Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten ... - DGVN

17.07.2007 - exekutive und legislative Gewalt über eine Bevölkerung mit eingeschränkten. Beteiligungsrechten aus. Der Erfolg eines Sonderbeauftragten, ...
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Dialogue on Globalization, Fact Sheet, FES New York, July 2007, von Volker Lehmann (deutsche Übersetzung)

Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen In der Arbeit der Vereinten Nationen (UN) nehmen Sonderbeauftragte des Generalsekretärs (Special Representatives of the United Nations Secretary-General SRSGs) eine zunehmend wichtigere Rolle ein. Sowohl Zahl als auch Aufgaben der Beauftragten haben sich im Laufe der Geschichte der Vereinten Nationen beachtlich entwickelt. Besonders nach Ende des Kalten Krieges, als die Reaktionen der UN auf Bedrohungen von Frieden und Sicherheit immer komplexer wurden, gab es eine Reihe verschiedenster Aufgaben, die alle unter der Bezeichnung des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs

zusammengefasst

wurden.

So

unterschiedlich

wie

die

Konfliktsituationen waren, die es zu lösen galt, so unterschiedlich sind auch die Funktionen und der Status der Sonderbeauftragten. Das vorliegende Informationsblatt untersucht, wie sich die Sonderbeauftragten des Generalsekretärs qualitativ und quantitativ zu einem wichtigen Instrument der friedens- und sicherheitsfördernden Aktivitäten der Vereinten Nationen entwickelt haben.

Status der Sonderbeauftragten Obwohl Rolle und Funktion der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs nicht ausdrücklich in der Charta der Vereinten Nationen erwähnt sind, leiten sich doch ihre Rechte und Pflichten aus verschiedenen Bestimmungen der UN-Charta ab. Zunächst ist die Rolle des Sonderbeauftragten von der des Generalsekretärs als höchstem Verwaltungsbeamten der Organisation, der nur den Vereinten Nationen und ihren Aufgaben verpflichtet ist, abgeleitet. Die zunehmende Bedeutung des Generalsekretärs als politischer Vermittler führte dazu, dass die Generalsekretäre Sonderbeauftragte beriefen mit dem Auftrag, gemäß Artikel 99 der Charta Situationen zu untersuchen, von denen eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Darüber hinaus können die UN-Hauptorgane, vor allem der Sicherheitsrat, dem Generalsekretär nach Artikel 98 Aufgaben zuweisen, die der Generalsekretär mit Hilfe der Sonderbeauftragten erledigen kann. Theoretisch werden die nach Artikel 99 eingesetzten Beauftragten „Persönliche Beauftragte“ genannt, die nach Artikel 98 „Sonderbeauftragte“. Doch diese Unterscheidung verschwamm über die Jahre mehr und mehr. In der Praxis wird die Ernennung eines Beauftragten immer zwischen dem

Generalsekretär, dem Sicherheitsrat und der Generalversammlung ausgehandelt. Darüber hinaus gibt es noch Sondergesandte, Persönliche Gesandte und Sonderberater, die nicht wie die Beauftragten im Land selbst, sondern vom New Yorker UN-Amtssitz aus arbeiten. 1 Sonderbeauftragte

des

Generalsekretärs

haben

den

Rang

eines

Beigeordneten

Generalsekretärs oder sogar eines Untergeneralsekretärs. Entweder können sie auf vertraglicher Basis zeitlich begrenzt eingestellt werden, oder sie arbeiten für ein symbolisches Honorar von einem Dollar. Die Finanzierung kann sowohl durch verschiedene Teile des UNHaushalts erfolgen oder von privaten Stiftungen zur Verfügung gestellt werden. Je nach Aufgabe und Mandat berichten die Sonderbeauftragten dem Generalsekretär entweder über die Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze (DPKO) oder die Hauptabteilung Politische Angelegenheiten (DPA). Unter Kofi Annan berichteten Sonderbeauftragte zum ersten Mal dem Sicherheitsrat direkt und verkürzten damit den Informationsweg.

Historische Entwicklung Die ersten Sonderbeauftragten wurden 1947 zur Vermittlung im Konflikt auf dem indischen Kontinent und auf der koreanischen Halbinsel eingesetzt. Der erste Sonderbeauftragte, der sich auf die Bühne der Weltpolitik begab, war Graf Folke Bernadotte. Er war von der Generalversammlung beauftragt worden, den Nahost-Konflikt zu schlichten. Nach seiner Ermordung im Jahr 1948 beendete sein Mitarbeiter Ralph J. Bunche die Friedensgespräche. Bunche war auch der erste UN-Sonderbeauftragte, der den Friedensnobelpreis erhielt (1950). Mit Ende des Kalten Krieges wurden zwischenstaatliche Konflikte mehr und mehr durch innerstaatliche Konflikte abgelöst, so dass die UN gezwungen waren, ihre Instrumente zur Wahrung des Friedens anzupassen. Eine Folge davon war, dass sich die Anzahl der Sonderbeauftragten erhöhte. Während es im Jahr 1980 nur vier Sonderbeauftragte gab, sind es heute 62, die sich weltweit mit der Lösung von Konflikten und der Friedensschaffung befassen. 2 Nicht nur die Zahl der Sonderbeauftragten stieg an, auch das Anforderungsprofil änderte sich. Von den Generalsekretären haben Boutros Boutros-Ghali, insbesondere aber Kofi Annan, die Rolle der Sonderbeauftragten ausgeweitet und sie zu den höchsten UNPositionen in den jeweilige Aufgabengebieten aufgewertet, die diplomatische Fähigkeiten und Führungsqualitäten miteinander vereinen.

1

Falls nicht anders angegeben wird der Begriff „Sonderbeauftragter“ im Folgenden für alle Gesandten synonym verwendet. 2 Zusätzlich gibt es 27 Sonderbeauftragte, die kein geographisches, sondern ein thematisches Aufgabenfeld haben. (siehe Tabelle 1). Diese Sonderbeauftragten haben die Aufgabe, das Bewusstsein für große grenzüberschreitende Probleme zu schärfen sowie den UN-Mitgliedstaaten bei der Entwicklung von politischen Lösungen zu helfen.

Tabelle 1: Die Sonderbeauftragten (Stand: 2007) Region / Mandat

Anzahl der Sonderbeauftragten*

Afrika

31

Amerika

3

Asien und Pazifik

10

Europa

8

Naher und Mittlerer Osten

10

Thematische Mandate

27

Einige der prominenten Sonderbeauftragten Jan Eliasson (Schweden), Sondergesandter für Darfur Edmond Mulet (Guatemala), Sonderbeauftragter für Haiti Tom Koenigs (Deutschland), Sonderbeauftragter für Afghanistan Martti Ahtisaari (Finnland), Sondergesandter für den zukünftigen Status des Kosovo Ibrahim Gambari (Nigeria), Sonderberater für den Internationalen Pakt mit Irak John Ruggie (USA), Sonderbeauftragter für die Frage der Menschenrechte und transnationaler Unternehmen

Quelle: http://www.un.org/Depts/dpko/SRSG/index.htm *einschließlich zurzeit unbesetzter Stellen

Die Sonderbeauftragten der frühen Jahre können am ehesten als erfahrene Vermittler bei Friedensverhandlungen charakterisiert werden. Später wurden, in besonderen Fällen, Sonderbeauftragte Friedensabkommen

sowohl

in

einbezogen

die (z.B.

Aushandlung Jean

als

Arnault

auch in

die

Umsetzung

Guatemala).

Heute

von sind

Sonderbeauftragte für die verschiedensten Aufgabenbereiche multidimensionaler UNFriedensoperationen zuständig: Sie verkörpern die UN-Friedensoperation: Sie sind Leiter des UN-Teams vor Ort, Verhandlungsführer des politischen Friedensprozesses, Manager der friedenserhaltenden bzw. friedenskonsolidierenden Mission und Verwaltungschef in den Fällen, in denen die UN eine Übergangsverwaltung übernommen haben.

Um solche vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können und ein Maximum an Flexibilität zu gewährleisten, bleibt das Mandat des Sonderbeauftragten meist recht vage und die Ausgestaltung der Person überlassen. Vor diesem Hintergrund sind dessen Erfahrungen und Fähigkeiten von entscheidender Bedeutung. Trotz der unterschiedlichen Anforderungen scheint das Profil relativ einheitlich zu sein: Zurzeit sind alle Sonderbeauftragten Männer und

die Mehrheit mindestens 60 Jahre alt. Die meisten Sonderbeauftragten waren Diplomaten, entweder bei den Vereinten Nationen oder bei einem der Staaten, die zu den fünf Ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats gehören. Die Mehrheit der Sonderbeauftragten war schon mehr als einmal in einer solchen Funktion tätig. 3

Zukünftige Herausforderungen Das Amt des Sonderbeauftragten veränderte sich im Laufe der Zeit nicht nur aufgrund des politischen Wandels, sondern auch, weil die UN aus ihren Fehlern lernte. Aus dieser Entwicklung lassen sich zukünftige Herausforderungen für das Amt des Sonderbeauftragten ableiten: -

Messbarer Erfolg: Sonderbeauftragte sind kein Allheilmittel, weder für das Schlichten von Konflikten noch für die Friedenskonsolidierung. Sie können nur mit starker Unterstützung und strategischer Koordinierung der internationalen Gemeinschaft erfolgreich arbeiten.

-

Neue Partnerschaften: Das Amt der Sonderbeauftragten wird sich der verstärkten Zusammenarbeit zwischen den UN und regionalen Organisationen anpassen müssen. Im Falle des Darfur-Konflikts, zum Beispiel, muss sich der für Sudan zuständige Sonderbeauftragte unter dem Dach der ersten Hybrid-Mission von Afrikanischer Union und UN auf zwei multilaterale Organisationen gleichzeitig einstellen.

-

Effizienz versus Legitimation: Besonders in Situationen, in denen die UN die Übergangsverwaltung übernommen haben, üben die Sonderbeauftragten umfassende exekutive und legislative Gewalt über eine Bevölkerung mit eingeschränkten Beteiligungsrechten aus. Der Erfolg eines Sonderbeauftragten, Sicherheit und Frieden wiederherzustellen, hängt davon ab, wie gut die sensible Balance zwischen Effizienz und Legitimation gehalten werden kann.

-

’Inflation’ der Sonderbeauftragten: Die stetig wachsende Zahl an Sonderbeauftragten – vor allem mit thematischem Mandat – mag zwar auf der einen Seite das lobenswerte Bemühen der UN widerspiegeln, die ebenso stetig wachsende Zahl an globalen Problemen anzugehen. Auf der anderen Seite kann diese Ausweitung zum Symbol für die Überbeanspruchung der begrenzten Ressourcen der Weltorganisation, ihres normativen und politischen Kapitals, werden..

Literatur

3

Siehe: Manuel Fröhlich, The Peace-Makers – Zur Rolle der Special Representatives des UN-Generalsekretärs. http://www.oegpw.at/tagung06/papers/ak6_froehlich.pdf (17.7.2007).

Manuel Fröhlich, Maria Bütof und Jan Lemanski: Mapping UN Presence. A Follow-Up to the Human Security Report, Die Friedens-Warte, 81. Jg., 2/2006, S.13–23.

Connie Peck: Special Representatives of the Secretary General, in: David M. Malone (Ed.): The UN Security Council, From the Cold War to the 21st Century, Boulder/London 2004, S. 325–339.

Quelle: Dialogue on Globalization, Fact Sheet, FES New York, July 2007 Text: Volker Lehmann Übersetzung: Jens Dolfen Redaktion: Ulrich Keller/Anja Papenfuß