einen hohen Spielraum zur Deckung betrieblicher Bedarfe, aber auch Freiraum zur Entwick­ lung eigener Ausbildungsvarianten eröffnet. Dies führt dazu, dass Großunternehmen Qualitätsmaßstäbe der deutschen dualen Ausbildung an ihren ausländischen Standorten einführen und versuchen, dort Ausbildungs­ varianten nach deutschem Vorbild zu etablieren. Trotz der vielfältig benannten positiven Konnotatio­ nen für die Ausbildung nach dem dualen System haben die Unternehmen auf verschiedene Veränderungs- und Verbesserungsbedarfe hingewiesen.

Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Berufsschulen Die benannten Schwachstellen sind deckungsgleich mit der öffentlich diskutierten Kritik am deutschen Berufsschulsystem (vgl. dazu Handelsblatt 2012). Kritisiert werden vor allem die ungenügende Verzah­ nung der Inhalte der Berufsschulcurricula mit den sich verändernden betrieblichen Anforderungen sowie der vorherrschende Mangel an Lehrkräften. Die Bedeutung der Berufsschulen im deutschen Bildungssystem wird, gemessen an dem finanziellen Aufwand der Länder, im Vergleich zu Hochschulen mitunter als nicht ange­ messen wahrgenommen. Die Unternehmen gehen mit hohem finanziellem Aufwand auf zusätzliche externe Partner zu, die die für sie relevanten Inhalte umfassend vermitteln sollen (z. B. Zusammenarbeit mit Akademien und Hochschulen).

langwierige neuordnungsverfahren In einzelnen Berufsbildern (kaufmännischer Bereich) wird ein Neuordnungsbedarf signalisiert. Es handelt sich etwa um den Beruf des/der Bankkaufmanns/-frau, der zuletzt im Jahr 1997 neu geordnet wurde. Die Anforde­ rungen gehen laut Meinung der befragten Großunter­ nehmen heutzutage weit über die vorgesehenen Inhalte der Ausbildungsordnung hinaus. Neuordnungsverfah­ ren dauern aus Sicht der Unternehmen zu lang und sind

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Aus diesem Grund entstehen betriebliche Zwischenlösun­ gen bis zur erfolgten Anpassung bzw. Neuordnung des Berufsbildes bzw. die Unternehmen weichen vereinzelt gänzlich auf alternative Ausbildungsvarianten aus (z. B. duales Studium im kaufmännischen Bereich).

Hohe Berufsvielfalt Die hohe Berufsvielfalt trifft nicht das Interesse aller Unternehmen. Als Nachteil wird die damit einhergehen­ de Unübersichtlichkeit der deutschen Berufslandschaft gesehen. Ein Plädoyer ist vielmehr in Richtung „Stär­ kung des Berufsgruppenprinzips“ erkennbar. Denn „[…] fachliche Berufsgruppen [...] versprechen die Flexibili­ tät, die Unternehmen und junge Menschen benötigen. Sie sind transparent, durchlässig und unbürokratisch“ (Holterhoff 2009, S. 43). Berufsgruppen zielen darauf, fachliche Gemeinsamkeiten in den ersten Ausbildungs­ jahren zu vermitteln. Im Anschluss erfolgt ab dem dritten Ausbildungsjahr die Spezialisierung. Der durch die befragten Großunternehmen iden­ tifizierte Verbesserungsbedarf stellt keine völlig neuen Erkenntnisse in den Raum. Die Gruppe der befragten Großunternehmen unterscheidet sich somit nicht von anderen Unternehmen. Was aber erkennbar ist, sind die in Erwägung gezogenen und mit finanziellem und per­ sonellem Aufwand umgesetzten betrieblichen Kompen­ sationsstrategien. Die Folge ist, dass Unternehmen, die ihre Bedarfe durch das mögliche Ausbildungsangebot auf Dauer nicht erfüllt sehen, alternative Ausbildungsva­ rianten in Betracht ziehen könnten, die sich an einzel­ nen Stellen vom klassischen dualen Ausbildungssystem weiter entfernen als bisher. Dazu gehört beispielsweise der Einsatz von dual studierten statt dual ausgebildeter Mitarbeiter/innen in kaufmännischen Berufen (z. B. Kaufmann/-frau für Bürokommunikation).

Handlungsempfehlungen Die von den Unternehmen benannten Vorschläge zur weiteren Modernisierung der Berufsausbildung be­ gründen sich in den aktuellen und absehbaren Heraus­ forderungen zur Sicherung ihrer Fachkräftebasis. Die schnellere Anpassung der Berufsbilder an veränderte Anforderungen wird bereits durch das Prinzip der Gestaltungsoffenheit ermöglicht. Zusätzlich erfährt das Berufsgruppenprinzip eine Bestätigung: Jugendliche werden in den ersten sechs bis zwölf Monaten im Be­ trieb gemeinsam ausgebildet. Die Hinzunahme weiterer externer Partner (Bildungsakademien) zur Vermittlung von Ausbildungsinhalten zeigt weiter gehenden Hand­ lungsbedarf an der Schnittstelle zur Berufsschule. Diese decken, aus Sicht der befragten Unternehmen, benötigte Inhalte in manchen Regionen nicht ausreichend ab.

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

Folgender Handlungsbedarf ist zu erkennen: " Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Berufsschu­ len zur nachhaltigen Stabilisierung ihrer Rolle im dualen Ausbildungssystem " Fortführung der Umsetzung des Berufsgruppen­ prinzips in weiteren Berufen mit dem Ziel, flexiblere Wege zum Ausbildungserfolg für Jugendliche und eine Verbesserung der Wechselmöglichkeiten zwi­ schen gleichwertigen Berufsbildern zu schaffen

4.2 Erkennbare Vielfalt alternativer Ausbildungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene Die identifizierten Ausbildungsvarianten stellen das Be­ rufsausbildungssystem nicht infrage, verweisen jedoch auf die Notwendigkeit der weiteren Beobachtung. Die Betriebe orientieren sich nach wie vor an der dualen Ausbildung zur Entwicklung des Fachkräftenach­ wuchses für die mittlere Fachkräfteebene. Positiv ist zu erwähnen, dass der vorhandene Gestaltungsspielraum dazu beitragen kann, die Ausbildung zu modernisieren. Die in der Untersuchung angesprochenen alterna­ tiven Ausbildungsvarianten gehen über die klassische Ausbildung in unterschiedlichem Umfang hinaus. Die erkannten Ausbildungsvarianten weisen dahingehend ein unterschiedlich breites Spektrums auf: von Ausbil­ dungsvarianten, die lediglich zusätzliche Inhalte in die Ausbildung mit integrieren, bis hin zu Ausbildungsvari­ anten, die in Kombination mit einem Studienabschluss angeboten werden (duales Studium). Auch dieses Modell wird von den Unternehmen zum Teil zur Ausbildung gezählt (vgl. Bahl u. a., S. 38), auch wenn diese akade­ mischen Absolvent/innen in der Regel nicht auf der mittleren Fachkräfteebene eingesetzt werden. Gründe für diese Entwicklung liegen einerseits in fachlichen Notwendigkeiten einzelner Branchen, was die inhaltliche Anreicherung der Ausbildung erforder­ lich macht. Beispielsweise steigt durch technologische Entwicklungen sowie durch Abflachung von Hierar­ chien die Komplexität von Facharbeit der Verantwor­ tungsbereich von Facharbeiter/innen. Internationale Geschäftstätigkeiten verlangen Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen. Unter diesen Vorgaben reicht aus Sicht der befragten Großunternehmen die Ausbildung nach den in der Ausbildungsordnung festgelegten Ausbildungsinhalten nicht immer aus. Die Erweiterung ihres Qualifizierungsportfolios um eigene Ausbildungsvarianten ist damit unter anderem als Reak­

89

tion auf sich verändernde Qualifikationsanforderungen zu sehen und wird von den befragten Unternehmen auch überwiegend so begründet. Die am zweithäufigsten genannte Begründung sind andererseits veränderte Bedingungen am Bewerber­ markt. Unternehmen, die nicht ausreichend viele oder nicht ausreichend gute Bewerber/innen finden, bieten zielgruppenorientierte Ausbildungsvarianten an. Sie tun dies bekanntermaßen, um der Heterogenität der Bewer­ ber/innen gerecht zu werden (vgl. IW Köln 2011, 21 ff.) oder zwecks Attraktivitätssteigerung (vgl. u. a. Goeser/ Isenmann 2011, S. 21). Aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse der Un­ ternehmen entstehen unterschiedliche Ausbildungs­ varianten. Eine Orientierung dieser Modelle an der dualen Ausbildung ist grundsätzlich erkennbar. Kon­ zeptmodifikationen finden in dem ordnungspolitisch gesetzten Rahmen statt. Darüber hinaus entwickelt sich die Ausbildung an einzelnen (wenigen) Stellen über den Ordnungsrahmen hinaus. Beispielsweise Fallbeispiel 7: „Ausbildungsvariante Basisqualifizierung und Berufsorientierung“: Das Modell sieht ein berufsübergreifen­ des Berufsgrundbildungsjahr mit der Option auf einen Wechsel (nach zwölf Monaten) in einen anderen dualen Ausbildungsberuf innerhalb der Berufsgruppe vor. Die in Fallbeispiel 5 beschriebene Variante zur Integration „schulmüder“ Jugendlicher ist unterhalb der ordnungs­ politischen Ebene angesiedelt, d. h., sie schließt nicht mit einem anerkannten Abschluss, sondern mit einem unternehmensinternen Zertifikat ab. Die identifizierten und beschriebenen Varianten nutzen in der Regel die Gestaltungsoffenheit der Ausbil­ dungsordnungen, um ihre Ausbildung den betrieblichen Anforderungen und Rahmenbedingungen anzupassen. Die Betrachtung dieser Varianten kann durchaus einen Beitrag zur Modernisierung des dualen Ausbildungssys­ tems leisten. Die identifizierten Ausbildungsvarianten lassen sich mithilfe der drei folgenden Merkmale beschreiben: Potenzialausschöpfung, Lerneinheiten und Verzahnung von Aus- und Weiterbildung.

1. Prinzip der Potenzialausschöpfung unterschiedlicher Qualifikationsniveaus Jedes Unternehmen möchte das Leistungspotenzial seiner unterschiedlich qualifizierten Mitarbeiter/innen optimal ausschöpfen. Alle Varianten folgen diesem Prin­ zip: Die Ausbildung soll so bedarfsorientiert wie möglich gestaltet werden. Jugendliche erfahren aufbauend auf ihren Eingangsqualifikationen individuelle Unterstüt­ zung und Förderung. Zum einen betrifft dies leis­

90

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

tungsstarke Auszubildende: Während die Vermittlung überfachlicher Kompetenzen meist als nicht zertifizierte Zusatzqualifikation (z. B. Modelle „AusbildungPlus“) erfolgt, werden zusätzliche fachliche Ausbildungsinhalte durch die Integration von Inhalten aus zertifizierten Fort-/Weiterbildungen (z. B. Verknüpfung der Ausbil­ dung zum/zur Mechatroniker/in mit der Weiterbildung zum/zur Servicetechniker/in) vermittelt.

Ausbildungsberufen mit Blick auf ihre branchen-/be­ triebsspezifischen Anforderungen zu erhöhen (vgl. BIBB 2011, S. 7 ff.).

Aber auch „Schulverlierer/innen“ und arbeitslose Jugendliche werden in begrenztem Ausmaß in den Blick genommen und mit entsprechenden Program­ men unterstützt. Sie werden, zusätzlich zur Förderung über EQ-Maßnahmen, in zum Teil ein- bis zweijährigen Berufsorientierungs- oder Berufsvorbereitungspro­ grammen an die Ausbildung herangeführt, um ihnen einen Berufseinstieg zu ermöglichen. Diese Varianten werden zwar vor dem Hintergrund der Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung schon seit mehreren Jahren angeboten, einzelne Unternehmen haben diese Ausbildungsplätze im vergangenen Jahr jedoch aufge­ stockt oder zusätzliche Programme für diese Zielgruppe entwickelt. Hier scheint sich eine beobachtenswerte Entwicklung von der Übernahme rein gesellschaftlicher Verantwortung hin zur Potenzialnutzung auch „am unteren Rand“ zu vollziehen. Trotz hoher Vermittlungs­ quoten in eine reguläre Ausbildung wird dieser Anteil aufgrund der, im Vergleich zur regulären Ausbildung, höheren Kosten nach Einschätzung der Unternehmen nicht steigen.

" Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“

2. Prinzip Gestaltung von lerneinheiten Um Fachkräfte bedarfsgerecht aus- und weiterzubilden, ist die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von Bildungssystemen (z. B. Durchstieg zwi­ schen einzelnen Berufen) für Unternehmen handlungs­ leitendes Motiv. In mehreren Studien wurde deutlich, dass innovative Modelle unter Berücksichtigung von Lerneinheiten/Berufsgruppen in den Großunterneh­ men bereits umgesetzt werden und deren Wunschvor­ stellung für eine zukunftsorientierte Berufsbildung widerspiegeln (vgl. Waldhausen/Werner 2005; Alesi/ Teichler 2013). Auch in dieser Untersuchung wurden Ausbildungs­ varianten identifiziert, in denen sich einzelne Unter­ nehmen ihre benötigten Qualifikationsinhalte neu sortieren – und zwar in abgeschlossenen Lerneinheiten. Im Ergebnis entsteht – aufbauend auf einer oder meh­ reren Ausbildungsordnungen – ein System miteinander verbundener Lerninhalte, die flexibel – auch berufsüber­ greifend – vermittelt werden. Erkennbar sind Prinzipien modular gestalteter Ausbildungskonzepte, mit deren Hilfe Unternehmen versuchen, die Passgenauigkeit von

In der Untersuchung konnten drei Varianten iden­ tifiziert werden, die in unterschiedlicher Art und Weise modulare Lerneinheiten beinhalten: " Ausbildung mit Zusatzinhalten aus anderen Berufen " berufsübergreifende Grundausbildung (Stärkung des Berufsgruppenprinzips) In Fällen, in denen verfügbare Berufsprofile die betrieblichen Anforderungen nicht vollständig abbilden, integrieren die befragten Großunternehmen gezielt Inhalte aus anderen Ausbildungsberufen in die Aus­ bildung im Basisberuf. Dies ist erforderlich, damit die Fachkräfte entweder breiter oder spezialisierter einsetz­ bar sind. Beispiele hierfür sind Verfahrensmechaniker/ innen mit Zusatzqualifikation Berufskraftfahrer/in oder Anlagenmechaniker/in mit Schweißprüfung. Oder in Fällen, in denen Verbindungen von Qualifikationen gefragt sind, die in den verfügbaren Berufsbildern nicht vorgesehen sind, wie z. B. Elektronikfachkräfte mit Kenntnissen über Mikrotechnologie oder Wasserkraft. Die Kombination von Ausbildungsinhalten unterschied­ licher Berufe ist für die Unternehmen eine gute Mög­ lichkeit, betriebs- oder branchenspezifische Tätigkeitszu­ schnitte abzubilden (vgl. dazu auch IW Köln 2011). Die in einzelnen Unternehmen angewendete Aus­ bildung mit Unterstützung „Dritter Experten“ (drei Lernorte) sieht ebenfalls die Entwicklung von Lernein­ heiten in Abhängigkeit der unternehmensspezifischen Qualifikationsanforderungen vor. Bemerkenswert sind zwei Aspekte: 1. Die entsprechende Ausbildungsord­ nung dient lediglich als Rahmen, sie deckt die benötig­ ten Kompetenzen jedoch nicht vollständig ab. Aufgrund dessen wurde eine Reihe von modularen Zusatzinhalten entwickelt. 2. Die Berufsschule übernimmt die Funkti­ on der Vermittlung von Grundkenntnissen. Um einen bundesweit einheitlichen Qualifikationsstandard bei allen Auszubildenden zu erreichen, verlassen sich beide befragten Unternehmen auf die Dienstleistung einer Weiterbildungsinstitution, die die Jugendlichen auf die IHK-Abschlussprüfung vorbereitet. Zwei Unternehmen nutzen in ihrer gewerblichtechnischen Ausbildung das Berufsgruppenprinzip, um Auszubildende verwandter Berufe in den ersten sechs bzw. zwölf Monaten in einem Grundmodul gemein­ sam auszubilden. Das bringt viele Vorteile mit sich: Durch das Bündeln von Ausbildungsressourcen wird die betriebliche Ausbildung kosteneffizienter. Da die Festlegung auf einen Ausbildungsberuf später erfolgt,

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

bleibt die Bedarfsplanung länger flexibel und der Pla­ nungshorizont für Unternehmen verkürzt sich. Zudem können in der Phase der gemeinsamen Grundbildung Stärken der Auszubildenden besser erkannt und die Berufswahl bei Bedarf angepasst werden.

3. Prinzip der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung Die Schnittstellen von Aus- und Weiterbildung sind in manchen Großunternehmen inhaltlich und organisato­ risch eng miteinander verzahnt. Die befragten Unter­ nehmen sind bemüht, fließende Übergänge zwischen der Aus- und Weiterbildung zu schaffen. Dabei handelt es sich in erster Linie um Weiterbildungsmaßnahmen während der dualen Ausbildung oder im direkten Anschluss daran, die notwendig sind, um den Beruf im Unternehmen in vollem Umfang ausüben zu können. Zum Teil handelt es sich um Qualifizierungen, die die Einsatzmöglichkeiten der Fachkräfte erweitern. Bei­ spielsweise erwerben Auszubildende bereits während der Ausbildung Weiterbildungszertifikate (z. B. zum/ zur Servicetechniker/in, Zusatzqualifikation Dialogmar­ keting für Bürokaufleute) oder erforderliche Berech­ tigungsscheine (z. B. Elektrofachkraft). Auch einzelne Inhalte von Aufstiegsfortbildungen, z. B. zum/zur Meister/in oder Techniker/in, oder der Erwerb der Fach­ hochschulreife während der Ausbildung sind Modelle, um Karrierepfade für Fachkräfte zu etablieren. Letztlich haben sich Varianten mit Zusatzqualifikationen, die den Erwerb der Fachhochschulreife vorsehen, seit 2004 auch erkennbar erhöht – von 133 in 2004 auf 185 Modelle in 2011 (BIBB 2012, S. 246). In manchen Unternehmen des verarbeitenden Ge­ werbes stellt die duale Ausbildung den Ausgangspunkt für einen durchgängigen Personalentwicklungsprozess auf Facharbeiterebene dar. Im Sinne eines strategischen Kompetenzmanagements erfolgt ein Abgleich von benö­ tigten und vorhandenen Kompetenzen (Soll-/Ist-Ab­ gleich). Benötigte Kompetenzen basieren auf aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Marktes, der sich in den einzelnen Branchen unterschiedlich darstellt. Gerade Großunternehmen können dazu auf unter­ schiedliche Modelle zurückgreifen, da sie meist bereits ein strategisches Kompetenzmanagement im Unter­ nehmen etabliert haben (vgl. BIBB 2011, S. 7 ff.). Diese Entwicklung ist als positiv zu bewerten: Durchgängige und nach oben offene Karrierepfade, wie sie bisher meist Akademiker/innen vorbehalten waren, beginnen in den Unternehmen heute auf der Grundlage einer dualen Berufsausbildung. Den jungen Fachkräften stehen dabei unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten (Exper­ tenlaufbahn, Führungslaufbahn oder Projektleitung) offen. Am Ende dieser Entwicklung kann eine interne

91

Weiterbildung, ein beruflicher Fortbildungs- oder ein BA-/MA-Abschluss stehen.

Handlungsempfehlungen Der betriebliche Bedarf nach einer flexibleren An­ passung der Inhalte eines Berufsbildes an die sich verändernden Anforderungen der Arbeitstätigkeit ist erkennbar. Der Grundgedanke besteht in der Vermitt­ lung der Inhalte in abgegrenzten Einheiten innerhalb der curricularen Gesamtstruktur eines Ausbildungsbe­ rufes. In einer stärker modular aufgebauten Ausbildung könnten einzelne Lernmodule schneller erneuert bzw. ausgetauscht werden. Es gilt daher zu prüfen, inwieweit die Gestaltung abgeschlossener Lerneinheiten oder auch das Berufs­ gruppenprinzip (d. h. die gemeinsame Grundlagenver­ mittlung verwandter Berufe und eine im Zeitverlauf stärkere Spezialisierung) geeignet sind, die Flexibilität des Ausbildungssystems weiter zu erhöhen und die skizzierten Ausbildungsvarianten stärker an das System zu binden. Auch wenn insgesamt der Kern der Ausbildung erhalten bleibt, so verändern sich doch Facetten dualer Ausbildung aufgrund veränderter Arbeitsanforderun­ gen. Was sich an Varianten in Unternehmen entwickelt, sollte daraufhin beobachtet werden, ob es sich bei ein­ zelnen Modellen um Randerscheinungen handelt oder um Entwicklungstendenzen, die die Notwendigkeit zum Ausdruck bringen, die Flexibilität dualer Ausbildung weiter zu erhöhen.

4.3 Zur Konkurrenz beruflicher und akademischer Bildung Neben den bisher dargestellten Ausbildungsvarianten bieten die Unternehmen auch eine Reihe dualer Studi­ engänge in unterschiedlicher Ausgestaltung an (ausbil­ dungsintegrierend/praxisintegrierend). Sie reagieren damit einerseits auf steigende fachliche Anforderungen, andererseits auf die Bedürfnisse leistungsstarker Schul­ absolventinnen und -absolventen, die vermehrt das duale Studium der dualen Ausbildung vorziehen. Zudem bietet es den Unternehmen die Möglichkeit, die Vorteile der dualen Ausbildung (Praxisnähe, stärkere Bindung an das Unternehmen, schnellerer wertschöpfender Berufs­ einstieg) mit einer akademischen Qualifizierung (höhere Wissensintensität) zu verbinden. Zentrales Motiv für das Angebot dualer Studiengän­ ge ist für die meisten Unternehmen zunächst weniger die Herstellung einer Konkurrenzsituation, sondern die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen den Bil­ dungsgängen (vgl. Weber 2007, S. 123). Trotzdem bleiben

92

Auswirkungen auf das Berufsbildungssystem nicht aus: 2011 überstieg die Anzahl an Studienanfänger/innen erstmals die Anzahl der Berufsanfänger/innen (vgl. BMBF 2012b, S. 6). Aus den Untersuchungsergebnissen wird deutlich, dass das duale Studium eine zur dualen Ausbildung komplementär eingesetzte Variante darstellt. Die Absolventinnen und Absolventen dualer Studiengänge werden kaum auf der mittleren Qualifikationsebene ein­ gesetzt, sondern sind für höhere, qualifikationsgerechte Beschäftigungsfelder vorgesehen. Wie auch HippachSchneider/Weigel 2011 feststellen, werden Varianten mit Doppelabschlüssen (ausbildungsintegrierende Studien­ gänge oder berufsbegleitende Bachelorstudiengänge) bei Unternehmen zunehmend beliebter. Insbesondere im gewerblich-technischen Bereich werden diese den pra­ xisintegrierenden Studiengängen oder dem klassischen Hochschulstudium häufig vorgezogen. Auf die beruflich vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten wollen die Unternehmen also nicht verzichten. Während eine Konkurrenz zwischen dualer Ausbil­ dung und dualem Studium aus Sicht der Unternehmen kaum erkannt wird ergibt sich eine Konkurrenzsitua­ tion eher am „oberen Rand“ von Facharbeit. An dieser Schnittstelle sind häufig Fachkräfte mit Fortbildungs­ abschlüssen beschäftigt. Auch wenn z. B. Meister/innen und Techniker/innen gemeinsam mit Bachelorabsol­ vent/innen in Stufe 6 des Deutschen Qualifikations­ rahmens (DQR) einsortiert sind, unterscheiden sich die ausgeführten Tätigkeiten häufig noch voneinander. Meister/innen und Techniker/innen werden vielfach für (gehobene) Sachbearbeitungstätigkeiten eingesetzt oder als betriebliche Vorgesetzte (Fertigungsgruppen­ leiter/in). Bachelorstudent/innen steigen auf dem Level einer gehobenen Sachbearbeitung oder im mittleren Management mit weiteren Karriereoptionen ein. In Zukunft erwarten die befragten Unternehmen an dieser Schnittstelle aber Verdrängungseffekte bei Fortbildungs­ berufen wie z. B. dem/der Techniker/in. „Warum sollte man jemanden zum Techniker fortbilden, wenn man in derselben Zeit einen Bachelor haben kann?“ (vgl. dazu auch Dobischat u. a., 2008) Zudem wurde die Befürch­ tung geäußert, dass zukünftig der beruflich qualifizierte Unterbau mit Weiterentwicklungspotenzial für eine gehobene Fachlaufbahn oder kleinere Führungsaufga­ ben ausdünnt, weil weniger Personen überhaupt eine Berufsausbildung beginnen. Anders stellt sich die Lage in den kaufmännischen Berufen dar. Hier ist bereits heute eine Tendenz zu­ gunsten der akademischen Ausbildung zu beobachten. Während die meisten befragten Unternehmen duale Studiengänge zur Qualifizierung ihres akademischen Nachwuchses vorsehen, werden im kaufmännischen

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

Bereich dual ausgebildete Fachkräfte zunehmend durch Absolvent/innen dualer Studiengänge ersetzt. Die Gründe liegen in der Notwendigkeit fachlicher so­ wie insbesondere personaler und methodischer Kom­ petenzen zur Ausübung der vorgesehenen Tätigkeiten. Über diese Kompetenzen verfügen in der Regel nur Hochschulabsolvent/innen: Ausbildungsabsolvent/ innen seien nicht „senior“ genug und bringen zu wenig Sprachkompetenzen mit. Diese Entwicklung wurde im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Struktur­ wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft und einer Verschiebung zugunsten wissensintensiver Beschäfti­ gungsfelder bereits in anderen Studien aufgezeigt (vgl. Walden 2010, S. 37 ff.). Im Wettbewerb dualer Studiengänge und der dualen Ausbildung haben duale Studiengänge aus Sicht der Unternehmen den Vorteil, dass Hochschulen bei der Festlegung der Ausbildungsinhalte deutlich flexibler sind, als dies bei den bundesweit geregelten Ausbil­ dungsberufen möglich ist. Die Unternehmen können bei der Entwicklung von Studiengängen gewünschte In­ halte in die hochschulischen Curricula einfließen lassen. Die Hochschulen sind beweglicher, Änderungen werden schneller umgesetzt. Die befragten Großunternehmen sprechen nur vereinzelt von einer direkten Konkurrenzsituation zwischen der dualen Ausbildung und dualen Studien­ gängen: Die Frage der Konkurrenz stellt sich offensicht­ lich eher auf bildungspolitischer und wissenschaftlicher Ebene (vgl. BIBB 2012c). Eine breite betriebliche Rele­ vanz kann aus den Erkenntnissen – mit Ausnahmen (Verdrängung von Fortbildungsberufen und teilweise Substitution der kaufmännischen Ausbildung aufgrund der Überschneidung von Anforderungsprofilen) – nicht abgeleitet werden. Hinweise bestehen eher in Bezug auf sich überschneidende Qualifikationsprofile am Über­ gang der mittleren Fachkräfteebene zu höher quali­ fizierten Tätigkeiten. Facharbeitertätigkeiten werden auch zukünftig – und das ist ein zentraler Befund der Untersuchung – mehrheitlich von Personen mit einer Berufsausbildung ausgeführt. Erkennbar ist die Sorge der Unternehmen, dass der bildungspolitische Trend einer Aufstiegsorientierung kontraproduktive Auswirkungen auf das Ausbildungs­ verhalten der Schulabsolvent/innen hat, sodass das betriebliche Ausbildungsmodell auf keine ausreichende Basis zurückgreifen kann. Die Befürchtung ist, dass leistungsstarke Bewerber/innen der Berufsausbildung fernbleiben, sich für ein Studium entscheiden und sich dadurch das Problem der Nachwuchssicherung auf der mittleren Fachkräfteebene weiter verschärfen wird. Auf die „politisch erzeugte“ zusätzliche Zahl an Hochschulabsolvent/innen wird konzeptionell reagiert.

4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen

Erkennbar ist eine Veränderung der „Ränder“ dualer Ausbildung, aber nicht des Kerns oder ihrer Grundprin­ zipien. Unternehmen müssen daher reagieren, um leis­ tungsstarke Schulabsolvent/innen an das Unternehmen zu binden – und das gehe nur über die Ermöglichung hochschulischer Abschlüsse. Diese Argumentation wird durch folgendes Zitat plausibel: „Die Ausbildung im Fachkräftebereich verliert permanent an Ansehen, da kann man machen, was man will. Wenn man heutzutage nicht studiert hat oder nicht studieren kann, dann ist das schon mal schlecht. Der Tenor ist: ‚Eigentlich muss doch jeder das Abitur schaffen‘. ‚Die Studierendenquoten sind zu niedrig.‘ Solche Aussagen sind für den Fachkräftebereich nicht besonders hilfreich. Wir brauchen nicht viele schlechte Studienabsolventen, sondern wir bräuchten ein paar sehr gute Ausbildungsabsolventen oder beruflich wei­ terqualifizierte Techniker oder Meister. Aber die fehlen dann, weil nur der, der nicht studieren konnte, dann eine Ausbildung macht. Deshalb auch die Zunahme der dualen Studiengänge.“ (Branche: Energieversorgung) Durchgängige Bildungspfade eröffnen Bewerbe­ rinnen und Bewerbern Karriereoptionen und ermögli­ chen Unternehmen, je nach Bedarfslage Fachkräfte für unterschiedliche Qualifikationsniveaus heranzubilden. Durch die Möglichkeit, nach dem Facharbeiterabschluss auch ohne Abitur ein Studium aufnehmen zu können, wird die duale Ausbildung aufgewertet. Die Förderung berufsbegleitender Studienangebote und Stipendien­ programme ist darauf ausgelegt, Schnittstellen zwischen der beruflichen und der akademischen Ausbildung zu schaffen. Die bildungspolitisch forcierte Akademisie­ rung würde dieses Anliegen konterkarieren und hat aus Sicht der befragten Unternehmen negative Rückwir­ kung auf die duale Ausbildung.

Handlungsempfehlungen Die Untersuchungsergebnisse geben Hinweise auf sich verändernde Qualifikationsanforderungen auf der mitt­ leren Fachkräfteebene. Die nähere Betrachtung der von den Unternehmen genutzten alternativen Ausbildungs­ varianten lässt zudem Rückschlüsse auf Veränderungen hinsichtlich des erforderlichen Qualifikationsniveaus zu. Es lässt sich über alle Unternehmen hinweg feststellen, dass eine feste Zuordnung von Abschlüssen zu fest defi­ nierten Stellen- oder Tätigkeitsprofilen mehr und mehr aufgelöst wird. Die Unternehmen nutzen verschiedene Ausbildungsvarianten oder auch Kombinationen von Modellen, um für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld den/die bestmöglich ausgebildete/n Mitarbeiter/in einzusetzen. Um jedoch dezidiert Aussagen über Qualifikations­ bedarf auf der mittleren Fachkräfteebene treffen zu kön­

93

nen, auch hinsichtlich der Überschneidung von erwor­ benen Kompetenzen aus dualen Studiengängen, sind weiter gehende tätigkeitsbezogene Analysen in ausge­ wählten Branchen notwendig. Ziel dabei ist es zu klären, wie sich die Verschiebungen zwischen Ausbildung und Studium auf Basis der aus der Tätigkeit erwachsenen Kompetenzanforderungen weiterentwickeln und wie sich daraus abgeleitet Facharbeit weiterentwickelt. Es ist zudem erforderlich, mit Unternehmen über die angesprochenen Rückwirkungen im Gespräch zu bleiben und diese weiter zu beobachten. Hinsichtlich bildungspolitischer Statements könnte eine höhere Sen­ sibilität hinsichtlich betrieblicher Belange bestehende Irritationen reduzieren.

94

liTeRATUR

Literatur Alesi, B./Teichler, U. (2013): Akademisierung von Bildung und Beruf – ein kontroverser Diskurs in Deutschland. In: Seve­ ring, E./Teichler, U. (Hrsg.): Akademisierung der Berufswelt? Berichte zur beruflichen Bildung, Bd. 13. Bielefeld Anderka, Ch. (2010): Kompetenzorientierte Berufsausbildung in Großbetrieben. In: Severing, E./Weiß, R. (Hrsg.): Prüfungen und Zertifizierungen in der beruflichen Bildung. Bonn 2011, S. 201–217 Autorengruppe BIBB/Bertelsmann Stiftung (2011): Reform des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung. Aktuelle Vorschläge im Urteil von Berufsbildungsexperten und Jugendlichen. Hrsg. vom Bundesinstitut für Berufsbildung und Bertelsmann Stiftung. Bonn/Gütersloh Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2007): Berufsbil­ dungsbericht 2007. Bielefeld Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010): Ein indikato­ rengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel. Bielefeld Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012): Bildung in Deutschland 2012. Ein indikatorengestützter Bericht mit ei­ ner Analyse zur kulturellen Bildung im Lebenslauf. Bielefeld Baethge, M./Baethge-Kinsky, V./Kupka, P. (1998): Facharbeit – Auslaufmodell oder neue Perspektive? In: SOFI-Mitteilun­ gen, Nr. 26, S. 81–97 Bahl, A. u. a. (2011): Betriebliche Qualifikationsbedarfsdeckung im Fachkräftebereich wachsender Beschäftigungsfelder – PEREK. Abschlussbericht. Bonn Becker, C./Grebe, T./Lübbers, T. (2011): Qualifizierungsmonitor. Empiriegestütztes Monitoring zur Qualifizierungssituation in der deutschen Wirtschaft. Bericht im Auftrag des BMWI. Im Internet unter www.bmwi.de am 1.11.2012 Bergmann, B. (2006): Lernen im Prozess der Arbeit – Funktions­ weise und Unterstützungsmöglichkeiten. In: Loebe, H./ Severing, E. (Hrsg.): Weiterbildung auf dem Prüfstand. Bielefeld, S. 147-160 Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2009): Berufsausbildung 2015. Eine Entwicklungsperspektive für das duale System. Gütersloh BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2010): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010 – Informatio­ nen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2010): Betriebliche Qualifikationsbedarfe im Fachkräftebereich wachsender Beschäftigungsfelder – PEREK (Zwischenbericht). Online: https://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/zw_21205.pdf am 14.11.2012 BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2011): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011. Bielefeld BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2011a): Zusatzquali­ fikationen in der Berufsausbildung. Online: http://www. ausbildungplus.de/html/942.php am 24.8.2012 BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2011b): AusbildungPlus in Zahlen. Trends und Analysen. Online: http://www.ausbil­ dungplus.de/files/aplus_2011_web.pdf am 24.8.2012

BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2011c): Innovationen in der Berufsausbildung. Online: http://www.ausbildungplus. de/html/144.php am 24.8.2012 BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2011d): Betriebliche Qualifikationsbedarfe im Fachkräftebereich wachsender Beschäftigungsfelder – PEREK (Abschlussbericht). Online: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/eb_21205.pdf am 14.11.2012 BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2012): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2012a): www.ausbil­ dung-plus.de am 24.8.2012 BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2012b): Betriebe und Ausbildungsbetriebe nach Betriebsgrößenklassen 1999– 2010/Ausbildungsbetriebsquoten. Online: http://www.bibb. de/dokumente/pdf/ausbildungsbetriebsquote_d_1999-2010. pdf am 24.8.2012 BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung (2012c): Pressemittei­ lung: BIBB-Präsident Esser: „OECD muss aufhören, die be­ rufliche Bildung in Deutschland abzuqualifizieren“. Online: http://www.bibb.de/de/62821.htm am 5.12.2012 BMBF – Bundesministerium für Forschung und Bildung (2011): Berufsbildungsbericht 2011. Bonn/Berlin BMBF – Bundesministerium für Forschung und Bildung (2012a): Pressemitteilung vom 18.9.2012: „Berufliche Bildung stär­ ken, europäische Jugendarbeitslosigkeit senken“. Online: http://www.bmbf.de/press/3344.php am 14.11.2012 BMBF – Bundesministerium für Forschung und Bildung (2012b): Berufsbildungsbericht 2012. Bonn/Berlin Bohlinger, S. (2008): Literaturauswertung zum Ausbildungsab­ bruch im Handwerk. Karlsruhe Bundesministerium des Innern (Hrsg.) (2011): Demografiebericht. Bericht der Bundesregierung zur demografischen Lage und künftigen Entwicklung des Landes. Berlin Busemeyer, M. R. (2012): WISO Diskurs: Reformperspektiven der beruflichen Bildung – Erkenntnisse aus dem interna­ tionalen Vergleich. Online: http://library.fes.de/pdf-files/ wiso/09329.pdf am 19.11.2012 Deeke, A. (1995): Experteninterviews – ein methodologisches und forschungspraktisches Problem. In: Brinkmann, C./Deeke, A./Völkel, B. (Hrsg.): Experteninterviews in der Arbeits­ marktforschung. Diskussionsbeiträge zu methodischen Fragen und praktische Erfahrungen. Nürnberg, S. 7–22 [Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung; Nr. 191] Dehnbostel, P. (2008): Berufliche Weiterbildung. Grundlagen aus arbeitnehmerorientierter Sicht. Berlin Dercks, A./Hardege, S. (2012): Fachkräftesicherung 2012. Unter­ nehmen und Politik vor neuen Herausforderungen. Hrsg. vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Berlin Dietrich, H./Severing, E. (Hrsg.) (2008): Zukunft der dualen Be­ rufsausbildung – Wettbewerb der Bildungsgänge. 2. Auflage, Schriften zur Berufsbildungsforschung der Arbeitsgemein­ schaft Berufsbildungsforschungsnetz, Bd. 55. Bielefeld

liTeRATUR

DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag (Hrsg.): DIHK-Innovationsreport 2011. Innovationsdynamik deutscher Unternehmen ungebrochen. Ergebnisse einer Befragung der IHK-Organisation bei über 1100 innovativen Unternehmen. Berlin Dionisius, R./Schönfeld, G./Walden, G./Wenzelmann, F. (2009): Kosten und Nutzen der betrieblichen Berufsausbildung. Abschlussbericht zum Forschungsprojekt 2.1.203. Bundesin­ stitut für Berufsbildung, Bonn. Online: https://www2.bibb. de/tools/fodb/pdf/eb_21203.pdf Dobischat, R./Fischell, M./Rosendahl, A. (2008): Auswirkungen der Studienreform durch die Einführung des Bachelorabschlus­ ses auf das Berufsbildungssystem. Edition der Hans-Böck­ ler-Stiftung, Nr. 223. Düsseldorf Dobischat, R./Kühnlein, G./Schurgatz, R. (2012): Ausbildungsreife: Ein berufsbildungspolitisch ungeklärter und umstrittener Begriff in der Übergangspassage Jugendlicher von der Schu­ le in die Berufsausbildung. Arbeitspapier 189. Düsseldorf Florida, R./McNultiy, T. (1995): High Performance Economic Development. In: Commentary, Spring, S. 22–29 Freiling, T./Galiläer, L./Weber, H. (2009): Höherqualifizierung im Berufsbildungssystem – Handlungsfelder für die Früher­ kennungsforschung. In: Bullinger, H.-J. (Hrsg.): FreQueNzNewsletter 2008. Bielefeld, S. 8–9 Freiling, T./Gottwald, M. (2011): Handlungsfelder zur Gestaltung einer demografieorientierten Personalpolitik in Unter­ nehmen der Pflegewirtschaft. In: Bettig, U./Frommelt, M./ Lerner, D. u. a. (Hrsg.): Management Handbuch Pflege, 31. Aktualisierung. Heidelberg, S. 1–33 Galiläer, L. (2007): De-Segmentierung von Anforderungsniveaus am Beispiel elektrotechnischer Tätigkeiten. Ergebnisse einer Untersuchung von Entwicklungen an Anlernarbeitsplätzen in der Metall- und Elektroindustrie. In: Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Zukunft berufliche Bildung. 5. BIBBFachkongress 2007. Dokumentation, CD-ROM. Bielefeld Galiläer, L. (2009): Technische Fachkräfte dringend gesucht – Ur­ sachen und Handlungsstrategien. In: Severing, E./Loebe, H. (Hrsg.): Studium ohne Abitur. Möglichkeiten zur akade­ mischen Qualifizierung für Facharbeiter. Wirtschaft und Bildung, Bd. 54. Bielefeld, S. 31– 49 Gläser, J./Laudel, G. (2004): Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse. Wiesbaden Goeser, J./Isenmann, M. (2011): Ausbildungsplus – Betriebsumfra­ ge 2011. Online: http://www.ausbildungplus.de/files/Aus­ wertung_Betriebsumfrage2011.pdf am 24.8.2012 Hall, A. (2007): Beruflichkeit: Fundament oder Hindernis für Fle­ xibilität? Berufswechsel von dual ausgebildeten Fachkräf­ ten. In: BWP – Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, Nr. 4, S. 10–14 Handelsblatt (2012): Arbeitgeber kritisieren Vernachlässigung der Berufsschulen; erschienen am 18.1.2012. Online: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/dualeausbildung-arbeitgeber-kritisieren-vernachlaessigung-derberufsschulen/6083078.html Hartmann, M. D./Mayer, S. (Hrsg.) (2012): Erneuerbare Energien – Neue Ausbildungsfelder für die Zukunft. Bielefeld Helmrich, R./Zika, G./Kalinowski, M./Wolter, M. I. (2012): Eng­ pässe auf dem Arbeitsmarkt: Geändertes Bildungs- und Erwerbsverhalten mildert Fachkräftemangel. BIBB Report Nr. 18. Bonn

95

Hippach-Schneider, U./Weigel, T. (2011): Rekrutierung auf der mittleren Qualifikationsebene – Fallstudien aus Deutsch­ land, England und der Schweiz. Online: https://www2.bibb. de/tools/fodb/pdf/eb_15202.pdf am 24.8.2012 Holterhoff, Friedhelm (2009): Flexibilität durch „Berufsgruppen mit Maß und Mitte“ In: Severing, E./Loebe, H. (Hrsg.): Zu­ kunftssicher durch flexible Ausbildungszeiten? Wirtschaft und Bildung, Bd. 58. Bielefeld, S. 35–43 Hucker, T. (2012): Betriebliche Ausbildungsbeteiligung stark rück­ läufig. In: BIBB (Hrsg.): BWP Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, Nr. 4, S. 4–5 KMK – Kultusministerkonferenz (Hrsg.) (2011): Vorausberech­ nung der Schüler- und Absolventenzahlen 2010 bis 2025. Berlin KMK – Kultusministerkonferenz (Hrsg.) (2007): Vorausberech­ nung der Schüler- und Absolventenzahlen 2005 bis 2020. Bonn Kohl, M./Jäger, A. (2009): Qualifizierung An- und Ungelernter – Ergebnisse einer explorativen Analyse zum aktuellen be­ trieblichen Bedarf, zukünftigen Qualifikationsanforderun­ gen und Präventationsansätzen der Bundesagentur für Ar­ beit. In: Diettrich, A./Frommberger, D./Klusmeyer, J. (Hrsg.): Akzentsetzungen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik – Holger Reinisch wird 60 und Wegbegleiter schreiben zu seinen Themen, bwp@ Profil 2 – Holger Reinisch. S. 1–19 Kupka, P./Wolters, M. (2010): Erweiterte vertiefte Berufsorientie­ rung. Überblick, Praxiserfahrungen und Evaluationspers­ pektiven. IAB Forschungsbericht Nr. 10. Nürnberg Lamnek, S. (2000): Qualitative Sozialforschung. Band 2: Methoden und Techniken. München/Weinheim Meuser, M./Nagel, U. (2005): ExpertInneninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. Ein Beitrag zur qualitativen Me­ thodendiskussion. In: Bogner, A./Littig, B./Menz, W. (Hrsg.): Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung. Wiesbaden, S. 71–93 Nickel, S./Duong, S. (2012): Studieren ohne Abitur: Monitoring der Entwicklungen in Bund, Ländern und Hochschulen. Centrum für Hochschulentwicklung, Arbeitspapier Nr. 157. Gütersloh Rese, A. (2002): Arbeitsgestaltung in der New Economy. In: Kiel, U./Kirner, E. (Hrsg.): Formen innovativer Arbeitsgestaltung in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen. Mün­ chen/Mehring, S. 167–190 Severing, E. (2009): Duale Ausbildung zukunftsfähig gestalten – Flexibilität und Durchlässigkeit in der Berufsausbildung erhöhen. In: Loebe, H./Severing, E. (Hrsg.): Zukunftssicher durch flexible Ausbildungszeiten? Neue Metall- und Elekt­ roberufe in der Diskussion. Bielefeld, S. 19–33 Statistisches Bundesamt (2008): Klassifikation der Wirtschafts­ zweige. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2012): Schnellmeldungsergebnisse der Hochschulstatistik, Vorl. Ergebnisse Wintersemester 2012/2013. Wiesbaden Tiemann, M. (2013): Wissensintensität von Berufen. In: Severing, E./Teichler, U. (Hrsg.): Akademisierung der Berufswelt? Berichte zur beruflichen Bildung, Bd. 13. Bielefeld, S. 63-84 Troltsch, K./Gerhards, C./Mohr, S. (2012): Vom Regen in die Trau­ fe? Unbesetzte Ausbildungsstellen als künftige Herausfor­ derung des Ausbildungsstellenmarktes. BIBB Report Nr. 19. Bonn

96

Walden, G. (2010): Zukunft der Facharbeit – Ausbildung und Qualifikationsentwicklung im Dienstleistungsbereich. In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Perspektiven der Erwerbs­ arbeit: Facharbeit in Deutschland. WISO Diskurs. Bonn, S. 29–39 Waldhausen, V./Werner, D. (2005): Innovative Ansätze in der Be­ rufsbildung – Höhere Durchlässigkeit und Flexibilität durch Zusatzqualifikationen und Studiengänge. Köln Weber, H. (2007): Bachelor und Master – Neue Konkurrenz für das duale System? In: Severing, E./Dietrich, H. (Hrsg.): Zukunft der dualen Berufsausbildung – Wettbewerb der Bildungs­ gänge. Bielefeld, S. 97–129 Wilhelm, A. (2012): Ganzheitliches „Greening of the economy“ unterstützen statt Verengung auf „Green Jobs“. Rede im Rahmen der BMBF/BMU Konferenz „Green Economy – Ein neues Wirtschaftswunder?“, Berlin, 4. September 2012. Im Internet unter http://www.fona.de/mediathek/gek/vortraege/ c2_wilhelm_alexander_01_presentation_ge2012.pdf Witzel, A. (1982): Verfahren der qualitativen Sozialforschung: Überblick und Alternativen. Frankfurt u. a.

liTeRATUR

AnlAGen

97

Anlagen

Anlage 1: Online-Fragebogen ......................................................................................................................................................................99

Anlage 2: Leitfaden für die Telefoninterviews .................................................................................................................................. 111

Anlage 3: Leitfaden für die betrieblichen Fallstudien ................................................................................................................... 113

98

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

Online-FRAGeBOGen ZUR UnTeRsUcHUnG Des sTellenWeRTs DUAleR AUsBilDUnG in GROssUnTeRneHMen Sehr geehrte Damen und Herren, die duale Berufsausbildung ist im internationalen Vergleich immer noch einer der erfolgreichsten Wege zur Sicherung eines qualifizierten Fachkräftenachwuchses. Nicht zuletzt die Großunternehmen haben in der Vergangenheit in Modellprojekten durch eigene innovative Ansätze die Aus- und Weiterbildung in Deutschland nachhaltig weiterentwickelt. Um Entwicklungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung systematisch zu erfassen, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Befragung in Auftrag gegeben, die durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) durchgeführt wird. Die Untersuchung soll den aktuellen und zukünftigen Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen erheben und mögliche Modernisierungsbedarfe identifizieren. Ziel der Untersuchung ist eine repräsentative Befragung von Großunternehmen. Im Kern geht es darum zu analysieren, " welche Qualifizierungs- und Rekrutierungswege Großunternehmen für Personal auf der mittleren Qualifikationsebene einschlagen, " welche Faktoren die Ausbildungsbereitschaft begünstigen bzw. hemmen sowie darum, " ob, und wenn ja, welche alternativen Ausbildungsformen eingeschlagen werden. Mit diesem Fragebogen befragen wir Sie als Personal- und Ausbildungsverantwortliche/n eines DAX-Unternehmens bzw. großen Familienunternehmens nach Ihren Ideen und Vorstellungen zu einem leistungsfähigen betrieblichen Ausbildungssystem. Die Beantwortung der Fragen wird ca. 45 Minuten in Anspruch nehmen. Im Anschluss an diese Online-Befragung werden Sie von einer Mitarbeiterin des f-bb telefonisch kontaktiert. Ziel ist es, in einem Telefoninterview einzelne Fragestellungen zu vertiefen sowie Ideen und Ansätze aus Ihrem betrieblichen Alltag aufzunehmen. Hinweise zum Datenschutz: Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Das Ergebnis der Untersuchung wird für den Auftraggeber in einem aggregierten Bericht zusammengefasst. Hierbei werden keine Rückschlüsse auf Ihre Person möglich sein. Technische Hinweise zum Ausfüllen des Fragebogens: Zur Navigation im Fragebogen bitte nur auf die Buttons „Zurück“ oder „Weiter“ klicken, nicht die Pfeiltasten Ihres Internetbrowsers benutzen. Sobald Sie mit dem „Weiter“-Button auf die nächste Seite springen, sind die vorher eingegebenen Daten gespeichert. Am Ende des Fragebogens gibt es die Möglichkeit, die Antworten auszudrucken (z. B. als Tischvorlage für das Telefoninterview).

Kontaktdaten Bei Rückfragen dürfen Sie sich gerne an die Ansprechpartnerinnen im f-bb wenden: Christine Küfner (0911/27779-871) oder [email protected] Sylvia Krenn (0911/27779-18) oder [email protected] Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

99

Anlage 1: Online-FRAGeBOGen A. Das Unternehmen Zum Einstieg möchten wir Sie bitten, uns einige Fragen zur Unternehmens- und Beschäftigtenstruktur zu beantworten. 1.

Welchem Wirtschaftszweig ist das Unternehmen zuzuordnen? Mehrfachantworten möglich

2.

Welche Rechtsform hat die Organisation?

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden Verarbeitendes Gewerbe Energieversorgung Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung Baugewerbe Handel Verkehr und Lagerei Gastgewerbe Information und Kommunikation Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen Grundstücks- und Wohnungswesen Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen Aktiengesellschaft (AG) Europäische Gesellschaft (SE) Kommanditgesellschaft (KG), inkl. Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eingetragene Genossenschaft (eG) Sonstiges

3.a Wie viele standorte unterhält das Unternehmen ungefähr in Deutschland in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen?

Jeweils Kategorien: keinen; 1–5; 6–10; 11–50; mehr als 50

3.b Wie viele standorte unterhält das Unternehmen ungefähr weltweit in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen?

Jeweils Kategorien: keinen; 1–5; 6–10; 11–50; mehr als 50

Zentrales Management (Finanzen, Personal, Kommunikation) Produktionsstandorte Vertriebsfilialen/-standorte Lager/Logistik Forschung und Entwicklung

Standort: Zentrales Management (Finanzen, Personal, Kommunikation) Produktionsstandorte Vertriebsfilialen/-standorte Lager/Logistik Forschung und Entwicklung

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

100

4.

in welchen Regionen ist das Unternehmen mit standorten vertreten? Mehrfachantworten möglich

5.

Wie viele Mitarbeiter hat das Unternehmen? Wenn sie die genaue Anzahl nicht wissen, bitte schätzen sie.

EU restliches Europa Nordamerika Mittel- und Südamerika Asien andere Regionen Mitarbeiter in Deutschland: Mitarbeiter unternehmensweit:

Bei der Befragung geht es um strategien und Modelle in Großunternehmen zur Qualifizierung und Rekrutierung von Personal für die mittlere Qualifikationsebene, d. h. für die Arbeitsplätze von Fachkräften. Diese Arbeitsplätze setzen fundiertes berufliches Wissen, komplexe Fertigkeiten und breite Kompetenzen voraus. Die Facharbeit auf mittlerer Qualifikationsebene grenzt sich sowohl von der höheren Ebene (akademisch gebildetes Personal) als auch von sogenannten Einfacharbeitsplätzen (An- und Ungelernte) ab. Im Folgenden bitten wir Sie, den Anteil der „Fachkräfte auf mittlerer Qualifikationsebene“ einzuschätzen. 6.

Wie hoch ist der Anteil der Fachkräfte auf der mittleren Qualifikationsebene an allen Beschäftigten des Unternehmens in Deutschland?

sehr gering (unter 20 % der Gesamtbelegschaft) eher gering (21 % bis 40 % der Gesamtbelegschaft) mittel (41 % bis 60 % der Gesamtbelegschaft) eher hoch (61 % bis 80 % der Gesamtbelegschaft) sehr hoch (mehr als 80 % der Gesamtbelegschaft)

7.

in welchen Bereichen sind Fachkräfte auf der mittleren Qualifikationsebene in ihrem Unternehmen hauptsächlich eingesetzt? (Angaben nur für Deutschland)

Beschaffung und Einkauf Forschung und Entwicklung IT Logistik Marketing und Vertrieb Produktion/Betrieb Verwaltung/Personal

Bitte bilden Sie eine Reihenfolge, beginnend mit dem Bereich, in dem anteilig die meisten Fachkräfte beschäftigt sind.

Bitte beantworten Sie folgende Fragen zur Ausbildung und der Ausbildungsorganisation des Unternehmens. 8.

Wie hoch war die Ausbildungsquote des Unternehmens in den jahren 2000, 2005 und 2010 in Deutschland?

9.

Wie viele Auszubildende hatte das Unternehmen 2011 in Deutschland?

Ausbildungsquote 2000: Ausbildungsquote 2005: Ausbildungsquote 2010: Zahl der Auszubildenden insgesamt: davon: gewerblich-technisch: kaufmännisch:

10. Wie viele haupt- und nebenberufliche Ausbilder beschäftigt das Unternehmen in Deutschland?

Zahl der hauptamtlichen Ausbilder (ca.): Zahl der nebenberuflichen Ausbilder (ca.):

11. Wo werden die Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien des Unternehmens bestimmt?

Die Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien werden zentral festgelegt und von den einzelnen Standorten umgesetzt. Die Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien werden dezentral an den einzelnen Standorten festgelegt und umgesetzt. Sonstiges:

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

12. Welche Aspekte der Rekrutierungsund Qualifizierungsstrategien werden zentral und welche dezentral an den einzelnen standorten festgelegt?

101

Auswahl der Rekrutierungsstrategien (z. B. Einstellung, Ausbildung, innerbetriebliche Weiterbildung) zentral

dezentral

sowohl zentral als auch dezentral

Auswahl der Ausbildungsmodelle (klassische Ausbildung, duales Studium, Ausbildung mit Zusatzqualifikationen) zentral

dezentral

sowohl zentral als auch dezentral

Konzeption von Aus- und Weiterbildungskomponenten (z. B. Zusatzqualifikationen für die Ausbildung, Weiterbildungskonzepte) zentral

dezentral

sowohl zentral als auch dezentral

Auswahl der Ausbildungsberufe zentral

dezentral

sowohl zentral als auch dezentral

Bestimmung der Zahl der Ausbildungsplätze zentral

dezentral

sowohl zentral als auch dezentral

dezentral

sowohl zentral als auch dezentral

Sonstiges: zentral

B. Positionen zu dualer Ausbildung, Ausbildungsverhalten und Personalplanung Im Folgenden möchten wir gerne erfahren, wie Sie die duale Berufsausbildung bewerten. Bitte beziehen Sie sich auf die Anforderungen Ihres Unternehmens zur Deckung des Fachkräftebedarfs auf mittlerer Qualifikationsebene. 13. Wie wichtig sind in Zukunft für das Unternehmen folgende Möglichkeiten zur Deckung des Qualifikationsbedarfs auf der mittleren Fachkräfteebene? Bitte gewichten Sie Ihre Antworten auf einer Skala von 1 = völlig unwichtig bis 5 = sehr wichtig.

eigene Ausbildung im kaufmännischen Bereich völlig unwichtig

sehr wichtig

eigene Ausbildung im gewerblich-technischen Bereich völlig unwichtig

sehr wichtig

Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt völlig unwichtig

sehr wichtig

Einstellung von Berufsanfängern, die von anderen Unternehmen ausgebildet wurden völlig unwichtig

sehr wichtig

Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeitern ohne Berufsausbildung (An- und Ungelernte) völlig unwichtig

sehr wichtig

Einstellung schulisch ausgebildeter Berufsanfänger völlig unwichtig

sehr wichtig

Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolventen völlig unwichtig

sehr wichtig

Einstellung von Studienabbrechern völlig unwichtig

sehr wichtig

Beschäftigung von Leiharbeitskräften (über Zeitarbeitsfirmen) völlig unwichtig

sehr wichtig

Einstellung von geringfügig Beschäftigten völlig unwichtig

sehr wichtig

Sonstige: völlig unwichtig

14. Wie zufrieden ist das Unternehmen mit … Bitte bewerten Sie die Zufriedenheit auf einer Skala von 1 = völlig unzufrieden bis 5 = sehr zufrieden.

sehr wichtig

der Leistungsfähigkeit des dualen Systems zur Deckung des betrieblichen Qualifikationsbedarfs? völlig unzufrieden

sehr zufrieden

dem Verhältnis von Nutzen und Kosten der eigenen betrieblichen Ausbildung? völlig unzufrieden

sehr zufrieden

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

102

15. inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf die eigene Ausbildung des Unternehmens zu? Bitte bewerten Sie jede Aussage auf einer Skala von 1 = trifft überhaupt nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu.

trifft überhaupt nicht zu < 1 2 3 4 5 > trifft voll und ganz zu

Die eigene Ausbildung … steigert deutlich den Geschäftswert unseres Unternehmens durch gut qualifizierte Mitarbeiter. 1=

2=

3=

4=

5=

trägt entscheidend zur künftigen Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens bei. 1=

2=

3=

4=

5=

nutzen wir, um das Risiko von Qualifikationsengpässen auszuschließen. 1=

2=

3=

4=

5=

ist für uns stets auch eine Gemeinschaftsaufgabe der Wirtschaft und eine Leistung für die Gesellschaft. 1=

2=

3=

4=

5=

gehört bei uns zur Firmentradition. 1=

2=

3=

4=

5=

ist der beste Weg, künftige Mitarbeiter in die Unternehmensstruktur einzuführen. 1=

2=

3=

4=

5=

soll uns (vorrangig) vom externen Arbeitsmarkt unabhängig machen. 1=

2=

3=

4=

5=

verbessert erheblich unsere Anpassungsfähigkeit an technische und Marktveränderungen. 1=

2=

3=

4=

5=

fördert die Innovationsfähigkeit unseres Unternehmens. 1=

2=

3=

4=

5=

ist unverzichtbarer Bestandteil unserer Personalpolitik. 1=

2=

3=

4=

5=

fördert wesentlich die Identifikation der Mitarbeiter mit unserem Unternehmen. 1=

2=

3=

4=

5=

wirkt sich positiv auf das Image unseres Betriebs in der Öffentlichkeit aus. 1=

2=

3=

4=

5=

erhöht stark das Ansehen unseres Unternehmens bei Kunden und Lieferanten. 1=

2=

3=

4=

5=

erhöht deutlich die Attraktivität unseres Unternehmens für leistungsfähige Arbeitskräfte. 1=

2=

3=

4=

5=

wirkt sich sehr positiv auf die Gestaltung der betrieblichen Weiterbildung aus (z. B. durch erhöhtes Problembewusstsein für Qualifizierungsfragen). 1=

2=

3=

4=

5=

bewirkt eine systematische Verjüngung unserer Belegschaft. 1=

2=

3=

4=

5=

gewährleistet die stetige Zufuhr von neuem Wissen in unserem Unternehmen. 1=

2=

3=

4=

5=

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

16. Wie wichtig sind im Unternehmen die folgenden Gründe für die eigene Ausbildung? Bitte bewerten Sie die Gründe auf einer Skala von 1 = völlig unwichtig bis 5 = sehr wichtig.

103

Gewinnung von Fachkräften, da Mangel an qualifiziertem Personal auf dem Arbeitsmarkt völlig unwichtig

sehr wichtig

Einsparung von Kosten der Personalsuche auf dem Arbeitsmarkt völlig unwichtig

sehr wichtig

Einsparung hoher Einarbeitungskosten für betriebsfremde Fachkräfte völlig unwichtig

sehr wichtig

Qualifizierung von Nachwuchskräften, die genau den betrieblichen Anforderungen entsprechen völlig unwichtig

sehr wichtig

Vermeidung des Risikos personaler Fehlentscheidungen, das bei Einstellung betriebsfremder Kräfte gegeben sein kann völlig unwichtig

sehr wichtig

Möglichkeit, bei der Übernahme von Auszubildenden „die Besten“ auszuwählen völlig unwichtig

sehr wichtig

Vermeiden von hoher Fluktuation durch Gewinnung besonders betriebsverbundener Fachkräfte völlig unwichtig

sehr wichtig

Einsparung von un- und angelernten Arbeitskräften durch den Arbeitseinsatz der Auszubildenden während der Ausbildung völlig unwichtig

sehr wichtig

Sicherung des Fachkräftenachwuchses in der Branche/Region völlig unwichtig

17. Welchen stellenwert nimmt aktuell die duale Ausbildung im kontext aller Rekrutierungsstrategien für Fachkräfte auf der mittleren Qualifikationsebene ein? Bitte machen Sie eine ungefähre Schätzung. Es können insgesamt höchstens 100 Prozent vergeben werden.

18. Ausgehend vom eben dargestellten stellenwert dualer Ausbildung im Unternehmen: Gab es in den vergangenen 5–10 jahren gravierende Veränderungen im Rekrutierungsverhalten, z. B. dass eine der in Frage 17 genannten Personalbeschaffungsstrategien intensiviert, andere reduziert wurden? 19. Welche der folgenden Aspekte haben das Ausbildungsverhalten des Unternehmens in den vergangenen 5–10 jahren deutlich beeinflusst? Mehrfachantworten möglich

sehr wichtig

Die Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene werden aktuell (2011/2012) rekrutiert zu ... % über eigene berufliche Ausbildung. % über eigene Qualifizierungsmodelle in Form additiver Modelle (Ausbildung mit Zusatzqualifikationen, duales Studium, etc.). % über eigene Qualifizierungsmodelle unterhalb berufl. Ausbildung. % über den Arbeitsmarkt (ausgebildete Fachkräfte). % über den Arbeitsmarkt (ungelernte Kräfte). % über den Arbeitsmarkt (Hochschulabsolventen). % Sonstiges: Bitte erläutern Sie kurz (stichpunktartig) die Gründe für die jeweilige Veränderung:

Die Anforderungen an die Fachkräfte der mittleren Qualifikationsebene sind gestiegen. Die Anforderungen an die Fachkräfte der mittleren Qualifikationsebene sind gesunken. Die bestehenden Ausbildungsberufe sind nicht passgenau für die Anforderungen an unseren Arbeitsplätzen.

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

104

Angebotene Stellen konnten nicht besetzt werden. Es gab nicht ausreichend gute Bewerber. Angebotene Stellen konnten nicht besetzt werden. Es gab nicht ausreichend viele Bewerber. Berufliche Ausbildung lohnt sich aus ökonomischen Erwägungen

eher weniger als früher. Berufliche Ausbildung lohnt sich aus ökonomischen Erwägungen

eher mehr als früher. Ausbildungsintensive Bereiche im Unternehmen sind weggefallen. Sonstiges: 20. Falls die bestehenden Ausbildungsberufe nicht ihren betrieblichen Anforderungen entsprechen: Warum sind die Berufe nicht passgenau? Bitte nennen Sie, falls zutreffend, mindestens einen Beispielberuf.

Ausbildungsdauer ist zu lang.

Ausbildungsdauer ist zu kurz.

Vorgegebene Inhalte passen inhaltlich nicht zu den beruflichen Anforderungen.

Vorgaben in der Ausbildungsordnung sind zu spezifisch.

Bandbreite innerhalb einer Berufsgruppe ist zu differenziert, einzelne Berufsbilder sind zu eng gefasst.

Bandbreite innerhalb einer Berufsgruppe ist nicht ausreichend, neue Berufe werden benötigt.

Anforderungen des Berufsbildes sind zu hoch.

Anforderungen des Berufsbildes sind zu niedrig.

Sonstige:

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

21. kamen in den vergangenen 5–10 jahren Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien verstärkt oder neu hinzu?

105

nein ja, berufliche Ausbildung inklusive additiver Elemente (duales Studium, Ausbildung mit Zusatzqualifikationen) ja, Qualifizierung an- und ungelernter Mitarbeiter unterhalb des Niveaus dualer Ausbildung ja, Rekrutierung von ausgebildeten Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt plus Anpassungsqualifizierung ja, Rekrutierung von Hochschulabsolventen, akademischem Personal am Arbeitsmarkt ja, Rekrutierung von beruflich qualifizierten Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt ja, Rekrutierung von im Ausland qualifizierten Fachkräften ja, Rekrutierung von An- und Ungelernten auf dem Arbeitsmarkt Sonstige:

22. Bitte begründen sie kurz, warum einzelne Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien verstärkt oder neu hinzugekommen sind:

(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)

23. Welche entwicklungen werden im Unternehmen / in der AG hinsichtlich der Zahl a) der Beschäftigten sowie b) der neu einzustellenden Auszubildenden für die nächsten drei jahre erwartet?

Bitte bewerten Sie die erwartete Entwicklung auf einer Skala von 1 = erhebliche Abnahme bis 5 = erhebliche Zunahme.

Zahl der Beschäftigten erhebliche Abnahme

erhebliche Zunahme

Zahl der neu einzustellenden Auszubildenden erhebliche Abnahme

erhebliche Zunahme

Im Folgenden interessieren uns die Auswirkungen der Internationalisierung auf Ihr Qualifizierungsund Rekrutierungsverhalten. 24. Hat die zunehmende internationalisierung Auswirkungen auf die Ausbildung von Fachkräften im Unternehmen in Deutschland? 25. Falls ja, welche Auswirkungen hat die zunehmende internationalisierung auf das Ausbildungsverhalten? Mehrfachantworten möglich

eher ja, die zunehmende Internationalisierung beeinflusst unser Ausbildungsverhalten eher nein, die zunehmende Internationalisierung beeinflusst unser Ausbildungsverhalten nicht Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung … bilden wir weniger aus und setzen verstärkt auf Rekrutierung am Arbeitsmarkt. bilden wir weniger aus und setzen verstärkt auf Rekrutierung von Hochschulabsolventen. sind wir gezwungen, zusätzliche/andere Inhalte in die Ausbildung zu integrieren. sind wir gezwungen, zusätzliche überfachliche Qualifikationen, z. B. Fremdsprachen, Kommunikationsaspekte, zu vermitteln. sind wir gezwungen, zusätzlich auszubilden, da auch im Ausland verstärkt in Deutschland ausgebildete Fachkräfte benötigt werden.

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

106

26. Wie rekrutiert das Unternehmen Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene an ausländischen standorten?

Rekrutierung von Schulabsolventen und landesübliche Qualifizierung/„Ausbildung“ Rekrutierung am Arbeitsmarkt Rekrutierung am Arbeitsmarkt und eigene betriebliche Qualifizierung Kooperation mit Schulen Trainees Export des deutschen Ausbildungsmodells ins Ausland (Ausbildung im Ausland nach deutschem Modell) Sonstige:

Bitte Reihenfolge bilden, den bedeutendsten Rekrutierungsweg zuerst; bitte alle Rekru­ tierungswege einbeziehen, die sie anwenden.

27. importiert das Unternehmen erfolgreiche ausländische Qualifizierungsmodelle oder international übliche Qualifizierungsstandards, die parallel oder in konkurrenz zu den Abschlüssen des BBiG stehen? 28. Wenn ja, welche Modelle bzw. welche Qualifizierungsstandards werden importiert?

ja

nein

Bitte beschreiben Sie kurz das Modell und wie es umgesetzt wird:

c. Alternative Ausbildungsmodelle Neben der klassischen dualen Ausbildung nach BBiG setzen Unternehmen auch auf alternative Rekrutierungs-, Ausbildungs- und Qualifizierungsmodelle für die mittlere Fachkräfteebene. Im Folgenden möchten wir gerne erfahren, welche dieser Modelle Ihr Unternehmen anbietet. Bei Frage 29 handelt es sich um eine Filterfrage. Bitte beantworten Sie im weiteren Verlauf des Fragebogens den jeweiligen Fragenkatalog zu den Modellen, die Sie bei sich im Unternehmen anbieten. 29. Welche der folgenden Qualifizierungs-/Rekrutierungswege bieten sie neben der dualen Ausbildung zur Ausbildung/Qualifizierung von Fachkräften auf der mittleren Qualifikationsebene an? Mehrfachantworten möglich.

additives Modell (AusbildungPlus): duale Ausbildung mit Zusatzqualifikation (→ S. 16) additives Modell (AusbildungPlus): duales Studium (→ S. 18) eigenes Ausbildungsmodell mit IHK/HwK-Abschluss (→ S. 20) (Nach-)Qualifizierung von Fachkräften, die bereits Tätigkeiten auf mittlerer Qualifikationsebene ausüben. Die Qualifizierung ist unterhalb des Niveaus beruflicher Ausbildung (z. B. Umschulungen, Teilqualifizierungen etc.) angesiedelt. (→ S. 22) Rekrutierung auf dem Arbeitsmarkt Sonstige:

Additives Modell (AusbildungPlus): Ausbildung mit Zusatzqualifikation 30. Wie ist der charakter dieses Modells zu beschreiben? Mehrfachantworten möglich

Das Modell ist tätigkeitsorientiert und vermittelt über die Ausbildung hinausgehende notwendige fachliche und/oder überfachliche Inhalte. Das Modell ist zielgruppenorientiert: Defizite der Auszubildenden – fachlich/überfachlich – sollen ausgeglichen werden. Das Modell ist zielgruppenorientiert: Besonders leistungsstarke Auszubildende sollen gezielt gefördert werden.

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

31. Wo liegen die Unterschiede zwischen der regulären Berufsausbildung und ihrer Ausbildung mit Zusatzqualifikationen? Mehrfachantworten möglich

107

Es werden zusätzliche fachliche Inhalte vermittelt auf höherem Niveau als die Inhalte der klassischen Ausbildung. Es werden zusätzliche fachliche Inhalte vermittelt auf einem ähnlichem Niveau wie die Inhalte der klassischen Ausbildung. zusätzliche/vertiefte Fremdsprache Es werden verstärkt überfachliche methodische Kompetenzen Es werden verstärkt Aspekte der Kundenorientierung und Dienstleistungsaspekte

Sonstige:

32. Wurden klassische Ausbildungsstellen durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt, nur neue stellen geschaffen oder beides? Wenn ja, in welchem Umfang?

Es wurden ca. Prozent der klassischen Ausbildungsplätze ersetzt. Es wurden zusätzlich zu den bestehenden Ausbildungsplätzen ca. Prozent neue Stellen geschaffen.

33. Wie viele der Auszubildenden des Unternehmens durchlaufen eine Ausbildung mit Zusatzqualifikationen? (Bezugsjahr: 2011)

Auszubildende nach diesem Modell:

34. An welche Zielgruppen richtet sich das Angebot? ist der Zugang beschränkt?

(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)

Bitte beschreiben Sie kurz die Zielgruppen und die jeweiligen Auswahlkriterien.

35. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die Absolventen verfolgt?

Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen (z. B. Techniker, Meister, Studium etc.). Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt. Sonstige:

36. Warum wird dieses Ausbildungsmodell angeboten?

fachliche Notwendigkeit Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“ kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung) mangelnde Ausbildungsreife drohender Fachkräftemangel andere Gründe:

Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend mit dem wichtigsten Kriterium.

37. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren quantitativ entwickeln?

Das Modell ... wird deutlich an Bedeutung gewinnen. wird an Bedeutung gewinnen. wird auf heutigem Niveau verbleiben. wird weniger wichtig sein als heute. wird deutlich weniger wichtig sein als heute. weiß nicht

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

108

Additives Modell (AusbildungPlus): duales Studium 38. Wie ist der charakter dieses Modells zu beschreiben?

Bachelorstudium mit Praxisphasen im Betrieb Studium an der Berufsakademie Bachelorstudium plus Ausbildungsabschluss (IHK) Sonstiges:

39. Wurden klassische Ausbildungsstellen durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt, nur neue stellen geschaffen oder beides? Wenn ja, in welchem Umfang?

Es wurden ca. Prozent der klassischen Ausbildungsplätze ersetzt. Es wurden zusätzlich zu den bestehenden Ausbildungsplätzen ca. Prozent neue Stellen geschaffen.

40. Wie viele der Auszubildenden des Unternehmens durchlaufen eine Ausbildung nach diesem Modell? (Bezugsjahr: 2011)

Auszubildende nach diesem Modell:

41. An welche Zielgruppen richtet sich das Angebot? ist der Zugang beschränkt?

(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)

Bitte beschreiben Sie kurz die Zielgruppen und die jeweiligen Auswahlkriterien.

42. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die Absolventen verfolgt?

Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen. Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt. Sonstige:

43. Warum wird dieses Ausbildungsmodell angeboten?

fachliche Notwendigkeit Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“ kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung) mangelnde Ausbildungsreife drohender Fachkräftemangel andere Gründe:

Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend mit dem wichtigsten Kriterium.

44. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren quantitativ entwickeln?

Das Modell ... wird deutlich an Bedeutung gewinnen. wird an Bedeutung gewinnen. wird auf heutigem Niveau verbleiben. wird weniger wichtig sein als heute. wird deutlich weniger wichtig sein als heute. weiß nicht

Eigenes Ausbildungsmodell mit IHK/HwK-Abschluss 45. Bitte beschreiben sie das unternehmenseigene Ausbildungsmodell und zeigen sie dabei die Unterschiede zur klassischen Ausbildung auf.

(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

46. Wurden klassische Ausbildungsstellen durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt, nur neue stellen geschaffen oder beides? Wenn ja, in welchem Umfang?

109

Es wurden ca.

Prozent der klassischen Ausbildungsplätze ersetzt.

Es wurden zusätzlich zu den bestehenden Ausbildungsplätzen ca. Prozent neue Stellen geschaffen.

47. Wie viele der Auszubildenden des Unternehmens durchlaufen diese Ausbildung? (Bezugsjahr: 2011)

Auszubildende nach diesem Modell:

48. An welche Zielgruppen richtet sich das Angebot? ist der Zugang beschränkt?

(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)

Bitte beschreiben Sie kurz die Zielgruppen und die jeweiligen Auswahlkriterien.

49. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die Absolventen verfolgt?

Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen. Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt. Sonstige:

50. Warum wird dieses Ausbildungsmodell angeboten?

fachliche Notwendigkeit Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“ kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung) mangelnde Ausbildungsreife drohender Fachkräftemangel andere Gründe:

Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend mit dem wichtigsten Kriterium.

51. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren quantitativ entwickeln?

Das Modell ... wird deutlich an Bedeutung gewinnen. wird an Bedeutung gewinnen. wird auf heutigem Niveau verbleiben. wird weniger wichtig sein als heute. wird deutlich weniger wichtig sein als heute.

weiß nicht (Nach-)Qualifizierung von Fachkräften, die bereits Tätigkeiten auf mittlerer Qualifikationsebene ausüben. Die Qualifizierung ist angesiedelt unterhalb des Niveaus beruflicher Ausbildung (z. B. Umschulungen, Teilqualifizierungen etc.). 52. Wurden in den letzten fünf jahren klassische Ausbildungsstellen durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt?

Ja, es wurden Ausbildungsstellen ersetzt.

53. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die Absolventen verfolgt?

Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen. Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt.

Nein, es wurden keine Ausbildungsstellen ersetzt.

Sonstige:

AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen

110

54. Warum wird dieses Ausbildungsmodell angeboten? Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend mit dem wichtigsten Kriterium.

55. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren quantitativ entwickeln?

fachliche Notwendigkeit Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“ kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung) mangelnde Ausbildungsreife drohender Fachkräftemangel andere Gründe: Das Modell ... wird deutlich an Bedeutung gewinnen. wird an Bedeutung gewinnen. wird auf heutigem Niveau verbleiben. wird weniger wichtig sein als heute. wird deutlich weniger wichtig sein als heute. weiß nicht

Rekrutierung auf dem Arbeitsmarkt 56. Wurden in den letzten fünf jahren klassische Ausbildungsstellen durch die Rekrutierung auf dem Arbeitsmarkt ersetzt? Wenn ja, in welchem Umfang? 57. An welche Zielgruppen richtet sich das Angebot?

Ja, es wurden ca.

Prozent der Ausbildungsplätze ersetzt.

Nein, es wurden keine Ausbildungsplätze ersetzt.

(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)

Welche Personen (Abschluss, beruflicher Hintergrund) werden hierbei bevorzugt rekrutiert?

58. Warum wird dieses Ausbildungsmodell angeboten? Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend mit dem wichtigsten Kriterium.

59. Wie wird sich der Anteil der Rekrutierung nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren quantitativ entwickeln?

fachliche Notwendigkeit Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“ kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung) mangelnde Ausbildungsreife drohender Fachkräftemangel andere Gründe: Das Modell ... wird deutlich an Bedeutung gewinnen. wird an Bedeutung gewinnen. wird auf heutigem Niveau verbleiben. wird weniger wichtig sein als heute. wird deutlich weniger wichtig sein als heute. weiß nicht

AnlAGe 2: leiTFADen FüR Die TeleFOninTeRVieWs

111

Anlage 2: leitfaden für die Telefoninterviews Beispielfragebogen für die Telefoninterviews

1. Ziele des interviews skizzieren Der Online-Fragebogen war aufgrund der Standardisierung relativ kompakt. Ziel dieses telefonischen Interviews ist es nun, konkrete Beispiele aus der Ausbildungs- bzw. Qualifizierungspraxis zu erfragen und Ihre Ideen, Meinungen und Einstellungen zum Thema „Duale Berufsausbildung in Deutschland“ im Detail zu erheben.

2. Block A: Fragen zum Unternehmen Frage 6

Der Fachkräfteanteil auf der mittleren Qualifikationsebene ist mit mittel angegeben (41% - 60%) – woraus setzt sich der Rest zusammen? Eher Akademiker, eher An- und Ungelernte? Hinweis von uns: immer bezogen auf die mittlere Fachkräfteebene

Frage 8

Online wurde nach der Ausbildungsquote rückwirkend für die letzten zehn Jahre gefragt, sie ist in Ihrem Unternehmen konstant geblieben. Wie schätzen Sie die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren ein? Zu- oder Abnahme der Ausbildungsquote? Begründung abfragen.

Frage 11 + 12

Nach ihren Angaben werden die meisten Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien zentral festgelegt? Zentral festgelegt wird die „Konzeption von Aus- und Weiterbildungskomponenten“: • Sind diese zentral festgelegten Punkte standardisiert? In welcher Form? • Gibt es eine zentrale Qualitätssicherung?

3. Block B: Positionen zu dualer Ausbildung, Ausbildungsverhalten, Personalplanung Frage 13

Die eigene Ausbildung ist Ihrer Einschätzung nach sehr wichtig für die Deckung des Fachkräftebedarfs. Könnten Sie das bitte kurz näher ausführen? Stichwort: Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolventen wird als völlig unwichtig bewertet – wo sehen Sie also die Vorteile von Fachkräften, die eine Ausbildung durchlaufen haben?

Frage 14

Sie sind mit der Leistungsfähigkeit des dualen Systems nur teilweise zufrieden, schätzen das KostenNutzen-Verhältnis allerdings als eher passend ein. Könnten Sie beide Aspekte kurz erläutern?

Frage 18

Diese Frage wurde online nicht beantwortet, daher noch mal nachhaken: Gab es in den vergangenen 5 bis 10 Jahren gravierende Veränderungen im Rekrutierungsverhalten? (Wurden Maßnahmen intensiviert oder andere reduziert?)

Frage 19

Sie geben an, dass die Anforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene gestiegen sind.

• • • Frage 19

Könnten sie dies bitte genauer ausführen (konkrete Beispiele)? Sind dies Veränderungen auf fachlicher und/oder überfachlicher Ebene? In den Bereichen, wo Anforderungen gestiegen sind – passen denn die bestehenden Berufe noch dazu?

Sie bewerten die bestehenden Ausbildungsberufe als nicht passgenau. Könnten Sie dies an Beispielen näher ausführen? Welche Konsequenzen ziehen Sie als Unternehmen daraus? Zusammenhang mit den erwähnten „differenzierteren Kompetenzbedarfen“?

• • •

AnlAGe 2: leiTFADen FüR Die TeleFOninTeRVieWs

112

Frage 25

Sie geben an, dass die Internationalisierung das Ausbildungsverhalten beeinflusst – es müssen zusätzliche Aspekte (z. B. Fremdsprachen und Kommunikationsaspekte) vermittelt werden. • Könnten Sie dies kurz an einem Beispiel erläutern? • Wie werden diese Kompetenzen vermittelt (Standardisierung, Umfang)? Wenn sie nun einen Blick nach vorne wagen: • Wie wird sich die Ausbildung in Ihrem Unternehmen entwickeln? • Was sollte und könnte sich verbessern, um auch in Zukunft ausreichend gut qualifizierte Fachkräfte zu haben? Blick auf die duale Ausbildung generell: Wie bewerten Sie das deutsche Berufsbildungssystem heute im Vergleich zu früher: gab es Verbesserungen, negative Entwicklungen? Mögliche Stichworte: Berufsgruppenprinzip, gestreckte Abschlussprüfung etc.

4. Block c: Alternative Ausbildungsmodelle Additiv: duales Studium Frage 39

Sie geben an, dass durch das duale Studium 5 % neue Stellen geschaffen wurden. In welchen Bereichen? (Stichworte z. B. IT, Qualitätssicherung, Verwaltung) Bewegen sich diese Stellen ausschließlich auf Akademiker-Niveau? Wie viele von den Absolventen machen einen Master?

Frage 42

Welche konkreten Karriereoptionen werden verfolgt?

Frage 43

Inwiefern sehen Sie eine fachliche Notwendigkeit, wenn Sie das duale Studium anbieten?

Frage 44

Das Modell wird Ihrer Einschätzung nach an Bedeutung gewinnen. Warum schätzen Sie dies so ein? Wo sehen Sie Aufgaben/Stärken/Schwächen des Ausbildungssystems und wo des dualen Studiums, wenn damit (wenn auch nur in geringem Maße) Ausbildungsplätze ersetzt werden? Welche Erfahrung gibt es mit dem Modell? Wurde es in irgendeiner Weise evaluiert und wenn ja, was kam dabei heraus?

(Nach-)Qualifizierung von Fachkräften (unterhalb von beruflicher Ausbildung) Frage 53

Sie haben angegeben, dass mit dieser Rekrutierungsstrategie keine Ausbildungsplätze ersetzt werden. Wer wird hier für welche Positionen im Unternehmen rekrutiert? Bedeutet das, dass es hierbei um gänzlich andere Zielgruppen und Arbeitsplätze geht als im Bereich Ausbildung? Hypothese: Diese Strategie ist keine Konkurrenz zum Ausbildungssystem, sondern passiert auf einer anderen Ebene.

Rekrutierung von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt Frage 56

Sie haben angegeben, dass mit dieser Rekrutierungsstrategie ebenfalls keine Ausbildungsplätze ersetzt werden. Wer wird hier für welche Positionen im Unternehmen rekrutiert? Bedeutet das, dass es hierbei um gänzlich andere Zielgruppen und Arbeitsplätze geht als im Bereich Ausbildung? Hypothese: Diese Strategie ist keine Konkurrenz zum Ausbildungssystem, sondern passiert auf einer anderen Ebene.

5. Abschluss des interviews

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

113

Anlage 3: leitfaden für die betrieblichen Fallstudien interviewleitfaden für betriebliche Fallstudien zu Ausbildungs- und Rekrutierungsmodellen in Großunternehmen

1. Ziele der Fallstudie a. Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle hinsichtlich ihrer organisatorischen Einbettung, ihres strategischen Zwecks und der betrieblichen Folgen sowie der Erwartungen des Unternehmens an das Berufsbildungssystem und deren Akteure b. Inhaltliche Spezifizierung über die folgenden drei Themen:



Fachkräftesicherung: u. a. Umgang mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus in der Ausbildung, Implementierung von Entwicklungspfaden zur Vorbereitung auf anspruchsvolle Tätigkeiten, Veränderung von Tätigkeitsprofilen durch das Modell des dualen Studiums



Internationalisierung: Unterstützung der international ausgerichteten Geschäftstätigkeit durch die duale Ausbildung, Umgang mit veränderten Anforderungen an die Auszubildenden, Export von Elementen der deutschen dualen Ausbildung in ausländische Bildungssysteme



Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“: Kooperation mit Institutionen neben der Berufsschule (z. B. Akademien) zur Vermittlung zusätzlicher theoretischer Inhalte

2. Ablauf Es sind drei Interviewsequenzen mit Interviewpartner/innen in unterschiedlicher Funktion vorgesehen, um verschiedene Sichtweisen zu den Fragestellungen erheben zu können und damit die Erkenntnisse inhaltlich abzurunden.

3. interviewleitfaden Unternehmen: interviewpartner/in und Funktion: Datum:

interviewsequenz 1 (Verantwortliche/r Ausbildung und Verantwortliche/r Personalentwicklung) strategische und operative ebene einführung

• • •

Kurze Erläuterung: Ausgangslage: aktueller Stand, weiteres Vorgehen Ziele des Interviews Zusammenfassen bisheriger auf das Unternehmen bezogener Ergebnisse (Zweck der jeweiligen Strategie)

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

114

Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation) Leitfrage

Inhaltliche Konkretisierung

A.1 Ausbildung mit Zusatzqualifikationen: stellen sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus ihrer sicht dar.



In welcher Form und in welchem Umfang werden Zusatzqualifikationen während der Ausbildung angeboten?



Welche fachliche Notwendigkeit spricht für das Modell?



Inwieweit sind strategische Gründe ausschlaggebend (u. a. Bindung von leistungsstarken Fachkräften an das Unternehmen)?



Ist dieses Modell mit einer kurzfristigen Perspektive angelegt oder langfristig eingeplant (etablierte Strategie)? [erläutern lassen]



Werden durch das Modell langfristig (zusätzliche) Ausbildungsplätze mit einem anderen Qualifikationsprofil geschaffen?



In welchen Tätigkeitsfeldern und Berufen entstehen hauptsächlich derartige Profile für qualifizierte Fachkräfte mit Zusatzqualifikationen?



Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich um ein integriertes, auf andere Lösungen abgestimmtes Gesamtkonzept oder ist es eine Einzellösung? Wird das Modell den Bewerbern als Einstieg angeboten oder erst im Laufe der Ausbildung? Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden gilt es zu bewältigen?)



In welcher Form und in welchem Umfang werden duale Studiengänge angeboten?



Welche fachliche Notwendigkeit spricht für das Modell? [Nachfrage: Strategie, um Veränderungen der Arbeitsaufgaben bewältigen zu können? Beispiele nennen lassen]



Inwieweit sind auch strategische Gründe ausschlaggebend (u. a. Bindung von leistungsstarken Fachkräften an das Unternehmen)?



In welchen Tätigkeitsfeldern entstehen hauptsächlich Stellenprofile für dual Studierenden hauptsächlich? Inwieweit verändert sich das Stellenprofil?



In welchem Ausmaß werden klassische Ausbildungsplätze umgewandelt (Stichwort Konkurrenz)?



Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich um ein integriertes, auf andere Lösungen abgestimmtes Gesamtkonzept oder ist es eine Einzellösung? Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden gilt es zu bewältigen?)



Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu?: Wir rekrutieren Personal für die mittlere Fachkräfteebene nahezu ausschließlich über die duale Berufsausbildung! (Aussage kommentieren lassen)



In welchem Ausmaß wird auf diese Strategie mit Fokus mittlere Fachkräfteebene zurückgegriffen?

A.2 Duales studium: stellen sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus ihrer sicht dar. [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

A.3 Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt: stellen sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus ihrer sicht dar. [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

115

Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation) Leitfrage

A.4 1) Welche Modelle zur nachqualifizierung werden verfolgt, um un-/angelernten Arbeitskräften einen Berufsabschluss zu ermöglichen?

A.4 2) sie führen im Unternehmen eigene Berufsorientierungsprogramme durch. Bitte beschreiben sie kurz Zweck und Ausgestaltung dieser Programme.

A.5 Wenn sie die eben beschriebenen Modelle rekapitulieren (Ausnahme BO), wie schätzen sie deren relativen stellenwert zueinander ein?

Inhaltliche Konkretisierung



Gibt es Unterschiede bei der Verwendung des Modells hinsichtlich der Zielgruppen: Besetzung von Positionen auf der mittleren Fachkräfteebene und/oder für akademische Fach- und Führungskräfte?



Überschlagen Sie kurz das gesamte in 2011/2012 extern rekrutierte Personal: Bitte schätzen Sie: Wie viel Prozent davon wurden rekrutiert für Einfacharbeitsplätze (An- und Ungelernte), als Facharbeiter auf mittlerer Qualifikationsebene und als akademische Fach- und Führungskräfte?



Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich um ein integriertes Gesamtkonzept oder sind es Einzellösungen? Welche Hürden gibt es zu bewältigen?)



Spezifizierung/Vertiefung der Modelle und der verfolgten Zwecksetzungen



Welche Relevanz nimmt die Nachqualifizierung ein (aktuell und zukünftig)?



Welche Beratungs-/Förderungsleistungen werden in Anspruch genommen (Perspektive Berufsabschluss, WeGeBau)?



Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich um ein integriertes Gesamtkonzept oder sind es Einzellösungen? Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden gibt es zu bewältigen?)



Wie ist das Programm mit der dualen Ausbildung verzahnt? Wie wählen Sie die Teilnehmenden aus? Wie stellt sich die vertragliche Gestaltung dar (automatische Übernahme)?



Welche Erfolge haben Sie mit diesem Ansatz hinsichtlich der Berufsorientierung bisher erzielt (Sicherheit der Berufswahl, Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen)?



Sind Sie eingebunden in (bundesweite) Programme zur Berufsorientierung (z. B. Zusammenarbeit mit Schulen oder der Arbeitsagentur)?



Werden Sie in Zukunft verstärkt auf leistungsschwächere Jugendliche zugehen? Wenn ja, gibt es schon konkrete Überlegungen, wie Sie die Zielgruppe ansprechen und für Ihre Bedürfnisse qualifizieren können?



Einschätzung wie Frage 17 im Fragebogen mit prozentualer Verteilung versehen! Stellenwert heute und in den nächsten 5–10 Jahren bewerten?

• •

Welche internen/externen Einflussfaktoren (z. B. technologische Entwicklungen, demografischer Wandel, Marktentwicklung) könnten zukünftig Veränderungen im Qualifikationsbedarf und damit des Stellenwerts einzelner Modelle hervorrufen?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

116

Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation) Leitfrage

Inhaltliche Konkretisierung

A.6 existenz alternativer Modelle (Trendscouting): Uns interessieren nun weitere Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle jenseits der ordnungspolitischen ebene, d. h. interne strategien, die sie zu Zwecken der Rekrutierung und entwicklung von Fachkräften anbieten (z. B. Programme zur Vermittlung unternehmensspezifischer kenntnisse).



Welche Ansätze können Sie jenseits der bereits formulierten Modelle noch nennen und beschreiben?

• •

Inwieweit handelt es sich um Ausbildung oder Weiterbildung?



Wenn ja, wie ist dies genau aufgebaut? Welche Berechtigungen sind damit verknüpft? Wie ist die Transparenz der Leistungen sichergestellt? Welche Rolle spielt für das Unternehmen deren ordnungspolitische Kompatibilität?



Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? Handelt es sich um ein integriertes Gesamtkonzept oder sind es Einzellösungen? Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden gilt es zu bewältigen?

• •

Auf welche Problemlagen beziehen sich Ihre Hinweise?



Welche Lösungen erwarten Sie mittel- und langfristig von der Bildungspolitik?

B.1 sie haben in der Befragung einen Anteil von % an Fachkräften auf mittlerer Qualifikationsebene genannt.



Wie wird sich dieser Anteil in den nächsten 5–10 Jahren entwickeln?



Erwarten Sie eine Verschiebung der Qualifikationsebenen im Unternehmen (Stichwort Höherqualifizierung?)

[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]



Werden in Zukunft mehr höher qualifizierte Fachkräfte (Fortbildung, akademisch Qualifizierte) auf der mittleren Fachkräfteebene beschäftigt sein?



Wenn ja, ist das in allen Unternehmensbereichen und Berufsfeldern der Fall oder nur in bestimmten?



Nachfragen: Inwieweit etablieren Sie bewusst (systematisch) die Strategie des Rückgriffs auf schulisch höher Qualifizierte?



Inwieweit stimmen Sie der Aussage zu, dass in Zukunft verstärkt Studienabbrecher als Fachkräfte auf mittlerer Qualifikationsebene rekrutiert werden?



Inwieweit gehen Sie gezielt auf leistungsschwächere Absolventen zu? Gibt es hier schon konkrete Überlegungen, Modelle (EQ, abH etc.)?

Bitte stellen Sie die Programme und den damit verfolgten Zweck kurz dar. [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

A.7 sie haben in den interviews unterschiedliche kritikpunkte bzw. Verbesserungshinweise und Wünsche an das Berufsbildungssystem formuliert: können sie diese konkretisieren?

Liegt diesen Ansätzen ein unternehmensspezifisches Zertifizierungssystem zugrunde?

Welche konkreten Handlungsnotwendigkeiten leiten Sie kurz- und mittelfristig daraus ab?

Punkte benennen und nach weiteren fragen

Block B: Fachkräftesicherung

B.1 1) Da zukünftig die schülerabsolventenzahlen sinken, welche alternativen Szenarien sehen Sie zur sicherstellung des benötigten Qualifizierungsniveaus auf der mittleren Fachkräfteebene?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

117

Block B: Fachkräftesicherung B.1 2) inwieweit werden sich zukünftig aus ihrer sicht Tätigkeiten und Anforderungsniveau auf der mittleren Fachkräfteebene verändern?



Inwieweit sehen Sie organisierte Anpassungsprozesse zur Bewältigung der Veränderungen vor (u. a. Anreicherung der Arbeitstätigkeit und damit qualitative Veränderung)?

B.2 inwieweit stimmen sie der folgenden Aussage zu?: Zukünftig wird es schwieriger, kompetenzprofile in stellenbeschreibungen eindeutig einem bestimmten Abschluss zuzuordnen.



Welche Einsatzszenarien sind für dual Studierende vorgesehen? Welche Tätigkeiten übernehmen sie im Unterschied zu Beschäftigten mit Berufsausbildung?



Welche Einsatzszenarien sind für ehemalige Auszubildende vorgesehen, die Zusatzqualifikationen erwerben? Welche Tätigkeiten übernehmen sie im Unterschied zu Beschäftigten mit Berufsausbildung?



Wie unterscheiden sich die Einsatzbereiche voneinander?

B.3 Welche Relevanz nimmt das „untere Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur mittleren Fachkräfteebene aktuell und zukünftig ein?



Wie wird sich der Anteil der Anlerntätigkeiten in den nächsten 5–10 Jahren im Unternehmen entwickeln?



Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?

B.4 Welche Relevanz nimmt das „obere Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur mittleren Fachkräfteebene aktuell und zukünftig ein?



Wie wird sich der Anteil der hoch qualifizierten Facharbeit in den nächsten 5–10 Jahren entwickeln?

• •

Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?

B.5 Bitte beschreiben sie, wie sich die Ausbildungsmodelle im Unternehmen von den Ansätzen in der Weiterbildung abgrenzen.



Inwieweit beeinflussen die Ausbildungs- und Rekrutierungsstrategien den Weiterbildungsbereich im Unternehmen und umgekehrt?



Inwieweit ist der Übergang von Ausbildung und Weiterbildung fließend? Inwieweit grenzen sich die Modelle zur Ausbildung im Unternehmen von der Weiterbildung ab?



Können Sie Beispiele nennen?



Ist eine systematische Verschränkung der unterschiedlichen Niveaus konzeptionell vorgesehen?



Sind Entwicklungspfade im Unternehmen etabliert und damit vorgesehen (Beispiele sind: vom An- und Ungelernten zur Fachkraft/ von der Meisterin zur Ingenieurin/vom Techniker (Fachlaufbahn) zur Führungskraft)?



Wir erfolgt die organisatorische Einbindung?

[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

B.6 Wie werden die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus miteinander in Beziehung gesetzt, aufeinander abgestimmt und organisiert? (Elektroniker – Techniker – Bachelor – Master?)

Wo hört das Ausbildungssegment (inkl. Ausbildung mit Zusatzqualifikation) auf und fängt das Tätigkeitssegment duales Studium an?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

118

Block c: Internationalisierung



Bitte konkretisieren Sie veränderte Anforderungen an die Kompetenzen der Auszubildenden (jeweils Inhalt und Umfang)!



Wie wird die Vermittlung dieser notwendigen Kompetenzen sichergestellt? (z. B. Kooperation mit Berufsschule, Vermittlung zusätzlicher Inhalte, Austausch mit den ausländischen Standorten, …)?

[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]



Gibt es international gängige Zertifikate, die für die Fachkräfte relevant sind? Werden dafür Qualifizierungen angeboten?

c.2 Wie lässt sich die organisatorische Umsetzung beschreiben?

• •

Welche Akteure sind beteiligt?

c.3 sie exportieren elemente des dualen Ausbildungssystems ins Ausland



Bitte konkretisieren Sie Gegenstand und Zweck! Welche Elemente, Umfang und Reichweite sowie Vorgehen?

• •

Welche Strategie liegt dem zugrunde?



Welche Gründe bedingen die Veränderungen?

c.1 Für das Unternehmen wirkt sich die internationale Geschäftstätigkeit auf die duale Berufsausbildung aus (ergebnisse der Befragung). können sie diese Auswirkungen bitte näher beschreiben und erläutern?

[Ergebnisse der Befragung ansprechen]

c.4 sind zukünftig Veränderungen zu dem bislang Dargestellten zu erwarten?

Welche Abstimmungsnotwendigkeiten entstehen?

Welche Empfehlungen leiten Sie zwecks Verbesserung der Situation aus Ihren Beschreibungen ab?

Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “ D.1 sie kooperieren zusätzlich zur Berufsschule mit weiteren Ausbildungspartnern (konkreten Fall benennen).

D.2 ist dieses Modell mit einer kurzfristigen Perspektive angelegt oder langfristig eingeplant (etablierte strategie)? Ausbaupläne? [erläutern lassen]



Bitte beschreiben Sie die Form und das Ausmaß der Kooperation mit Dritten genauer.



Welcher Zweck wird verfolgt? Welche fachliche Notwendigkeit begründet das Vorgehen? Welche strategische?



Um die Vermittlung welcher Inhalte geht es? Handelt sich um betriebsspezifische Inhalte oder branchenspezifische, d. h. fehlen diese Inhalte im Berufsbild?



Betrachten Sie die Vermittlung der Inhalte während der Ausbildung als unerlässliche Notwendigkeit (im Gegensatz zur Weiterbildung danach)?



Werden damit aus Ihrer Sicht Lücken in bestehenden Ausbildungsberufen ausgeglichen?

• •

Ist die Vermittlung der Inhalte in der Berufsschule denkbar?



Denken Sie darüber nach, zukünftig auch zusätzliche Inhalte über Dritte vermitteln zu lassen?

Wie ist dieser dritte Lernort organisatorisch in die Ausbildung eingebettet (u.a. Abstimmung der Inhalte und der Organisation zwischen Berufsschule, Unternehmen und Dritten [Akademie])?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

119

interviewsequenz 2: Filial-, Abteilungs- bzw. Produktionsleiter/in (je nach Branche) + Führungskraft Operative ebene Einführung

• • •

Kurze Erläuterung: Ausgangslage: aktueller Stand, weiteres Vorgehen Ziele des Interviews Zusammenfassen der bisherigen auf das Unternehmen bezogenen Ergebnisse (strategische Zweck der jeweiligen Strategie)

Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs -und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation) A.1 Ausbildung mit Zusatzqualifikationen



Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche fachlichen Notwendigkeiten sprechen für das Modell?



In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt? Inwiefern unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den Tätigkeiten der ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte?



Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung entsprechen?



Stärken/Schwächen: An welcher Stelle entstehen Friktionen, kann der Zweck nicht erfüllt werden?

• •

Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?



Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche fachlichen Notwendigkeiten sprechen für das Modell?



Wie bewerten Sie das Verhältnis zwischen dualem Studium und der klassischen dualen Ausbildung? Stichworte: parallel, Konkurrenz



Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung entsprechen?



In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt? Inwiefern unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den Tätigkeiten der ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte?



Welche Tätigkeiten übernehmen die dual Qualifizierten nach der Ausbildung? Erfolgt ein flexibler Einsatz (auch klassische Tätigkeiten für Fachkraft)?



Organisation: Wie erfolgte Entwicklung und Umsetzung der Studiengänge?



An welcher Stelle entstehen Friktionen, kann der Zweck nicht erfüllt werden?

• •

Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?

[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

A.2 Duales studium [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

Welche Relevanz nimmt die Strategie ein (aktuell und zukünftig)?

Welche Relevanz nimmt die Strategie ein (aktuell und zukünftig)?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

120



Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar.



Für welche Funktionen und Qualifikationsniveaus wird über den externen Arbeitsmarkt rekrutiert?



Gibt es Unterschiede bei der Verwendung des Modells (Zweck): Besetzung von Positionen auf der mittleren Fachkräfteebene und/ oder von Positionen für akademische Fach- und Führungskräfte?

• •

Welche Kompetenzen benötigen Sie von extern vs. intern?



Überschlagen Sie kurz die in Ihrer Abteilung in 2011/2012 neu besetzten Stellen: Bitte schätzen Sie: Wie viel Prozent davon wurden intern oder extern besetzt? Welche Unterschiede bestehen dabei hinsichtlich des Qualifikationsniveaus (mittlere Fachkräfteebene, akademisch qualifiziertes Personal)?

• •

Welcher Zweck wird verfolgt?



Wer kommt dafür infrage, wie werden die Beschäftigten angesprochen, wie werden sie dazu ermutigt und unterstützt?

A.5 Wenn sie die eben beschriebenen Modelle rekapitulieren, wie schätzen sie deren relativen stellenwert zueinander ein?



Stellenwert heute und in den nächsten 5–10 Jahren bewerten lassen!



Welche internen/externen Einflussfaktoren (z. B. technologische Entwicklungen) könnten zukünftig Veränderungen im Qualifikationsbedarf und damit des Stellenwerts einzelner Modelle hervorrufen?

A.6 Haben sie Verbesserungshinweise und Wünsche mit Blick auf das Berufsbildungssystem?



Können Sie diese konkretisieren?

A.3 Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

A.4 nachqualifizierung [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

In welchem Ausmaß im Verhältnis zur dualen Ausbildung wird diese Strategie gewählt?

Welche Relevanz nimmt die Nachqualifizierung ein (aktuell und zukünftig)?

Block B: Fachkräftesicherung B.1 inwieweit werden sich zukünftig aus ihrer sicht Tätigkeiten und Anforderungsniveau auf der mittleren Fachkräfteebene verändern? [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch oder einzelnen Berufen]

B.2 Welche Relevanz nimmt das „untere Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur mittleren Fachkräfteebene aktuell und zukünftig ein?

(Verändertes Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle Fachkraft/Akademiker)



Erwarten Sie eine Verschiebung der Qualifikationsebenen im Unternehmen (Stichwort Höherqualifizierung)?



Werden in Zukunft mehr höher qualifizierte Fachkräfte (Fortbildungsabschlüsse, akademische Abschlüsse) auf der mittleren Fachkräfteebene beschäftigt sein?



Wenn ja, ist das in allen Unternehmensbereichen und Berufsfeldern der Fall oder nur in bestimmten?



Wie wird sich der Anteil der Anlerntätigkeiten in den nächsten 5–10 Jahren im Unternehmen entwickeln?



Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

B.4 Bitte beschreiben sie, wie sich die Ausbildungsmodelle im Unternehmen von den Ansätzen in der Weiterbildung abgrenzen?



B.5 entwicklungspfade

(Bezug nehmen auf Interviewergebnisse aus Interviewsequenz 1)

Inwieweit ist der Übergang von Ausbildung und Weiterbildung fließend? Inwieweit grenzen sich die Modelle zur Ausbildung im Unternehmen von der Weiterbildung ab?



Wenn ja (Entwicklungspfade), Art der Verzahnung erläutern lassen



Bitte konkretisieren Sie veränderte Anforderungen an die Kompetenzen der Auszubildenden (jeweils Inhalt und Umfang)! Für welche späteren Einsatzbereiche sind diese Kompetenzen notwendig? Wie groß schätzen Sie den Anteil der Auszubildenden, der solche besonderen Kompetenzen benötigt? Wie wird die Vermittlung dieser notwendigen Kompetenzen sichergestellt? (z. B. Kooperation mit Berufsschule, Vermittlung zusätzlicher Inhalte, Austausch mit den ausländischen Standorten, …)? Werden diese Kompetenzen zertifiziert? Welche Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt, welche Qualifizierungsmaßnahmen bringen Ihrer Meinung nach den höchsten praktischen Nutzen?

Block c: Internationalisierung c.1 Für das Unternehmen wirkt sich die internationale Geschäftstätigkeit auf die duale Berufsausbildung aus (ergebnisse der Befragung). können sie diese Auswirkungen in ihrer Abteilung bitte konkret beschreiben?

• • • • •

c.2 Wie lässt sich die organisatorische Umsetzung beschreiben?

• •

Welche Akteure sind beteiligt? Welche Abstimmungsnotwendigkeiten entstehen?

c.3 sind zukünftig Veränderungen zu dem bislang Dargestellten zu erwarten?



Welche Gründe bedingen die Veränderungen aus Ihrer Sicht?

Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “ D.1 sie kooperieren zusätzlich zur Berufsschule mit weiteren Ausbildungspartnern (konkreten Fall benennen).

• • • • • •

Welcher Zweck wird verfolgt? Welche fachliche Notwendigkeit begründet das Vorgehen? Um die Vermittlung welcher Inhalte geht es? Handelt sich um betriebsspezifische Inhalte oder branchenspezifische, d. h. fehlen diese Inhalte Ihrer Meinung nach im Berufsbild? Betrachten Sie die Vermittlung der Inhalte während der Ausbildung als unerlässliche Notwendigkeit (im Gegensatz zur Weiterbildung danach)? Werden damit aus Ihrer Sicht Lücken in bestehenden Ausbildungsberufen ausgeglichen? Inwiefern bietet es sich an, diese Inhalte in der Berufsschule zu vermitteln? Wie ist dieser dritte Lernort organisatorisch in die Ausbildung eingebettet? (u. a. Abstimmung der Inhalte und der Organisation zwischen Berufsschule, Unternehmen und Dritten [Akademie])?

121

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

122

Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “



D.2 ist dieses Modell mit einer kurzfristigen Perspektive angelegt oder langfristig eingeplant (etablierte strategie)? Ausbaupläne?

Gibt es Ihrer Ansicht nach weitere Themen, die sich zukünftig für eine Vermittlung über einen dritten Lernort anbieten würden?

[erläutern lassen]

interview 3: Betriebsrat Operative ebene – Arbeitnehmerperspektive Einführung

• • •

Kurze Erläuterung: Ausgangslage: aktueller Stand, weiteres Vorgehen Ziele des Interviews Zusammenfassen der bisherigen auf das Unternehmen bezogenen Ergebnisse (strategische Zweck der jeweiligen Strategie)

Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation) A.1 Ausbildung mit Zusatzqualifikationen [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

• • • • •

A.2 Duales studium [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

• • • • • • •

Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche fachlichen Notwendigkeiten sprechen Ihrer Meinung nach für das Modell? In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt? Inwiefern unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den Tätigkeiten der ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte? Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung entsprechen? Stärken/Schwächen: An welcher Stelle entstehen Friktionen, kann der Zweck nicht erfüllt werden? Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht? Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche fachlichen Notwendigkeiten sprechen für das Modell? Wie bewerten Sie das Verhältnis zwischen dualem Studium und der klassischen dualen Ausbildung? Stichworte: parallel, Konkurrenz Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung entsprechen? In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt? Inwiefern unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den Tätigkeiten der ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte? Welche Tätigkeiten übernehmen die dual Qualifizierten nach der Ausbildung? Erfolgt ein flexibler Einsatz (auch klassische Fachkräftetätigkeiten)? An welcher Stelle entstehen Friktionen, kann der Zweck nicht erfüllt werden? Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?

AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

A.3 Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

A.4 nachqualifizierung [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]

123



Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar.



Für welche Funktionen und Qualifikationsniveaus wird über den externen Arbeitsmarkt rekrutiert?



Gibt es Unterschiede bei der Verwendung des Modells (Zweck): Besetzung von Positionen auf der mittleren Fachkräfteebene und/ oder von Positionen für akademische Fach- und Führungskräfte?

• •

Welche Kompetenzen benötigen Sie von extern vs. intern?



Überschlagen Sie kurz die im Unternehmen in 2011/2012 neu besetzten Stellen: Bitte schätzen Sie: Wie viel Prozent davon wurden intern oder extern besetzt? Welche Unterschiede bestehen dabei hinsichtlich des Qualifikationsniveaus (mittlere Fachkräfteebene, akademisch qualifiziertes Personal)?

• •

Welcher Zweck wird verfolgt?

In welchem Ausmaß im Verhältnis zur dualen Ausbildung wird diese Strategie gewählt?

Wer kommt dafür infrage, wie werden die Mitarbeiter angesprochen, wie werden sie dazu ermutigt und unterstützt?

A.5 Wenn sie die eben beschriebenen Modelle rekapitulieren, wie schätzen sie deren relativen stellenwert zueinander ein?



Stellenwert heute und in den nächsten 5–10 Jahren bewerten lassen!



Welche internen/externen Einflussfaktoren (z. B. technologische Entwicklungen) könnten zukünftig Veränderungen im Qualifikationsbedarf und damit des Stellenwerts einzelner Modelle hervorrufen?

A.6 Haben sie Verbesserungshinweise und Wünsche mit Blick auf das Berufsbildungssystem?



Können Sie diese konkretisieren?

Block B: Fachkräftesicherung B.1 inwieweit werden sich zukünftig aus ihrer sicht Tätigkeiten und Anforderungsniveau auf der mittleren Fachkräfteebene verändern? [Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch oder einzelnen Berufen]

B.2 Welche Relevanz nimmt das „untere Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur mittleren Fachkräfteebene aktuell und zukünftig ein?

(Verändertes Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle Fachkraft/Akademiker)



Erwarten Sie eine Verschiebung der Qualifikationsebenen im Unternehmen (Stichwort Höherqualifizierung)?



Werden in Zukunft mehr höher qualifizierte Fachkräfte (Fortbildungsabschlüsse, akademische Abschlüsse) auf der mittleren Fachkräfteebene beschäftigt sein? Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?



Wenn ja, wird das in allen Unternehmensbereichen und Berufsfeldern der Fall sein oder nur in bestimmten?



Wie wird sich der Anteil der Anlerntätigkeiten in den nächsten 5–10 Jahren Ihrer Meinung nach im Unternehmen entwickeln? Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?



AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien

124

B.3 Welche Relevanz nimmt das „obere Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur mittleren Fachkräfteebene aktuell und zukünftig ein?



B. 4 Bitte beschreiben sie, wie sich die Ausbildungsmodelle im Unternehmen von den Ansätzen in der Weiterbildung abgrenzen?



B. 5 entwicklungspfade

(Bezug nehmen auf Interviewergebnisse aus Interviewsequenz 1)

• •

Wie wird sich der Anteil der hochqualifizierten Facharbeit in den nächsten 5-10 Jahren entwickeln? Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene? Wo hört das Ausbildungssegment (inkl. Ausbildung mit Zusatzqualifikation) auf und fängt das Tätigkeitssegment duales Studium an? Inwieweit ist der Übergang von Ausbildung und Weiterbildung fließend? Inwieweit grenzen sich die Modelle zur Ausbildung im Unternehmen von der Weiterbildung ab?



Wenn ja (Entwicklungspfade), wie transparent sind diese Pfade für die Mitarbeiter?



Bitte konkretisieren Sie veränderte Anforderungen an die Kompetenzen der Auszubildenden (jeweils Inhalt und Umfang)! Für welche späteren Einsatzbereiche sind diese Kompetenzen notwendig? Wie groß schätzen Sie den Anteil der Auszubildenden, der solche besonderen Kompetenzen benötigt? Wie wird die Vermittlung dieser notwendigen Kompetenzen sichergestellt? (z.B. Kooperation mit Berufsschule, Vermittlung zu­ sätzlicher Inhalte, Austausch mit den ausländischen Standorten, …) Werden diese Kompetenzen zertifiziert? Welche Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt, welche Qualifizierungsmaßnahmen bringen Ihrer Meinung nach den höchsten praktischen Nutzen?

B. 6 Wie bewerten sie diese entwicklung aus sicht des Betriebsrats? Block c: Internationalisierung c.1 Für das Unternehmen wirkt sich die internationale Geschäftstätigkeit auf die duale Berufsausbildung aus (ergebnisse der Befragung). können sie diese Auswirkungen bitte konkret beschreiben?

• • • • •

c. 2 Wie bewerten sie diese entwicklung aus sicht des Betriebsrats?



Sind zukünftig Veränderungen zu dem bislang Dargestellten zu erwarten? Welche Gründe bedingen die Veränderungen aus Ihrer Sicht?

Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “ D. 1 Das Unternehmen kooperiert zusätzlich zur Berufsschule mit weiteren Ausbildungspartnern (konkreten Fall benennen).

Folgende Inhalte werden dabei vermittelt [Ergebnisse aus Interview 1+2]

• • • •

D. 2 Wie bewerten sie diese entwicklung aus sicht des Betriebsrats?

Welcher Zweck wird damit aus Ihrer Sicht verfolgt? Welche fachliche Notwendigkeit begründet das Vorgehen? Betrachten Sie die Vermittlung der Inhalte während der Ausbildung als unerlässliche Notwendigkeit? (im Gegensatz zur Weiterbildung danach?) Werden damit aus ihrer Sicht Lücken in bestehenden Ausbildungsberufen ausgeglichen? Warum sollten aus Ihrer Sicht diese Inhalte über andere Ausbildungspartner als die Berufsschule vermittelt werden?

Impressum

Die Berufsbildungsforschungsinitiative des BMBF

Herausgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Referat für Grundsatzfragen der beruflichen Aus- und Weiterbildung Heinemannstraße 2 53175 Bonn

Zur Stärkung der Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des Berufs­ bildungssystems sowie zur Erhöhung der Integrationschancen von Jugendlichen an der ersten und zweiten Schwelle bedarf es einer konsistenten und konsequenten Berufsbildungspolitik. Mit Blick auf die Komplexität der für die Berufsbildungspolitik entscheidungsbeeinflussenden Faktoren und Rahmenbedin­ gungen sollen die Erkenntnisse der Berufsbildungsforschung eine Grundlage für die politische Entscheidungsfindung sein.

Bestellungen schriftlich an Publikationsversand der Bundesregierung Postfach 48 10 09 18132 Rostock E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bmbf.de oder per Tel.: 030 18 272 272 1 Fax: 030 18 10 272 272 1

Die im Jahr 2006 gestartete Initiative des BMBF – unterstützt durch das Bundesinstitut für Berufsbildung – orientiert sich kontinuierlich in seiner inhaltlichen Ausrichtung an program­ matischen bildungspolitischen Anforderungen. Das Ziel der im Rahmen der Berufsbildungsforschungsinitiative durchgeführten Forschungsvorhaben ist es, Informationen, Daten und Vorschlä­ ge in Form von Expertisen und empirischen Untersuchungen für bildungspolitisches Handeln zu generieren. Darüber hinaus soll diese Initiative zu einer Intensivierung der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Politik beitragen.

Stand Februar 2015 Druck BMBF Gestaltung W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld; Hauke und Jessica Sturm Bildnachweis Plainpicture/C&P Text Dr. Thomas Freiling Sylvia Krenn Anja Stuhlmüller © Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) Obere Turnstr. 8 90429 Nürnberg

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unentgeltlich abgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerberinnen/Wahlwerbern oder Wahlhelferinnen/Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Unter­ sagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift der Empfängerin/dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.