sozialbericht - Hessnatur

Butzbach, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München ... den Arbeitern sowie dem Management, es be- stehen länder- ...... Prüfen & Beratung. Verifizierung.
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SOZIALBERICHT für das Geschäftsjahr 2014/15 1. AUGUST 2014 – 31. JULI 2015 zur Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation

SOZIALBERICHT für das Geschäftsjahr 2014/15 1. AUGUST 2014 – 31. JULI 2015 zur Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation

Sehr geehrte Damen und Herren, das Thema nachhaltig produzierter Kleidung ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Waren es vor zehn Jahren noch einzelne Menschen oder Initiativen, die sich für nachhaltige Kleidung interessiert haben, so wollen heute immer mehr Verbraucher wissen, wo und wie Ihre Kleidung hergestellt wird. Miserable Arbeitsbedingungen und lebensgefährliche Produktions­ bedingungen haben sich herumgesprochen. Nicht nur in der Fachpresse wird über Siegel und Standards bei Textilien diskutiert, auch Ver­ braucher- und Modemagazine berichten inzwischen regelmäßig über die verschiedenen Stufen des Produktionsweges und geben Verbrauchern Orientierung bei ihrem Einkauf. Selbst beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden westlichen Industrieländer im bayerischen Elmau stand das Thema nachhaltiger Lieferketten und menschenwürdiger Arbeitsbedingungen ganz oben auf der Tagesordnung. Leider bedurfte es erst der Katastrophe von Rana Plaza mit über 1.000 Toten, um viele Menschen aufzurütteln.





Als Mitglied der Fair Wear Foundation wollen wir soziale Standards nicht nur auf dem Papier dokumentieren. Wir wollen ganz konkrete Verbesserungen für die Arbeiter erzielen.

Dass es auch anders geht, zeigt hessnatur seit vielen Jahren. hessnatur ist 2005 als erstes deutsches Unternehmen der Fair Wear Foundation beigetreten, um die sozialen Standards in der Textilkonfektion nicht nur auf dem Papier zu dokumentieren, sondern um ganz konkrete Fort­ schritte für die Arbeiter zu erzielen. Dabei stehen die acht Kernarbeitsnormen, die auf Basis der Internationalen Arbeitsorganisation und der UN Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte definiert wurden, im Mittelpunkt. Unser Beispiel hat Schule gemacht. Inzwischen zählt die Fair Wear Foundation fast 20 Unter­ nehmen aus Deutsch­land zu ihren Mitgliedern. Und nachdem sich zuletzt einige Schwergewichte der Branche im Bündnis für nachhaltige Textilien verpflichtet haben, Verantwortung für die gesamte textile Kette zu übernehmen und auf einen partnerschaftlichen Austausch mit ihren Lieferanten zu setzen, dürfte diese Gruppe weiter wachsen. Schließlich lassen sich im Austausch mit anderen Unter­nehmen soziale Verbesserungen noch wirksamer erreichen. Auf den folgenden Seiten finden Sie einen umfassenden Überblick über unser nachhaltiges Handeln im abgelaufenen Geschäftsjahr. Dabei haben wir uns bemüht, unsere Projekte und Geschäftsprozesse so transparent wie möglich aufzuzeigen. hessnatur hat im Berichtsjahr hart daran gearbeitet, dass nachhaltig produzierte Kleidung auch begehrlich ist, dass Schnitte und Passformen stimmen und dass Kunden sich in ihrer zweiten Haut wohlfühlen. Denn je mehr Menschen sich für nachhaltig produzierte Kleidung entscheiden, desto schneller kann der Umstieg zu mehr Fairness in der Textilindustrie gelingen.

Herzliche Grüße

Marc Sommer Vorsitzender Geschäftsführer

2  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialbericht 2014/15  3

Inhalt 1 ZUSAMMENFASSUNG: ERREICHTE ZIELE 2014/15

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7 MONITORINGMASSNAHMEN BIS ZUM ABSCHLUSS DES GESCHÄFTSJAHRES32 7.1 ÜBERSICHT der Monitoringmaßnahmen 32

2 ÜBER HESSNATUR

8

7.2 SITUATION UND HERAUSFORDERUNGEN in den einzelnen Risikoländern34

2.1 HESSNATUR – Meilensteine

8

7.3 ZUSAMMENFASSUNG: Situation und Herausforderungen in Risikoländern42

2.2 HESSNATUR – zehn Jahre Mitglied in der Fair Wear Foundation

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2.3 HESSNATUR – Der ökologische Anspruch

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3 HESSNATUR – DIE SOZIALSTANDARDS

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4 WIE SETZT HESSNATUR SOZIALSTANDARDS UM? 17 4.1 ZUSAMMENARBEIT mit hessnatur Lieferanten

17



17 17 17 18 18

4.1.1 Die hessnatur Lieferanten 4.1.2 Auswahl neuer Lieferanten 4.1.3 Zusammenarbeit mit Agenten 4.1.4 Lieferanten und Produktionsländer 4.1.5 Warum nicht nur Produktion in Europa?

8 MASSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG DER SOZIALSTANDARDS 2014/1542 8.1 LIEFERANTEN-Trainings42

8.1.1 Social Dialogue in der Türkei 8.1.2 Worker Education Programme (Fair Wear Foundation)  8.1.3 hessnatur Awareness Programme  8.1.4 Living Wage Projekt Mazedonien

42 43 43 44

8.2 MULTI-STAKEHOLDER-Meeting44 9 INTERVIEW MIT TANJA HELLMUTH

46

10 KOMMUNIKATION

48

4.2 DAS MONITORINGSYSTEM zur Umsetzung von Sozialstandards 

18

10.1 INTERNE Kommunikation48



20 20 20 21 21

10.2 EXTERNE Kommunikation

49



49 50 50 51 51 51 52 52 53 53

4.2.1 Informationsaustausch mit den Lieferanten 4.2.2 Bestätigung der Sozialstandards 4.2.3 Betriebskontrollen vor Ort 4.2.4 Das Beschwerdesystem 4.2.5 Datenmanagement

5 ZUSAMMENARBEIT MIT DEM EINKAUF

22

5.1 DIE GESAMTEINKAUFSSTRATEGIE

22

5.2 BEREICHSÜBERGREIFEND: Das Lieferantenbewertungsgespräch

24

5.3 DER BEREICH Einkauf

24



5.3.1 Integration von Sozialstandards in die Einkaufentscheidungen  5.3.2 Der hessnatur Kollektionserstellungsprozess (KEP) 5.3.3 „Never Out of Stock“-Produkte

24 24 25

6 AKTEURE ZUR ÜBERPRÜFUNG DER SOZIALSTANDARDS VOR ORT

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6.1 DIE FAIR WEAR FOUNDATION Besonderheiten der Fair Wear Foundation  Audits durch die Fair Wear Foundation

26 26 28

6.2 PRÜFUNG durch unabhängige Gutachter und andere Organisationen28 6.3 BETRIEBSBESUCHE durch hessnatur29 6.4 BESCHWERDEMANAGEMENT



10.1.1 Schulungen neuer Mitarbeiter 10.1.2 Workshop Einkauf

48 49

10.2.1 Bericht zur Nachhaltigkeit 10.2.2 Storekonzept und Kundenkommunikation  10.2.3 Kommunikation im Katalog und im Online-Shop 10.2.4 Soziale Medien und Newsletter 10.2.5 Kundenrat  10.2.6 Unterstützung des Fashion Revolution Day 10.2.7 Informationsabend und Spende an New SADLE nach Erdbeben in Nepal 10.2.8 Pressereise nach Vilnius 10.2.9 Gründung der hessnatur Stiftung – Forschung und Entwicklung angewandter Nachhaltigkeit 10.2.10 Workshop zur Nachhaltigkeit mit Deutsch-Israelischem Schüleraustausch

11 WER MACHT WAS BEI HESSNATUR? 

54

FAKTEN UND ZAHLEN

55

KENNZAHLEN SOZIALSTANDARDS

55

IMPRESSUM

29 Redaktionelle Hinweise Der hessnatur Sozialbericht erscheint jährlich im Rahmen der Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation. Redaktionsschluss für diese Ausgabe war am 31. Oktober 2015; der Bericht liegt in deutscher und englischer Sprache vor. Im Interesse der Lesbarkeit wird auf eine geschlechterspezifische Doppelnennung verzichtet. Hierin ist keinerlei Wertung enthalten und alle Nennungen sind als neutral zu verstehen.

4  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialbericht 2014/15  5

1 ZUSAMMENFASSUNG: ERREICHTE ZIELE 2014/15 Menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Produktion und in den Produktionsverfahren im Einklang mit der Natur sind seit der Gründung durch Heinz und Dorothea Hess 1976 die Vision und Handlungsgrundlage von hessnatur. Seit dem Geschäftsjahr 2014/15 richtet sich hessnatur dabei noch modischer aus, um anspruchsvolle, begehrliche aber gleichzeitig nachhaltige Mode und Textilien anzubieten. Für den Bereich Sozialstandards bedeutet das die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Lieferanten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten. Dabei arbeitet hessnatur partnerschaftlich und auf Augenhöhe mit den Lieferanten zusammen und steht im persönlichen Kontakt mit den oft langjährigen Geschäftspartnern, um mit Ihnen gemeinsam an den aktuellen sozialen Herausforderungen zu wachsen. Dies äußert sich auch in den Zahlen des Berichtszeitraums: Mit 56 Prozent der 97 Textil- und Schuhlieferanten arbeitet hessnatur bereits über fünf Jahre im engen Austausch zusammen. Die Lieferanten sind dabei der direkte Ansprech- und Vertragspartner von hessnatur, wobei ein Lieferant oft mehrere Produktionsstätten betreut. Im Geschäftsjahr 2014/15 wurden in insgesamt 132 Produk­tionsstätten Textilien und Schuhe für hessnatur gefertigt. Davon verteilen sich 125 auf Mitgliedsländer der EU oder auf Pro­­­duk­tionsstätten, die durch externe Organisationen und dabei vor allem durch die Fair Wear Foundation (FWF) auf Arbeitsbedingungen überprüft worden sind. Im Rahmen der Kooperation mit der FWF liegt hessnatur damit weiter auf hohem Niveau. Audits in den Produktionsbetrieben vor Ort sind ein wichtiger Bestandteil der Umsetzung und Verbesserung von Sozialstandards, da hierdurch der Status quo der Arbeitsbedingungen in den Fabriken ermittelt wird. Anschließend werden die Lieferanten Schritt für Schritt bei der Verbesserung der Situation unterstützt, denn das hat bei hessnatur Prozesscha­ rakter. Dafür ist bei hessnatur der Bereich CSR (Corporate Social Responsibility) verantwortlich. Neben dem intensiven persönlichen Kontakt des CSR-Teams zu allen Lieferanten und

6  hessnatur Sozialbericht 2014/15

zahlreichen Besuchen finden zudem Trainings und Projekte vor Ort statt, um individuelle Lösungen zu erarbeiten, die zu echten Ver­ besserungen der Arbeitsbedingungen beitragen. Im Berichtszeitraum nahmen zum Beispiel einige Betriebe in der Türkei, in China und Rumänien am Worker Education Program­ me (WEP) der FWF teil. Hierbei werden die Arbeiter zu den acht Kernarbeitsnormen der hessnatur Sozialstandards sowie ihren Rechten und Pflichten zur Umsetzung der Standards geschult. Ein weiterer wesent­licher Bestandteil des WEP ist das Training zum Thema Beschwerdemechanismen und interne Kommunikation. Ergänzend zum WEP konnte die Konzeption des hessnatur Awareness Trainings für Länder, in denen die FWF nicht aktiv ist, abgeschlossen werden. Im Anschluss an einen Pilotdurchlauf in Nepal wurde das Training in einer thailändischen Fabrik durchgeführt. Ziel des Trainings ist es, ein verstärktes Bewusstsein für die acht Kernarbeitsnormen in den Fabriken zu schaffen und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zu vermitteln. Auch dabei spielen die Beschwerdesysteme eine wichtige Rolle. Im September 2014 fand der zweite RoundTable im Rahmen des Living Wage Projek­ tes in Mazedonien statt, an dem die Inhaber einer dortigen Produktionsstätte von hessnatur zusammen mit dem CSR-Team teilnahmen. Dabei wurden weitere Ansatzpunkte zur Verbesserung der Lohnstruktur in der Fabrik sowie die nächsten Umsetzungsschritte diskutiert. Auch an dem Social Dialogue Seminar der FWF in der Türkei nahmen drei hessnatur Lieferanten teil. Dabei wurden vor allem das Recht auf Vereinigungsfreiheit und kollektive Lohnverhandlungen thematisiert, welche ge­ rade in der Türkei Herausforderungen darstellen. Zudem unternahm das CSR-Team zahlreiche Reisen in die Türkei, um intensiv mit den Partnern vor Ort an diesen Themen zu arbeiten. Im Anschluss an einen Vorfall konnte ein Lieferant nach Bemühungen durch hessnatur mit der Gewerkschaft an einen Tisch gebracht werden. Hierdurch wurde eine wichtige Basis für den gemeinsamen Dialog geschaffen. Innovativ und pragmatisch geht hessnatur auch bei der Zusammenarbeit mit anderen Un­ ternehmen der Textilindustrie vor: So kooperiert hessnatur bei der Bearbeitung von Beschwerden, der Planung und Durchführung von Audits,

der Umsetzung der Auditergebnisse oder weiterer Maßnahmen wie Trainings häufig mit an­ deren Firmen. Sobald mehrere Akteure an einem Strang ziehen, sind Verbesserungen der Arbeitsbedingungen oft leichter durchzusetzen. Dokumentiert, verwaltet und evaluiert werden die Maßnahmen zur Verbesserung von Sozialstandards in einem neuen EDV-System, das hessnatur im letzten Jahr eingeführt hat. Dabei werden alle Daten aus dem hessnatur Monitoringsystem erfasst und können nun noch genauer und flexibler ausgewertet werden. Im kommenden Jahr soll die Nutzung des Systems ausgeweitet und weitere Schnittstellen getestet werden. Neben den Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten trägt hessnatur durch seine interne und externe Kommuni­kation dazu bei, dass die Mitarbeiter im Haus Hand in Hand mit dem Bereich CSR arbeiten und externe Interessengruppen ein gestei­gertes Bewusstsein für menschenwürdige Produktionsbedingungen entwickeln. In einem Workshop mit dem Einkauf wurde das Monitoringsystem für Sozialstandards im Detail besprochen sowie relevante Prozesse, bei denen beide Bereiche involviert sind, verfeinert. Darüber hinaus wurden die Kollegen vom Einkauf bei dem Workshop auf Standards für Arbeitssicherheit und -gesundheit mit Hilfe der FWF Checkliste geschult, damit sie diese vor Ort besser anwenden können. Auch das Schulungskonzept für neue Mitarbeiter wurde überarbeitet. In einem eigenständigen Schulungsmodul zu Marke und Werten von hessnatur wird nun noch deutlicher auf die Sozialstandards und die Arbeit im Bereich CSR eingegangen. Der im Geschäftsjahr 2012/13 geschaffene Redaktionsrat traf im Berichtszeitraum mehrmals zusammen. Dabei wurden alle relevanten Informationen und Projekte bereichsübergreifend gebündelt, um durch klare Kommuni­ kation noch mehr Transparenz zur Arbeit an den Sozialstandards zu schaffen. Ein Ergebnis ist die Überarbeitung der Onlinedarstellung der Sozialstandards auf der Unternehmenswebseite: Die acht Kernarbeitsnormen werden hier einschließlich der von hessnatur entwickelten Icons dargestellt, das Monitoringprogramm zur Sicherstellung und Verbesserung von Sozialstandards in Zusammenarbeit mit der FWF vorgestellt und anhand von Videos

und konkreten Beispielen noch anschaulicher präsentiert. Für Transparenz steht auch der hessnatur Kundenrat. Das von Kunden gewählte Sprechergremium bietet eine Plattform zum regel­mäßigen Austausch zwischen dem Unternehmen, der Geschäftsführung und interessierten Kunden. Es finden regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen statt, wie der Besuch bei einem Leinen-Bauern von hessnatur im letzten Berichtsjahr. Der Rat wird frühzeitig über aktuelle Entwicklungen und mögliche strategische Neuausrichtungen informiert und darüber hinaus an Entscheidungsfindungen bei hessnatur beteiligt. Auch für externe Anfragen steht das CSRTeam zur Verfügung: In zahlreichen Vorträgen, Fachveranstaltungen und Podiumsdiskussionen informiert und diskutiert hessnatur über die Arbeit im Bereich Sozialstandards und aktuelle Herausforderungen. Außerdem wird Schülern und Studenten die Möglichkeit geboten, zu Führungen ins Haus zu kommen. Die Bereiche PR und CSR erläutern bei dieser Gelegenheit den Ansatz des Unternehmens, beantworten Fragen zum Thema Sozialstandards und geben Tipps für nachhaltigen Konsum. Soziale Projekte werden bei hessnatur in erster Linie durch die Weitergabe von Know-how zu Materialentwicklung und Produktionstechniken sowie den Verkauf der jeweiligen Produkte gefördert. Insbesondere galt dies im letzten Jahr für das Partnerprojekt New SADLE des Vereins Nepra e.V. in Nepal. In den Werkstätten werden Schals gemeinsam von gesunden und von Lepra geheilten Menschen hergestellt. Im April 2015 erschütterte ein starkes Erdbeben sowohl das Land als auch New SADLE. hessnatur unterstützte den Wiederaufbau durch Spenden und informierte auf einer Veranstaltung über die Bedeutung des Projektes für hessnatur. Darüber hinaus brachte sich hessnatur auch auf nationaler Ebene aktiv ein: Im Oktober 2014 hat hessnatur als erstes deutsches Unternehmen das von Bundesminister Dr. Gerd Müller initiierte „Bündnis für nachhaltige Textilien“ unterzeichnet. Das Ziel des Bündnisses ist es, schrittweise eine nachhaltige Produktion entlang der gesamten textilen Lieferkette sicherzustellen. hessnatur war während der Gründungsphase als einziges deutsches Label im Steuerkreis vertreten und beteiligt sich auch weiterhin aktiv.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  7

Einige organisatorische Veränderungen wurden im letzten Geschäftsjahr konkret: Die Bereiche Einkauf, CSR, Disposition und Technik wurden als eine organisatorische Einheit unter gemeinsamer Leitung gebündelt, sodass CSR nun mit allen Bereichen, die mit Entscheidungsbefugnis zur Lieferantenstruktur arbeiten, direkt kooperieren kann. Dafür wurde die Position der Teamleitung CSR neu geschaffen und eine Projektmanagerin für CSR eingestellt. Außerdem wurde die hessnatur Stiftung – Forschung und Entwick­ lung angewandter Nachhaltigkeit gegründet. Als institutionelle Plattform trägt sie zukünftig den Gedanken nachhaltigen Wirtschaftens in eine breitere gesellschaftliche Öffentlichkeit.

Ganzheitliches Handeln Die Arbeit an den Sozialstandards wird bei hessnatur ganzheitlich betrachtet. In Zusammenarbeit mit der FWF helfen Audits und Betriebsbesuche, den Status quo der Arbeitsbedingungen in den Fabriken zu ermitteln. Verbessert werden kann diese Situation jedoch nur, wenn alle Faktoren, die zu einem Missstand führen, in Betracht gezogen werden. Häufig fehlt das Bewusstsein für Sozialstandards bei den Arbeitern sowie dem Management, es bestehen länder- und kulturspezifische Besonderheiten, Anforderungen durch andere Kunden oder besondere Ansprüche der Produktion, sodass Lösungsansätze oft in einem komplex­ eren Rahmen entwickelt werden müssen. Echte Verbesserungen können oft also nur unter der Berücksichtigung unterschiedlichster Gesichtspunkte erzielt werden. hessnatur ist daher bemüht, ein breites Interesse und Bewusstsein für die notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen entlang der textilen Wertschöpfungskette zu schaffen. Hierzu finden Trainings der Lieferanten, Informationsveranstaltungen und Diskussionen zu dieser Thematik im Haus und mit externen Interessengruppen statt. Audits, Besuche in den Fabriken und der stetige Kontakt mit den Herstellern zielen darauf hin, gemeinsam mit den Lieferanten sinnvolle und effektive Lösungen für bessere Arbeitsbedingungen zu finden. Dabei entwickelt sich hessnatur ständig weiter und wird auch im kommenden Jahr gemeinsam mit den Lieferanten an den Herausforderungen der textilen Kette wachsen. Die Zusammenarbeit mit der Fair Wear Foundation ist und bleibt dabei eine wichtige Grundlage, um den aktuellen Standard zu halten und ständig weiter zu verbessern. 8  hessnatur Sozialbericht 2014/15

2 ÜBER HESSNATUR hessnatur ist der führende Anbieter für konsequent nachhaltige Bekleidung und Textilien in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit Firmensitz in Butzbach (Hessen) und einer Tochtergesellschaft – der Hess Natur-Textilien AG – in der Schweiz. Das Produktangebot von hessnatur umfasst neben Oberbekleidung für Damen, Herren und Kinder auch Nacht- und Unterwäsche, Heimtextilien, Babykleidung so­ wie Schuhe und Accessoires. Vertriebs­kanäle sind Katalog, Online-Shop und Stores in Butzbach, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München sowie ein Outlet in Butzbach. hessnatur, 1976 von Heinz und Dorothea Hess in Bad Homburg (Hessen) gegründet, zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz aus. Respekt vor Mensch und Natur gleichermaßen, die Verpflichtung zu konsequent ökologischer und sozialer Fertigung von qualitativ hochwertigen und langlebigen Produkten sowie eine transparente und offene Kommunikation mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit stehen beispielhaft für die Unternehmensphilosophie.

ten Herstellungsprozess entlang der

2006 erfolgt schließlich der Schritt

textilen Kette nachhaltig gestalten und

des schwerpunktmäßig im Versand­

über drei Jahrzehnte hinweg ökologisch

handel tätigen Unternehmens

optimieren kann – vom Anbau der

zum Stationärvertrieb: Am Firmen-

textilen Faser über die Garnerzeugung

haupt­sitz in Butzbach gründet hessnatur

bis hin zur Verarbeitung der Textilien.

seinen 1.200 Quadratmeter großen

Mit seinen ökologischen Qualitäts-

Store, weitere folgen, zum Beispiel in

richtlinien schafft das Unternehmen

Hamburg (Oktober 2007)

Vorbilder, an denen sich heute auch

und München (Oktober 2008).

der konventionelle Markt orientiert.

1991

Markt noch im gleichen Jahr bedeutet für das Naturmodelabel einen wichtigen Schritt in Sachen Imagebildung und

NATÜRLICHE ROHSTOFFE

Markenbekanntheit. Anfang 2013 zieht sich hessnatur aus dem amerika­nischen

Für seine Textilien verwendet hessnatur

Markt zurück, um sich auf das Wachs­

ausschließlich natürliche pflanzliche

tum in Deutschland,

und tierische Fasern, vorzugsweise aus

Österreich,

kontrolliert biologischem Anbau oder

der Schweiz

kontrolliert biologischer Tierhaltung.

und weiteren

Den Grundstein für die kontrolliert

europäischen

biologische Rohstoffgewinnung legt hessnatur in den 1990er Jahren: Um den ständig wachsenden Bedarf an schadstofffreien Naturfasern zu decken, ini-

2.1 HESSNATUR – Meilensteine

Der Einstieg in den US-amerikanischen

tiiert Heinz Hess mit der ägyptischen Sekem-Farm 1991 das weltweit erste Biobaumwoll-Anbauprojekt. Da er keine Investoren finden kann, finanziert er das Vorhaben mit eigenen Mitteln.

Märkten zu

1995

Das Projekt wird Vorbild für weitere ökologische, soziale und kulturelle hessnatur Projekte auf der ganzen Welt.

Heinz Hess und Sohn Matthias, 1976.

1976

(Bild: privat)

GRÜNDERJAHRE

1993 NEUE WEGE

1993 gründet hessnatur in der Schweiz die Hess Natur-Textilien AG (Langen­ thal) mit eigener Kundenbetreuung und legt mit dem ausländischen Tochterunternehmen den Grundstein für

Die Geburt ihres ersten Sohnes ist der Gründungs­

sein zukünftig internationales Wachs-

impuls: Heinz und Dorothea Hess entwickeln die Vision

tum. Mit der Liveschaltung seines

von konsequent natürlicher Kleidung. 1976 gründen

Online-Shops 1997 beschreitet das Na-

sie die Firma als Versand für „naturgemäße Waren“

turmodelabel kurze Zeit später einen

und bringen die erste Babykollektion auf den Markt.

Vertriebsweg, über den hessnatur heute knapp 50 % seines Umsatzes generiert.

Das Unternehmen baut ein Netzwerk von engagierten Herstellern auf, mit deren Hilfe hessnatur den gesam-

konzentrieren.

STIL & MODE

Mitte der 1990er Jahre ändert sich die Designausrichtung: vom Nimbus der Öko-Kleidung hin zu einer tragbaren Mode für alle. Durch Qualität, Design, Langlebigkeit und Deklaration der Textilien gelingt hessnatur der Wandel vom tradierten Öko-Image hin zu farbenreicher, stilvoller und hoch­ wertiger Naturtextilkleidung. Um in Sachen Design neue Zeichen zu setzen, verpflichtet hessnatur von 2008 bis 2012 den aus Mallorca stammenden Modedesigner Miguel Adrover als Kreativdirektor. 2010 ruft hessnatur den ersten euro­päischen Designpreis für nachhaltige Mode ins Leben,

2002

SOZIALE STANDARDS Die Einhaltung sozialer Standards ist seit der Gründung von hessnatur grundlegender Bestandteil der Unter­ nehmensphilosophie. Seit jeher besteht mit den Lieferanten des Unternehmens eine Vereinbarung zur Wahrung eines Verhaltenskodex. Um die Kontrolle der sozialverträglichen Arbeitsbedingungen in den Nähereien auch von unternehmensunabhängiger Seite zu gewährleisten und die Arbeitsbedingungen für außenstehende Interessengruppen transparent und nachvollziehbar zu machen, startet hessnatur die Zusammenarbeit mit Multi-Stakeholder-Initiativen: 2002 entwickelt das Unternehmen mit Hilfe der „Kampagne für saubere Kleidung“ (Clean Clothes Campaign) ein Kontrollsystem, das faire Arbeitsbedingungen nachhält und sicherstellt. hessnatur bekennt sich in seinem Verhaltenskodex zu den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) der Vereinten Nationen. Dazu gehören unter anderem das Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz, das Verbot der Ausbeutung durch Kinderarbeit, Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen, die Zahlung existenzsichernder Löhne sowie sichere und gesundheits­ verträgliche Arbeitsbedingungen. 2005 tritt hessnatur als erstes deutsches Unternehmen der Fair Wear Foundation bei, die neben den Produktionsstätten auch hessnatur selbst jährlich auf die Einhaltung der sozialen Standards hin überprüft und das Unternehmen auditiert.

den Humanity in Fashion Award (HIFA), der jährlich an grüne Nachwuchsdesigner vergeben wurde.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  9

Unternehmerisches Engagement & Auszeichnungen 1996 „Organic Textile Award“ der „International Federation of Organic Agricultural Movements” (IFOAM), für die Initiie­rung des weltweit ersten Bio-Baumwoll-Anbauprojektes.

sondern auch neue Freiräume für die kreative Neuerfindung der Jeans

1997 Internationaler Designpreis des Landes BadenWürttemberg für das hessnatur Brautkleid und die zugrunde liegende Produktphilosophie.

bieten. Mit Hilfe der neuen Technik werden jetzt ungeahnte Designs, Muster oder Bilder möglich. Durch den ganzheitlichen Ansatz verpflichtet sich hessnatur, die

Das ausgezeich­ nete Brautkleid von hessnatur – ein Entwurf aus dem Jahre 1996.

gesamte textile Kette zu betrachten. Dazu zählen der Anbau der Bio-Baumwolle, Transportwege,

(Bild: hn)

Waschungen, die Färbung inklusive der Abwasserbehandlung, die sozial gerechte Produktion oder die Oberflächenbehandlung genauso wie der Blick auf ein späteres Recycling. Der polnische Produktionsbetrieb ist GOTS (Global Organic Textile Standard) zertifiziert, die in der Produktion verwendeten Indigofarbstoffe werden nachbehandelt und geklärt. Alle eingesetzten Farbstoffe sind biologisch abbaubar. Und: Es werden grundsätzlich keine gentechnisch veränderten Materialien eingesetzt. Zero Waste Unter dem Begriff Zero Waste hat hessnatur in diesem Geschäftsjahr eine innovative Capsule Collection

2007 „Engagiertes Unternehmen – Impulse für Hessen“ im Rahmen des Hessentags als Unternehmen des Monats Juli. Damit zeichnet die Hessische Landes­re­gierung hessnatur auf­grund seines beispielhaft gemein­nützigen Engagements im Rahmen des Hessentags 2007 aus. 2008 Public Eye Positive Award, unter anderem für die beispiel­hafte Partnerschaft mit der Schweizer Entwicklungs­­orga­nisation Helvetas für Bio- und Fairtrade-Baumwolle aus Afrika. Deutscher Nachhaltigkeitspreis in der Kate­gorie „Deutschlands nach­halti­gster Einkauf“ als Anerkennung der vorbild­lichen ökologischen und sozialen Wert­schöpfung des Unternehmens. Erster deutscher Marketingpreis für innovatives nach­ haltiges Marketing (MINNE), zu dem neben umweltver­ träglichen Produktionsprozessen und der effizienten Ressourcennutzung ein kontinuierliches wirtschaftliches Wachstum und die innovative Nutzung neuester Medien zählen.

1999 Publikumspreis beim Wettbewerb „Hidden Champions“ der Hessischen Landesregierung und des Verbandes Hessischer Unternehmer. Ausstellung des Brautkleides von hessnatur im Design Museum London im Rahmen des internationalen Design-Wettbewerbes „Design Sense“. 2000 Goldmedaille im Rahmen von „Rhön – Region der Zukunft“: Das Rhönschaf-Wollprojekt von hessnatur ist zentraler Bestand­ teil des Arbeitskreises „Innovation und Arbeitsplätze“ des Wett­ bewerbsbeitrages. 2003 „Katalog des Jahres“ für Spitzen­leistungen der kreativen und verkäuferischen Präsentation, verliehen von der Branchenfachzeitschrift „Der Versandhausberater“. 2005 Gütesiegel „Vorreiter Ethischen Handelns“ für heraus­­ra­gendes ökologisches und soziales Engagement, verliehen von der „Ethics in business”-Kommission unter der Schirmherrschaft von Ulrich Wickert.

2009 und 2011 Goldmedaille „Nachhaltiges Einzelhandelsunternehmen“ des Bundes­verbandes Ver­braucher Initiative. Der Verband untersucht regelmäßig umfassend und branchenübergreifend die sozialen und ökologischen Aktivitäten des Einzelhandels. 2013 Erfolgreiche Re-Auditierung von „Beruf und Familie“. 2013 Auszeichnung vom TÜV Hessen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. 2013 Goldmedaille „Nachhaltigkeits­kommunikation im Einzelhandel 2013“ des Bundesverbandes Verbraucher Initiative.

aufgenommen, die den Zuschnitt ohne

2015

Schnittabfälle ermöglicht. Hierfür stimmen sich die Bereiche Technik

Die stetige Weiterentwicklung von hessnatur

und Design im Designprozess ganz neu aufeinander ab. Dabei greift

DESIGN INNOVATIONEN

hessnatur das Hochschulprojekt

Ökologisch nachhaltige Denim-Looks

„Zero8/15“ auf, das Simone Austen an

In der Jeanskollektion ist hessnatur

Stufen bei der Jeans-Produktion

der Hochschule Hannover entwickelt

im Berichtsjahr einen großen Schritt

unter die Lupe genommen: vom Garn

hat. Heute betreut sie das Projekt

vorangekommen: Mit neuen

über Färbung und Waschungen bis

als Mitarbeiterin von hessnatur. Im

Produktionsmethoden und

zum fertigen Modell. Dabei haben sich

Kern wird das Kleidungsstück ohne

Bearbeitungsverfahren lassen sich

Laserbehandlung und Sauerstoffbleiche

Verschnitt aus der gesamten Breite

erstmals alle gefragten Denim-Looks

als maßgebliche Verfahren erwiesen,

der Stoffbahn gefertigt. Die Stofffläche

ökologisch und sozial verträglich

die nicht nur human- und umwelt­

wird zu 100 Prozent genutzt. Dabei

fertigen. In einem fünfzehnmonatigen

toxikologisch vorbildlich sind und

können bis zu 20 Prozent des üblichen

Entwicklungsprojekt wurden alle

als Trockenverfahren Wasser sparen,

Schnittabfalls eingespart werden.

10  hessnatur Sozialbericht 2014/15

1998 Auszeichnung „Faktor 4+“ im Rahmen der internationalen „Faktor 4+“-Messe in Klagenfurt für die Longlife-­Kollektion als beispielhafte Verbesserung von Ressourcen-Produk­tivität. Jury: wissenschaftliches Kuratorium unter Leitung von Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie GmbH.

2006 Zertifikat „Audit Beruf und Familie“, überreicht von Bun­des­ familienministerin Ursula von der Leyen. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hat hessnatur Ziele definiert, die es Mann und Frau gleicher­maßen ermöglichen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

seit 1976

seit 1985

seit 1990

seit 1995

seit 2002

seit 2015

1. Phase

2. Phase

3. Phase

4. Phase

5. Phase

6. Phase

Schwerpunkt Material

Schwerpunkt Ausrüstung des Endproduktes

Schwerpunkt Rohstoffe

Schwerpunkt Qualität und Transparenz

Schwerpunkt Marke & Sozialstandards

Schwerpunkt moderne Nachhaltigkeit

Wolle, Seide, Baumwolle und Leinen

Kein Kunstharz (Formaldehyd), Neemausrüstung (natürlicher Mottenschutz)

Baumwoll­ anbau, Produktions­ stufen

Qualität, Deklaration

„Saubere“ Produktion, Expansion

Mode auf Augenhöhe mit großen Marken

hessnatur Sozialbericht 2014/15  11

2.2 HESSNATUR – zehn Jahre Mitglied in der Fair Wear Foundation Als erstes deutsches Mitglied tritt hessnatur der Fair Wear Foundation (FWF) zur Ver­besserung der Sozialstandards in der Textilindustrie bei. Im Rahmen der sozialen Dimension nachhal­ tigen Handelns ist die Mitgliedschaft in der FWF ein Meilenstein in der hessnatur Geschichte. 2005 trat hessnatur als erstes deutsches Unternehmen der internationalen Multi-Stakeholder-Initiative bei. Das Beispiel hat Schule gemacht. Inzwischen arbeiten rund 20 Unternehmen aus Deutschland mit der FWF zusammen. Was in Deutschland als kleine Initiative begann, hat sich zu einer professionellen Plattform zur Verbesserung der Sozialstandards entwickelt.

Beim Nähen ist ein hohes Maß an Handarbeit erforderlich. Daher setzt sich die FWF vor allem in Nähereien für bessere Arbeitsbedingungen ein.

Heute sind die Verfahren und Abläufe, wie etwa das Beschwerdemanagement, fester Bestand­teil der Zusammenarbeit und Vorbild für Unternehmen, die sich etwa im Bündnis für nachhaltige Textilien bereit erklärt haben, soziale Standards zu verbessern. Darüber hinaus haben sich die Abstimmungsprozesse durch den Zuwachs an Mitgliedsunternehmen zunehmend weiterentwickelt. So werden die Mitgliedsunternehmen beispielsweise regelmäßig von der FWF geprüft, worüber öffentlich berichtet wird.

Der Mitgliedschaft in der FWF war ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Sozialstandards mit der Kampagne für saubere Kleidung (CCC) vorausgegangen. Die CCC - ein Netzwerk aus über 250 gewerkschaftlichen und Nicht­ regierungsorganisationen - und hessnatur entwickelten gemeinsam ein Managementsystem, welches es gerade einem mittelständischen Betrieb ermöglicht, mehr soziale Verantwortung in der textilen Kette zu übernehmen. Unter Berücksichtigung der besonderen Strukturen wurde ein Modell entwickelt, das einem standardisierten Ablauf folgt. Im Anschluss an diese Bemüh­ungen traf hessnatur 2005 die Entscheidung, der FWF beizutreten. Seither hat sich die Arbeit an den Arbeitsbe­ dingungen in der textilen Kette kontinuierlich weiterentwickelt. Waren Betriebskontrollen und Audits das Kernthema der ersten Jahre, sind nun auch Trainings und funktionierende Beschwerdemechanismen stark in den Fokus der Arbeit gerückt. Seit jeher ging es bei den Betriebskontrollen darum, einen Status quo festzustellen, dem dann die Phase der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen folgt. Aus den Erkenntnissen der Audits entstehen kontinuierlich weitere Maßnahmen, um langfristige und vor allem beständige Verbesserungen in den Produktionsbetrieben zu erzielen. Trainings und funktionierende Beschwerdemechanismen sind daher als wesentlicher Teil der Arbeit in den letzten Jahren dazu gekommen. Zum einen wird Arbeitern somit die Möglichkeit gegeben, sich Gehör zu verschaffen, zum an­ deren wird in den Trainings auch gezielt auf (interne) Dialogmöglichkeiten eingegangen. Aber auch die Bedeutung interner Prozesse bei hessnatur hat in den letzten Jahren zugenommen. So wird kontinuierlich hinterfragt, wie die unternehmensinternen Prozesse und Praktiken Lieferanten dabei unterstützen, die geforderten Standards umzusetzen. Es hat sich viel getan in den letzten zehn Jahren, was die Arbeit an Sozialstandards angeht und dennoch warten weiterhin herausfordernde Aufgaben auf hessnatur, wenn es um die Verbesserung von Arbeitsbedingungen geht.

12  hessnatur Sozialbericht 2014/15

Im Rahmen der Verbandsarbeit im IVN, bei der hessnatur seit der Gründung mitwirkt, wurde 2008 der Global Organic Textile Standard (kurz GOTS) ent­wickelt. hessnatur ist durch das unabhängige Institut für Marktökologie (IMO) berechtigt, GOTS-zertifizierte Produkte in den Handel zu bringen. Die hier definierten Anforderungen liegen der hess­ natur Richtlinie zugrunde und werden durch sie abgedeckt.

2.3 HESSNATUR – Der ökologische Anspruch hessnatur verwendet ausschließlich nachhaltige, hochwertige Fasern wie Schurwolle, Baumwolle oder auch Modal Edelweiß. Der Schwerpunkt liegt auf Naturfasern, die vorzugsweise aus kontrolliert biologischem Anbau bzw. kontrolliert biologischer Tierhaltung stammen. Der gesamte Prozess der textilen Kette, von der Gewinnung des Rohmaterials bis hin zum Versand des fertigen Produktes, unterliegt höchsten ökologischen Anforderungen. Diese werden in von hessnatur selbst entwickelten, sehr anspruchsvollen Richt­linien definiert, die weit über die bloße Einhaltung gesetzlicher Anforderungen hinausgehen. Die Einhaltung der Qualitätsrichtlinien wird im Rahmen des Managementsystems für Öko­ logie von hessnatur Mitarbeitern kontrolliert, dokumentiert und regelmäßig überprüft. (Detailliertere Informationen zur Ökologie in der Produktion und am Produkt sind im Nachhaltigkeitsbericht ab Seite 63 zu finden). Die hessnatur Qualitätsrichtlinien im Überblick: Alle Anforderungen gelten über die gesamte Herstellungskette - von der Rohware bis zum fertigen Produkt! nachhaltige Rohmaterialien, bevorzugt Natur­ fasern, Anbau/Tierhaltung kontrolliert bio­ logisch keine Verwendung umwelt- und gesundheitsschädigender Hilfsmittel und Herstellungsverfahren strenge Grenzwertanforderungen angelehnt an den GOTS-Standard hauseigene Qualitätskontrolle der physika­ lischen und ökologischen Anforderungen Abfrage, Bewertung und Dokumentation der hessnatur Anforderungen unabhängige externe Kontrolle

• • • • • •

Die anspruchsvollen ökologischen Standards wirken sich maßgeblich auf den Arbeitsschutz und die Gesundheit der Mitarbeiter in den Fabriken entlang der textilen Kette aus. In der konventionellen Textilproduktion ein­gesetzte Hilfsmittel können für Menschen, die hiermit in Berührung kommen, gesundheitsschädlich sein. Durch Hautkontakt oder Belastungen in der Luft werden Arbeiter oft giftigen, erbgutschädigenden, krebserregenden, ätzenden oder anderweitig gesundheitsschädigenden Substanzen ausgesetzt. Andere schäd­liche Substanzen gelangen durch die Entsorgung von Abwässern in Flüsse, Grundwasser, Boden und schließlich durch die Nahrungsauf­nahme in den Körper. Häufig sind den Arbeitern vor Ort die schädlichen Auswirkungen nicht bekannt. Die hessnatur Richtlinie schließt schädliche bzw. belastende Substanzen aus; so werden Arbeiter vor den weittragenden Auswirkungen geschützt. Darüber hinaus setzen die strengen Richtli­ nien des kontrolliert biologischen Anbaus den Verzicht der Bauern auf Pestizide und weitere Chemikalien voraus. So bleibt die Bodenfruchtbarkeit erhalten und die natürliche Schädlingsbekämpfung wird gestärkt. Auch das hat Vorteile für die Menschen vor Ort: Fruchtbare Böden sichern die Versorgungsgrundlage der Bauernfamilien langfristig. Darüber hinaus erhalten die Bauern eine Bioprämie. Der bevorzugte Anbau von Materialien aus kontrolliert-biologischem Anbau bzw. kontrolliert-biologischer Tierhaltung schafft also Grundlagen für bessere Lebensbedingungen der Bauern vor Ort. Diese Beispiele aus dem Faseranbau ver­ deutlichen, dass sich ökologische und soziale Verantwortung oft gegenseitig bedingen. Daher werden diese Aspekte bei hessnatur entsprechend des holistischen Prinzips - stets ganzheitlich betrachtet.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  13

3 HESSNATUR – DIE SOZIALSTANDARDS Die Anforderungen an eine sozial gerechte Produktion hat hessnatur in eigenen Sozialstandards für alle Lieferanten zusammengefasst. Sie basieren auf den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Sie regeln explizit die Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern. Das im Rahmen der Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation (FWF) entwickelte Monitoringsystem unterstützt bei der Sicherstellung der Sozialstandards in den Konfektionsbetrieben und ist im Unternehmen verankert. Verantwortlich für die Umsetzung und Kontrolle der hessnatur Standards ist der Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) unter Leitung von Kristin Heckmann. Die FWF, die von Vertretern aus Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Herstellerverbänden getragen wird, begleitet die Arbeit von hessnatur und prüft und bewertet sie auf ihre Richtigkeit. Zusätzlich wird die Umsetzung der Sozialstandards bei deutschen Mitgliedsunternehmen durch ein nationales, sogenanntes Multi-Shakeholder-Gremium begleitet, um deutsche Interessensgruppen einzibinden. Neben der Fair Wear Foundation und hessnatur sind in diesem Gremium die Kampag­ne für saubere Kleidung (CCC), die IG-Metall und weitere deutsche Mitgliedsunternehmen.

SOZIAL Durch die kontinuierliche Arbeit an den Sozialstandards übernimmt hessnatur gemeinsam mit seinen Lieferanten Verantwortung. 14  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialstandards und gesetzliche Regelungen Die hessnatur Sozialstandards regeln viele Punkte, die in den Produktionsländern auch von der lokalen Gesetzgebung abgedeckt werden – aber nicht immer stimmen die Regelungen überein. Bei Unterschieden zwischen den hessnatur Sozialstandards und den Landes­gesetzen gilt grundsätzlich: Die strengere Regelung geht vor. Manchmal allerdings steht die lokale Gesetzgebung im Widerspruch zu den hessnatur Sozialstandards. So gibt es zum Beispiel Länder, in denen die Gewerkschaftsfreiheit gesetzlich beschränkt ist. In solchen Ländern versucht hessnatur gemeinsam mit der FWF Alternativen zu finden und neue Wege zu gehen. Zum Beispiel im Bereich Gewerkschaftsfreiheit: In Trainings im Rahmen des „Worker Education Programme“ (kurz WEP Training) werden die Arbeiter von FWF-Fachleuten über ihre Rechte und die Möglichkeiten, diese in Anspruch zu nehmen, informiert. Das Einrichten von betriebsinternen Beschwerdesystemen fördert zusätzlich den Dialog zwischen Arbeitern und Management. Die Umsetzung der Sozialstandards erfolgt im Rahmen eines Managementsystems, welches auf drei Säulen basiert. Dieses zielt darauf ab, die Arbeitsbedingungen in den Nähereien zu verbessern und der Verantwortung als Unternehmen gerecht zu werden.

Die drei Säulen des hessnatur Managementsystems für Sozialstandards

Kommunikation/ Stakeholder-Dialog

Verifizierung und temporäre Erfassung

Implementierung und kontinuierliche Zusammenarbeit

FWF-Mitgliedschaft

Lieferantenbesuche

Verbandsarbeit

Erfassung aller Produktionsstätten

CAP Implementierung (Corrective Action Plan)*

Austausch mit den Lieferanten Roundtables

Screens (intern) Audits (extern)

Trainings Bewusstseinsbildung bei Inhabern/ Geschäftsführung und Arbeitern in den Produktionsbetrieben

Sozialprojekte

Austausch

Umsetzung spezifischer Themen**

Erfassen und messen

Managen und verbessern

* Der „CAP“ ist eine Liste der Verbesserungsmaß­ nahmen, die im Betrieb umgesetzt werden müssen. Dabei werden gemein­sam mit den Lieferanten individuelle Lösungen für die jeweiligen Betriebe erarbeitet. ** wie z. B. das Beschwerde­ system, Brandschutzmaß­ nahmen etc.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  15

4 WIE SETZT HESSNATUR SOZIALSTANDARDS UM?

Die Piktogramme der acht Kernarbeitsnormen

Freie Arbeitswahl

Zahlung existenz­ sichernder Löhne

Keine Diskriminierung am Arbeitsplatz

Angemessene Arbeitszeiten

Keine Ausbeutung durch Kinderarbeit

Sichere und gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen

Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektiv­ verhandlungen

Ein rechtsverbindliches Arbeitsverhältnis

Die Piktogramme wurden von hessnatur entwickelt, um den Inhalt zugänglicher und die Bedeutung der acht Normen auf den ersten Blick ansprechend und selbster­ klärend zu machen. In einigen Fabri­ken werden die Sozial­ standards bereits in neuem Format, einschließlich der Piktogramme, ausgehängt und so anschaulicher an die Mitarbeiter kommuniziert.

Die Sozialstandards von hessnatur 1. Freie Arbeitswahl Es darf keine Zwangsarbeit, einschließlich Sklavenoder Gefängnisarbeit geben (ILO Konventionen 29 und 105). Die Arbeitnehmer dürfen nicht gezwungen werden, eine „Kaution“ oder Identitätspapiere beim Arbeitgeber abzugeben. 2. Keine Diskriminierung am Arbeitsplatz Es ist für Chancengleichheit und Gleich­be­handlung zu sorgen, ungeachtet der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, der poli­tischen Meinung, der Nationalität, der sozialen Herkunft oder anderer Unterscheidungs­merkmale (ILO Konventionen 100 und 111). 3. Keine Ausbeutung durch Kinderarbeit Es darf nicht auf Kinderarbeit zurückgegriffen werden. Es werden nur Arbeitnehmer eingestellt, die mindestens 15 Jahre alt sind oder das Pflicht­ schulalter überschritten haben (ILO Konvention 138) Gegebenenfalls zu entlassenden Kinder­arbeitern sind ausreichende finanzielle Übergangs­ hilfen und angemessene Bildungs­ möglichkeiten anzu­bieten Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren dürfen zudem keine Arbeit ausüben, die ihre Gesundheit und Sicherheit gefährden kann. Sie dürfen z. B. keine Nachtarbeit und keine überlangen Arbeitszeiten verrichten (ILO Konvention 182). 4. Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektiv­verhandlungen Das Recht aller Arbeitnehmer, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten („Vereinigungsfreiheit“) und das Recht auf Tarifverhandlungen („Kollektivverhandlungen“) wird anerkannt (ILO Konventionen 87 und 98).

Die Arbeitnehmervertreter dürfen nicht diskrimi­ niert werden und müssen Zugang zu allen erforderlichen Arbeitsplätzen haben, damit sie ihre Vertretungsfunktion wahrnehmen können (ILO Konvention 135 und Empfehlung 143). Im Falle, dass das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen durch Gesetze unterbunden ist, soll der Arbeitgeber eine positive Haltung gegenüber der Arbeit von Gewerkschaften einnehmen sowie deren Akti­vitäten hinsichtlich einer Organisierung der Beschäftigten gegenüber offen sein. 5. Zahlung existenzsichernder Löhne Die Löhne und sonstigen Leistungen für eine normale Arbeitswoche müssen zumindest den gesetzlichen oder für die Industrie geltenden Mindestlöhnen entsprechen. Die Löhne sollen ausreichen, um die Grundbedürfnisse der Arbeit­nehmer und ihrer Familien zu erfüllen und darüber hinaus einen Betrag zur freien Verfügung enthalten (ILO Konventionen 26 und 131). Letzteres ist eine Anforderung mit Prozesscharakter und es müssen alle mög­lichen Maßnahmen ergriffen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Weder sind Abzüge von Löhnen als Strafmaß­nahme erlaubt, noch sind Abzüge ohne die ausdrückliche Erlaubnis der betreffenden Arbeitnehmer gestattet, die nicht durch die nationalen Gesetze begründet sind. Alle Arbeit­ nehmer erhalten vor Aufnahme der Arbeit schriftliche und verständliche Informationen über die Lohnbe­dingungen sowie über die genauen Angaben zu ihrem Lohn für jeden Auszahlungszeitraum. 6. Angemessene Arbeitszeiten Die Arbeitszeiten sind im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Normen der Branche festzulegen. Von den Arbeitnehmern darf nicht verlangt wer-

den, dass sie durchschnittlich mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten und innerhalb eines Zeitraums von 7 Tagen müssen sie mindestens einen freien Tag haben. Über­stunden müssen freiwillig sein, dürfen 12 Stun­den pro Woche nicht über­steigen, dürfen nicht regelmäßig angeordnet werden und müssen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben immer mit einer Mehrarbeitszulage zum Lohn kompensiert werden (ILO Konvention 1). 7. Sichere und gesundheitsverträgliche Arbeits­bedingungen Es ist für eine sichere und hygienische Arbeits­ umgebung zu sorgen und der größtmög­ liche Gesundheits- und Sicherheitsschutz am Arbeitsplatz ist zu fördern, und zwar unter Berücksich­ tigung der aktuellen Kenntnisse der Industriebranche und etwaiger spezifischer Gefahren. Hierzu soll entsprechende Schutz­ausrüstung bereitgestellt werden und die Arbeiter in der Benutzung geschult werden. Körperliche Misshandlung, Androhungen von körperlicher Misshandlung, unübliche Strafen oder Disziplinarmaßnahmen, sexuelle und andere Belästigungen sowie Einschüchterungen durch den Arbeitgeber sind streng verboten. 8. Ein rechtsverbindliches Arbeitsverhältnis Die arbeits- und sozialrechtlichen Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten, die sich aus dem regulären Beschäftigungsverhältnis er­geben, dürfen nicht umgangen werden, auch nicht durch einseitige, nur die Beschäftigten bindende Verträge oder Ausbildungsprogramme, die nicht wirklich auf die Vermittlung von Fähigkeiten oder eine reguläre Beschäf­tigung abzielen. Jüngere Arbeitnehmer sollen die Gelegenheit erhalten, an Ausbildungs- und Schulungsprogrammen teilzunehmen.

Um menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der textilen Kette sicherstellen zu können, hat hessnatur ein Monitoringsystem entwickelt, das auf der Zusammenarbeit mit allen Beteiligten basiert.

4.1 ZUSAMMENARBEIT mit hessnatur Lieferanten 4.1.1 Die hessnatur Lieferanten Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Lieferanten ist der Aufbau einer stabilen, langjährigen Partnerschaft. 86 Prozent der 97 Textil- und Schuhlieferanten arbeiten mit hessnatur seit mehr als einem Jahr zusammen. Mit 56 Prozent hat hessnatur sogar eine Zusammen­ arbeit, die seit fünf Jahren oder länger besteht. Das ist notwendig, denn die hessnatur Lieferanten sind in der Regel echte Spezialisten für die Verarbeitung von bestimmten Fasern wie Seide oder für einzelne Produktgruppen: Strickpullover zum Beispiel, Strumpfwaren oder Jacken und Mäntel. Über viele Jahre der Zusammenarbeit wird ein hohes ökologisches und ver­ arbeitungstechnisches Know-how aufgebaut. Deshalb gilt für hessnatur: Können und Qualität sind wichtiger als der günstigste Preis.

Obwohl es stets das Ziel von hessnatur ist, dauerhaft mit den Lieferanten zusammen­ zuarbeiten, ist manchmal der Wechsel zu neuen Produzenten notwendig. Dies kann zum Beispiel in den hohen Qualitätsansprüchen von hessnatur, technischen Voraussetzungen oder Änderungen in der Sortimentsgestaltung begründet sein. Neue Lieferanten werden sehr sorgfältig ausgewählt. Es gibt eine zwischen Geschäftsführung, Einkauf und Corporate Social Responsibility (CSR) klar vereinbarte Lieferanten-Policy. Diese sieht vor, dass hessnatur in bestimmten Ländern nur in Verbindung mit einem sozialen Projekt produzieren lässt (zum Beispiel New SADLE Nepal). Grundsätzlich gilt: Bevor die Zusammenarbeit beginnt, werden die Betriebe von hessnatur Mitarbeitern besucht. Dabei wird überprüft, ob der Pro­ duzent die qualitativen, ökologischen und sozialen Anforderungen von hessnatur erfüllen kann. Hierzu gibt es ebenfalls einen zwischen Einkauf und CSR vereinbarten Ablauf. Dieser sieht unter anderem vor, dass keine Erst­ produktion startet, bevor der Bereich CSR den Lieferanten geprüft und freigegeben hat.

4.1.3 Zusammenarbeit mit Agenten In bestimmten Produktionsländern, wie in der Türkei, Italien, Portugal, Thailand und Peru, arbeitet hessnatur mit Agenten vor Ort zusammen. Sie organisieren und betreuen die

Anzahl der Nähereien pro Produktionsland, Stand 30.09.2015 EU-Länder

Anzahl der Nähereien

Nicht-EU-Länder

Anzahl der Nähereien

Deutschland

27

Bangladesch

1

England

1

Bosnien und Herzegowina

2

Italien

11

China

9

Kroatien

2

Indien

1

Litauen

6

Marokko

1

Österreich

2

Mazedonien

3

Polen

7

Mongolei

1

Portugal

5

Nepal

2

Rumänien

4

Peru

11

Slowakei

3

Sri Lanka

1

Spanien

1

Thailand

3

Tschechische Republik

5

Türkei

13

Ungarn

6

Ukraine

1

Vietnam

2

Weißrussland

1

Insgesamt

52

Insgesamt

16  hessnatur Sozialbericht 2014/15

4.1.2 Auswahl neuer Lieferanten

80

hessnatur Sozialbericht 2014/15  17

4.1.4 Lieferanten und Produktionsländer Im Geschäftsjahr 2014/15 hat hessnatur mit 97 Bekleidungs-, Textil- und AccessoireLieferanten und dabei insgesamt 132 Näh­e­ reien zusammengearbeitet. Über die Hälfte der Produktionsbetriebe befinden sich innerhalb der EU. Die Anzahl von Lieferanten ergibt sich aus dem breiten Produktangebot von hessnatur,­ das von Oberbekleidung für Damen, Herren­ und Kinder bis hin zu Babykleidung, Heimtextilien und Schuhen reicht. Hinzu kommt die bereits er­wähnte Spezialisierung der Hersteller auf bestimmte Naturfasern oder Produktgruppen, die für eine ökologisch und verarbeitungstechnisch hochwertige Produk­ tion notwendig ist.

4.1.5 Warum nicht nur Produktion in Europa?

5. DIE KONFEKTION In dieser Produktionsphase herrscht hoher Zeit- und Lohndruck, die Menschen arbeiten vielfach unter katastrophalen Bedingungen. hessnatur pflegt engen Kontakt zu den Lieferanten und setzt sich in Zusammenarbeit mit der Fair Wear Foundation für die kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein.

3. DER STOFF Bei der Herstellung des Stoffes werden die Garne durch natürliche Schlichtemittel vor Abrieb und Zerreißen geschützt.

6. DER TRANSPORT hessnatur hat seinen Produktionsschwerpunkt in Europa. Dank der hessnatur Richtlinien wird auf chemische Konser­ vierung verzichtet. Kurze Wege und eine umweltfreundliche Verpackung ergänzen den letzten Schritt des Artikels auf seinem Weg bis zum Kunden.

Darüber hinaus werden Recyclingsysteme eingesetzt und jedes Abwasser passiert eine mindestens zweistufige Kläranlage.

2 – 4 Hohe Automatisierung und wenig Handarbeit / 5 Geringe Automatisierung und viel Handarbeit

Kernelemente des Monitoringsystems für Sozialstandards

• Internes Monitoring • Information, Betreuung & Unterstützung der Lieferanten •D  urchführung von Betriebskontrollen Entwicklung neuer Systeme & Innovationen •O  rganisation von Sozialprojekten in Produktionsländern

ck

18  hessnatur Sozialbericht 2014/15

2. DAS GARN Bei der Garnherstellung wird darauf geachtet, dass es zu keinerlei Kontaminierung mit konventionellen Fasern kommt. Das gewünschte Ergebnis wird ohne Zusatzstoffe erzielt. Die Betriebsrichtlinien unterliegen den strengen hessnatur Standards.

he

Im Gegensatz zu den vorgelagerten Produk­ tionsstufen wie Spinnen, Stricken oder Färben ist das Nähen der Kleidungsstücke bislang kaum automatisiert. Es ist viel Handarbeit nötig, oft bei hohem Zeit- und Kostendruck. Hierauf gilt es ein besonderes Augenmerk zu legen. Textilien sind, neben Schuhen, Accessoires und Pflege­ mitteln, das Kerngeschäft von hessnatur. Ca. 92 Prozent des Umsatzes werden damit erwirtschaftet. Durch Betriebsbesuche und Audits werden die Fortschritte in den Nähe­ reien dokumentiert und nachgehalten.

4. DIE VEREDELUNG Gemäß der hessnatur Richt­ linien wird ausschließlich mit Sauerstoff gebleicht, ohne schwermetallhaltige Farbstoffe gefärbt und auf Wasserbasis gedruckt. Die Eigenschaften des Stoffes werden unter Beachtung höchster ölologischer Standards optimiert, zum Beispiel durch Kalandern.

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4.2 DAS MONITORINGSYSTEM zur Umsetzung von Sozialstandards

1. DER ANBAU DER BIO-BAUMWOLLE In der ökologischen Produktion stammt das Saatgut aus kontrolliert biologischem Anbau. Die Achtung der Fruchtfolge, die Verwendung von Naturdüngern und natürlicher Schädlingsbekämpfung sowie die Erhaltung von Sozialstrukturen sind maßgeblich.

ge

Garne aus der hessnatur Produktion

Wenn sich hessnatur für die Produktion in außer­europäischen Ländern entscheidet, werden die Arbeitsbedingungen in den Betrieben sehr intensiv geprüft und neue Lieferanten besonders sorgfältig ausgewählt. Außerdem en­gagiert sich das Unternehmen in Förderprojekten. So kooperiert hessnatur zum Beispiel mit dem Verein Nepra e.V. aus Deutschland, der sich um leprakranke Menschen in Nepal kümmert, die von der dortigen Gesellschaft ausgegrenzt werden. In den Werkstätten des nepalesischen Partnervereins New SADLE arbeiten zuvor an Lepra erkrankte, inzwischen geheilte und gesunde Menschen zusammen. Sie erhalten freie medizinische Versorgung, Kin­der­ betreuung und Bildungsangebote. hessnatur hat die Produktion bei der Umstellung der Handfärberei auf schadstofffreie Farben unterstützt und textiltechnisches Know-how geschult. Zudem lässt hessnatur dort Textilprodukte wie Tücher oder Pashmina-Schals für die Kollektionen anfertigen, die für ihre besondere Qualität bekannt sind und durch deren Verkauf das Projekt New SADLE unterstützt wird.

Die textile Kette am Beispiel eines T-Shirts

Ge

Viele Spezialisten für die Verarbeitung spezieller Fasern sind vor allem in deren Anbau­ ländern zu finden. So bezieht hessnatur etwa aus China hauptsächlich Artikel aus landesty­ pischen Fasern wie Seide, Hanf und Edelhaaren

wie Kaschmir. Sowohl die Gewinnung als auch die Verarbeitung dieser Fasern findet heute zu großen Teilen in China statt, sodass sie in anderen Produktionsländern kaum erhältlich sind. Kompetenzzentren für die Verarbeitung von Baumwolle liegen heute zum Beispiel in der Türkei, für die Konfektion von Jersey und Nachtwäsche im Baltikum. Gleichzeitig werden zunehmend Konfektionsbetriebe gerade auch in Deutschland geschlossen, wodurch fach­ liches Know-how verloren geht. hessnatur arbeitet eng mit deutschen Produktionsstätten zusammen, um wo immer möglich Kompetenzen zu erhalten.

V & erifi Au zie sta ru us ng ch

Produktion für hessnatur und sind wichtige Ansprechpartner für die Produzenten. Diese Vermittler werden deshalb zu den ökolo­gischen und sozialen Anforderungen von hessnatur intensiv geschult. Dies geschieht sowohl bei hessnatur als auch direkt vor Ort in den Produktionsbetrieben. Außerdem arbei­ ten sie besonders eng mit den jeweiligen hessnatur Spezialisten aus Einkauf, Qualitätssicherung und CSR zusammen.

Beschwerde-System • Unabhängige Verifizierung

• Eigenkontrolle der Nähereien

• Betriebskontrolle bei hessnatur

• Neutrale Ansprechpartner vor Ort

•A  uditierung von Produktions­ betrieben vor Ort

•A  nlaufstelle für Arbeiter bei Problemen im Betrieb

• Arbeiter- & Management-Trainings • Ausbildung lokaler Audit-Teams

Prüfen & Beratung

•P  rüfung der Beschwerde & Lösungsfindung durch FWF & hessnatur

• Themenspezifische Projekte • Multi-Stakeholder-Austausch

hessnatur Sozialbericht 2014/15  19

Eine weitere Besonderheit bei hessnatur ist, dass der Aspekt der sozialen, gesellschaftlichen Verantwortung – entsprechend des holistischen Ansatzes – auch den Bereich der Ökologie umfasst. So können Bauern beispielsweise bessere Lebensbedingungen garantiert werden, wenn sie auf den kontrolliert biologischen Anbau von Naturfasern oder die kontrolliert biologische Tierhaltung für tierische Fasern und Produkte umstellen. Dieses Beispiel zeigt, dass die Bereiche Ökologie und Soziales in einem direkten Zusammenhang stehen und ganzheitlich betrachtet werden müssen. Weitere Informationen bietet der hessnatur Bericht zur Nach­ haltigkeit (Seite 54ff). Das heißt: hessnatur sorgt für die Umsetzung und die Kontrolle der Sozialstandards in den Nähereien. Die Fair Wear Foundation prüft die Arbeit von hessnatur und führt im Auftrag von hessnatur Audits in den Produktionsstätten durch. Die neutrale Beschwerdestelle bietet den Arbeitern zusätzliche Sicherheit.

• • •

Zum Managementsystem für Sozialstandards gehören für hessnatur: die umfassende Information der Produ­zenten über die Standards, Umsetzungsmöglich­ keiten und das Monitoringsystem die schriftliche Bestätigung der Produzenten, dass die Sozialstandards akzeptiert und eingehalten werden das regelmäßige Durchführen von Betriebskontrollen die Einführung des FWF-Beschwerdesystems in den Nähereien die Verwaltung und Auswertung der Daten aus dem Monitoring

• • • • •

4.2.1 Informationsaustausch mit den Lieferanten Die Informationen der Lieferanten sind die Basis für die gemeinsame Umsetzung der Sozialstandards in den Nähereien. Neue Lieferanten werden besonders informiert. Neben den Standards selbst erhalten alle Lieferanten weitere Informationen zum Monitoringsystem von hessnatur und zu den Anforderungen und Aufgaben, die sich daraus für sie ergeben. Fragen werden im direkten Gespräch mit den hessnatur Ansprechpartnern geklärt. Gleichzeitig werden von den Lieferanten umfassende Informationen über die Nähereien zur Verfügung gestellt (zum Beispiel zur Anzahl der Mitarbeiter, Umsetzungsstand der Sozialstandards etc.). Diese

20  hessnatur Sozialbericht 2014/15

Angaben dienen als Planungsgrundlage für die Monitoring­maßnahmen.

4.2.2 Bestätigung der Sozialstandards Die hessnatur Sozialstandards werden jedem Produzenten übergeben und müssen von diesem schriftlich bestätigt werden. Ohne Be­ stätigung keine Zusammenarbeit! Außerdem erhält jeder Betrieb eine Version der Sozialstandards in der Landessprache, welche zur Information der Mitarbeiter ausgehängt werden muss. Dies wird von hessnatur ab­ gefragt und bei Betriebsbesuchen vor Ort oder durch Fotodokumentation kontrolliert.

4.2.3 Betriebskontrollen vor Ort Die Betriebskontrollen sind umfassende „Momentaufnahmen“ der Umsetzung der Sozialstandards in den Betrieben. Sie sind die Grundlage für eine intensive weitere Arbeit an den Standards. Im Rahmen der Betriebskontrollen werden sowohl die Arbeitssicherheit als auch die Dokumentation im Betrieb überprüft: Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Versicherungsunterlagen und die Arbeitszeit. Bei Audits der FWF werden zusätzlich Interviews mit den Arbeitern geführt. Neben den Audits der FWF und anderer unabhängiger Gutachter führt hessnatur auch eigene Betriebsbesuche durch, bei denen der hessnatur Screen dazu dient, die Sozialstandards weiter zu implementieren. Vordringlich werden Betriebe kontrolliert, die sich in kritischen Produktionsländern befinden sowie besonders wichtige hessnatur Liefe­ ranten. Außerdem wird kontrolliert, wenn es bei einer Näherei Hinweise auf Probleme im Betrieb gibt – zum Beispiel durch Beschwerden von Mitarbeitern. Mit den Betriebskontrollen wird festgestellt, wo in Nähereien Verbesserungsbedarf besteht. Im Anschluss an ein Audit wird auf Basis des Auditberichts ein sogenannter „Corrective Action Plan“ erstellt – kurz CAP. Der CAP listet die Verbesserungsmaßnahmen auf, die im Betrieb umgesetzt werden müssen, unabhängig davon, ob das Audit von der FWF oder einer anderen externen Organisation durchgeführt worden ist. Dabei werden gemeinsam mit den Lieferanten individuelle Lösungen für den jeweiligen Betrieb erarbeitet. Dazu gehört ein klar definierter Zeitplan, der festlegt, welche Maßnahmen bis wann erledigt sein müssen. hessnatur vereinbart die Umsetzung des

CAP mit dem Lieferanten. Dieser berichtet in regelmäßigen Abständen über den Stand der Umsetzung und dokumentiert Fortschritte. Darüber hinaus finden im Nachgang Überprüfungen vor Ort statt, entweder durch ein FWF-Audit-Team oder durch hessnatur Mitarbeiter. Die vollständige Umsetzung der Sozialstandards in einem Betrieb ist ein Prozess, der je nach den Rahmenbedingungen des jeweiligen Herstellungslandes mehrere Monate bis Jahre in Anspruch nehmen kann. Bei einer unvollständigen Erfüllung der Sozialstandards hilft und unterstützt hessnatur bei der Umsetzung, um so die Situation im Betrieb zu verbessern und faire Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Nur wenn dies nicht gelingt oder bei grund­legenden Verstößen gegen die hessnatur Sozial­standards wird die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten beendet. Betriebsbesuche werden von hessnatur geplant, festgelegt und dann vor Ort durchge­ führt. Zusätzlich gibt es das sogenannte „Verification Audit“. Das Verification Audit der FWF unterscheidet sich von einem „normalen“ Audit insofern, als dass nicht hess­natur, sondern die FWF den Lieferanten auswählt und den Termin des Betriebsbesuches festlegt. So wird nicht nur die Umsetzung der Sozialstandards im Betrieb und die Leistung des Lieferanten vor Ort überprüft, sondern auch die Arbeit von hessnatur.

4.2.4 Das Beschwerdesystem Das FWF-Beschwerdesystem dient als zusätzliches Tool zur Sicherung der Sozialstandards, indem es den Arbeitern in den Betrieben die Möglichkeit gibt, sich bei Problemen an einen neutralen Ansprechpartner außerhalb des Betriebes zu wenden. Diese Beschwerdemanager werden von der FWF ausgebildet. Sie prüfen die Beschwerden und geben sie über die FWF in Amsterdam weiter an hessnatur. hessnatur entwickelt dann gemeinsam mit dem betroffenen Lieferanten und seinen Mitarbeitern eine Lösung.

• durch

Bekanntgabe der Ansprechpartner und ihrer Kontaktdaten auf den Aushängen der hessnatur Sozialstandards in der jewei­ ligen Landessprache

Darüber hinaus fördert hessnatur betriebsinterne Beschwerdeverfahren und den Dialog zwischen Management und Arbeitern.

4.2.5 Datenmanagement Im letzten Geschäftsjahr wurde das neue EDVSystem „Osca“ in Zusammenarbeit mit der Firma Setlog entwickelt und bei hessnatur implementiert. Die Daten aus dem hessnatur Monitoringsystem – zum Beispiel die Adressen der Nähereien, Daten und Ergebnisse der Betriebskontrollen, Umsetzungsstand der Corrective Actions – werden in dem speziell hierfür gestalteten System erfasst, verwaltet und ausgewertet. Osca ermöglicht beispielsweise durch Schnittstellen den automatischen Im- und Export von CAPs sowie die automatische Berechnung des Umsetzungsstandes. An­ schließend können die Corrective Actions z. B. nach Land oder Standards gefiltert werden, was wichtige Auswertungen ermöglicht. Das System unterstützt durch automatische Zeitberechnungen bei der Planung neuer Maßnahmen und der Umsetzung von aus Betriebsbesuchen wie z. B. Audits entstandenen Arbeitsaufträgen. Übersichtsfunktionen für kürzlich vorgenommene Änderungen oder fehlende Informationen sorgen für eine höhere Qualität der vorliegenden Daten. Selbstverständlich werden die Daten vertraulich be­handelt. Im kommenden Geschäftsjahr wird hessnatur die Nutzung des Systems aus­weiten und den direkten Zugang von Lieferanten zu dem System testen.

Schnellzugriffe ermöglichen den direkten Zugang zu den meist­­ge­nutzten Funktionen im neuen System für Daten­ management.

Das System wird in den Betrieben vorgestellt und der Ansprechpartner vor Ort bekannt gegeben. Dies geschieht auf drei Wegen: im Rahmen von Betriebsaudits der Fair Wear Foundation durch Besuche der FWF-Ansprechpartner in den Betrieben

• •

hessnatur Sozialbericht 2014/15  21

5 ZUSAMMENARBEIT MIT DEM EINKAUF Allgemein gilt: Alle Mitarbeiter werden schon bei ihrem Einstieg mit den Besonderheiten von hessnatur vertraut gemacht und erhalten eine Schulung zu den sozialen und ökologischen Standards. Außerdem werden neue Mitarbeiter im Zuge regelmäßig stattfindender Grundlagenschulungen über die Sozialstandards und das Monitoringprogramm informiert. Andere Bereichen, deren Arbeit unmittelbar von den Sozialstandards berührt wird, werden weitergehende Informationen zur Verfügung gestellt. Dies gilt auch im Bereich Einkauf, mit dem im letzten Jahr ein Workshop zum Thema Sozialstandards stattfand. So kann eine effektive Zusammenarbeit mit CSR gesichert werden.

5.1 DIE GESAMTEINKAUFS­ STRATEGIE Im Geschäftsjahr 2013/14 entwickelte hess­ natur im Rahmen einer mittelfristigen Planung ein Tool zur Planung des Rohwaren-Sourcings und der Lieferantenstruktur. Kernelemente sind zum einen die Material-Beschaffung und zum anderen die Lieferanten-Planung. Dieses strategische Projekt muss vor dem Hintergrund sich verändernder Marktbedingungen gesehen werden. Aktuell zeichnet sich ein Wandel des textilen Beschaffungsmarktes vom Kunden zum Anbieter (Lieferanten) ab. Diese Entwicklung lässt sich an den stetig steigenden Preisen sowohl der Materialien als auch der Produktionskosten ablesen. Durch die hohen Qualitätsanforderungen entwickelt sich die Materialauswahl zu einer besonderen Herausforderung für hessnatur. Zudem bedingt das Anforderungsprofil der hessnatur Materialien eine weitere Limitierung des verfügbaren Materials. So sind die Lieferanten, mit denen hessnatur zusammenarbeitet, Spezialisten auf ihrem Gebiet. Mit einigen Partnern wurden besondere Materialien (wie zum Beispiel das hessnatur Mongolen-Merino) und Ausrüstungsverfahren (Bienenwachsbeschichtung) über einen längeren Zeitraum entwickelt. Dies kann mit einer relativen Abhängigkeit auf beiden Seiten einhergehen. Sollte ein Lieferant wegfallen oder die Nachfrage von hessnatur dessen Kapazitäten übersteigen, ist es schwer,

22  hessnatur Sozialbericht 2014/15

zeitnah alternative Lieferanten zu finden. Auf der anderen Seite wäre der Lieferant so auch von der wirtschaftlichen Situation von hessnatur abhängig. hessnatur hat vor diesem Hintergrund eine Bestandsauf­nahme gemacht und auf Basis von Expertise und Pro­gnosen genau definiert, welche Materialien und in welchen Ländern die Produktion weiter ausgebaut oder ge­ halten werden soll, bzw. wo ein Engagement weniger zielführend ist. Das Ergebnis ist eine klare Orientierung auf die Produktion in Europa sowie eine Fokussierung auf Länder und Regionen, in denen besondere Materialien ihren Ursprung haben bzw. das entsprechende Know-how zu finden ist. Aufbauend auf dieser Analyse und vor dem Hintergrund des Einsatzes für einen fairen und nachhaltigen Umgang mit den Lieferanten wurden zwei Grundregeln aufgestellt: Ein Lieferant soll nie mehr als 30 Prozent an dem hessnatur Sortiment haben. Ebenso soll der Anteil von hessnatur an der Produktion eines Lieferanten 30 Prozent nicht übersteigen. Darüber hinaus wurde ein Tool mit Kriterien zur genauen Bewertung der einzelnen Liefe­ ran­ten entwickelt, welches dem Lieferanten-­ Bewertungsgespräch zugrunde liegt. Im Be­­richts­jahr hat der Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) dieses Tool weiterentwickelt, um die Leistungen der Lieferanten im Bereich Sozialstandards noch differenzierter bewerten zu können: Die Bewertung erfolgt nun auf Basis der ein­zelnen Produktionsstätten, von denen oft mehrere unter einem Lieferanten für hessnatur pro­duzieren. Auch wenn der Lieferant der Ansprechpartner für hessnatur ist, liegt ein großer Teil der Kooperationsbereitschaft und Verantwortung zur Verbesserung von Arbeitsbe­ dingungen bei den Produktionsstätten selbst. Darüber hinaus wird nun auch der Umgang der Produktionsstätten mit Beschwerden von Arbeitern, die über die Fair Wear Foundation Complaints Hotline bei hessnatur eingehen, bewertet.

ÖKOLOGISCH Der Schwerpunkt für die Produktion liegt in Europa. Für besondere Materialien geht hessnatur in die Ursprungsländer.

5.2 BEREICHSÜBERGREIFEND: Das Lieferantenbewertungsgespräch Jeweils zu den zwei Hauptsaisons im Jahr gibt es ein Lieferantenbewertungsgespräch. Daran nehmen verschiedene Bereiche wie Einkauf, Technik, Finanzbuchhaltung und CSR – zuständig für die Um­setzung der Sozialstandards und die ökologische Qualität der Materialien – teil. Bei diesem Termin wird die Zusammenarbeit umfassend bewertet: War die Qualität in Ordnung? Hat der Lieferant pünktlich geliefert? Gab es Schwierig­ keiten bei den Arbeitsbedingungen, zum Bei­spiel Beschwerden von Arbeitern aus dem Betrieb oder Auffälligkeiten bei einer Betriebskontrolle? Schließlich wird gleichberechtigt darüber entschieden, ob die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten weiter aus- oder ab­gebaut wird.

5.3 DER BEREICH Einkauf Nach Veränderungen im letzten Geschäftsjahr bilden die Bereiche Einkauf, Disposition, Technik und CSR nun eine organisatorische Einheit. Gerade die Einkäufer arbeiten intensiv mit den hessnatur Lieferanten zusammen. Sie entscheiden auf Basis des Lieferanten­­­­ be­wertungsgesprächs, welcher Lieferant welche Produkte für hessnatur produziert. Um Sozialstandards bei den Lieferanten und ihren Produktionsstätten sicherzustellen, arbeitet der Bereich CSR eng und kooperativ mit dem Bereich Einkauf zu­sammen. Im Falle eines verabredungswidrigen Verstoßes eines Lieferanten gegen die hessnatur Standards hat der Bereich CSR das Recht und die Pflicht, darauf hinzuweisen und die Auf­ träge gegebenenfalls zu stoppen.

5.3.1 Integration von Sozial­stan­dards in die Einkaufentscheidungen Zwischen den Bereichen Einkauf und CSR ist eine tägliche Abstimmung notwendig. Maßnahmen bei Lieferanten werden zwar allgemein festgelegt, individuelle Lösungen müssen dennoch immer wieder neu gefunden werden. Die enge Zusammenarbeit im Hause hessnatur ist dafür Grundlage.

24  hessnatur Sozialbericht 2014/15

• Ablauf bei der Auswahl neuer Lieferanten Es müssen viele Vorbedingungen erfüllt sein, bevor hessnatur die Entscheidung trifft, mit einem neuen Lieferanten zusammenzuarbeiten. Einen neuen Lieferanten zu finden, der zu hessnatur passt, ist Aufgabe des Einkaufs. Es gilt jedoch: Nur wenn auch die Sozialstandards geprüft wurden, kann ein Lieferant ein neuer Lieferant für hessnatur werden. • Lieferantenleitfaden Der Lieferantenleitfaden ist das Basiswerk für jeden Lieferanten. Dort sind die Anforderungen von hessnatur definiert. Seien es die ökolo­ gischen Kriterien, die Lieferanforde­rungen, Einkaufsbedingungen oder Sozial­standards. Der Lieferantenleitfaden muss von jedem Lieferanten von hessnatur unterschrieben werden. Ohne Unterschrift keine Zusammen­ arbeit! Darauf achten der Bereich Einkauf und der Bereich CSR gemeinsam. • Auditplanung Zu Beginn jedes Geschäftsjahres wird der neue Auditplan erstellt. Dieser listet auf, wann welcher Lieferant wie auf Sozialstandards kontrolliert, besucht und informiert werden soll. Der Plan wird stets mit dem Einkauf abgestimmt. Dabei achtet hessnatur darauf, dass sowohl das Management als auch die Mitarbeiter eines Unternehmens die Zeit finden, sich ausführlich mit den sozialen Standards zu beschäftigen.

In wöchentlichen Meetings wird der aktuelle Soll-Ist-Status besprochen und, falls notwendig, werden frühzeitig Steuerungsmaßnahmen eingeleitet, um die geplanten Termine einhalten zu können. Damit verbunden ist eine kontinuierliche Verbesserung interner Abläufe, um auf der einen Seite extreme Arbeitsbelastungen zu Spitzenzeiten und Doppelarbeit zu reduzieren sowie auf der anderen Seite eine hohe Disposi­ tionssicherheit für eine optimale Belieferung der Kunden zu erzielen. Diesen Prozess unterstützt seit über einem Jahr eine neue PDM-Software (Produktdatenmanagement). Diese ermöglicht eine optimale, transparente Kommunikation aller Daten rund um ein Modell in­klusive aktuellem ProzessStatus. Sie sorgt für einen schnellen, zentralen Informationszugriff für alle im Kollektionserstellungsprozess beteiligten Bereiche und senkt die Durchlaufzeiten. In der folgenden Übersicht ist der Kollektionserstellungsprozess am Beispiel der Frühjahr/ Sommer-Saison dargestellt. Der Kollektionserstellungsprozess Meilenstein-Termine

Zeitraum

Kollektionsentwicklung

Februar bis März/April

Lieferantenbewertungsgespräch

Februar

Seit mehr als drei Jahren wird der Kollektionserstellungsprozess von der Produktentwicklung bis hin zur Warenauslieferung bei hessnatur kontinuierlich optimiert.

Konzeptpräsentationen

April

Erstmusteranprobe/ Erstmusterbeurteilung

Mai bis Juli

Finale Artikelauswahl

Juni/Juli

Ziel ist es, alle Aktivitäten rund um den Kollek­ tionserstellungsprozess bestmöglich zu koor­ dinieren, um die planmäßige Fertigstellung der Kollektion und deren Auslieferung sicherzustellen. Viele Bereiche arbeiten dabei Hand in Hand: Geschäftsführung, Category Management, Design, CSR, Einkauf und Technik.

Bestellfreigabe für die gesamte Saison

August

Foto- und Katalogproduktion

August bis Dezember

Warenanlieferung

November/Dezember

Katalogversand

Mitte Januar

5.3.2 Der hessnatur Kollektions­ erstellungs­prozess

Ein wichtiges Controlling-Instrument für die Gewährleistung eines effizienten und reibungslosen Ablaufs im saisonalen Kollektions­erstel­lungsprozess ist der Terminrahmenplan. Dieser beinhaltet klar definierte Meilen­stein-Termine und Aufgaben und schafft damit für alle betroffenen Bereiche Verantwortlichkeit, Verbindlichkeit und Transparenz im Tagesgeschäft.

5.3.3 „Never Out of Stock“Produkte

Moderne Planung und traditionelle Produktion sind bei hessnatur kein Widerspruch sondern eine ideale Ergänzung.

oder Handtücher, die fortlaufend im Sortiment angeboten werden. Die zwölf zurzeit an das System angebundenen Textillieferanten erhalten für diese Artikel eine Abnahmega­ rantie über einen längeren Zeitraum hinweg. Dies bietet dem Lieferanten Freiraum, seine Produktionsabläufe zeitlich besser zu planen. Durch die gleichmäßige Produktionsauslastung werden saisonale Schwankungen abgeschwächt und die Spitzenzeiten der Fertigung entlastet. Hierdurch können die benötigte Fertigungszeit der Arbeiter besser verteilt und exzessive Überstunden vermieden werden sowie ein gleichmäßiges Grundeinkommen der Arbeiter bei angemessenen Arbeitszeiten gefördert werden. Dieser Sachverhalt wurde auch von einer Fabrik in Bosnien-Herzegowina bestätigt, die NOS-Artikel für hessnatur produziert. Der Betrieb selbst beschrieb, dass die Produktion hierdurch besser planbar ist. Auch das durchgeführte Audit bestätigte, dass die Arbeitszeiten gut verteilt sind und keine exzessiven Überstunden geleistet werden. Die lange im Voraus bestellten Produkte werden anschließend je nach tatsächlichem Bedarf von hessnatur abgerufen, wobei jedoch wie beschrieben die angegebene Mindestabnahme garantiert bleibt. Sollten zum Zeitpunkt der Auslieferung von Lieferantenseite doch einmal Probleme auftreten, zeigt sich hessnatur flexibel und unterstützt den Lieferanten dabei, diese unkompliziert zu lösen.

Neben dem oben beschriebenen Produktionszyklus hat hessnatur seit dem Geschäftsjahr 2011/12 „Never Out of Stock“-Produkte (kurz NOS). NOS-Artikel sind Produkte, wie zum Beispiel Wäsche, Babybodys, Bett­waren

hessnatur Sozialbericht 2014/15  25

6 AKTEURE ZUR ÜBERPRÜFUNG DER SOZIALSTANDARDS VOR ORT Neben den Lieferantenbesuchen und Kon­ trollen, die von hessnatur durchgeführt werden, werden auch externe, unabhängige Gutachter und Instanzen beauftragt. Im Folgenden werden diese vorgestellt. Im Speziellen wird auf die Fair Wear Foundation (FWF)* und deren Vorgehen bei der Auditierung eingegangen. Zudem werden der hessnatur Screen und das Beschwerdemanagement vorgestellt.

6.1 DIE FAIR WEAR Foundation Die Fair Wear Foundation – kurz FWF – ist eine internationale Organisation mit Sitz in den Niederlanden. Sie hat das Ziel, Arbeits­ bedingungen in der Bekleidungsherstellung zu verbessern und die gemeinschaftliche so­ ziale Verantwortung zu fördern. Unternehmen, die der FWF beitreten, verpflichten sich, die Sozialstandards in ihren Herstellungsbetrieben umzusetzen und zu kontrollieren. Das Besondere an der FWF: Sie ist eine sogenannte Multi-Stakeholder-Organisation, d. h. es sind all jene Gruppen als Mitglieder vertreten, die mit der Bekleidungsherstellung zu tun haben: Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Hersteller und Händler. Dadurch wird eine möglichst breite Teilhabe aller Stakeholder oder Betroffenen am Verbesserungsprozess der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsherstellung ermöglicht. Die FWF hat eigene Sozialstandards ent­ wickelt, die auf den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) basie­ ren und die hessnatur übernommen hat. Bei Unterschieden oder Widersprüchen zwischen den FWF-Standards und der lokalen Gesetzgebung gelten die jeweils höheren Anforderungen. Die sozialen Standards und die Anforderungen an deren Umsetzung sind im „Arbeitsverhaltenskodex der FWF“ zusammengefasst. Mitglieder der FWF stimmen diesem Kodex und der Überprüfung seiner Einhaltung durch die FWF formell zu.

Die Grundsätze des FWF-Arbeitsverhaltens­ kodex sind: Marken und Produzenten teilen sich die Arbeit an der Verbesserung der Sozial­ standards. Die Arbeitsstandards entsprechen den weithin akzeptierten ILO Konventionen und der universellen Menschenrechtsdeklaration der UN. Die Umsetzung der Standards wird als Prozess verstanden, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Lokale Beteiligte werden bei der Auditierung und bei Korrekturmaßnahmen einbezogen. Die Umsetzung des Arbeitsverhaltens­ kodex durch die Mitglieder wird unabhängig überprüft („externe Überprüfung“ oder „Verifizierung“).

• • • • •

Die FWF führt nicht nur Audits in den Zu­ lie­ferbetrieben durch. Jedes Mitglied muss regelmäßig Bericht über Fortschritte oder Missstände an die FWF erstatten. Zusätzlich findet regelmäßig eine Prüfung des Mitgliedsunternehmens statt.

Besonderheiten der Fair Wear Foundation Audits, d. h. Betriebskontrollen, werden durch lokale, von der FWF geschulte Audit-Teams aus dem jeweiligen Produktionsland durchgeführt. Sie sind fester Bestandteil des Monitoringsystems von Sozialstandards bei hessnatur. Dadurch können kulturelle und regionale Besonderheiten berücksichtigt werden. Die Kommunikation wird einfacher, das Vertrauen ist größer als gegenüber landesfremden Personen. Oft wissen die Arbeitnehmer sehr wenig über ihre Rechte und Pflichten. Die FWF informiert darüber im Rahmen von WEP Trainings. Ein neutrales Beschwerdesystem ermöglicht dem Arbeitnehmer, sich bei Problemen an kom­ petente Ansprechpartner vor Ort zu wenden. Der Auditbericht des Teams der FWF geht nur an hessnatur und wird dem Produktionsbetrieb anschließend weitergeleitet und besprochen. Während des Audits muss das Management des Betriebes anwesend sein. Das Audit-Team muss Zugang zum Betrieb und allen anderen wichtigen Einrichtungen bekommen.

* Weitere Details zur FWF gibt es im Internet unter www.fairwear.org.

26  hessnatur Sozialbericht 2014/15

WEGWEISEND 2005 tritt hessnatur als erstes deutsches Unternehmen der Fair Wear Foundation bei, die neben den Produktionsstätten auch hessnatur auf die Einhaltung und die Verbesserung der sozialen Standards überprüft.

Audits durch die Fair Wear Foundation Ein Audit-Team besteht in der Regel aus drei Inspektoren: einem Dokumentenprüfer, einem Prüfer für Arbeitssicherheit (Health & Safety) sowie einem Inspektor für Mitarbeiterinterviews. Ein Audit dauert ca. 1½ –2 Tage. Die folgenden Gespräche und Untersuchungen werden während des Audits durchgeführt: Gespräche mit dem Management und dessen Mitarbeitern Gespräche mit einigen Arbeitern im Betrieb; ein Teil dieser Gespräche wird üblicherweise außerhalb des Betriebes durchgeführt Gespräche mit lokalen Gruppen wie zum Beispiel Gewerkschaften, anderen Organisationen, die sich mit der Thematik beschäftigen, Wirtschaftsverbänden und lokalen Behörden Inspektion von Firmenunterlagen, insbesondere in Verbindung mit Lohnabrechnung, Einstellung von Mitarbeitern und Arbeitszeit­ erfassung Inspektion der Sicherheit & Gesundheit am Arbeitsplatz

• • • • •

6.2 PRÜFUNG durch unbhängige Gutachter und andere Organisationen Seit 2009 fordert hessnatur alle Lieferanten auf, ausführlich über Beachtung und Umsetzung der Sozialstandards zu berichten. So kann sowohl der Kontakt mit den Lieferanten kontinuierlich intensiviert als auch das Bewusstsein für gerechte Arbeitsbedingungen gestärkt werden. Viele Lieferanten haben hessnatur mitgeteilt, dass in ihren Betrieben bereits Sozialaudits durchgeführt wurden, in einigen Fällen durch international anerkannte und unabhängige Organisationen. Soweit die Lieferanten einverstanden waren, wurden diese Ergebnisse von hessnatur geprüft und bei der Umsetzung der Sozialstandards vor Ort berücksichtigt. So können Doppel-Auditierungen vermieden und Kosten sowie Zeit für alle Seiten gespart werden.

Der „hessnatur Screen“ hessnatur will die Produzenten nicht nur gut kennen, sondern sie auch ganz genau „unter die

Bevor das Audit-Team seinen Bericht an hessnatur gibt, bespricht es die Auditergebnisse mit dem Management des besuchten Betriebes. Wenn die Arbeitsbedingungen im Betrieb den Sozialstandards nicht entsprechen, erstellt das Team Empfehlungen für Verbesserungen („Corrective Action Plan“, kurz CAP). Diese werden ebenfalls mit dem Betrieb besprochen.

Lupe nehmen“. Deshalb überzeugen sich die

Nach dem Audit ist eine Vereinbarung zwischen dem Betrieb und hessnatur über notwen­dige Verbesserungen vorgesehen. Das be­deutet, es wird ein Zeitrahmen vereinbart, in dem der CAP umgesetzt wird. Die Umsetzung wird durch einen Nachfolgebesuch der Fair Wear Foundation oder durch ein weiteres Audit überprüft.

Der persönliche Kontakt schafft die Basis für eine

Die Einhaltung der international anerkannten Sozialstandards ist für hessnatur und seine Kunden selbstverständlich. Diese Art der Zusammenarbeit ist ein bedeutender Teil der Marke und damit unverzichtbar für hessnatur. Die Lieferanten werden von hessnatur als konstruktive Geschäftspartner angesehen, die diese Werte teilen und hessnatur beim Monito­ ring von Sozialstandards und bei der Umsetzung der Verbesserungsvorschläge tatkräftig unterstützen.

28  hessnatur Sozialbericht 2014/15

verantwort­­lichen Mitarbeiter selbst und vor Ort von der Umsetzung der hessnatur Standards. hessnatur Fachleute prüfen die Einhaltung der Sozialkriterien in ausführ­lichen Betriebsbegehungen, bei denen Arbeitssicher­heit und Dokumen­ tation kontrolliert werden. Der „hessnatur Screen“ reicht vom korrekten Anbringen der Feuer­löscher bis hin zur Überprüfung der Arbeitsverträge. Und: vertrauensvolle Zusammen­arbeit und die Möglichkeit, Verständnis für Sozialstandards zu schaffen.

6.3 BETRIEBSBESUCHE durch hessnatur Der hessnatur Screen, ein Verfahren für Betriebskontrollen durch hessnatur Mitarbeiter, wurde im Jahr 2008 entwickelt. Der EDVgestützte hessnatur Screen wird nach jedem Betriebsbesuch optimiert und den Bedingungen vor Ort sowie den Ansprüchen von hessnatur angepasst. Durch verschiedene Betriebsbesuche hat sich der hessnatur Screen als wertvolle Ergänzung und Zuarbeit zu den Audits der FWF bewährt.

6.4 BESCHWERDEMANAGEMENT Alle hessnatur Lieferanten erhalten zu Beginn der Zusammenarbeit den Arbeitsverhaltens­ kodex. Inhalt ist neben den acht Sozialstandards in Landessprache auch der Kontakt für eventuelle Beschwerden. Weiter müssen alle Lieferanten und Verantwortlichen für Produktionsorte bestätigen, dass die Sozialstandards eingehalten werden und der Arbeitsverhaltenskodex für die Mitarbeiter im Betrieb aushängt. Im letzten Geschäftsjahr wurde dies zunehmend durch die Anfrage von Fotos der Aushänge kontrolliert. Nur wenn die Sozialstandards und der Kontakt für eventuelle Beschwerden ausgehängt sind, können Mitarbeiter vor Ort auch Beschwerden einreichen. Im Geschäftsjahr 2014/15 gingen über die Beschwerde-Hotline in Summe zehn Beschwerden von Arbeitern aus Zu­lieferbetrieben in der Türkei bei hessnatur ein. Im Folgenden werden die Beschwerden und das weitere Vorgehen kurz dargestellt.

Eine Beschwerde bezog sich auf exzessive Überstunden während des Ramadan. Da auch der Auditbericht des kürzlich stattgefundenen Audits diese Thematik bestätigte, unternahm die CSR-Verantwortliche kurzfristig eine Reise, um den Lieferanten vor Ort zu treffen. Da die Überstunden ein angemessenes Maß überschritten, wurden verschiedene Maß­nah­ men zur sofortigen sowie der langfristigen Verbesserung der Situation vereinbart. Ein Besuch durch die FWF zur erneuten Überprüfung der Situation ist demnächst geplant. In einer lokalen Zeitung wurde beschrieben, dass Arbeiter vor einer Fabrik protestieren, da sie aufgrund von Gewerkschaftsmitgliedschaft gekündigt worden seien. Der hieraus formu­lierten Beschwerde folgte ein Gerichtsverfahren, in dem erklärt wurde, dass die Kündigungen nicht rechtmäßig ausgesprochen wurden. Hiernach stellte der Lieferant einige Mitarbeiter wieder ein. Dennoch ist es schwierig, den Fall rückwirkend vollständig zu klären. Aus diesem Grund versuchte hessnatur in enger Zusammenarbeit mit anderen Marken den Dialog zwischen Gewerkschaft und Lieferant zu fördern. Nach langfristigen Vermittlungsversuchen und vielen persön­ lichen Gesprächen vor Ort gelang es hess­natur, Gewerkschaft und Lieferant an einen Tisch zu bringen. Hierdurch wurde eine wichtige Basis für die weitere Kommunikation und mögliche Annäherungen gelegt. Darüber hinaus wird mit einer anderen Marke an einem­ gemeinsamen Training zur Verbesserung der­ Kommunikation zwischen Arbeitern und Management gearbeitet. Drei Beschwerden aus der Türkei erreichten hessnatur in Bezug auf eine unfaire Vorgehensweise bei der Kündigung von Arbeitern. Die Personen gaben beispielsweise an, aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes gekündigt oder zur Kündigung gedrängt worden zu sein. In nachfolgenden Untersuchungen in Zusammenarbeit mit der FWF konnten in den Dokumenten rückwirkend keine unrechtmäßigen Vorgehensweisen bei der Kündigung festgestellt werden. Die Beschwerden formen jedoch den Eindruck, dass ein generelles Kommunikationsproblem zwischen Arbeitern und Management vorliegt. In der Fabrik fand bereits ein WEP Training für das Management statt, welches nun auf die Arbeiter ausgeweitet werden soll. Eine weitere Beschwerde ging zum Thema der

hessnatur Sozialbericht 2014/15  29

30  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialbericht 2014/15  31

eingeschränkten Versammlungsfreiheit und un­ fairer Kündigung aufgrund von Gewerkschaftsmitgliedschaft ein. Zusammen mit der Fair Wear Foundation wurde entschieden, das Thema ganzheitlich anzugehen und ein Audit zur weiteren Analyse der Situation durchzuführen. Im Anschluss an das Audit ging eine weitere Beschwerde ein, ebenfalls zu unfairer Kündigung. Im Nachgang konnten keine unrechtmäßigen Vorgehensweisen bei der Kündigung festgestellt werden. Jedoch scheint auch hier die Kommunikation zwischen Arbeitern und Management problematisch. Daher wird jetzt ein WEP Training geplant. Außerdem werden die Beschwerden bei der Umsetzung des CAPs einbezogen. Von Mitarbeitern eines anderen Lieferanten gingen drei weitere Beschwerden ein. Zwei davon bezogen sich auf die verspätete Zahlung von Löhnen und eine auf die verspätete An­meldung zur Sozialversicherung. Die Fälle wurden mit dem Lieferanten besprochen und es fand ein WEP Training sowie ein Verification Audit statt. Das Audit bestätigte die Beschwerden zum Teil, sodass die CSR-Verantwortliche die Beschwerden während eines Besuches vor Ort erneut thematisierte. Der Lieferant sicherte in persönlichen Gesprächen die zukünftig fristgerechte Zahlung der Löhne zu, welches zukünftig zu überprüfen bleibt. Darüber hinaus nahm der Lieferant an dem Social Dialogue Seminar teil. Fazit: Die im Berichtsjahr eingegangenen Beschwerden verdeutlichen, dass sich Angestellte in der Türkei mehr und mehr über Ihre Rechte bewusst werden und daher die Möglichkeit, sich zu beschweren und Zugeständnisse ein­ zufordern häufiger nutzen. Gleichzeitig wird jedoch klar, dass die Kommunikation zwischen Angestellten und Management nicht ausreichend funktioniert, um Probleme und Lösungs­möglichkeiten intern zu klären. Denn die Beschwerdehotline soll Arbeitern zwar zusätzliche Sicherheit bieten, jedoch nur genutzt werden, wenn interne Klärungsver­suche gescheitert sind. hessnatur ist sich dessen bewusst, bezieht die Beschwerden beim Nachhalten von Audits ein und wird den Dialog zwischen den beteiligten Parteien durch Be­ suche und Trainings vor Ort weiterhin vor­ antreiben.

7 MONITORINGMASSNAHMEN BIS ZUM ABSCHLUSS DES GESCHÄFTSJAHRES 7.1 ÜBERSICHT der Monitoringmaßnahmen Kontrollen zur Einhaltung der Sozialstandards werden bei hessnatur im Rahmen des Monitoringsystems durchgeführt. Dieses auf drei Kernelementen basierende System wurde bereits ausführlich geschildert. In dem folgenden Kapitel geht es nun um die Um­setzung und Maßnahmen vor Ort bei den einzelnen Produktionsstätten in Risiko­ ländern. Die Fair Wear Foundation (FWF) unterscheidet zwischen Ländern mit geringerem Risiko und Ländern mit höherem Risiko. Das Risiko bezieht sich in diesem Fall auf die Einhaltung von lokalen Gesetzen und internationalen Standards. In Ländern mit geringerem Ri­siko wird die Einhaltung der Gesetze und Standards in der Regel gut von den Gesetzgebern kontrolliert und überwacht. Zu diesen Ländern zählen die Mitgliedsstaaten der EU, außer Bulgarien und Rumänien. In den sogenannten Risikoländern zeigt sich dagegen oft eine Diskrepanz zwischen vorhandenen Gesetzen und Standards und deren Einhaltung. Daher gilt für diese Länder in Bezug auf die Arbeits­ bedingungen erhöhter Handlungsbedarf. Grund­ sätzlich müssen 90 Prozent des Einkaufs­wertes aus Betrieben stammen, die entweder nicht in Risikoländern liegen oder auditiert wurden. Je nach Umfang der Verbesserungsmaßnahmen kann deren Umsetzung viele Monate in Anspruch nehmen. Mit den folgenden Betriebsstätten hat hessnatur im Geschäftsjahr 2014/15 an der Umsetzung von Ergebnissen aus Audits, Betriebsbesuchen und dem Dialog mit Lieferanten gearbeitet. Die Implemen­ tierung der Ergebnisse erfolgt dabei unab­ hängig davon, ob der Lieferant von der FWF, hessnatur, einem unabhängigen Gutachter oder einer international an­erkannten Organisation besucht wurde.

Anzahl der Produktionsbetriebe nach Ländern, Besuche und Audits*, Stand 30.09.2015 Niedrig-Risikoländer Länder

Anzahl der Betriebe INSGESAMT

Anzahl Besuche durch hessnatur im Berichtsjahr

Risikoländer Länder

Anzahl der Betriebe INSGESAMT

Anzahl der auditierten Betriebe

Deutschland

27

9

Bangladesch

1

1

England

1

0

Bosnien und Herzegowina

2

2

Italien

11

0

China

9

8

Kroatien

2

0

Indien

1

1

Litauen

6

5

Marokko

1

1

Österreich

2

0

Mazedonien

3

1

Polen

7

5

Mongolei

1

0

Portugal

5

6

Nepal

2

Sozialprojekt

Slowakei

3

0

Peru

11

10

Spanien

1

0

Rumänien

4

3

Tschechische Republik

5

0

Sri Lanka

1

1

Ungarn

6

6

Thailand

3

3

Türkei

13

10

Insgesamt

76 Entspricht einem Einkaufswert von:

31 47 %

Ukraine

1

0

Vietnam

2

1

Weißrussland

1

1

Insgesamt

56

43

Entspricht einem Einkaufswert von:

50%

* Manche Lieferanten sind mehrfach auditiert. Der Bericht führt den letzten Stand an. Mehrfach auditierte Produktionsbetriebe werden einfach gezählt.

Die Tabelle zeigt, dass 97 Prozent des gesamten Einkaufswertes relevanter Ware aus Betrieben kommt, die entweder nicht in Risikoländern liegen (47 Prozent) oder auditiert wurden (50 Prozent). Im Folgenden sind die detaillierten Heraus­ forderungen in den einzelnen Risikoländern ­tabellarisch dargestellt. Diese ergeben sich aus den in den letzten drei Jahren stattgefundenen Audits. Stand: 30.09.2015. Die aufgeführten Prozentzahlen geben an, wie viele der beim letzten Audit aufgetretenen ­Befunde bislang behoben bzw. verbessert werden konnten. Da die Anzahl und das Ausmaß der Befunde sowie die erforderliche Umsetzungsdauer für die Verbesserungsmaßnahmen stark variieren können, kann dieser Wert nicht für einen Vergleich der Länder untereinander oder für einen Jahresvergleich herangezogen werden. Hat beispielsweise ein Betrieb einen kleinen Befund noch nicht bereinigt, so hätte

dieser einen Umsetzungsgrad von null Prozent, wäre aber dennoch auf einem wesentlich besseren Niveau als ein Betrieb mit zehn Befunden, von denen bisher 50 Prozent bereinigt wurden. Wird ein Betrieb, der zuvor einen Umsetzungsgrad von 100 Prozent hatte, ein weiteres Mal auditiert, heißt dies nicht, dass es keine neuen Befunde gibt. Hieraus geht hervor: Die Arbeit an den Sozialstandards hat für hessnatur Prozesscharakter.

Bewertungs-Kennzahlen 8 Zufriedenstellendes Ergebnis 6 Mängel, die kurzfristig/ eher leicht zu verbessern sind 4 Mängel, die mittel- bis langfristig/ eher schwieriger zu verbessern sind 2 Mängel, die trotz Aufforderung nicht behoben wurden 0 Keine Kooperationsbereitschaft/ Lieferant verweigert Dialog

Bevor die detaillierten Ergebnisse der ein­zelnen Audits vorgestellt werden, hier eine Übersicht zum Status quo.

32  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialbericht 2014/15  33

7.2 SITUATION UND HERAUSFORDERUNGEN in den einzelnen Risikoländern BANGLADESCH Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

1

0

1

Audits

Umsetzungs­stand

Accord für Feuer- und Gebäude­sicherheit

Besuche durch hessnatur im Berichtsjahr

13 %

1

2

Situation der Einhaltung von Sozialstandards 8 6 Persönliche Schutz­ausrüstung muss vom Arbeitgeber bereitgestellt werden. Darüber hinaus ist es jedoch erforderlich, dass Angestellte über bestehende Risiken informiert werden und mögliche Schutzvorkehrungen tatsächlich nutzen.

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Im Berichtsjahr produzierte ein Lieferant in Bangladesch Babybodys für hessnatur. Unter der Vereinbarung Accord für Feuer- und Gebäudesicherheit in Bangladesch wird der Liefe-

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rant weiterhin regelmäßig von einer externen Organisation geprüft. Die Produktion fand im Rahmen eines Projektes statt, welches nun beendet ist und ist daher nicht mehr aktiv.

BOSNIEN UND HERZEGOWINA Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

2

0

2

Audits

Umsetzungsstand

CHINA Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

9

6

2

Audits

Umsetzungs­stand

WEP Trainings

Besuche durch hessnatur im Berichtsjahr

26 %

5

6

Situation der Einhaltung von Sozialstandards

68 %

8 6

Situation der Einhaltung von Sozialstandards

4 8

2

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In Bosnien und Herzegowina fertigen zwei kleinere Produktionsstätten in langjähriger Kooperation vor allem Strickwaren und Wäsche für hessnatur. Die Auditergebnisse verdeutlichen vor allem Probleme in Bezug auf eine demokratisch gewählte Arbeiter­vertretung und existenz­sichernde Löhne. Durch ein mit hessnatur entwickeltes „Never Out of Stock“-System konnte die Auslastung der Produktion bei einem Lieferanten gleich-

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mäßiger über das Jahr verteilt und so Überstunden reduziert werden. Während des Audits wurden Mängel in der Dokumentation der Arbeitszeit gefunden, die kurzfristig zu beheben waren. In stetigem Kontakt mit den Lieferanten wurde zudem in einer relativ kleinen, familiären Fabrik eine Vertrauensperson für die Mitarbeiter ernannt. Weitere Maßnahmen werden in Kooperation mit den Lieferanten geplant.

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In China werden für hessnatur häufig Produkte aus Seide und Hanf gefertigt, da diese Roh­ materialien speziell dort hergestellt werden. Mit den meisten chinesischen Lieferanten arbeitet hessnatur bereits seit über fünf Jahren zusammen. Im letzten Geschäftsjahr wurde ein Großteil der Produktionsstätten neu auditiert. Die Hauptprobleme liegen hier bei den Punkten Versammlungsfreiheit und Arbeitszeiten. Aufgrund der staatlich kontrollierten Gewerk-

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schaften ist es schwierig, die Freiheit der Arbeiter zu Kollektivverhandlungen sicherzustellen. Positiv fällt hier die Entwicklung der Lohnzahlungen auf: In einer Fabrik erhalten die meisten Arbeiter bereits Gehälter über dem Living Wage*. In einer weiteren Fabrik gilt dies ebenfalls, sofern die Bonusleistungen in Form von Essen und Wohnheim dazu gezählt werden. Zu den neuen, kürzlich stattgefundenen Audits steht hessnatur in intensivem Kontakt mit den Lieferanten und wird Verbesserungen vor Ort im kommenden Jahr weiterhin vorantreiben.

* Es gilt der Richtwert der Asia Floor Wage Campaign und der gezahlte Lohn für eine 40-Stunden-Woche ohne Überstunden.

34  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialbericht 2014/15  35

INDIEN

MAZEDONIEN

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

1

1

0

Audits

Umsetzungs­stand

WEP Trainings

Besuche durch hessnatur im Berichtsjahr

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

65 %

1

1

3

1

0

Situation der Einhaltung von Sozialstandards

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Umsetzungs­stand

Living Wage Projekt

Besuche durch hessnatur im Berichtsjahr

17 %

1

3

Situation der Einhaltung von Sozialstandards

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hessnatur arbeitet mit einem deutschen Lieferanten zusammen, dessen Produktionsstätte in Indien Anfang 2014 auditiert wurde. Im letzten Geschäftsjahr besuchte das CSR-Team die Fabrik und besprach Lösungsmöglichkeiten direkt vor Ort. Viele Einzelmaßnahmen aus dem Bereich Gesundheit und Sicherheit wurden bereits implementiert, so gibt es nun trainierte Ersthelfer und einen gesonderten Raum zur Lagerung von Chemikalien. Zudem fand ein WEP Training statt, welches

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auf Wunsch des Lieferanten noch um Aspekte der Arbeitssicherheit erweitert wurde. Im Anschluss hieran wurde eine Arbeitervertretung gewählt, die nun die Interessen der Arbeiter im Austausch mit dem Management umsetzt. hessnatur steht in engem Kontakt mit dem Lieferanten und der Fabrik sowie mit einem anderen FWF-Mitglied, welches ebenfalls dort produziert. In enger Zusammenarbeit wird weiter an der Umsetzung offener Punkte gearbeitet.

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MAROKKO

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Mazedonien bleibt ein wichtiges Produktions­ land für hessnatur. In langjähriger Kooperation wird hier vor allem Jersey gefertigt. Auch hier konnten weitere Punkte verbessert werden: In Zusammenarbeit mit einem Label, welches ebenfalls Mitglied in der FWF ist, führte eine Produktionsstätte eine Schulung zum Arbeitsverhaltenskodex und der

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Beschwerdehotline für die Arbeiter durch. Im Rahmen des Living Wage Projektes der FWF nahm ein Lieferant von hessnatur am Round Table in Skopje teil. Die dort ver­ einbarten Maßnahmen werden auch im nächsten Geschäftsjahr weiter implementiert. Zudem stehen bei zwei Lieferanten neue Audits an.

MONGOLEI

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

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Audits

Umsetzungsstand

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

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Situation der Einhaltung von Sozialstandards

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Die neue Produktionsstätte in Marokko wurde vor Kurzem erstmalig von der FWF auditiert. Die größten Herausforderungen stellen hier existenzsichernde Löhne dar. Ein Betriebsrat existiert bereits, dennoch sind Verbesserungen

36  hessnatur Sozialbericht 2014/15

Umsetzungsstand NA

Situation der Einhaltung von Sozialstandards

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hin zur aktiven Funktionalität erforderlich. Diese und weitere Themen sind bereits mit dem Lieferanten thematisiert worden und werden im kommenden Geschäftsjahr verbessert.

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In der Mongolei werden feine Produkte aus Yak-Wolle hergestellt, die hessnatur seit vielen Jahren produzieren lässt. Das letzte Audit in der Produktionsstätte fand 2011 statt. Seitdem

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wurden die meisten Punkte umgesetzt. Im letzten Jahr zog die Fabrik um und ist aktuell noch dabei, sich neu einzurichten und die Produktion am neuen Standort aufzubauen.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  37

PERU

THAILAND

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

11

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10

Audits

Umsetzungs­stand

Day of Social Standards

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

94 %

11

3

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Situation der Einhaltung von Sozialstandards

Audits

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Alpakawolle und weitere Wollarten werden vor allem in Peru in Kleidungsstücke und Accessoires für hessnatur verwandelt. Hauptsächlich treten in Peru Herausforderungen bezüglich Arbeitssicherheit und Verträgen auf. So wurden zum Beispiel Kurzzeitverträge mit den Arbeitern vorgefunden, was in Peru

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üblich ist. Die Lieferanten in Peru wurden bereits vor einiger Zeit auditiert, sodass schon zahlreiche Maßnahmen umgesetzt werden konnten. Gerade der Besuch einiger Lieferanten durch das CSR-Team im Anschluss an die Audits trug hierzu bei. Im kommenden Geschäftsjahr sind neue Audits geplant.

Umsetzungs­stand

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Mit den thailändischen Lieferanten arbeitet hessnatur bereits seit mehreren Jahren zusammen. Alle Fabriken wurden von der FWF vor über einem Jahr auditiert, bei einer Produktionsstätte fand kürzlich ein Verification Audit statt. Insgesamt liegen die größten Herausforderungen bei Löhnen und bei der Versammlungsfreiheit. Auch wurden in Thailand neben kurzfristig zu verbessernden Aspekten einige Punkte zu Arbeitssicherheit und Ver­trägen vorgefunden. Durch intensiven Kontakt konnten zahlreiche Einzelmaßnahmen umgesetzt werden. So setzten zwei der Lieferanten beispielsweise ein eigenes Training zur verbesserten Arbeitssicherheit um. Feuerlöscher werden nun regelmäßig in­spiziert und kontinuierliche Verbesserungen der Arbeitssicherheit systematisch voraus­geplant. Darüber hinaus entwickelte hessnatur ein eigenes Gesamtkonzept zur Schaffung eines besseren Bewusstseins für Sozialstandards bei Arbeitern. In diesem Rahmen fand das hessnatur

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Awareness Training erstmals in einer thailändischen Fabrik statt, bei dem Management und Arbeiter getrennt zu Sozialstandards geschult wurden. In Thailand gibt es häufiger burme­ sische Arbeiter, die teilweise benachteiligt werden, da sie die lokale Sprache oft nicht lesen und sprechen können. In dem Training wurden thailändische und burmesische Arbeiter in gemischten kleinen Gruppen geschult und unter anderem die internen Kommunikationsstrukturen zum Management besprochen. Es wurde klar, das vor allem burmesische Arbeiter das bestehende Beschwerdesystem aufgrund von Unklarheit der Funktionsweise und aus kulturellen Gründen nicht nutzten. Die gemischten Gruppen förderten den Dialog zwischen den Angestellten unterschiedlicher Herkunft; das bestehende Beschwerde­system der Fabrik wurde gefestigt und Verbesserungsmöglichkeiten der Arbeitsbedingungen gemein­sam erarbeitet. Letztere wurden auch während der Schulung mit dem Management evaluiert.

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In der Produktionsstätte eines neuen Lieferanten von hessnatur fand kürzlich ein Audit statt, sodass nun die meisten Lieferanten in Rumänien in den letzten drei Jahren auditiert worden sind. Es zeichnen sich hier vor allem Herausforderungen zu Kollektivverhandlungen, Löhnen und Arbeitssicherheit ab.

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Einige Maßnahmen konnten bereits umgesetzt werden und auch mit dem neuen Lieferanten steht hessnatur in engem Kontakt für sinnvolle, langfristige Verbesserungen. Beispiels­weise ist im nächsten Jahr ein WEP Training geplant.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  39

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Die Türkei stellt für hessnatur eines der wichtigsten Produktionsländer dar, da der Großteil der Baumwollartikel dort hergestellt wird. So wurden bisher die meisten hessnatur Lieferanten vor Ort auditiert, davon fünf allein im letzten Geschäftsjahr. Ein Audit wurde abge­ brochen, das CSR-Team setzt sich derzeit noch für die Klärung des Vorfalls ein. Die größten Herausforderungen liegen in den Bereichen Vereinigungsfreiheit, Löhne und Arbeitszeiten. Darüber hinaus traten eine Vielzahl von Sicherheits- und Gesundheits­ themen auf, die teilweise kurzfristig, teilweise aber auch mittelfristig behoben werden können. Weiterhin aktuell bleibt die Problematik der Sozialversicherungsabgaben (Sozialstandard „Ver­träge“). Außerdem erreichten hessnatur mehrere Beschwerden aus der Türkei, die sich unter anderem auf die Punkte Überstunden und Gewerkschaftsfreiheit be­zogen.

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Im letzten Geschäftsjahr wurde an mehreren Punkten gezielt gearbeitet. So konnten bereits einige Einzelmaßnahmen zur verbesserten Sicherheit am Arbeitsplatz umgesetzt werden. Außerdem konnten im Bereich des Social Dialogues durch intensive Zusammenarbeit und viele persönliche Gespräche und Besuche vor Ort Fortschritte erreicht werden. So brachte das CSR-Team einen Lieferanten mit Gewerkschaftern an einen Tisch und konnte so einen wichtigen Grundstein für den weiteren Dialog legen. Zudem nahmen mehrere Lie­feranten an WEP Trainings teil und drei Lieferanten am Social Dialogue Seminar der FWF, welches gezielt auf das Thema Gewerkschaftsfreiheit einging. Des Weiteren unterstützte hessnatur eine Delegations­reise der FWF und organisierte mit einem Lieferanten vor Ort einen Workshop sowie eine Betriebsbesichtigung. Teilnehmer der Dele­ gation waren Vertreter von FWF, Gewerkschaften (international und lokal) sowie eines niederländischen Mode-Verbands.

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Seit dem vergangenen Geschäftsjahr arbeitet hessnatur mit zwei neuen Schuhlieferanten zusammen, die in je einer Produktionsstätte in Vietnam produzieren lassen. Bei einer der Fabriken liegt ein bestehendes, externes Audit vor. Die größten Herausforderungen,

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die sich hieraus ergeben, liegen in den Be­reichen Versammlungsfreiheit und Überstunden und werden im Austausch mit der Fabrik angegangen. Weitere Maßnahmen bei den Fabriken in Vietnam sind in Planung.

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Ein hessnatur Jersey-Lieferant lässt ein­en kleinen Teil seiner Produktion in Weiß­ russland fertigen. Aus diesem Grund fand dort 2012 ein FWF-Audit statt. Viele Themen gerade im Bereich Arbeitsschutz und Gesundheit wurden zeitnah verbessert. Auch größere Themen wie Lohnstruktur und Vereinigungsfreiheit wurden im Austausch mit hessnatur umgesetzt. Indem die Fabrik zunächst die für ein Produkt benötigte Fertigungszeit berechnete, wurde die Basis zur Zahlung existenzsichernder Löhne geschaffen. An-

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schließend wurde berechnet, welcher Lohn pro Minute für einen der Arbeitszeit entsprechenden existenzsichernden Nettolohn pro Monat erforderlich ist. Zudem sorgen ein detailliertes Enterprise-Ressource-Planning-System sowie fortschrittliche Produktionstechniken für eine effiziente Produktion und weniger Ausfälle durch Planungsfehler. Hierdurch stehen nun mehr Ressourcen für die Zahlung existenzsichernder Löhne zur Ver­ fügung, die aktuell an die meisten Angestellten in dem Betrieb geleistet werden.*

* Es gilt der Richtwert des Best Practice Beispiels für alle Branchen in der Vitebsk Region von 2012 und der gezahlte Lohn für eine ­40-Stunden-Woche ohne Überstunden.

40  hessnatur Sozialbericht 2014/15

hessnatur Sozialbericht 2014/15  41

7.3 ZUSAMMENFASSUNG: Situation und Herausforderungen in Risikoländern Situation und Herausforderungen – Durchschnitt über alle Risikoländer 8 6 4 2 0

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Im letzten Geschäftsjahr wurden einige Betriebe neu auditiert. Im Schnitt liegen die größten ­Herausforderungen weiterhin in den Bereichen Vereinigungsfreiheit, existenzsichernde Löhne und angemessene Arbeitszeiten. Aber auch in den Punkten Arbeitssicherheit und Verträge sind in manchen Betrieben noch weitere Ver­ besserungen erforderlich. Das Thema der Diskriminierung ist in Audits schwer messbar,

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erfordert jedoch weiterhin Verbesserungen. Aktuell sorgt hessnatur dafür, die kurzfristig umsetz­baren Maßnahmen der zahlreichen, neu auditierten Betriebe im Austausch mit den Lieferanten umzusetzen. Auch langfristige, schwierigere Themen werden wie gehabt durch Trainings, Projekte, Besuche vor Ort und partnerschaft­lichen Austausch vorangetrieben.

8 MASSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG DER SOZIALSTANDARDS 2014/15 Ergänzend zu Betriebsbesuchen und Audits in den Produktionsstätten unterstützt hessnatur auch durch Trainings und andere Programme. Alle Maßnahmen haben das Ziel, das Bewusstsein für Sozialstandards zu stärken, Verbesserungsmaßnahmen umzusetzen und die Arbeitsbedingungen stetig zu verbessern.

Aktivitäten eingeschlossen, von Diskussionen zur gemeinsamen Lösungsfindung zwischen Arbeitern und Management innerhalb einer Fabrik, bis hin zu kollektiven Lohnverhand­ lungen auf nationaler oder sogar internationaler Ebene. Ziel ist es, faire Übereinkünfte zu treffen und dabei Interessengruppen der Arbeitswelt demokratisch einzubinden (ILO, 2008).

8.1 LIEFERANTEN-Trainings

Gerade in der Türkei hat sich in den letzten Jahren jedoch gezeigt, dass es immer wieder zu Kommunikationsproblemen zwischen Arbeitern und Management kommt. Dies ist unter anderem auf ein teilweise geringes Bewusstsein über die Rechte der Arbeiter, auf kaum existente funktionierende Beschwerdesysteme und auf eine geringe Toleranz gegenüber Gewerkschaften zurückzuführen.

hessnatur unterstützt seine Lieferanten dabei, an Trainings der Fair Wear Foundation (FWF) und eigenen Trainings teilzunehmen.

8.1.1 Social Dialogue in der Türkei „Social Dialogue“ steht für klare Kommunikation und faire Verhandlungen zwischen Arbeitern und Management. Hierin sind zahlreiche

42  hessnatur Sozialbericht 2014/15

Um also ein verstärktes Bewusstsein für die Problematik zu schaffen und konkrete Verbes-

serungsmöglichkeiten zu besprechen, entwickelte die FWF das Social Dialogue Programm. Mehrere Maßnahmen, die zur Verbesserung des Dialoges beitragen sollen, sind unter diesem Programm zusammengefasst. Das WEP Training zahlt ebenso hierauf ein wie auch eine Reise im April mit der FWF, Gewerkschafts­ vertretern, Vertretern von Verbänden und hessnatur. Im Fokus dieser Reise stand vor allem der Dialog. Neben Betriebsbesuchen wurde ein Seminar zum Thema Social Dialogue organisiert und ein Partner von hessnatur begrüßte die Delegation im eigenen Betrieb. Drei hessnatur Lieferanten nahmen außerdem an dem Seminar der FWF zum Abschluss der Reise teil. Der Social Dialogue bleibt eine große Herausforderung in der Türkei. Mit der Reise, dem Seminar und vor allem dem WEP Training konnte hessnatur jedoch einen wichtigen Grundstein für die weitere Arbeit an dem Thema legen.

8.1.2 Worker Education Programme (Fair Wear Foundation) Das Worker Education Programme (WEP) wurde im Geschäftsjahr 2011/12 von der FWF entwickelt. Es dient dazu, das Bewusstsein für Sozialstandards in den Fabriken zu schärfen. Zudem sollen die Arbeiter aber auch das Management über ihre Rechte und Pflichten informiert und für das Thema sensibilisiert werden. Wie die Audits werden auch WEP Trainings von geschulten Trainern der FWF durchgeführt, welche die lokalen Sprachen und Gepflogenheiten be­ herrschen. Wichtige Bestandteile des Trainings sind, neben den acht Kernarbeitsnormen, das Beschwerdemanagementsystem und die Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Betriebe. Denn eines ist klar: Eine externe Beschwerde kann immer nur der letzte Schritt sein. Zu unterstützen sind vor allem eine gute interne Kommunikation und ein vertrauens­ volles internes Beschwerdesystem. Lieferanten von hessnatur nahmen an den ­ersten Testläufen teil: Es zeigte sich, dass es oft nicht an Bereitschaft mangelt, etwas zu tun, sondern am Wissen aller Beteiligten. Seitdem haben einige weitere Lieferanten ein WEP Training durchlaufen: In diesem Geschäftsjahr waren zwei türkische Partner, ein Betrieb in Rumänien und fünf chinesische Lieferanten beim WEP Training der FWF dabei. Im nächsten Geschäftsjahr sind weitere Trainings geplant.

8.1.3 hessnatur Awareness Programme Im Rahmen einer Masterarbeit wurde von hessnatur ein Gesamttrainingskonzept für Fabriken entwickelt. Das Konzept beinhaltet ein Awareness Training für Arbeiter und Ma­ nagement in den Fabriken, ein E-Learning Tool und Icons zu den acht Kernarbeitsnormen zur besseren Veranschaulichung der Kernarbeitsnormen mit Aushängen und in den Trainingsmaterialien. In diesem Geschäftsjahr wurde das Awareness Training als Pilotprojekt zunächst in Nepal bei einem Lieferanten durchgeführt. Dabei war auch das CSR-Team vor Ort. Nach dem Praxistest und der Evaluierung erfolgten ein paar Anpassungen und dann ein zweites Training in Thailand. Ähnlich dem WEP Training wurden sowohl die Mitarbeiter als auch das Management von lokalen, auf dem Gebiet der So­zialstandards erfahrenen Trainern, zu den acht Kernarbeitsnormen, beiderseitigen Rechten und Pflichten sowie Kommunikationsmechanismen zur Verbesserung der Arbeitsbe­dingungen geschult. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Bewusstseinsbildung durch interaktive Grup­pen­ übungen, Diskussionen und Fallbei­spiele. Da­bei werden Probleme zwischen Mitarbeitern und Management dargestellt und die bestehenden Lösungsmöglichkeiten anhand existierender Bedingungen und Kommunikationskanäle durch die Beteiligten selbst erarbeitet. Anschließend werden Verbesserungsmöglichkeiten mit Mitarbeitern und Management gemeinsam besprochen, sodass bei allen Beteiligten das Bewusstsein geschärft wird und darüber hinaus konkrete Verbesserungsmöglichkeiten für die individuelle Situation der Fabrik gefunden werden. Weitere Awareness Trainings sind in Planung.

hessnatur steht im ständigen Kontakt mit seinen Lieferanten, die an zahlreichen Veranstaltungen zum Thema Sozial­standards in den Produktionsländern teilnehmen.

hessnatur Sozialbericht 2014/15  43

8.1.4 Living Wage Projekt Mazedonien Eine mazedonische Produktionsstätte, die für hessnatur Bekleidung herstellt, beteiligt sich an einem Projekt der FWF. Ziel ist es, zu analysieren, inwieweit eine Steigerung der Produktivität zu einer Anhebung der Löhne führen kann. Hierfür wurden eine Untersuchung der Produktionsabläufe sowie eine Analyse der Gehälter durchgeführt. Ex­perten haben die Produktionsstätte und Abläufe unter die Lupe genommen und die Ergebnisse sowie Verbesserungsvorschläge in einem Bericht zusammengefasst. Im Ergebnis sollen mit dem Projekt höhere Löhne für die Arbeiter erzielt werden. Indem die Abläufe innerhalb des Betriebes und die Zulieferung von außen besser aufeinander abgestimmt werden, soll vermieden werden, dass es zu Standzeiten oder Koordinations­ problemen auf Kosten der Arbeiter kommt. Während eines „Roundtables“ vor Ort wurden die Ergebnisse des Projektes zwischen Pro­ duzenten, Gewerkschaften, Arbeitervertretern, der FWF und Auftraggebern diskutiert. hessnatur hat sich an dieser Dis­kussion beteiligt und an der Entwicklung von Lösungsansätzen mitgewirkt. Ein weiterer „Roundtable“, in dem die Er­ geb­nisse des letzten Jahres vorgestellt und die nächsten Schritte besprochen wurden, fand im September 2014 statt. Auch an diesem Treffen nahm ein Lieferant gemeinsam mit hessnatur teil. In einem nachgehenden Treffen wurde die Bereitschaft des Lieferanten sowie dessen Produktionsstätte in Mazedo­nien zur Mitwirkung an dem Projekt noch einmal bekräftigt. Zudem wurden die verschiedenen Möglichkeiten, wie existenzsichernde Löhne spezifisch in dieser Fabrik erzielt werden können, gesammelt. Im nächsten Geschäftsjahr ist ein weiteres Treffen vor Ort geplant, um das Projekt weiter voranzubringen und weiterführende Maßnahmen in Angriff zu nehmen.

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8.2 MULTI-STAKEHOLDERMeeting Das jährliche internationale Multi-Stake­holderMeeting der FWF fand im April 2015 in Amsterdam statt. Vertreten waren zahlreiche Marken und Hersteller aus verschiedenen Bereichen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaftsverbände, Mitarbeiter der holländischen Regierung, Einzelhandelsverbände, Vertreter der FWF und viele weitere Teilnehmer. Klare Themenschwerpunkte stellten die Vermeidung exzessiver Überstunden, existenzsichernder Löhne und die Prävention von Diskrimi­nierung und Belästigung von Frauen dar. In kleinen Gruppen wurden diese Themen erörtert und Lösungsansätze besprochen. Orientierung boten dabei Erfahrungen aus vorherigen Projekten, die kurz vorgestellt wurden und in die Dis­kussion einflossen. Darüber hinaus wurden aktuelle Themen in Vorträgen dargestellt. Anlässlich des zweiten Jahres­ tages des Einsturzes von Rana Plaza am 24.04.2013 wurde über die bisherigen Konsequenzen gesprochen. Unter anderem beschrieb die niederländische Ministerin Lilianne Ploumen (NL Ministry for Foreign Trade and Development Cooperation) die Möglichkeiten von Regierungen zum Schutz der Menschenrechte im internationalen Handel. Der Tag bot eine gute Gelegenheit zum Austausch mit anderen Unternehmen und NGOs auf internationaler Ebene. Im März 2015 fand das jährliche deutsche Multi-Stakeholder-Meeting in Idstein statt. Auch daran nahmen zahlreiche deutsche Mitglieder der FWF, Gewerkschafts­vertreter und NGOs teil. Dabei wurden aktuelle Themen und auch Schwierigkeiten offen angesprochen. Einige Marken stellten zudem innovative Beispiele und konkrete Lösungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ihren Produktionsstätten vor.

AUTHENTISCH Der Mensch steht im Mittelpunkt. hessnatur schafft Bewusstsein zu Sozialstandards, damit Arbeitnehmer würdige Bedingungen selber mitgestalten.

9 INTERVIEW MIT TANJA HELLMUTH

„Nachhaltige Mode, die Menschen in Ihrem Zeitgeistgefühl abholt“ Frau Hellmuth, seit April 2015 sind Sie Chief Creative Officer bei hessnatur. Davor waren Sie viele Jahre bei einem Premiumlabel tätig, wo Sie zuletzt in der Geschäftsleitung für Design, Marketing, Produktmanagement und Beschaffung verantwortlich waren. Der Fokus lag hier auf Trend und Qualität. Was reizt Sie an der Tätigkeit beim Marktführer für nachhaltige Mode hessnatur? Seit den Anfängen des Unternehmens mit ökologischer Babybekleidung ist das Sortiment von hessnatur stetig gewachsen. Es ist an der Zeit, der Marke hessnatur im immer härteren Wettbewerb ein charakterstarkes und lesbares Gesicht zu verleihen, welches den Zeitgeist trifft und eine breite Kundschaft anspricht. In der Vergangenheit habe ich den Aufbau einer Lifestyle Kollektion betreut, angefangen beim Design, über das Marketing bis in alle Bereiche hinein. So konnte ich eine einheitliche „DNA“ schaffen, eine Designsprache, die alle lesen, und mit der sich alle identifizieren konnten. Die Kunden ebenso wie alle am Erstellungsprozess der Kollektion Beteiligten. Mit diesem Know-how möchte ich die Struk­ turen bei hessnatur schärfen. Die Grundlage dieser neuen Handschrift ist natürlich der große Pool der hessnatur Material- und Wertekompetenz, aus dem ich schöpfen kann: hessnatur hat seit seiner Gründung durch harte Arbeit das Vertrauen der Kunden gewonnen und genießt heute höchste Glaubwürdigkeit bei der Einhaltung seiner anspruchsvollen sozialen und ökologischen Standards.

46  hessnatur Sozialbericht 2014/15

Das ist natürlich ein großartiger Ansatz für meine Arbeit. Auf diese Erfahrung aufbauen zu können, ist außergewöhnlich. Meine Er­fahrung mit Design- und Markensprache, gepaart mit dieser Kompetenz in nachhaltiger Produktion: Ich freue mich auf diese Aufgabe und habe großes Vertrauen in das, was wir schaffen werden. Sie sprachen von den hohen sozialen und ökologischen Standards bei hessnatur. Gleich­ zeitig wollen Sie die Marke klarer und vor allem modischer gestalten. Wie passt das zusammen? Welche Rolle spielen diese Stan­ dards für Sie im gestalterischen Prozess? In den nachhaltigen Standards sehe ich kein Hindernis. Im Gegenteil, ich sehe sie als Vorgaben, die die Kreativität beim Erstellen einer Kollektion befeuern: Seit fast 40 Jahren bietet hessnatur Textilien aus Naturfasern an und hat so eine besondere Kompetenz im Umgang mit natürlichen Rohmaterialien. Diese Fasern mit Ihren spezifischen Eigenschaften sind an sich schon eine Quelle der Inspiration: Naturstoffe in ihrer Dreidimensionalität neu

zu inszenieren, Vorhandenes clever zu sortieren und anwendbare Produkte zu schaffen, das erfordert ein hohes Maß an Kreati­vität. Da­rüber hinaus können fast alle Looks aus konventio­ nellen Stoffen auch mit nachhaltigen Mitteln gefertigt werden. hessnatur greift dabei auf ein wertvolles Entwicklungspotenzial zurück: Durch den engen, partnerschaftlichen Kontakt zu unseren Lieferanten können wir die gewünschte Optik und Haptik in Kooperation mit den technischen Experten unserer Her­steller meist auch nachhaltig herstellen. Außer­dem kann ich mich darauf verlassen, dass unsere Produkte unter menschenwürdigen Arbeits­bedingungen gefertigt werden. Diese Wertebasis ist inspirierend und ich möchte dazu beitragen, sie zu verbreiten. Anwendbare Produkte, was heißt das für die zukünftige Mode von hessnatur? Anwendbar ist Mode, wenn sie die Kunden anspricht, indem sie den Geist, die Kultur und das Lebensgefühl der Zeit ausdrückt. Sie ist begehrlich, ästhetisch ansprechend und qualitativ hochwertig. Die zukünftige Mode von hessnatur ist puristisch und zeitlos. Die Kollektionen werden kompakter, lesbarer, mit klaren Designs, monochromen, aber wertigen, kleidsamen Farben. Wir werden Appetit machen durch Einzelteile in kräftigen Farben und reduzierte, klare Drucke. Aber eben so, dass alles ins Gesamtkonzept passt und der Style nicht ver­altet. Es geht darum, an Farbigkeit, Materialität, Haptik, Finishing, Passform und Wohlgefühl so zu feilen, dass Lieblingsstücke entstehen, die immer wieder aus dem Schrank geholt werden. Ist das dann nachhaltige Mode?

ZUR PERSON Tanja Hellmuth ist seit April 2015 CCO von hessnatur. Die 44-jährige studierte Malerei, Bildhauerei und Design und war zuletzt langjährig in der Geschäftsführung eines deutschen Premiumlabels tätig. Hier leitete Sie die Bereiche Design, Marketing, Produktmanagement und Beschaffung. Daneben gründete Sie eine eigene Design und Consulting Agentur.

Mode ist für mich, was ästhetisch anspricht. Öko- oder faire Mode gibt es in meinen Augen nicht, sondern vielmehr gestalterische Richtungen, die entweder gefallen oder nicht. Das Thema Nachhaltigkeit wird nun auch in der konventionellen Modewelt immer wichtiger; die komplexe Liefer- und Herstellungskette der Textilbranche macht es für konventionelle Labels jedoch schwierig, die bestehenden Prozesse im Nachhinein nachhaltig zu gestalten.

Bei hessnatur ist das anders, denn dieses Unternehmen kommt genau da her! Im Unterschied zu anderen Labeln, liegen dem unternehme­ rischen Handeln von hessnatur von Anfang an menschenwürdige Arbeits- und Produktions­ bedingungen im Einklang mit der Natur zugrunde. Mit diesem Ansatz zeitlose, ästhetische Stücke zu schaffen, ist nachhaltige Mode. Auf Ihrer Website finden wir das Wabi-SabiZitat „Reduziere alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie.“ Was be­deutet das für Ihre Arbeit bei hessnatur? Wesentlich ist, womit und woran wir arbeiten: Hochwertige Materialien in marktgerechte, kundenorientierte Produkte zu verwandeln, unter Berücksichtigung höchster sozialer und ökologischer Standards. Die Poesie dabei bedeutet, den Produkten Weichheit zu verleihen, die Wohlgefühl und Wärme erzeugt, ihnen eine Seele einzuhauchen und dem Kunden in seinem Zeitgeistgefühl zu begegnen. Nachhaltige Werte plus ästhetische Begehrlichkeit: Das ist meine Formel für die Arbeit bei hessnatur. Interview: Elisabeth Schmidt und Natalie Soondrum

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10 KOMMUNIKATION

10.1.2 Workshop Einkauf

Wann immer möglich sucht und fördert hessnatur das unmittelbare Gespräch. Eine transparente Kommunikation über die gesamte textile Kette und mit allen Mitarbeitern, Kunden sowie Interessierten ist für den nachhaltigen Ansatz von hessnatur grundlegend. Jeder Mitarbeiter erhält nach seinem Eintritt in das Unternehmen eine textile Fachschulung. Dabei werden die neuen Kollegen über die sozialen und ökologischen Standards bei hessnatur, Materialqualitäten und Besonderheiten unterrichtet. Außerdem bietet hessnatur eine Vielzahl von Angeboten, um Kunden, Mitarbeiter oder andere Interessengruppen (Stakeholder) zu informieren und den offenen Austausch zu fördern. hessnatur nimmt die Anmerkungen und Kommentare aller Kunden sehr ernst und kommuniziert transparent im Internet, in Kata­logen und Berichten, in den Stores und auf Veranstaltungen über das unternehmerische Handeln. Belohnt wurden diese Anstrengungen im November 2013 durch die Auszeichnung mit der Goldmedaille in der Kategorie „Nachhaltigkeitskommunikation im Einzelhandel 2013“ durch die Verbraucher Initiative e.V. (Bundesverband). In dem vom Bundesumweltministerium und dem Bundesumweltamt geförderten Projekt wurden die sechs umsatzstärksten Branchen des Einzelhandels analysiert. Als einziges Unternehmen der Textilbranche wurde hessnatur mit dem Verbraucherpreis in Gold ausgezeichnet.

10.1 INTERNE Kommunikation 10.1.1 Schulungen neuer Mitarbeiter Jeder neue Mitarbeiter erhält ein Schulungs­ paket, welches im Berichtsjahr neu konzipiert und erstmals umgesetzt wurde. Das Konzept besteht aus den vier Säulen „Kennenlernen der Marke hessnatur“, „Kennenlernen der Bereiche“, „Kennenlernen der textilen Kette“ und „Kennenlernen der Kunden“. In der neuen Säule „Kennenlernen der Marke hessnatur“ werden neuen Mitarbeitern die grundsätzlichen Werte von hessnatur ver­ mittelt. Hierzu gehören Zahlen und Fakten, die Entwicklung von hessnatur seit der Gründung und die Werte, die das Unternehmen auszeichnen. Darin eingeschlossen sind die ökologischen und so­zialen Standards und deren konkrete Umsetzung. Darüber hinaus wird konkret über die acht Kernarbeitsnormen, die Mitgliedschaft bei der Fair Wear Foundation (FWF) und das beschriebene Monitoringprogramm gesprochen. Nach den ersten Durchläufen wird das neue Schulungskonzept im kommenden Geschäftsjahr durch die Personalabteilung evaluiert und verbessert, wobei die Experten aus den relevanten Fachbereichen intensiv mit einbe­ zogen werden.

Schulungen für neue Mitarbeiter

KENNENLERNEN der Marke hessnatur

KENNENLERNEN der Bereiche

KENNENLERNEN der textilen Kette

½ Tag

1½ Tage

½ Tag

Werte und Vision des Unternehmens, Strategie, Sozialstandards, Marken­ grundlagen und Weiteres

Vorstellung aller Bereiche: Aufgaben­ schwerpunkte, Ansprechpartner und Schnittstellen und Weiteres

Prozesse in der textilen Wertschöpfungskette, Richtlinien, Unterschied zu konven­ tioneller Herstellung und Weiteres

KENNENLERNEN der Kunden 3 Tage Hospitation im Kundenkontakt (2 Tage) Hospitation im Store (1 Tag)

Auch in diesem Geschäftsjahr fand wieder ein Workshop zum Thema Sozialstandards mit dem Bereich Einkauf statt. Hierbei wurde noch einmal das Monitoringsystem für Sozial­ standards vertieft. Konkreter wurden sowohl die Prozesse und die jeweiligen Verantwortlich­keiten bei der Freigabe neuer Lieferanten als auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei bestehenden Lieferanten thematisiert. Darüber hinaus wurden die Kollegen vom Einkauf bei dem Workshop auf Health&Safety Standards mit Hilfe der FWF-Checkliste geschult, damit sie diese vor Ort besser anwenden können. Die enge Zusammenarbeit der beiden Bereiche ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit an den Sozialstandards: Die Einkaufsstrategie wird gemeinsam fest­gelegt, es wird gemeinsam entschieden, wo pro­duziert wird, neue Lieferanten müssen durch das CSR-Team überprüft werden und vieles mehr. Zudem reisen die Einkäufer häufig in die Produktionsstätten und tauschen sich mit den CSR-Kollegen vor und nach den Besuchen über die Arbeitsbedingungen vor Ort aus.

10.2 EXTERNE Kommunikation hessnatur produziert seit fast vierzig Jahren natürliche Kleidung nach strengen ökolo­ gischen und sozialen Standards, wobei der gesamte Herstellungsprozess der Textilien in den Blick genommen und gestaltet wird. Das Ziel, die im Unternehmen gelebte Nachhaltigkeit für Kunden, Lieferanten und Partner transparent, nachvollziehbar und greifbar zu machen, setzt hessnatur mit umfassenden Kommunika­ tionsmaßnahmen in die Tat um. Angefangen bei der Deklaration all seiner Textilien, durch die der Verbraucher erfährt, wo und wie jedes Produkt hergestellt wird, über regelmäßige Aufklärungskampagnen rund um die Themen Ökologie und Soziales sowie dem Angebot themenspezifischer Servicehotlines, bis hin zum hessnatur Kundenrat, der auf unternehmenspolitischer Ebene wirkt und den Austausch zwischen Kunden, Mitarbeitern und der Geschäftsführung fördert. Im Rahmen von regel­ mäßigen Test-Aktionen haben Kunden darüber hinaus die Gelegenheit, hessnatur Produkte kostenlos auf Herz und Nieren zu prüfen und

sich in öffentlichen Blogs und Foren mit anderen Verbrauchern über ihre Beurteilung der Produkte auszutauschen. Die regelmäßige Veröffentlichung von Sozial- und Nachhaltigkeitsberichten runden den offenen Dialog mit allen am Unternehmen interessierten Zielgruppen ab.

10.2.1 Bericht zur Nachhaltigkeit Im Sommer 2013 dokumentierte hessnatur sein umfassendes Engagement und den Status quo im Umgang mit Nachhaltigkeit erstmals in einem „Bericht zur Nachhaltigkeit“. Die mehr als 100 Seiten umfassende Publikation baut auf dem jährlichen Sozialbericht für die FWF auf und orientiert sich an den international anerkannten Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI). Der „Bericht zur Nachhaltigkeit“ bietet den In­teressengruppen einen Einblick in die Geschichte und strategische Ausrichtung des Unternehmens sowie in die Handlungsfelder Ökonomie, Ökologie und Soziales. Ziel ist es, transparent über die Fortschritte in den Bereichen nachhaltiges Wirtschaften, Umweltschutz, Produktverantwortung, Mitarbeiter und Verantwortung in der Lieferkette und auch in der Gesellschaft zu informieren. Dabei werden jeweils die grundsätzlichen Werte des Unternehmens und der aktuelle Status anhand konkreter Kennzahlen sowie Entwicklungsper­ spektiven dargestellt. Es wird offen beschrieben, wo hessnatur bereits gut aufgestellt ist und wo Verbesserungspotenzial bei der Umsetzung der Unternehmenswerte besteht. Ziel ist es, dass jede Interessengruppe wie zum Beispiel Mitarbeiter, Lieferanten oder Kunden im Bericht für sich relevante Informationen finden kann. Darüber hinaus bietet der Bericht eine Arbeitsgrundlage für hess­ natur selbst: Die eigene Arbeit wird kritisch hinterfragt und kon­­krete Ziele zur ganz­heitlichen Weiterentwicklung formuliert. Der Bericht wird 2017 neu erscheinen.

Der erste Bericht zur Nachhaltigkeit bietet einen umfassenden Einblick in die Grundsätze und Arbeitsweise von hessnatur. Der nächste Bericht erscheint 2017.

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hessnatur Sozialbericht 2014/15  49

Die Vielfalt von hessnatur auf 400 qm in der Modemetropole Düsseldorf – modernes Ladendesign, barrierefreies Einkaufen und der Einsatz von natürlichen Materialien wie Stampflehm und Naturhölzer bilden den Kern für den neuen Auftritt von hessnatur.

hinaus wurde die nun zehnjährige Mitgliedschaft in der FWF dargestellt (Herbst/Winter 2015: Seite 4 und beigelegte Tabelle zur Größenberatung: Seite 74-75). Auch im letzten Geschäftsjahr ist die Bedeutung des hessnatur Online-Shops für das Versandgeschäft weiter gestiegen. Mit großflächigen Bildern bietet der Shop ein viel intensiveres Nutzererlebnis und gleichzeitig ein größeres Informationsangebot zu jedem Produkt als der Katalog bieten kann. Im letzten Jahr wurden die Fotos der einzelnen Produkte vergrößert, sodass Haptik und Tragekomfort eines Materials bestmöglich visualisiert werden. Um für nachhaltige Mode zu begeistern, setzt hessnatur auf die wechselseitige Durchdringung von Emotion und Information. Aktuell wird der Shop überarbeitet, sodass die sozialen Standards von hessnatur künftig auch direkt im Shop präsent sind.

10.2.2 Storekonzept und Kundenkommunikation Im Frühjahr 2014 eröffnete hessnatur mit neuen Concept Stores in Frankfurt und Düsseldorf ein neues Kapitel in der Unternehmensgeschichte. Dabei unterscheiden sich die beiden Standorte vor allem im Ladenbau und durch die moderne transparente Kundenkommunikation von den bisherigen Standorten. Eine Weltkarte führt die sozialen Projekte, für die hessnatur steht, zusammen und Informationslamellen geben eine Übersicht zu den Etappen der tex­ tilen Kette und den Besonderheiten, mit denen sich hessnatur von anderen Anbietern unterscheidet. Vor der Eröffnung erhielten die neuen Ladenteams an den Standorten Frankfurt und Düsseldorf in der Butzbacher Zentrale umfangreiche Schulungen zu den sozialen und ökologischen Standards und der Zusammenarbeit mit der FWF zur Verbesserung der sozialen Bedingungen in der weltweiten Bekleidungskonfektion.

10.2.3 Kommunikation im Katalog und im Online-Shop Der hessnatur Katalog ermöglicht es, Kunden wissenswerte Informationen über die ökologischen und sozialen Themen bei hess­ natur zu vermitteln. Auf der anderen Seite ändern sich mit dem Aufstieg des Internets und

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den wachsenden Kontaktmöglich­keiten auch die Bedürfnisse und das Kaufverhalten. Kunden planen ihre Einkäufe nicht Wochen im Voraus, sondern wollen zu dem von ihnen bestimmten Zeitpunkt bedient werden. Dem trägt hessnatur mit der Veränderung des Rhythmus der Katalogversendung sowie mit dem Relaunch des Online-Shops in 2013/14 Rechnung. Neben den zwei großen Katalogen im Sommer und im Winter gehen nun weitere, auf die spezielle Jahreszeit abgestimmte Kataloge, noch gezielter auf das Kundeninteresse ein. In einigen Katalogen wurden die ökologischen und sozialen Standards von hessnatur beschrieben, einschließlich der acht Kernarbeitsnormen und der Zusammenarbeit mit der FWF. (Herbst 2014: Seite 4-5, Winter 2014: Seite 10-11, Home 2014: Seite 44-45). Darüber hinaus wurden ökologische Projekte sowie zwei soziale Projekte vorgestellt: In Burkina Faso fördert hessnatur den Anbau von Bio-Baumwolle und schafft so eine nachhal­ tige Lebensgrundlage für die Bauern vor Ort. In dem Sozialprojekt New SADLE in Nepal finden von Lepra geheilte einen Weg in den normalen Alltag und in die Gesellschaft (Herbst 2014: Seite 6-7, Winter 2014: Seite 44-45). Im Winterkatalog 2014 wurde außerdem die textile Kette eines T-Shirts dargestellt. Unter dem Verarbeitungsschritt der Konfektion wurde dabei auf die Zusammenarbeit mit der FWF eingegangen (Winter 2014: Seite 71). Darüber

Die sozialen und ökologischen Standards sind auf der Unternehmensseite online dargestellt, die direkt mit dem Online-Shop verbunden ist. Im letzten Geschäftsjahr wurden die Inhalte in Zusammenarbeit mit dem Bereich CSR überarbeitet. Nun werden neben den acht Kernarbeitsnormen die Zusammenarbeit mit der FWF, das hessnatur Monitoringprogramm für Sozialstandards, das Video zur FWF „For­ mular“ sowie weitere Videos von einem indischen Lieferanten zu den Auswirkungen des WEP Trainings dargestellt. Um höchstmög­liche Transparenz zu schaffen, sind der hessnatur Sozialbericht, die FWF-Website sowie der Brand Performance Check von hessnatur verlinkt.

10.2.4 Soziale Medien und Newsletter Die sozialen Medien sind umfassend in die Kommunikation von hessnatur eingebunden. Auf Facebook, Twitter, Google oder Youtube findet ein reger Austausch von Empfehlungen, Anmerkungen und Kommentaren statt. Im hessnatur Blog wird kontinuierlich über News zum Unternehmen hessnatur, neue Kollektionen und Trends, Events oder Initiativen wie den Fashion Revolution Day berichtet. Auch fand im Berichtsjahr ein Spendenaufruf für das Partnerprojekt New SADLE des Vereins Nepra e.V. zum Wiederaufbau nach dem Erdbeben in Nepal statt und die Spendenübergabe wurde dokumentiert. Wöchentlich veröffentlicht hessnatur außerdem Neuigkeiten im News­

letter. Kunden können diesen erhalten, sofern sie sich per E-Mail registriert haben. Hier wurde zum Beispiel der Beitritt zum deutschen Textilbündnis thematisiert oder auch die Kernarbeitsnormen im Rahmen des Weltfrauentags.

10.2.5 Kundenrat Seit Sommer 2014 begleitet der hessnatur Kundenrat die strategische Unternehmensentwicklung. Ein Sprechergremium von zwölf gewählten Vertretern der Kunden trifft sich zweimal im Jahr zum Gespräch mit der Geschäftsführung. Bei der diesjährigen Sommerexkursion stand ein besonderes Anbauprojekt von hessnatur auf dem Reiseplan: Zehn Jahre ist es her, dass die ersten Artikel aus HessenLeinen Einzug in die hessnatur Kollektion gefunden haben. Grund genug, zum runden Geburtstag die Bauern zu besuchen, die jedes Jahr mit großem persönlichen Einsatz und viel Engagement Flachs für hessnatur anbauen. Zum Gespräch mit den Familien Plitt und Haber­lach hatte die Geschäftsführung im Juni auch die Sprecher des Kundenrates eingeladen. Sie sollten sich beim Termin vor Ort selbst ein Bild von der diesjährigen Ernte und von den besonderen Anforderungen des Projektes überzeugen. Dabei wurden auch die großen Herausforderungen deutlich, die sich durch die Verschiebung der klimatischen Bedingungen ergeben. Da der Niederschlag im Mai immer geringer wird, sind die Böden trocken. Hier wächst Flachs nur schlecht.

10.2.6 Unterstützung des Fashion Revolution Day Auch in diesem Jahr unterstützte hessnatur den Fashion Revolution Day: Am 24. April stürzte vor zwei Jahren der neunstöckige Rana Plaza in Sabhar, einem Vorort der benga­lischen Hauptstadt Dhaka, ein. In dem Gebäude, das illegal überbaut worden war und schwere Sicherheitsmängel aufwies, waren mehrere Textilproduktionsfirmen untergebracht. Über 1.000 Menschen wurden getötet, über 2.000 Menschen verletzt, zum Großteil schwer. Im Anschluss hieran gründeten Designer, Akademiker, Autoren, Marken und weitere die internationale Koalition „Fashion Revolution“. Diese Initiative fordert systematische Verände­ rungen und mehr Transparenz in der textilen Wertschöpfungskette und erklärte den 24. April zum Fashion Revolution Day. Unter dem Motto „Who made your clothes?“, „Wer hat Ihre

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Kleidung gemacht?“ werden an diesem Tag jährlich Kunden, Designer, Marken und alle interessierten Menschen gefragt, wer ihre Kleider herstellt. Hierdurch wird auf internationaler Ebene auf die Problematiken der Arbeitsbedingungen in der textilen Wertschöpfungskette aufmerksam gemacht und eine wichtige Basis für Verbesserungen gelegt.

hessnatur Mitarbeiter tragen das T-Shirt zum Fashion Revolution Day auf Links, um auf die Initiative für das Hinterfragen von Arbeitsbedin­ gungen in der textilen Kette aufmerksam zu machen.

Eigens für diesen Anlass entwickelte hessnatur ein T-Shirt in limitierter Auflage. Dieses wurde am Fashion Revolution Day von Mitarbeitern in den Stores Butzbach, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf sowie München und im Verwaltungssitz von hessnatur getragen. Das T-Shirt wurde „auf links gedreht“, also mit dem Etikett nach außen, getragen. Alle Puppen in den Schaufenstern und Eingangsbereichen wurden „verkehrt herum“ dekoriert. Im Verkaufsbereich aller Stores wurde das Zentralmotiv der Kampagne: „Who made your clothes?“ ausgehängt sowie Postkarten zur Kampagne ausgelegt. Über soziale Medien wurden Kunden aufgefordert, ihre hessnatur ­Kleidung auf links zu tragen, zu fotografieren und das Bild mit einem kurzen Statement, weshalb nachhaltige Kleidung wichtig ist, zu posten. Hierfür gab es das Fashion Revolution Day T-Shirt und Naturkosmetik zu gewinnen. Kunden und Passanten sollten so auf den Fashion Revolution Day aufmerksam gemacht und ermuntert werden, Fragen zur Herkunft ihrer Kleidung zu stellen. Die Botschaft der Kam­pagne war: Seid neugierig! Findet heraus! Tut etwas! Der TV-Sender RTL Hessen be­gleitete die Aktion von hessnatur, befragte Mitarbeiter und zeigte den Beitrag hierzu am Fashion Revolution Day selbst.

10.2.7 Informationsabend und Spende an New SADLE nach Erdbeben in Nepal Seit vielen Jahren unterstützt hessnatur das Partnerprojekt New SADLE des Vereins Nepra e.V. in Nepal. In den Werkstätten entstehen farbenfrohe Pashmina Schals, die von ge­ sunden zusammen mit von Lepra geheilten Menschen hergestellt werden. Das Projekt will die aufgrund ihrer Krankheit oft ausgegrenzten Menschen wieder in die Gesellschaft inte­ grieren. Mit der Weitergabe von Fachwissen wurde den Betrieben geholfen, hochwertige Produkte herzustellen und etwa die Handfärberei auf schadstofffreie Farben umzustellen. Im April 2015 erschütterte ein starkes Erdbeben das Land und auch bei New SADLE wurden Produktionsstätten und Häuser zerstört und Menschen verletzt. Um den Wiederaufbau und den wirtschaftlichen Betrieb wieder auf die Beine zu stellen, spen­dete hessnatur den gesamten Erlös des letzten, vom Betriebsrat organisierten Musterverkaufs an New SADLE. Die hessnatur Geschäfts­führung rundete den erzielten Betrag auf insgesamt 6.500 Euro auf. Das Geld kommt direkt dem Wiederaufbau und den betroffenen Menschen in Nepal zugute. Bei einem Besuch nahmen Chitra KC, Leiter des New SADLE Projektes, und Juliane von Gordon von Nepra e.V. die Spendensumme persönlich entgegen. Einige Tage zuvor hatten beide über ihre Arbeit und die aktuellen Herausforderungen in Nepal im Weltladen in Bad Nauheim berichtet. Kristin Heckmann, Teamleiterin Corporate Social Responsibility, informierte auf der Veranstaltung über ihren letzten Besuch der Werk­stätten von New SADLE und die Bedeutung des Projektes für hessnatur.

10.2.8 Pressereise nach Vilnius Die erste hessnatur Pressereise im Berichtsjahr war ein Wagnis und ein großer Erfolg. In diesem Jahr stieß der Besuch der vorbild­ lichen Produktionsstätte eines hessnatur Lieferanten in Vilnius auf noch größere Resonanz: 15 Journalisten folgten der Einladung, mehr über die textile Kette zu erfahren und sich ganz konkret in einem Konfektionsbetrieb umzuschauen. Vom Condé Nast Verlag oder dem Magazin der Süddeutschen Zeitung bis hin zu den Zeitschriften Noveaux bzw. Freundin reichte die Liste der Interessierten aus Deutschland und der Schweiz.

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In Vilnius konnten Journalisten Materialien und Produktion von hessnatur vor Ort kennenlernen.

Um vor allem die Modepresse noch stärker für hessnatur zu begeistern, stellten sich vor Ort Marc Sommer, Tanja Hellmuth und Nana Agic dem Gespräch mit den aus Deutschland und der Schweiz angereisten Medienvertretern. Die Journalisten interessierten sich in der natur­nahen Landschaft sehr für die modische Offensive von hessnatur sowie die besonderen Materialien und Stoffe. Dabei stießen die Muster und Entwürfe aus der Herbst/Winter-Kollektion 2015 und der Ausblick auf die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2016 auf reges Medieninteresse.

10.2.9 Gründung der hessnatur Stiftung – Forschung und Entwicklung angewandter Nachhaltigkeit Mit der Gründung der hessnatur Stiftung im Berichtsjahr kommt hessnatur einem Wunsch des Firmengründers Heinz Hess nach und errichtet eine institutionelle Plattform, die den Gedanken nachhaltigen Wirtschaftens in eine breitere gesellschaftliche Öffentlichkeit trägt. Die Entscheidung erfolgt sowohl im Hinblick auf das 2016 anstehende vierzigjährige Firmenjubiläum, als auch nach An­ regungen aus dem von Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller initiierten „Bündnis für nach­ haltige Textilien“. Die Kooperation mit Partnern, Unternehmen, Verbänden oder wissenschaftlichen Einrichtungen soll ein wesentliches Element der hessnatur Stiftung bilden. Umweltschutz, Textilökologie, Entwicklungszusammenarbeit und soziale Themen definieren das Aufgabenprofil der Stiftung. Weitere Schwerpunkte des gemeinnützigen Engagements liegen in der Kommunikation und der För­

derung eines nachhaltigen Bewusstseins. Schließlich will die Stiftung auch die Forschungsarbeit und die Materialentwicklung im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes vo­ rantreiben.

10.2.10 Workshop zur Nachhaltigkeit mit DeutschIsraelischem Schüleraustausch Im März 2015 nahmen Schüler der RicardaHuch-Schule in Gießen israelische Schüler der Eldad Highschool, Netanya, Israel auf, um gemeinsam über Zukunftsverantwortung zu Ökologie, Sozialem und Ökonomie als die drei Dimensionen nachhaltigen Handelns zu dis­kutieren. Als beispielhaftes Unternehmen hatten sie hessnatur ausgewählt, um am Beispiel eines Textilanbieters Themen und Spannungsfelder für eine verantwortungsvolle Modeproduktion kennenzulernen. In drei Gruppen erarbeiteten die Schüler kritische Fragen an das Unternehmen, die von Sprechern vorgestellt wurden. Im Anschluss überprüften die Schüler ihre Ergebnisse am konkreten Beispiel von hessnatur und der CSR-Bereich erläu­terte, welchen Weg das Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Ökologie und So­zialem geht. Für die Schüler war der Besuch bei hessnatur eine Station im Rahmen des übergreifenden Austausches „Holocaust-Gedenken und Nachhaltigkeit: Historische Verantwortung als Teil der sozialen Nachhaltigkeit verstehen lernen“. Im Anschluss an den Workshop gestaltete jeder Schüler ein nachhaltig produziertes T-Shirt von hessnatur nach den Ideen und Eindrücken aus der Veranstaltung.

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11 WER MACHT WAS BEI HESSNATUR?

FAKTEN UND ZAHLEN

Das Thema Sozialstandards wird bei hessnatur vom Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) verantwortet. Dieser ist seit dem Berichtsjahr in einer or­ganisatorischen Einheit mit Einkauf, Disposition und Technik angelegt, die von Helmut Schädler geleitet wird.

Im Bereich CSR sind Kristin Heckmann und Elisabeth Schmidt für das Monitoring von Sozialstandards sowie die Betreuung der Lieferanten zuständig. Zudem ist Kristin Heckmann die Teamleiterin des Bereichs, der neben den sozialen auch die ökologischen Standards des Unternehmens verantwortet.

Von links nach rechts: Kristin Heckmann, Helmut Schädler, Elisabeth Schmidt

Gründungsjahr

1976

Gesellschaftsform

GmbH

Marktposition Marktführer für Naturtextilien im gesamten deutschsprachigen Raum Sortiment Vollsortiment an Naturtextilien ca. 1.000 Modelle und ca. 10.000 Artikelpositionen pro Saison Vertriebswege Versand (Kataloge), Stationärer Handel (Stores) und E-Commerce (Online-Shop) Absatzländer

Deutschland, Schweiz, Österreich

Filialen Stores in Butzbach, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München, Outlet in Butzbach Tochterunternehmen

Hess Natur-Textilien AG, Langenthal (Schweiz)

Firmengründer

Heinz und Dorothea Hess

Mitarbeiterzahl

370

Auszubildende

8

Kundenstamm

ca. 1.000.000

Umsatz

ca. 68.000.000 €

KENNZAHLEN SOZIALSTANDARDS Anzahl Bekleidungslieferanten

97

Anzahl Nähereien

132

Anzahl Produktionsländer

28

EU-Anteil Konfektion

58 %

Nicht-EU-Anteil Konfektion

42 %

FWF-Mitglied

seit 2005

Organisation der Hess Natur-Textilien GmbH Vorsitzender der Geschäftsführung Marc Sommer

Geschäftsleitung Design Tanja Hellmuth

Geschäftsleitung CSR, Einkauf, Dispo, Technik Helmut Schädler

Geschäftsleitung Category Management Alexander Wanke

Geschäftsleitung Marketing/ Werbung Betina Breucha

Geschäftsführung Operations Philipp Spangenberg

Stand: 30.10.2015

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Die Angaben in diesem Bericht beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2014/15 (01. August 2014 bis 31. Juli 2015).

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IMPRESSUM Herausgeber: Kristin Heckmann – Corporate Social Responsibility Projektleitung: Elisabeth Schmidt; Kristin Heckmann Redaktionelle Leitung: Sven Bergmann Grafische Umsetzung: TYPODROM Werbeagentur GmbH Geschäftsführer: Marc Sommer (Vors.); Philipp Spangenberg Hess Natur-Textilien GmbH Marie-Curie-Straße 7 35510 Butzbach AG Friedberg, HRB 6166 Ust-Nr. 112/5700/0062 Ust-IdNr. DE814552723

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