Spitälern fehlen Fachleutein derPflege - workability.ch

27.07.2014 - Julius Risch. Die entstehenden. Engpässe zeitigen .... tage», sagt Gustav Planzer, Spre cher der Kantonspolizei Uri. Unter der Woche hat nicht ...
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Spitälern fehlen Fachleute in der Pflege

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DOMINIK ORTH

Schweiz

NZZ am Sonntag 27. Juli 2014

Für Notfall- und Intensivstationen wird nicht genug spezialisiertes Personal ausgebildet

Notaufnahme im Kantonsspital Graubünden in Chur: Mühe, genügend spezialisiertes Pflegepersonal zu finden.

In wichtigen Fachgebieten wird an den Spitälern das Pflegepersonal knapp. Die Lücken können nicht mit der Anstellung von Ausländern gefüllt werden. Andreas Schmid Die Spitäler in der Schweiz buh­ len um die raren Pflegefachleute. Die kantonalen Gesundheitsdi­ rektoren haben einen jährlichen Personalbedarf von rund 4700 diplomierten Pflegerinnen und Pflegern errechnet, mehr als ge­ samthaft 3000 Abschlüsse pro Jahr verzeichnen die Fachschulen aber nicht. Die kontinuierlich

wachsende Lücke wirkt sich be­ sonders drastisch in den Spezial­ gebieten Notfall­ und Intensiv­ pflege aus, weil in diesen Gebie­ ten zusätzlich Nachdiplom­ studien verlangt werden und der Mangel nicht mit Fachkräften aus dem Ausland überbrückt werden kann (siehe Interview). Eine Studie geht davon aus, dass dem Schweizer Gesund­ heitswesen bis 2020 gesamthaft 25 000 qualifizierte Angestellte fehlen. «Wenn es schon in der all­ gemeinen Pflege an Personal mangelt, sieht es in den Spezial­ bereichen erst recht prekär aus», sagt Yvonne Ribi, Geschäftsfüh­ rerin des Schweizer Berufsver­

bands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner. Dies wird von Lausanne bis St. Gallen und von Basel bis Chur bestätigt. In mehreren angefrag­ ten Spitälern weisen die Verant­ wortlichen auf Probleme hin, die Stellen in Notfall­ und Intensiv­ stationen sowie in Anästhesie­ und Operationsabteilungen zu besetzen. Das Kantonsspital Graubünden in Chur beispiels­ weise bekundet beträchtliche Mühe bei der Personalrekrutie­ rung für die Intensivpflegestation (IPS). Wegen der hohen Arbeits­ belastung sei es zudem schwierig, die Angestellten über längere Zeit zu behalten, sagt Personalchef

Julius Risch. Die entstehenden Engpässe zeitigen weitreichende Konsequenzen: Patienten müss­ ten vereinzelt von der IPS auf die allgemeinen Pflegestationen oder sogar in externe Kliniken ge­ bracht werden, sagt Risch. «Ne­ ben den Unannehmlichkeiten für die Patienten und ihre Angehöri­ gen führt eine Verlegung in ein anderes Spital für uns auch zu Einkommensausfällen.» In Ein­ zelfällen führe der Personalman­ gel in der IPS auch zum Aufschub von nicht dringenden Eingriffen. Um Pflegefachleute für die In­ tensivstation zu finden, hat das Kantonsspital Graubünden für seine Angestellten versuchsweise

Prämien für die Vermittlung von IPS-Personal ausgesetzt. Das Pi­ lotprojekt bewähre sich aber nicht, weshalb es abgebrochen werde, räumt Risch ein. «Nicht eine einzige Stelle haben wir dank dem Anreiz besetzen können.» Prämien für die Vermittlung von Pflegekräften – in allen Berei­ chen – bezahlen auch das Univer­ sitätsspital Zürich und das Kan­ tonsspital St. Gallen. 1000 Fran­ ken erhalten Beschäftigte, die sich um eine Anstellung verdient machen. Am Zürcher Unispital sind derzeit 76 Posten in der Pfle­ ge ausgeschrieben. Das sei vergli­ chen mit vergangenen Wochen eher viel, aber mit Blick auf die

Ausgetrockneter Arbeitsmarkt

«Das ist eine ungute Entwicklung» NZZ am Sonntag: Ausgerechnet

wo es um Leben und Tod geht, auf Notfall- und Intensivstationen, fehlt Pflegefachpersonal. Müssen Verunfallte und Kranke deswegen Angst haben? Petra Tobias: Das sicherlich nicht. Akute Fälle haben stets Priorität und erhalten die nötige Pflege und Behandlung. Die Per­ sonalknappheit führt aber dazu, dass Abteilungen gezwungen sind, Umstellungen vorzuneh­ men und sich neu zu organisie­ ren. Wahleingriffe müssen in einigen Spitälern ab und zu ver­ schoben werden, wenn es zu eng wird mit Pflegefachleuten. Wie wird sich die Situation in den nächsten Jahren entwickeln?

Die Problematik wird sich wohl weiter zuspitzen. In den Notaufnahmen etwa steigt die Zahl der Patienten kontinuierlich an. Mit einem Husten gehen viele nicht mehr in die Apo­ theke, sondern in den Notfall. Zudem führt die demografische Entwicklung zu einer enormen Steigerung der Nachfrage, weil ältere Patienten oft chronisch krank sind. Andererseits ver­ grössert sich der Mangel an Pflegefachpersonen zusehends. Warum ist das so? Zum einen benötigen die Intensiv­, Notfall­ und Anästhe­ sie­Pflegefachleute nach dem allgemeinen Abschluss ein zwei­ jähriges Nachdiplomstudium. Je

Wortkontrolle Nein, das Kürzestmögliche abschlägige Auskunft. Sowohl Kindern ( Quengelalter) als auch Politikern ist das N. zuweilen schwer zu vermitteln ( EU-Verhandlungen). Betroffen vom Phänomen der Nein-Verweigerung ( Neinismus) sind dabei vor allem Angehörige einer rechten Partei ( Neinsager-Partei), deren N. sich neuerdings gar gegen das N. selber wendet ( Deine Rede sei: Nein, nein). In der dialektischen Konsequenz

vermeidet die Partei das in der Landessprache verwendete N. ( Inländervorrang), indem sie es durch ein ausländisches ersetzt ( Komitee EU NO), wobei sie für das ausländische N. inländischen Zuspruch erwartet ( politische Neinbürgerung). Der Gebrauch des N. auf der Rechten steht im Kontrast zum politisch flexiblen Kurs der Mitte ( Jein-Politik) sowie zum Slogan der SP ( Ja), der mitunter genauso auf ein N. hinausläuft ( Ja nein).

Petra Tobias

Die Pflegefachfrau präsidiert die Schweizerische Interessengemeinschaft Notfallpflege. Sie arbeitet im Spital in Aarau. nach Grundausbildung nach fünf­ bis achtjährigem Studium erhalten sie einen Einstiegslohn von nur etwa 6500 Franken. Die Arbeitsbelastung ist aber enorm. Der Betrieb läuft an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr; unter

Zeitdruck, mit vielen bedrücken­ den Erlebnissen. Das führt auch zu hohen Fluktuationen. Wie könnten Junge für die Spezialausbildung motiviert werden? Die Arbeitgeber sind in der Pflicht. Sie sollten neue Anreize schaffen, beispielsweise in Form von erweiterten Zeitkompensa­ tionen für die Schichtarbeit, attraktiven Arbeitsmodellen, erweiterten beruflichen Perspek­ tiven oder zusätzlichen Ferien. Die Spitäler buhlen um die Fachleute und nehmen sie sich gegenseitig weg. Einige bezahlen ihren Leuten sogar Prämien, wenn sie jemanden für eine Stelle vermitteln. Was halten Sie davon?

Das ist eine ungute Entwick­ lung, die zu einer zusätzlichen Anspannung der Lage führt. Statt mit höheren Löhnen und Prämien in Wettbewerb zu treten, müsste der Pflegeberuf als Ganzes wieder attraktiver gemacht werden. Warum können nicht wie in anderen Pflegebereichen ausländische Fachkräfte die Löcher stopfen? In der Notfall­, Intensiv­ und Anästhesie­Pflege entspricht die Ausbildung etwa in Deutschland nicht jener hier. Wer im Ausland rekrutiert, hat das Personal noch zu schulen, um es gleichwertig einsetzen zu können. Das erschwert die Anstellung. Interview: Andreas Schmid

2500 Stellen im Pflegesektor des Spitals nicht beängstigend, be­ tont Sprecherin Martina Plet­ scher. Das Spital profitiere im Wettbewerb um Personal von sei­ ner Grösse, dem universitären Umfeld und dem Standort. Phil­ ipp Lutz, Sprecher des Kantons­ spitals St. Gallen, zu dem auch die Spitäler in Flawil und Ror­ schach gehören, gibt an, die Per­ sonalrekrutierung sei schwieriger geworden, mit viel Aufwand und weitsichtiger Planung verbun­ den. In der Anästhesie, Notfall­ und Intensivpflege profitiere das Kantonsspital davon, dass es in diesen Gebieten anerkannte Wei­ terbildungslehrgänge anbiete. Das Luzerner Kantonsspital verweist wie andere Kliniken ebenfalls auf vereinzelte perso­ nelle Engpässe auf der Notfallsta­ tion. Mit neuen Arbeitsmodellen und der Schaffung eines Pflege­ pools versucht das Spital, dem Personal attraktive Arbeitsbedin­ gungen zu bieten. Das Universi­ tätsspital in Lausanne profitiert im Wettbewerb um Pflegefach­ kräfte nach eigenen Angaben wie jenes in Zürich von der Nähe zu Forschung und Lehre. Diesen Vorteil haben auch das Berner Inselspital und das Uni­ versitätsspital Basel. Dennoch stellen deren Sprecher fest, dass für die Intensiv­ und Notfallsta­ tion sowie die Anästhesie­ und Operationspflege nur schwierig Personal zu finden sei. Die Rekru­ tierung in diesen Bereichen sei seit Jahren anspruchsvoll, sagt Markus Hächler vom Inselspital. Diese Einschätzung teilen die Kantonsspitäler Winterthur und Aarau: Die Lage sei nicht drama­ tisch, erfordere allerdings be­ trächtliche Anstrengungen in der Personalsuche.

Am Gotthard staut es nun schon täglich Am Samstag haben sich die Autos am Gotthard in Richtung Süden auf bis zu 13 Kilometern gestaut, die Wartezeit betrug rund zwei Stunden. Solche Staus an Wo­ chenenden sind in der Ferienzeit keine Seltenheit, auffallend hin­ gegen ist, dass es nun vermehrt auch an Werktagen zu längeren Wartezeiten am Gotthard kommt. Das bestätigt die Kantonspoli­ zei Uri. Sie hat vom 1. bis zum 25. Juli bereits 22 Stautage ge­ zählt, nur drei Tage waren stau­ frei. In den letzten beiden Jahren gab es im gleichen Zeitraum bloss 17 beziehungsweise 19 Stautage, obwohl mehr Wochenendtage darunter fielen. «Die Verkehrs­

menge ist etwa dieselbe wie in den Vorjahren, doch sie verteilt sich vermehrt auch auf die Werk­ tage», sagt Gustav Planzer, Spre­ cher der Kantonspolizei Uri. Unter der Woche hat nicht nur die Zahl der Stautage zugenom­ men, sondern auch die Länge der Kolonnen. Am Samstag und Sonntag hingegen wurden sie et­ was kürzer, wie aus einer Aufstel­ lung der nationalen Verkehrsin­ formationszentrale Viasuisse her­ vorgeht (Grafik). Selbst am bisher praktisch staufreien Dienstag mussten sich die Autofahrer am Gotthard gedulden. Die bessere Verteilung führt Angelina Chré­ tien von Viasuisse nicht zuletzt

Werktags mehr Stau Staulängen (in Kilometern) am Gotthard-Nordportal 4,7 4,3

Mo Di 1,0 Mi Do Fr

2,0

3,0 4,3 3,7 5,0 5,7

7,7 11,3 10,7

Sa So

6.–26. Juli 2013 5.–25. Juli 2014

4,0

Quelle: Viasuisse

5,3

auf die eigenen Stauwarnungen zurück. «Darin wurde unter ande­ rem darauf hingewiesen, dass eine Reise in den Süden werktags, also antizyklisch, sinnvoller und schneller ist.» Die Tendenz zur besseren Ver­ teilung des Verkehrs war bisher vor allem beim Ferien­Rückreise­ verkehr zu beobachten, sagt Tho­ mas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen (Astra). Nun zeige sie sich auch beim Hinreiseverkehr. Werktags mische sich dann der normale Tagesverkehr mit dem Reiseverkehr. «Das bringt es mit sich, dass sich der klassische Ferienstau über die ganze Woche verteilt.» René Donzé