sozial bericht - Hessnatur

jahr 2012/2013 keine Abfindung. Hier konnte hess- natur im Berichtsjahr die Zahlung des noch ausste- henden Anteils von zehn Prozent erzielen. Weitere.
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SOZIAL BERICHT für das Geschäftsjahr 2015/16 1. August 2015 – 31. Juli 2016 zur Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation

SOZIAL BERICHT für das Geschäftsjahr 2015/16 1. August 2015 – 31. Juli 2016

zur Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation

Sehr geehrte Damen und Herren, die Zeit ist reif für Mode mit Verantwortung. Verbraucher suchen Transparenz. Wir zeigen seit 40 Jahren wie dies auch für ein mittelständisches Unternehmen möglich ist. Das macht hessnatur so besonders.

„“ Vivek Batra

S L OW FA S H I O N ist unser Verständnis von nachhaltiger Mode: Mode, die fair produziert wird, die den Träger beflügelt und nicht schädigt, die langlebig ist und kombinierbar bleibt und die nach dem Gebrauch der Umwelt nicht schadet.

Dabei ist hessnatur der Zeit weit voraus. Seit vier Jahrzehnten sind wir Pionier für sozial und ökologisch produzierte Textilien und übernehmen umfassende gesellschaftliche Verantwortung; am Standort Butzbach genau wie an den Produktionsstandorten in Europa oder auf anderen Kontinenten. Schon 2008 ist hessnatur als erste deutsche Marke mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet worden. „Slow Fashion“ ist unser Verständnis von nachhaltiger Mode: Mode die fair produziert wird, die den Träger beflügelt und nicht schädigt, die langlebig ist und kombinierbar bleibt und die nach dem Gebrauch der Umwelt nicht schadet. Dabei bedeutet mehr Verantwortung nicht Einschränkung oder Verzicht. Bei Stil, Verarbeitungsqualität, Passform oder Tragekomfort stehen unsere Lieblingsteile aus Naturmaterialien oder recycelten Fasern klassischer Mode in nichts nach. Und sie bedeuten einen Gewinn für Mensch und Umwelt. Gemeinsam mit Mitarbeitern, Lieferanten, Partnern, Freunden und der Gründerfamilie Hess feierten wir im Sommer 2016 unseren 40. Geburtstag. Nur gemeinsam konnte diese Erfolgsgeschichte gelingen und deshalb bleibt die vertrauensvolle und transparente Zusammenarbeit Maßstab für die Zukunft. Die Auszeichnung als „Leader“ durch die Fair Wear Foundation ist für hessnatur eine Bestätigung, dass wir die Weichen richtig gestellt haben, und gleichzeitig ein Ansporn, uns mit dem Erreichten nicht zufrieden zu geben. Mit jeder Idee, mit jedem einzelnen Kleidungsstück verändern wir die Welt. Jede einzelne unserer Fasern erzählt eine Geschichte und bedeutet einen Fortschritt gegenüber konventioneller Kleidung. Deshalb ist jeder kleine Schritt die Mühe wert.



Herzliche Grüße Vivek Batra Vorsitzender Geschäftsführer

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 3

7 M O N I T O R I N G M A S S N A H M E N I M B E R I C H T S J A H R 36

7.1 Übersicht der Monitoringmaßnahmen 1 Z U S A M M E N F A S S U N G – W A S H A B E N W I R E R R E I C H T 6

2 Ü B E R H E S S N AT U R 1 0

36

7.2 Monitoringmaßnahmen in Niedrig-Risikoländern 37 7.3 Situation und Herausforderungen in den einzelnen Risikoländern 38 7.4 Situation und Herausforderungen – Risikoländer im Überblick 50

2.1 Das Jubiläum 1 0 2.2 Die hessnatur Erfolgsgeschichte 12

8 W E I T E R E M A S S N A H M E N Z U R V E R B E S S E R U N G D E R S O Z I A L S TA N D A R D S 2 0 15 / 16

2.3 hessnatur – Ökologische Höchststandards

8.1.1 Worker Education Programme 52 14

52

8.1 Lieferanten-Trainings 52 8.1.2 hessnatur Awareness Training 54 8.1.3 F WF Lieferantenseminar zu Social Compliance in Vietnam 55

3 D I E H E S S N A T U R S O Z I A L S T A N D A R D S 16

8.2 Living Wage Projekt Mazedonien 55 8.3 Multi-Stakeholder-Meetings 55

4 W I E S E T Z T H E S S N AT U R D I E S O Z I A L S TA N D A R D S U M? 18

4.1 Die Zusammenarbeit mit Lieferanten

18

4.1.1 Die hessnatur Lieferanten 18 4.1.2 Auswahl neuer Lieferanten 20

8.4 SA 8000 Training für hessnatur Mitarbeiterin 55 9 I N T E R V I E W M I T V I V E K B A T R A 56

4.1.3 Zusammenarbeit mit Agenten 20

K O M M U N I K A T I O N 58

4.1.4 Lieferanten und Produktionsländer 20

10

4.1.5 Warum nicht nur Produktion in Europa? 21

10.1 Interne Kommunikation

4.2 Das Monitoringsystem zur Umsetzung von Sozialstandards 22

10.1.1 Schulungen für neue Mitarbeiter 58

4.2.1   Informationsaustausch 23

58

10.1.2 Workshop mit dem Einkauf 58

4.2.2 Bestätigung der Sozialstandards 23

10.2 Externe Kommunikation

4.2.3 Betriebskontrollen vor Or t 23

10.2.1 Transparenz für Interessengruppen 59

4.2.4 Das Beschwerdesystem 24

10.2.2 Kommunikation in Printmedien, Online und in den Stores 60

4.2.5 Datenmanagement 24 5 Z U S A M M E N A R B E I T M I T D E M E I N K A U F 26

5.1 Die Gesamteinkaufsstrategie

26

59

10.2.3 Sensibilisierung für Sozialstandards 61 10.2.4 Events 62 11 G E S E L L S C H A F T L I C H E S E N G A G E M E N T 63

5.2 Bereichsübergreifend: Das Lieferantenbewertungsgespräch 26

11.1 Engagement auf institutioneller Ebene

5.3 Der Bereich Einkauf 27

11.2 Die hessnatur Stiftung – Forschung und Entwicklung angewandter Nachhaltigkeit 64

5.3.1   Integration von Sozialstandards in die Einkaufsentscheidungen 27

11.3 Hilfe zur Selbsthilfe: Unterstützung von New SADLE in Nepal 65

63

5.3.2 Der hessnatur Kollektionserstellungsprozess 27 5.3.3 „Never out of Stock”-Produkte 28 6 A K T E U R E Z U R Ü B E R P R Ü F U N G D E R S O Z I A L S T A N D A R D S V O R O R T 29

6.1 Die Fair Wear Foundation

1 2 W E R M A C H T W A S B E I H E S S N A T U R ? 66

F A K T E N U N D Z A H L E N 66

29

6.2 Prüfung durch unabhängige Gutachter und andere Organisationen 30 6.3 Betriebsbesuche durch hessnatur

30

6.4 Beschwerdemanagement

31

K E N N Z A H L E N S O Z I A L S T A N D A R D S 67

I M P R E S S U M 68

REDAKTIONELLE HINWEISE Der hessnatur Sozialbericht erscheint jährlich im Rahmen der Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation. Redaktionsschluss für diese Version war am 31. Oktober 2016. Der Bericht liegt in deutscher und englischer Sprache vor. Im Interesse der Lesbarkeit wird auf eine geschlechterspezifische Doppelnennung verzichtet. Hierin ist keinerlei Wertung enthalten und alle Nennungen sind als neutral zu verstehen.

INHALT

1 ZUS A MMENFA S SUNG –

WA S H A BEN W IR ERREICHT Seit 40 Jahren steht hessnatur für Mode mit Verantwortung: Mit naturbelassener Babykleidung fing alles an, als Heinz und Dorothea Hess 1976 ihr Unternehmen gründeten. Heute sorgen 386 Mitarbeiter täglich für ein breites Angebot von Lieblingsstücken, Accessoires Babykleidung und Heimtextilien. Alle Artikel werden verantwortungsvoll hergestellt, sehen schön aus, fühlen sich gut an und bleiben lange tragbar. Das macht Sinn für die Menschen, die Sie herstellen und für die, die sie tragen. Die Vielzahl von Materialien und Styles kann jedoch nur durch die Unterstützung der hessnatur Partner entstehen: Im Berichtsjahr kooperierte hessnatur mit 94 Lieferanten als Vertragspartner und 138 Produktionsbetrieben, in denen Textilien, Accessoires und Schuhe gefertigt werden. Die Lieferanten und Produktionsbetriebe sind Experten auf ihrem Gebiet und größtenteils langjährige Partner: Mit knapp 70 Prozent der Produktionsbetriebe arbeitet hessnatur seit mindestens fünf Jahren zusammen, mit über 40 Prozent sogar seit zehn Jahren oder länger. Der Großteil der Produktionsbetriebe befindet sich in Europa. Mit Partnern zusammen Verantwortung übernehmen bedeutet für hessnatur, die Arbeitsbedingungen in den Produktionsbetrieben stetig weiterzuentwickeln. Die Basis hierfür sind die hessnatur Sozialstandards, die auf den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen basieren und in allen Produktionsbetrieben umgesetzt werden müssen. Die Einhaltung wird durch das hessnatur Monitoringsystem für Sozialstandards zunächst in der Tiefe überprüft und im Falle von erforderlichen Maßnahmen Stück für Stück sinnvoll und nachhaltig verbessert. Vor einer Zusammenarbeit muss jeder Produktionsbetrieb die Sozialstandards anerkennen. In Produktionsbetrieben in Risikoländern finden Audits der Fair Wear Foundation (FWF) oder anderer unabhängiger Organisationen statt, welche die Einhaltung der Sozialstandards detailliert überprüfen und eine „Momentaufnahme“ der aktuellen

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Situation erfassen. Im Berichtsjahr fanden daher acht von hessnatur beauftragte, neue Audits statt. Im Fall erforderlicher Verbesserungen unternimmt hessnatur zunächst intensive Bemühungen, um die Lage vor Ort ganzheitlich zu analysieren und mit dem Betrieb und dessen Mitarbeitern gemeinsam Verbesserungen zu definieren und umzusetzen. Um Verbesserungen zu erzielen, die für Mitarbeiter und Management vor Ort langfristig sinnvoll sind, müssen Maßnahmen von Anfang an vereinbart und nachhaltig weiterentwickelt werden. Hierfür ist ein grundlegendes Verständnis der Lage vor Ort unersetzlich. Mitarbeiterinnen für Sozialstandards reisen daher häufig in die Produktionsbetriebe. Im Berichtsjahr beispielsweise fanden neben Reisen in die Türkei und nach Mazedonien zahlreiche Besuche innerhalb Europas statt. Bei einer mehrwöchigen Reise nach Asien wurden zahlreiche Betriebe in China, Thailand und Vietnam besucht. Der SA 8000 Standard ist ein Standard für Arbeitsbedingungen mit Anforderungen, die auf den Konventionen der IAO, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und nationalem Recht basieren. Der Standard beinhaltet auch, dass Managementsysteme existieren müssen, welche die Umsetzung und kontinuierliche Überprüfung der Einhaltung der Kriterien sicherstellen. Bei hessnatur sind zwei Mitarbeiterinnen für die Umsetzung der Sozialstandards in den Produktionsbetrieben zuständig. Um bisherige Kenntnisse zu vertiefen, absolvierte nun auch die im Vorjahr eingestellte CSR Managerin für Sozialstandards das einwöchige SA 8000 Basis Training für Auditoren einschließlich schriftlicher Prüfung. Da so viele Faktoren zu berücksichtigen sind, werden gute Arbeitsbedingungen und gute Kommunikationsmechanismen am besten von den direkt betroffenen Menschen konkretisiert und umgesetzt. Dies sind die verantwortlichen Manager sowie die Mitarbeiter in den Betrieben. Aus diesem Grund hat hessnatur im Berichtsjahr drei weiteren Produktionsbetrieben die Teilnahme am FWF Worker Education Programme (WEP) Training ermöglicht. In den Trainings werden Management und Mitarbeitern in getrennten Gruppen die Arbeit der FWF, die acht Kernarbeitsnormen sowie die lokalen Rechte und Pflichten nähergebracht. Interaktiv wird anschließend erarbeitet, welche Kom-

munikationskanäle bestehen und wie diese zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen noch optimiert werden können. Trainings steigern das Bewusstsein für Sozialstandards unter den Teilnehmern, klären auf und fördern das kritische Hinterfragen der Arbeitsbedingungen und Kommunikationskanäle unter den Teilnehmern. Daher hat hessnatur für Betriebe in Ländern, in denen kein WEP angeboten wird, ein eigenes Training konzipiert: das hessnatur Awareness Training. Im vorausgegangenen Geschäftsjahr entwickelte eine Masterstudentin für hessnatur in enger Zusammenarbeit mit der FWF ein umfassendes Bildungskonzept einschließlich des Trainings. Nach einem Pilottraining in Nepal konnte das Training im Berichtsjahr erfolgreich bei drei weiteren Betrieben in Thailand und Weißrussland angewendet werden: Die selbst entwickelten Evaluationsbögen, die vor und nach jedem Training ausgefüllt werden, die Trainingsberichte sowie das Feedback der Beteiligten bestätigten das gesteigerte Verständnis der Teilnehmer für Sozialstandards. Die Trainings bewirkten außerdem, dass die Teilnehmer selbst konkrete Verbesserungsideen entwickelten und umsetzten. Wenn sich verschiedene Produktionsbetriebe über Sozialstandards austauschen, können sie praktische Verbesserungsmaßnahmen und Best Practice Beispiele kennenlernen. Außerdem können die Firmen offen über die wirtschaftlichen Vorteile oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung diskutieren. hessnatur ermutigt seine Partner daher, an hessnatur oder FWF Seminaren vor Ort teilzunehmen. Im Berichtsjahr nahm ein Produktionsbetrieb für Schuhe am FWF Seminar über Social Compliance in Vietnam teil. Ziel des 2012 gestarteten Living Wage Projektes ist es, herauszufinden, wie und in welchem Ausmaß die Produktivität eines langjährigen hessnatur Partners in Mazedonien gesteigert werden kann, bzw. wie und in welchem Maß eine Produktivitätssteigerung für Lohnerhöhungen genutzt werden kann. Im Berichtsjahr fanden mehrere Treffen vor Ort statt, in denen alle Beteiligten Abteilungsleiter des Produktionsbetriebes sowie das hessnatur Team für Sozialstandards einschließlich der Einkaufsleitung die Vorschläge einer vorausgegangen Produktivitätsanalyse der FWF evaluierten. Als H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 7

Ergebnis wurde die Einführung von Standardminuten priorisiert. Dies soll nun mit externer Expertenunterstützung umgesetzt werden. Zudem wurde ein Tool für Produktivitätsmessung entwickelt, um die Produktivität strukturiert zu erfassen. Die Sozialstandards sowie die Beschwerdehotline der FWF hängen in allen Produktionsbetrieben in lokaler Sprache aus. Im Berichtsjahr ging hessnatur gemeinsam mit der FWF, den Produktionsbetrieben und weiteren FWF Mitgliedsmarken insgesamt acht Beschwerden nach. Drei Beschwerden konnten geschlossen werden: Nach intensiven Bemühungen und mehreren Besuchen durch Mitarbeiterinnen für Sozialstandards konnten Maßnahmen wie zum Beispiel die Reduzierung von Überstunden in einem türkischen Betrieb erzielt werden. In einem indischen Betrieb setzte sich hessnatur zusammen mit einem weiteren FWF Mitgliedsunternehmen erfolgreich für Abfindungszahlungen an Kurzzeitarbeiter ein. Wenn mehrere FWF Mitgliedsmarken bei einem Produktionsbetrieb einkaufen, werden Sozialstandards gemeinsam umgesetzt. hessnatur ist dabei transparent, teilt Ressourcen und Erfahrung und lernt von und mit anderen Marken. Im vergangenen Geschäftsjahr kooperierte hessnatur beispielsweise durch Auditnachbereitung, Informationsaustausch und Beschwerdemanagement bei neun Betrieben mit weiteren FWF Mitliedern. Diese Zusammenarbeit erhöht den Fokus auf Sozialstandards in den Produktionsbetrieben und vermeidet Doppelaufwände für Produzenten und Marken. Aber auch mit Marken außerhalb der FWF erfolgen Austausch und konkrete Zusammenarbeit: Im Berichtsjahr wurde zum Beispiel in Anlehnung an das hessnatur Awareness Training ein gemeinsames Training konzipiert, welches die Anforderungen beider Marken erfüllt und gleichzeitig inhaltliche Dopplungen vermeidet. Die ökologischen Spitzenstandards von hessnatur unterstützen gute Arbeitsbedingungen in der Lieferkette zusätzlich: In der konventionellen Produktion eingesetzte Hilfsmittel können zum Beispiel krebserregend, ätzend oder anderweitig gesundheitlich schädlich sein für alle Menschen, die mit Ihnen in Kontakt kommen. Häufig

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sind den Mitarbeitern vor Ort die schädlichen Auswirkungen nicht bekannt. Die hessnatur Richtlinien schließen umwelt- und gesundheitsschädliche Substanzen, die zum Beispiel im Bereich der Färbung häufig zum Einsatz kommen aus. Hierdurch werden Arbeiter schon vorab vor weittragenden negativen Auswirkungen geschützt. In einem eigenständigen Schulungsmodul zu Marke und Werten von hessnatur wird neuen hessnatur Mitarbeitern das Monitoringsystem für Sozialstandards und die Arbeit im Bereich Sozialstandards vorgestellt. Da der Einkauf besonders eng mit den Mitarbeiterinnen für Sozialstandards zusammenarbeitet, fand ein neuer Workshop mit dem Einkauf statt. Das Team wurde im Berichtsjahr erweitert und daher die Abläufe zwischen Mitarbeitern für Sozialstandards und Einkauf neu abgestimmt. Auch wurde die Anwendung der FWF Checklisten für Arbeitssicherheit und Prozesse für eine optimierte weitere Anwendung besprochen. Ziel der externen Kommunikation ist es, die im Unternehmen gelebte Nachhaltigkeit für Kunden und Partner transparent, nachvollziehbar und greifbar zu machen. Im Katalog, den Läden und online berichtet hessnatur vielfältig über das Unternehmen, die ökologischen und sozialen Standards, sowie die Mitgliedschaft in der FWF. Im Berichtsjahr sprachen hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards zudem bei zahlreichen Fachveranstaltungen, Podiumsdiskussionen und hessnatur Events. Außerdem wird interessierten Gruppen die Möglichkeit geboten, zu Führungen ins Haus zu kommen. Die Bereiche PR und das Team für Sozialstandards erläutern bei dieser Gelegenheit den Ansatz des Unternehmens, beantworten Fragen zum Thema Sozialstandards und geben Tipps für nachhaltigen Konsum. Der von Kunden gewählte Kundenrat trifft sich regelmäßig mit der Geschäftsführung und wird mit in die strategische Unternehmensentwicklung bei hessnatur eingebunden.

Es sind Menschen, welche die hessnatur Artikel fertigen. Hierfür möchte hessnatur sensibilisieren und unterstützt daher entsprechende Veranstaltungen und Kampagnen, wie zum Beispiel den Fashion Revolution Day: Mitarbeiter in den Produktionsbetrieben zeigten im Berichtsjahr unter dem Motto „I made your clothes“ auf Fotos, wer die hessnatur Artikel fertigt. Außerdem wurden Interviews mit Mitarbeitern veröffentlicht, um zu verdeutlichen, wie ähnlich und nah sich Kunde und Mitarbeiter in der Produktion sind. Hierdurch soll das kritische Hinterfragen der Herkunft von Mode und das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Sozialstandards bestärkt werden. Institutionell brachte sich hessnatur beim von Bundesminister Dr. Gerd Müller initiierten „Bündnis für nachhaltige Textilien“ auf nationaler Ebene ein. Ziel des Bündnisses ist es, schrittweise eine nachhaltige Produktion entlang der gesamten textilen Lieferkette sicherzustellen. Im Oktober 2014 unterzeichnete hessnatur als erstes deutsches Unternehmen, war während der Gründungsphase als einziges deutsches Label im Steuerungskreis vertreten und beteiligte sich im Berichtsjahr weiterhin aktiv in mehreren Arbeitsgruppen. Auch nahm Vivek Batra mit einem Kurzvortag zum Thema „Mode und Politik“ an der Podiumsdiskussion des Copenhagen Fashion Summit teil. Darüber hinaus empfing hessnatur in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Journalisten aus Bangladesch und diskutierte zum Thema Fair Fashion. Die neu gegründete hessnatur Stiftung für angewandte Nachhaltigkeit hat im Juni 2015 ihre Tätigkeit aufgenommen. Das Stiftungsteam arbeitete im Gründungsjahr intensiv daran, Aufgabenfelder zu besetzen und Projekte aufzubauen. Beispielsweise wurden für mittelständische Unternehmen Bewertungskonzepte entwickelt, um die Vorteile des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe in der Textilproduktion deutlich zu machen. In vielen Vorträgen, Diskussionsrunden oder Trainings thematisierten die Nachhaltigkeitsexperten verantwortliches Handeln in der Textil- und Modein-

dustrie. Im Rahmen der Nachwuchsförderung unterstützten die hessnatur Stiftung und eine hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards Studierende der AMD Akademie Mode & Design bei der Erstellung einer nachhaltigen Kollektion. Soziale Projekte werden bei hessnatur in erster Linie durch die Weitergabe von Know-how zu Materialentwicklung und Produktionstechniken sowie den Verkauf der jeweiligen Produkte gefördert. Insbesondere galt dies im letzten Jahr für das Partnerprojekt New SADLE des Vereins Nepra e.V. in Nepal. In den Werkstätten werden Schals gemeinsam von gesunden und von Lepra geheilten Menschen hergestellt. Im April 2015 erschütterte ein starkes Erdbeben sowohl das Land als auch New SADLE. hessnatur unterstützte den Wiederaufbau durch Spenden. Im Berichtsjahr konnte ein Großteil der Gebäude nicht nur renoviert, sondern erdbebensicher wieder aufgebaut werden. Auch gibt New SADLE nun in einem Film über die Lebensumstände Leprakranker Einblicke darüber, wie den betroffenen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe geleistet wird. hessnatur versteht seine Lieferanten und Produktionsbetriebe als Partner, mit denen gemeinsam Verantwortung für Sozialstandards übernommen wird. Wenn es erforderlich ist werden ganzheitliche Verbesserungsmaßnahmen definiert, die für die Menschen in ihrer spezifischen Arbeitssituation vor Ort Sinn machen - individuell und nachhaltig. Die kontinuierliche Umsetzung dieser Maßnahmen findet in der Tiefe statt und in persönlicher Begleitung durch das hessnatur Team für Sozialstandards. Die Fair Wear Foundation leistet dabei wichtige Unterstützung, um den aktuell hohen Standard zu halten und ihn durch neue Wege ständig weiter zu verbessern.

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2 Ü B E R H E S S N AT U R 40 Jahre vorbildlich „Gesunde Kleidung“ war 1976 die Motivation und der Gründungsimpuls für hessnatur. Heinz und Dorothea Hess suchten schadstofffreie Babykleidung für ihr erstes Kind. Im Zuge des großen Erfolgs von Synthetikfasern, die günstig und fast beliebig veränderbar zur Verfügung standen, waren Naturmaterialien fast in Vergessenheit geraten. Mit viel Einsatz und Entdeckerfreude gelang es, Lieferanten ausfindig zu machen, die traditionelle Rohstoffe ohne chemische Ausrüstungen verarbeiten. Mit dem ersten Naturwaren-Katalog begann die hessnatur Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält. Hochwertig verarbeitete Naturmaterialien und moderne Recyclinglösungen machen hessnatur seit 40 Jahren zu der Marke für nachhaltig produzierte Mode. Das Unternehmen liefert sein Sortiment von Mode, Heimtextilien und Babykleidung in 28 Länder Europas. Der Schwerpunkt des Vertriebs liegt in Deutschland, Österreich und der Schweiz, mit Firmensitz in Butzbach (Hessen) und einer Tochtergesellschaft – der Hess Natur-Textilien AG – in der Schweiz. Vertriebskanäle sind Katalog, Onlineshop und Stores in Butzbach, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München. hessnatur verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der Mensch und Natur gleichermaßen respektiert. Neben der nachhaltigen Fertigung qualitativ hochwertiger und langlebiger Produkte sieht sich das Unternehmen der transparenten und offenen Kommunikation mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit verpflichtet.

2.1 Das Jubiläum Die Idee von Heinz und Dorothea Hess hat auch nach 40 Jahren nichts von ihrer Anziehungskraft und Aktualität verloren und bewegt die Menschen mehr denn je. Im Sommer 2016 feierte hessnatur mit Mitarbeitern, Lieferanten, weiteren Partnern, Freunden und der Gründerfamilie Hess den runden Geburtstag mit einem Jubiläumswochenende rund um das Versandzentrum in Butzbach. Neben dem offiziellen Festakt und einem Sommerfest mit Mitarbeitern und Kunden setzte hessnatur mit dem Sozialprojekt zur Verbesserung der Lebensbedin10 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

alte Lehmhütten

gungen von Alpakahirten in Peru einen besonderen Schwerpunkt. Das gemeinnützige Projekt wird gemeinsam von der hessnatur Stiftung und hessnatur getragen. Feste mit Freunden Den offiziellen Start für das Jubiläumswochenende gab der Festakt mit Lieferanten, weiteren Partnern, Stakeholdern und Freunden in der festlich geschmückten hessnatur Cafeteria. Geschäftsführer Vivek Batra begrüßte die zahlreichen Gäste und schilderte in sehr persönlichen Worten seine langjährige Verbindung zur Modeindustrie und was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Prof. Dr. Götz Werner, der Gründer und langjährige Geschäftsführer der dm Drogeriemärkte, erinnerte in seiner Festrede an die Gründerjahre. Neben den großen Erfolgen erinnerte Götz Werner aber auch an die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die zu bewältigen waren. Er beschrieb Heinz Hess als zurückhaltenden Menschen mit einer klaren Vision und einer unendlichen Liebe zum Detail. „Heinz Hess war schon damals seiner Zeit weit voraus und ist gerne gegen den Strom geschwommen“. Die anschließende Podiumsdiskussion zum Thema „Slow Fashion“ beleuchtete das Thema Mode und Nachhaltigkeit perspektivisch. Dabei diskutierten Isa Petereit, stellvertretende Chefredakteurin und Modeleitung der Brigitte, Ulrike Wollenschläger, Ressortleiterin des Businessressorts der Textilwirtschaft, Hindi Kiflai, Bloggerin, die für ihren einjährigen Selbstversuch mit gebrauchter Kleidung bundesweit Aufmerksamkeit gefunden hat, sowie Rolf Heimann, Vorstand der hessnatur Stiftung. Slow Fashion ist die Weiterentwicklung der Slow Food-Bewegung und beinhaltet, dass mehr Wert auf Qualität und Langlebigkeit beim Kleiderkauf gelegt wird. Die muntere Diskussion brachte viele Facetten des Themas zur Sprache. Sie machte aber vor allem deutlich, dass die Zeit für nachhaltige Mode gekommen ist und dass Ethik und Ästhetik zwei Seiten einer Medaille sind. Seine Krönung fand das Jubiläumswochenende mit einem Sommerfest für Kunden und Mitarbeiter von hessnatur. Vor allem Familien mit Kindern wurde ein vielfältiges Betätigungsfeld geboten. Bunt geschminkt oder mit Masken verkleidet verfolgte der Nachwuchs das Programm der Puppenspieler

Küchenbau und Feuerstelle

passive Klimatisierung

oder wagte sich selbst an kleine Luftballoninstallationen. Der Poetry Slam mit Maria Seiler und die Wellness Massagen sorgten für Entspannung und Unterhaltung bevor die Urban Club Band aus Frankfurt den Tag musikalisch ausklingen ließ. Hilfe für Alpakahirten: Das Sozialprojekt Peru Es ist Tradition bei hessnatur, zu jedem runden Geburtstag ein soziales Projekt zu unterstützen. 2016, zum 40. Firmenjubiläum, fiel die Entscheidung für eine Initiative in Peru. Seit vielen Jahren setzt hessnatur Alpakawolle aus dem Ursprungsland Peru in den Kollektionen ein. Die Kamelart der Alpakas ernährt sich vor allem von Gräsern, die an den Hängen der Anden wachsen. Fernab von städtischer Zivilisation ziehen die Alpakahirten mit kleinen Herden umher. Die extremen klimatischen Bedingungen sind ideal für die Qualität der Edelhaare. In den Bergregionen wachsen jedoch weder Gemüse

Regenwasserrückgewinnung

Gewächshaus für eigenen Anbau

noch Früchte und als Behausung dienen oft traditionelle Lehmhütten, die weder über eine Küche noch sanitäre Einrichtungen verfügen. Um die Lebensbedingungen der Alpakahirten zu verbessern, hat hessnatur das Sozialprojekt Peru gestartet. Ziel ist, moderne Hirtenhäuser aufzubauen, die neben sanitären Anlagen, einem Wasserspeicher sowie einer Küche auch über ein Gewächshaus verfügen. Außerdem sorgt die passive Klimatisierung für einen Ausgleich extremer Temperaturen. Weitere Informationen sind auf http://www. hessnatur.com/de/das-hessnatur-sozialprojekt-2016 zu finden.

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2.2 Die hessnatur Erfolgsgeschichte

1976

GRÜNDERJAHRE

1993

nachhaltige Mode ins Leben, den Hu-

rialien

manity in Fashion Award (HIFA), der

Parallel verstärkt hessnatur seine

NEUE WEGE

jährlich an einen grünen Nachwuchs-

E-Commerce Kompetenz. Der Online-

1993 gründet hessnatur in der Schweiz

designer vergeben wird.

shop wird grundlegend überarbeitet.

die Hess Natur-Textilien AG (Langenthal) mit eigener Kundenbetreuung und

2005

soll

erlebbar

werden.

Kanäle erstmals die Nachfrage aus

und Verarbeitung. Mit ökologisch vor-

dem Katalog.

bildlichen und modisch zeitgemäßen

2015

Denimlooks zeigt hessnatur, dass Nachhaltigkeit keine Einschränkung sein muss, sondern neue kreative Frei-

Kundenrates, der als Kundenparla-

MODE & MODERNE N A C H H A LT I G K E I T

Um eine einheitlich modische Hand-

griff Zero Waste wird ein innovatives

Mit der Wahl des ersten hessnatur

räume eröffnen kann. Unter dem Be-

Die Geburt des ersten Sohnes ist der

legt mit dem ausländischen Tochter-

S OZ I A L E S TA ND A R D S

ment in die strategische Unternehmen-

Gründungsimpuls: Heinz und Dorothea

unternehmen den Grundstein für sein

Die Einhaltung sozialer Standards ist

sentwicklung eingebunden ist, sucht

schrift über das gesamte Sortiment si-

Konzept in die Kollektion integriert:

cher zu stellen, wechselt im April 2015

Kleidungsstücke werden ohne Ver-

Hess entwickeln die Vision von konse-

zukünftig internationales Wachstum.

seit der Gründung von hessnatur ein

hessnatur den persönlichen Kontakt

quent natürlicher Kleidung. 1976 grün-

Mit der Liveschaltung seines Online-

grundlegender Bestandteil der Unter-

zum Kunden. Der erste Bericht zur

Tanja Hellmuth als Kreativdirektorin

schnitt aus der gesamten Breite der

zu hessnatur. Mit der Kollektion Früh-

Stoffbahn gefertigt, sodass diese zu

den sie die Firma als Versand für

shops 1997 beschreitet das Naturmo-

nehmensphilosophie. Seit jeher be-

Nachhaltigkeit demonstriert 2013 das

„naturgemäße Waren“ und bringen die

delabel kurze Zeit später einen Ver-

steht mit den Lieferanten des Unter-

umfassende soziale und ökologische

jahr/Sommer 2016 bietet hessnatur

100 Prozent genutzt wird. Zur Berlin

zeitgemäße Mode auf Augenhöhe mit

Fashion Week ist das Unternehmen im

erste Babykollektion auf den Markt. Die

triebsweg, über den hessnatur heute

nehmens eine Vereinbarung zur Wah-

Engagement des Unternehmens in al-

Unternehmer bauen ein Netzwerk von

mehr als 50 Prozent seines Umsatzes

rung eines Verhaltenskodex. Um die

len Geschäftsbereichen. Im Jahr 2014

großen Marken und erfüllt höchste

Januar 2016 erstmals mit einer eige-

übertreffen die Umsätze über digitale

Anforderungen bei Schnitt, Passform

nen Markeninszenierung präsent.

engagierten Herstellern auf, mit deren

generiert. 2006 erfolgt schließlich

Kontrolle der sozialverträglichen Ar-

Hilfe hessnatur den gesamten Herstel-

der Schritt des schwerpunktmäßig im

beitsbedingungen in den Produktions-

lungsprozess entlang der textilen Kette

Versandhandel tätigen Unternehmens

betrieben auch von unternehmens-

nachhaltig gestalten und über drei

zum Stationärvertrieb: Am Firmen-

unabhängiger Seite zu gewährleisten

Jahrzehnte hinweg ökologisch opti-

hauptsitz in Butzbach gründet hess-

und die Arbeitsbedingungen für außen-

mieren kann – vom Anbau der textilen

natur seinen 1.200 Quadratmeter gro-

stehende Interessengruppen transpa-

Faser über die Garnerzeugung bis hin

ßen Laden, weitere Ladengeschäfte in

rent zu machen, startet hessnatur die

zur Verarbeitung der Textilien. Mit sei-

Hamburg (Oktober 2007) und München

Zusammenarbeit

nen ökologischen Qualitätsrichtlinien

(Oktober 2008) folgen. Der Einstieg in

holder-Initiativen: 2002 entwickelt das

schafft das Unternehmen Vorbilder, an

den US-amerikanischen Markt noch

Unternehmen mit Hilfe der „Kampagne

denen sich heute auch der konventio-

im gleichen Jahr bedeutet für das Na-

für saubere Kleidung“ (Clean Clothes

nelle Markt orientiert.

turmodelabel einen wichtigen Schritt

Campaign) ein Kontrollsystem, das

in Sachen Imagebildung und Marken-

faire Arbeitsbedingungen sicherstellt.

bekanntheit. Anfang 2013 zieht sich

hessnatur bekennt sich in seinem

1991

mit

Multi-Stake-

N AT ÜR L I CHE R O H S TO F F E

hessnatur aus dem amerikanischen

Verhaltenskodex zu den Kernarbeits-

Für seine Textilien verwendet hessna-

Markt zurück, um sich auf das Wachs-

normen der Internationalen Arbeits-

tur natürliche pflanzliche und tierische

tum in Deutschland, Österreich, der

organisation (IAO) der Vereinten Nati-

Fasern, vorzugsweise aus kontrolliert

Schweiz und weiteren europäischen

onen. 2005 tritt hessnatur als erstes

biologischem Anbau oder kontrolliert

Märkten zu konzentrieren.

deutsches Unternehmen der interna-

winnung legt hessnatur in den 1990er

1995

Q U A L I TÄT & T R A N S PA R E N Z

hessnatur selbst jährlich auf die Ar-

Jahren: Um den ständig wachsenden

Mitte der 1990er Jahre ändert sich die

beit im Bereich Sozialstandards über-

Bedarf an unbehandelten Naturfasern

Designausrichtung: vom Nimbus der

prüft und das Unternehmen auditiert.

zu decken, initiiert Heinz Hess mit der

Öko-Kleidung hin zu einer tragbaren

ägyptischen Sekem-Farm 1991 das

Mode für alle. Durch Qualität, Design,

weltweit erste Biobaumwoll-Anbau-

Langlebigkeit und Deklaration der

projekt. Da er keine Investoren finden

Textilien gelingt hessnatur der Wandel

AUS DER NISCHE IN DIE BREITE

kann, finanziert er das Vorhaben mit

vom tradierten Öko-Image hin zu far-

Das Thema nachhaltig produzierter

eigenen Mitteln. Das Projekt wird Vor-

benreicher, stilvoller und hochwertiger

Kleidung kommt in der Mitte der Ge-

bild für weitere ökologische, soziale

Naturtextilkleidung. Um in Sachen

sellschaft an. Um noch mehr Kunden

und kulturelle hessnatur Projekte auf

Design neue Zeichen zu setzen, ver-

für nachhaltige Mode zu begeistern,

der ganzen Welt.

pflichtet hessnatur von 2008 bis 2012

werden in Frankfurt, Düsseldorf und

den aus Mallorca stammenden Mode-

Berlin neu konzipierte Stores eröff-

designer Miguel Adrover als Kreativ-

net. Die besondere Qualität der Mate-

biologischer Tierhaltung. Den Grundstein für die biologische Rohstoffge-

direktor. 2010 ruft hessnatur den ersten europäischen Designpreis für

12 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

tionalen Fair Wear Foundation bei, die neben den Produktionsbetrieben auch

2012

UNTERNEHMERISCHES ENGAGEMENT & AUSZEICHNUNGEN

1996 „Organic Textile Award“ der „International Federation of Organic Agricultural Movements” (IFOAM), für die Initiie­rung des weltweit ersten Bio-Baumwoll-Anbauprojektes. 1997 Internationaler Designpreis des Landes Baden-Württemberg für das hessnatur Brautkleid und die zugrunde liegende Produktphilosophie.

Das ausgezeich­ nete Brautkleid von hessnatur – ein Entwurf aus dem Jahre 1996.

1998 Auszeichnung „Faktor 4+“ im Rahmen der internationalen „Faktor 4+“-Messe in Klagenfurt für die Longlife-­Kollektion als beispielhafte Verbesserung von Ressourcen-Produk­tivität. Jury: wissenschaftliches Kuratorium unter Leitung von Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie GmbH. 1999 Publikumspreis beim Wettbewerb „Hidden Champions“ der Hessischen Landesregierung und des Verbandes Hessischer Unternehmer. Ausstellung des Brautkleides von hessnatur im Design Museum London im Rahmen des internationalen Design-Wettbewerbes „Design Sense“. 2000 Goldmedaille im Rahmen von „Rhön – Region der Zukunft“: Das Rhönschaf-Wollprojekt von hessnatur ist zentraler Bestand­teil des Arbeitskreises „Innovation und Arbeitsplätze“ des Wett­bewerbsbeitrages. 2003 „Katalog des Jahres“ für Spitzen­leistungen der kreativen und verkäuferischen Präsentation, verliehen von der Branchenfachzeitschrift „Der Versandhausberater“. 2005 Gütesiegel „Vorreiter Ethischen Handelns“ für heraus­­ra­gendes ökologisches und soziales Engagement, verliehen von der „Ethics in Business”-Kommission unter der Schirmherrschaft von Ulrich Wickert.

2006 Zertifikat „Audit Beruf und Familie“, überreicht von Bun­des­familienministerin Ursula von der Leyen. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hat hessnatur Ziele definiert, die es Mann und Frau gleicher­maßen ermöglichen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. 2007 „Engagiertes Unternehmen – Impulse für Hessen“ im Rahmen des Hessentags als Unternehmen des Monats Juli. Damit zeichnet die Hessische Landes­re­gierung hessnatur auf­grund seines beispielhaft gemein­nützigen Engagements im Rahmen des Hessentags 2007 aus. 2008 Public Eye Positive Award, unter anderem für die beispiel­hafte Partnerschaft mit der Schweizer Entwicklungs­­orga­nisation Helvetas für Bio- und Fairtrade-Baumwolle aus Afrika. Deutscher Nachhaltigkeitspreis in der Kate­gorie „Deutschlands nach­halti­gster Einkauf“ als Anerkennung der vorbild­lichen ökologischen und sozialen Wert­schöpfung des Unternehmens. Erster deutscher Marketingpreis für innovatives nach­haltiges Marketing (MINNE), zu dem neben umweltver­träglichen Produktionsprozessen und der effizienten Ressourcennutzung ein kontinuierliches wirtschaftliches Wachstum und die innovative Nutzung neuester Medien zählen. 2009 und 2011 Goldmedaille „Nachhaltiges Einzelhandelsunternehmen“ des Bundes­verbandes Die Ver­braucher Initiative. Der Verband untersucht regelmäßig umfassend und branchenübergreifend die sozialen und ökologischen Aktivitäten des Einzelhandels. 2013 Erfolgreiche Re-Auditierung von „Beruf und Familie“. 2013 Auszeichnung vom TÜV Hessen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. 2013 Goldmedaille „Nachhaltigkeits­kommunikation im Einzelhandel 2013“ des Bundesverbandes Verbraucher Initiative.

D I E S T E T I G E W E I T E R E N T W I C K L U N G V O N H E S S N AT U R

seit 1976

seit 1985

seit 1990

seit 1995

seit 2002

seit 2012

seit 2015

1. Phase

2. Phase

3. Phase

4. Phase

5. Phase

5. Phase

7. Phase

Schwerpunkt Material Wolle, Seide, Baumwolle und Leinen

Schwerpunkt Ausrüstung des Endproduktes Kein Kunstharz (Formaldehyd), Neemausrüstung (natürlicher Mottenschutz)

Schwerpunkt Rohstoffe Baumwollanbau, Produktionsstufen

Schwerpunkt Qualität und Transparenz Qualität, Deklaration

Schwerpunkt Sozialstandards „Saubere“ Produktion, LieferantenPolicy

Aus der Nische in die Breite Storeeröffnungen E-Commerce Kompetenz

Schwerpunkt Moderne Nachhaltigkeit Nachhaltige Mode auf Augenhöhe mit großen Marken

2.3 hessnatur – Ökologische Höchststandards Seit der Gründung des Unternehmens stehen Materialentwicklung und Innovationskraft im Textilfaser-Bereich im Fokus. Der Schwerpunkt liegt auf Naturfasern, die vorzugsweise aus kontrolliert biologischem Anbau bzw. kontrolliert biologischer Tierhaltung stammen. Die gesamte textile Kette, von der Gewinnung des Rohmaterials bis zum Versand des fertigen Produktes, unterliegt höchsten ökologischen Anforderungen. Diese werden von eigens entwickelten, sehr anspruchsvollen Richtlinien definiert, die weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Die Einhaltung dieser Qualitätsrichtlinien wird im Rahmen des ManageH E S S N AT U R Q U A L I TÄT S R I C H T L I N I E N I M Ü B E R B L I C K Diese Anforderungen gelten bei hessnatur über die gesamte Herstellungskette – von der Rohware bis zum fertigen Produkt.

 Nachhaltige Rohmaterialien, bevorzugt Naturfasern aus kontrolliert biologischem Anbau oder kontrolliert biologischer Tierhaltung

 Keine Verwendung umwelt- und gesundheitsgefährdender Hilfsmittel und Herstellungsverfahren

 Strenge Grenzwertanforderungen angelehnt an den GOTS-Standard

 Hauseigene Qualitätskontrolle der physikalischen und ökologischen Anforderungen

 Abfrage, Bewertung und Dokumentation der hessnatur Anforderungen

 Unabhängige externe Kontrolle

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mentsystems für Ökologie von hessnatur Experten kontrolliert, dokumentiert und regelmäßig überprüft. Im Zuge einer fortschrittlichen und nachhaltigen Materialpolitik öffnet sich hessnatur heute neuen Faserqualitäten: Das aus Österreich stammende und aus FSC-zertifiziertem Buchenholz gewonnene Modal Edelweiß ist eine Faser, die diesem Gedanken folgend in das Material-Portfolio aufgenommen wurde. Da die Gewinnung des Rohstoffes Zellulose und die Produktion der Modalfaser am gleichen Ort erfolgen, schont die Verarbeitung Energie und Ressourcen. Modal wird mit einem deutlich geringeren Wasserverbrauch als zum Beispiel Baumwolle hergestellt. Im Rahmen der Verbandsarbeit hat hessnatur als Gründungsmitglied des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft e.V (IVN, siehe naturtextil.org) 2008 den Global Organic Textile Standard (GOTS) mit entwickelt. hessnatur ist durch das unabhängige Institut für Marktökologie (IMO) berechtigt, GOTS-zertifizierte Produkte in den Handel zu bringen. Die in dem Standard definierten Anforderungen liegen der hessnatur Richtlinie zugrunde. Die hessnatur Standards für Ökologie wirken sich neben der Umwelt positiv auf Arbeitsschutz und

Im kontrolliert biologischen Anbau wird auf umwelt- und gesundheitsgefährdende Pestizide verzichtet. Dies bewahrt die Bodenfruchtbarkeit und erhält die Versorgungsgrundlage der Bauern vor Ort.



tet schädliche bzw. belastende Substanzen, sodass Gesundheit der Mitarbeiter in den Fabriken entMitarbeiter schon im Vorhinein geschützt werden. lang der textilen Kette aus. Die in der konventionelUnter den strengen Richtlinien des kontrolliert biolen Textilproduktion eingesetzten Hilfsmittel könlogischen Anbaus verzichten die nen für Menschen, die hiermit in Bauern auf Pestizide und weitere Berührung kommen, gesundheitsWir betrachten unsere Chemikalien. Dies unterstützt die schädlich sein. Durch Hautkonökologische und soziale natürliche Schädlingsbekämptakt oder Belastungen in der Luft Ver ant wor tung ganzheitlich fung und bewahrt die Bodenwerden die Beschäftigten oft gifund nicht getrennt fruchtbarkeit, was wiederum die tigen, erbgutschädigenden, krebv o n e i n a n d e r. V o n A n f a n g b i s Versorgungsgrundlage der Bauserregenden, ätzenden oder anderEnde der textilen Kette. ernfamilien langfristig sichert. weitig gesundheitsschädigenden Kristin Heckmann, Leiterin CSR Die bevorzugte Verwendung von Substanzen ausgesetzt. Diese Materialien aus kontrolliert bioloSubstanzen können auch durch gischem Anbau, bzw. kontrolliert biologischer Tierdie Entsorgung von Abwässern in Flüsse, Grundhaltung schafft damit die Grundlage für deutlich wasser, Boden und schließlich über die Nahrungsverbesserte Lebensbedingungen der Bauern. Das aufnahme in den Körper gelangen. Häufig sind den Bespiel zeigt wie eng verbunden und verknüpft Fabrikarbeitern diese weitreichenden Auswirkunökologische und soziale Verantwortung sein kann. gen nicht bekannt. Die hessnatur Richtlinie verbie-



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D I E H E S S N AT U R S O Z I A L S TA N D A R D S

1. F R E I E A R B E I T S WA H L Es darf keine Zwangsarbeit, einschließlich Sklavenoder Gefängnisarbeit geben (IAO Konventionen 29 und 105). Die Arbeitnehmer dürfen nicht gezwungen werden, eine „Kaution“ oder Identitätspapiere beim Arbeitgeber abzugeben. 2. KEINE DISKRIMINIERUNG A M A R B E I T S P L AT Z Es ist für Chancengleichheit und Gleichbehandlung zu sorgen, ungeachtet der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, der politischen Meinung, der Nationalität, der sozialen Herkunft oder anderer Unterscheidungsmerkmale (IAO Konventionen 100 und 111).

Beim Nähen ist ein hohes Maß an Handarbeit erforderlich. Daher setzt sich die FWF vor allem in Konfektionsbetrieben für bessere Arbeitsbedingungen ein.

6. ANGEMESSENE ARBEITSZEITEN 3. KEINE AUSBEUTUNG DURCH KINDERARBEIT

3 D I E H E S S N AT U R S O Z I A L S TA N D A R D S Die Anforderungen an eine sozial gerechte Produktion werden im Fair Wear Foundation (FWF) Arbeitsverhaltenskodex definiert, der von hessnatur übernommen wurde. Die acht Kernarbeitsnormen basieren auf den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) sowie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Sie regeln explizit die Arbeitsbedingungen in den Produktionsbetrieben. hessnatur Sozialstandards und gesetzliche Regelungen Die hessnatur Sozialstandards regeln viele Punkte, die in den Produktionsländern auch von der lokalen Gesetzgebung abgedeckt werden – aber nicht immer stimmen die Regelungen überein. Bei Unterschieden zwischen den hessnatur Sozialstandards und den Landesgesetzen gilt grundsätzlich: Die strengere Regelung geht vor. Manchmal allerdings steht die lokale Gesetzgebung im Widerspruch zu den hessnatur Sozialstandards. So gibt es zum Beispiel Länder, in denen die Gewerkschaftsfreiheit gesetzlich beschränkt ist. In solchen Ländern versucht hessnatur gemeinsam mit der FWF Alternativen zu finden und neue Wege zu gehen. Zum Beispiel im Bereich Gewerkschaftsfreiheit: In Trainings im Rahmen des „Worker Education Programme“ (WEP) werden die Ar16 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

milien zu erfüllen und darüber hinaus einen Betrag zur freien Verfügung enthalten (IAO Konventionen 26 und 131). Letzteres ist eine Anforderung mit Prozesscharakter und es müssen alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Weder sind Abzüge von Löhnen als Strafmaßnahme erlaubt, noch sind Abzüge ohne die ausdrückliche Erlaubnis der betreffenden Arbeitnehmer gestattet, die nicht durch die nationalen Gesetze begründet sind. Alle Arbeitnehmer erhalten vor Aufnahme der Arbeit schriftliche und verständliche Informationen über die Lohnbedingungen sowie über die genauen Angaben zu ihrem Lohn für jeden Auszahlungszeitraum.

beiter von Fachleuten der FWF über ihre Rechte und die Möglichkeiten, diese in Anspruch zu nehmen, informiert. Das Einrichten von betriebsinternen Beschwerdesystemen fördert zusätzlich den Dialog zwischen Arbeitern und Management. Zur Sicherstellung der Sozialstandards in den Produktionsbetrieben hat hessnatur ein Monitoringsystem entwickelt, welches fest im Unternehmen verankert ist und im folgenden Kapitel genauer beschrieben wird. Verantwortlich für die Umsetzung und Kontrolle der sozialen und ökologischen Standards ist der Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) unter Leitung von Kristin Heckmann. Die FWF, die von Vertretern aus Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Herstellerverbänden getragen wird, begleitet die Arbeit von hessnatur und prüft und bewertet sie auf ihre Richtigkeit. Zusätzlich wird die Umsetzung der Sozialstandards bei deutschen Mitgliedsunternehmen durch ein nationales, sogenanntes Multi-Stakeholder-Gremium begleitet, um deutsche Interessensgruppen einzubinden. Neben der FWF und hessnatur sind in diesem Gremium die Kampagne für saubere Kleidung (CCC), die IG-Metall und weitere deutsche Mitgliedsunternehmen vertreten.

Es darf nicht auf Kinderarbeit zurückgegriffen werden. Es werden nur Arbeitnehmer eingestellt, die mindestens 15 Jahre alt sind oder das Pflichtschulalter überschritten haben (IAO Konvention 138). Gegebenenfalls zu entlassenden Kinderarbeitern sind ausreichende finanzielle Übergangshilfen und angemessene Bildungsmöglichkeiten anzubieten. Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren dürfen zudem keine Arbeit ausüben, die ihre Gesundheit und Sicherheit gefährden kann. Sie dürfen z. B. keine Nachtarbeit und keine überlangen Arbeitszeiten verrichten (IAO Konvention 182). 4. VEREINIGUNGSFREIHEIT UND RECHT AUF KOLLEK TIV VERHANDLUNGEN Das Recht aller Arbeitnehmer, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten („Vereinigungsfreiheit“) und das Recht auf Tarifverhandlungen („Kollektivverhandlungen“) wird anerkannt (IAO Konventionen 87 und 98). Die Arbeitnehmervertreter dürfen nicht diskriminiert werden und müssen Zugang zu allen erforderlichen Arbeitsplätzen haben, damit sie ihre Vertretungsfunktion wahrnehmen können (IAO Konvention 135 und Empfehlung 143). Im Falle, dass das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen durch Gesetze unterbunden ist, soll der Arbeitgeber eine positive Haltung gegenüber der Arbeit von Gewerkschaften einnehmen sowie deren Aktivitäten hinsichtlich einer Organisierung der Beschäftigten gegenüber offen sein. 5. Z A H L U N G E X I S T E N ZSICHERNDER LÖHNE Die Löhne und sonstigen Leistungen für eine normale Arbeitswoche müssen zumindest den gesetzlichen oder für die Industrie geltenden Mindestlöhnen entsprechen. Die Löhne sollen ausreichen, um die Grundbedürfnisse der Arbeitnehmer und ihrer Fa-

Die Arbeitszeiten sind im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Normen der Branche festzulegen. Von den Arbeitnehmern darf nicht verlangt werden, dass sie durchschnittlich mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten und innerhalb eines Zeitraums von 7 Tagen müssen sie mindestens einen freien Tag haben. Überstunden müssen freiwillig sein, dürfen 12 Stunden pro Woche nicht übersteigen, dürfen nicht regelmäßig angeordnet werden und müssen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben immer mit einer Mehrarbeitszulage zum Lohn kompensiert werden (IAO Konvention 1). 7. S I C H E R E U N D G E S U N D H E I T S VERTRÄGLICHE ARBEITSBEDINGUNGEN Es ist für eine sichere und hygienische Arbeitsumgebung zu sorgen und der größtmögliche Gesundheits- und Sicherheitsschutz am Arbeitsplatz ist zu fördern, und zwar unter Berücksichtigung der aktuellen Kenntnisse der Industriebranche und etwaiger spezifischer Gefahren (IAO Konvention 155). Hierzu soll entsprechende Schutzausrüstung bereitgestellt werden und die Arbeiter in der Benutzung geschult werden. Körperliche Misshandlung, Androhungen von körperlicher Misshandlung, unübliche Strafen oder Disziplinarmaßnahmen, sexuelle und andere Belästigungen sowie Einschüchterungen durch den Arbeitgeber sind streng verboten. 8. EIN RECHTSVERBINDLICHES A R B E I T S V E R H Ä LT N I S Die arbeits- und sozialrechtlichen Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten, die sich aus dem regulären Beschäftigungsverhältnis ergeben, dürfen nicht umgangen werden, auch nicht durch einseitige, nur die Beschäftigten bindende Verträge oder Ausbildungsprogramme, die nicht wirklich auf die Vermittlung von Fähigkeiten oder eine reguläre Beschäftigung abzielen. Jüngere Arbeitnehmer sollen die Gelegenheit erhalten, an Ausbildungs- und Schulungsprogrammen teilzunehmen.

4 W I E S E T Z T H E S S N AT U R

D I E S O Z I A L S TA N D A R D S U M? Um menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der textilen Kette sicherstellen zu können, hat hessnatur ein Monitoringsystem entwickelt, das auf der Zusammenarbeit mit allen Beteiligten basiert.

4.1 Die Zusammenarbeit mit Lieferanten 4.1.1 Die hessnatur Lieferanten Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Lieferanten und deren Produktionsbetrieben ist der Aufbau einer stabilen, langjährigen Partnerschaft. Knapp 70 Prozent der 138 Produktionsbetriebe arbeiten mit hessnatur seit mindestens fünf Jahren zusammen. Mit über 40 Prozent hat hessnatur sogar eine Zusammenarbeit, die seit zehn Jahren oder länger besteht. Das ist notwendig, denn die hessnatur Produktionsbetriebe sind in der Regel echte Spezialisten für die Verarbeitung von bestimmten Fasern wie Seide oder für einzelne Produktgruppen: Strickpullover zum Beispiel, Strumpfwaren oder Jacken und Mäntel. Über viele Jahre der Zusammenarbeit wird ein hohes ökologisches und verarbeitungstechnisches Know-how aufgebaut. Deshalb gilt für hessnatur: Können und Qualität sind wichtiger als der günstigste Preis.

GEMEINSAME V ER A N T WORT U NG Im persönlichen und langjährigen Kontakt sind enge Geschäftsbeziehungen mit unseren Lieferanten entstanden. Gemeinsam übernehmen wir Verantwortung für gute Arbeitsbedingungen und lernen ständig von und miteinander dazu.

Die hessnatur Produktionsbetriebe sind Experten auf Ihrem Gebiet und meist langjährige Partner: hessnatur arbeitet mit knapp

70%

der Produktionsbetriebe seit mindestens fünf Jahren zusammen. Mit über

40% besteht die

Zusammenarbeit seit zehn Jahren oder länger.

18 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

Die feinen hessnatur Qualitäten werden zusammen mit langjährigen Partnern entwickelt, die Experten auf ihren Gebieten sind.

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 19

4.1.2 Auswahl neuer Lieferanten

DIE TEXTILE KETTE AM BEISPIEL EINES T-SHIRTS

Obwohl es stets das Ziel von hessnatur ist, dauerhaft mit den Lieferanten zusammenzuarbeiten, ist manchmal der Wechsel zu neuen Produzenten notwendig. Dies kann zum Beispiel in den hohen Qualitätsansprüchen von hessnatur, technischen Voraussetzungen oder Änderungen in der Sortimentsgestaltung begründet sein. Neue Lieferanten werden sehr sorgfältig ausgewählt. Es gibt eine zwischen Geschäftsführung, Einkauf und Corporate Social Responsibility (CSR) klar vereinbarte Lieferanten-Policy. Diese sieht vor, dass hessnatur in bestimmten Ländern nur in Verbindung mit einem sozialen Projekt produzieren lasst (zum Beispiel New SADLE in Nepal). Grundsätzlich gilt: Bevor die Zusammenarbeit beginnt, werden die Betriebe von hessnatur Mitarbeitern besucht. Dabei wird überprüft, ob der Produzent die qualitativen, ökologischen und sozialen Anforderungen von hessnatur erfüllen kann. Hierzu gibt es ebenfalls einen zwischen Einkauf und CSR vereinbarten Ablauf. Dieser sieht unter anderem vor, dass keine Erstproduktion startet, bevor der Bereich CSR den Lieferanten geprüft und freigegeben hat. 4.1.3 Zusammenarbeit mit Agenten In bestimmten Produktionsländern wie der Türkei, Italien, Portugal, Thailand, Peru und Marokko arbeitet hessnatur mit Agenten vor Ort zusammen.

Sie organisieren und betreuen die Produktion für hessnatur und sind wichtige Ansprechpartner für die Produzenten. Diese Vermittler werden deshalb zu den ökologischen und sozialen Anforderungen von hessnatur intensiv geschult. Dies geschieht sowohl bei hessnatur als auch direkt vor Ort in den Produktionsbetrieben. Außerdem arbeiten sie besonders eng mit den jeweiligen hessnatur Mitarbeitern aus Einkauf, Qualitätssicherung und CSR zusammen. 4.1.4 Lieferanten und Produktionsländer Im Geschäftsjahr 2015/16 hat hessnatur mit 94 Bekleidungs-, Textil- und Accessoire-Lieferanten und dabei insgesamt 138 Produktionsbetrieben zusammengearbeitet. Der Großteil der Produktionsbetriebe befindet sich innerhalb der EU. Die Anzahl von Lieferanten ergibt sich aus dem breiten Produktangebot von hessnatur, das von Oberbekleidung für Damen und Herren bis hin zu Babykleidung, Heimtextilien und Schuhen reicht. Hinzu kommt die bereits erwähnte Spezialisierung der Hersteller auf bestimmte Fasern oder Produktgruppen, die für eine ökologisch und verarbeitungstechnisch hochwertige Produktion notwendig ist.

Anzahl der Betriebe

Nicht-EU-Länder

Anzahl der Betriebe

Deutschland

23

Bahrain

1

England

1

Bosnien und Herzegowina

2

Bulgarien

3

China

11

Italien

10

Indien

1

Kroatien

2

Mazedonien

3

Litauen

9

Marokko

2

Österreich

2

Mongolei

1

Polen

6

Nepal

3

Portugal

5

Peru

11

Slowakei

2

Thailand

3

Spanien

1

Tunesien

3

Tschechische Republik

4

Türkei

16

Ungarn

6

Vietnam

2

Rumänien

4

Weißrussland

1

Insgesamt

78

Insgesamt

60

20 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

4. DIE VEREDELUNG

In der ökologischen Produktion stammt das Saatgut aus kontrolliert biologischem Anbau. Die Achtung der Fruchtfolge, die Verwendung von Naturdüngern und natürlicher Schädlingsbekämpfung sowie die Erhaltung von Sozialstrukturen sind die Basis für eine zukunftsfähige Produktion.

Gemäß der hessnatur Richtlinien wird ausschließlich mit Sauerstoff gebleicht, auf schwermetallhaltige Farbstoffe verzichtet und auf Wasserbasis gedruckt. Die Eigenschaften des Stoffes werden unter Beachtung höchster ökologischer Standards optimiert, zum Beispiel durch Kalandern.

2. DAS GARN

5. DIE KONFEKTION

Bei der Garnherstellung wird darauf geachtet, dass es zu keinerlei Kontaminierung mit konventionellen Fasern kommt. Das gewünschte Ergebnis wird vor allem durch mechanische und thermische Methoden erzielt. Die Betriebsrichtlinien unterliegen hier den strengen hessnatur Standards.

In dieser Produktionsphase herrscht hoher Zeit- und Lohndruck, die Menschen arbeiten oft unter katastrophalen Bedingungen. hessnatur hält engen Kontakt zu den Lieferanten und setzt sich in Zusammenarbeit mit der Fair Wear Foundation für die stetige Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein.

3. DER STOFF

6. DER TRANSPORT

Bei der Herstellung des Stoffes werden die Garne durch natürliche Schlichtemittel vor Abrieb und Zerreißen geschützt. Darüber hinaus werden Recyclingsysteme eingesetzt und jedes Abwasser passiert eine mindestens zweistufige Kläranlage.

hessnatur hat seinen Produktionsschwerpunkt in Europa. Dank der hessnatur Richtlinien wird auf chemische Konservierung verzichtet. Kurze Wege und eine umweltfreundliche Verpackung ergänzen den letzten Schritt des Artikels auf seinem Weg zum Kunden.

2 – 4 Hohe Automatisierung und wenig Handarbeit / 5 Geringe Automatisierung und viel Handarbeit

4.1.5 Warum nicht nur Produktion in Europa?

A N Z A H L D E R P R O D U K T I O N S B E T R I E B E P R O L A N D , S TA N D 3 1 . 0 7 . 2 0 1 6 EU-Länder

1. DER ANBAU DER BIO-BAUMWOLLE

Viele Spezialisten für die Verarbeitung besonderer Fasern sind vor allem in deren Anbauländern zu finden. So bezieht hessnatur etwa aus China hauptsächlich Artikel aus landestypischen Fasern wie Seide, Hanf und Edelhaaren wie Kaschmir. Sowohl die Gewinnung als auch die Verarbeitung dieser Fasern findet heute zu großen Teilen in China statt, sodass sie in anderen Produktionsländern kaum erhältlich sind. Kompetenzzentren für die Verarbeitung von Baumwolle liegen heute zum Beispiel in der Türkei, für die Konfektion von Jersey und Nachtwäsche im Baltikum. Gleichzeitig werden zunehmend Konfektionsbetriebe gerade auch in Deutschland geschlossen, wodurch fachliches Know-how verloren geht. hessnatur arbeitet eng mit deutschen Produktionsbetrieben zusammen, um, wo immer möglich, Kompetenzen zu erhalten. Wenn sich hessnatur für die Produktion in außer-

europäischen Ländern entscheidet, werden die Arbeitsbedingungen in den Betrieben sehr intensiv geprüft und neue Lieferanten besonders sorgfältig ausgewählt. Außerdem engagiert sich das Unternehmen in Förderprojekten. So kooperiert hessnatur zum Beispiel mit dem Verein Nepra e.V. aus Deutschland, der sich um leprakranke Menschen in Nepal kümmert, die von der dortigen Gesellschaft ausgegrenzt werden. In den Werkstätten des nepalesischen Partnervereins New SADLE arbeiten zuvor an Lepra erkrankte, inzwischen geheilte und gesunde Menschen zusammen. Sie erhalten freie medizinische Versorgung, Kinderbetreuung und Bildungsangebote. hessnatur hat die Produktion bei der Umstellung der Handfärberei auf schadstofffreie Farben unterstützt und textiltechnisches Know-how geschult. Zudem lässt hessnatur dort Textilprodukte wie Tücher oder Pashmina-Schals für die Kollektionen anfertigen, die für ihre besondere Qualität bekannt sind und durch deren Verkauf das Projekt New SADLE unterstützt wird. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 21

4.2 Das Monitoringsystem zur Umsetzung von Sozialstandards Im Gegensatz zu den vorgelagerten Produktionsstufen wie Spinnen, Stricken oder Färben ist das Nähen der Kleidungsstücke bislang kaum automatisiert. Es ist viel Handarbeit nötig, oft bei hohem Zeit- und Kostendruck. Hierauf gilt es ein besonderes Augenmerk zu legen. Textilien sind, neben Schuhen, Accessoires und Pflegemitteln, das Kerngeschäft von hessnatur. Durch Betriebsbesuche und Audits werden die Fortschritte in den Produktionsbetrieben dokumentiert und nachgehalten. Eine weitere Besonderheit bei hessnatur ist, dass der Aspekt der sozialen, gesellschaftlichen Verantwortung – entsprechend des holistischen Ansatzes – auch den Bereich der Ökologie umfasst. So können Bauern beispielsweise bessere Lebensbedingungen garantiert werden, wenn sie auf den kontrolliert biologischen Anbau von Naturfasern oder die kontrolliert biologische Tierhaltung für tierische Fasern und Produkte umstellen. Dieses Beispiel zeigt, dass die Bereiche Ökologie und Soziales in einem direkten Zusammenhang stehen und ganzheitlich betrachtet werden müssen.

Das heißt:  hessnatur sorgt für die Umsetzung und die Kontrolle der Sozialstandards in den Produktionsbetrieben.  Die Fair Wear Foundation (FWF) prüft die Arbeit von hessnatur und führt im Auftrag von hessnatur Audits in den Produktions betrieben durch.  Die neutrale Beschwerdestelle bietet den Arbeitern zusätzliche Sicherheit. Zum Monitoringsystem für Sozialstandards gehören für hessnatur:  die umfassende Information der Partner über die Standards, Umsetzungsmöglichkeiten und das Monitoringsystem  die schriftliche Bestätigung der Partner, dass die Sozialstandards akzeptiert und eingehalten werden  das regelmäßige Durchführen von Audits  die Durchführung von Trainings und Seminaren in den Produktionsländern  die Einführung des FWF Beschwerdesystems in den Produktionsbetrieben  die Verwaltung und Auswertung der Daten aus dem Monitoringsystem

Ve ri Au fizie st ru au n sc g h

k

&

ec

ch

n ge

Ge

der Lieferanten

    Durchführung von Betriebskontrollen     Entwicklung neuer Systeme & Innovationen

    Organisation von Sozialprojekten in Produktionsländern

    Arbeiter- und Managementtrainings (hessnatur Awareness Programme)

BESCHWERDESYSTEM

    Lieferantenseminare     Unabhängige Verifizierung     Jährliche Kontrolle bei hessnatur     Auditierung von Produktions­

    Eigenkontrolle der

Produktionsbetriebe

    Neutrale Ansprechpartner vor Ort     Anlaufstelle für Arbeiter

betrieben vor Ort

bei Problemen im Betrieb

    Arbeiter- & Managementtrainings (Worker Education Programme)

    Lieferantenseminare     Ausbildung lokaler Audit-Teams     Themenspezifische Projekte     Multi-Stakeholder-Austausch

    Prüfung der Beschwerde & Prüfen & Beratung

Die Informationen der Lieferanten sind die Basis für die gemeinsame Umsetzung der Sozialstandards in den Produktionsbetrieben. Neue Partner werden besonders informiert. Neben den Standards selbst erhalten alle Lieferanten und Produktionsbetriebe weitere Informationen zum Monitoringsystem von hessnatur und zu den Anforderungen und Aufgaben, die sich daraus für sie ergeben. Fragen werden im direkten Gespräch mit den hessnatur Ansprechpartnern geklärt. Gleichzeitig müssen umfassende Informationen über die Produktionsbetriebe zur Verfügung gestellt werden (zum Beispiel zur Anzahl der Mitarbeiter, Umsetzungsstand der Sozialstandards etc.). Diese Angaben dienen als Planungsgrundlage für die Monitoringmaßnahmen. 4.2.2 Bestätigung der Sozialstandards Die hessnatur Sozialstandards werden jedem Partner übergeben und müssen von diesem schriftlich bestätigt werden. Ohne Bestätigung keine Zusammenarbeit! Außerdem erhält jeder Produktionsbetrieb eine Version der Sozialstandards in der lokalen Sprache, welche zur Information der Mitarbeiter ausgehängt werden muss. Dies wird von hessnatur abgefragt und bei Betriebsbesuchen vor Ort oder durch Fotodokumentation kontrolliert. 4.2.3 Betriebskontrollen vor Or t

K E R N E L E M E N T E D E S M O N I T O R I N G S Y S T E M S F Ü R S O Z I A L S TA N D A R D S

    Internes Monitoring     Information, Betreuung & Unterstützung

4.2.1 Informationsaustausch

Lösungsfindung durch FWF & hessnatur

Die Betriebskontrollen sind umfassende „Momentaufnahmen“ der Umsetzung der Sozialstandards in den Produktionsbetrieben. Sie sind die Grundlage für eine intensive weitere Arbeit an den Standards. Im Rahmen der Betriebskontrollen werden sowohl die Arbeitssicherheit als auch die Dokumentation im Betrieb überprüft: Zum Beispiel werden Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Versicherungsunterlagen und die Arbeitszeit unter die Lupe genommen. Bei Audits der FWF werden zusätzlich Interviews mit den Arbeitern geführt. Neben den Audits der FWF und anderer unabhängiger Gutachter führt hessnatur auch eigene Betriebsbesuche durch, die dazu dienen, die Sozialstandards weiter zu implementieren. Vorrangig werden Betriebe kontrolliert, die sich in kritischen Produktionsländern befinden sowie besonders wichtige hessnatur Partner. Außerdem wird kontrolliert, wenn es bei einem Produktionsbetrieb Hinweise auf Probleme im Betrieb gibt – zum Beispiel durch Beschwerden von Mitarbeitern.

Mit den Betriebskontrollen wird festgestellt, wo in Produktionsbetrieben Verbesserungsbedarf besteht. Im Anschluss an ein Audit wird auf Basis des Auditberichts ein sogenannter „Corrective Action Plan“ erstellt – kurz CAP. Der CAP listet die Verbesserungsmaßnahmen auf, die im Betrieb umgesetzt werden müssen, unabhängig davon, ob das Audit von der FWF oder einer anderen externen Es geht uns um ganzheitliche Organisation durchgeLösungen, die den kulturellen führt worden ist. Dabei Kontext und die individuelle Situation in den Betrieben werden gemeinsam mit berücksichtigen. Wir wollen den Lieferanten indiw ir k liche Ver b e s s er ungen viduelle Lösungen für erzielen, die für die Betriebe den jeweiligen Betrieb und die Mitarbeiter vor Or t erarbeitet. Dazu gelangfristig Sinn machen. hört ein klar definierter Elisabeth Schmidt, Zeitplan, der festlegt, CSR Managerin Sozial standards welche Maßnahmen bis wann erledigt sein müssen. Die Partner berichten in regelmäßigen Abständen über den Stand der Umsetzung und dokumentieren Fortschritte. Darüber hinaus finden im Nachgang Überprüfungen vor Ort statt, entweder durch ein FWF-Auditteam oder durch hessnatur Mitarbeiter.





Die vollständige Umsetzung der Sozialstandards in einem Betrieb ist ein Prozess, der je nach den Rahmenbedingungen des jeweiligen Herstellungslandes mehrere Monate bis Jahre in Anspruch nehmen kann. Bei einer unvollständigen Erfüllung der Sozialstandards hilft und unterstützt hessnatur bei der Umsetzung, um so die Situation im Betrieb zu verbessern und faire Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Nur wenn dies nicht gelingt oder bei grundlegenden Verstößen gegen die hessnatur Sozialstandards wird die Zusammenarbeit mit dem Partner beendet. Betriebsbesuche werden von hessnatur geplant, festgelegt und dann vor Ort durchgeführt. Zusätzlich gibt es das sogenannte „Verification Audit“. Das Verification Audit der FWF unterscheidet sich von einem „normalen“ Audit insofern, als das nicht hessnatur, sondern die FWF den Betrieb auswählt und den Audittermin festlegt. So wird nicht nur die Umsetzung der Sozialstandards und die Leistung des Partners vor Ort überprüft, sondern auch die Arbeit von hessnatur.

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 23

4.2.4 Das Beschwerdesystem Das FWF Beschwerdesystem dient als zusätzliches Tool zur Sicherung der Sozialstandards: Es gibt Arbeitern in den Betrieben die Möglichkeit, sich bei Problemen an einen neutralen Ansprechpartner außerhalb des Betriebes zu wenden. Diese Beschwerdemanager werden von der FWF ausgebildet. Sie prüfen die Beschwerden und geben sie über die FWF in Amsterdam weiter an hessnatur. hessnatur entwickelt dann gemeinsam mit dem betroffenen Betrieb und seinen Mitarbeitern eine Lösung. Das System wird in den Betrieben vorgestellt und der Ansprechpartner vor Ort bekannt gegeben. Dies geschieht auf drei Wegen:

 im Rahmen von Audits der FWF  durch Besuche der FWF Ansprechpartner

in den Betrieben

 durch Bekanntgabe der Ansprechpartner und

Änderungen oder fehlende Informationen sorgen für eine höhere Qualität der vorliegenden Daten. Selbstverständlich werden die Daten vertraulich behandelt.

FÜR MEHR T R A N S PA R E N Z Wir zeigen, wie wir Arbeitsbedingungen verbessern und berichten hierzu jährlich. Die Fair Wear Foundation kontrolliert nicht nur die Produktionsbetriebe sondern auch uns regelmäßig. So werden Fortschritte auch von unabhängiger Seite sichergestellt.

ihrer Kontaktdaten auf den Aushängen der hessnatur Sozialstandards in der jeweiligen Landessprache Darüber hinaus fördert hessnatur betriebsinterne Beschwerdeverfahren und den Dialog zwischen Management und Arbeitern. 4.2.5 Datenmanagement Verwaltet werden die zahlreichen relevanten Daten in dem EDV System Osca®, welches in Zusammenarbeit mit der Firma Setlog spezifisch für die Arbeit an Sozialstandards entwickelt wurde. Die Daten aus dem hessnatur Monitoringsystem – zum Beispiel die Adressen der Produktionsbetriebe, Daten und Ergebnisse der Betriebskontrollen, Umsetzungsstand der Corrective Actions – werden in dem speziell hierfür gestalteten System erfasst, verwaltet und ausgewertet. Osca® ermöglicht beispielsweise durch Schnittstellen den automatischen Im- und Export von CAPs sowie die automatische Berechnung des Umsetzungsstandes. Anschließend können die Corrective Actions z. B. nach Land oder Standards gefiltert werden, was wichtige Auswertungen ermöglicht. Das System unterstützt durch automatische Zeitberechnungen bei der Planung neuer Maßnahmen und der Umsetzung von Arbeitsaufträgen, die aus Betriebsbesuchen, wie z. B. Audits, entstehen. Übersichtsfunktionen für kürzlich vorgenommene 24 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

Feuertreppe bei einem hessnatur Partner.

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5 ZUSAMMENARBEIT MIT DEM EINK AUF Allgemein gilt: Alle Mitarbeiter werden schon bei ihrem Einstieg mit den Besonderheiten von hessnatur vertraut gemacht und erhalten eine Schulung zu den sozialen und ökologischen Standards. Außerdem werden neue Mitarbeiter im Zuge regelmäßig stattfindender Grundlagenschulungen über das Monitoringsystem für Sozialstandards informiert. Anderen Bereichen, deren Arbeit unmittelbar von den Sozialstandards berührt wird, werden weitergehende Informationen zur Verfügung gestellt. Dies gilt auch im Bereich Einkauf, mit dem im letzten Jahr wieder ein Workshop zum Thema Sozialstandards stattfand. So kann eine effektive Zusammenarbeit beider Bereiche gesichert werden.

5.1 Die Gesamteinkaufsstrategie Nur durch die Zusammenarbeit mit den hessnatur Partnern wird die breite Produktpalette von hessnatur möglich: Oberbekleidung für Damen und Herren, Babyartikel, Heimtextilien, Schuhe und weitere Accessoires werden in einer Vielzahl an Materialien und Styles angeboten. Gemeinsam mit den Spezialisten für die jeweiligen Fasern und Produktgruppen entsteAuch der Bereich Einkauf hen qualitativ hochwerüb er nimmt Ver ant wor tung und tige Artikel, die unter schafft durch entsprechende höchsten ökologischen Einkaufspr ak tiken und und sozialen Standards Prozesse die Grundlage, damit hergestellt werden. Mit die Partnerbetriebe unsere einigen Partnern wurden A nforder ungen er füllen können. zum Beispiel besondere Helmut Schädler, Materialien wie Yakwolle Leiter CSR und Einkauf oder Ausrüstungsverfahren wie die Laserbehandlung von Jeans über einen längeren Zeitraum entwickelt. Dies kann mit einer relativen Abhängigkeit auf beiden Seiten einhergehen. Sollte ein Lieferant wegfallen oder die Nachfrage von hessnatur dessen Kapazitäten übersteigen, ist es schwierig, zeitnah alternative Lieferanten zu finden. Auf der anderen Seite wäre der Lieferant so auch von der wirtschaftlichen Situation von hessnatur abhängig.





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hessnatur hat vor diesem Hintergrund auf Basis von Expertise und Prognosen genau definiert, welche Materialien und in welchen Ländern die Produktion weiter ausgebaut oder gehalten werden soll, bzw. wo ein Engagement weniger zielführend ist. Das Ergebnis ist eine klare Orientierung auf die Produktion in Europa sowie eine Fokussierung auf Länder und Regionen, in denen besondere Materialien ihren Ursprung haben bzw. das entsprechende Know-how zu finden ist. Aufbauend auf dieser Analyse und vor dem Hintergrund des Einsatzes für einen fairen und nachhaltigen Umgang mit Lieferanten wurden zwei Grundregeln aufgestellt: Ein Lieferant soll nie mehr als 30 Prozent an dem hessnatur Sortiment haben. Ebenso soll der Anteil von hessnatur an der Produktion eines Lieferanten 30 Prozent nicht übersteigen. Darüber hinaus wurde ein Tool mit Kriterien zur genauen Bewertung der einzelnen Lieferanten und ihren Produktionsbetrieben entwickelt, welches dem Lieferanten-Bewertungsgespräch zugrunde liegt. Die Bewertung erfolgt auf Basis der einzelnen Produktionsbetriebe, von denen oft mehrere unter einem Lieferanten für hessnatur produzieren. Auch wenn der Lieferant der Ansprechpartner für hessnatur ist, liegt ein großer Teil der Kooperationsbereitschaft und Verantwortung zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen bei den Produktionsbetrieben selbst. Außerdem wird nun auch der Umgang der Produktionsbetriebe mit Beschwerden von Arbeitern, die über die FWF Beschwerdehotline bei hessnatur eingehen, bewertet. 5.2 Bereichsübergreifend: Das Lieferantenbewertungsgespräch Jeweils zu den zwei Hauptsaisons im Jahr gibt es ein Lieferantenbewertungsgespräch. Daran nehmen verschiedene Bereiche wie Einkauf, Technik, Finanzbuchhaltung und Corporate Social Responsibility (CSR) teil. Bei diesem Termin wird die Zusammenarbeit umfassend bewertet: War die Qualität in Ordnung? Hat der Lieferant pünktlich geliefert? Gab es Schwierigkeiten bei den Arbeitsbedingungen, zum Beispiel Beschwerden von Arbeitern aus dem Betrieb oder Auffälligkeiten bei einer Betriebskontrolle? Schließlich entscheiden die Bereiche gleichberechtigt darüber, ob die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten weiter aus- oder abgebaut wird.

5.3 Der Bereich Einkauf Die Bereiche Einkauf, Disposition, Technik und CSR bilden eine organisatorische Einheit. Gerade die Einkäufer arbeiten eng mit den hessnatur Lieferanten zusammen. Sie entscheiden auf Basis des Lieferantenbewertungsgesprächs, wer welche Produkte für hessnatur produziert. Um Sozialstandards bei den Lieferanten und ihren Produktionsstätten sicherzustellen, arbeitet der Bereich CSR eng und kooperativ mit dem Bereich Einkauf zusammen. Im Falle eines verabredungswidrigen Verstoßes eines Lieferanten gegen die hessnatur Standards hat der Bereich CSR das Recht und die Pflicht, darauf hinzuweisen und die Aufträge gegebenenfalls zu stoppen. 5.3.1 Integration von Sozialstandards in die Einkaufsentscheidungen Zwischen den Bereichen Einkauf und CSR ist eine enge Abstimmung notwendig. Maßnahmen bei Partnern werden zwar allgemein festgelegt, individuelle Lösungen müssen dennoch immer wieder neu gefunden werden. Die enge Zusammenarbeit bei hessnatur ist dafür die Grundlage.

 Ablauf bei der Auswahl neuer Lieferanten Es müssen viele Vorbedingungen erfüllt sein, bevor hessnatur die Entscheidung trifft, mit einem neuen Lieferanten zusammenzuarbeiten. Einen neuen Lieferanten zu finden, der zu hessnatur passt, ist Aufgabe des Einkaufs. Es gilt jedoch: Nur wenn auch die Sozialstandards geprüft wurden, kann ein Lieferant ein neuer Partner für hessnatur werden.

5.3.2 Der hessnatur Kollektionserstellungsprozess Seit mehr als vier Jahren wird der Kollektionserstellungsprozess von der Produktentwicklung bis hin zur Warenauslieferung bei hessnatur kontinuierlich optimiert. Ziel ist es, alle Aktivitäten rund um den Kollektionserstellungsprozess bestmöglich zu koordinieren, um die planmäßige Fertigstellung der Kollektion und deren Auslieferung sicherzustellen. Viele Bereiche arbeiten dabei Hand in Hand: Geschäftsführung, Category Management, Design, CSR, Einkauf und Technik. Ein wichtiges Controlling-Instrument für die Gewährleistung eines effizienten und reibungslosen Ablaufs im saisonalen Kollektionserstellungsprozess ist der Terminrahmenplan. Dieser beinhaltet klar definierte Meilenstein-Termine und Aufgaben und schafft somit für alle betroffenen Bereiche Verantwortlichkeit, Verbindlichkeit und Transparenz im Tagesgeschäft. In wöchentlichen Meetings werden der aktuelle Soll-Ist-Status besprochen und – so notwendig – frühzeitig Steuerungsmaßnahmen eingeleitet, um die geplanten Termine einhalten zu können. Damit verbunden ist zusätzlich die kontinuierliche Verbesserung interner Abläufe, um auf der einen Seite extreme Arbeitsbelastungen zu Spitzenzeiten und Doppelarbeit zu reduzieren sowie auf der anderen Seite eine hohe Dispositionssicherheit für eine optimale Belieferung der Kunden zu erzielen.

 Lieferantenleitfaden Der Lieferantenleitfaden ist das Basiswerk für jeden Partner. Dort sind die Anforderungen von hessnatur definiert. Seien es die ökologischen Kriterien, die Lieferanforderungen, Einkaufsbedingungen oder Sozialstandards. Der Lieferantenleitfaden muss von jedem Partner von hessnatur unterschrieben werden. Ohne Unterschrift keine Zusammenarbeit!

 Maßnahmenplanung Zu Beginn jedes Geschäftsjahres wird der neue Maßnahmenplan erstellt. Dieser listet auf, wann welcher Partner wie auf Sozialstandards kontrolliert, besucht und informiert werden soll. Der Plan wird stets mit dem Einkauf abgestimmt. Dabei achtet hessnatur darauf, dass sowohl das Management als auch die Mitarbeiter eines Partners die Zeit finden, sich ausführlich mit den sozialen Standards zu beschäftigen.

DER KOLLEKTIONSERSTELLUNGSPROZESS

Meilenstein-Termine Saison Frühjahr/Sommer

Zeitraum

Kollektionsentwicklung

Februar bis März/April

Lieferantenbewertungsgespräch

Februar

Konzeptpräsentationen

April

Erstmusteranprobe/ Erstmusterbeurteilung

Mai bis Juli

Finale Artikelauswahl

Juni/Juli

Bestellfreigabe für die gesamte Saison

August

Foto- und Katalogproduktion

August bis Dezember

Warenanlieferung

November/Dezember

Katalogversand

Mitte Januar

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5.3.3 „Never out of Stock”-Produkte



duziert, beschrieb, dass die Produktion hierdurch „Never-out of Stock“ (NOS) - Produkte sind Artideutlich besser planbar ist. Auch ein Audit bestäkel, die über längere Zeit im Sortiment angeboten tigte, dass die Arbeitszeiten gut verteilt sind und werden. Diese wurden im Geschäftsjahr 2011/12 keine exzessiven Überstunden eingeführt und seitdem auf durchgeleistet werden. Ein weiterer schnittlich über 200 Artikel pro Unsere Lieferanten wissen das Wäschelieferant, der auch die Saison bei 12 Textillieferanten im NOS -System sehr zu schätzen: meisten Stoffe für hessnatur Berichtsjahr erweitert. Aktuelle Sie können hierdurch l angfr istig selbst produziert, kann durch NOS-Artikel sind beispielsweise pl anen und unsere A r tikel in das System nicht nur die NäharWäsche, Bettwaren, Handtücher Zeiten geringer Auslastung prooder Babybodys, die kontinuierd u z i e r e n . D u r c h d i e g a r a n t i e r t e n beiten sondern auch die StoffproAbnahmemengen über längere duktion in Zeiten mit geringerem lich nachgefragt werden. Zeitr äume kommen größere Auftragsvolumen platzieren. Die Bestellungen zusammen, was lange im Voraus bestellten ProDie Lieferanten erhalten für den d i e K o s t e n f ü r S t o f f p r o d u k t i o n dukte werden anschließend je NOS-Artikel in bestimmter Ausund Fer tigung erheblich senkt. nach tatsächlichem Bedarf von führung und Farbe eine AbnahChristine Müller, hessnatur abgerufen, wobei jemegarantie über einen längeren Disponentin für Wäsche, Strümpfe doch die vereinbarte MindestZeitraum von meistens vier Sai& Accessoires abnahme garantiert bleibt. Sollsons. Dies lässt dem Lieferanten te der Lagerbestand bei hessnatur unter eine deFreiraum, seine Produktionsabläufe zeitlich besser finierte Menge fallen, geht eine weitere Order an zu planen. Durch die gleichmäßige Produktionsden Lieferanten. Dies wird über einen Statusbeauslastung werden saisonale Schwankungen abricht koordiniert, der alle zwei Wochen an den Liegeschwächt und die Spitzenzeiten der Fertigung feranten geschickt wird. Dieser gibt dann seinen entlastet. Hierdurch kann auch die benötigte Feraktuellen Lagerbestand und Produktionsstatus tigungszeit der Arbeiter besser verteilt und exzesdurch, wodurch eine vorausschauende und gleichsive Überstunden vermieden werden. Außerdem mäßige Auslastung zusätzlich unterstützt wird. wird ein gleichmäßiges Grundeinkommen der ArSollten dann zum Zeitpunkt der Auslieferung beiter bei angemessenen Arbeitszeiten gefördert. von Lieferantenseite doch einmal Probleme auftreten, zeigt sich hessnatur flexibel und unterDie positiven Effekte werden auch von den Liefestützt den Lieferanten dabei, diese unkompliziert ranten selbst bestätigt: Ein Lieferant, der in Boszu lösen. nien-Herzegowina NOS-Artikel für hessnatur pro-



6 AK TEURE ZUR Ü B E R P R Ü F U N G D E R S O Z I A LS TA N D A R D S V O R O R T Neben den Betriebsbesuchen und -kontrollen durch hessnatur werden auch externe, unabhängige Gutachter und Instanzen beauftragt. Im Folgenden werden diese vorgestellt. Im Speziellen wird auf die Fair Wear Foundation (FWF)* und deren Vorgehen bei der Auditierung eingegangen. Zudem werden Betriebsbesuche durch hessnatur und das Beschwerdemanagement vorgestellt. 6.1 Die Fair Wear Foundation Die FWF ist eine internationale Organisation mit Sitz in den Niederlanden. Sie hat das Ziel, Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsherstellung zu verbessern und die gemeinschaftliche soziale Verantwortung zu fördern. Unternehmen, die der FWF beitreten, verpflichten sich, die Sozialstandards in ihren Produktionsbetrieben umzusetzen und zu kontrollieren. Das Besondere an der FWF: Sie ist eine sogenannte Multi-Stakeholder-Organisation, das heißt es sind all jene Gruppen als Mitglieder vertreten, die mit der Bekleidungsherstellung zu tun haben: Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Hersteller und Händler. So wird eine möglichst breite Teilhabe aller Stakeholder am Verbesserungsprozess der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsherstellung ermöglicht. Die FWF hat eigene Sozialstandards entwickelt, die auf den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen basieren und die hessnatur übernommen hat. Bei Unterschieden oder Widersprüchen zwischen den FWF Standards und der lokalen Gesetzgebung gelten die jeweils höheren Anforderungen. Die sozialen Standards und die Anforderungen an deren Umsetzung sind im FWF Arbeitsverhaltenskodex zusammengefasst. Mitglieder der FWF stimmen diesem Kodex und der Überprüfung seiner Einhaltung durch die FWF formell zu.

NOS-Artikel wie zum Beispiel Babybodys werden kontinuierlich nachgefragt.

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Die Grundsätze des FWF Arbeitsverhaltenskodex sind:  Marken und Produzenten teilen sich die Arbeit an der Verbesserung der Sozialstandards.  Die Standards entsprechen den weithin akzeptierten Konventionen der IAO und der Allgemeinen Erklärung der Menschrechte der Vereinten Nationen.  Die Umsetzung der Standards wird als Prozess verstanden, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.  Lokale Beteiligte werden bei der Auditierung und bei Korrekturmaßnahmen einbezogen.  Die Umsetzung des Arbeitsverhaltenskodex durch die Mitglieder wird unabhängig überprüft („externe Überprüfung“ oder „Verifizierung“). Die FWF führt nicht nur Audits in den Produktionsbetrieben durch: Jedes Mitglied muss regelmäßig Bericht über Fortschritte oder Missstände an die FWF erstatten. Beim jährlichen Brand Performance Check prüft und bewertet die FWF die Arbeit der Mitgliedsunternehmen an Sozialstandards. Besonderheiten der Fair Wear Foundation Audits, das heißt Betriebskontrollen, werden durch lokale, von der FWF geschulte Auditteams aus dem jeweiligen Produktionsland durchgeführt. Sie sind fester Bestandteil des Monitoringsystems für Sozialstandards bei hessnatur. Dadurch können kulturelle und regionale Besonderheiten berücksichtigt werden. Die Kommunikation wird einfacher, das Vertrauen ist größer als gegenüber landesfremden Personen. Oft wissen die Arbeitnehmer sehr wenig über ihre Rechte und Pflichten. Die FWF informiert darüber im Rahmen von Worker Education Programme (WEP) Trainings. Ein neutrales Beschwerdesystem ermöglicht dem Arbeitnehmer, sich bei Problemen an kompetente Ansprechpartner vor Ort zu wenden. Der Auditbericht des FWF Teams geht nur an hessnatur und wird dem Produktionsbetrieb anschließend weitergeleitet und besprochen. Während des Audits muss das Management des Betriebs anwesend sein. Das Auditteam muss Zugang zum Betrieb und allen anderen wichtigen Einrichtungen bekommen.

* Weitere Details zur FWF gibt es im Internet unter www.fairwear.org.

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Audits durch die Fair Wear Foundation Ein Auditteam besteht in der Regel aus drei Inspektoren: einem Dokumentenprüfer, einem Prüfer für Arbeitssicherheit (Health & Safety) sowie einem Inspektor für Mitarbeiterinterviews. Ein Audit dauert ca. 1 ½ -2 Tage. Die folgenden Gespräche und Untersuchungen werden während des Audits durchgeführt:  Gespräche mit dem Management und dessen Mitarbeitern  Gespräche mit einigen Arbeitern im Betrieb; ein Teil dieser Gespräche wird üblicherweise außerhalb des Betriebes durchgeführt  Gespräche mit lokalen Gruppen wie zum Beispiel Gewerkschaften, anderen Organisationen, die sich mit der Thematik beschäftigen, Wirtschaftsverbänden und lokalen Behörden  Inspektion von Firmenunterlagen, insbesondere in Verbindung mit Lohnabrechnung, Einstellung von Mitarbeitern und Arbeitszeiterfassung  Inspektion der Sicherheit & Gesundheit am Arbeitsplatz Bevor das Auditteam seinen Bericht an hessnatur gibt, bespricht es die Auditergebnisse mit dem Management des besuchten Betriebs. Wenn die Arbeitsbedingungen im Betrieb den Sozialstandards nicht entsprechen, erstellt das Team Empfehlungen für Verbesserungen („Corrective Action Plan“, kurz CAP). Diese werden ebenfalls mit dem Betrieb besprochen. Nach dem Audit ist eine Vereinbarung zwischen dem Betrieb und hessnatur über notwendige Verbesserungen vorgesehen. Das bedeutet, es wird ein Zeitrahmen vereinbart, in dem der CAP umgesetzt wird. Die Umsetzung wird durch hessnatur, einen Nachfolgebesuch der FWF oder durch ein weiteres Audit überprüft. Die Einhaltung der international anerkannten Sozialstandards ist für hessnatur und seine Kunden selbstverständlich. Diese Art der Zusammenarbeit ist ein bedeutender Teil der Marke und damit unverzichtbar für hessnatur. Die Lieferanten werden von hessnatur als konstruktive Geschäftspartner angesehen, die diese Werte teilen und hessnatur beim Monitoring von Sozialstandards und bei der 30 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

6.4 Beschwerdemanagement Umsetzung der Verbesserungsvorschläge tatkräftig unterstützen. 6.2 Prüfung durch unabhängige Gutachter und andere Organisationen Seit 2009 fordert hessnatur alle Lieferanten auf, ausführlich über Beachtung und Umsetzung der Sozialstandards zu berichten. So kann sowohl der Kontakt mit den Lieferanten kontinuierlich intensiviert als auch das Bewusstsein für gerechte Arbeitsbedingungen gestärkt werden. Viele Lieferanten haben hessnatur mitgeteilt, dass in ihren Betrieben bereits Sozialaudits durchgeführt wurden, in einigen Fällen durch international anerkannte und unabhängige Organisationen. Soweit die Lieferanten einverstanden waren, wurden diese Ergebnisse von hessnatur geprüft und bei der Umsetzung der Sozialstandards vor Ort berücksichtigt. So können Doppel-Auditierungen vermieden und Kosten sowie Zeit für alle Seiten gespart werden. 6.3 Betriebsbesuche durch hessnatur Betriebsbesuche und -kontrollen durch hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards finden regelmäßig statt. Dabei werden die Produktionsbetriebe genau betrachtet und auf die Umsetzung der hessnatur Sozialstandards vor Ort überprüft. Zudem werden Auditergebnisse besprochen, Lösungen erarbeitet oder bereits Umgesetztes verifiziert. Auch sind persönliche Besuche grundlegend, um die Lage vor Ort in der Tiefe zu erfassen und so sinnvolle Verbesserungen erarbeiten zu können. B E T R I E B S B E S U C H E D U R C H H E S S N AT U R  E X P E R T E N F Ü R S O Z I A L S TA N D A R D S hessnatur will die Produktionsbetriebe nicht nur gut kennen, sondern sie auch selbst ganz genau unter die Lupe nehmen. Deshalb überzeugen sich die verantwortlichen hessnatur Mitarbeiterinnen selbst vor Ort von der Umsetzung der hessnatur Standards. Sie prüfen die Einhaltung der acht Kernarbeitsnormen in ausführlichen Betriebsbegehungen, bei denen Arbeitssicherheit und Dokumentation kontrolliert werden – vom korrekten Anbringen der Feuerlöscher bis hin zur Überprüfung der Arbeitsverträge. Der persönliche Kontakt schafft die Basis für gegenseitiges Verständnis, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und ein Bewusstsein für gute Arbeitsbedingungen.

Alle hessnatur Lieferanten erhalten zu Beginn der richt eines kurz vorher stattgefundenen Audits und Zusammenarbeit den Arbeitsverhaltenskodex. eine zusätzliche Überstundenanalyse bestätigten Inhalt ist neben den acht Sozialstandards in der diese Thematik. Aus diesem Grund reiste eine hessLandessprache auch der Kontakt für eventuelle natur Mitarbeiterin für Sozialstandards im Vorjahr Beschwerden. Weiter müssen alle Lieferanten und kurzfristig in die Türkei und traf die VerantwortliProduktionsbetriebe bestätigen, dass die Sozialchen vor Ort. Da die Überstunden eine angemessene Menge überschritten, wurden mehrere standards eingehalten werden. Auch muss das Maßna hmen neue FWF Informationsblatt für zur sofortigen Mitarbeiter vor Ort aushängen. Beschwerden im Berichtsjahr aus sowie langDieses wurde von der FWF im fristigen VerBerichtsjahr in neuem Format der Türkei und aus Indien wurden besserung der veröffentlicht und von hessnatur insgesamt neu oder weiter bearbeitet. Situation verin den jeweils einbart. relevanten SpraIm Berichtsjahr fand ein weichen an die Proteres Treffen vor Ort mit den duktionsbetrieBeschwerden hiervon gingen beteiligten Betriebsleitern statt. be weitergeleitet. im Berichtsjahr neu bei der Hierbei konnte eine deutliche Bei Besuchen vor Reduzierung der Überstunden, Ort und durch Beschwerdehotline der FWF ein. zum Beispiel durch verdie Anfrage von ringerte WochenendarFotos werden die Beschwerden konnten im beit und eine RestrukAushänge in allen Betrieturierung der Schichtben kontrolliert, denn nur Berichtsjahr geschlossen werden. systeme bestätigt werwenn die Sozialstandards den. Die Beschwerde und der Kontakt für evenkonnte geschlossen werden, dennoch wird weitertuelle Beschwerden bekannt sind, können Mitarhin verstärkt auf die Überstundenthematik in dem beiter vor Ort auch Beschwerden einreichen. Im Betrieb geachtet. Auch stimmte der Betrieb einem Folgenden werden die Beschwerden im BerichtsTraining im Folgejahr zu, um die Kommunikation jahr und das weitere Vorgehen kurz dargestellt. zwischen Mitarbeitern und Management im Falle von Beschwerden zu Überstunden oder weiteren Eine Beschwerde aus dem Vorjahr bezog sich auf exThemen zu stärken. zessive Überstunden in einem Produktionsbetrieb in der Türkei während des Ramadan. Der AuditbeEine weitere Beschwerde aus der Türkei erreichte hessnatur im Vorjahr in Bezug auf eine unfaire Vorgehensweise bei einer Kündigung. In nachfolgenden Untersuchungen in Zusammenarbeit mit der FWF konnten in den Dokumenten rückwirkend keine unrechtmäßige Vorgehensweise bei der Kündigung festgestellt werden. Die Beschwerden formen jedoch den Eindruck, dass ein generelles Kommunikationsproblem zwischen Arbeitern und Management vorliegt. In der Fabrik fand bereits ein WEP Training für das Management statt. Im Folgejahr sollen auch Trainings für die Mitarbeiter Die hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards vergewissert sich stattfinden.

8

3

3

vor Ort von der Einhaltung des Arbeitsverhaltenskodex bei einem türkischen Produktionspartner.

Im Anschluss an ein Audit im Vorjahr ging eine weitere Beschwerde aus der Türkei zum Thema eingeschränkter Versammlungsfreiheit und unfairer H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 31

Kündigung wegen der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ein. Im Nachgang konnten keine unrechtmäßigen Vorgehensweisen bei der Kündigung festgestellt werden. Jedoch scheint auch hier die Kommunikation zwischen Arbeitern und Management problematisch. Daher wird die Teilnahme an einem Training mit der Fabrik diskutiert. Nach einem FWF Verification Audit im Berichtsjahr gingen von Mitarbeitern eines türkischen Betriebes zwei Beschwerden zu exzessive Überstunden, Diskriminierung in der Lohnpolitik und verspäteter Registrierung bei der Sozialversicherung ein. hessnatur steht in engem Kontakt mit zwei weiteren FWF Mitgliedern, die ebenfalls Kunden des Lieferanten sind. Gemeinsam wird die Lage vor Ort analysiert und es werden Schritte zur Verbesserung in diesem Betrieb vereinbart. Möglichkeiten für Trainings zur Stärkung des internen Dialoges werden evaluiert. Eine Beschwerde aus der Türkei zu Überstunden sowie der verspäteten Anmeldung zur Sozialversicherung ging im Vorjahr ebenfalls nach einem Audit ein. Vor einer weiteren Bearbeitung der Beschwerde kündigte der Mitarbeiter selbst. hessnatur nahm die Thematiken im Rahmen der Nachverfolgung des Audits auf und vereinbarte Verbesserungen bei einem Besuch vor Ort. Darüber hinaus nahm der Lieferant im Vorjahr bereits an einem WEP Training sowie an dem Social Dialogue Seminar der FWF teil, sodass die Beschwerde geschlossen werden konnte. Weiterhin wird auf die Problematik verstärktes Augenmerk gelegt. Im Geschäftsjahr 2011/2012 schloss ein türkischer Produktionspartner sehr kurzfristig und unerwartet den Betrieb. Zahlungen an die Mitarbeiter waren seit drei Monaten vor Schließung bereits nicht mehr geleistet worden. Durch die Kurzfristigkeit standen zudem Ausfallszahlungen (im Rahmen von Kündigungsfristen) und Zahlungen für Sozial- und Rentenversicherungen aus. hessnatur zahlte kurz nach der Schließung den Großteil des hessnatur Anteils an den ausstehenden Zahlungen an die Mitarbeiter. Zudem konnte hessnatur mehrere frühere Mitarbeiter des geschlossenen Betriebes an einen anderen hessnatur Partner in der Umgebung vermitteln. Im Berichtsjahr konnte die Beschwerde geschlossen werden: hessnatur leistete rechtlichen Beistand und konnte hierdurch Zahlungen in Höhe der noch offenen Beträge an die Mitarbeiter erzielen. 32 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

Aus Indien gingen Beschwerden zu Kurzzeitverträgen und Abfindungszahlungen ein. In engem Austausch mit dem Betrieb und einem weiteren FWF Mitglied konnten kurzfristig Abfindungszahlungen für die gekündigten Kurzzeitkräfte erzielt und die Beschwerde geschlossen werden. Weiterhin ergaben sich jedoch Unklarheiten über die rechtliche Lage, die dem Problem in Indien generell zu Grunde liegt. Um hier Klarheit zu gewinnen, fand ein Treffen des Betriebs mit Länderexperten der FWF vor Ort statt. Anschließend erstellte die FWF eine Kurzstudie, um den rechtlichen Rahmen sowie Lösungsmöglichkeiten zum Thema Kurzzeitverträge in Indien weiter zu analysieren. Im Folgejahr wird in Zusammenarbeit mit der FWF, der anderen Marke und dem Betrieb weiter daran gearbeitet, langfristige Verbesserungen umzusetzen. Die im Berichtsjahr eingegangenen Beschwerden verdeutlichen, dass sich Angestellte in der Türkei und Indien mehr und mehr über Ihre Rechte bewusst werden und daher die Möglichkeit, sich zu beschweren und ihre Rechte einzufordern, häufiger nutzen. Gleichzeitig wird jedoch klar, dass die Kommunikation zwischen Angestellten und Management nicht immer ausreichend funktioniert, um Probleme und Lösungsmöglichkeiten intern zu klären – denn die Beschwerdehotline soll Arbeitern zwar zusätzliche Sicherheit bieten, jedoch nur genutzt werden, wenn interne Klärungsversuche gescheitert sind. hessnatur ist sich dessen bewusst, bezieht die Beschwerden beim Nachhalten von Audits ein und fördert den Dialog zwischen den beteiligten Parteien weiterhin durch Besuche und Trainings vor Ort.

DER MENSCH IM MITTELPUNKT Für bessere Arbeitsbedingungen ist ein grundlegendes Verständnis für lokale Gegebenheiten und die Kultur der Menschen vor Ort unersetzlich. Deshalb reisen wir in die Produktionsländer und entwickeln dort gemeinsam mit unseren Partnern individuelle Lösungen.

Handarbeit bei der italienischen Schuhmanufaktur Viola Fonti.

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„“ Vivek Batra

SOZIALE

FA I R N E S S

gilt auch in der Unternehmenszentrale in Butzbach: Auch dor t, wo jedes Päckchen für unsere Kunden gepackt wird, steht der Mensch im Mittelpunkt unseres Handelns.

Bulgarien und Rumänien. In Risikoländern zeigt sich dagegen oft eine Diskrepanz zwischen vorhandenen Gesetzen und Standards und deren Einhaltung. Daher gilt für diese Länder in Bezug auf die Arbeitsbedingungen erhöhter Handlungsbedarf.

7 MONITORINGMA SSNAHMEN IM BERICHTSJAHR 7.1 Übersicht der Monitoringmaßnahmen Kontrollen zur Einhaltung der Sozialstandards werden bei hessnatur im Rahmen des Monitoringsystems durchgeführt. Dieses auf drei Kernelementen basierende System wurde bereits ausführlich geschildert. In den folgenden Kapiteln geht es nun um die Umsetzung und Maßnahmen vor Ort in den einzelnen Produktionsbetrieben. Die Fair Wear Foundation (FWF) unterscheidet zwischen Ländern mit geringerem Risiko und Ländern mit höherem Risiko. Das Risiko bezieht sich in diesem Fall auf die Einhaltung von lokalen Gesetzen und internationalen Standards. In den sogenannten Niedrig-Risikoländern wird die Einhaltung der Gesetze und Standards in der Regel gut von den Gesetzgebern kontrolliert und überwacht. Zu diesen Ländern zählen die Mitgliedsstaaten der EU außer

Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht der Audits und Besuche bei den Produktionsbetrieben, bei denen im Berichtsjahr Zahlungen von hessnatur für gelieferte Ware verbucht wurden (Einkaufswert oder Freight on Board, kurz FOB, in Englisch genannt). Grundsätzlich müssen 90 Prozent des Einkaufswertes aus Betrieben stammen, die entweder nicht in Risikoländern liegen oder auditiert wurden.* Die Tabelle zeigt, dass 96 Prozent des gesamten Einkaufswertes für relevante Ware aus Betrieben kommt, die entweder nicht in Risikoländern liegen (50 Prozent) oder auditiert wurden (46 Prozent). * nach FWF Brand Performance Check Richtlinie Version 3 (für Geschäftsjahre, die im Zeitraum 01. Januar 2014 bis 31. Dezember 2015 beginnen)

A N Z A H L D E R P R O D U K T I O N S B E T R I E B E N A C H L Ä N D E R N , B E S U C H E U N D A U D I T S * , S TA N D 3 1 . 0 7 . 2 0 1 6 Niedrig-Risikoländer

Länder

Risikoländer Anzahl der besuchten Betriebe

Anzahl der Betriebe

Länder

Anzahl der Betriebe

Anzahl der besuchten Betriebe

1

1

Anzahl der auditierten Betriebe 1

Deutschland

23

5

Bahrain

England

1

0

Bosnien und Herzegowina

2

0

2

Italien

10

8

Bulgarien

3

2

1

Kroatien

2

0

China

11

6

7

Litauen

9

5

Indien

1

0

1

Österreich

2

0

Mazedonien

3

1

3

Polen

6

2

Marokko

2

0

2

Portugal

5

1

Mongolei

1

0

0

Slowakei

2

0

Nepal

3

0

Sozialprojekt

Spanien

1

0

Peru

11

0

6

Tschechische Republik

Rumänien

4

0

3

4

0

Ungarn

6

1

Thailand

3

3

3

Tunesien

3

2

2

Türkei

16

5

10

Vietnam

2

2

0

Weißrussland

1

1

1

67

23

42

Insgesamt

71

Einkaufswert bei Betrieben in Niedrig-Risikoländern:

22 50%

Einkaufswert bei auditierten Betrieben in Risikoländern:

* Als auditiert werden Betriebe in Risikoländern mit einem im Berichtsjahr gültigen Sozialaudit gezählt. Als besucht werden im Berichtsjahr von hessnatur Mitarbeitern besuchte Betriebe gezählt.

36 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

46%

S O Z I A L S TA N D A R D S U N D A K T I V I TÄT E N  B E I P A R T N E R N I N N I E D R I G - R I S I K O L Ä N D E R N

7.2 Monitoringmaßnahmen in Niedrig-Risikoländern Wie alle hessnatur Produktionsbetriebe müssen auch Firmen in Niedrig-Risikoländern regelmäßig detaillierte Angaben bezüglich der Sozialstandards, einschließlich der Bestätigung des Verhaltenskodex, ausfüllen. Zudem wurden im Berichtsjahr alle Betriebe aufgefordert, das neue FWF Informationsblatt für Mitarbeiter in den relevanten Sprachen auszuhängen. Besuche vor Ort finden mehrfach auch durch die hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards statt. Hierbei werden die Produktionsbetriebe besichtigt und gute Arbeitsbedingungen diskutiert. Auch wenn Partner hessnatur besuchen, werden die für Sozialstandards relevanten Themen mit den hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards besprochen und diskutiert. Um einen Eindruck zu vermitteln, sind im Folgenden einzelne Aktivitäten aus dem Berichtsjahr aufgeführt: Italien In Italien bestehen erhöhte Risiken für die Nicht-Einhaltung der Sozialstandards durch verstärkte Beschäftigung von chinesischen und/oder illegal Beschäftigten in spezifischen Gegenden. Nach einer Länderstudie der FWF über Italien sind hier z.B. die Standards für Diskriminierung, Löhne, Verträge und Überstunden besonders gefährdet. Die hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards haben diese Risiken daher mit allen in Italien produzierenden Lieferanten spezifisch diskutiert. Um zusätzlich einen persönlichen Eindruck der Lage vor Ort zu gewinnen und das Risiko der Auslagerung an weitere Betriebe zu minimieren, besuchten sie die meisten italienischen Produktionsbetriebe selbst. Die oft kleinen Familienbetriebe fertigen für hessnatur hochwertige Leder- und Strickwaren. Da viel Handarbeit erforderlich ist, sind die Betriebe Experten in Ihrem Handwerk, worüber im Berichtsjahr auch öffentlich berichtet wurde. Portugal In einem FWF Stakeholder Seminar 2014 wurden die größten Risiken bei Produktionsbetrieben in Portugal in Bezug auf Überstunden, die Auslagerung zu Zulieferern und Arbeitsschutz beschrieben. Eine Mitarbeiterin für Sozialstandards besuchte

 22 Betriebe in Niedrig-Risikoländern wurden von hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards im Berichtsjahr besucht.  Bei einer Italienreise zeigten acht der meist kleinen Familien betriebe den Verantwortlichen für Sozialstandards die Produktion vor Ort.  Der vorbildliche hessnatur Partner in Portugal bietet eine Life Card an, mit der Mitarbeiter zahlreiche Vergünstigungen bei Einkäufen im Ort erhalten.  Deutsche Produktionsbetriebe erklären bei einem Besuch durch eine hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards und hessnatur Kunden vor Ort ihr Handwerk.  Ein litauischer hessnatur Partner zeigte beim Fashion Revolution Day, wer hessnatur Artikel fertigt.

daher einen neueren Partner, der vorbildliche Bemühungen für gute Arbeitsbedingungen vorwies:  Der Betrieb selbst berechnete einen Vergleichswert für Living Wages. Um diesen umzusetzen wurde unter anderem eine Life Card für die Mitarbeiter eingeführt. Diese bietet maßgebliche Vergünstigungen für zahlreiche Leistungen im nahegelegenen Ort, zum Beispiel bei Einkäufen von Lebensmitteln oder in der Apotheke.  Ein eigenes Ausbildungszentrum fördert Nachwuchskräfte (zum Beispiel durch Umschulungen).  Extra Gesundheitsleistungen für Mitarbeiter werden angeboten (zum Beispiel Krebs Screening).  In der Produktion wird großen Wert auf nachhaltige Prozesse gelegt: Beispielsweise wird über die Hälfte der verwendeten Energie über Solarpanele gewonnen, die Wassererwärmung findet mithilfe von Solarenergie statt, das Dach der Fabrik hat besondere thermische Eigenschaften, die für gute Raumtemperaturen in der Fabrik sorgen und die Produktionsabfälle werden recycelt. Deutschland 23 hessnatur Produktionsbetriebe befinden sich nach wie vor in Deutschland. Daher werden auch die deutschen Partner regelmäßig durch hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards besucht. Ein langjähriger Partner hat im Berichtsjahr sogar seine Türen für hessnatur Kunden geöffnet. Bei einer Verlosung zum Fashion Revolution Day konnten Kunden sich mit Ihren Fashion Revolution Beiträgen bei hessnatur für diesen Besuch bewerben. Vor Ort wurde der Gruppe nicht nur die Konfektion gezeigt, auch die Wäscherei und ein Materialhersteller (Strick) gaben Einblicke in Ihre Produktionsprozesse. Der Besuch gab zudem die Möglichkeit H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 37

mit den Fachleuten und Experten vor Ort über die Entwicklung der Textilproduktion in Deutschland zu diskutieren. Auch erzählte der hessnatur Partner von seiner Geschichte und ganz persönlichen Erfahrungen. Litauen Die hessnatur Partner in Litauen fertigen unter anderem Jerseyartikel. Im Berichtsjahr war eine Mitarbeiterin für Sozialstandards bei mehreren Partnern vor Ort. Bei einem Produktionsbetrieb, der ebenfalls Partner eines weiteren FWF-Mitglieds ist, wurden in der Produktionshalle zum Beispiel Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes vereinbart. Auch ist dieser Betrieb bezüglich Arbeitsbedingungen mehrfach auditiert worden und arbeitet an den erforderlichen Verbesserungsmaßnahmen.

Danute und Regina arbeiten im Zuschnitt bei einem litauischen Produktionspartner seit der Eröffnung des Betriebes vor über zehn Jahren.

Ein weiterer vorbildlicher Produktionsbetrieb öffnete seine Türen bereits im Vorjahr für eine Pressereise mit mehreren Journalisten. Bei dem langjährigen hessnatur Partner werden Mitarbeiter überdurchschnittlich entlohnt, arbeiten nicht mehr als 8 Stunden am Tag und erhalten Sportpausen während des Arbeitstages. Auch zeigten Mitarbeiter des Betriebes beim Fashion Revolution Day, wer dort die hessnatur Artikel fertigt. 7.3 Situation und Herausforderungen in den einzelnen Risikoländern Im Folgenden sind die detaillierten Herausforderungen in den einzelnen Risikoländern in Bezug auf die acht Kernarbeitsnormen tabellarisch dargestellt. Die Bewertungen ergeben sich aus den jeweils aktuellsten Audits (Stand 31.07.2016). Bei mehreren Produktionsbetrieben pro Land ist der Durchschnittswert der Ergebnisse aus allen relevanten Audits abgebildet. 38 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

BEWERTUNGSKENNZAHLEN

BAHRAIN

8 Gutes Ergebnis

Anzahl der Betriebe

FWF

1

0

6 Mängel, die kurzfristig/ eher leicht zu verbessern sind 4 Mängel, die mittel- bis langfristig/ eher schwieriger zu verbessern sind

Andere

Umsetzungs­stand

Besuchte Betriebe

1

70 %

1

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

2 Lieferant verweigert Beseitigung der Mängel

8

0 Keine Kooperationsbereitschaft/ Lieferant verweigert Dialog

6 4 2

Die unter Umsetzungsstand aufgeführten Prozentzahlen geben an, wie viele der beim letzten Audit aufgetretenen Befunde bislang behoben bzw. verbessert werden konnten. Bei mehreren Betrieben in einem Land ist auch hier der Durchschnittswert der Umsetzungsstände aller relevanten Audits dargestellt. Da Anzahl und Ausmaß der Befunde sowie die erforderliche Umsetzungsdauer für die Verbesserungsmaßnahmen stark variieren können, kann dieser Wert nicht für einen Vergleich der Länder untereinander oder für einen Jahresvergleich herangezogen werden. Hat beispielsweise ein Betrieb einen kleinen Befund noch nicht bereinigt, so hätte dieser einen Umsetzungsgrad von null Prozent, wäre aber dennoch auf einem wesentlich besseren Niveau als ein Betrieb mit zehn Befunden, von denen bisher 50 Prozent bereinigt wurden. Wird ein Betrieb, der zuvor einen Umsetzungsgrad von 100 Prozent hatte, ein weiteres Mal auditiert, heißt dies nicht, dass es keine neuen Befunde gibt. Hieraus geht hervor: Die Arbeit an den Sozialstandards ist ein stetiger und fortlaufender Prozess.

0

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Ein neuerer Partner in Bahrain fertigt hessnatur Bettwäsche. Im Berichtsjahr wurde der Betrieb vor Produktionsbeginn durch hessnatur auditiert. Die Auditergebnisse verdeutlichen vor allem Herausforderungen in den Bereichen Vereinigungsfreiheit und Löhne, aber auch kleinere Punkte in Bezug auf Arbeitsschutz gehen aus dem Audit hervor. Seit Beginn der Zusammenarbeit konnten die meisten Maßnahmen bereits umgesetzt werden:

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Elektrische Verkabelung, Notausgangsschilder und Chemikalienlagerung wurden zum Beispiel in Stand gesetzt. Auch wurde der bestehende Betriebsrat für Arbeitsschutz um soziale Themen erweitert, die nun von gewählten Arbeitervertretern aller vertretenen Kulturkreise behandelt werden. Formelle Beschwerde- sowie ein Disziplinarverfahren werden aktuell zusammen mit dem Betrieb erarbeitet.

BOSNIEN UND HERZEGOWINA Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

Umsetzungsstand

2

0

2

57%

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

In diesem Sinne werden die Arbeitsbedingungen bei Partnerbetrieben kontinuierlich überwacht und weiterentwickelt. Um einen Eindruck zu vermitteln, werden erzielte Verbesserungen zusammengefasst pro Land beschrieben. Weitere Maßnahmen wie ein im Berichtsjahr gültiges oder durchgeführtes Training, im Berichtsjahr stattgefundene Besuche durch hessnatur Mitarbeiter oder Projekte sind ebenfalls pro Land dargestellt.

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In Bosnien und Herzegowina fertigen zwei kleinere Produktionsbetriebe in langjähriger Kooperation vorwiegend Strickwaren und Wäsche für hessnatur. Einer der Betriebe wurde im Berichtsjahr neu auditiert. Für weitere Verbesserungen werden

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im Folgejahr Maßnahmen vor Ort geplant. Die Auditergebnisse des zweiten Betriebs betreffen vor allem eine demokratisch gewählte Arbeitervertretung und existenzsichernde Löhne. Weitere Mängel thematisieren die informelle Erfassung von Ar-

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 39

beitszeiten und Boni. Der Betrieb ist recht klein und familiär. Um daher die im Audit gut erscheinende Kommunikationsstruktur noch zu stärken, wurde zunächst eine Vertrauensperson ernannt und die Arbeitszeiten werden schriftlich aufgezeichnet. Zudem wurden Sicherheitsvorschriften ausgehängt. Durch ein mit hessnatur entwickeltes „Never Out

of Stock“-System werden Auftragsgarantien für bestimmte Artikel über mehrere Saisons vergeben. Der Betrieb selbst beschrieb, dass die Produktion hierdurch gleichmäßiger über das Jahr verteilt werden kann und Überstunden reduziert werden. Im kommenden Jahr ist ein neues Audit geplant.

CHINA Anzahl der Betriebe

FWF

11

7

Andere

Umsetzungs­stand

WEP Trainings

Besuchte Betriebe

Partner weiterer FWF Mitglieder

Betriebe, die selbst FWF Mitglied sind

0

44 %

7

6

1

1

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S 8 6

BULGARIEN

4

Anzahl der Betriebe

FWF

3

1

Andere

Umsetzungs­stand

Besuchte Betriebe

0

67 %

2

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S 8 6 4 2 0

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Die Produktionsbetriebe in Bulgarien fertigen seit dem Berichtsjahr vorwiegend Webartikel wie z.B. Blusen. Der Betrieb, in dem die hessnatur Produktion in Bulgarien hauptsächlich stattfindet, wurde bereits mehrfach von hessnatur Mitarbeitern besucht. Bei dem Audit der FWF war eine hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards dabei. Das FWF

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Team vor Ort sprach selbst von einem der besten Audits, das sie in Bulgarien bisher durchführten. Die meist langjährig beschäftigten Mitarbeiter bestätigten die besonders guten Arbeitsbedingungen ebenfalls. Die drei nach dem Audit erforderlichen Maßnahmen beziehen sich hauptsächlich auf Formalien und wurden bereits größtenteils umgesetzt.

VORBILDLICHE ARBEITSBEDINGUNGEN IN BULGARIEN

 Demokratisch gewählte Arbeitervertreter nehmen

sich der Beschwerden und Interessen der Mitarbeiter an und treffen sich regelmäßig mit der Betriebsleitung, um Probleme zu besprechen und Verbessrungsmaßnahmen zu erarbeiten.

 Der Großteil der Mitarbeiter erhält Löhne, die über dem Vergleichswert für Living Wages* liegen.  Eine Kantine auf dem Betriebsgelände bietet günstig frisches Essen an.

 Der Betrieb hat einen Sozialfonds, um Mitarbeiter in finanziellen Schwierigkeiten bei Notfällen wie Krankenhausaufenthalten zu unterstützen.

 In den Hochzeiten der Produktion wird günstig ein Sommer Camp für die Kinder der Mitarbeiter angeboten.

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Viele der hessnatur Produktionsbetriebe in China sind langjährige Partnerbetriebe. Dort werden zum Beispiel Artikel aus Seide, Hanf oder Kaschmir gefertigt, da diese Rohmaterialien in der Region hergestellt werden. Die Hauptprobleme liegen in diesen Betrieben bei den Punkten Versammlungsfreiheit und Arbeitszeiten. Aufgrund der staatlich kontrollierten Gewerkschaft ist es schwierig, die Freiheit der Arbeiter zu Kollektivverhandlungen sicherzustellen. Um dennoch eine gute innerbetriebliche Kommunikation zu fördern, fanden im Berichtsjahr weitere Worker Education Programme (WEP) Trainings statt, sodass nun die meisten der chinesischen Partner daran teilgenommen haben. In den Trainings wurde neben den Rechten und Pflichten der Mitarbeiter und der Betriebsleitung ein Fokus auf interne Kommunikationskanäle und Beschwerde-

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mechanismen gelegt. Zudem besuchte eine Mitarbeiterin für Sozialstandards die meisten Betriebe vor Ort. Hierbei wurden Verbesserungen bezüglich Arbeitsschutz verifiziert und Lösungsansätze für die schwierig zu reduzierenden Überstunden mit den Partnern erarbeitet. Weiterhin vorbildlich sind die Lohnstrukturen zweier Betriebe, bei denen Gehälter über dem Vergleichswert für Living Wage gezahlt werden.

LIVING WAGES IN CHINA

 Bei einem Betrieb erhalten die meisten Arbeiter bereits Löhne über dem Richtwert des Asia Floor Wage für eine 40-Stunden Woche ohne Überstunden.

 Bei einem weiteren Partner gilt dies, sofern die Bonusleistungen in Form von Essen und Wohnheim dazu gezählt werden.

 Die Arbeitszeiten sind an den Busfahrplan angepasst. Wenn Überstunden vorkommen, werden Taxen vom Betrieb bezahlt.  Im Rahmen eines EU Projektes wurden zahlreiche Maßnahmen für vorbildlichen Arbeitsschutz umgesetzt, wie zum Beispiel eine Erneuerung der Fenster.

* Es gilt der Vergleichswert, den das Institute for Social and Trade Union Research für eine vierköpfige Familie ansetzt (2014).

40 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 41

MAROKKO

INDIEN Anzahl der Betriebe

FWF

1

1

Andere

Umsetzungs­stand

WEP Trainings

Beschwerden (im GJ bearbeitet)

Partner weiterer FWF Mitglieder

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

Umsetzungsstand

0

83 %

1

1

1

2

1

1

78%

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

8

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Der Produktionsbetrieb in Indien fertigt Schals für hessnatur. Er wurde Anfang 2014 auditiert und anschließend durch eine Mitarbeiterin für Sozialstandards besucht, um Lösungsmöglichkeiten direkt vor Ort zu besprechen. Viele Einzelmaßnahmen aus dem Bereich Gesundheit und Sicherheit wurden bereits implementiert. So gibt es nun trainierte Ersthelfer und einen gesonderten Raum zur Lagerung von Chemikalien. Zudem fand ein FWF WEP Training statt, welches auf Wunsch des Lieferanten noch um detaillierte Aspekte der Arbeitssicherheit erweitert wurde. Im Anschluss hieran wurde eine Arbeitervertretung gewählt, die nun die Interessen der Arbeiter im Austausch mit dem Management umsetzt. Ein Ausschuss zur Vermeidung von Be-

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lästigung wurde ebenfalls von den Mitarbeitern gewählt und von der FWF zu den Aufgaben der Mitglieder trainiert. Die noch offenen Punkte betreffen hauptsächlich Nachteile, die für Arbeiter entstehen, welche keine langfristigen Arbeitsverträge erhalten. Dieses Thema ist ein länderspezifisches Problem und wird im Rahmen von Beschwerden, die nach Kündigung von Mitarbeitern mit befristeten Verträgen eingingen, bearbeitet. Dies geschieht in engem Kontakt mit einem weiteren FWF Mitglied, dem Produktionsbetrieb und der FWF (siehe auch Kapitel 6.4 Beschwerdemanagement). Im Folgejahr ist ein neues Audit geplant.

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Ein Produktionsbetrieb in Marokko wurde im Vorjahr erstmalig von der FWF auditiert. Der Corrective Action Plan (CAP) wurde anschließend detailliert bei einem Besuch der Fabrikleitung und der lokalen Agentur bei hessnatur diskutiert. Die größten Herausforderungen stellen hier existenzsichernde Löhne dar. Ein Betriebsrat und ein Arbeitsschutzausschuss existierten bereits, dennoch waren Verbesserungen hin zur aktiven Funktionalität erforderlich. Auch wurden kleinere Mängel im

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Bereich Arbeitsschutz festgestellt. Im Berichtsjahr konnten die Mitarbeiterinnen für Sozialstandards in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Agentur und dem Produktionsbetrieb deutliche Verbesserungen erzielen, einschließlich mehrerer schwierig umzusetzenden Maßnahmen. Mit dem zweiten Betrieb wurde die Zusammenarbeit aus strategischen Gründen beendet.

ZAHLREICHE VERBESSERUNGEN IN MAROKKO In dem marokkanischen Produktionsbetrieb wurden nach einem Audit unter anderem folgende Maßnahmen implementiert:

 Ein Beschwerdeprozess wurde entwickelt, schriftlich festgehalten und an die Mitarbeiter kommuniziert.  Der bestehende Betriebsrat einschließlich gewählter Arbeitervertreter trifft sich nun regel mäßig und dokumentiert Besprochenes in Protokollen.  Der Arbeitsschutzbeauftragte wurde offiziell ernannt und auch der Arbeitsschutzausschuss tagt jetzt regelmäßig.

42 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

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 Mehrere konkrete Verbesserungen im Bereich Arbeitsschutz erfolgten, wie zum Beispiel das Anbringen von Treppenbelägen zum Schutz vor Unfällen durch Ausrutschen.  Ein Training für die sichere Benutzung der Maschinen durch einen Arbeitsschutzexperten fand statt.  Ein Erste-Hilfe-Prozess wurde entwickelt und ausgehängt.  Formale Fehler in den Verträgen von Praktikanten wurden korrigiert.

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 43

MAZEDONIEN Anzahl der Betriebe

FWF

3

3

MONGOLEI Andere

Umsetzungs­stand

WEP Trainings

Living Wage Project

Besuchte Betriebe

Partner weiterer FWF Mitglieder

Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

Umsetzungsstand

0

43 %

1

1

1

2

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Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

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Zwei der Betriebe in Mazedonien wurden im Berichtsjahr neu von der FWF auditiert. Bei einem Audit war eine hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards selbst anwesend. Dieser Betrieb ist langjähriger Partner in der Entwicklung und Fertigung von hessnatur Jerseyartikeln. Der CAP wurde daher seit dem Audit mehrfach vor Ort thematisiert, sodass bereits einige Punkte umgesetzt werden konnten. Die Kooperation mit dem dritten Betrieb wurde aus strategischen Gründen beendet. Die größten Herausforderungen zeigen sich in den Bereichen Vereinigungsfreiheit und Löhne. In einem Betrieb wurden in einem Urlaubsmonat Zahlungen unter Mindestlohn festgestellt, was auf einen Berechnungsfehler zurückzuführen war. Die den Mitarbeitern noch zustehenden Beträge wurden berechnet, durch hessnatur überprüft und zeitnah durch zusätzliche, bezahlte Urlaubtage aus-

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geglichen. In dem Betrieb fand im Berichtsjahr außerdem ein FWF WEP Training statt, für das ein Übersetzter organisiert wurde, um die verschiedenen sprachlichen Kenntnisse der Teilnehmer zu berücksichtigen. In Zusammenarbeit mit einem weiteren FWF Mitglied wurden spezifisch die Wahlen von Arbeitervertretern, bestehende Kommunikationskanäle und ausreichende Löhne thematisiert. Weiterhin nimmt der Betrieb am Living Wage Projekt teil, welches im Berichtsjahr durch mehrfache Besuche von hessnatur vorangebracht werden konnte. Vorschläge früherer Analysen wurden evaluiert und es wurde vereinbart, einen Experten zur Einführung von Standardzeiten und Produktivitätssteigerung zu engagieren (siehe auch Kapitel 8.2 Living Wage Projekt Mazedonien). In einem weiteren Produktionsbetrieb wurde das im Anschluss an einen Umbau fehlende Feueralarmsystem neu angebracht und aktiviert.

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In der Mongolei wurden feine Produkte aus Yak-Wolle hergestellt. Das letzte Audit in der Produktionsstatte fand 2011 statt, wonach die meisten

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Maßnahmen umgesetzt werden konnten. Aus strategischen Gründen wurde die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten im Berichtsjahr jedoch beendet.

PERU Anzahl der Betriebe

FWF

Andere

Umsetzungsstand

11

0

6

80%

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S 8 6 4 2 0

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hessnatur Kleidungsstücke und Accessoires aus Alpakawolle werden vor allem in Peru hergestellt. Die peruanischen Partner wurden vor längerem auditiert. Die größten Herausforderungen traten dabei bezüglich Arbeitssicherheit und Verträgen auf. Zwei hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards besuchten die Betriebe nach den Audits, sodass die meisten erforderlichen Maßnahmen bereits umgesetzt werden konnten. Der hessnatur Agent in Peru ist regelmäßig in den Betrieben, war bei den Audits dabei und unterstütze vor Ort die Umsetzung von Verbesserungen. Zusätzlich fand im Geschäftsjahr 2013/2014 ein Day of Social Stan44 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

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dards statt, an dem fast alle peruanischen Betriebe teilnahmen. Hierbei wurden diese zu den acht Kernarbeitsnormen und Beschwerdemechanismen geschult und konnten sich anschließend offen über die Umsetzung in den eigenen Firmen austauschen. Neue Audits bei diesen Betrieben werden im Folgejahr in Betracht gezogen. Mit manchen Betrieben wurde die Zusammenarbeit im Berichtsjahr aus strategischen Gründen beendet. Ein Partner wurde zudem extern kürzlich neu auditiert und hessnatur arbeitet mit dem Betrieb an der Umsetzung erforderlicher Verbesserungen. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 45

RUMÄNIEN

THAILAND

Anzahl der Betriebe

FWF

4

3

Andere

Umsetzungs­stand

WEP Trainings

Partner weiterer FWF Mitglieder

Anzahl der Betriebe

FWF

0

41 %

2

1

3

3

Audits

S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

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Die meisten Produktionsbetriebe von hessnatur in Rumänien sind in den letzten zwei Jahren von der FWF auditiert worden. Die größten Herausforderungen zeichnen sich dabei in den Bereichen Vereinigungsfreiheit und Löhne ab. In den eher kleineren Firmen wurden in den Bereichen Arbeitszeiten und Verträge z.B. falsche oder fehlende Formalitäten bemängelt. Im Berichtsjahr konnten auch bei dem im Vorjahr zuerst auditierten, neueren Produktionspartner zahlreiche Verbesserungen erzielt werden. Neben einer deutlich verbesserten Mitarbeiterkommuni-

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kation wurde ein neuer Gebäudeteil eingerichtet, um die Lagerung von Materialien nun auf größerem Platz und damit sicherer arrangieren zu können. Ein weiterer Betrieb erneuerte beispielsweise die vorhandenen Jobbeschreibungen und Bewertungskriterien, um die Leistung von Mitarbeitern professionell entsprechend ihrer spezifischen Tätigkeiten und Fähigkeiten evaluieren zu können. Der dritte Betrieb wurde erst kürzlich neu auditiert, weshalb über Ergebnisse und Maßnahmen nach Erhalt der Auditdokumente im Folgejahr berichtet wird.

K O M M U N I K AT I O N U N D V E R E I N I G U N G S F R E I H E I T I M F O K U S I N R U M Ä N I E N Im Berichtsjahr konnten besonders viele Neuerungen für mehr und intensiveren Dialog zwischen Mitarbeitern und Management eingeführt werden:

 Für Sozialstandards ist in einem Betrieb nun eine

 In einem FWF WEP Training wurden interne



Kommunikationskanäle und Beschwerde möglichkeiten zusätzlich thematisiert.

Mitarbeiterin zuständig, die in engem Austausch mit Mitarbeitern, gewählten Arbeitervertretern und dem Management steht und sich für die stetige Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzt.

 Für mehr Teamgeist wurde z.B. ein Fragebogen

entwickelt und Mitarbeiter konnten angeben, was sie gerne einmal mit Kollegen unternehmen würden. Eine entsprechende Veranstaltung wird nun von der Leitung geplant.

46 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

hessnatur Awareness Trainings

Besuchte Betriebe

0

71 %

3

3

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8

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Andere

Umsetzungs­stand

Audits

 Manche Mitarbeiter leiden unter gesundheitlichen Problemen. Im verbesserten Dialog wurde das Schichtsystem erweitert, sodass Mitarbeiter zunächst durch kürzere Schichten entlastet werden.

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Die langjährigen hessnatur Partner in Thailand produzieren Strickwaren für hessnatur. In den Audits ergaben sich schwierigere Themen in den Bereichen Löhne und Versammlungsfreiheit, sowie zahlreiche Punkte aus dem Bereich Arbeitsschutz. Auch besteht das Risiko der Diskriminierung von Mitarbeitern aus Myanmar, die aktuell in zwei Betrieben beschäftigt werden. Um die Gleichberechtigung unter den Mitarbeitern zu stärken, wurden im Berichtsjahr mehrere konkrete Schritte unter-

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nommen. Außerdem reiste eine Mitarbeiterin für Sozialstandards in alle Betriebe, wonach auch die meisten anderen Punkte aus den Audits verbessert werden konnten – darunter viele Einzelpunkte für mehr Arbeitsschutz oder formelle Richtlinien und Prozesse, die neu entwickelt oder korrigiert wurden. Zudem fand das hessnatur Awareness Training bei allen thailändischen Partnern statt. Bei einem Betrieb ist im nächsten Jahr ein neues FWF Audit geplant.

FÜR MEHR GLEICHBERECHTIGUNG UND BESSEREN ARBEITSSCHUTZ B E I T H A I L Ä N D I S C H E N PA R T N E R N Auf Grund von typischen Risiken der Diskriminierung und zahlreicher Mängel im Bereich Arbeitsschutz engagierte sich hessnatur besonders für entsprechende Verbesserungen:

 Beschwerdeprozesse wurden neu entwickelt und neben Beschwerdekästen ausgehängt.  Wichtige Dokumente wie Arbeitsverträge oder Gehaltsabrechnungen wurden ins Burmesische übersetzt.  Es fanden Neuwahlen für Arbeitervertreter statt. Seitdem trifft sich der Betriebsrat einschließlich eines Vertreters aus Myanmar regelmäßig. Die besprochenen Themen werden schriftlich dokumentiert.  Im hessnatur Awareness Training wurden thai ländische und burmesische Arbeiter in gemischten

kleinen Gruppen geschult. Eines der Schwerpunkt themen bezog sich auch auf die internen Kommunikationsstrukturen zum Management.

 Zahlreiche Sicherheitszertifikate wie z.B. für einen Aufzug, einen Druckluftbehälter oder die Strom versorgung wurden neu geprüft und ausgestellt.  Gesundheitschecks der Mitarbeiter wurden durchgeführt.  Ein Arbeitsschutzausschuss tagt nun regelmäßig, um Sicherheit und Gesundheit vor Ort kontinuierlich zu überwachen und zu verbessern.

H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 47

TUNESIEN

TÜRKEI

Anzahl der Betriebe

FWF

3

2

Andere

Umsetzungs­stand

Besuchte Betriebe

Anzahl der Betriebe

FWF

0

5 %

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Audits

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Ein neuer Lieferant fertigt seit dem Berichtsjahr in drei Produktionsbetrieben in Tunesien Jeans für hessnatur. Zwei der Betriebe wurden von hessnatur Mitarbeitern vor Produktionsstart besucht. Bei zwei Betrieben fanden kürzlich erstmals FWF Audits statt. Herausforderungen ergaben sich dabei überwiegend in den Bereichen Vereinigungs-

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WEP Trainings

Beschwerden (im GJ bearbeitet)

Besuchte Betriebe

Partner weiterer FWF Mitglieder

3

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S I T U AT I O N D E R E I N H A LT U N G V O N S O Z I A L S TA N D A R D S

0

Andere

Umsetzungs­stand

Audits

0

freiheit und Löhne, aber auch Arbeitsschutz und Verträge. Erforderliche Verbesserungen wurden bereits mit den Betrieben besprochen. Neben weiteren Maßnahmen sind Besuche durch hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards zur zeitnahen Verifizierung geplant.

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Drei der Betriebe in der Türkei wurden im Berichtsjahr neu von der FWF auditiert, darunter einige kürzlich, sodass hier noch eher niedrige Umsetzungsstände zu verzeichnen sind. Generell stellte die Türkei im Berichtsjahr eines der Länder mit den größten Herausforderungen im Bereich Sozialstandards dar. Handlungsbedarf gibt es vor allem in den Bereichen Vereinigungsfreiheit, Löhne, Überstunden und Verträge. Mehrere Beschwerden wurden außerdem weiter bearbeitet oder gingen neu ein. Auch bestehen zusätzliche Risiken bezüglich syrischer Flüchtlinge, die in der Branche zunehmend illegal oder unter unwürdigen Bedingungen beschäftigt werden – unter anderem bei unbekannten Zulieferern. Im Berichtsjahr reisten zwei hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards daher zusammen mit der lokalen Agentur zu mehreren Betrieben und konnten vor Ort viele Maßnahmen analysieren, vereinbaren oder verifizieren. Bei mehreren Betrieben fanden beispielsweise Wahlen für Mitarbeitervertreter statt, die sich

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nun regelmäßig mit der Fabrikleitung treffen. Mitarbeitervertreter und deren Aufgaben konnten die Experten für Sozialstandards vor Ort in zwei Betrieben persönlich kennenlernen. Auch wurden bei allen Besuchen Risiken zu syrischen Flüchtlingen sowie Möglichkeiten für Trainings diskutiert. Zwei bei dem Besuch vereinbarte Trainings werden für das folgende Geschäftsjahr geplant. Beschwerden werden in Zusammenarbeit mit mehreren FWF Mitgliedern und weiteren Marken bearbeitet. Im Rahmen dieser Bemühungen änderte ein Betrieb beispielsweise das Arbeitszeitmodell: Zur Reduzierung von Überstunden wurden neue Arbeitszeiten mit weniger Wochenendarbeit eingeführt. Mitarbeiter eines weiteren Betriebs erhielten nach dessen plötzlicher Schließung im Geschäftsjahr 2012/2013 keine Abfindung. Hier konnte hessnatur im Berichtsjahr die Zahlung des noch ausstehenden Anteils von zehn Prozent erzielen. Weitere Informationen zu Beschwerden sind in Kapitel 6.4 Beschwerdemanagement beschrieben.

VIETNAM Anzahl der Betriebe

FWF

2

0

Andere

Umsetzungs­stand

Besuchte Betriebe

FWF Social Compliance Seminar

0

NA

2

1

Audits

In zwei neueren Produktionsbetrieben in Vietnam werden für hessnatur Schuhe hergestellt. Im Berichtsjahr besuchte eine hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards beide Betriebe. Ein Partnerbetrieb nahm außerdem am FWF Seminar über Social Compliance in Hanoi teil. Die Rückmeldung der Teilnehmerin verdeutlichte ihre vertieften Kennt48 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

nisse über die Kernarbeitsnormen und wie diese konkret umgesetzt werden können. Die Teilnehmerin beschrieb außerdem, dass im Austausch mit anderen Lieferanten branchenspezifische Probleme diskutiert wurden, die besonders in Vietnam in Bezug auf Sozialstandards bestehen. Weitere Maßnahmen bei den Fabriken in Vietnam sind in Planung. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 49

S I T U AT I O N U N D H E R A U S F O R D E R U N G E N – Ü B E R S I C H T Ü B E R A L L E R I S I K O L Ä N D E R

WEISSRUSSLAND Anzahl der Betriebe

FWF

1

0

Andere

Umsetzungs­stand

hessnatur Awareness Trainings

Besuchte Betriebe

8

1

18 %

1

1

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Audits

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In Weißrussland fertigt ein Produktionsbetrieb seit über fünf Jahren hessnatur Jerseyartikel. Im Berichtsjahr wurde der Betrieb erneut im Auftrag von hessnatur auditiert. Neben mehreren Verbesserungen im Bereich Arbeitsschutz sind hauptsächlich Verbesserungen in den Bereichen Verträge und Löhne erforderlich. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass die meisten Mitarbeiter bereits Zahlungen über dem Vergleichswert für Living Wages nach Asia Floor Wage für eine 40-Stunden-Woche ohne Überstunden erhalten. In dem folgenden Besuch einer hessnatur

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Mitarbeiterin für Sozialstandards konnten manche Verbesserungen im Bereich Arbeitsschutz bereits verifiziert werden. Weitere Lösungen wurden vor Ort erarbeitet und werden aktuell umgesetzt. Des Weiteren nahm der Partnerbetrieb erstmals am hessnatur Awareness Training teil, bei dem Arbeiter und Management diskutierten, was Sozialstandards vor Ort bedeuten und wie die Teilnehmer selbst gute Arbeitsbedingungen definieren würden. Auch wurden bestehende Kommunikationsstrukturen thematisiert, die Mitarbeiter als positiv und intakt beschrieben.

7.4 Situation und Herausforderungen – Risikoländer im Überblick

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DEUTLICHE VERBESSERUNGEN IN RISIKOLÄNDERN hessnatur übernimmt Verantwortung und konnte zusammen mit den Produktionsbetrieben vieles erreichen:

 Um Managementsysteme für bessere Arbeits

bedingungen in den Betrieben einzuführen oder zu stärken, wurden bei mehreren Partnern wie beispielsweise in Marokko, Indien oder Rumänien Verantwortliche für Sozialstandards ernannt. Auch wurde das neue FWF Informationsblatt für Mitarbeiter zum Aushang in allen Betrieben verteilt.

 Zur Vorbeugung von Diskriminierung wurden

in vielen Betrieben, zum Beispiel in Thailand und Bahrain, neue Arbeitervertreter aus den Reihen der jeweils gefährdeten Gruppen gewählt. Bei einem indischen Partner wurde ein Ausschuss zur Vorbeugung von Belästigung eingeführt.

 Zur Stärkung der Vereinigungsfreiheit wurden bei

zahlreichen Partnern Betriebsräte oder Sozialausschüsse neu gewählt oder reaktiviert. Nun gibt es zum Beispiel bei Betrieben in Bulgarien, Indien, Thailand, Rumänien, Bahrain und der Türkei aktive Arbeitervertreter. Bei zwei türkischen Partnern lernten hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards diese im Berichtsjahr vor Ort kennen.

 An die meisten Mitarbeiter von vier Produktions-

Auch nach mehreren Audits im Berichtsjahr zeigen sich weiterhin komplexe Herausforderungen in den Bereichen Vereinigungsfreiheit, existenzsichernde Löhne und angemessene Arbeitszeiten. Probleme bezüglich Verträgen beruhen meist auf kleineren Formfehlern aber auch länderspezifischen Gegebenheiten, die nicht an sich gelöst werden können. Arbeitsschutzthemen sind meist klare Problematiken, die sich kurz- bis mittelfristig beheben lassen, aber weiterhin stetig auftreten. Das Thema der Diskriminierung ist in Audits schwer messbar, erfordert jedoch ebenfalls weiterhin Sensibilisierung.

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hessnatur überwacht die Umsetzung kurzfristig erforderlicher und möglicher Verbesserungen konsequent und detailliert. Für tiefgreifende Probleme werden im persönlichen Kontakt verstärkt vor Ort ganzheitliche Lösungen entwickelt, welche die individuellen Gegebenheiten berücksichtigen und auf dieser Basis sinnvolle, langfristige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter ermöglichen. hessnatur übernimmt gemeinsam mit den Partnerbetrieben Verantwortung und wird diese auch im kommenden Jahr durch Besuche vor Ort, Projekte und Trainings zusätzlich unterstützen.



betrieben in China, Bulgarien und Weißrussland werden bereits Löhne gezahlt, die über den Vergleichswerten lokaler Stakeholder für existenzsichernde Löhne liegen. Ein Partner in Mazedonien nimmt am Living Wage Projekt teil, um Möglichkeiten für Lohnerhöhungen durch Prozessoptimierungen zu evaluieren.

 Durch das NOS-System können hessnatur Aufträge in Zeiten niedriger Auslastung der

Produktion gefertigt werden. Dies ermöglicht nach Aussage eines Partners in Bosnien und Herzegowina die Vermeidung von exzessiven Überstunden. Nach entsprechenden Beschwerden von Mitarbeitern eines türkischen Betriebes wurden konkrete Maßnahmen für angemessene Arbeits zeiten in mehreren Besuchen von hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards vor Ort vereinbart und bestätigt.

 Die meisten auditierten Produktionsbetriebe setzten

eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen für besseren Arbeitsschutz um: Zertifikate für viele Sicherheitsaspekte in Thailand wurden zum Beispiel neu überprüft und ausgestellt, Baumaßnahmen in Indien ermöglichten ein neues Chemikalienlager, spezifische Trainings für Arbeitsschutz fanden beispielsweise in Marokko, Indien und Thailand statt. Auch wurden bei zahlreichen Partnern Experten für Arbeitsschutz neu ernannt und Ausschüsse für Arbeitsschutz mit Arbeitervertretern spezifisch für das Thema neu gewählt. In mehreren Betrieben wurden diese zu ihrer Rolle geschult oder bestehende Ausschüsse reaktiviert.

 Bei einem Betrieb in Marokko wurden formelle

Fehler in Verträgen von Praktikanten korrigiert. Ein indischer Partner unternahm Schritte zur Vermeidung von Nachteilen für Kurzzeitarbeiter: Im Rahmen der Bearbeitung einer Beschwerde wurde erreicht, dass gekündigte Kurzzeitarbeiter Abfindungszahlungen erhielten.

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Gruppenarbeit bei einem hessnatur Awareness Training in Thailand.

8 WEITERE MA SSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG D E R S O Z I A L S TA N D A R D S 2 015 /16 Ergänzend zu Betriebsbesuchen und Audits in den Produktionsbetrieben unterstützt hessnatur durch Trainings und andere Programme. Alle Maßnahmen haben das Ziel, das Bewusstsein für Sozialstandards zu stärken, Verbesserungen in der Tiefe zu bewirken und die Arbeitsbedingungen stetig zu verbessern. 8.1 Lieferanten-Trainings hessnatur unterstützt seine Lieferanten dabei, an Trainings der Fair Wear Foundation (FWF) und eigenen Trainings teilzunehmen. 8.1.1 Worker Education Programme Das Worker Education Programme (WEP) wurde im Geschäftsjahr 2011/12 von der FWF entwickelt. Es dient dazu, das Bewusstsein für Sozialstandards in den Fabriken zu schärfen. Zudem sollen die Arbeiter aber auch das Management über ihre Rechte und Pflichten informiert und für das Thema sensibilisiert werden. Wie die Audits werden auch WEP Trainings von geschulten Trainern der FWF durchgeführt, welche die lokalen Sprachen und Umgangsformen beherrschen. Wichtige Bestandteile des Trainings sind neben den acht Kernarbeitsnormen das Beschwerdemanagementsystem und die Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Betriebe. Denn eines ist klar: Eine externe Beschwerde kann immer nur der letzte Schritt sein. Zu unterstützen sind vor allem eine gute interne Kommunikation und ein vertrauensvolles internes Beschwerdesystem.

13 Partnerbetriebe durchliefen ein im Berichtsjahr gültiges WEP Training. Mehr als

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relevanten Einkaufwertes* ging an Betriebe, die an einem

DIALOG Partner von hessnatur nahmen an den ersten Testläufen teil: Es zeigte sich, dass es oft nicht an Bereitschaft mangelt, etwas zu tun, sondern eher am Wissen aller Beteiligten. Seitdem haben einige weitere Produktionsbetriebe ein WEP Training durchlaufen: Im Berichtsjahr waren zwei chinesische, ein rumänischer und ein mazedonischer Partner dabei. Die Trainingsberichte und das Feedback der Teilnehmer bestätigen die positiven Auswirkungen

WEP Training teilnahmen. *Relevant ist Einkaufswert bei Betrieben in Risikoländern, in denen FWF WEP Trainings angeboten werden. 52 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

AU F AUGEN HÖHE Gute Arbeitsbedingungen entstehen vor allem im offenen Dialog. Trainings für Management und Mitarbeiter schaffen mehr Bewusstsein für Sozialstandards vor Ort und stärken die Kommunikationskultur in den Betrieben. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 53

des Trainings auf das Bewusstsein für Sozialstandards. Auch im Folgejahr sind daher weitere Trainings geplant.

WICHTIGE SENSIBILISIERUNG UND KONKRETE VERBESSERUNGEN

 In interaktiven Gruppenübungen wurden

8.1.2 hessnatur Awareness Training Im Rahmen einer Masterarbeit im Bereich Erwachsenenbildung wurde von hessnatur ein Gesamttrainingskonzept für Fabriken entwickelt. Das Konzept beinhaltet ein Awareness Training für Arbeiter und Management in den Betrieben und Icons zu den acht Kernarbeitsnormen zur besseren Veranschaulichung der Standards in Aushängen sowie Trainingsmaterialien. Ähnlich dem WEP Training werden sowohl die Mitarbeiter als auch das Management von lokalen, auf dem Gebiet der Sozialstandards erfahrenen Trainern, zu den acht Kernarbeitsnormen, beiderseitigen Rechten und Pflichten sowie Kommunikationsmechanismen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geschult. D A S H E S S N AT U R A W A R E N E S S P R O G R A M M E

 Awareness Training für Mitarbeiter und Management vor Ort  Icons zur besseren Veranschaulichung der acht Kernarbeits normen bei Aushängen und in den Trainingsmaterialien

Vorarbeiter dazu angehalten, den Lohn, den Mitarbeiter zum Leben benötigen, selbst zu berechnen. Dies fördert das Verständnis für die Lebenssituation der Mitarbeiter und stellt eine wichtige Grundlage für die Zahlung angemessener Löhne dar.

 Für einen offenen Dialog wurden thailändische

Mitarbeiter und burmesische Wanderarbeiter in kleinen Gruppen gemischt. Es wurde deutlich, dass sich burmesische Teilnehmer oft nicht trauen, Beschwerden vorzubringen. Um sicherzustellen, dass auch die spezifischen Beschwerden und Anliegen der Wanderarbeiter einbezogen werden, wurde der bestehende Betriebsrat nach dem Training um einen burmesischen Arbeitervertreter erweitert.

mer und Trainer bestätigt die positiven Auswirkungen. Auch die Fragebögen, die vor und nach jedem Training von beiden Teilnehmergruppen ausgefüllt werden, verdeutlichen das vertiefte Wissen der Teilnehmer über Sozialstandards, sowie eine kritischere Auseinandersetzung mit den gegebenen Arbeitsbedingungen. Trainingsberichte sowie die anonymen Kommentare der Teilnehmer aus den Feedbackbögen bieten wertvolle Zusatzinformationen für eine vertiefte Umsetzung der Maßnahmenpläne nach Audits. Trainings in weiteren Ländern sind daher im Folgejahr geplant.

Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Bewusstseinsbildung durch interaktive Gruppenübungen, Diskussionen und Fallbeispiele. Dabei werden Situationen zwischen Mitarbeitern und Management dargestellt und Lösungsmöglichkeiten anhand der spezifischen Bedingungen und Kommunikationskanäle in dem Betrieb durch die Beteiligten selbst Produktionsbetriebe erarbeitet. Bereits in der Entwicklung des Konzepnahmen bisher am hessnatur tes kooperierte hessnatur mit Experten und Stakeholdern wie der FWF oder der InternatiAwareness Training teil. onalen Arbeitsorganisation (IAO). Auch wurden die Materialien anschließend des relevanten Einkaufnoch einmal von Trainingsexperten begutachtet und ergänzt. Im vorausgeganwertes* ging an Betriebe, gen Geschäftsjahr wurde das Awareness die am hessnatur Training dann zunächst als Pilotprojekt in Nepal durchgeführt. Dabei waren eine Awareness Training teilnahmen. Mitarbeiterin für Sozialstandards und die Masterstudentin selbst vor Ort. Anschlie*Relevant ist Einkaufswert bei Betrieben in Risikoländern, ßend wurde das Konzept entsprechend der Erkenntin denen keine FWF WEP Trainings angeboten werden. nisse aus dem ersten Durchlauf angepasst und ein weiteres Training in Thailand durchgeführt. Im Berichtsjahr nahmen drei weitere Betriebe in Thailand und Weißrussland teil. Das Feedback der Teilneh-

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8.1.3 F WF Lieferantenseminar zu Social Compliance in Vietnam Der Austausch von Produktionsbetrieben über Sozialstandards untereinander bietet die Möglichkeit, praktische Verbesserungen und Best Practice Beispiele kennenzulernen. Außerdem kann hierbei auch offen über die wirtschaftlichen Auswirkungen oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung gesprochen werden. hessnatur bietet Partnern die Möglichkeit, an Workshops der FWF oder von hessnatur selbst teilzunehmen. Im Berichtsjahr nahm ein Produktionsbetrieb für Schuhe am FWF Workshop über Social Compliance in Vietnam teil. Thematisiert wurden Sozialstandards, deren Umsetzung, die einhergehenden wirtschaftlichen Chancen und die Vorteile von gewählten Arbeitervertretern. Das anschließende Feedback verdeutlichte die Sensibilisierung des Betriebs für gute Arbeitsbedingungen und die positive Wahrnehmung des Workshops mit Kollegen aus der Branche.

siert. Dies soll mit externer Expertenunterstützung geschehen, was nun organisiert wird. Zudem wurde ein einfaches Tool für Produktivitätsmessung entwickelt, welches vorläufig dazu dient, die Produktivität strukturiert zu erfassen.

8.3 Multi-Stakeholder-Meetings Im Februar 2016 fand das jährliche deutsche Multi-Stakeholder-Meeting in Augsburg statt. Es nahmen zahlreiche deutsche Mitglieder der FWF, Gewerkschaftsvertreter und NGOs teil. Dabei wurden aktuelle Themen und auch Schwierigkeiten offen angesprochen. Einige Marken stellten zudem innovative Beispiele und konkrete Lösungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ihren Produktionsbetrieben vor. In mehreren Workshops wurden themenspezifische Erfahrungen ausgetauscht und neue Lösungsansätze entwickelt. Das jährliche internationale Multi-Stakeholder-Meeting für 2016 wird im kommenden Berichtsjahr stattfinden.

8.2 Living Wage Projekt Mazedonien Ein mazedonischer Betrieb, der für hessnatur Bekleidung herstellt, beteiligt sich am Living Wage Projekt: Ziel ist es, zu analysieren, inwieweit eine Steigerung der Produktivität zu einer Anhebung der Löhne führen kann. Hierfür wurden bereits eine Untersuchung der Produktionsabläufe sowie eine Analyse der Gehälter durchgeführt. Experten haben den Betrieb und die Prozesse unter die Lupe genommen und die Ergebnisse sowie Verbesserungsvorschläge in einem Bericht zusammengefasst. Indem die Abläufe innerhalb des Betriebs und die Zulieferung von außen besser aufeinander abgestimmt werden, soll vermieden werden, dass es zu Standzeiten oder Koordinationsproblemen auf Kosten der Arbeiter kommt. Während zwei „Roundtables“ vor Ort wurde das Projekt unter Produktionsbetrieben, Gewerkschaften, Arbeitervertretern, der FWF und Auftraggebern diskutiert. hessnatur hat sich an dieser Diskussion beteiligt und an der Entwicklung von Lösungsansätzen mitgewirkt. Im Berichtsjahr fanden weitere Treffen vor Ort statt. Hierbei evaluierten alle beteiligten Abteilungsleiter des Produktionsbetriebes sowie das hessnatur Team für Sozialstandards einschließlich der Einkaufsleitung die Vorschläge der vorausgegangen Produktivitätsanalyse. Als Ergebnis wurde die Einführung von Standardminuten als nächstem Schritt priori-

8.4 SA 8000 Training für hessnatur Mitarbeiterin Beide bei hessnatur für die Arbeit an Sozialstandards zuständigen Mitarbeiterinnen sind häufig vor Ort im Einsatz, um sinnvolle Verbesserungsmaßnahmen zu definieren und zu überprüfen. Der SA8000 Standard ist ein Standard für Arbeitsbedingungen mit Anforderungen, die auf den Konventionen der IAO, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen und nationalem Recht basieren. Der Standard beinhaltet auch, dass Managementsysteme existieren müssen, welche die Umsetzung und kontinuierliche Überprüfung der Einhaltung der Kriterien sicherstellen. Um bisherige Kenntnisse zu vertiefen, absolvierte nun auch die im Vorjahr eingestellte CSR Managerin für Sozialstandards das einwöchige SA 8000 Basis Training für Auditoren einschließlich schriftlicher Prüfung. In dem Training wurden unter anderem die detaillierten Anforderungen des Standards dargelegt und wie diese im Rahmen von Audits zu überprüfen sind. In Fallbeispielen und interaktiven Übungen wurden Auditsituationen dargestellt und eine Beurteilung der Situation vor Ort anhand der Kriterien des Standards geschult. Auch wurde zum Beispiel vertieft, wie erforderliche Verbesserungsmaßnahmen zielgerichtet zu definieren sind. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 55

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„W IR SIND DAV O N Ü B E R Z E U G T, D A S S JEDES EINZELNE KLEIDUNGSSTÜCK DEN UNTERSCHIED M A C H T.“

ZUR PERSON Vivek Batra (51), ist seit März 2016 Vorsitzender Geschäftsführer von hessnatur. Zuvor wirkte er drei Jahre als Beirat des Unternehmens. Der gebürtige Inder ist deutscher Staatsbürger und verfügt über mehr als 25 Jahre Managementerfahrung in der Modeindustrie und verschiedenen Bereichen des Handels.

Herr Batra, Sie sind seit März 2016 Vorsitzender Geschäftsführer von hessnatur. Das Unternehmen unterscheidet sich als Branchenpionier für nachhaltige Mode vielfach von anderen Textilanbietern. Was hat Sie überrascht? Zunächst einmal sehe ich mich in großer Kontinuität. Als Beirat von hessnatur habe ich die strategische Unternehmensentwicklung seit drei Jahren begleitet und unterstützt. Dabei habe ich hessnatur als Vorreiter für Nachhaltigkeit und verantwortliches Handeln kennengelernt. Was ich in dieser Form nicht erwartet hätte, ist die Konsequenz mit der bei hessnatur in die Tiefe und die Breite gearbeitet wird. Bei jedem Artikel, Accessoire, Etikett oder Verpackungsmaterial werden die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, die Produktionsbedingungen und der Ressourceneinsatz hinterfragt.

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Sie haben lange Jahre für konventionelle Modeanbieter gearbeitet. Wird hessnatur nun konventionell? hessnatur wird nie konventionell werden. hessnatur bleibt der Pionier für Mode mit Verantwortung, für „responsible innovation“ vom Anbau bis zum Kleiderbügel. hessnatur zeigt, dass ein anderer Weg möglich ist und ich freue mich, für solch ein Unternehmen arbeiten zu dürfen. Ich habe auf meinen Geschäftsreisen unhaltbare und unzumutbare Verhältnisse in der Textilproduktion gesehen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass sich etwas ändern muss und dass sich etwas ändern wird. Die Katastrophe von Rana Plaza markiert einen deutlichen Einschnitt. Immer mehr Verbraucher wollen wissen, wie, wo und von wem ihre Kleidung produziert wird. Die Aufmerksamkeit der Verbraucher ist zuletzt sehr stark gewachsen. Es wird den schwarzen Schafen immer schwerer fallen, sich zu verstecken. Was muss sich vor allem ändern? Zunächst einmal muss sich die Einstellung in den Unternehmen ändern. Es reicht nicht, sich auf die Verantwortung für die jeweils vorherige Stufe der Wertschöpfungskette zu beschränken. Das systematische Wegschauen muss ein Ende haben. Das Bündnis für nachhaltige Textilien ist ein erster Schritt, in der ganzen Breite der Branche Veränderungen anzustoßen und Mindestanforderungen festzulegen.

hessnatur steht für einen besonderen ökologischen Anspruch. Seit einiger Zeit betont hessnatur vor Allem die modische Ausrichtung. Ist das nicht ein Widerspruch, wenn der Ansatz konventioneller Modeanbieter zum Maßstab wird? Ich kann nicht sehen, dass Nachhaltigkeit und Mode einen Gegensatz bilden. Ganz im Gegenteil bilden Ethik und Ästhetik für mich eine unschlagbare Kombination. Wir wollen modischer werden, aber wir wollen kein „Fast Fashion“ Anbieter werden. Unser Ansatz lässt sich gut mit dem Begriff „Slow Fashion“ umschreiben. Wir wollen die Wertigkeit und die Qualität der Kleidung in den Mittelpunkt stellen. Kunden sollen ihre Lieblingsteile entdecken und lange Freude an jedem einzelnen Artikel haben. Die einzelnen Teile der Kollektion sollen auch über einen längeren Zeitraum untereinander kombinierbar bleiben. Dafür sorgt die einheitliche Designhandschrift über alle Kollektionen und Sortimente. Und unsere Lieblingsstücke lassen bei Stilistik, Passform, Verarbeitungsqualität und Materialität keine Wünsche offen. hessnatur hat im vergangenen Jahr den Leader Status der Fair Wear Foundation (FWF) erreicht. Versteht sich die Kategorisierung für hessnatur nicht von selbst? Zunächst einmal möchte ich ein großes Lob an alle Mitarbeiter aussprechen, die mit ihrem Einsatz die Höchstbewertung in der FWF möglich gemacht haben. Auch für hessnatur ist es keineswegs selbstverständlich, immer die höchste Bewertungsstufe zu erreichen. In der FWF wird jedes Unternehmen nach seinen individuellen Verbesserungen bei den Sozialstandards bewertet. Da hessnatur bereits ein sehr hohes Niveau bei den Sozialstandards erreicht hat, sind weitere Verbesserungen immer auch eine Herausforderung. Unternehmen, die ihre Zusammenarbeit mit der FWF gerade begonnen haben, fällt es da ein wenig leichter. Das soll aber keine Entschuldigung für uns sein. Wir sind als erstes deutsches Unternehmen vor mehr als zehn Jahren der FWF mit dem klaren Anspruch beigetreten, die Sozialstandards in unseren Partnerbetrieben zu verbessern. Das bleibt unverändert unsere Leitlinie. hessnatur beteiligt sich von Beginn an am deutschen Textilbündnis. In der letzten Zeit sind auch negative Stimmen zu hören, erste Unternehmen haben das Bündnis wieder ver-

lassen. Droht eine Verwässerung der Standards, wenn Firmen wie Aldi, Kik oder Primark dem Textilbündnis beitreten? hessnatur ist dem Bündnis für nachhaltige Textilien beigetreten, um zu zeigen, wie verantwortliches Handeln entlang der kompletten textilen Wertschöpfungskette, vom Anbau bis zum Kleiderbügel möglich ist. hessnatur lag und liegt deutlich über Mindestanforderungen, die im Bündnis diskutiert worden sind. Der Anspruch des Bündnisses war von Beginn an, ein Zeichen zu setzen und die gesamte Branche zu bewegen. Deshalb ist die Beteiligung von Branchengrößen grundsätzlich zu begrüßen. Wie erklären Sie sich das Missverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Thema Nachhaltigkeit. Das Wort ist in aller Munde, gleichzeitig liegt noch vieles im Argen. hessnatur arbeitet seit 40 Jahren vorbildlich nachhaltig. Soziales und ökologisches Handeln zählt zu unseren Kernkompetenzen. Diese Expertise und die Erfahrung unserer Mitarbeiter verschaffen uns einen Vorsprung, den konventionelle Anbieter aufzuholen haben. Je nach Unternehmensgröße und Komplexität der Lieferkette bedeutet dies einen großen Reformbedarf. Entscheidend ist aus meiner Sicht die Ernsthaftigkeit mit der ein Unternehmen das Thema angeht und sich zu konkreten Schritten verpflichtet. Es geht also um Verantwortung? Sicher! Ich glaube, dass Menschen wahrhaftig Verantwortung übernehmen, wenn sie Eltern werden. Es war die Geburt ihres ersten Kindes, die in Heinz und Dorothea Hess den Funken für einen Neuanfang auslöste. Ihr Unternehmergeist führte zur Gründung von hessnatur und sollte die Textilindustrie, die Welt der Textilien verbessern. Verantwortungsvolle Innovation - responsible innovation - ist ein Markenzeichen dieser Erfolgsgeschichte. Was sind ihre Ideen für die nächsten 40 Jahre? Verantwortung und der Mut zur Nachhaltigkeit definieren meiner Meinung nach die Frage „Warum?“ wir als Unternehmen seit 40 Jahren bestehen. Nämlich um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wir sind davon überzeugt, dass jedes einzelne Kleidungsstück den Unterschied macht. Im Vergleich ist der Kauf bei hessnatur besser für Mensch und Umwelt. Und ich glaube, dass 386 Menschen jeden Tag hochmotiviert zur Arbeit kommen, weil sie diese Einstellung teilen. Diesen Unterschied zu machen wird, bei aller Veränderung im Einzelnen, auch in Zukunft Richtschnur unseres Handelns bleiben. Interview: Sven Bergmann

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KO M M U N I K AT I O N hessnatur macht vieles anders und setzt sich aus Überzeugung für soziale und ökologische Standards ein. Deshalb ist es wichtig das eigene Handeln nach und innen und außen zu erklären: Was macht hessnatur besonders? Wie wird produziert? Was wird alles getan, um gute Arbeitsbedingungen möglich zu machen? Was rechtfertigt den Preis, die Qualität, den Anspruch? Um diese Fragen transparent zu beantworten, nutzt hessnatur eine Reihe von Kommunikationsformen für unterschiedliche Zielgruppen: Schon am Kleidungsstück selbst erzählt ein Hangtag etwas über Qualität und Besonderheit der Fasern. In den Stores, im Katalog und im Onlineshop wird intensiv daran gearbeitet, die Informationen und Besonderheiten näher an den Kunden zu bringen. Newsletter und Blog informieren ausführlich über aktuelle Themen. Mit der Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation (FWF) stellt sich hessnatur konkreten Anforderungen und wird regelmäßig überprüft, die Ergebnisse werden veröffentlicht. Aktive Pressearbeit, zahlreiche Events und Teilnahme an Symposien und Talk-Runden tragen die Ideen nach außen und erhöhen die Wahrnehmung für Sozialstandards. Mitarbeiter in den Stores werden ebenso intensiv geschult wie Kollegen im eigenen Call-Center. So kennt jeder einzelne Mitarbeiter die Geschichte hinter der Kollektion und kann sie erzählen, authentisch und nachvollziehbar.

10.1 Interne Kommunikation 10.1.1 Schulungen für neue Mitarbeiter Jeder neue Mitarbeiter wird durch ein Schulungspaket unterrichtet, welches im Vorjahr neu konzeptioniert und eingeführt wurde. Das Konzept besteht aus den vier Säulen „Kennenlernen der Kunden“, „Kennenlernen der Textilen Kette“, „Kennenlernen der Marke hessnatur“, „Kennenlernen der Bereiche“. Unter dem Thema „Kennenlernen der Marke“ werden neuen Mitarbeitern die grundsätzlichen Werte von hessnatur vermittelt. Hierzu gehören Zahlen und Fakten, die Entwicklung von hessnatur seit der Gründung und die Werte, die das Unternehmen auszeichnen. Darin eingeschlossen sind die ökologischen und sozialen Standards und wie diese konkret umgesetzt werden. Darüber hinaus beschreibt eine hessnatur Mitarbeiterin für Sozialstandards spezifisch die acht Kernarbeitsnormen, die Mitgliedschaft in der FWF und das hessnatur Monitoringsystem für Sozialstandards. 10.1.2 Workshop mit dem Einkauf Auch im Berichtsjahr fand wieder ein Workshop zum Thema Sozialstandards mit dem Bereich Einkauf statt. Zwei neue Mitarbeiter sind im Einkaufsteam, sodass das Monitoringsystem für Sozialstandards und Abläufe zwischen den Bereichen

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KENNENLERNEN der Kunden Hospitation im Kundenkontakt Hospitation im Store

KENNENLERNEN der textilen Kette Prozesse in der textilen Wertschöpfungskette, Richtlinien, Unterschied zu konven­tioneller Herstellung und Weiteres

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Einkauf und Corporate Social Responsibility (CSR) noch mal vertieft wurden. Konkreter wurden die Prozesse und jeweiligen Verantwortlichkeiten bei der Freigabe neuer Lieferanten als auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei bestehenden Lieferanten thematisiert. Darüber hinaus wurden die FWF Checklisten für Arbeitsschutzthemen als zusätzliche Unterstützung zur Einschätzung der Lage vor Ort in den Produktionsbetrieben besprochen. Die enge Zusammenarbeit der beiden Bereiche ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit an den Sozialstandards: Die Einkaufsstrategie wird gemeinsam festgelegt, es wird gemeinsam entschieden, wo produziert wird, neue Lieferanten müssen durch die Mitarbeiterinnen für Sozialstandards überprüft werden und vieles mehr. Zudem reisen die Einkäufer häufig in die Produktionsbetriebe und tauschen sich mit den Kolleginnen des CSR Bereichs vor und nach den Besuchen über die Arbeitsbedingungen vor Ort aus.

10.2 Externe Kommunikation hessnatur produziert seit mehr als 40 Jahren Kleidung aus Naturfasern nach strengen ökologischen und sozialen Standards. Dabei übernimmt das Unternehmen Verantwortung vom Anbau bis zum Kleiderbügel und nimmt den gesamten Herstellungsprozess der Textilien in den Blick. Ziel der externen Kommunikation ist es, die im Unternehmen gelebte Nachhaltigkeit für Kunden, Lieferanten und Partner transparent, nachvollziehbar und greifbar zu machen. 10.2.1 Transparenz für Interessengruppen

KENNENLERNEN der Marke hessnatur

KENNENLERNEN der Bereiche

Werte und Vision des Unternehmens, Strategie, Sozialstandards, Markengrundlagen und Nachhaltigkeitskonzept

Vorstellung aller Bereiche: Aufgabenschwerpunkte, Ansprechpartner, Schnittstellen und Weiteres

Der hessnatur Nachhaltigkeitsbericht Die mehr als 100 Seiten des 2013 erstmals veröffentlichten „Bericht zur Nachhaltigkeit“ orientieren sich an den international anerkannten Richtlinien der Global Reporting Initiative und bieten ein Gesamtbild des Unternehmens hessnatur. Der Bericht bezieht mit einem ganzheitlichen Ansatz (holistisches Prinzip) die Aspekte Ökologie und Soziales (Arbeitsbedingungen, faire Handelsbeziehungen) und die nachhaltige Produktion mit ein. Dabei wird die gesamte textile Wertschöpfungskette beleuchtet, vom Faseranbau über die Herstellung bis hin zum Versand der Kollektion. Der Bericht nimmt alle in- und ausländischen Produktionsbetriebe in den Blick. Sämtliche Betriebsabläufe oder umwelt-

relevanten Faktoren in der Logistik werden zusammengefasst. Der nächste Bericht zur Nachhaltigkeit ist für 2017 geplant.

Kundenrätinnen lernen die neue Kollektion für Frühjahr/Sommer 2016 schon vorab kennen.

Kritische Begleitung der Firmenentwicklung durch den Kundenrat Seit seiner Wahl im Sommer 2013 begleitet der hessnatur Kundenrat die strategische Unternehmensentwicklung. Ein Sprechergremium von zwölf gewählten Vertretern der Kunden trifft sich zweimal im Jahr zum Gespräch mit der Geschäftsleitung. Im November 2015 zählten die gewählten Sprecher zu den ersten Personen, die die neue Frühjahr/Sommer Kollektion 2016 sehen und beurteilen durften. Im Gespräch erklärte Kreativchefin Tanja Hellmuth die gestalterische Linie, die übergreifenden Farbthemen und die saisonalen Schwerpunkte der einzelnen „Kapseln“. Im Sommer 2016 waren Kundenräte zu Gast bei den Jubiläumsfeierlichkeiten zum 40. Firmenjubiläum. Neben dem Austausch mit der Geschäftsleitung lernten sie Lieferanten und auch die „ganz normalen“ Mitarbeiter von hessnatur kennen. Betreuung von Abschlussarbeiten hessnatur ist mit seinem vorbildlichen Ansatz häufig als Beispiel für studentische Anfragen, wissenschaftliche Abschlussarbeiten oder für Fachinterviews gefragt. Etwa 100 Anfragen erreichen das Unternehmen jedes Jahr. Thematische Schwerpunkte bilden dabei der nachhaltige Ansatz, die Anbauprojekte oder die Verantwortung für die gesamte textile Wertschöpfungskette. In Abstimmung mit dem Bereich CSR und den jeweiligen Experten des Unternehmens beantwortet hessnatur die Fragenkataloge und gibt soweit möglich Hilfestellung. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 59

Anforderungen der Kunden kommt hessnatur mit einer individuellen Kundenansprache entgegen. Im gedruckten Katalog finden die Leser regelmäßig redaktionelle Beiträge über einzelne Materialien oder Produktionsprojekte, etwa zur Einführung von Modal. Im Jubiläumsjahr 2016 nehmen Etappen der Firmengeschichte sowie das Sozialprojekt Peru breiten Raum ein. Diese Geschichten werden auch im Onlinemagazin gesammelt und zeitnah aktualisiert.

Der neue hessnatur Store in Berlin.

10.2.2 Kommunikation in Printmedien, Online und in den Stores Storekonzept und Neueröffnung Berlin Der nachhaltige Anspruch von hessnatur ist auch in den Stores klar erkennbar. 2014 eröffneten zwei Stores in Frankfurt und Düsseldorf mit neuem Konzept. Dabei unterscheiden sich die beiden Standorte vor allem im Ladenbau und durch die moderne transparente Kundenkommunikation von den davor eröffneten Standorten. Eine Weltkarte führt die sozialen Projekte für die hessnatur steht zusammen und Informationslamellen geben eine Übersicht zu den Etappen der textilen Kette und den Besonderheiten, durch die sich hessnatur von anderen Anbietern unterscheidet. Seit Dezember 2015 ist hessnatur nun auch in Berlin vertreten. Zunächst als Pop-Up Store gestartet, erreichte der Store in kurzer Zeit ein interessiertes Publikum und bewährte sich auch bei einzelnen Veranstaltungen. Vor Eröffnungen erhalten die neuen Ladenteams umfangreiche Schulungen zu den sozialen und ökologischen Standards bei hessnatur und der Zusammenarbeit mit der FWF zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der weltweiten Bekleidungskonfektion. Kommunikation im Katalog und Onlineshop Der hessnatur Katalog bietet eine Möglichkeit, Kunden neben dem Produktangebot wissenswerte Informationen über ökologische und soziale Themen zu vermitteln. Noch wird der Katalog in mehr als 500.000 Exemplaren auf Recyclingpapier gedruckt. Der Trend weist allerdings klar in Richtung der elektronischen Medien. Den unterschiedlichen 60 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

Kernkompetenzen im Überblick auf den Unternehmenswebseiten Im Berichtszeitraum hat hessnatur die Unternehmensseiten sowohl inhaltlich wie auch grafisch überarbeitet. Außerdem wurden die Inhalte erstmals auch in englischer Sprache online gestellt. Unter den Stichworten „Menschen & Werte“, „Verantwortung & Transparenz“ sowie „Projekte & Innovationen“ finden Leser schnell Orientierung über das Unternehmen, die Materialien und Stoffe, die Sozialstandards und die ökologischen Richtlinien. Der Schwerpunkt der Unternehmensseiten liegt klar bei den sozialen und ökologischen Standards. Für höchstmögliche Transparenz sind der hessnatur Sozialbericht, die FWF Webseite sowie der Brand Performance Check von hessnatur verlinkt. Neben den acht Kernarbeitsnormen werden die Zusammenarbeit mit der FWF, das hessnatur Monitoringsystem für Sozialstandards, das Video zur „FWF Formula“, sowie weitere Videos von einem indischen Lieferanten zu den Auswirkungen des WEP Trainings dargestellt. Soziale Medien und Newsletter Die sozialen Medien haben in den letzten Jahren die Kundenkommunikation auf eine neue Grundlage gestellt. Nie war der direkte Weg zum Unternehmen für Interessierte so komfortabel. Deshalb sind Facebook, Twitter, Pinterest oder Youtube umfassend in die Kommunikation von hessnatur eingebunden. Im „Sekundentakt“ findet ein reger Austausch von Empfehlungen, Anmerkungen und Kommentaren statt. Im hessnatur Magazin wird kontinuierlich über Kleidung, Styling Tipps, Insider Aktionen oder Initiativen wie den Fashion Revolution Day berichtet. Nach vorheriger Email-Registrierung erhalten die Kunden wöchentlich den hessnatur Newsletter mit modischen Empfehlungen, Neuigkeiten oder Veranstaltungstipps. Immer häufiger sucht hessnatur auch den direkten Austausch mit Bloggern.

10.2.3 Sensibilisierung für Sozialstandards Fashion Revolution Day Am 24. April 2016 jährte sich zum dritten Mal der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in der Nähe von Dhaka, Bangladesch. Über 1000 Textilarbeiter kamen 2013 ums Leben. Über 2000 Menschen wurden zum Teil so schwer verletzt, dass sie heute nicht mehr arbeiten können. Diese Zahlen beweisen einmal mehr, dass eine Revolution der Modeindustrie unerlässlich ist. Aus diesem Grund beteiligt sich hessnatur jedes Jahr an der weltweiten Aktion Fashion Revolution Day. Im an die Kunden verschickten Magazin wurde ebenso zum Mitmachen aufgerufen wie in allen sozialen Medien. Am Aktionstag konnte jeder mit auf links getragener Mode auf die jeweilige Herkunft der eigenen Kleidung aufmerksam machen und damit ein Statement setzen. Auch die hessnatur Stores beteiligten sich und brachten Kunden dazu, sich auf das Thema einzulassen. Unter dem Motto „Who made my clothes?“ stellten sich Mitarbeiter aus Produktionsbetrieben in China, Thailand und Litauen vor, die für hessnatur fertigen. Auf Instagram wurde neben ihrem Foto und der Botschaft „I made your clothes“ auch ein persönliches Statement gepostet. Es sind Menschen, welche die hessnatur Artikel fertigen. Hierfür möchte hessnatur sensibilisieren und das kritische Hinterfragen der Herkunft von Mode fördern. hessnatur dankt an dieser Stelle allen Partnern, die die Aktion unterstützt haben. Buchpremiere Fashion Made Fair Obwohl viele Menschen nachhaltiges Handeln befürworten, fällt es nicht immer leicht, das gewünschte Angebot zu finden. Gerade in der Mode stellen sich viele Fragen: Was bedeutet soziale Verantwortung? Welchem Siegel kann ich vertrauen? Wie vermeide ich Schadstoffe? Diesen Fragen widmet sich das Buch von Ellen Köhrer und Magdalena Schaffrin: „Fashion Made Fair. Modern, innovativ, nachhaltig“, das im April 2016 im Prestel Verlag erschienen ist. hessnatur



wird mit einem Entwicklungsprojekt in Bangladesch vorgestellt: Gemeinsam mit lokalen Partnern entwickelte hessnatur hochmodische Jeans, gefärbt mit natürlichem Indigo und verarbeitet auf traditionellen Handwebstühlen unter Es geht darum, den Menschen, die unsere Kleidung herstellen, fairen Arbeitsbedinein Gesicht zu geben, sie aus gungen. Insgesamt der Anonymität zu holen portraitieren die Auund damit Solidarität zu zeigen. torinnen 33 Designer Kristin Heckmann, und Labels und zeigen Leiterin CSR damit die Breite des Angebots für „moderne, coole, elegante Mode mit Sinn“. Dabei beschäftigt sich das Buch auch mit Siegeln für Materialien und Arbeitsbedingungen, Forschungseinrichtungen und weiteren Informationsangeboten. Zur Buchpremiere hat hessnatur die Autorinnen in die Stores nach Berlin und Düsseldorf eingeladen.

Mitarbeiter der hessnatur Partner zeigen am Fashion Revolution Day, dass sie die hessnatur Artikel fertigen.



10.2.4 Events Vogue Fashion‘s Night Out Im September 2015 beteiligte sich hessnatur mit dem Store Düsseldorf erstmals an der Vogue Fashion‘s Night Out. Organisiert vom weltweit tonangebenden Fashion Magazin laden Marken an einem Abend mit besonderen Angeboten oder Veranstaltungen in ihre Läden ein. hessnatur nutzte die Premiere vor allem zum intensiven Austausch mit den Kunden in der Rheinmetropole. Neben den Geschäftsführern stellten sich die neue Kreativdirektorin Tanja Hellmuth, Marketingleiterin Betina Breucha und CSR Leiterin Kristin Heckmann den Fragen der Besucher. Übergreifendes Thema war die Verbindung von Mode und Nachhaltigkeit. Bei entspannter Loungemusik und kühlen Bio-Drinks boten Models im halbstündigen Rhythmus Ausblicke auf die kommende Modekollektion. So fanden viele Besucher zu hessnatur und nutzten die Gelegenheit über die sozialen und ökologischen Aspekte der Mode zu diskutieren. Berlin Fashion Week Mit der eigenen Markeninszenierung „Boulevard of Green“ im Hotel de Rome präsentierte sich hessnatur Anfang 2016 erstmals auf der Berlin Fashion Week. Neben einer Vorschau auf die Damenkollektion Herbst/Winter 2016/17 erwartete die Besucher eine Trenddebatte zum Thema: „Slow Fashion - Zukunft oder Utopie?“. Auf dem Podium debattierten Dr. Eike Wenzel, Gründer des Heidelberger Instituts für Trend- und Zukunftsforschung, und Dr. Alfons Kaiser, leitender Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, kritisch über die aktuellen Rahmenbedingungen nachhaltiger Mode. Rund 50 Journalisten und Blogger verfolgten die Veranstaltung, bei der gerade auch kritische Themen wie die Arbeitsbedingungen in der globalen Textilindustrie zur Sprache kamen. Auch die Initiative zum Deutschen Textilbündnis wurde lebhaft diskutiert. Pressereise Vigilius Ganz im Zeichen des Themas „Slow Fashion“ stand die diesjährige hessnatur Pressereise nach Vigilius in Südtirol, Italien. Mit der Herbst/Winter 2016 Kollektion im Gepäck hatte hessnatur 15 Journalisten führender Modezeitschriften in ein naturnahes Hotel Ressort eingeladen. Neben der für die Kreation verantwortlichen Chefdesignerin Tanja Hellmuth stellten sich der Vorsitzende Geschäftsführer Vivek Batra und die CSR Leiterin Kristin Heckmann den Fragen der Medienvertreter. Die Mode 62 | H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2015/16

aus Natur- oder Recyclingmaterialien überzeugte vor allem durch ihre fühlbaren Qualitäten. Deshalb stellte sich vor allem die Frage, was hessnatur von konventionellen Anbietern unterscheidet und ob es Grenzen für ein nachhaltiges Design gibt. Kristin Heckmann erläuterte die Besonderheiten in der Zusammenarbeit mit Lieferanten und wie hessnatur Verantwortung für eine faire und ökologische Textilproduktion übernimmt. Besucher aus Bangladesch Im neuen hessnatur Store in Berlin informierte sich eine zehnköpfige Besuchergruppe aus Bangladesch über den vorbildlichen Ansatz von hessnatur. Die Journalisten waren auf Einladung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu Besuch. Ihre Studienreise stand unter dem Motto „Fair Fashion? Reporting about environmental and social standards in the textile industry. Views and facts from Germany“. Dabei interessierte die Journalisten vor allem die Zusammenarbeit mit den Lieferanten und die Qualitätsanforderungen für nachhaltige Produkte.

dete das Bündnis eine erste Liste verbotener Chemikalien, die einen Mindeststandard definiert.

11 G E S E L L S C H A F T L I C H E S ENGAGEMENT Mit dem ganzheitlichen Ansatz verpflichtet sich hessnatur zu einem umfassenden gesellschaftlichen Engagement. In Deutschland oder an Standorten der Partner unterstützt hessnatur Initiativen und Projekte für eine bessere Welt. Gleichzeitig sind die Experten des Unternehmens mit ihrer langjährigen Erfahrung gefragte Teilnehmer im Textilbündnis oder als Redner bei öffentlichen Veranstaltungen. 11.1 Engagement auf institutioneller Ebene Deutsches Bündnis für nachhaltige Textilien hessnatur hat 2014 als erstes deutsches Unternehmen das durch die Initiative der Deutschen Bundesregierung entstandene Bündnis für nachhaltige Textilien unterzeichnet. Anfänglich war die Zurückhaltung in der Branche groß. Erst im Herbst 2015 sind bekannte Unternehmen mit einem großen Marktvolumen dem Bündnis beigetreten. Ziel des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, bis 2017 mindestens 75 Prozent des deutschen Einzelhandelsmarktes für Textilien und Bekleidung mit dem Bündnis abzudeVivek Batra diskutiert zu „Fashion and Politics“ beim Kopenhagen Fashion Summit.

Oben: Mit dem Thema „Boulevard of Green“ präsentierte sich hessnatur auf der Berlin Fashion Week. Rechts: Besuch der deutschen Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp im hessnatur Store bei der Vogue Fashion‘s Night Out in Düsseldorf.

cken. hessnatur ist in den Arbeitsgruppen des Textilbündnisses an der Definition der sozialen und ökologischen Standards beteiligt. Neben hoher Transparenz und einem Branchenmindeststandard plädiert hessnatur dabei für einen Best Practice Standard, damit eine Dynamik für weitere Verbesserungen ausgelöst wird. Im Juni 2016 verabschie-

Kopenhagen Fashion Summit Der erstmals 2009 vom dänischen Fashioninstitut organisierte Kopenhagen Fashion Summit ist die größte weltweit beachtete Veranstaltung zum Thema nachhaltige Mode. Unter der Schirmherrschaft der Kronprinzessin Mary von Dänemark sorgte das diesjährige Treffen weltweit für Aufmerksamkeit. Die Veranstalter hatten hessnatur Geschäftsführer Vivek Batra eingeladen, um mit einem Kurzvortag zum Thema „Fashion and Politics“ an der Podiumsdiskussion teilzunehmen. In seinem Statement betonte er, dass hessnatur als Branchenpionier in 40 Jahren immer wieder Neuland betreten hat und dass innovativen Konzepten die Zukunft gehört. Mode und Nachhaltigkeit müssen sich nicht widersprechen. Diesen Zusammenhang erläuterte Vivek Batra am Beispiel des deutschen Bündnis für nachhaltige Textilien. Die Textilindustrie darf nicht bei einem Mindeststandard als dem kleinsten gemeinsamen Nenner stehen bleiben. Es sollte einen Wettbewerb um die beste Lösung geben. Allerdings sind gute Vorsätze und angekündigte Projekte das eine. Die konkrete und nachprüfbare Umsetzung ist entscheidend. Deutsch-Israelischer Schüleraustausch Im März 2016 erwartete hessnatur rund 50 Schülerinnen und Schüler der Eldad Highschool in Netanya, Israel und der Ricarda-Huch-Schule in Gießen. Die Abteilung für PR und hessnatur Mitarbeiterinnen für Sozialstandards organisierten einen Workshop, um gemeinsam mit den Gästen wesentliche Faktoren für eine verantwortungsbewusste Textilproduktion zu erarbeiten. Je eine Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit einer der drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales. In den anschließenden Diskussionen der Ergebnisse kamen die persönlichen Einschätzungen der Jugendlichen sowie die Spannungsfelder, in denen sich ein Unternehmen bewegt, offen zur Sprache. Auch Nachhaltigkeit hat einen Preis und deshalb sind sowohl Kunden wie Unternehmen und die Politik gefordert, um konkrete Verbesserungen zu bewirken. Im Herbst 2016 erreichte hessnatur die Nachricht, dass das Programm ,,Schulpartnerschaften mit lsrael“ mit dem dritten Preis der Kultusministerkonferenz und des Auswärtigen Amtes für internationale Schulaustausche ausgezeichnet wurde. H E S S N AT U R S OZ I A L B E R I C H T 2 0 15 / 1 6 | 63

11.3 Hilfe zur Selbsthilfe: Unterstützung von New SADLE in Nepal

11.2 Die hessnatur Stiftung – Forschung und Entwicklung angewandter Nachhaltigkeit Die Kooperationen mit externen Partnern, Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen ermöglichen der hessnatur Stiftung ein vernetztes und lösungsorientiertes Arbeiten mit dem Ziel, praxisnahe Lösungen für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln und zu fördern. Im Berichtsjahr wurden zum Beispiel Bewertungskonzepte für mittelständische Unternehmen erstellt, um die Vorteile des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe in der Textilproduktion deutlich zu machen. In einem Projekt für das gemeinnützige INKOTA Netzwerk schulte die hessnatur Stiftung die Mitglieder für die besonderen Anforderungen einer nachhaltigen Lederproduktion. Gestützt auf diese Kenntnisse können sich die Partner des Netzwerks gezielt für eine ökologisch und sozial verträgliche Leder- und Schuhherstellung einsetzen. Die öffentliche Bewusstseinsbildung zum Thema Nachhaltigkeit bildet einen weiteren Schwerpunkt der Stiftungsarbeit. In vielen Vorträgen, Diskus-

Nepal: Hilfe kommt an sionsrunden oder Trainings haben die Nachhaltigkeitsexperten verantwortliches Handeln in der Textil- und Modeindustrie thematisiert und ihre Fachthemen in die breitere Öffentlichkeit getragen. Im Rahmen der Nachwuchsförderung unterstützte die hessnatur Stiftung Studierende der AMD Akademie Mode & Design am Standort Düsseldorf bei der Erstellung einer nachhaltigen Kollektion. Vor dem Einstieg in die Kreation referierten Experten von hessnatur sowie der hessnatur Stiftung über grundlegende Anforderungen einer nachhaltigen Textilproduktion. Neben der Vorstellung der 40-jährigen Branchenerfahrung von hessnatur widmeten sich spezifische Module den sozialen und ökologischen Aspekten der Textilproduktion und wie diese ganzheitlich entlang der Wertschöpfungskette integriert werden können. In weiteren Arbeitsphasen erläuterten die Spezialisten der hessnatur Stiftung die besonderen Herausforderungen, die sich durch den Einsatz von Naturmaterialien und Stoffen ergeben. Die Abschlusspräsentationen wurden von einer Jury, die sich jeweils zur Hälfte aus Vertretern des Lehrpersonals der AMD sowie der hessnatur Stiftung zusammensetzte, kritisch begutachtet. In den abschließenden Feedback Gesprächen waren sich alle Teilnehmer einig, dass Nachhaltigkeit einen viel höheren Stellenwert in der Nachwuchsförderungen der Modebranche haben sollte.

hessnatur unterstützt seit vielen Jahren die Lebensgemeinschaft New SADLE in Nepal und arbeitet dabei mit dem gemeinnützigen Verein Nepra e.V. zusammen, der für die Integration geheilter Leprakanker in Nepal kämpft. Mit der Zeit haben Mitarbeiter persönliche Kontakte und Freundschaften in dem Land geknüpft. In den Werkstätten entstehen hochwertige Produkte, die hessnatur regelmäßig in das Sortiment aufnimmt. Nach dem verheerenden Erdbeben 2015 in Nepal kam die Produktion zum Erliegen und erschütterte die Lebensgrundlage der dort lebenden Menschen. Dank Spenden aus einem vom hessnatur Betriebsrat organisierten Musterverkauf sowie weiterer Unterstützung durch hessnatur konnte New SADLE als eines der ersten Unternehmen vor Ort die Produktion wieder aufnehmen. Die Weberei, die Schneiderei, der Versand, die Schnitzerei, die Papierwerkstatt, die Kindertagesstätte und das Altenheim konnten nicht nur renoviert, sondern erdbebensicher wieder auf-

gebaut werden. Für die Unterstützung aus Deutschland bedankte sich New SADLE im März 2016 mit einem „Letter of appreciation“ auf handgeschöpftem Papier bei hessnatur. Nepal Filmprojekt Dem Thema Lepra als einer „Geißel der Menschheit“ widmet sich der Dokumentarfilm „Losing Touch“ von Hartmut Schotte & Marie Nehles. Obwohl die bakterielle Erkrankung heute medizinisch heilbar ist, erkranken nach wie vor viele Menschen daran. Religiöse Vorurteile verhindern oft die frühzeitige ärztliche Behandlung und bedeuten für Betroffene meist gesellschaftliche Stigmatisierung und Isolation. Anhand persönlicher Schicksale schildert der Film Entstehung und Verlauf der Krankheit und berichtet über die Menschen, die es trotz widriger Umstände geschafft haben, Lepra zu besiegen. New SADLE in Nepal wird als ein Beispiel vorgestellt, welches großen Anteil hieran hat: Die soziale Initiative ermöglicht gesunden und von Lepra geheilten Menschen ein Umfeld, in dem Sie gemeinsam wohnen, arbeiten und leben können.

Gemeinsam mit einer hessnatur Expertin für Sozialstandards unterstützte die hessnatur Stiftung Studierende der AMD Akademie Mode & Design bei der Erstellung einer nachhaltigen Kollektion.

Gebäude und Umgebung der Lebensgemeinschaft New SADLE in Nepal.

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12 W E R M A C H T WA S

FA K TEN UND Z A HLEN

B E I H E S S N AT U R ? Das Thema Sozialstandards wird bei hessnatur vom Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) verantwortet. Dieser ist in einer organisatorischen Einheit mit Einkauf, Disposition und Technik angelegt, die von Helmut Schädler geleitet wird. Im Bereich CSR sind Kristin Heckmann und Elisabeth

Schmidt für das Monitoring von Sozialstandards sowie die Betreuung der Lieferanten und Produktionsbetriebe zuständig. Zudem ist Kristin Heckmann die Leiterin des Bereichs, der neben den sozialen auch die ökologischen Standards des Unternehmens verantwortet.

Gründungsjahr

1976

Gesellschaftsform

GmbH

Marktposition Marktführer für nachhaltige Textilien im gesamten deutschsprachigen Raum Sortiment Nachhaltige Mode, Heimtextilien und Babyartikel mit ca. 800 Modellen und ca. 8.000 Artikelpositionen pro Saison Vertriebswege Versand (Kataloge), Stationärer Handel (Stores) und E-Commerce (Online-Shop) Absatzländer

Deutschland, Schweiz, Österreich

Filialen Stores in Butzbach, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Berlin und München, Outlet in Butzbach Tochterunternehmen

Hess Natur-Textilien AG, Langenthal (Schweiz)

Firmengründer

Heinz und Dorothea Hess

Mitarbeiterzahl 386 Auszubildende 9 Kundenstamm

ca. 1.000.000

O R G A N I S AT I O N D E R H E S S N AT U R - T E X T I L I E N G M B H GESCHÄFTSLEITUNG PR Sven Bergmann

Geschäftsführung (Vors.) Vivek Batra

Von links nach rechts: Elisabeth Schmidt, Helmut Schädler, Kristin Heckmann.

Geschäftsführung Andrea Sibylle Ebinger

K E N N Z A H L E N S O Z I A L S TA N D A R D S Anzahl Lieferanten

94

Anzahl Produktionsbetriebe

138

Anzahl Produktionsländer

28

Anzahl Produktionsbetriebe in EU-Ländern

78

Anzahl Produktionsbetriebe in Nicht-EU-Ländern

60

FWF Mitglied seit

2005

Die Angaben in diesem Bericht beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2015/16 (01. August 2015 bis 31. Juli 2016).

Finanzen, Personal Christina Pöttner

Design Tanja Hellmuth

IT, Prozessorganisation Kornelia Hejduk

Marketing Betina Breucha

Kundenbetreuung Harald Goßler

Category Management Alexander Wanke

Warenbewegung Lothar Seum

CSR, Einkauf, Dispo Helmut Schädler Vertrieb, Retail Vivek Batra Vertrieb, E-Commerce Kathrin Schneider

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CSR Kristin Heckmann Disposition Philip Tönnies

Stand: 31.10.2016

IMPRESSUM Herausgeber: Kristin Heckmann Projektleitung: Elisabeth Schmidt Kristin Heckmann Redaktion: Elisabeth Schmidt Sven Bergmann Dagmar Reichardt Gestaltung und Layout: Sabine Römer Geschäftsführer: Vivek Batra Hess Natur-Textilien GmbH Marie-Curie-Straße 7 35510 Butzbach AG Friedberg HRB 6166 Ust-Nr. 112/5700/0062 Ust-IdNr. DE814552723

Hess Natur-Textilien GmbH | Marie-Curie-Straße 7 | 35510 Butzbach | hessnatur.com