Serieller Wohnungsbau. Standardisierung der Vielfalt.

der Kosten im Bauwesen. ... resultiert, da Kosten für Planungsleistungen gemäß HOAI (Ho- ..... allein Möbel und/oder Schiebeelemente zur Definition unter-.
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IBA Berlin 2020

Studie Serieller Wohnungsbau Standardisierung der Vielfalt

SERIELLER WOHNUNGSBAU STANDARDISIERUNG DER VIELFALT

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Dr. Andrea Benze Dr. Julia Gill Dr. Saskia Hebert  subsolar* architektur & stadtforschung Studie und Projektrecherche für die IBA Berlin 2020 im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt

Serieller Wohnungsbau Benze, Gill, Hebert

Studie zur IBA 2020 Berlin 2013

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IMPRESSUM Serieller Wohnungsbau. Standardisierung der Vielfalt Studie und Projektrecherche für die IBA Berlin 2020 im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2013 Verfasserinnen Dr. Andrea Benze Dr. Julia Gill Dr. Saskia Hebert subsolar* architektur und stadtforschung Pfarrstr. 139 10317 Berlin Ansprechpartnerin Dr. Julia Gill [email protected] Mitarbeit Diana Bico Matthias Lohmann Layout Ana Halina Ringleb Susanne Stahl

Dr. Andrea Benze ist Architektin und Stadtforscherin. Gemeinsam mit Anuschka Kutz leitet sie offsea - office for socially engaged architecture, London/Berlin - eine Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen Architektur, Gesellschaftskritik, Stadt und Forschung. Mit Urban Portraits untersuchen sie persönliche Alltagsorte und biografische Ortsbindungen bei älteren Menschen. (Pilotstudie im Rahmen des Stipendiums auf der Akademie Schloss Solitude 2012) Andrea Benze lehrt an der TU Berlin und zuvor an der University of Brighton und der Hochschule Johanneum, Graz. www.offseaworks.com Dr. Julia Gill ist freiberufliche Architektin und Wissenschaftlerin in Berlin. Sie promovierte bei Karin Wilhelm und Thomas Sieverts über Individualisierung und Standard im kommerzeillen Eigenheimbau und forscht überwiegend im Bereich randstädtischer Alltagsphänomene. Sie ist Mitglied im Netzwerk Architekturwissenschaft und lehrt/lehrte Entwerfen und Architekturtheorie an verschiedenen deutschen Hochschulen, darunter an der TU Braunschweig und an der UdK Berlin. www.juliagill.de Dr. Saskia Hebert ist Architektin und gemeinsam mit Matthias Lohmann Geschäftsführerin von subsolar* architektur und stadtforschung in Berlin. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die ambivalente Relation zwischen gelebten und gebauten städtischen Räumen. Diese steht auch im Fokus des von ihr gegründeten lived/space/lab an der UdK Berlin, das derzeit im Auftrag des Bezirks Lichtenberg ein experimentelles Beteiligungsverfahren im Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord durchführt. www.subsolar.net & www.lived-space-lab.org

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INHALTSVERZEICHNIS 0 EINLEITUNG  (5) Anlass Experimentierfeld IBA 1 SERIELLER WOHNUNGSBAU  (8) 1.1 Geschichtlicher Überblick  1.2 Aktuelle Strategien  (9)

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2 STANDARDISIERUNG  (11) 2.1 Standardisierung der Planung (11) Grundlagenermittlung (LP 1 HOAI) Entwurfsplanung (LP 2 und 3 HOAI) Genehmigungsplanung (LP 4 HOAI) Ausführungsplanung (LP 5 HOAI) Ausschreibung und Vergabe (LP 6 und 7 HOAI) Bauleitung (LP 8 HOAI) Objektüberwachung und -dokumentation (LP 9 HOAI) 2.2 Standardisierung der Produktion  (12) 3 FALLBEISPIELE  (14) 3.1. Referenzprojekte und Untersuchungsmethode  (15) 3.2. Aufbau der Steckbriefe  (15) 3.3 Kriterien der Beurteilung  (16) Zeitersparnis Kostenersparnis Energieeffizienz Flexibilität (Varianz / Aneignungspotenzial) Vorfertigung Innovationspotenzial und architektonische Qualität 3.4 Projektsteckbriefe  (18) P01 Wohnsiedlung Amegerfaelledvej  (19) P02 Case Study #1  (25) P03 System 3  (31) P04 Wohnsiedlung Triemli  (37) P05 Top Wall (Wohn- und Geschäftshaus Badener Str.)  P06 Ultradünne Fassadenelemente (Prototyp)  (49) P07 Flexible Strukturen (Forschungsprojekt)  (55) P08 Housing Block 10  (61) P09 23 Dwellings  (67) P10 Grundbau und Siedler  (73) P11 Tila  (79) P12 Pile Up® Stack Up®  (85) Projektübersicht - Zusammenstellung Kriterien  (91) 4 ERGEBNISSE, AUSBLICK UND FAZIT  (93) 4.1 Die Fallbeispiele im Einzelnen  (93) Zeitersparnis Kostenersparnis Energieeffizienz Flexibilität (Varianz / Aneignungspotenzial) Vorfertigung Innovationspotenzial 4.2 Empfehlungen an die IBA Berlin 2020  (95) 4.3 Fazit  (97) Anhang: Literatur- und Abbildungsverzeichnis 

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0 EINLEITUNG Anlass Die vorliegende Studie wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin als fachliche Vertiefung zur Profilschärfung der Internationalen Bauausstellung Berlin 2020 (IBA Berlin 2020) im September 2012 beauftragt. Unter der Maßgabe, dass sich auch diese IBA, wie ihre Vorgängerin 1987, dem noch immer aktuellen Thema der sozial, kulturell, strukturell und funktional gemischten Stadt widmen will, kommt dem Wohnen als Funktion und Motor der Stadtentwicklung große Bedeutung zu. Die für die IBA formulierten Leitfragen fokussieren dabei einerseits auf den Erhalt und die infrastrukturelle, energetische und räumlich-gestalterische Aufwertung bestehender Quartiere. Andererseits wird nach Lösungen gesucht, um unter den Bedingungen von Klimawandel, Energiewende und demografischer Entwicklung preiswerten Wohnraum neu zu schaffen.1 Denn die Einwohnerzahl Berlins steigt bis zum Jahr 2030 von derzeit 3,515 Mio2 auf 3,639 Mio Einwohner an – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann Stiftung vom 26.10.2011 zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland.3 Die Zahl errechnet sich aus einer Wachstumsrate durch Zuwanderung (überwiegend Junge und Kreative) abzüglich der demografisch bedingten Schrumpfungsrate. Der stärkste Anstieg (auf 3.608 Mio) wird bis zum Jahr 2020 erwartet. Doch bereits jetzt spricht man in Berlin von Wohnungsmangel: der Leerstand bei marktfähigen Wohnungen beträgt nach Berechnungen des Berliner Mietervereins nur 1,72 Prozent (vgl. Keillani 2011) und liegt damit bereits unter der Fluktuationsgrenze von 3 Prozent, die für Umzüge und zur Vermeidung von Mietwucher als notwendig erachtet wird. (vgl. Paul 2009). Vor diesem Hintergrund kommt der Forderung nach bezahlbarem Wohnraum bereits in nächster Zeit erhöhte Bedeutung zu: Schließlich spiegeln die im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen günstigen Lebenshaltungskosten Berlins, maßgeblich bedingt durch niedrige Mieten und Immobilienpreise, nicht nur das niedrige Einkommensniveau der Haushalte wider. Sie sind auch ein wesentlicher Standortfaktor der Stadt, tragen sie doch maßgeblich zur Entwicklung des Innovations- und Kreativ-Potenzials bei, welches die Stadt so attraktiv macht. Dieses Potenzial ist ursächlich mit dem erwarteten Bevölkerungswachstum verknüpft: Es gilt als Hauptmotor für die erwartete Zuwanderung (vgl. Rada 2011). Angesichts des aktuell zu verzeichnenden Anstiegs der Mieten für Wohn- und Gewerbeimmobilien ist die Kreativbranche allerdings zunehmend von sozialer Verdrängung bedroht. In der Koalitionsvereinbarung vom 23.11.2011 wurde der „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ beschlossen, der den Neubau von 30.000 Wohnungen bis zum Jahr 2016 festlegt (vgl. IBB 2011, S. 4). Mit Blick auf die beschriebenen Entwicklungen am Immobilienmarkt gilt es, diese möglichst preiswert zu errichten. Dies stellt unter Berücksichtigung der Anforderungen des energieeffizienten Bauens eine besondere Herausforderung dar – kommt doch der erhöhte Aufwand für Hochbaukonstruktionen und technische Gebäudeausrüstung

einer Umschichtung der Betriebskosten hin zu den Baukosten gleich. Die Investitionsbank Berlin ermittelt für einen nach gültiger EnEV errichteten Neubau mit Gesamtbaukosten von 1.500 €/qm brutto eine Gesamtmiete (Kostenmiete) von 11,50 €/qm und für einen höheren Energiestandard (Effizienzhaus 70) von 12,30 €/qm. (vgl. Blocksdorf et al. 2012, S. 5 f.) Für eine 70-qm-Wohnung ergibt sich hieraus eine Warmmiete von 805 € bzw. 861 €, das sind über 50 Prozent des durchschnittlichen Haushalts-Nettoeinkommens in Höhe von 1.541 € (2009) (vgl. Kutch et al. 2011, S. 48). Angesichts dieser Zahlen scheint es geboten, die Potenziale einer möglichen Senkung der Bauksten im Wohnungsbau durch Standardisierungsprozesse in Planung und Produktion zu prüfen. Der Serienbau gilt seit jeher als Möglichkeit der Kostenreduktion im Bauen, wird jedoch historisch bedingt gemeinhin häufig mit mangelnder Flexibilität und gestalterischer Monotonie konnotiert (vgl. Kap. 1.1). Inwieweit moderne Technologien heute – besonders vor dem Hintergrund von Klimawandel und Energiewende und dem sorgfältigen Umgang mit der Ressource Raum – in der Lage sind, dieses Image zu überwinden und welche Möglichkeiten serielle Bauweisen im Wohnungsbau für die Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums in der Stadt bergen, soll in dieser Studie diskutiert werden. Die dargestellten Referenzprojekte (vgl. Kap. 4) aus dem In- und Ausland eröffnen ein weites Spektrum an interessanten Lösungsansätzen, die mit unterschiedlichen fachlichen Positionen einhergehen. Die Auswertung der Beispiele dokumentiert den aktuellen Forschungsstand und verdeutlicht auch die Fragestellungen, die sich aus der praktischen Umsetzung der Ideen ergeben. Damit bietet vorliegende Studie eine Diskussions- und eine erste Entscheidungshilfe für die inhaltliche Ausgestaltung der IBA Berlin 2020. Experimentierfeld IBA Eine Internationale Bauausstellung behandelt lokale Problemstellungen so, dass daraus Antworten oder auch neue Fragestellungen von internationaler Relevanz erwachsen. Weiterhin sollten bauliche mit gesellschaftlichen Fragen verknüpft diskutiert werden. Für den Kontext dieser Studie bedeutet das, dass die mit dem seriellen Bauen verbundenen Zielsetzungen, nämlich primär Zeit- und Kostenersparnis, ergänzt werden müssen um Betrachtungen bezüglich zeitlicher und räumlicher Flexibilität, Nachhaltigkeit und energetischer Leistungsfähigkeit der Gebäude. Wesentlich erscheint auch die Frage nach den Entstehungsbedingungen der Bauten, die aus den verschiedenen Kombinationen von Aspekten der Standardisierung und der Individualisierung der Fallbeispiele resultieren – und eine Eignung für unterschiedliche Eigentums- oder Mietmodelle implizieren. 1 2 3

vgl. Angebotsaufforderung IBA_S12_08 vom 13.7.2012, S. 1. Zahl nach amtlicher Bevölkerungsfortschreibung vom 31.05.2012. http://www.wegweiser-kommune.de/datenprognosen/prognose/Prognose. action, 05.11.2012.

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Durch ihre Selbstverpflichtung zum Experiment und zu baulicher und prozessualer Qualität kann eine IBA darüber hinaus die Gültigkeit bestehender Standards, Regelwerke und Traditionen (Material- und Energiesparverordnungen, Brandschutzvorgaben etc.) überprüfen – und verfügt auch über das nötige Instrumentarium, diese temporär außer Kraft zu setzen. Damit bietet die IBA 2020 einen geeigneten Rahmen, exemplarische Lösungen für bauliche und städtebauliche Herausforderungen aufzuzeigen und modellhafte Antworten auf die gestellten Fragen zu liefern. Darüber hinaus sollten in einem offenen und dynamischen Lernprozess innovative Erkenntnisse und übertragbare Lösungen gefunden werden.

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1 SERIELLER WOHNUNGSBAU Der Terminus Serieller Wohnungsbau kann auf unterschiedliche Weise interpretiert werden und bedarf begrifflicher Klärung. Er kann einerseits verweisen auf ein typologisches Programm, nach dem unabhängig von der Bauweise eine große Anzahl standardisierter Wohnungen erstellt werden. Andererseits kann er eine Bauweise bezeichnen, in der mehr oder weniger standardisierte oder auch individuelle Wohnungen aus seriell oder industriell (vor-) gefertigten Teilen errichtet werden. Standardisierung kann sich demnach auf unterschiedliche Aspekte des Bauens beziehen: den Planungsprozess, den Bauprozess oder das „Produkt“ Wohnung. Diese unterschiedlichen Ebenen der Standardisierung können einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen und dienen verschiedenen Zielsetzungen. Neben der mit Typung und Serienbau originär verknüpften Intention, qualitätvollen Wohnraum vor allem schnell und kostengünstig zu errichten, werden mit Standardisierung und Vorfertigung heute zum Teil auch andere Ziele verfolgt. Häufig geht es beispielsweise um Ausführungsstandards, die in Bezug auf ihre baukonstruktive und energetische Leistungsfähigkeit und gestalterische Präzision mit konventionellen Bauweisen nicht in derselben Qualität zu erreichen sind. Oder aber Standardisierung bezieht sich nur auf bestimmte Bauteile (ein Fassadensystem, ein System für die Tragstruktur oder der Einsatz bereits auf dem Markt erhältlicher Industrie-Bauteile) oder Bauphasen (den Rohbau), während die jeweils anderen – mit Blick auf die Anpassungsfähigkeit des jeweiligen Systems an Ort oder Nutzung – einer zunehmenden Individualisierung unterliegen. Auf eine Betrachtung der hierin enthaltenen Potenziale verweist der Untertitel der Studie „Standardisierung der Vielfalt“, denn Wohnungs- und Gebäudevielfalt gelten heute gemeinhin als attraktiv, während gestalterische und funktionale Monotonie – meist als Hauptkritikpunkt der Standardisierung im Wohnungsbau angeführt – vermieden werden soll. 1.1 GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK Die Anwendung serieller Bauweisen im verdichteten Wohnungsbau wurde im Rahmen der Urbanisierungsprozesse zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstmals in größerem Umfang realisiert: Im Serienbau sollten sich schnelle und preisgünstige Fertigung mit hohen gestalterischen Standards verbinden, um qualitätvollen Wohnraum jedermann zugänglich zu machen. Während dieser Zeit entstanden bis in die 1930er Jahre zunächst Flachbausiedlungen mit standardisierten Grundrissen unter Erprobung erster industrialisierter Bauweisen (Typung, Normung, Vorfertigung). Als Beispiele einer solchen durch Standardisierung optimierten Planung im Siedlungsbau der 1920er und 1930er Jahre wären beispielsweise zu nennen die Römerstadt (1926–1928, Ernst May und Andere) oder die Heimatsiedlung (1927–1934, Ernst May und Andere) in Frankfurt, die Siedlung Dessau-Törten (1926–1928, Walter Gropius) oder, für Berlin, z.B. die Siedlungen Onkel Toms Hütte (1926–

1932, Bruno Taut) oder Siemensstadt (1929–1931, Martin Wagner und Andere), um nur einige zu nennen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Westdeutschland serielle Bauweisen vor allem für den Bau von Großsiedlungen eingesetzt. Diese entstanden in den sechziger und siebziger Jahren unter dem Leitbild der funktionsentmischten Stadt vor dem Hintergrund von Bevölkerungswachstum und -wanderung insbesondere in den Agglomerationsräumen. Prominente Beispiele für Bauten dieser Zeit finden sich beispielsweise in den Berliner Großsiedlungen Gropiusstadt (1962–1975) oder Märkisches Viertel (1963–1974), am Münchner Hasenbergl (1960–1971), in der Neuen Vahr Bremen (1957–1962) oder in Hamburg Steilshoop (1969–1975). Der Einsatz industrialisierter Bauweisen für die Realisierung der auf Standardgrundrissen entwickelten Wohnungen reichte aufgrund des technischen Fortschritts sehr viel weiter als noch vor dem Krieg (Vorfertigung, Systembauweisen). Nicht zuletzt aus Brandschutzgründen kamen für den Geschosswohnungsbau in der Regel Verfahren der schweren Vorfertigung zum Einsatz (überwiegend Beton-Fertigteilbau), während der Leichtbau (überwiegend Holz-Fertigteilbau) eher im kleinmaßstäblicheren Eigenheimbau oder für provisorische Bauten Anwendung fand. Für die Innenausstattung experimentierte man vereinzelt auch mit neuen Materialien (Kunststoffen) für dreidimensional vorgefertigte Raummodule, beispielsweise für Nasszellen (Studentenwohnheim „Affenfelsen“, Braunschweig 1976). In Ostdeutschland wurden typisierte Wohnungszuschnitte, ab etwa 1960 kombiniert mit Serienbau und Vorfertigung (Großtafelbauweise P 2, WBS 70, etc.), bis in die 80er Jahre landesweit noch mit weitaus größerer Konsequenz realisiert, um die Bevölkerung „besser, billiger und schneller“4 mit Wohnraum versorgen bzw. an Industriestandorte umsiedeln zu können. Die Großtafelbauweise aus Betonfertigteilen weist einen besonders hohen Standardisierungsgrad auf. Für ihre Errichtung wurden oftmals eigens industrielle Infrastrukturen vor Ort installiert (Betonwerk, Taktstraße). Plattenbauten finden sich in inner- wie in randstädtischen Lagen der Neuen Bundesländer, zu den größten und bekanntesten Beispielen gehören die Siedlungen Halle Neustadt (1964–1968, Erweiterungen bis 1989), Leipzig-Grünau (1976–1988) und in Berlin Hellersdorf Marzahn (1976–1978, Erweiterungen bis 1989) sowie mehrere Siedlungen im Bezirk Lichtenberg. In den vergangenen 20 bis 30 Jahren spielten serielle Bauweisen im Wohnungsbau eine untergeordnete Rolle, gerieten doch die Großsiedlungen in Ost und West spätestens seit Ende der 1970er Jahren in harsche (West) oder doch vorsichtige (Ost) Kritik – und mit ihnen, für die meisten Bürgerinnen und Bürger und auch viele der an Planung und Bau Beteiligten unmittelbar damit verbunden, auch serielle Bauweisen. Diffus 4

„Besser, billiger und schneller bauen“ ist der deutsche Titel einer Rede Nikita Chruschtschows vom 07.12.1954 in Moskau über die Einführung industrieller Methoden, die Verbesserung der Qualität und die Senkung der Kosten im Bauwesen. Vgl. Chruschtschow 1954.

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verknüpft mit den Problemen der Siedlungen (soziale Segregation, Leerstand, Verwahrlosung und Vandalismus) diente auch der Serienbau als „dankbare Kontrastfolie, auf der wir all jene Defizite an Wohn- und Lebensqualität infolge fehlgeleiteter Planung vermeinten ablesen zu können“ (Kraft 2011, S. 48). Bis heute werden vielfach mangelnde Flexibilität und Monotonie mit seriellen Bauweisen assoziiert, oftmals auch technische und baukonstruktive Mängel, die altersbedingt durchaus bestehen und aufgrund der großen Gebäudestrukturen in komplexen Eigentumsverhältnissen zuweilen schwierig zu beheben bzw. aktuellen Anforderungen anzupassen sind (vgl. Harnapp 2012, S. 36-48). 1.2 AKTUELLE STRATEGIEN

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Wenngleich Standardisierung im Wohnungsbau aufgrund der erwähnten Defizite also nach einer kritischen Revision verlangt, macht das Versprechen einer preiswerten Realisierbarkeit anspruchsvoller gestalterischer und energetischer Lösungen durch den intelligenten Einsatz von Standardisierung und neuer Fertigungstechniken Vorfertigung und Systembau heute wieder attraktiv. Die Vorteile in Bezug auf Kosten- und Zeitersparnis, Ausführungsqualität und Arbeitsbedingungen sowie die durch Fabrikfertigung erreichbaren energetischen und baukonstruktiven Standards sind dabei den Anforderungen an die funktionale und gestalterische Qualität und Flexibilität, die sich durch die Anpassung an den jeweiligen Ort und die Nutzerinnen und Nutzer ergeben, gegenüber zu stellen. Damit kann letztlich die Gültigkeit bestehender Vorannahmen (hohe Wirtschaftlichkeit und geringe Flexibilität) überprüft werden.

Heute erlangt die Frage nach der Eignung serieller Bauweisen – auch Leichtbauweisen – für den verdichteten Wohnungsbau (nicht nur) vor dem Hintergrund der „Neuen Wohnungsnot“ und der damit verbundenen Forderung nach bezahlbarem Wohnraum neue Aktualität (vgl. Einführung). Das gilt ganz besonders auch für den spezifischen Kontext der IBA Berlin, die sich unter dem Leitbild „Draußenstadt wird Drinnenstadt“ die Entschleunigung von Gentrifizierungsprozessen als zentrales Ziel gesetzt hat. Um den finanziellen Druck auf Berlins beliebte GründerzeitQuartiere zu reduzieren und die derzeitigen Bewohner vor Verdrängung zu schützen, bedarf es der Schaffung von neuem, preiswertem und zugleich attraktivem Wohnraum in allen Teilen der Stadt in Verbindung mit differenzierten Steuerungsinstrumenten der Wohnungs- und Liegenschaftspolitik. Dies gilt nicht nur für die Erschließung von Neubaugebieten, sondern auch für die Aufwertung randstädtischer oder auch gefühlt peripherer, wenngleich geografisch innerstädtisch gelegener Gebiete.5 Vor dem Hintergrund dieser wirtschaftlichen Herausforderungen in Verbindung mit den hohen Anforderungen des energieeffizienten Bauens sind hierfür innovative Konzepte gefragt. Die in dieser Studie vorgestellten Ansätze unterschiedlicher Strategien der Standardisierung zur Etablierung neuer Standards im Wohnunsbau bieten dafür mögliche Ansatzpunkte. Für eine nachhaltige Stadtentwicklung ist die Schaffung neuen Wohnraumes allerdings nicht losgelöst von Überlegungen zu attraktiven Wohnumfeldern und Wohnmodellen zu betrachten. Demzufolge lässt sich die Frage danach, ob und wie der Serielle Wohnungsbau eine Antwort auf die „Neue Wohnungsnot“ geben kann, nicht losgelöst von der Frage nach Gestaltungsmöglichkeiten und Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner in Bezug auf Wohnung und Wohnumfeld, aber auch den Planungs- und Bauprozess diskutieren: Mitsprache und Selbstverwaltung können Zuständigkeiten, Verantwortungsgefühl und Aneignungsspielräume schaffen (vgl. Benze, Gill, Hebert 2013).

5 vgl. hierzu auch die Diskussion um „Drinnenstadt“ und „Draußenstadt“ im Rahmen der Vorbereitung der IBA Berlin 2020, vgl. auch Benze, Hebert, Gill 2013.

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2 STANDARDISIERUNG Die Frage, wie sich Standardisierungsprozesse im Planungsund Bauprozess kostensenkend auswirken können, ohne zu monotonen und wenig flexiblen Ergebnissen zu führen, erfordert eine differenzierte Betrachtung möglicher Strategien der Standardisierung im Wohnungsbau, wie im folgenden Kapitel dargelegt wird. Inwieweit die unterschiedlichen Ansätze geeignet sind, neue, bessere Wohn-Standards für heutige und künftige Bedürfnisse zu etablieren, ließe sich im Experiment ihrer Realisierung nachweisen – für das die IBA Berlin 2020 einen geeigneten Rahmen darstellen kann. Beschäftigt man sich Standardisierung im Wohnungsbau, muss bei genauerer Betrachtung zwischen vielfältigen Möglichkeiten, bezogen auf die verschiedenen Aspekte des Bauens, unterschieden werden. So beinhaltet beispielsweise eine Standardisierung in der Planung durch Typung des Produktes „Wohnung“ nicht immer eine Standardisierung der Produktion (z.B. durch Vorfertigung). Es kann unter Umständen sinnvoll sein, für die Errichtung auf konventionelle Bauweisen zurückzugreifen. Umgekehrt führen serielle Bauweisen dank moderner und computergestützter Verfahren nicht mehr zwangsläufig zu immer gleichen Ergebnissen: Die Anwendung von Systembauweisen lässt heute oftmals eine große Bandbreite an Lösungen zu. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden zwischen Standardisierung der Planung, meist einhergehend mit einer Standardisierung des „Produktes“ Wohnung, und serieller Produktion unterschieden. Für die in dieser Studie vorgestellten Projekte spielt Standardisierung in der Planung eine unterschiedlich große Rolle. Das Spektrum reicht vom völligen Wegfall von Planungsleistungen für die Serienproduktion (mit Ausnahme der Genehmigungsplanung und eventueller individueller Anpassungen) bis hin zu einem gegenüber dem konventionellen Bauen vergleichbaren oder gar erhöhten Aufwand, der für die Errichtung singulärer Bauten mit seriellen Bauweisen nicht nur für den Prototypen erforderlich bleibt. Ziel der Bemühungen um eine Standardisierung in der Planung ist dabei nicht immer die Reduktion der Baukosten. Oftmals wird das eingesparte Budget für erhöhte Entwicklungskosten im Dienste innovativer konstruktiver, energetischer oder gestalterischer Lösungen reinvestiert. 2.1

STANDARDISIERUNG DER PLANUNG

Ein wichtiger Ansatzpunkt für Standardisierung im Wohnungsbau besteht in der Anwendung fordistischer Prinzipien in der Planung. Ziel dabei ist eine Reduktion des Planungsaufwandes. Die üblichen Planungsaufgaben im Hochbau bestehen in der Grundlagenermittlung, der eigentlichen Entwurfsplanung (d.h. der funktionalen Organisation des Gebäudes und der Wohneinheiten), der behördlichen Abstimmung, den Überlegungen zu Aufbau und Fügung der Bauelemente, der Ausschreibung und Vergabe der Bauleistungen, der Planung und Überwachung des Bauablaufs und der Objektbetreuung und -dokumentation.6 Grundsätzlich ist anzumerken, dass aus einer effizienten Organisation der Pla-

nung nicht unmittelbar auch eine Kostenersparnis resultiert, da Kosten für Planungsleistungen gemäß HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) auch nach der Novelle 2009 immer noch vor allem bezogen auf die Bausumme bemessen werden. Andererseits lässt sich eine Reduktion der Gesamtbaukosten nicht zuletzt durch eine effiziente Planung – z.B. auch durch Standardisierungsprozesse in der Planungsphase selbst – erreichen, da hierdurch Potenziale für die Entwicklung innovativer und damit Kosten sparender Ansätze freigesetzt werden. Mittelbar können also durch Aspekte der Standardisierung in der Planung sehr wohl Kostenvorteile entstehen (vgl. auch Kempe, Thill 2012, S. 365-368). Grundlagenermittlung (LP 1 HOAI) Die Entwicklung eines prototypischen, im weitesten Sinne auf eine Serie übertragbaren Ansatzes stellt den wichtigsten Aspekt im standardisierten Bauen dar und ist mit einem vergleichsweise hohen Planungsaufwand verbunden. Hier birgt die enge Zusammenarbeit mit der Bauindustrie großes Potenzial und ist für die Erarbeitung effizienter und innovativer Konzepte unerlässlich. Entwurfsplanung (LP 2 und 3 HOAI) In Bezug auf die Entwurfsplanung liegt das größte Einsparpotenzial im Prinzip der Wiederholung, also einer Typung der Wohneinheiten in Bezug auf Funktionalität und Gestaltung. Typen- oder Standardwohnungen werden heute unter dem Primat spezifischer Nutzungsansprüche unserer ausdifferenzierten Gesellschaft zunehmend und zum Teil undifferenziert kritisiert – schließlich zeichnet das Prinzip einer geschossweisen Wiederholung von Grundrissen (und sogar ihrer typologischen Wiederholung über ganze Stadtquartiere) im innerstädtischen Wohnungsbau auch die beliebten Berliner Gründerzeit-Altbauten aus. Wirklich problematisch dagegen erscheinen sich wiederholende Wohnungszuschnitte mit geringer typologischer Vielfalt ab einer gewissen Projektgröße und in Übertragung auf beliebige Standorte, wie beispielsweise in den Plattenbausiedlungen der ehemaligen DDR. Heutige Strategien zielen dagegen eher darauf, Gebäude als Unikate im jeweiligen städtebaulichen Kontext zu begreifen und durch ein Angebot unterschiedlich großer (durchaus typisierter) Wohnungen innerhalb der Projekte ein gewisses Maß an Vielfalt zu erzeugen. Nutzungsneutrale Wohnungsgrundrisse ermöglichen zusätzlich räumliche und zeitliche Veränderungen. Weitere Anpassungsspielräume unter Beibehaltung serieller Produktion bieten computergestützte Verfahren zur Individualisierung der Wohnungen. Diese Verfahren bedeuten jedoch bei aller Effizienz einen gewissen planerischen Mehraufwand.

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entspricht den Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI): 1 Grundlagenermittlung, 2 Vorplanung, 3 Entwurfsplanung, 4 Genehmigungsplanung, 5 Ausführungsplanung, 6 Vorbereitung der Vergabe, 7 Mitwirkung bei der Vergabe, 8 Objektüberwachung (Bauüberwachung oder Bauoberleitung), 9 Objektbetreuung und Dokumentation.

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Eine weitere Möglichkeit zur Reduktion des Planungsaufwandes liegt in der Übergabe der Wohnungen als (veredelte) Rohbauten. Dieser Ansatz erfordert großes Eigenengagement nicht nur der Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch auf Seiten der Projektentwicklung. Er birgt jedoch auch großes Einsparpotenzial: Der Rohbau kann weitestgehend standardisiert werden und in Kombination mit den individuellen Ausbauten dennoch eine große Vielfalt unterschiedlich zugeschnittener Wohnungen erzeugen. Durch Reduktion der für die Planungsleistungen anrechenbaren Bausumme (nur Rohbau) und die Übertragung von Planungsleistungen in den Verantwortungsbereich der Nutzerinnen und Nutzer können durch Eigenleistung für die (in der Regel selbst nutzenden) Bauherrinnen und Bauherren spürbare Kostenvorteile entstehen. Genehmigungsplanung (LP 4 HOAI) Der Aufwand für die behördliche Abstimmung kann durch Serialisierung ebenfalls optimiert werden, allerdings erst für die Serienproduktion. Aufgrund des meist hohen Innovationspotenzials fällt für Prototypen durch Prüfzeugnisse für Produkte und / oder Zulassungen im Einzelfall in der Regel ein Mehraufwand an. Ausführungsplanung (LP 5 HOAI) In der Ausführungsplanung und der konstruktiven Durchbildung bietet das Prinzip der Wiederholung (Wiederkehrende Ausführungsdetails, Verwendung von seriell gefertigten Industrieprodukten) großes Einsparpotenzial. Zusätzlich kann der Planungsaufwand durch die Verwendung möglichst großer Bauteile – und damit einer Reduktion der Anzahl der zu detaillierenden Anschlusspunkte – optimiert werden (vgl. auch Kempe, Thill 2012, S. 365-368). Ausschreibung und Vergabe (LP 6 und 7 HOAI) Insbesondere für diesen Teil der Planungsleistung können sich durch frühzeitige Einbindung der Bauindustrie in die Entwicklung und vor allem durch Wiederholung spürbare Vorteile ergeben. Bauleitung (LP 8 HOAI) Im konventionellen Bauen bringt die Koordination und Überwachung der Einzelgewerke auf der Baustelle einen hohen Organisations- und Planungsaufwand mit sich. Die Verlagerung eines großen Teils der Bauarbeiten in die Fabrik birgt also nicht nur in Bezug auf die Fertigung selbst, sondern auch in Bezug auf die Koordination der Bauabläufe großes Einsparpotenzial. Objektüberwachung und -dokumentation (LP 9 HOAI) Der Erkenntnisgewinn aus dieser Leistungsphase kann für die Weiterentwicklung der Konzepte genutzt werden. 2.2 STANDARDISIERUNG DER PRODUKTION Eine Standardisierung der Produktion geht mit der Verwendung von Industrieprodukten einher und beinhaltet in der Regel

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Methoden der Vorfertigung. Bereits seit dem 19. Jahrhundert kommen auch im konventionellen Bauen überwiegend industrialisierte, vorgefertigte Produkte zum Einsatz. Ziegelsteine, Fenster- und Türprofile oder -beschläge ebenso wie Stuckelemente wurden schon vor über 100 Jahren in der Fabrik vorgefertigt, um dann auf die Baustelle geliefert und dort verarbeitet zu werden. Heute haben sich die Produkte und ihre Einsatzmöglichkeiten vervielfacht. Die Grenze zwischen konventionellem und seriellem Bauen mit Elementen ist immer schwieriger zu ziehen. Ziel der Standardisierung der Produktion ist in der Regel, die Fertigung möglichst großer Bauteile – oftmals in Kombination mit einem möglichst hohen Fertigstellungsgrad – in die Fabrik zu verlagern. Dies kann geschehen, um durch Serienfertigung einerseits Produktionskosten einzusparen und andererseits den Montageaufwand vor Ort und damit die Bauzeit zu verkürzen, also mittelbar auch Finanzierungskosten zu sparen. Vorfertigung ermöglicht aber auch, durch wetterunabhängige Produktionsbedingungen (Lufttemperatur und -feuchtigkeit) Effizienz und Präzision in der Ausführung zu erhöhen. Weiterhin können bestimmte Produktionstechniken, wie beispielsweise computergestützte Verfahren (CAD/CNC/Plot) oder der Einsatz bestimmter Materialien (VIP, Kunststoffbewehrung) überhaupt nur durch entsprechendes technisches Gerät in der Fabrik erfolgen. Schließlich werden häufig auch die Arbeitsbedingungen (Sicherheit, Temperatur) als Argument für Fabrikfertigung angeführt. Grundsätzlich ist zwischen element- und modulbasierter Vorfertigung zu unterscheiden. Erstere sieht die Fabrikfertigung meist zweidimensionaler Bauteile vor, letztere die von dreidimensionalen Raumeinheiten. In beiden Fällen kann der Grad der Vorfertigung differieren. Er reicht von der Vorfertigung einzelner Elemente (Fenster, Türen, Teile eines Baukastensystems) über Halbzeuge (Stützen, Träger, Decken, Wände im Rohbau) bis hin zu Wänden oder Modulen mit Innen- und Außenverkleidung, eingebauten Fenstern und vorbereiteter Installationsführung. Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit ergeben sich vor allem durch die Rahmenbedingungen von Transport und Montage, die abhängig von Transportweg und -art Grenzen bezüglich Gewicht, Abmessungen und Robustheit der vorgefertigten Bauteile setzen. Verfahren der Vorfertigung sind heute auch in Bezug auf ihre Gestaltung sehr flexibel einsetzbar, führen dann jedoch nicht immer zu kostengünstigen Lösungen. Denn wie in der Planung basiert Standardisierung in der Produktion auf dem Prinzip der Wiederholung und lässt sich am effizientesten im Kontext von Typung und Normung anwenden. Dies wiederum steht, wie oben erläutert, dem Wunsch nach Flexibilität der Systeme und nach Individualität der Wohnungen entgegen. Ein Versuch zur Individualisierung im Serienbau liegt in der Anwendung von Prinzipien der Mass Customization. Die hierin enthaltene Verbindung der Begriffe „Mass Production“ und „Customization“

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ließe sich in etwa mit „kundenindividueller Serienproduktion“ übersetzen. Das Prinzip basiert auf einer computergestützten Fertigungstechnik. Es entstammt der Automobil-, Möbel- und Bekleidungsindustrie und dient dem Ziel, unter Beibehaltung serieller Produktion ein individualisiertes Produkt ähnlich schnell und preiswert herzustellen wie ein standardisiertes.7 Doch auch wenn Vorfertigung im Bau durch digitalisierte Produktionstechniken heute bereits für Kleinserien und Unikate wirtschaftlich sein kann (vgl. Blocksdorf et al. 2012, S. 7), birgt ein höherer Wiederholungsfaktor ein vergleichsweise höheres Einsparpotenzial – wenn nicht primär für die Fertigung, so doch für Planung und Montage.

7 zum Diskurs über Mass Customization im Wohnungs- und Eigenheimbau vgl. Gill 2012, Gill 2010, Kuhnert, Schindler, 2001, Beck 2001, Lootsma 2001, Koolhaas 1995, S. XIX.

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3 FALLBEISPIELE 3.1. REFERENZPROJEKTE UND UNTERSUCHUNGSMETHODE Die Auswahl der Referenzprojekte erfolgte auf der Grundlage einer differenzierten Betrachtung von Möglichkeiten der Standardisierung in Planung und Produktion. Alle vorgestellten Beiträge eröffnen interessante Perspektiven auf unterschiedliche Ansätze der Standardisierung im Wohnungsbau. Die Beispiele wurden so gewählt, dass eine möglichst große Bandbreite von Ansätzen deutlich wird. Jedes der beschriebenen Projekte basiert auf unterschiedlichen Methoden der Standardisierung in Planung und Produktion, die jeweils anderen Zielsetzungen dienen. Auch der Grad der (element- oder modulbasierten) Vorfertigung variiert. Bei der Projektauswahl wurde zudem darauf geachtet, gleichermaßen Leicht- und Massivbauweisen zu berücksichtigen. Bei den gezeigten Beispielen handelt es sich zum größten Teil um realisierte Bauten, die ihre Eignung entweder durch eine bereits etablierte Serienfertigung oder doch zumindest durch die Realisierung eines Prototypen unter Beweis gestellt haben. Vereinzelt werden zudem Forschungsprojekte betrachtet, um auf noch in der Entwicklung befindliche innovative Ansätze aufmerksam zu machen. Für die Studie standen wunschgemäß aktuelle Beispiele mit hohem Innovationspotenzial im Fokus der Betrachtung. Daher wurde die Suche auf internationale Beiträge ab dem Jahr 2000 eingegrenzt. Mit Blick auf eine mögliche Übertragbarkeit für die IBA liegt der Schwerpunkt dabei auf Beiträgen aus Ländern mit einem ähnlichen Klima und vergleichbaren Wohnstandards.8 Für die Recherche wurden Publikationen zu Element- und Systembauweisen, Vorfertigung und Digitalisierung (nicht nur) im Wohnungsbau sowie aktuelle bzw. aktualisierte Standardwerke zum Wohnungsbau9 berücksichtigt. Interessante Hinweise lieferten zudem die Ausstellungen „Home Delivery. Fabricating the Modern Dwelling“10 des MoMA, „Wendepunkt(e) im Bauen. Von der seriellen zur digitalen Architektur“11 des Architekturmuseums der TU München sowie die kurz vor der Fertigstellung stehende IBA Hamburg12. Schließlich boten Vortragsreihen der TU Berlin13 und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu den Schwerpunktthemen der geplanten IBA Berlin 202014 einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion. Nach Sichtung des Materials wurde in Absprache mit der Auftraggeberin eine Vorauswahl getroffen und zu den ausgewählten Projekten Interviews mit den verantwortlichen Planerinnen und Planern und ggf. weiteren Projektbeteiligten geführt. In den Gesprächen konnten gezielte Fragen bezogen auf den Kontext dieser Studie formuliert werden. Neben detaillierten Nachfragen zur Bedeutung von Standardisierung und Serienfertigung standen vor allem die Erfahrungen und die Einschätzung der Potenziale zu den unterschiedlichen Herangehensweisen im Fokus der Betrachtung. Oftmals ergaben sich durch die Interviews neue Sichtweisen auf einzelne Aspekte des diskutierten Projektes, aber auch auf Inhalte der gesamten Untersuchung.

3.2. AUFBAU DER STECKBRIEFE Es wurden 12 Projekte ausgewählt, die in den Steckbriefen (Kap. 3.4) vorgestellt werden. Betrachtet man die Auswahl nach dem Grad der Vorfertigung, lassen sich vier Kategorien unterscheiden, die sich in der farblichen Gestaltung der Steckbriefe abbilden. Drei Bauten basieren auf Methoden weitestgehender, zumindest teilweise modulbasierter Vorfertigung. (WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, CASE STUDY # 1, SYSTEM 3). Vier Projekte nutzen sehr flexible Systeme aus vorgefertigten Halbzeugen unterschiedlicher Größe (TRIEMLI, FLEXIBLE STRUKTUREN, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE). Zwei Ansätze verwenden große vorgefertigte Bauteile aus preiswerten Industriematerialien, zum Teil aus anderen Bau-Kontexten, wie dem Industrie-, Landwirtschafts- und Gewächshausbau (HOUSING BLOCK 10, 23 DWELLINGS). Für drei Projekte spielt Vorfertigung keine Rolle: Zwei davon kombinieren einen standardisierten Rohbau mit einem nutzerindividuellen Ausbau, ein letztes benutzt standardisierte Parameter in der Planung (GRUNDBAU UND SIEDLER, TILA, PILE UP® STACK UP ®). Die Steckbriefe dienen der sachlichen Erläuterung der Fallbeispiele. Sie stellen die jeweils unterschiedlichen Formen von Standardisierung heraus, die für Planung oder Bau der vorgestellten Projekte relevant sind. Auf der Titelseite jedes Steckbriefes sind die in Planung oder Produktion standardisierten Aspekte grafisch hervorgehoben. Titel und ein Kurztext erläutern Intention und Konzeption unter den unten angeführten Kriterien (vgl. Kap. 3.3). Fünf wiederkehrende Piktogramme indizieren zudem, ob für das beschriebene Projekt primär Kostenersparnis, Zeitersparnis, Energieperformance, Flexibilität oder Vorfertigung wichtig sind (vgl. ebenfalls 3.3). Die zweite Seite enthält die wichtigsten Kenndaten des Projektes zu Standort und Realisierungszeitraum, Projektgröße, Bauweise und Baukosten15. Auch wenn die Kosten für fast alle Projekte ermittelt werden konnten, ist eine Vergleichbarkeit nur bedingt gegeben: Zum einen differieren die Erstellungskosten 8 9 10 11 12 13 14 15

zu Beiträgen für wärmere Klimazonen vgl. z.B. diverse Beiträge in HoCo 2009. Innovative Ideen für ebenfalls überwiegend wärmere Gegenden finden sich außerdem in der Dokumentation des «housing contest», einem in Mailand von Architektenverbänden und Bauindustrie ausgeschriebenen Ideenwettbewerb zu kostensparendem und energieeffizientem Bauen (www.housingcontest.com). vgl. Ebner et al. 2009: typologie+. Innovativer Wohnungsbau; Neufert, Kister et al. 2012: Bauentwurfslehre. 40. Auflage. Katalog zur Ausstellung vgl. Bergdoll 2008. Katalog zur Ausstellung vgl. Nerdinger 2010. vgl. verschiedene Publikationen der IBA Hamburg GmbH (Hrsg.) 2012. Forum Architektur: READY. Veranstalter: TU Berlin (A13) und Wüstenrot Stiftung 2012 Die gemischte Stadt gestalten: Wohnen ökonomisch bauen, IBA-Symposium in Berlin am 23.04.2012. In der Regel Kostengruppen 300 und 400 (Deutschland) oder analog (z.B. Schweiz: BKP2, etc.). Erläuterung: Kostengruppen nach DIN 276: 200 Herrichten und Erschließen, 300 Bauwerk - Baukonstruktionen, 400 Bauwerk - Technische Anlagen, 500 Außenanlagen, 600 Ausstattung und Kunstwerke, 700 Baunebenkosten.

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abhängig von Materialpreisen und Lohnniveau des jeweiligen Herstellungslandes, zum anderen sind die Berechnungsgrundlagen international verschieden. Außerdem sagen die Realisierungskosten der zum Teil prototypischen Gebäude wenig über die Produktionskosten für eine mögliche, größere Serienproduktion aus. Auf den jeweils vier darauf folgenden Seiten wird das Projekt beschrieben. Der Text fokussiert auf die jeweiligen Aspekte der Standardisierung und gliedert sich in die Abschnitte Planung, Prinzip, Produktion, Performance und Potenzial. Fotografien und Grundriss-, Schnitt-, Detail- oder Konzeptzeichnungen illustrieren den jeweiligen Ansatz. Eine weitere Grafik (jeweils Seite 3) fasst die wesentlichen Aspekte des Textes zusammen und erläutert, ob große, geringe oder keine Kosten- und Zeitersparnis in Planung und Produktion zu erwarten sind – und wie dies jeweils erreicht wird.16 3.3

KRITERIEN DER BEURTEILUNG

Da mit den unterschiedlichen vorgestellten Ansätzen ganz verschiedene Zielsetzungen verfolgt werden, ist die Einführung differenzierter Beurteilungskriterien notwendig, die im Folgenden vorgestellt werden. Diese Kriterien dienen eher einer Beschreibung als einer Bewertung der Projekte. Zeiteffizienz Zeitersparnis in Planung und Bau ist eine der Hauptintentionen in der Entwicklung des industriellen Bauens und damit sicherlich ein wichtiges Kriterium. Allerdings lassen sich für die oftmals erst prototypischen Realisierungen hier nur Vermutungen über die Leistungsfähigkeit einer potenziellen Serienfertigung anstellen. Die diesbezüglichen Grafiken in den Steckbriefen bilden ab, in welchen Bereichen von Planung und Bau Einsparungen erreicht werden können und stellen vor allem das intendierte Einsparpotenzial dar. Grundsätzlich steigt die Zeitersparnis proportional zum Grad der Vorfertigung. Interessante Ansätze hierzu finden sich vor allem in den Fallbeispielen WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, CASE STUDY #1, SYSTEM 3, HOUSING BLOCK 10 und 23 DWELLINGS. Kosteneffizienz Das Gleiche gilt für die Kostenersparnis, die unmittelbar über die industrielle Produktion und mittelbar über die Zeitersparnis (Finanzierungskosten) erreicht werden kann. Auch hier kann aufgrund des überwiegend prototypischen Charakters oftmals nur auf Potenziale für die Serienproduktion hingewiesen werden. Einige Projekte erzielen jedoch bereits Einsparungen, die als repräsentativ gelten können (WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, HOUSING BLOCK 10, 23 DWELLINGS). Mögliche Einsparungen im Bereich der Planungskosten können sich durch die übliche Kopplung der Honorarordnung (HOAI) an die Bausumme statt an den Planungsaufwand nur bedingt auf die Gesamtbaukosten auswirken (vgl. auch Kap. 2.1). Die entspre-

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chende Grafik in den Steckbriefen beziffert hier also ein eher theoretisches Einsparpotenzial. Energieeffizienz Eine mindestens ebenso wichtige Rolle für die Leistungsfähigkeit der Konzepte spielt heute ihre Energieeffizienz. Für die Bewertung sind nicht nur die Kennwerte bezüglich der Betriebs- und Instandhaltungskosten maßgeblich, sondern auch der Gesamtenergiebedarf zur Erstellung des Gebäudes – die so genannte „Graue Energie“17. Hier weisen die Gebäude in Holzbauweise eine positive Energiebilanz auf (WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, SYSTEM 3, TOP WALL). Einen besonders interessanten Ansatz stellt in diesem Kontext das System TOP WALL dar, das nach den Maßgaben der 2000-Watt-Gesellschaft entwickelt wurde. Der Begriff beschreibt ein energiepolitisches Modell, das im Rahmen des Programms „Novatlantis“ an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) entwickelt wurde. Es propagiert das Ziel einer gerechten Verteilung von Energie und damit einen ausgeglichenen Energieverbrauch für alle Menschen. Dieser dürfte im Sinne eines verantwortlichen Umgangs mit Ressourcen eine durchschnittliche Dauerleistung von 2000 Watt pro Person nicht übersteigen. Der derzeitige durchschnittliche Energieverbrauch in Westeuropa beträgt ca. 6000 Watt pro Person, ca. 50% davon werden für Bauen und Wohnen (einschließlich Mobilität am Wohnort18) verbraucht. Um dem Anspruch einer 2000-Watt-Gesellschaft gerecht zu werden, gilt es, neben einer optimalen Energie-Performance in Bezug auf die Nutzung des Gebäudes auch einen möglichst geringen Anteil an Grauer Energie für die Erstellung zu beanspruchen. Flexibilität (Varianz / Aneignungspotenzial) Auch der Begriff der Flexibilität verlangt nach weiterer Differenzierung. Er kann sich zum einen auf die Anpassungsfähigkeit eines Systems an unterschiedliche Orte beziehen, um ein Gebäude trotz Serienfertigung in Bezug auf Form und ggf. Materialität als „Unikat“ im jeweils spezifischen städtebaulichen Kontext gestalten bzw. eine typologische Vielfalt von Wohnungen anbieten zu können. Eine solche Varianz bieten vor allem die Projekte TRIEMLI, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE, FLEXIBLE STRUKTUREN und PILE UP® STACK UP®. Flexibilität im Sinne einer Adaptionsfähigkeit in der Benutzung dagegen bezieht sich auf das jeweilige räumliche und zeitliche Aneignungspotenzial für verschiedene, sich evtl. ändernde Wohnbedürfnisse. Hierzu leisten die Projekte 23 DWELLINGS, GRUNDBAU UND SIEDLER sowie TILA interessante Beiträge. 16 17 18

Zur Kostenersparnis in der Planung vgl. Kap. 2.1 und 3.3 Als graue Energie wird die Energiemenge bezeichnet, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes benötigt wird, inklusive aller Vorprodukte bis zur Rohstoffgewinnung und des Energieeinsatzes aller angewandten Produktionsprozesse. In die Energiebilanz ist auch der Aufwand für die Mobilität der Beohnerinnen und Bewohner mit einzukalkulieren. Aus diesem Grund wirkt sich innerstädtisches Wohnen bereits an sich positiv auf die Gesamt-Energiebilanz aus.

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Vorfertigungsgrad Der Grad der Vorfertigung wurde nicht als Kriterium der Beurteilung angesetzt, da er – für sich genommen – noch keine Qualität darstellt. Art und Grad der Präfabrikation stellen jedoch im Kontext dieser Studie eine wichtige Information dar und sind einer Klassifizierung und Kategorisierung der Projekte dienlich. Daher findet sich auch hierzu eine Angabe auf den Titelseiten. Innovationspotenzial und architektonische Qualität Alle Projekte verfügen über einen sehr hohen Innovationsgrad. Zur Vermeidung von Redundanzen wurde daher Innovation nicht als Index auf den Titelseiten angeführt. Zu unterscheiden allerdings sind technische und konzeptuelle Innovation – hierzu finden sich Erläuterungen in den Projektbeschreibungen. Auffällig ist, das lässt sich bereits an dieser Stelle bilanzieren, dass Projekte mit hohem technischem Anspruch oftmals konventionelle Wohnkonzepte bedienen, während innovative Wohn- und Aneignungskonzepte vielfach eine einfache Bautechnik zugrunde legen. Ebenso wenig wie Innovation wurde architektonische oder räumliche Qualität als Bewertungskriterium herangezogen. Sie war vielmehr Grundvoraussetzung für die Auswahl der Projekte.

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PROJEKTSTECKBRIEFE KRITERIEN Zeiteffizienz

Kosteneffizienz

Energieeffizienz

Flexibilität

Vorfertigungsgrad

ERSPARNIS Weiß Standardisierung für Ersparnis wesentlich Transparent Standardisierung für Ersparnis nicht wesentlich

Keine Ersparnis

Geringe Ersparnis

Große Ersparnis

STANDARDISIERUNG Weiß  Standardisierung in Planung oder Produktion wesentlich Transparent Standardisierung in Planung oder Produktion nicht wesentlich

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01 WOHNSIEDLUNG AMAGERVAELLEDVEJ GESTAPELTE REIHENHÄUSER

Kurzbeschreibung  Sehr hoher Vorfertigungsgrad zur radikalen Reduktion der Fertigungs- und Montagezeiten sowie zur Sicherung der Ausführungsqualität. (Holzständerbauweise)

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Projektdaten Wohnsiedlung Amagervalledvej Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Anzahl Wohneinheiten

53

Fassade: Holzständerbauweise vorgefertigt Rohbau: Holzständerbauweise vorgefertigt Ausbau: Leitungsführung, Wand- und Bodenbeläge weitestgehend vorgefertigt

Bauherr / Bauherrin

Größe Wohneinheiten

Bauzeit

Eigentümer / Eigentümerin

Anzahl Geschosse

Kopenhagen (DK) / 2012 ONV architects –

Jönsson

Housing Authority 3B

Bauweise

8.400 qm 5.100 qm

90 qm — 130 qm

2010 — 2012 (18 Monate für mehrere Bauabschnitte)

3 — 4 (bis zu 6 Geschosse möglich)

Baukosten KG 300/400

1.100 € pro qm BGF Energiestandard

Dänischer Standard

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Gartenansicht

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Ze i t e rs p a r n i s i n d e r P l a n u n g Der Planungsaufwand liegt durch die jeweils projektspezifische Anpassung (Topografie, Fassade, Geschosszahl, etc.) insgesamt nur geringfügig unter dem einer konventionellen Gebäudeplanung. Eine Reduktion erfolgt durch Rückgriff auf wiederkehrende Wohnungstypen und die Standardisierung gewisser Planungsparameter: die Außenabmessungen der Module, die Bäder und Küchen sowie die Konstruktionsweise und ein Teil der Anschlussdetails.

Ze i t e rs p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Eine deutliche Reduktion der Bauzeiten wird durch die weitestgehende Standardisierung der Produktionsabläufe und die Verlagerung fast der gesamten Fertigung in die Fabrik erreicht (80– 90%). Der Montageaufwand auf der Baustelle beschränkt sich auf die horizontale bzw. vertikale Anordnung der Module und ihrer Verbindung. Es verbleiben zudem geringfügige Ausbau- und Fassadenarbeiten (Fugenabdichtung, etc.).

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Kosten ersparnis in der Planung Durch die beschriebene Reduktion des Planungsaufwandes kann eine gewisse Reduktion der Planungskosten erreicht werden.

Kosten ersparnis in der Produktion Durch eine teilweise Standardisierung der Produktionsabläufe und die Verlagerung der Fertigung zu 80–90% in die Fabrik ist eine geringfügige Reduktion der Produktionskosten möglich. Weitere Kostenersparnis ergibt sich durch die kurze Montagezeit und eine dadurch mögliche Reduktion der Finanzierungskosten. Dem entgegen stehen die Kosten für Transport- und Montage.

Planung Das System baut auf einem hohen Grad an Vorfertigung auf. Ausgehend von möglichen Transportmaßen (LKW) wurden dreidimensionale, vorgefertigte Raummodule mit maximalen Außenmaßen von 4,20m*11,00m entwickelt und mitsamt Installation, Wand- und Bodenbelägen in der Fabrik vorgefertigt. Die Raummodule mit einer Wohnfläche von jeweils max. 35 qm sind stapelbar konzipiert. Sie können einzeln als kleine Apartments dienen oder – zu zwei bis drei Modulen nebeneinander oder übereinander angeordnet – zu größeren Wohnungen zusammengefügt werden. Diese werden dann wiederum in Wohngebäuden zusammengefasst, in der Regel zu zweifach oder dreifach gestapelten Reihenhäusern (4– 6 Etagen) mit Laubengang-Erschließung. Zusätzlich sind Küchen, Bäder und Heizungsinstallation als besonders kostenintensive Bereiche des Wohnungsbaus in Planung und Ausführung weitestgehend standardisiert, um Kosten zu sparen und durch hohe Stückzahlen günstige Einkaufspreise zu erzielen. Ansonsten sind die Grundrisse innerhalb der maximalen Außenmaße flexibel gestaltbar. Auch die Durchbildung der Fassaden lässt unterschiedliche Ausführungen in Materialität und Gliederung zu. Der Vorfertigungsgrad der Gebäude beträgt durchschnittlich 80– 90%. Alle bisher realisierten Projekte wurden im suburbanen Kontext „auf der Grünen Wiese“ realisiert.

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3

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Prinzip Grundsätzlich erlaubt das System innerhalb der Vorgaben (Außenmaße, Küchen, Bäder) eine große Bandbreite an Lösungen. Innerhalb eines Projektes können mehrere Wohnungstypen kombiniert werden. Auf diese Weise werden innerhalb der einzelnen Projekte unterschiedlich große Wohnungen verschiedener Standards (Größe, Zuschnitt, Kosten, Barrierefreiheit, etc.) für verschiedene Zielgruppen kombiniert. Das Referenzprojekt beispielsweise verfügt über 43 Wohnungen in 4 verschiedenen Wohnungstypen. Das System ist nach Einschätzung der Architekten grundsätzlich etwa ab einer Stückzahl von ca. 50 Wohneinheiten rentabel. Die Transportkosten innerhalb Dänemarks liegen nach Aussage von ONV architects bei etwa 800 € pro Modul, für einen Transport nach Deutschland schätzungsweise bei 2.500 €, ggf. wäre projektabhängig eine Zusammenarbeit mit Unternehmen vor Ort zu erwägen.

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2/3 4/5 6/7

Gesamtanlage Wohnungsanordnung Systemschnitt gestapelte Reihenhäuser

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Außenaufnahmen

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Produktion Die dreidimensionalen Volumen-Raummodule werden zu 80 – 90% in der Fabrik vorgefertigt. In der Regel besteht eine Wohnung aus zwei oder drei dieser Module, die wiederum in 4 – 6-geschossigen Gebäuden zusammengefasst sind. Die einzelnen Module sind in Holz-Ständerbauwiese vorgefertigt. Die ca. 40 cm dicken Außenwände enthalten bereits Fenster und Türen sowie Elektro- und Heizungsinstallation. Objekte für Küche und Badezimmer sind vollständig eingebaut oder weitestgehend vorbereitet. Die einzelnen Module werden per Schiff oder mit dem LKW zur Baustelle gebracht und dort mit Hilfe eines Krans auf bauseits erstellten Bodenplatten oder Kellern montiert. Vor Ort müssen die Module dann nur noch verfugt und einzelne Ausbau- und Fassadenarbeiten vorgenommen werden. Performance Das Modell eignet sich gleichermaßen für Miet- wie für Eigentumsmodelle. Die meisten der bereits ausgeführten Projekte

bieten eine gewisse Bandbreite an Wohnungstypen. Reihenhäuser bzw. gestapelte Reihenhäuser sind auch für private Einzeleigentümerinnen und -eigentümer sehr attraktiv. In der Regel erfolgt die Entwicklung und Realisierung der Gesamtprojekte jedoch über Inverstorinnen oder Investoren, die die Vorfertigung und Montage der großen Zahl an Wohnungen vorfinanzieren. Sehr kurze Bauzeiten vor Ort ermöglichen relevante Einsparungen bezüglich der Ffinanzierung, der Aufwand für Transport und Montage jedoch ist vergleichsweise hoch. Der energetische Standard für die Unterhaltung der Gebäude entspricht im Fallbeispiel den dänischen Richtlinien.In der Gesamtenergiebilanz sind die Vorteile der Verwendung nachwachsender Baustoffe (Holz) und der (Fabrik-)Fertigung (Optimierung der Arbeits- und Produktionsbedingungen) dem logistischen Aufwand für den Transport der Module gegenüberzustellen. Potenzial Das Büro ONV konnte bereits 9 Bauvorhaben mit einfachen Reihenhäusern und 3 Bauvorhaben mit gestapelten Reihenhäusern realisieren, ein weiteres ist in Planung. Daher sind Kosten und Praktikabilität zumindest für den skandinavischen Kontext als realistisch einzuschätzen. Der Erfolg der Bauweise basiert eher auf technischer und weniger auf konzeptueller Innovation. Bezogen auf Gestaltung und Vermarktung wird im Gegenteil auf bewährte Typologien und Strategien zurückgegriffen. Die Realisierung mit Methoden der Vorfertigung dient vor allem der Verkürzung der Bauzeit vor Ort, der Qualitätssicherung der Produkte und der effizienten Gestaltung der Bauabläufe. In Deutschland wären aufgrund der Holzbauweise im mehrgeschossigen Wohnungsbau individuelle Brandschutz-Gutachten erforderlich. 12 / 13 / 14 / 15 Produktion, Transport und Montage

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02 CASE STUDY #1 VERDICHTETER FERTIG-WOHNUNGSBAU

Kurzbeschreibung  Im innerstädtischen Kontext flexibel kombinierbare Wohneinheiten aus weitestgehend vorgefertigten Wänden, Decken und Raummodulen, Vorfertigungsgrad 80 – 100%. (Hybride Bauweise, IBA Hamburg Kategorie Smart Price House)

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Projektdaten Case Study #1 Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Anzahl Wohneinheiten

Hamburg Wilhelmsburg (D) / 2012 Fusi & Ammann, Hamburg (D) Schwörer Gruppe Kastell: Deckenelemente Schwörer Bausysteme: Beton-Fertigteile als Hohl- und Vollbetonwände für die Tragkonstruktion des Gebäudes SchwörerHaus: vorgehängte wärmegedämmte Holzfassadenelemente Schwörer Bauindustrie: Fertigbad-Module mit vorgefertigten Installationssystemen Schwörer Komplettbau: Projektbetreuung, „alles aus einer Hand“

Bauweise

1.176 qm

45 qm — 140 qm

Fassade: Beton-Fertigteile mit vorgehängten, wärmegedämmten Holzelementen Rohbau: vorgefertigte Hohl- bzw. Vollbetonwände und Spannbeton-Decken mit integrierter Fußbodenheizung Ausbau: konventionelle Bauweise, Fertigbad-Module

Anzahl Geschosse

Bauzeit

550 qm 6

Größe Wohneinheiten

4

12/2011 — 08/2012 (6 Wochen Rohbau + 6 Wochen Ausbau angestrebt) Baukosten KG 300/400

1.411.200 (600 € Rohbau + 600 € Ausbau pro qm BGF angestrebt) Energetischer Standard

KfW-Effizienzhaus 55 (EnEV 2009)

Bauherr / Bauherrin

SchwörerHaus

Eigentümer / EIgentümerin

Einzeleigentümer und -eigentümerinnen

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Gartenansicht

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Die Reduktion des bautechnischen Planungsaufwandes erfolgt durch Rückgriff auf im Einfamilienhausbau bewährte Produkte und Fertigungsmethoden. In Bezug auf die Grundrisse erleichtert die Anwendung eines modularen Systems die Planung.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Durch umfangreiche element- und modulbasierte Vorfertigung können Bauzeiten deutlich verküzt werden.

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Kostenersparnis in der Planung Durch den Einsatz von bewährten Produkten und Fertigungsprozessen aus dem Eigenheimbau sind Vorteile im Planungsprozess zu erwarten. Damit verbundene EInsparungen können jedoch durch die hohen Overhead-Kosten des kommerziellen Anbieters nur zum Teil an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden.

Kostenersparnis in der Produktion Durch den Einsatz von im Einfamilienhaus bewährten Produkten und Fertigungsmethoden sind hier Preisvorteile zu erwarten. Durch die kurzen Bauzeiten können zudem mittelbar Finanzierungskosten gespart werden.

Planung Das System basiert auf horizontal und vertikal kombinierbaren Wohnmodulen mit einer Grundfläche von jeweils ca. 45 qm, die wie im Einfamilien-Fertighausbau aus großen, vorgefertigten Wänden und zum Teil sogar dreidimensional vorgefertigten Raumeinheiten errichtet werden. Durch Zusammenschalten der Wohnmodule entstehen unterschiedliche, auch geschossübergreifende Wohnungszuschnitte, die zu verschiedenen innerstädtischen Wohnhaustypologien (Blockrandbebauung, verdichtete Stadtgewebe, Reihenhausbebauung, freistehendes Mehrfamilienhaus) zusammengefügt werden können.

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Typologisches Konzept Grundelemente

Kompositionsmöglichkeiten Vorfabrizierte Betonelement Erschliesung - Haustechnick

Typologisches Konzept

2

Vorfabrizierte Holzelement Wohnen - Arbeiten - Schlafen

Grundelemente

Kompositionsmöglichkeiten

Vorfabrizierte Betonelement Typologische Struktur Kompositionsmöglichkeiten Erschliesung - Haustechnick

nt

ck Vorfabrizierte Holzelement Wohnen - Arbeiten - Schlafen

Typologische Struktur

fen

eil eines

Montage Stadthaus in Blockstruktur

Stadthaus als Solitär

Kompositionsmöglichkeiten eilen und das kollektive eil eines

3

Montage Stadthaus in Blockstruktur

Stadthaus als Solitär

Ausstattung garantieren

Stadthaus als Solitär eilen und das kollektive

orfabrizierung mit massiven erbundsystemen umgesetzt Ausstattung garantieren

orfabrizierung mit massiven erbundsystemen umgesetzt

4

Typologisches Konzept

Stadthaus als Solitär

Grundelemente

Kompo Vorfabrizierte Betonelement Erschliesung - Haustechnick

6 Vorfabrizierte Holzelement Wohnen - Arbeiten - Schlafen

Typologische Struktur 5

Prinzip Die als „Mikro-“, „Meso-“ und „Makrolofts“ bezeichneten Wohnungen sind aus 1– 4 Wohnmodulen horizontal und / oder vertikal zusammengesetzt. Sie sind klar strukturiert, minimal gestaltet und können flexibel genutzt werden. Mit Ausnahme der als Raumeinheit bereits dreidimensional vorgefertigten Badeeil eines zimmer gibt es zunächst keine abgeteilten Innenräume. Diese können aber auf Wunsch eingebaut werden. Ansonsten dienen allein Möbel und/oder Schiebeelemente zur Definition unterschiedlicher Raumbereiche. Auch der Trockenbau-Schacht, der alle haustechnischen Installationen bündelt, eilengliedert und das die kollektive Wohnfläche räumlich. Die als FlyingSpaces bezeichneten Mini-Apartments auf dem Dach des Gebäudes sind zu 100% vorgefertigt. Ausstattung garantieren

Montage 7Stadthaus

2/3/4/5 6 7

in Blockstruktur

Komponenten (vorgefertigte Treppenkerne und Wohnmodule) und Kompositionsmöglichkeiten Grundrisse Typologische Struktur

Stadtha

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Straßenansicht

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Produktion Das System überträgt Technologien, die heute im EinfamilienFertighausbau Standard sind, auf ein mehrgeschossiges innerstädtisches Wohngebäude. Für die Wände, Decken und Fassaden kommen vorgefertigte Elemente mit Abmessungen von 12,5 m Länge und ca. 3 m Höhe (je Element) zum Einsatz. Die Wände sind je nach statischer oder konstruktiver Erfordernis als Hohl- und Vollbetonwände ausgeführt. Fenster und Türen ebenso wie Wasser- und Elektroinstallationen werden weitestgehend im Werk eingebaut. Die Deckenkonstruktion besteht aus Spannbeton-Fertigdecken. Die Fassade aus Betonelementen mit vorgehängter wärmegedämmter Holzkonstruktion entspricht den deutschen Brandschutztanforderungen. Die Badezimmer und die FlyingSpaces (max. 4,35 m x 12,50 m x 4,00 m) auf dem Dach werden als 3D-Raummodule komplett vorgefertigt auf die Baustelle geliefert. Alle Fertigteile sind von Unternehmen der Schwörer Gruppe entwickelt und gefertigt. Auf der Baustelle fallen nach Montage der Elemente noch wenige Ausbauarbeiten an (Verfugen der Fassade, Verlegen der Fußbodenbeläge, Malern der Wände und Decken). Im vorgeschalteten Wettbewerbsverfahren gingen die Projektverantwortlichen von Bauzeiten von jeweils 6 Wochen und

Baukosten von jeweils 600 Euro / qm BGF für Rohbau und Ausbau aus (gesamt 1.200 Euro / qm BGF). Eine Bilanz der tatsächlich angefallenen Baukosten und -zeiten lässt sich erst nach Fertigstellung ziehen. Performance Sowohl aus dem Konzept der kombinierbaren Raummodule (Standardisierung in der Planung) als auch aus der sehr weit gehenden Vorfertigung auf der Grundlage bewährter Produktionsmethoden aus dem Eigenheimbau ergeben sich vielfältige Lösungsansätze, um Vorfertigung zeit- und kostensparend auch im verdichteten innerstädtischen Wohnungsbau anwenden zu können. Potenzial Daten über den tatsächlichen Zeit- und Kostenrahmen liegen noch nicht vor, da sich das Gebäude noch im Bau befindet. Doch selbst wenn die angestrebten Größen für den Prototypen nicht eingehalten werden können, sieht die Firma SchwörerHaus großes Potenzial für die Serienfertigung und möchte auf der Grundlage dieses Ansatzes weitere Projekte realisieren. 9 / 10

FlyingSpaces Grundrissvarianten und Lieferung

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03 SYSTEM 3 STAPELBARES WOHNMODUL

Kurzbeschreibung  Kombination eines komplett vorgefertigten, dreidimensoíonalen Moduls mit einem elementbasierten System aus großen, vorgefertigten Wand- und Deckenscheiben, verschiffbar in Industriecontainern. (Holzmassivbauweise)

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1

Projektdaten System 3 (Prototyp MoMA) Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

NY (NY) / 2008 (Prototyp) Oskar Leo Kaufmann Albert Rüf Ziviltechniker GmbH Dornbirn (A) Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Kaufmann Zimmerei Tischlerei, Reuthe (A) Bauherr / Bauherrin

MoMA (NY)

Eigentümer / Eigentümerin

ZT GmbH (A)

ca 60 qm für 2 Module 48 qm für 2 Module Anzahl Wohneinheiten

1

Bauweise

Fassade: Holz-Massivbau Rohbau: Holz-Massivbau Ausbau: Holz-Massivbau Bauzeit

Montage der Einheit auf die vorbereiteten Auflager: 4,5 Stunden

Größe Wohneinheiten

möglich: 48 qm 84 qm 120 qm 156 qm

Baukosten KG 300/400

270.000 € (netto)

Energetischer Standard

Anzahl Geschosse

1 pro Modul (stapelbar)

1

für den Prototypen keine Wärmedämmung Grundsätzlich ist die Anpassung an ortsübliche Standards möglich

Prototyp Ausstellung „Home Delivery“ (MoMA 2008)

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Die Entwicklung des Prototypen für die Ausstellung „Home Delivery“ MoMA NY erfordert einen hohen Planungsaufwand. Dafür entfällt für die Serienfertigung des Moduls die Planungsphase komplett – mit Ausnahme der Arbeit für die behördlichen Genehmigungen und, wenn gewünscht, einer spezifischen Anpassung der Fassadengestaltung, Oberflächen und Einbauelemente.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Durch weitestgehende Standardisierung der Produktionsabläufe und Verlagerung der gesamten Fertigung in die Fabrik kann der Produktionsaufwand stark reduziert werden. Ein minimaler Montageaufwand auf der Baustelle verbleibt durch die Kombination modularer und elementbasierter Vorfertigung. Diese wurde zugunsten einer Optimierung des Transportaufwandes gewählt.

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Kostenersparnis in der Planung Die Planungskosten für die Serienfertigung beschränken sich auf behördliche Abstimmungen und, wenn gewünscht, eine spezifische Anpassung der Fassadengestaltung, Oberflächen und Einbauelemente.

Kostenersparnis in der Produktion Durch den hohen Ausstattungsstandard ist für die Produktion selbst lediglich eine geringe Ersparnis zu erwarten. Großes Einsparpotenzial liegt jedoch in der radikalen Reduktion der Bauzeit und eine dadurch mögliche Reduktion der Finanzierungskosten.

Planung System 3 ist einer von fünf Beiträgen, die im Jahr 2008 im Rahmen der Ausstellung „Home Delivery“ im Hof des Museum of Modern Art in New York als Prototypen realisiert wurden. Die Planung sieht eine sehr weitgehende Vorfertigung horizontal wie vertikal kombinierbarer Raummodule vor, deren Außenmaße so berechnet sind, dass sie in Industriecontainern verschifft und auf diese Weise sehr einfach und kostengünstig transportiert werden können.

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Prinzip Der Prototyp besteht jeweils aus einer komplett vorgefertigten „service unit“ und einer ebenso großen „naked space unit“, die – in wenige große Wandteile zerlegt – in demselben Container mit verschifft wird. Die „service unit“ enthält alle Leitungen und Installationen für Küche und Bad sowie Einbaumöbel, die Anschlüsse an eine mögliche Vertikalerschließung sind vorbereitet. Die zweite Einheit besteht aus drei Seitenwänden mit bereits eingebauten Fenster- und Türelementen, Decke und Fußboden und umschreibt einen nicht weiter untergliederten Wohnraum. Die zwei Einheiten werden horizontal zu einer Wohnung mit 48 qm verbunden, durch die Addition weiterer „naked space unitsˮ ergäben sich auch größere Wohnungen mit 84 qm, 120 qm und 156 qm. Die Module sind stapelbar konzipiert. Die Statik des Prototypen ist auf drei Geschosse ausgelegt, es sind jedoch theoretisch auch größere Geschosszahlen möglich. Bis zu sieben Geschosse hält das Planerteam für realistisch. Aufgrund der sehr geringen Breite der Service-Einheit ist die Anordnung der Funktionsbereiche und Einbaumöbel dort bereits optimiert und festgelegt. Alle übrigen Räume sind frei und offen angelegt. Während die einzelnen Module in ihrer Kubatur nicht veränderbar sind, lässt die Stapelung unterschiedlich kombinierter Einheiten durchaus vielfältige Möglichkeiten zu.

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Baukasten bestehend aus 3D-Modul und 2D-Elementen Wohnmodul fertig montiert Anordnung horizontal und vertikal

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Montage Innenraum

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Produktion Der Prototyp besteht aus Massivholzelementen für Wände und Decken mit maximalen Abmessungen von 2,88 m auf 11,64 m. Auf diese Weise kann jedes Element in einem Stück gefertigt werden. Mit CNC Technik wurden für den Prototypen regelmäßige runde Öffnungen gefräst und Glaszylinder eingesetzt. Es sind jedoch auch rechteckige oder frei wählbare Öffnungsformen möglich, in die entsprechend gefertigte Fenster- und Türelemente bereits im Werk eingebaut werden. Einbaumöbel (im Prototyp aus Edelstahl), Leitungen, Elektroinstallation und Leuchten der „service-unit“ sind ebenfalls Bestandteil der Vorfertigung. Das verwendete Holz sollte mit dem Ziel kleiner Produktionskreisläufe aus örtlichen Beständen stammen. Fassade und Dach sind durch einen speziell geschichteten Anstrich witterungsbeständig behandelt, Farben sind frei wählbar. Wärmedämmung wird abhängig von den thermischen Erfordernissen dimensioniert ebenfalls im Werk eingebracht. Alle Bauteile passen in einen Industriecontainer, der Aufbau der Einheiten vor Ort auf die vorbereiteten Auflager dauerte im Fall des Prototypen 4,5 Stunden. Performance Die voll ausgestattete Wohneinheit kann sofort nach dem Aufbau bezogen werden. Sie ist innerhalb des Systems erweiterbar und damit in den erwähnten Abstufungen auch auf zeitliche Sicht flexibel. Damit eignet sich das Modell sowohl für kurzfristige als auch für langfristige Miet- oder Eigentumsverhältnisse. Die kurze Montagezeit erlaubt eine Errichtung auch auf schwer zugänglichen oder innerstädtischen Grundstücken, hier stößt das System jedoch durch seine starre Geometrie an Grenzen.

Potenzial Die Kombination einer komplett vorgefertigten Box („service unit“) und weiteren vorgefertigten Elementen („naked elements“) verbindet die Vorteile der von modul-basierter Vorfertigung (komplette Vorfertigung, kurze Aufbauzeiten vor Ort) mit der Flexibilität und den Transport-Vorteilen von element-basierten Systemen. Der Prototyp besitzt als Exponat der Ausstellung „Home Delivery“ einen sehr hohen Ausführungsstandard, woraus die vergleichsweise hohen Baukosten resultieren. Grundsätzlich sind jedoch auch einfachere Ausführungen denkbar. Bisher fand sich kein Investor, um das das System in einem größeren Kontext mit gestapelten Einheiten zu erproben. 10

Lieferung

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04 WOHNSIEDLUNG TRIEMLI FASSASDENSYSTEM

Kurzbeschreibung  Gestalterisch anspruchsvolles und langlebiges, hoch differenziertes Fassadensystem aus tragenden und nicht tragenden Beton-Sandwich-Elementen, basierend auf computerbasierte Fertigung. (Beton-Vorhang- und Sandwich-Bauteile)

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Projektdaten Wohnsiedlung Triemli Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Zürich (CH) / 2011 von Ballmoos Krucker Architekten, Zürich (CH) Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Fassade: Element AG , Veltheim Bauherr / Bauherrin

Baugenossenschaft Sonnengarten, Zürich Eigentümer / Eigentümerin

Baugenossenschaft Sonnengarten, Zürich

Bauweise

35.800 qm

Tragstruktur: Ortbeton Treppen und Liftkerne: Beton-Fertigteilbau Fassade: Beton-Fertigteilbau

19.500 qm (nach SIA) Anzahl Wohneinheiten

192

Größe Wohneinheiten

Bauzeit

1,5 Zi-Whg (8): 41 — 58 qm 2,5 Zi-Whg (41): 65 — 76 qm 3,5 Zi-Whg (42): 88 — 98 qm 4,5 Zi-Whg (69): 104 — 116 qm 5,5 Zi-Whg (32): 27 — 138 qm Pfegewohnung mit 9 Plätzen, Gemeinschaftsräume Anzahl Geschosse

6 — 7

2008 — 2012 inkl. Abriss der bestehenden Siedlung 11/2009 — 12/2010 Rohbau und Fassade (zeitgleich) Baukosten KG 300/400

58.825.000 € (CHF 70.870.000) Energetischer Standard

Minergiestandard

1 Gesamtanlage Innenansicht

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Aus dem hohen gestalterischen Anspruch resultiert ein Planungsaufwand, der trotz der Anwendung digitaler Planungs- und Fertigungsmethoden etwa dem einer konventionellen Gebäudeplanung entspricht. Das gilt aufgrund des hohen Individualisierungsgrades des Systems voraussichtlich auch für evtl. Folgeprojekte. Eine Optimierung der Planung erfolgt durch wiederkehrende Wohnungstypen und durch die Standardisierung der Anschlussdetails der Fassade. Hoher Aufwand entfiel auf die Entwicklung des Fassadensystems in enger Zusammenarbeit mit der Bauindustrie.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Eine Reduktion des Montageaufwandes wird durch den Einsatz großer vorgefertigter Elemente erreicht. Durch den zeitgleichen Einbau der Fertigteile mit dem konventionell erstellten Rohbau resultiert daraus jedoch nur eine geringe Zeitersparnis.

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Kostenersparnis in der Planung Der Planungsaufwand lässt durch den hohen gestalterischen Anspruch und den Individualisierungsgrad der „Serie“ keine Kostenersparnis im Bereich der Planung erwarten.

Kostenersparnis in der Produktion Aufgrund des bautechnisch und gestalterisch sehr hohen Ausführungsstandards sind in Herstellung und Montage keine Preisvorteile zu erwarten, wohl aber für Unterhalt und Pflege des Gebäudes (Nachhaltigkeit).

Planung Die unregelmäßige Baukörperform der 6 – 7-geschossigen, mehrfach geknickten Gebäudeschlangen ist städtebaulich motiviert und ergibt sich aus den besonderen Anforderungen des abfallenden Grundstücks an einer stark befahrenen Straße. Will man für die Realisierung einer derart komplexen Gebäudeform auf vorgefertigte Elemente zurückgreifen, erfordert dies die Entwicklung eines hoch differenzierten Systems. Die Entscheidung zugunsten der Verwendung einer energetisch leistungsfähigen Beton-Fertigteilfassade fiel aufgrund von Erwägungen bezüglich der Nachhaltigkeit des Gebäudes in Kombination mit einem hohen gestalterischen Anspruch: Die Planerinnen und Planer erhoffen sich eine gegenüber einer hochgedämmten Putzfassade langlebigere Lösung, die aufgrund ihrer Materialität und ihrer patinierten Oberfläche keinen weiteren Unterhaltungsaufwand in konstruktiver wie ästhetischer Hinsicht erfordert.

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Prinzip Vorgefertigte Sandwichpaneele bilden die Hauptelemente der Fassade. Insgesamt kamen ca. 3.000 einzelne Elemente in 600 verschiedenen Typen zum Einsatz. Die große Anzahl unterschiedlicher Bauteiltypen ergibt sich aus den Sonderformaten für die Gebäudeecken und für die an das stark modulierte Gelände anschließenden Sockelgeschosse. Letztere wurden baukonstruktiv bedingt zudem als vorgehängte Fassadenteile ausgeführt – im Gegensatz zu den tragenden SandwichElementen in den Obergeschossen. Die Elemente fügen sich zu einem Fassadenrelief, das tragende und lastende Bauteile strukturell voneinander abhebt. Für die Oberfläche des Betons ergibt sich durch eine gerillte Struktur und wechselnde Farbtöne von rötlich-beige bis schwarz eine unregelmäßige Patina. Das Wohnungsangebot bedient ein großes Spektrum von kleinen 41 qm großen 1,5-Zimmerwohnungen bis zu 138 qm großen 5,5-Zimmer-Wohnungen in unterschiedlichen Varianten. Als Zielgruppe nennt die Bauherrin vor allem Familien. 2/3 4/5 6

Luftbild / Lageplan Regelgrundriss / Fassadenabwicklung Bauteilfügung

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Fassadenelemente Innenräume

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Produktion Die vorgefertigten Fassadenelemente sind als Sandwichkonstruktion mit tragenden, wasserführenden und wärmedämmenden Schichten ausgebildet. Nur im Sockelbereich griff man aus Gründen der Abdichtung auf vorgehängte Bauteile zurück. Die Fertigteile wurden von der Element AG mit Toleranzen von maximal 15 mm vorgefertigt. Sie wurden frühzeitig hergestellt und auf dem Werksgelände (Veltheim) bis zum Abruf durch den Bauleiter gelagert, um dann zeitgleich mit dem Rohbau versetzt zu werden. Der Anteil der Präfabrikation beschränkt sich auf die Fassade, Liftkerne und Treppenläufe. Fenster und Fugenabdichtung wurden nachträglich eingebracht. Auch der Innenausbau erfolgte in konventioneller Bauweise. Performance Die hohe gestalterische Qualität zieht sich durch alle Maßstäbe der Bearbeitung von der städtebaulichen Disposition bis ins Detail der Bauteilfügung, die energetische Leistungsfähigkeit und die Präzision des Systems sind ausgeprochen hoch. Dieser Anspruch führte allerdings zu relativ hohen Baukosten (2.900 € / 3.503 CHF Gesamtbaukosten pro qm Wohnfläche). Durch die zeitliche Kopplung an einen konventionellen Bauprozess für den Rohbau und die anschließend anfallenden Ausbauarbeiten sind auch die Möglichkeiten der Zeitersparnis gering. Mit Mieten zwischen umgerechnet 1.077 € (1.300 CHF) für eine 2,5-Zimmer-Wohnung bis zu 2.117 € (2.550 CHF) für eine 5,5-Zimmer-Wohnung entsprechen die Mieten dem Durchschnitt für vermietete Neubauten in städtischen Gebieten der Schweiz (http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/ index/themen/05/06/blank/key/einfuehrung.html, 11.11.2012). Nach Aussage der Projektverantwortlichen entspricht die Belegung mit Bewohnern aus dem Kreis des medizinischen und des Pflegepersonals der nahe gelegenen Klinik und überdurchschnittlich vielen Akademiker(-familie)n – darunter auch einige Architektinnen und Architekten – einer für Genossenschaften eher untypischen Klientel. Durch die hochwertige Gestaltung der Gebäude konnten neue Interessentengruppen für das bewährte Wohn- und Eigentumsmodell der Genossenschaft gewonnen werden.

13

Potenzial Das System stellt eine Weiterentwicklung des Fassadensystems der Wohnbebaung Stöckenacker desselben Architekturbüros dar. Die dort noch flächenbündig gefügten Fassadentafeln wurden nun in ein strukturell stärker gegliedertes System aus tragenden und lastenden Bauteilen übersetzt. Die Stärken des Fassadensystems liegen in seiner gestalterischen Durchbildung und in seiner Flexibilität sowohl in Bezug auf die Form als auf auch die Oberflächenbeschaffenheit der einzelnen Bauteile. Kosten- und Zeitersparnis lassen sich in der im Referenzprojekt angewandten Verbindung mit konventionellen Bauweisen für die Roh- und Ausbaugewerke nicht erreichen, wohl aber eine hohe gestalterische und baukonstruktive Ausführungsqualität. Mögliches Einsparpotenzial könnte in einem weiter reichenden Einsatz vorgefertigter Bauteile über das Fassadensystem hinaus liegen. 11 / 12 / 13 Fassadenelemente Montage

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05 TOP WALL MASSIVHOLZ-SYSTEMBAUWEISE

Kurzbeschreibung  Nachhaltiges, ganzheitliches Energiekonzept nach den Richtlinien der 2000-Watt-Gesellschaft in Verbindung mit hohen gestalterischen und räumlichen Standards, moderate Vorfertigung. (Holzmassivbauweise)

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Projektdaten Wohn- und Geschäftshaus Badener Str. Standort / Jahr

Zürich (CH) / 2010

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Anzahl Wohneinheiten

pool Architekten (Mathias Heinz) Top Wall (Urs Frei, Hermann Blumer), Waldstatt Bauherr / Bauherrin

Baugenossenschaft Zurlinden Eigentümer / Eigentümerin

Baugenossenschaft Zurlinden

Bauweise

13.876 qm

Fassade: Tragstruktur: Holz-Massivbau Verkleidung: Faserzement Rohbau: Sockelgeschoss/Tiefgarage: Ortbeton Obergeschosse: Holz-Massivbau Ausbau: Gipskarton/Putz

7.050 qm 54

Größe Wohneinheiten

2.5 Zi-Whg (24): 65 — 75 qm 3.5 Zi-Whg (21): 85 — 88 qm 4.5 Zi-Whg (6): 98 qm 5.5 Zi-Whg (3): 132 qm Anzahl Geschosse

2 (Sockel Massivbau/Ortbeton) + 6 (Top Wall)

Bauzeit

gesamt: 2008 — 2010 (18 Monate) Obergeschosse: Montage Holzbau 9 Wochen, Fertigung Bohlen 8 — 9 Wochen Baukosten

Gesamtbaukosten Wohnen 3.240 € (3.900 CHF) pro qm Wohnfläche (Gesamt-Investitionsvolumen Gebäude 27.800.000 € (33.500.000 CHF) Energetischer Standard

nach Vorgaben der 2000 Watt Gesellschaft 1

Straßenansicht

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Der Planungsaufwand entspricht in etwa dem einer konventionellen Gebäudeplanung. Das gilt aufgrund des hohen Individualisierungsgrades des Systems voraussichtlich auch für evtl. Folgeprojekte. Eine Optimierung des Aufwandes erfolgt durch wiederkehrende Wohnungstypen und durch die Standardisierung der Anschlussdetails. Die Entwicklung des sehr einfachen Systems erfolgte mit relativ geringem Aufwand in Zusammmenarbeit mit örtlichen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Die kleinformatigen Holz-Fertigelemente für das Wandsystem sind einfach herzustellen und auch für den Einbau leicht zu handhaben: Sie ermöglichen eine rasche Montage ohne aufwendige Baustellen-Infrastruktur. Dadurch lässt sich der Rohbau schnell, einfach und ohne Trocknungszeiten errichten. Es verbleibt jedoch ein vergleichsweise hoher Fertigungsaufwand für die Ausbaugewerke auf der Baustelle.

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Kostenersparnis in der Planung Da Vorfertigung nur für die tragenden Wandschichten eine Rolle spielt, bleiben Planungsaufwand und damit Planungskosten konventionellen Bauweisen vergleichbar.

Kostenersparnis in der Produktion Durch die einfache Produktion und Montage ergeben sich günstige Herstellungspreise. Für Produktion und Montage sind weder spezifisches Fachwissen nach besondere Werkbedingungen erforderlich, wodurch der Wettbewerb (in der Region ansässiger) KMU gefördert wird. Durch die anschließende Verkleidung der Fertigteile können auch minderwertige Hölzer verbaut werden.

Planung Ziel bei der Planung und Umsetzung dieses Projektes war es, im Sinne der 2000-Watt-Gesellschaft (vgl. hierzu Kap. 3.3) den Gesamt-Energieverbrauch für die Errichtung und das Bewohnen des Gebäudes zu reduzieren. Für diese Bilanz wird neben dem Energieverbauch für Heizung und Strom auch der Aufwand für die Mobilität der Bewohnerinnen und Bewohner sowie für die Errichtung des Gebäudes berücksichtigt, also auch für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung der Baustoffe inklusive aller Vorprodukte und des Energieeinsatzes aller angewandten Produktionsprozesse. Das hier besprochene Referenzprojekt mit sechs Wohngeschossen in Holzbauweise ist das erste Gebäude, das in Zürich nach den Richtlinien der 2000-Watt-Gesellschaft errichtet wurde. Es ist individuell im städtischen Kontext geplant. Als Konstruktionssystem kommt ein Massiv-Holzbausystem mit dem Namen „Top Wall“ zum Einsatz, das auf der Vorfertigung raumhoher Holzbohlen und hölzerner Schwellen und Stürze beruht, die auf der Baustelle gefügt werden. Das System ist ähnlich flexibel wie das Bauen mit Ziegelsteinen, weist aber eine deutlich bessere Energiebilanz auf: nicht nur in Bezug auf die Dämm-Eigenschaften, sondern auch auf die Herstellung (nachwachsender Rohstoff, CO2-Bilanz) und die Verarbeitung auf der Baustelle (Größe und Gewicht).

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Prinzip Der Wohnungsbau mit insgesamt 54 eher kleinen Wohneinheiten (2,5 und 3,5 Zimmer) ging aus einem Wettbewerb hervor. Es kommen überwiegend 2, insgesamt 4 verschiedene Wohnungstypen zum Einsatz. Das System ist jedoch so flexibel angelegt, dass es sich grundsätzlich für viele Bauaufgaben im Wohnungsbau in innerstädtischen Lagen ebenso wie am Stadtrand eignet. 2 3 4

Regelgrundriss und Systemschnitt Lageplan Konstruktionssystem

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Rückansicht / Fassadenelemente / Innenraum

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Produktion „Top Wall“ ist ein Massivholz-Bausytem aus stockwerkshohen Holzbohlen mit einem Querschnitt von 10 auf 20 cm. Die 10 cm dünnen Massivholzwände werden konventionell gedämmt und verkleidet (Wandstärke insgesamt ca. 40 – 50 cm) und sind sehr tragfähig. Bis zu 20-geschossige Gebäude halten die Entwickler ����������������������������������������������� Urs Frei (auch Vorstand der Bauherrin Baugenossenschaft Zurlinden) und Hermann Blumer für möglich. So ergaben Versuche an der Berner Fachschule Architektur, Holz und Bau viermal höhere Stabilitätswerte als die einer konventionellen Wand aus Ziegelsteinen. (http://www.bgzurlinden.ch/ html/fileadmin/user_upload/PDFs/Medien/Medienmitteilungen/ Sihlbogen/Faktor__240kb_.pdf) Die Abmessungen der Bohlen resultieren aus den üblichen Stammdicken des Nutzholzanbaus: aus einem Fichtenstamm können jeweils zwei Bohlen gesägt werden. Da der Holzbau als solcher nicht in Erscheinung tritt, kann auch minderwertiges Holz mit Ästen und Rissen verwendet werden. Die Hölzer kommen aus der Region, die Entfernung zum Fertigungsbetrieb bzw. zur Baustelle sollte unter 20 km liegen. Die Holzbohlen können ohne Kran von einer Person auf der Baustelle montiert werden. Im konkreten Fallbeispiel wurde täglich ein Geschoss durch drei Zimmerleute errichtet. . Da auch kleine Handwerksbetriebe (vor Ort) zur Fertigung in der Lage sind, erhöht das System die Möglichkeit zur Einbindung regionaler Betriebe und reduziert die Abhängigkeit von der Bauindustrie, wirkt also einer Monopolbildung mit entsprechender Preisentwicklung entgegen. Im konkreten Fallbeispiel arbeitete man mit kleinen und mittleren Betrieben aus Zürich und Umgebung zusammen. Performance Durch die wenigen Produktionsschritte, die kurzen Kreisläufe und den geringen Transportaufwand ist ein energetisch höchst nachhaltiges innerstädtisches Gebäude entstanden, das hohen gestalterischen Ansprüchen genügt. Energetische Nachteile entstehen durch die lange Fassadenabwicklung, bedingt durch die Vor- und Rücksprünge der Gebäudekubatur. Diese waren nötig, um damit den extrem tiefen Zuschnitt der Parzelle zu bewältigen und private Ausblicke, Außenbereiche und Durchwohnen zu ermöglichen. Die energetischen Nachteile wurden zugunsten der Wohnqualität bewusst in Kauf genommen.

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Potenzial Der Ansatz basiert auf einem vielschichtigen und umfassenden Verständnis von Nachhaltigkeit, das sich durchaus auf den Berliner Kontext übertragen ließe. Das System ist nicht unbedingt kostensparend, ermöglicht aber kurze Montagezeiten und ist in vielerlei Hinsicht energieeffizient. Die Erfahrungen der Architektinnen und Architekten mit der Bauweise und die Einschätzung ihrer Zukunftsfähigkeit sind sehr positiv. Die Bauherrin errichtet gerade ein Folgeprojekt in derselben Bauweise. In Deutschland wären für mehrgeschossige Wohngebäude in Holzbauweise individuelle Brandschutz-Gutachten erforderlich.

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Rohbau Holzmassivbau

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06 ULTRADÜNNE BETONELEMENTE GROSSTAFELBAUWEISE

Kurzbeschreibung  Ultradünne, hochisolierte, tragende Beton-Sandwichelemente zur Reduktion der Konstruktionsfläche und damit zur effizienteren Ausnutzung von Grundstücksflächen z.B. in teuren Innenstadtlagen. (Betonsandwichelemente, Forschungsprojekt)

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Projektdaten Prototyp Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Werksgelände Prelco, Genf (CH) / 2012 Bassi Carella Architectes Andrea Bassi Roberto Carella Stefano Marello Bruno Duarte Thierry Voellinger Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Wärmedämmung: Swisspor Beton: Prelco Produktion der Sandwichelemente: Prelco

557 qm (davon 178 qm UG) 375 qm

Anzahl Geschosse

2

Bauweise

Rohbau: Beton-Fertigteile Ausbau: überwiegend Beton-Fertigteile Fassade: Beton-Sandwich-Elemente Bauzeit

Produktion: 1 Element pro Tisch und Tag, entsprechend der Ausstattung des Werkes derzeit 35 Elemente pro Tag

Anzahl Wohneinheiten

1

Größe Wohneinheiten

375 qm

Baukosten KG 300/400

2.150.000 € (brutto) Energiestandard

Minergie P

Bauherr / Bauherrin

Prelco Entwickler: Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Förderagentur des Bundes KTI (CH) Eigentümer / Eigentümerin

privat

1

Außenansicht Prototyp

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Hoher Aufwand entfällt auf die Entwicklung des Fassadensystems in Zusammenarbeit mit der Bauindustrie und universitären Forschungseinrichtungen. Aus dem hohen gestalterischen Anspruch und dem Individualisierungsgrad der „Serie“ resultiert ein Planungsaufwand, der trotz Anwendung digitaler Planungs- und Fertigungsmethoden etwa dem einer konventionellen Gebäudeplanung entspricht. Das gilt aufgrund des hohen Individualisierungsgrades des Systems voraussichtlich auch für evtl. Folgeprojekte. Standardisierte Wohnungstypen und Anschlussdetails der Fassade können die Planung vereinfachen.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Durch den Einsatz der Großtafelbauweise für Fassade und Gebäudestruktur reduziert sich der Fertigungs- und Montageaufwand beträchtlich. Allerdings handelt es sich bei den Fertigteilen um Halbzeuge, so dass für die Ausbaugewerke noch Montageaufwand auf der Baustelle verbleibt.

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Ko stenersparnis in der Planung Aufgrund des hohen gestalterischen Anspruchs werden Einsparungen durch eine Reduktion der Fügungsdetails und deren standardisierte Durcharbeitung zum Teil wieder aufgehoben.

Kostenersparnis in der Produktion Aufgrund des bautechnisch und gestalterisch sehr hohen Ausführungsstandards und des durchgängigen Einsatzes sehr hochwertiger Materialien sind in Herstellung und Montage keine Preisvorteile zu erwarten. Diese können sich allerdings aus der optimierten Grundstücksausnutzung durch Verschlankung der Konstruktion und damit einem höheren Ertrag an Wohnfläche ergeben.

Planung Flächensparendes Bauen spielt im Kontext der Verdichtung von Städten eine zunehmend große Rolle. Unter der Maßgabe energetischer Standards verlangen die neuen Energiesparverordnungen immer höhere Dämmwerte, was zu einem Anwachsen der Wandstärken durch immer dickere WärmedämmSchichten geführt hat. Vor dem Hintergrund des sparsamen Umgangs mit den Ressourcen Boden und Raum wirkt sich der größere Flächenbedarf für die Konstruktion nicht nur in Regionen mit hohen Grundstückspreisen zunehmend negativ aus. Das hier beschriebene Forschungsprojekt zielt daher auf eine Minimierung von Wanddicken. Diese wird erreicht durch ultradünne Sandwich-Elemente aus hochwertigem Beton und einer hocheffizienten Kombination aus verschiedenen Dämm-Materialien. Diese können aus technischen Gründen (Fertigungsbedingungen, Anschlussdetals, etc.) nur mit Methoden der Vorfertigung hergestellt werden. Die laborähnlichen Bedingungen im Werk sind Voraussetzung für eine fehlerfreie Verarbeitung der sensiblen Materialien.

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Prinzip Das vorgeschlagene System orientiert sich an der als „Plattenbau“ bekannten Großtafelbauweise, ist allerdings durch den Rückgriff auf digitale Planungs- und Fertigungsmethoden weitaus flexibler. Es lassen sich auch nicht orthogonale und sogar gekrümmte Tafeln fertigen. Die großen Tafeln reduzieren den Produktions-, Transport- und Montageaufwand und die Anzahl der Anschlussdetails. Für den Prototyp kamen raumhohe Elemente mit einer Länge von bis zu 7,5 Metern zum Einsatz. Dieses Maß entspricht einer günstigen Bauteillänge für verschiedene Typologien des großmaßstäblichen Wohnungsbaus, technisch sind noch größere Abmessungen möglich. Durch verschiedene Zuschläge aus Granulaten, Sandsorten und Pigmenten lassen sich für den Blend-Beton vielfältige, feine Oberflächen erstellen.  

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Wohnungsbau Genf La Chapelle (im Bau) Bio-Technologiezentrum Genf (im Bau)

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Produktion Die Wandstärken der Elemente sind definiert, um den Planungssaufwand zu minimieren – und um bereits in der Vorentwurfsplanung weitgehend verbindliche Wirtschaftlichkeitsberechungen anstellen zu können: Den kalkulierten Baukosten kann dadurch eine genau ermittelbare Wohnfläche gegenübergestellt werden. Zudem ermöglicht die Festlegung der Wandstärken eine Standardisierung der Anschlussdetails und damit eine Vereinfachung der Fertigung. Schließlich reduziert die Reduktion der Wandstärken das Transportvolumen und vereinfacht die Montage. Die Sandwich-Elemente des Prototypen haben eine Stärke von 32 cm. Sie setzen sich zusammen aus einer tragenden Betonscheibe (13 cm), einer Schicht aus einer Kombination verschiedener Isolationsstoffe (12 cm, klassische Dämmstoffe und Vacuum Insulated Pannels (VIP) mit einer gegenüber herkömmlichen Produkten etwa 3.5 fach höheren Leistung) und einer Aussenverkleidung aus Beton (7 cm). Die nichttragende Aussenschicht erhält statt einer Eisenarmierung eine Bewehrung aus Kunststoff, die Anschlüsse der Betonscheiben sind ebenfalls in Kunststoff ausgeführt. Eine günstige Zusammenstellung der Dämmstoffe nach Aspekten von Leistungsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Preis ist Teil des Forschungsprojektes. Performance In der Entwicklung des Systems geht es um die Vereinbarkeit von ökologischen und thermischen Anforderungen, wirtschaftlicher Bauweise und architektonischer Gestalt. Die gestalterische Freiheit bezüglich Form und Oberfläche wird durch den Einsatz digitaler Vorfertigungsmethoden und der innovativen Verwendung hochentwickelter Materialien erreicht. Diese Flexibilität ist nötig, um das System auch auf Grundstücken in Innenstadtlagen anwenden zu können, für die sich der Einsatz der dünnen Wandelemente besonders eignet.

Potenzial Hochisolierende Dämmstoffe sind noch wenig erprobt. Der Prototyp soll zeigen, ob sich die in den Labortests gemachten Erfahrungen in der Praxis bewähren. Die Planer sind überzeugt, dass sich die Risiken in der Produktion zunehmend kontrollieren und minimieren lassen. Die Bauweise ist schnell, jedoch noch nicht preisgünstig. In Bezug auf die Kosten wirkt sich nicht zuletzt die Monopolstellung der VIP-Anbieter negativ auf die Kostenbilanz aus (die Entwickler hoffen diesbezüglich mittelfristig auf eine Entspannung der künstlich hochgehaltenen Marktpreise). Doch bereits jetzt lassen sich durch Zeitersparnis und die flächensparende Konstruktion die derzeit noch materialbedingten Mehrkosten voraussichtlich mindestens neutralisieren. Der Ansatz wurde für den Bau großer Wohnsiedlungen entwickelt, denn die Effizienz der Großtafelbauweise und auch die mögliche Flächenersparnis steigt mit zunehmender Stückzahl. Aktuell realisieren Bassi Carella Archiectes einen Wohnungsbau aus 4 Wohngebäuden mit 6 – 8 Etagen (ca. 184 Wohnungen) in Genf. Wie auch in den in diesem Steckbrief abgebildeten weiteren Referenzprojekten desselben Architekturbüros kommt hier eine noch nicht ganz so schlanke Konstruktion zum Einsatz. Die Bauteildicke für diesen Wohnungsbau beträgt 44 cm (8 cm + 22 cm + 14 cm). Nach Angaben des Büros beläuft sich die Bauzeit für die 4 Wohngebäude nach Fertigstellung des Untergeschosses auf 7 Monate (= 140 Arbeitstage). Pro Tag werden rund 8 der vorfabrizierten Beton-Fassadenelemente mit einer Höhe von 2,85 m und einer Länge von bis zu 8,50 m hergestellt und auf der Baustelle mithilfe eines Krans auf Schienen von rund 20 – 30 Arbeitskräften gesetzt und montiert. Die Errichtung der ebenfalls vorgefertigten Innenwände und Stützen kann parallel dazu erfolgen. 11 / 12 / 13 / 14 Fertigteile Produktion, Transport und Montage

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07 FLEXIBLE STRUKTUREN HYBRIDES FERTIGTEILSYSTEM

Kurzbeschreibung  Gestalterisch anspruchsvolles, flexibles System aus Betonfertigteilen mit bis zu 9,50 m Spannweite und integrierten technischen Infrastrukturen sowie hybriden Systemen für Solarfassaden (Hybride Bauweise, Forschungsprojekt)

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Projektdaten Forschungsprojekt Standort / Jahr

Berlin (D) / 2013 Architekt / Architektin

Forschungsprojekt der TU Berlin (A13, Prof. Ute Frank) und ZukunftBau (Forschungsantrag in Vorbereitung), Bearbeitung: Anca Timofticiuc, Helga Blocksdorf, Marius Mensing Partner / Partnerin in der Bauindustrie

N.N.

Bauherr / Bauherrin

BGF

Bauweise



Wohnfläche

1.000 qm für Versuchsbau intendiert Anzahl Wohneinheiten



Tragstruktur: Betonfertigteile Fassade: Solar-Fassade, verschiedene Ausführungen Bauzeit



Größe Wohneinheiten



Baukosten KG 200 – 700 (vgl. Kap. 3.3)

1.200 € pro qm BGF intendiert

Anzahl Geschosse



Energetischer Standard

Plusenergie-Haus, Heizung bzw. Kühlung über Bauteilaktivierung, Solarenergiegewinn aus der Fassade

N.N.

Eigentümer / Eigentümerin

N.N.

1

Betonfertigteile im Hochhaus Fakultät Architektur, TU Berlin

Serieller Wohnungsbau Benze, Gill, Hebert

Studie zur IBA 2020 Berlin 2013

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Durch die hohe Flexibilität in Struktur, Gestalt und Materialität, die zur Erzeugung von Gebäude-Unikaten benötigt wird, entspricht der Planungsaufwand in etwa dem einer konventionellen Gebäudeplanung.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Die Fertigung basiert auf digitalen Technologien unter Anwendung heute im Industriebau bereits üblicher Verfahren. Trotz der Beschränkung der Vorfertigung auf Kleinserien und Unikate ist mit den heutigen Produktionsverfahren eine Zeitersparnis zu erwarten. Sollte die Entwicklung eines integralen Systems gelingen, das gleichermaßen alle Bauteile und Bauphasen einbezieht, ist weitere Zeitersparnis in der Montagephase möglich.

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Kostenersparnis in der Planung Durch die individuelle Ausgestaltung der Entwürfe sind nur geringe Kostenvorteile in der Planung zu erwarten.

Kostenersparnis in der Produktion Mit erwarteten Baukosten von 1.200 € brutto für die Kostengruppen 200 – 700 (vgl. Kap. 3.3) werden große Einsparungen in der Produktion erwartet. Ein entsprechender Nachweis ist noch zu erbringen.

Planung Das Forschungsprojekt zielt auf ein neuartiges Konzept zur Präfabrikation im Geschosswohnungsbau. Entwickelt wird ein System, welches die Verwendung großer vorgefertigter Bauteile für die Gebäudestruktur vorsieht. Als Forschungsziel ist die Realisierung eines innerstädtischen Geschosswohnungsbaus zu einem Baupreis von 1.200 EUR brutto Gesamtbaukosten (KG 200 – 700) benannt. Dies soll durch die Reduktion der Bauzeiten und die Ausnutzung kostengünstiger Produktionstechniken (Beton-Fertigteilbauweise für die Gebäudestruktur und entwurfsabhängig Beton- oder Holzfertigteile für die Fassade) erreicht werden. Die Projektverantwortlichen gehen davon aus, dass dieses Ziel schon bei einem prototypischen Versuchsbau umsetzbar ist, dessen Realisierung für 2013 geplant ist. Große Spannweiten von bis zu 9,50m erlauben flexible Raumstrukturen, die geeignet sind, neue, nachhaltige technische Infrastrukturen aufzunehmen. Kombiniert mit Individualisierungsmöglichkeiten im Ausbau soll auf diese Weise gestalterisch hochwertiger Geschosswohnungsbau für heutige und zukünftige Nutzerinnen und Nutzer entstehen. Die erste Realisierungsphase des Projektes sieht die Entwicklung prototypischer Knotenpunkte und Muster im Maßstab 1:1 vor. In der zweiten Phase werden die hieraus gewonnenen Erkenntnisse in einen innerstädtischen Versuchsbau (ca. 1.000 qm Wohnfläche) übertragen.

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2

Prinzip Für den Rohbau werden industriell vorgefertigte Bauteile (Stützen, Träger, Decken, Wände etc.) verwendet. Diese RohbauElemente nehmen bereits technische Installationen auf, stromführende Leitungen sind im Fertigteil integriert. Die Fertigteile enthalten zudem Verrohrungen zur Bauteilaktivierung: Um die massiven Bauteile besser zur Regulierung des Raumklimas einsetzen zu können, werden in den Bauteilen wasserführende Kapillarmatten oder Kunststoffrohre verlegt. Das Wasser kann anschließend als Heiz- oder Kühlmedium verwendet werden. Das Material für die Fertigteilfassade ist nicht festgelgt und kann nach städtebaulicher Erfordernis unterschiedlich sein, sollte jedoch solare Gewinne erwirtschaften. Intendiert ist ein Plusenergiehaus-Standard. Die in diesem Projektsteckbrief zusammengestellten Studienarbeiten wurden von Studierenden der TU Berlin im Rahmen eines Entwurfsseminars angefertigt, um die Varianz des Systems zu erproben. 2

Städtebauliche Einbindung studentischer Entwürfe

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3

Brüstungsabdeckung aus Stahlblech 4mm

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Bodenaufbau: Dachbegrünung Vegetationstrennschicht zweilagige Dachabdichtung (Bitumenschweißbahn) 250mm Dämmung Dampfsperre 300mm Spannbeton Hohlplatte

Brüstungsabdeckung aus Stahlblech 4mm

Bodenaufbau: Dachbegrünung Vegetationstrennschicht zweilagige Dachabdichtung (Bitumenschweißbahn) 250mm Dämmung Dampfsperre 300mm Spannbeton Hohlplatte

Brüstungsfassadenanker

Brüstungsabdeckung aus Stahlblech 4mm Brüstungsfassadenanker

Bodenaufbau: Dachbegrünung Vegetationstrennschicht zweilagige Dachabdichtung (Bitumenschweißbahn) 250mm Dämmung Dampfsperre 300mm Spannbeton Hohlplatte DELTA-Beam

Brüstungsfassadenanker

Isokorb 160mm

DELTA-Beam Isokorb 160mm

Handlauf aus Rundstahl Durchmesser 50mm

DELTA-Beam Isokorb 160mm Bodenaufbau: 55mm Estrich gestrichen 35mm Trittschalldämmung 300mm Spannbeton Hohlplatte

Handlauf aus Rundstahl Durchmesser 50mm Bodenaufbau: 55mm Estrich gestrichen 35mm Trittschalldämmung 300mm Spannbeton Hohlplatte

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Handlauf aus Rundstahl Durchmesser 50mm Bodenaufbau: 55mm Estrich gestrichen 35mm Trittschalldämmung 300mm Spannbeton Hohlplatte

Aufgeständertet Estrichplatten 30mm

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Gitterrost

Aufgeständertet Estrichplatten 30mm

Gitterrost

Aufgeständertet Estrichplatten 30mm

Gitterrost

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Studienarbeit Goldstein, Goldschmidt, Papadis Studienarbeit Hahn, Mehlich, Staib

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Produktion Die auf digitalen Technologien basierende industrielle Herstellung und die Bedingungen der Transportlogistik werden von Beginn an als Entwurfsparameter in das Forschungsvorhaben integriert. Das zu entwickelnde System zielt auf die Kombination unterschiedlicher Fertigteil-Systeme, um unabhängig von Hersteller-und Materialvorgaben kostengünstigste, nachhaltige, energieeffiziente Lösungen realisieren zu können. Dafür wind zum einen auf nachwachsende Rohstoffe (Holzrahmenbau), als auch auf mineralische, eventuell wiederverwertbare Bauteile (Betonfertigteile) zurückgegriffen. Die großen Spannweiten von bis zu 9,50 m und geometrisch anpassungsfähige Herstellungsverfahren ermöglichen flexible Raumstrukturen. Performance Dem System werden Bauweisen zugrunde gelegt, die den höchsten Anforderungen der Energieeinsparverordnung gerecht werden. Durch die Verlagerung der Produktion von der Baustelle in die technologisch hoch ausgerüstete Werkhalle sollen effiziente, preiswerte und überdurchschnittlich präzise Bauteile mit Toleranzen von +/-3mm gleichermaßen für Fassade, Tragstruktur und räumlich-technischen Ausbau produziert werden. Kosteneinsparungen versprechen sich die Entwicklerinnen und Entwickler von der Verkürzung der Bauzeiten (Finanzierungskosten belaufen sich in der Regel auf ca. 5% der Baukosten) und den Entfall von Margen des Zwischenhandels beim Vertrieb von Rohstoffen, Halbwaren und Halbfertigteilen an die Kleinunternehmer der Einzelgewerke.

10

Potenzial Die Übertragung von Konstuktionstechniken und -maßen aus dem roboterisierten Industriebau soll die Erstellung preiswerten Wohnraums unter der Maßgabe großer gestalterischer Freiheit ermöglichen. Die Projektinitiatorinnenen und -initiatoren planen, den eng an die Realisierung eines Versuchsbaus geknüpften Forschungsantrag im März 2013 einzureichen. Hierfür wird derzeit mit möglichen Partnerinnen und Partnern in der Industrie verhandelt. Der Prototyp soll die Machbarkeit und die Leistungsfähigkeit des Systems nachweisen. 9 / 10 / 11

Studienarbeit Frommel, Turowski, Falk, Brillowski

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08 HOUSING BLOCK 10 FASSADENELEMENTE

Kurzbeschreibung  Hohe gestalterische Standards in sehr engem Kostenrahmen (Sozialer Wohnungsbau) durch Standardisierungsprozesse in Planung und Produktion: hohe Stückzahl gleicher Wohnungen und Verwendung großer (Fassaden-) Elemente mit wenigen Anschlussdetails. (Hybride Bauweise)

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Projektdaten Housing Block 10 (Apartmentgebäude) Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Anzahl Wohneinheiten

Den Haag (NL) / 2012 Atelier Kempe Thill

Fassade: Schüco und De Groot + De Visser

Bauweise



9.132 qm

88 Sozialwohnungen Größe Wohneinheiten

Bauherr / Bauherrin

Vestia Wohnungsbaugesellschaft

2,5 Zi-Whg: 85 qm 3,5 Zi-Maisonettewhg: 118 qm

Eigentümer / Eigentümerin

Anzahl Geschosse

Vestia Wohnungsbaugesellschaft

Fassade: große vorgefertigte SandwichFassadenelemente (Metall) und großflächige Sonnenschutzverglasung (raumhoch und achsbreit) Rohbau: vorgefertigte, wiederverwendbare Schalung Ausbau: reduzierter Standard Bauzeit

09/2010 — 01/2012

6

Baukosten KG 300/400:

9.478.500 € (netto)

Energetischer Standard

hochgedämmte Fassade, Passive Solarnutzung, Erdwärme

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Straßenansicht

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Eine Reduktion des Aufwandes ergibt sich durch die Minimierung der Anzahl an Konstruktionsdetails, die wiederum durch die Verwendung weniger, großer Bauteile erreicht wird. Weiterhin wird der Planungsaufwand durch die hohe Anzahl gleicher Wohnungen optimiert. Ein hoher Planungsaufwand resultiert aus der Entwicklung der innovativen Fassadendetails in enger Zusammenarbeit mit der Bauindustrie.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Auch hier ergibt sich eine Reduktion des Aufwandes durch die hohe Anzahl gleicher Wohnungen und durch die Verwendung weniger, großer Bauteile. Dies ermöglicht eine schnelle und einfache Fertigung und Montage. Für den Rohbau konnte massive Zeitersparnis durch eine wiederverwendbare, vorgefertigte Umsetz-Schalung erreicht werden, für die Fassade durch große, vorgefertigte Fassadenelemente und für den Ausbau durch sehr einfache Ausführungsstandards.

Planung Die Architekten André Kempe und Oliver Thill vertreten die Auffassung, dass qualitätvoller und dabei kostengünstiger Wohnungsbau nur durch eine konsequent fordistische Entwurfs- und Produktionsweise zu erreichen ist. Sie sehen daher Standardisierung als Wesenszug des modernen Wohnungsbaus, um bspw. auch unter den begrenzten finanziellen und planerischen Rahmenbedingungen des niederländischen Sozialen Wohnungsbaus (hier sind bestimmte Raumgrößen und eine Raumhöhe von max. 2,60m gesetzlich festgelegt) idealtypische Wohnungen zu entwickeln: „gute“ Massenprodukte mit „objektiven“ Wohn-Qualitäten. Als neuen gesellschaftlichen Standard definieren sie auf der Grundlage ihrer langjährigen Erfahrung im Wohnungsbau das nutzungsneutral angelegte „Non-Loft“ mit einem großen Wohnbereich, der über 50% der Wohnfläche ausmacht, und abgetrennten Schlafzimmern. Zweigeschossige Bereiche und fließende Raumübergänge ermöglichen eine gute Belichtung der Wohnungen und erzeugen – in Kombination mit einem starken Außenraumbe-

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Kostenersparnis in der Planung Der Mehraufwand für die Entwicklung der innovativen und gestalterisch anspruchsvollen Fassade wird durch die Reduktion der Anzahl der Detaillierungspunkte ausgeglichen.

Kostenersparnis in der Produktion Eine Reduktion der Kosten wird vor allem durch Verwendung von Industriematerialien „von der Stange“ erreicht, die häufig aus Produktionsbereichen außerhalb des normalen Wohnungsbaus stammen, z.B. aus dem Industrie-, Gewerbe- oder Landwirtschaftsbau.

zug durch flächige Panorama-Vergasungen – ein großzügiges Raumgefühl auch in kleinen Wohnungen. Ein hoher gestalterischer Standard mündet in einer nicht-spezifischen Architektur, die durch die Reduktion des Ausbauaufwandes (keine Bodenbeläge, Wandoberflächen, etc.) die Basis für die räumliche Inszenierung der Bewohner bietet. Erreicht wird die kostengünstige Realisierung der gestalterisch innovativen und anspruchsvollen Gebäude durch eine Reduktion des Planungsaufwandes: Standardisierung des Produktes „Wohnung“ (88 Wohnungen, 2 Wohnungstypen) und Einsatz möglichst großer Bauteile (Plattengröße bei Festverglasungen bis zu 6,00 m auf 3,00 m, Aluminiumverblechungen bis zu 7,00 m Länge). Dies ermöglicht eine Konzentration auf wenige Details. Die Bauteile werden vorgefertigt und auf der Baustelle in kurzer Zeit montiert. Es kommen überwiegend günstige Industriematerialien zum Einsatz – teilweise aus anderen Einsatzbereichen wie dem Landwirtschafts- oder dem Industriebau. Dies erfordert technische Neuerungen und Entwicklungen in enger Zusammenarbeit mit der Industrie. Weitere Kostenersparnis wird durch die überwiegende Verwendung standardisierter Einbauelemente für den Ausbau erreicht. Durch schmale Achsmaße, große Gebäudetiefen und die Vermeidung von Vor- und Rücksprüngen entsehen zudem sehr kompakte Baukörper, deren günstiges Verhältnis von Nutzfläche zu Fassadenfläche (die Kosten für die Fassade belaufen sich im Durchschnitt auf 33% der Gebäudekosten) sich ebenfalls positiv auf die Kostenbilanz auswirken – und zusätzlich auch auf die Energieperformance der Gebäude.

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Prinzip Mit diesen Planungsgrundsätzen hat das Büro Atelier Kempe Thill verschiedene Projekte im Wohnungsbau realisiert. In diesem Fallbeispiel handelt es sich um einen aus einem Wettbewerb hervorgegangenen Wohnungsbau mit insgesamt 88 jeweils gleich geschnittenen 2,5- und 3,5-Zimmer-Apartments und 27 ebenfalls identischen Reihenhäusern (im Bau, nicht Gegenstand dieses Steckbriefes). Zielgruppe für die Sozialwohnungen waren junge Familien und die Generation 55+. Grundsätzlich sind die Wohnungen jedoch nutzungsneutral gestaltet, so dass auch andere Zielgruppen in Frage kommen. Auf der Grundlage der genannten Planungsmaximen lassen sich für Wohnungsbauten in innerstädtischen wie in RandLagen architektonisch anspruchsvolle Lösungen erarbeiten.

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Lageplan / Systemschnitt Fassadenschnitt Fassadendetail

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Rückansicht Fassadenelemente

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Produktion Die Fassadenpaneele wurden als große raumhohe SandwichElemente mit einer Oberfläche aus feingerippten Wellblechplatten vorgefertigt. Fertigung und Montage der Fassade erfolgten jeweils in einem Zeitraumvon 4 Monaten (die Entwicklung der Fassade dauerte etwa 1 Jahr inkl. Mock-up und diverser Tests). Der Rohbau konnte durch vorgefertigte, wiederverwendbare Umsetz-Schalungen ebenfalls innerhalb von 4 Monaten realisiert werden. Für den Ausbau kommen standardisierte Einbauelemente zum Einsatz. Performance Durch die kompakte Baukörperform verfügt das Gebäude bereits über günstige Bedingungen für eine positive EnergiePerformance. Zusätzlich sieht das Energiekonzept eine hochgedämmte Fassade und eine optimale Ausnutzung des Sonneneinfalls durch sonnenschutzbeschichtetes Glas vor, weiterhin Wärmerückgewinnung und mechanische Lüftung. Dadurch kann die gesamte benötigte Heizenergie über eine geothermische Anlage gewonnen werden (Erdwärme). Die projektspezifischen Zielgruppen wurden hier durch die Bauherrin und die Auflagen des Sozialen Wohnungsbaus definiert. Die Attraktivität und die Belegungsmischung anderer Projekte des Büros belegen jedoch, dass die nach diesen Maßgaben geplanten Wohnungen für unterschiedlichste soziale Zielgruppen und für Miet- wie für Eigentumsmodelle gleichermaßen attraktiv sind. Aufgrund der konzeptuell bedingten Realisierung einer großen Zahl von Wohnungen eignet sich der Ansatz besonders für Investorinnen und Investoren sowie für Wohnungsbaugesellschaften und -Genossenschaften. Potenzial Atelier Kempe Thill konnte bereits verschiedene Projekte unter den beschriebenen Planungsmaximen sowohl im Sozialen als auch im frei finanzierten Wohnungsbau realisieren. Aufgrund ihrer hohen räumlichen und gestalterischen Qualitäten zu niedrigen Preisen (ca. 1.000 € / qm BGF) und insbesondere unter den restriktiven Bedingungen des niederländischen Sozialen Wohnungsbaus ließen sich die Wohnungen bislang sehr gut vermarkten.

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Laubengangerschließung / Innenraum Fertigung Fassadenelemente

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09 23 WOHNEINHEITEN PREFAB SPACE

Kurzbeschreibung  Pragmatische Verwendung großformatiger, industriell gefertigter Bauelemente aus anderen Bau-Kontexten (Gewächshausbau, Industriebau) zur preiswerten Erstellung von großzügigem Wohnraum. (Hybride Bauweise, Sozialer Wohnungsbau)

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Projektdaten 23 Wohneinheiten Trignac Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Saint Nazaire (F) / 2010 Lacaton Vassal Architectes, Paris (F) Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Gewächshäuser: Gilloots, Egreville Wärmeschutzvorhänge: Renovinyl, Locariaquer Bauherr / Bauherrin

Silene Habitat, HLM de St Nazaire Eigentümer / Eigentümerin

Silene Habitat, HLM de St Nazaire

Bauweise



23

Obergeschosse: Gewächshauselemente, Polycarbonatplatten, Aluminiumpaneele Sockelgeschosse: Beton-Fertigteilbau (Stahlbetonskelett), raumhohe Fenster- und Türelemente Ausbau: Rohbau-Standard

Größe Wohneinheiten

Bauzeit

2.862 qm inkl. Wintergärten und Garagen Anzahl Wohneinheiten

2-Zimmer: 70 qm 3-Zimmer: 100 qm 4-Zimmer: 140 qm 5-Zimmer: 170 qm

09/2009 — 11/2010 Baukosten KG 300/400

2.300.000 € (netto)

Anzahl Geschosse

Energetischer Standard

2 — 3

ungeheizte Gebäudebereiche als Klimapuffer (mediterranes Klima)

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Gebäudeensemble

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Eine Reduktion des Aufwandes ergibt sich durch die Verwendung großer Bauteile, die nicht eigens für das Projekt entwickelt, sondern aus der Industrie eingekauft werden. Der Planungsaufwand der Sockelgeschosse wurde durch einen sehr einfachen Rohbau (regelmäßiges Stahlbeton-Skelett), eine radikale Reduktion des Ausbaustandards (Rohbaustandard) und ein beschränktes Angebot an Wohnungstypen, die jedoch durch ihre Größe vielfältige Aneignungsspielräume bieten, minimiert. Durch die Verwendung bereits erprobter Elemente entfällt die bautechnische Entwicklung eines Prototypen.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Auch hier ergibt sich eine Reduktion des Aufwandes durch die Verwendung von Bauteilen aus der Industrie. Es handelt sich um wenige, großformatige Bauteile aus dem Gewächshausbau. Für die Sockelgeschosse konnte durch Rückriff auf ein Skelett aus Beton-Fertigteilen und sehr einfache Ausführungsstandards ebenfalls Zeit gespart werden.

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Kostenersparnis in der Planung Durch die Verwendung bereits erprobter Bauelemente und die Reduktion der Ausbaustandards können Planungskosten gespart werden.

Kostenersparnis in der Produktion Die Reduktion der Kosten wird vor allem durch Verwendung großformatiger Bauteile „von der Stange“ und die Reduktion der Ausbaustandards erreicht und in eine spürbare Vergrößerung der Wohnfläche reinvestiert.

Planung Ziel der Architektinnen und Architekten war es, durch eine spürbare Reduktion der Baukosten innerhalb der engen finanziellen Rahmenbedingungen des Sozialen Wohnungsbaus ein Plus an Wohnfläche zu generieren, um den Bewohnerinnen und Bewohnern mehr Raum zur individuellen räumlichen und funktionalen Aneignung zur Verfügung zu stellen (vgl. Lacaton Vassal 2004). Die Kostenreduktion wird erreicht durch eine sehr einfache Konstruktion. Die Sockelgeschosse bestehen aus einem 3 m (eingeschossiges Gebäude) bzw. 6 m (zweigeschossiges Gebäude) hohen Stahlbeton-Skelett, ausgefacht mit raumhohen Fenster-Elementen aus Glas oder einfachen Industrie-Metallgittern im Bereich der Garagen. Das darüber liegende Geschoss wurde mit großformatigen Bauteilen aus dem Gewächshausbau errichtet. Durch geschosshohe Polycarbonat-Platten und textile Elemente räumlich untergliedert befinden sich hier die ungeheizten Wintergärten und – durch ebenfalls konstruktionshohe Aluminiumpaneele thermisch getrennt – weitere Wohnräume. Sehr einfache Ausführungsstandards in allen Teilen des Gebäudes (keine Wand- oder Boden-Beläge, dafür Sichbetondecken, Bodenbelag aus geöltem Beton) erlaubten eine zusätzliche Reduktion der Baukosten.

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Prinzip Alle Wohnungen werden erdgeschossig direkt von außen erschlossen. Sie sind als zwei- oder dreigeschossige Maisonette-Wohnungen konzipiert. Die zweigeschossigen Wohnungen machen die gesamte, außerordentlich große Gebäudetiefe von 19,80 m erfahrbar, die dreigeschossigen Maisonettes sind über die Ecken des ebenfalls 19,80 m tiefen, quadratischen Baukörpers organisiert. Die Wohnungen verfügen außer für die Nasszellen (Bäder, WCs) über keinerlei innere Trennwände. Je nach Wunsch des Nutzers können Leichtbauwände bspw. aus Gipskarton unabhängig von der Tragstruktur eingezogen werden – oder der großzügige Loft-Charakter beibehalten werden. Eine möglichst freie Raumeinteilung wird durch ein Überangebot von Wasserund Elektroanschlüssen erleichtert. Die leichte und offene Konstruktion der Gewächshaus-Elemente bringt eine geringe klimatische, akustische und visuelle Abschottung nach außen und zu den Nachbarn mit sich. Die ungeheizten Wintergärten dienen als Klimapuffer im Sommer und im Winter. In Kombination mit den thermisch umhüllten Bereichen entstehen auf diese Wiese verschiede Klimazonen innerhalb der Wohnung. Die angebotenen Wohnungen liegen mit Quadratmeterzahlen von 70 qm für 2 Zimmer, 100 qm für 3 Zimmer, 140 qm für 4 Zimmer und 170 qm für 5 Zimmer flächenmäßig weit oberhalb üblicher Neubau-Standards – und erst recht oberhalb derer des Sozialen Wohnungsbaus. Die Mieten betragen abhängig von der Wohnungsgröße zwischen 300 € und 550 € im Monat.

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Lageplan / 3D-Systemzeichnung Dreigeschossiges Gebäude Grundrisse und Schnitt Zweigeschossiges Gebäude Grundrisse und Schnitt

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Zweigeschossiges Gebäude Fassaden und Innenräume Dreigeschossiges Gebäude Fassaden und Innenräume

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Produktion Das Besondere dieses Ansatzes liegt im Rückgriff auf industriell gefertigte, große Bauelemente, die nicht eigens für das geplante Gebäude angefertigt, sondern aus einem anderen baulichen Kontext – z.B. dem Gewächshausbau – preisgünstig eingekauft wurden. Damit entfällt der Aufwand für Planung, Produktion und Vorfertigung dieser Bauteile. Die Abmessungen der Wohnungen, der Konstruktion der Sockelgeschosse aus Betonfertigteilen und weiteren Industriebau-Elementen für die Wandausfachungen richten sich nach dem System der eingekauften Gewächshaus-Elemente. Durch den innovativen Materialeinsatz konnten Baukosten von ca. 800 € / qm (inkl. Wintergarten und Garage) erzielt werden.

Performance Die durch den intelligenten und pragmatischen Einsatz von Materialien und Bauteilen eingesparten Kosten wurden in ein Plus an Wohnfläche reinvestiert. Die Verwendung von Bauelementen aus dem Gewächshausbau in den dort verfügbaren Abmessungen führte zu für den Wohnungsbau unüblichen Gebäudetiefen – und damit zu ungewöhnlichen Raumzuschnitten, aber auch Raumqualitäten. Diese verlangen eine neuartigen Interpretation der (Wohn-)Räume und Wintergartenbereiche durch die Bewohnerinnen und Bewohner. Befragungen zufolge ist dies gelungen: Die Flexibilität, leichte Anpassbarkeit und vor allem das Überangebot an Fläche fördern die Auseinandersetzung der Nutzerinnen und Nutzer mit dem Raum und führen zu einer sehr großen Wohnzufriedenheit (vgl. Dana 2012, S. 36 f.). Negativ zu bewerten wäre allein der durch die einfache Bauweise erhöhte Bedarf an Heizenergie – im Fallbeispiel ca. um 10% gegenüber dem örtlichen Durchschnitt, (vgl. Dana 2012, S. 36 f.). Dieser nachteiligen Energieperformance in der Unterhaltung sollte jedoch – zusätzlich zu der hohen Wohnqualität – der sehr geringe (auch energetische) Aufwand für die Errichtung gegenübergestellt werden. Potenzial Die klimatischen Bedingungen in Deutschland ließen – ebenso wie die hier gültigen Wärmeschutzbestimmungen – eine analoge Übertragung des Modells nicht ohne weiters zu. Es wäre im Einzelfall zu prüfen, wie sich die zahlreichen interessanten Aspekte dieses Ansatzes im Kontext der IBA – insbesondere vor dem Hintergrund der Schaffung bezahlbaren Wohnraumes – adaptieren ließen (vgl. Kap. 4.2). 10 / 11

Gewächshauselemente Montage

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#10 GRUNDBAU UND SIEDLER ROH-EBENEN UND SELBSTBAU

Kurzbeschreibung  Zeit- und Kostenreduktion und vielgestaltiges, selbstbestimmtes Wohnen durch Kombination eines standardisierten Grundbaus (Wärmegedämmter Rohbau aus Stützen und Decken mit Installation und Balkongeländern zur Absturzsicherung) mit individuellem Nutzerausbau (Hybride Bauweise ohne Vorfertigung, IBA Hamburg Kategorie Smart Price House)

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Projektdaten Grundbau und Siedler Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Partner / Partnerin in der Bauindustrie

Anzahl Geschosse

Bauherr / Bauherrin

Anzahl Wohneinheiten

Hamburg Wilhelmsburg (D) / 2013 BeL Architekten

Ytong, Delmes Heitmann Baumarkt Projektgesellschaft Grundbau u. Siedler GmbH&Co KG Eigentümer / Eigentümerin

Einzeleigentümer und Projektgesellschaft Grundbau u. Siedler GmbH&Co KG

Bauweise

1.670 qm inkl. Parken 872 realisiert, 915 möglich 5

Grundbau: Ortbeton Ausbau: individuell (Außenwand Ytong) Fassade: Großblocksteine Bauzeit

Grundbau: 01/2012 — 11/2012 Ausbau: 11/2012 — 03/2013 (und während der IBA)

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Größe Wohneinheiten

32 — 230 qm möglich

Baukosten KG 300/400

Grundbau (EG — 4OG): 700.000 € inkl. Pfahlgründung Ausbau (1OG — 4OG): 275.000 € Selbstbau 613.000 € ohne Selbstbau Energiestandard

EnEV 2009 minus 30% (entspricht KFW 55 Effizienzhaus) 1

Perspektive Grundbau

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Für den Grundbau wird die radikale Reduktion des Aufwandes durch das Angebot gleicher (standardisierter) Wohnebenen und durch einen Ausführungsstandard auf Rohbau-Niveau durch die Notwendigkeit einer thermischen Verkleidung für den sukzessiven Nutzerausbau teilweise wieder aufgehoben. Die Planung des Ausbaus ist Eigenleistung der Nutzer. Hoher Aufwand entfällt insbesondere für den Prototypen auf die Entwicklung des innovativen Ansatzes, die behördliche Abstimmung und die Nutzerkoordination.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Durch die Standardisierung der Wohnebenen und einen radikal einfachen Ausführungsstandard können die Bauzeiten für den Grundbau zunächst reduziert werden. Dieser Vorteil relativiert sich jedoch durch den thermischen Ausbau zur Gewährleistung eines sukzessiven Ausbaus. Weiteres Einsparpotenzial durch den Einsatz von Methoden der Vorfertigung für den Rohbau wäre für evtl. Folgeprojekte zu prüfen. Der zeitliche Aufwand für den Ausbau ist abhängig vom Umfang an Eigenleistung (evtl. verlängerte Bauzeit) bzw. der Koordination und Vergabe der Arbeiten an Fremdfirmen.

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Kostenersparnis in der Planung Für die Planungskosten ergeben sich bezogen auf den Grundbau Einsparmöglichkeiten nicht nur durch die Vereinfachung der Planung, sondern vor allem durch die geringeren anrechenbaren Kosten (nur Rohbau). Durch die Notwendigkeit einer thermischen Verkleidung für den sukzessiven Ausbau erhöhen sich jedoch die Baukosten für den Grundbau und die Vorteile werden teilweise wieder aufgehoben. Für den Ausbau kann auf Vorschläge im Handbuch zurückgegriffen werden, so dass hierfür keine weiteren Planungskosten anfallen müssen. Ggf. ist dafür mit Kosten für die Moderation Nutzerkoordination zu rechnen.

Kostenersparnis in der Produktion Auch hier relativieren sich für den Grundbau die möglichen Vorteile durch die thermischen Anforderungen. Zusätzliches Einsparpotenzial durch den Einsatz von Fertigteilen für den Grundbau wäre für evtl. Folgeprojekte zu prüfen. Für den Ausbau können abhängig vom Umfang der Eigenleistung (Muskelhypothek) Kosten eingespart werden (bis zu 55% der Ausbaukosten bzw. 15% der gesamten Baukosten).

Planung Das Gebäude ist als solitäres Wohngebäude im IBA- Gebiet Hamburg Wilhelmsburg situiert. Der Entwurfsansatz sieht vor, Baukosten sowohl für Investorinnen oder Investoren als auch für die späteren Nutzerinnnen und Nutzer, hier „Siedler“ (BeL) genannt, durch einen hohen Selbstbau-Anteil zu reduzieren. Die Bauarbeiten wurden in zwei Abschnitte unterteilt, den Rohbau (Grundbau) und den Ausbau (Selbstbau). In Rückriff auf Le Corbusiers Konzept des Domino-Hauses wird bauseits ein fünfgeschossiger Grundbau als tragendes Skelett mit Erschließung, Grundinstallation, Abstellräumen und Balkonbrüstungen, die gleichzeitig als Absturzsicherung für die Zeit des Ausbaus dienen, errichtet. Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner leisten die Errichtung der Innen- und Außenwände sowie den Wohnungsausbau (Wand- und Bodenbeläge, Küchen, Badezimmer). Die „Siedler“ können die Bauarbeiten entweder in Eigenregie beauftragen oder selbst ausführen und durch Eigenleistung Kosten einsparen (Muskelhypothek).

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Prinzip Die räumliche Ausgestaltung ist unabhängig von der Tragstruktur. Diese ist komplett wärmegedämmt, um in Verbindung mit einem Überangebot an haustechnischer Versorgung einen zeitlich und räumlich unabhängigen und individuellen Ausbau der Wohnungen zu ermöglichen. Die Aufteilung der Geschosse in die einzelnen Wohnungen lässt unterschiedlichste Wohnungsgrößen (von 32qm bis 230 qm) in zahlreichen Varianten zu. Die Unterteilung erfolgt in Absprache zwischen den „Siedlern“ und wird in der Teilungserklärung festgeschrieben. Innerhalb der so definierten „Baufelder“ können die Wohnungsgrundrisse frei gestaltet werden. Damit wird der stark standardisierte Grundbau durch einen stark individualisierten Ausbau ergänzt. Zur einfacheren Umsetzung der Eigenleistungen wurden seitens der Architektinnen und Architekten Muster-Grundrissvorschläge erarbeitet, die eine nutzungsneutrale Aufteilung der Räume vorsehen. In Zusammenarbeit mit einer BaumarktKette wurden standardisierte Bausätze zur Herstellung einer typischen Wohnung zusammengestellt. In den Bausätzen ist neben dem gesamten Baumaterial auch ein detailliertes Handbuch zur Ausführung der Arbeiten enthalten. Der Siedlerausbau wird durch Moderation und technische bzw. planerische Unterstützung begleitet – ein Aufwand, der gegenüber den Einsparungen in der Ausbauplanung abzuwägen ist.

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Städtebauliches Konzept Mögliche Grundrisseinteilungen Handbuch zum Ausbau (Auszug)

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Konzeptidee zum Wettbewerb (BeL, Zeichnung: A.B Walker) Grundbau Mögliche Formen der Besiedlung Fassadengestaltung durch mögliche Besiedlung

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Produktion Trotz des hohen Grades an Standardisierung des Grundbaus erwies es sich für den Prototyp in Hamburg Wilhelmsburg als günstiger, diesen in Ortbeton zu errichten. Je nach Bauvolumen können für den Grundbau auch Fertigteile rentabel sein. Für die ebenfalls im Selbstbau zu errichtenden Außenwände kamen für den Prototypen großformatige Porenbeton-Steine mit hochdämmenden Eigenschaften zum Einsatz, um die Verarbeitung auf der Baustelle zu erleichtern. Vorfertigung spielte demnach im Fallbeispiel eine untergeordnete Rolle: Standardisierung wurde für den Grundbau allein durch die weit gehende Reduktion des Ausbaustandards erreicht. Grundsätzlich lassen sich dadurch in der Projektentwicklung in hohem Maße Zeit und Kosten sparen. Der Wunsch nach der Möglichkiet einer sukzessiven Besiedlung und einer nicht vorbestimmten Lage der Außenwände jedoch erhöht die Baukosten für den Grundbau gegenüber einem konventionllen Rohbau deutlich: Um Energieeffizienz in jedem Ausbaustadium zu gewährleisten, musste der Rohbau ist thermisch verkleidet werden. Für den Ausbau können die „Siedler“ auf standardisierte Bausätze zurückgreifen, es sind jedoch auch sehr individuelle und aufwendige Lösungen denkbar. Durch Eigenbeteiligung an den Bauarbeiten können im Vergleich zur konventionellen Herstellung durch Firmen 55% der Ausbaukosten bzw. 15% der nach örtlichen Durchschnittswerten für diesen Bau hypothetisch kalkulierten regulären Baukosten eingespart werden (im überschlägigen Vergleich des Anteils der Lohnkosten an den Herstellungskosten nach Aussage der Projektverantwortlichen). Performance Das Modell eignet sich für besonders für selbst nutzende Wohneigentumsgemeinschaften (Baugruppen) sowie für Mietmodelle, die auf eine langfristige Bindung angelegt sind (z.B. Genossenschaften). Im Fallbeispiel befindet sich ein Teil der

Wohnungen im Besitz von privaten Einzeleigentümerinnen und Eigentümern, ein anderer wird durch die Projektgesellschaft Grundbau u. Siedler vermietet. Grundsätzlich funktioniert das Modell sehr gut auch ohne zwischengeschaltete Investorinnen oder Investoren, da durch die vergleichsweise niedrigen Kosten für den Grundbau das obligatorische Investitionsvolumen für die Projektbeteiligten gering bleiben kann. Über Ausbaustandard der Wohnungen und den variablen Anteil an Fremd- bzw. Eigenleistungen kann das finanzielle und zeitliche Budget dann optimal an die individuellen Möglichkeiten angepasst werden. Eine hohe Attraktivität liegt darüber hinaus in den sukzessiven Ausbaumöglichkeiten und dem großen Aneignungspotenzial. Es macht Wohneigentumsbildung auch bei geringeren Kapitalressourcen möglich, wie die Wohnungsbelegung im Fallbeispiel (Krankenschwester, Studierenden-Wohngemeinschft, Geschäftsführerin) belegt. Der hier vorstädtisch konzipierte Prototyp ist grundsätzlich auch auf Innenstadtlagen anwendbar (bspw. um hohe Grundstückspreise auszugleichen). Der energetische Standard der Realisierung liegt bei EneV 2009 minus 30 %. Erfahrungen/Potenziale Beim Prototypen gab es seitens der „Siedler“ einige Vorbehalte und Ängste. Diese betrafen insbesondere den Selbstbau der Außenwände – aus dem auch die meisten Schwierigkeiten und Nachteile für das Projekt resultieren. Für eventuelle Folgeprojekte wäre daher der Nutzen eines sukzessiven Ausbaus, der auch die Errichtung der Außenwände mit einschließt, gegenüber den Nachteilen für Baukosten, Bauzeiten und Bauabläufe zu überdenken. Abhängig von Zielgruppe und Trägerschaft schätzen die Projektverantwortlichen das Potenzial des Modells insgesamt jedoch als sehr hoch ein. 9 / 10

Baustellenfotos

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#11 TILA ROH-RAUM UND SELBSTBAU

Kurzbeschreibung  Zeit- und Kostenreduktion und vielgestaltiges, selbstbestimmtes Wohnen durch Kombination eines standardisierten Grundbaus (wärmegedämmter Rohbau aus Stützen und Decken mit Installation und Balkongeländern zur Absturzsicherung) mit individuellem Nutzerausbau. (Hybride Bauweise, zum Teil vorgefertigte Raummodule, Selbstbau)

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Projektdaten Tila Standort / Jahr

BGF

Architekt / Architektin

Wohnfläche

Helsinki (SF) / 2011 Talli Oy (Pia Ilonen) Partner / Partnerin in der Bauindustrie



Bauherr / Bauherrin

SATO-Rakennuttajat, Helsinki Eigentümer / Eigentümerin

Einzeleigentümer

Bauweise

4.360 qm (ohne Galerieebenen) 3.050 qm (+ max. 1.780 auf den Galerieebenen) Anzahl Geschosse

5 (10 mit Galerieebenen) Anzahl Wohneinheiten

50

Rohbau: konventionelle Bauweise (Ziegel, Beton-Fertigteile, Stahl) Ausbau: individuell Fassade: konventionelle Bauweise (Ziegel, Beton-Fertigteile, Stahl) Badezimmer: vorgefertigte 3D-Raummodule Bauzeit

Grundbau: 2007 — 2008 Nachbesserungen bis 2010 Ausbau: 2010 — 2011

Größe Wohneinheiten

50 — 200 qm möglich

Baukosten KG 300/400

Rohbau (EG — 4OG): keine Angabe Selbstbau: nicht ermittelbar Energiestandard

hoch gedämmt entsprechend den finnischen Normen, mechanische Lüftung, Heizenergie aus örtlichem Wärmenetz

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Außenansicht

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Für den Rohbau wird die radikale Reduktion des Aufwandes durch das Angebot von drei verschiedenen Typen (standardisierter), 5 m hoher, leerer Raumeinheiten erreicht. Die Ausbau-Planung erfolgt in Eigenleistung der Nutzerinnen und Nutzer und wird durch die Bereitstellung dreidimensional vorgefertigter Badezimmer-Raummodule erleichtert. Hoher Planungsaufwand entfällt insbesondere für den Prototypen auf die Entwicklung des innovativen Ansatzes, vor allem auf die behördliche Abstimmung.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Die Bauzeiten für den Rohbau können aufgrund der radikalen Reduktion der anfallenden Bauarbeiten und der Koordinierung der Gewerke stark reduziert werden. Durch die Vorfertigung der Badezimmer-Raummodule wird eine zusätzliche Zeitersparnis erreicht. Weiteres Einsparpotenzial durch den Einsatz von Methoden der Vorfertigung für den Rohbau wäre für evtl. Folgeprojekte zu prüfen. Der zeitliche Aufwand für den Ausbau ist abhängig vom Umfang der Eigenleistung (dadurch evtl. sogar verlängerte Bauzeit) oder der weiteren Koordination und Vergabe der Ausbauarbeiten an Fremdfirmen.

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Kostenersparnis in der Planung Abhängig von den geringen Baukosten und der Reduktion des Planungsaufwandes lassen sich bereits in der Planung spürbar Kosten sparen. Auch die Kosten für die Ausbauplanung können durch Eigenleistung der Endnutzerinnen und -nutzer deutlich reduziert werden.

Kostenersparnis in der Produktion Auch die Kosten für die Errichtung des Rohbaus lassen sich aufgrund der radikalen einfachen Ausführung reduzieren. Weiteres Einsparpotenzial gegenüber dem hier vorgestellten Prototypen durch den Einsatz von Methoden der Vorfertigung für den Rohbau wäre für evtl. Folgeprojekte zu prüfen. Durch den Nutzerausbau kann abhängig vom Umfang der Eigenleistung (Muskelhypothek) oder der weiteren Vergabe an Fremdfirmen ein beträchtlicher Teil der Ausbaukosten eingespart werden.

Planung Das Gebäude ist Bestandteil einer Neubausiedlung am Stadtrand von Helsinki. Wie bei dem zuvor besprochenen Fallbeispel „Grundbau und Siedler“ von BeL Architekten sieht auch dieser Entwurfsansatz eine Reduktion der Baukosten sowohl für die Projektentwicklung als auch für die späteren Einzeleigentümerinnen und -eigentümer durch einen hohen Selbstbau-Anteil vor. Die Bauarbeiten erfolgten auch hier in zwei Abschnitten, dem Rohbau und dem Ausbau. Der Rohbau besteht aus 5 Meter hohen, leeren „Roh-Räumen“ zur individuellen Ausgestaltung mit Grundflächen von 50 bzw. 102 qm, die sich über die gesamte Gebäudetiefe erstrecken. Mit Ausnahme eines bauseits erstellten Badezimmers pro „Roh-Raum“ gibt es keine weitere Raumaufteilung, lediglich die Installationsführung ist vorbereitet. Die künftigen Bewohnerinnen oder Bewohner leisten den Wohnungsausbau (Konstruktion der Galerieebenen, Errichtung der Innenwände, Verlegen der Wand- und Bodenbeläge, Einbau der Küchen) entweder in Eigenleistung, um Kosten zu sparen (Muskelhypothek), oder sie beauftragen Fremdfirmen in eigener Verantwortung. Im konkreten Fallbeispiel fand die Realisierung überwiegend im Selbstbau statt. Gemeinsame Materialbeschaffung, gegenseitige Hilfe und Erfahrungsaustausch wurden als Gemeinschaft stiftend erlebt und von den Beteiligten abschließend sehr positiv bewertet (vgl. Mukala 2012, S. 47).

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Prinzip Die standardisierten, 5 Meter hohen „Roh-Räume“ lassen durch unterschiedliche Gestaltung der Galerieebenen, der Raumaufteilung, der Wand- und Bodenbeläge, etc. einen räumlich individuell gestalteten Ausbau der Wohnungen zu. Wie beim zuvor besprochenen Projekt „Grundbau und Siedler“ kann der Beitrag als urbane Antwort auf den Wunsch nach einem Eigenheim betrachtet werden, wobei insbesondere durch die Zweigeschossigkeit der angebotenen „Roh-Räume“ eine große räumliche Vielfalt und interessante Raumqualitäten erreicht wurden. Der Ausbau wurde von der Architektin begleitet, die den späteren Bewohnerinen und Bewohnern in technischen und Genehmigungsfragen beratend zur Seite stand.

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Darstellung der Projektkonzeption Systemschnitt mit den realisierten Ausbauvarianten Regelgrundriss mit den realisierten Ausbauvarianten

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Innenraumfotos selbst ausgebaute „Roh-Räume“

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Produktion Trotz des hohen Grades an Standardisierung wurde der Rohbau überwiegend in konventioneller Bauweise errichtet. Für die Tragkonstruktion kamen nur zum Teil Beton-Fertigteile zum Einsatz. Die Badezimmer dagegen kamen als komplett vorgefertigte, dreidimensionale Raummodule auf die Baustelle. Die Nutzerinnen und Nutzer konnten zwischen 9 verschiedenen Ausführungen wählen. Für eventuelle Folgeprojekte wäre die Rentabilität eines weiter gehenden Einsatzes industrieller Bauweisen zu prüfen. Performance Durch die Reduktion des Ausbaustandards können grundsätzlich Baukosten in spürbarem Umfang gespart werden. Der Rohbau kann preiswert erstellt und verkauft werden, bezüglich des Ausbaus lassen sich über den jeweiligen Ausbaustandard und Grad an Eigenleistung die Gesamtkosten an individuelle Budgets anpassen. Die Bauzeiten verkürzen sich nur für die Bereitstellung des Rohbaus. Die Ausbauarbeiten dagegen beanspruchen voraussichtlich viel Zeit – besonders bei hohem Selbstbau-Anteil. In diesem Kontext erscheint die Vorfertigung standardisierter Raummodule für Funktionsbereiche, die im Selbsbau schwierig zu realisieren sind (wie die Badezimmer im Fallbeispiel), besonders sinnvoll. Wie beim Fallbeispiel zuvor eignet sich auch dieses Modell besonders für Eigentumsgemeinschaften (Baugruppen) und für auf eine langfristige Bindung angelegte Mietmodelle. Im konkreten Projekt sind alle Wohnungen im Besitz von Einzeleigentümerinnen und -eigentümern. Der Rohbau wurde durch einen Bauträger errichtet. Da durch den begrenzten Umfang der Bauleistungen die Gewinnspannen für eine kommerzielle Projektentwicklung jedoch gering sind, eignet sich der Ansatz grundsätzlich besser für direkt finanzierende WEGs bzw. Baugruppen, nicht zuletzt um durch die eigene Entwicklung weitere Kosten zu sparen. Der energetische Standard des Gebäudes entspricht im Fallbeispiel den strengen finnischen Vorgaben.

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Potenzial

Das Projekt fand von Beginn an sehr viele interessierte Bauwillige (vgl. Mukala 2012, S. 49) und wird von den Bewohnerinnen und Bewohnern abschließend sehr positv bewertet, wie Interviews der Finnischen Architekturzeitschrift Arkkitehti belegen (vgl. ARK 2011, S. 34). Raumaufteilung und Charakter der Wohnungen sind im Ergebnis sehr vielfältig, das Ziel einer individuellen Wohnraumgestaltung wurde erreicht. Beim Prototypen gab es aufgrund des hohen Innovationsgrades einige genehmigungsrechtliche Hürden, außerdem zunächst Schwierigkeiten bei der Investorensuche und schließlich auch Probleme bei der Realisierung des Rohbaus, die umfangreiche Nachbesserungen erforderlich machten und zu erhöhten Baukosten und einer Verzögerung der Bauabläufe führten. Aus diesem Grunde waren die tatsächlichen Erstellungskosten für den Rohbau im Rahmen dieser Studie nicht recherchierbar. Die Zahlen wären jedoch auch nicht repräsentativ, da die Probleme in der Ausführung nicht ursächlich mit der Konzeption des Bauvorhabens verknüpft sind. 8 9 / 10

Badezimmer vorgefertigtes Raummodul „Roh-Raum“ Ausbau

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#12 PILE UP® UND STACK UP® MARKENARCHITEKTUR

®

Kurzbeschreibung  Etablierung hoher räumlicher und gestalterischer Standards über eine Marke als Vermarktungsinstrument, konventionelle Bauweise, moderate Standardisierungsprozesse in der Planung (Hybride Bauweise ohne Vorfertigung)

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Projektdaten Pile Up® Stack Up® Am Quellengarten Standort / Jahr

Rheinfelden (CH) / 2008, 2012 Architekt / Architektin

Zapco Ltd AG, Basel mit Zwimpfer Partner AG, Basel, Zürich Partner / Partnerin in der Bauindustrie

BGF

Anzahl Geschosse

11.100 qm

3 — 6

Wohnfläche

8.000 qm inkl. Aussenräume (zweigeschossige Loggien 100%  —  eingeschossige Loggien 50%)

Zapco Ltd AG, Basel Eigentümer / Eigentümerin

Größe Wohneinheiten

Bauherr / Bauherrin

Einzeleigentümer

konventionelle Bauweise in verschiedenen Ausführungen Bauzeit

Anzahl Wohneinheiten

Pile Up®: 18 Whg. in 2 Gebäuden Stack Up®: 42 Whg. in 2 Gebäuden

keine

Bauweise

Pile Up®: 01/2007 — 07/2008 Stack Up®: 02/2010 — 04/2012 Baukosten KG 300/400

Pile Up®: 117 — 191 qm plus jeweils 20 qm Außenraum/Loggia Stack Up®: 86 – 215 qm plus jeweils 16 qm Aussenraum/Loggia

Pile Up®: 2.170 € (2.615 CHF) netto (Gesamtbaukosten 7.653.000 €) Stack Up®: 2.010 € (2.422 CHF) (Gesamtbaukosten 12.785.000 €) Energetischer Standard

Minergie® (durch unterschiedliche Ausführung anpassbar an örtliche Standards)

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Pile Up® am Quellengarten

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Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P l a n u n g Der Aufwand reduziert sich für die Entwurfsplanung durch die definierten räumlichen Parameter und in der Ausführungsplanung durch den Rückgriff auf Erfahrungen mit bereits realisierten Projekten. Für beide Planungsphasen verbleibt Aufwand durch die individuelle Anpassung an Ort und Zielgruppe.

Ze i t e r s p a r n i s i n d e r P r o d u k t i o n Für die Produktion kommen im Fallbeispiel keine standardisierten Fertigungsmethoden zum Einsatz. Dies ist allerdings grundsätzlich denkbar. Eine eventuelle Zeitersparnis durch Vorfertigung ist für den Einzelfall zu prüfen.

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Kostenersparnis in der Planung Durch definierte Planungsparameter kann sich eine Kostenersparnis ergeben. Die Lizenzgebühren betragen 0,5 – 0,75% der Anlagekosten.

Kostenersparnis in der Produktion Für die Produktion kommen im Fallbeispiel keine standardisierten Fertigungsmethoden zum Einsatz. Dies ist allerdings grundsätzlich denkbar. Eine eventuelle Kostenersparnis durch Vorfertigung ist für den Einzelfall zu prüfen.

Planung Pile Up® und Stack Up® sind Markennamen für stapelbar konzipierte Geschosswohnungen mit hohen räumlichen und gestalterischen Standards. Diese bestehen im Wesentlichen darin, unterschiedliche Raumhöhen für die verschiedenen Nutzungsbereiche der Wohnungen vorzusehen und großzügige Außenbereiche (Loggien) anzubieten. Die Wohnräume sind offen und mit fließenden Übergängen zueinander angeordnet, gut belichtet und besitzen eine modern-repräsentative Raumwirkung. Die genaue Ausführung in Bezug auf die räumliche Anordnung und die Materialität der Gebäudestruktur und -fassaden sowie der Oberflächen ist jedoch flexibel. Dadurch lässt sich das Modell auf verschiedene, auch innerstädtische Situationen anwenden und wird unterschiedlichen Nutzeransprüchen gerecht (Größe, Ausführungsqualität, Preis). Es geht also nicht um eine Standardisierung von Wohnungen oder Gebäuden, sondern von Eigenschaften, die sich mit den patentierten Markennamen Pile Up® und Stack Up® verbinden. Damit zielt der Ansatz weniger auf Rationalisierung in der Fertigung, sondern eher in der Planung ab. Intendiert ist nicht primär Kostenersparnis, sondern die Etablierung einheitlicher gestalterischer und räumlicher Standards für Wohnangebote. Diese Standards können auch andere Planer übernehmen und unter dem Namen Pile Up® bzw. Stack Up® – am Schweizer Wohnungsmarkt nach Aussage der Projektverantwortlichen bereits etablierte und stark nachgefragte Namen – vermarkten. Zusatzkosten durch Lizenzgebühren entstehen in Höhe von 0,5 – 0,75% der Anlagekosten.

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Prinzip Die Wohnungen können unterschiedliche Gestalt annehmen, weisen aber immer dieselben Charakteristika auf: verschiedene Geschosshöhen, eine großzügige, fließende Raumanordnung mit Integration einer zweigeschossigen Loggia und eine modern-repräsentative Gestaltung.

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Pile Up®-Wohnungen ineinander verschachtelt Grundriss-Varianten Pile Up®

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Pile Up® am Rhein Pile Up® am Quellengarten Stack Up® am Quellengarten

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Produktion Standardisierung der Produktion ist ebensowenig wie Vorfertigung integraler Bestandteil der Konzeptidee von Pile Up® und Stack Up®. Die bisher realisierten Gebäude wurden in konventioneller Bauweise erstellt. Ob der Einsatz von Methoden des industriellen Bauens im Einzelfall lohnend ist, hängt ab von den spezifischen Rahmenbedingungen und der Größe der Projekte. Performance Das Konzept zielt nicht primär auf Rationalisierung von Planungs- oder Bauvorgängen ab, wohl aber auf eine Optimierung von Planungs- und Bauprozessen im Sinne einer Qualitätssicherung. Mehrkosten der räumlichen Qualitäten (unterschiedliche Raumhöhen), werden durch eine Systematisierung in Planung und Realisierung aufgewogen. Die Verkaufspreise von umgerechnet 3.500 € – 4.400 € pro qm Wohnfläche entsprechen den üblichen Größenordnungen für Neubauten in vergleichbarer Lage in der Schweiz. Potenzial Der Ansatz zeigt eine Möglichkeit auf, wie durch standardisierte Parameter in der Planung auf sehr flexible Weise qualitätvoller und attraktiver Wohnraum auch für innerstädtische Projekte erzeugt und vermarktet werden kann.

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13 / 14 / 15 Pile Up® Baarerstrasse Innenraum / Systemschnitt / Grundriss 16 / 17 / 18 Stack Up® Quellengarten Innenraum / Systemschnitt / Grundriss

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PROJEKTÜBERSICHT ZUSAMMENSTELLUNG KRITERIEN 01 WOHNSIEDLUNG AMAGERVAELLEDVEJ GESTAPELTE REIHENHÄUSER#02 02 CASE STUDY #1 VERDICHTETER FERTIG-WOHNUNGSBAU 03 SYSTEM 3 STAPELBARES WOHNMODUL 04 WOHNSIEDLUNG TRIEMLI FASSASDENSYSTEM 05 TOP WALL MASSIVHOLZ-SYSTEMBAUWEISE 06 ULTRADÜNNE BETONELEMENTE GROSSTAFELBAUWEISE 07 FLEXIBLE STRUKTUREN HYBRIDES FERTIGTEILSYSTEM 08 HOUSING BLOCK 10 FASSADENELEMENTE 09 23 WOHNEINHEITEN PREFAB SPACE 10 GRUNDBAU UND SIEDLER ROH-EBENEN UND SELBSTBAU 11 TILA ROH-RAUM UND SELBSTBAU 12 PILE UP® UND STACK UP® MARKENARCHITEKTUR

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4 ERGEBNISSE, AUSBLICK UND FAZIT Die eingangs gestellte Frage nach der Eignung serieller Bauweisen im Wohnungsbau für die Bereitstellung preiswerten und zugleich qualitätvollen Wohnraums in der Stadt unter Berücksichtigung der Maßgaben des energieeffizienten Bauens kann grundsätzlich positiv beantwortet werden. Die gezeigten Projekte belegen, dass Standardisierung im Wohnungsbau heute keineswegs mehr mit Einschränkungen bezüglich Nutzung oder Gestaltung verbunden sein muss. Im Gegenteil: In den Fallbeispielen führt der Einsatz serieller Bauweisen oder Planungsmethoden oft erst zu innovativen Lösungen. Denn durch die effiziente Organisation von Planung und Produktion eröffnen sich finanzielle und gedankliche Spielräume für die Umsetzung neuer Ideen. Aus der technischen Innovation resultiert oftmals auch eine konzeptuelle. So entstehen gestalterisch anspruchsvolle Gebäude mit attraktiven Wohnungen – auch auf innerstädtischen Grundstücken.19 Durch die technischen Möglichkeiten der Vorfabrikation lassen sich unter Verwendung neuer Materialien in Leicht- und Massivbauweisen20 zudem energetisch hoch leistungsfähige Konstruktionssysteme für Gebäudeinfrastruktur und Fassade entwickeln. 4.1 DIE FALLBEISPIELE IM EINZELNEN Die Referenzprojekte zeichnen sich aus durch einen jeweils unterschiedlichen Umgang mit Möglichkeiten der Standardisierung in Planung oder Produktion, womit jeweils andere Zielsetzungen verfolgt werden: Keines der Projekte fokussiert gleichermaßen auf Zeit- und Kosteneffizienz, Adaptionsfähigkeit in Bezug auf Ort oder Nutzer, energetische Leistungsfähigkeit und architektonische Qualität. Die jeweiligen Schwerpunkte sind in der nebenstehenden Projektübersicht zusammen- und gegenübergestellt. Weiterhin ist zu konstatieren, dass sich der Grad an Standardisierung in Planung oder Produktion nicht proportional an Einschränkungen bezüglich der Varianz oder der Aneignungsspielräume eines Systems gebunden ist. Genauso wenig bewirkt ein hoher Grad an Standardisierung automatisch Gewinne durch Kosten- und Zeitersparnis. Spezifische Qualitäten machen die Modelle für unterschiedliche Gruppen von Nutzerinnen und Nutzern attraktiv. Unterscheidet man nach Standardisierung in Planung und Produktion, so lässt sich bilanzieren, dass Projekte mit einem Fokus auf Standardisierung in der Produktion (Vorfertigung) vielfach konventionelle Wohnmodelle bedienen (WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, CASE STUDY #1, TRIEMLI, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE, HOUSING BLOCK 10), während solche mit einem Schwerpunkt auf Standardisierungsprozessen in der Planung (zum Teil sehr wohl unter Rückgriff auf industriell vorgefertigte Bauelemente) oft auch auf der Ebene innovativer Wohn- oder (Selbst-)Baumodelle agieren (23 DWELLINGS, GRUNDBAU UND SIEDLER, TILA). Dabei ist die Zuordnung innovativer Technik zu konventionellen Wohnmodellen und umgekehrt keineswegs zwingend, wie im Rahmen einer IBA nachgewiesen werden könnte.

Die zuerst genannten Projekte zielen eher auf den klassischen Wohnungsmarkt (Wohnungsbaugesellschaften, kommerzielle Investorinnen und Investoren), wobei Ansätze wie FLEXIBLE STUKTUREN und HOUSING BLOCK 10 durch die niedrigen Preise auch für den Sozialen Wohnungsbau und Genossenschaften interessante Modelle darstellen. 23 DWELLINGS, GRUNDBAU UND SIEDLER und TILA dagegen eignen sich nur für sehr spezifische Nutzergruppen. Dies gilt insbesondere für die zwei letztgenannten, in denen Kostenersparnis vor allem durch einen hohen Selbstbau-Anteil zustande kommt. Beide Konzepte sind aufgrund des hohen Individualisierungsgrades der Wohnungen primär für Wohnmodelle in selbst genutztem Wohneigentum (insbesondere Baugruppen) attraktiv. Weiterhin scheint für die Zusammenfassung der Ergebnisse der Hinweis wichtig, dass für die hier unter dem Begriff „Serieller Wohnungsbau“ subsummierten Fallbeispiele eine Unterscheidung in Prototyp und Serie nicht eindeutig zu treffen und heute wohl auch nicht mehr sinnvoll ist. Ein solches Verständnis der Serienfertigung hatte in den 1960er und 1970er Jahren vielfach zur unterschiedslosen Verbreitung einheitlicher Wohngebäude aus vorgefertigten Teilen mit immer gleichen Wohnungszuschnitten geführt, deren monotone Gestalt und mangelnde Flexibilität und Adaptionsfähigkeit zurecht kritisiert wurde. Doch Standardisierungsprozesse in Planung und Produktion bergen auch – und heute mehr denn je – großes Potenzial zur Sicherung architektonischer und konstruktiver Qualitäten bei gleichzeitig kosten- und zeiteffizienter Bauweise. Tatsächlich wurden die in dieser Studie erläuterten, verschiedenen Strategien der Standardisierung mit dem Ziel entwickelt, die Vorteile der Standardiserung mit dem Wunsch nach einer Vielfalt an Lösungen in Übereinstimmung zu bringen und Gebäude und Wohnungen für verschiedene Projektanforderungen und oftmals einen jeweils spezifischen urbanen Kontext zu erzeugen. Die so entstandenen Bauten sind daher im Ergebnis Unikate, obwohl sie auf Prinzipien der Standardisierung in Planung und / oder Prodution rekurrieren. Die Vielfalt der Ansätze spiegelt dabei das Bemühen der Planenden wieder, den stetig steigenden Anforderungen mit verscheidenen Strategien (nicht nur mit wachsenden technischen Möglichkeiten) zu begegnen. Die Fallbeispiele WOHNSIEDLUNG AMEGERFAELLEDVEJ, TRIEMLI, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE, TOP WALL, HOUSING BLOCK 10, 23 DWELLINGS und PILE UP® STACK UP® sind als Unikate im beschriebenen Sinne zu verstehen und stellen Stationen innerhalb einer jeweils bereits 19 20

In der Vergangenheit basierten serielle Bauweisen in der Regel auf einer ausschließlich orthogonal konzipierten Bauteilfügung. Damit waren sie für innerstädtische Grundstücke mit häufig nicht orthogonalem Zuschnitt ungeeignet. Vor allem durch computergestütze Verfahren ist heute eine sehr viel größere Formenvarianz im Serienbau möglich. Beton mit spezifischen Zuschlägen, Holz-Massivbauweisen, Vacuum Insulates Pannels (VIP), Verbundsysteme.

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mehrfach erfolgreich realisierten Reihe ähnlich konzipierter Projekte dar. Bei den Fallbeispielen CASE STUDY #1, GRUNDBAU UND SIEDLER und TILA handelt es sich um Ansätze, die bislang zwar jeweils erst ein enziges Mal realisiert wurden, aber auf Wiederholung angelegt und daher prototypisch sind. Allerdings geht es dabei nicht um eine identische Reproduktion, sondern um die wiederholte Anwendung einer Strategie. Daher handelt es sich eher um Pilotprojekte als um Prototypen (dasselbe gilt auch für den sich noch in der Entwicklung befindenden Ansatz FLEXIBLE STRUKTUREN). Tatsächlich sind die Projektverantwortlichen in allen drei Fällen überzeugt, dass es Folgeprojekte geben wird. Aus den Interviews ging hervor, dass vor allem für die beiden zuletzt genannten die Schwierigkeit für die Realisierung einer „Serie“ darin liegt, geeignete Projektpartner in der Entwicklung zu finden, da für kommerzielle Wohnungsbauunternehmen durch den Selbstbau zu geringe Gewinnspannen zu erwarten sind. Umso mehr Potenzial bergen die Ansätze z.B. für direkt beauftragende Baugruppen. Einen Prototypen im klassischen Sinne ausgelgt stellt allein das Projekt SYSTEM 3 dar. Dass dieser bisher nicht in Serie ging, liegt wohl in der Tatsache begründet, dass es sich primär um einen singulären Beitrag zur Ausstellung Home Delivery im MoMA 2008 handelt, und eine große Serienproduktion nicht im Fokus der Entwickung stand – was nicht bedeutet, dass eine solche nicht erfolgreich sein könnte. Zeiteffizienz Als besonders zeiteffizient erwiesen sich erwartungsgemäß Projekte mit hohem Vorfertigungsgrad. Das sind vor allem die Beispiele, die auf Methoden modulbasierter Präfabrikation – zum Teil kombiniert mit elementbasierten Systemen – unter Miteinbezug der Ausbaugewerke basieren (WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, CASE STUDY #1 und SYSTEM 3). Der Vorfertigungsgrad für diese Fallbeispiele beträgt 80% bis 100%. Für CASE STUDY #1 erscheint zudem besonders die Kooperation von Architekturbüro und Fertighausbranche vielversprechend, da hier bewährte Methoden aus dem Eigenheimbau auf das innerstädtische Wohnen übertragen werden. Im „Fertighaus auf der Etage“ sehen kommerzielle Hausbaufirmen der Eigenheimbranche durchaus einen wichtigen Markt der Zukunft. Entsprechende Modelle bergen daher in gestalterischer wie in konzeptioneller Hinsicht ein wesentliches Potenzial. SYSTEM 3 dagegen verbindet einen hohen Vorfertigungsgrad mit einem intelligenten Transportkonzept. Die auf Industriecontainer abgestimmten Gebäudeabmessungen ermöglichen eine preiswerte und sichere Lieferung und einen globalen Einsatz. Doch auch andere Strategien erwiesen sich als zeitsparend, so z. B. die Vorfertigung großformatiger Fassadenelemente in Kombination mit einer intelligenten Logistik für einen Rohbau in Ortbeton (HOUSING BLOCK 10) oder die Verwendung von Bauelementen „von der Stange“, die nicht spezifisch für das

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jeweilige Gebäude geplant und gefertigt, sondern (wie im Fall 23 DWELLINGS) aus einem anderen Baukontext übertragen wurden. Die wenigsten der besonders zeiteffizienten Ansätze wurden für innerstädtische Lagen konzipiert. Scheinbar wird das Potenzial minimierter Montagearbeit für Baustellen in der Stadt unterschätzt und weit reichende Präfabrikation – vielleicht aufgrund der besonderen Herausforderungen des Transportes – oftmals erst gar nicht erwogen: Durch einen hohen Vorfertigungsgrad lassen sich Belastungen für Nachbarn und Infrastruktur, in städtischen Lagen meist besonders relevant, minimieren. In der Verbindung weitreichender Vorfertigung mit Varianz in der Fertigung (auch das Forschungsprojekt FLEXIBLE STRUKTUREN konzipiert keinen sehr hohen Vorfertigungsgrad) liegt noch Entwicklungspotenzial. Kosteneffizienz Die Frage, ab welcher Projektgröße oder Wohnungsanzahl Standardisierungsprozesse sinnvoll sind, hängt vom jeweiligen Ansatz ab und lässt sich nicht verallgemeinernd feststellen. Während einige der befragten Projektverantwortlichen eine kostenneutrale Fertigung von Kleinserien oder gar Unikaten für möglich halten, die durch computergestützte und roboterisierte Methoden möglich sei, gehen andere erst ab einem Wiederholungsfaktor von 50 und mehr von einer wirtschaftlichen bzw. kostensparenden Produktion aus. Jedenfalls erwiesen sich die Projekte, die unmittelbar auf fertige Produkte (großformatige, vorgefertigte Bauteile) oder doch auf Produktionsweisen aus dem Industrie-, Landwirtschaftsoder Gartenbau zurückgreifen (FLEXIBLE STRUKTUREN, HOUSING BLOCK 10, 23 DWELLINGS), als nicht nur zeit-, sondern auch als sehr kosteneffizient. Eine hohe Wohnqualität wird dabei durch die Definition gestalterisch-räumlicher Parameter garantiert (vgl. Kempe, Thill 2012). Letztere führen mitunter auch zu innovativen Wohnformen (23 DWELLINGS). Die genannten Projekte weisen zudem mittelbar Kostenvorteile durch ihre schnelle Fertigung und die dadurch mögliche Reduktion der Finanzierungskosten auf. Dasselbe gilt auch für die anderen oben beschriebenen Beispiele mit hohem Vorfertigungsgrad, die in der Produktion allein eher geringe Preisvorteile erwirtschaften. Kostensparendes Bauen ermöglichen zudem Ansätze, die standardisierte Rohbauten mit individuellen Nutzerausbauten kombinieren. Wenngleich eine Ersparnis dadurch nicht automatisch gegeben ist (im Gegenteil entstehen durch die anteilige Übergabe der Planungs- und Bauleistungen in den Verantwortungsbereich von Laien mitunter auch Mehrkosten), so kann – durch unterschiedliche Ausbaustandards und das jeweilige Maß an Eigenbeteiligung – das Budget doch den individuellen finanziellen Möglichkeiten der Nutzer angepasst werden. Energieeffizienz Die Analyse der Fallbeispiele lässt schlussfolgern, dass ein hoher Grad an Vorfertigung aufgrund optimierter Herstellungs-

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bedingungen in der Fabrik einer leistungsfähigen Energiebilanz zuträglich ist. Fast alle gezeigten Beispiele erfüllen hohe energetische Standards. Dass dies nicht immer zu preisgünstigen Lösungen führt, ergibt sich zum Teil aus den hohen Kosten für die hochwertigen Materialien und differenzierten Fertigungsverfahren (TRIEMLI, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE). Oftmals war Kosteneffizienz in der Produktion daher nicht primäre Zielsetzung. Vielmehr ging es um eine nur durch Fabrikfertigung zu erreichende Ausführungsqualität zugunsten gestalterischer und baukonstruktiv anspruchsvollen Lösungen für ein Fassadensystem mit wenig Wartungsaufwand. Hierdurch können nicht in der Produktion, wohl aber in der Unterhaltung Kosten gespart werden und nachhaltige Lösungen realisiert werden. Oder aber die Produktionskosten amortisieren sich (wie im Fall ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE) über eine Vergrößerung der Wohnfläche, ermöglicht durch eine Verschlankung der Bauteile als Ergebnis der Fabrikfertigung. Eine besondere Hervorhebung in Bezug auf einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen verdient das Projekt TOP WALL durch sein umfassendes Energiekonzept (vgl. Kap. 3.3). Sein moderater Vorfertigungsgrad macht das System höchst flexibel – nicht nur in Hinblick auf das gebaute Ergebnis, sondern auch auf die Herstellung: Es zielt in der Fertigung auf eine Zusammenarbeit mit lokalen kleinen und mittleren Unternehmen, wodurch Wettbewerb gefördert und Abhängigkeiten von der Industrie vermieden werden. Eine alternative Interpretation innovativer Energiekonzepte im Wohnungsbau liefert das Projekt 23 DWELLINGS durch die Definition unterschiedlich temperierter „Klimazonen“ innerhalb der Wohnungen (vgl. Kap. 4.2). Flexibilität (Varianz / Aneignungspotenzial) Naturgemäß sind Systeme ohne oder mit einem moderaten Grad an Vorfertigung sehr flexibel auf verschiedene Gebäudekonzeptionen anwendbar (TOP WALL, PILE UP® STACK UP®). Doch auch Methoden der Vorfertigung ermöglichen heute eine große Varianz der Systeme und sind damit geeignet, Gebäude als Unikate für ihren jeweiligen städtebaulichen Kontext zu entwerfen (TRIEMLI, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE, FLEXIBLE STRUKTUREN). Die industrielle Produktion von Kleinserien ist allerdings weniger wirtschaftlich als eine Fertigung hoher Stückzahlen für die Realisierung großer Bauvorhaben auf der (mehr oder weniger) „grünen Wiese“ (WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, HOUSING BLOCK 10, 23 DWELLINGS). In der Tat wurden Methoden der Vorfertigung z.B. für die Projekte TRIEMLI, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE weniger aus Kostengründen angewandt. Vielmehr ging es wie oben erläutert um eine hohe Ausführungsqualität in Bezug auf gestalterische und energetische Standards oder um zeitliche Vorteile. Eine Varianz der Wohnungen wird in den Projekten WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, CASE STUDY #1, SYSTEM 3, TRIEMLI, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE, HOUSING BLOCK 10 und PILE UP® STACK UP® durch eine mehr oder weniger große typologische Vielfalt

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erreicht. GRUNDBAU UND SIEDLER, TILA und FLEXIBLE STRUKTUREN zielen dagegen auf Vielfalt durch individuelle Nutzerausbauten. In 23 DWELLINGS ist eine räumlich und zeitlich tatsächlich flexible Benutzung durch ein Überangebot von Wohnfläche mit differenzierten räumlichen Qualitäten intendiert. Innovationspotenzial Alle ausgewählten Fallbeispiele sind auf ihre Weise innovativ. Technisch stellen dabei vor allem die Projekte TRIELMLI, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE und HOUSING BLOCK 10 vielversprechende Ansätze dar. In Bezug auf Transport und Montage erscheint SYSTEM 3 ein sinnvoller Ansatz. In Bezug auf die jeweilige Kooperationen mit Partnern in Forschung und Industrie bergen die Ansätze CASE STUDY #1, TOP WALL, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE, FLEXIBLE STUKTUREN und HOUSING BLOCK 10 viel Potenzial. Innovativ in Bezug auf die Wohnformen dagegen erscheinen vor allem 23 DWELLINGS, GRUNDBAU UND SIEDLER sowie TILA. Das Modell PILE UP® STACK UP® leistet durch den Versuch der Etablierung von Wohnstandards durch eine Marke ebenfalls einen Beitrag zu Gestaltungs- und Vermarktungsfragen im Wohnungsbau. 4.2. EMPFEHLUNGEN AN DIE IBA BERLIN 2020 Die dargestellten Projekte belegen, dass Standardisierung in Planung und Bau vielfältiges Potenzial für Zeit und Kosten sparendes und zugleich individuelles und qualitätvolles Bauen mit hohen energetischen Standards bergen. Damit stellt der Serielle Wohnungsbau einen relevanten Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Wohnkonzepte für heutige und künftige Standards dar. Das Negativ-Image, das der Bauweise zum Teil noch anhängt, verlangt angesichts der nachgewiesenen Flexibilität und der hohen architektonischen, räumlichen und baukonstruktiven Qualität dringend nach einer Revision. Die IBA Berlin 2020 könnte den geeigneten Rahmen bieten, um anhand entsprechender Programme und beispielhafter Projekte Übertragbarkeit und Entwicklungspotenzial der vorgestellten Lösungen auf den hiesigen Kontext zu überprüfen. Dass Berlin damit nicht nur international wegweisende Konzepte im Wohnungsbau aufzeigen, sondern auch langfristig davon profitieren könnte, zeigt der Erfolg der vorausgegangenen Berliner Bauausstellungen. Durch regional und international unterschiedliche Produktionsmöglichkeiten – ebenso wie durch gesellschaftliche und juristi21 22

Für die IBA 84 wurden unter der Zielsetzung der „Behutsamen Stadterneuerung“ zwei Handlungsfelder definiert. Unter der Maßgabe der Erhaltung, Stabilisierung und Weiterentwicklung der vorhandenen sozialen und funktionalen Strukturen der Stadt wurden Neubauten in das vorhandene/historische Stadtgewebe integriert (IBA NEU) und Altbauten unter Förderung von Prozessen wie Selbsthilfe- und Mietermodernisierung saniert (IBA ALT). Dadurch konnte die illegale (Instand-) Besetzung zahlreicher leerstehender Wohnhäuser (vor allem in Kreuzberg) legalisiert werden. Es wurde in einer Region mit mediterranem Klima errichtet.

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sche Rahmenbedingungen – ist eine unmittelbare Übertragung der vorgestellten Modelle nicht immer vorbehaltlos möglich. So ist bspw. in Bezug auf die Produktion insbesondere für Projekte mit hohem Vorfertigungsgrad im Einzelfall zu überprüfen, inwieweit die Konzepte auch für eine Realisierung durch ortsansässige Firmen geeignet sind. Dies ist ohne weiteres denkbar für Ansätze wie z.B. WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ, CASE STUDY #1, SYSTEM 3, TOP WALL oder HOUSING BLOCK 10. Andere Modelle dagegen sind stark auf die Zusammenarbeit mit im Ausland ansässigen Unternehmen angewiesen (TRIEMLI, ULTRADÜNNE FASSADENELEMENTE). Ihre Wirtschaftlichkeit müsste, in Abwägung des Transportaufwandes, für den konkreten Fall zu geprüft werden. Oder aber es wäre nach Partnerinnen oder Partnern vor Ort zu suchen, um nicht zuletzt auch die örtliche Bauwirtschaft zu stärken. Hier könnten, wie bei der IBA Hamburg praktiziert, Kooperationen zwischen Architekturbüros und Bauindustrie gefördert und gefordert werden. Besonders vielversprechend für eine Zusammenarbeit mit Akteuren vor Ort erscheinen Systeme wie TOP WALL, die die Einbindung kleiner und mittlerer Unternehmen in die Rohstoffgewinnung, Fertigung und Montage vorsehen – und zudem auf lokale, nachwachsende Baustoffe (Holz) zurückgreifen. Für eine Übertragung dieses Ansatzes auf den Berliner Kontext ist, wie bei alle Projekten mit tragender Holzkonstruktion (hier WOHNSIEDLUNG AMAGERFAELLEDVEJ , SYSTEM 3) nach örtlicher Bauordnung allerdings mit genehmigungsrechtlichen Hürden zu rechnen. Zwar wurden in Berlin in den vergangenen Jahren bereits einige mehrgeschossige Wohngebäude mit tragender Holzkonstruktion errichtet; baulicher Brandschutz war hier jedoch stets mit zeit- und kostenintensivem Planungsaufwand verbunden. Aufgrund der lokal und international gemachten positiven Erfahrungen im Holzbau wäre hier angesichts des enormen Potenzials des nachwachsenden Baustoffs eine Revision der bestehenden Verordnungen wünschenswert – und im Rahmen einer IBA denkbar. Auch für Projekte mit hohem Selbstbauanteil (GRUNDBAU UND SIEDLER, TILA) stellt die IBA Berlin 2020 eine geeignete Plattform dar. Während für die Referenzprojekte mangelnde Erfahrung der Behörden oder Entwickler zu Verzögerungen in den Abläufen führten, kann man in Berlin bezüglich Selbstorganisation und Eigenbeteiligung im Bau an eine etablierte Kultur anknüpfen, die sich nicht zuletzt durch die Strategien der IBA 84 (insbesondere IBA-ALT) entwickeln konnten.21 Seitdem gehören Selbstorganisation und Eigenbeteiligung im Bau zu den Stärken der Stadt und legen daher die Übertragung von Konzepten basierend auf baulicher Selbsthilfe nahe. Die Kombination standardisierter Rohbauten mit individuellem Ausbau durch die Nutzerinnen und Nutzer bietet demnach ein ideales Experimentierfeld für die IBA: Die Verbindung der wirtschaftlichen Vorteile der Standardisierung im Rohbau mit denen einer selbstbestimmten Gestaltung des Ausbaus kann als urbane Antwort auf den Wusch nach dem Eigenheim verstanden werden. Die Optimierung der in den Fallbeispielen vorgestellten Modelle, bspw. durch eine weiter reichenden Einsatz von Me-

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thoden der Vorfertigung (im Projekt TILA durch eine Ergänzung des Rohbaus durch modular vorgefertigte Badezimmer angedacht) scheint hier lohnend. Ein weiteres Fallbeispiel verdient hier besondere Erwähnung, da es eine alternative Perspektive innerhalb der wichtigen Diskussion zum energetischen Bauen eröffnet. Es handelt sich um das Projekt 23 DWELLINGS. Obwohl (oder gerade weil) das Fallbeispiel in energetischer Hinsicht als einziges nicht den deutschen Richtlinien entspricht,22 liefert es einen übertragbaren Beitrag zu einer differenzierten Betrachtung von Energiesparmodellen. Im gezeigten Projekt in Trignac wird die Wohnfläche in Bereiche unterschiedlicher Temperierung unterteilt. Weniger temperaturdichte Bereiche dienen als Klimapuffer für höher isolierte. In dieser Zonierung liegt das Potenzial für eine mögliche Übertragung. Denn während die gültige EnEV maximale Transmissionswärmeverluste über die gesamte Außenhülle des Gebäudes zugrunde legt und damit eine rundum hoch wärmegedämmte Gebäudehülle vorschreibt (und dadurch die Erstellungskosten und auch den Energieaufwand für energieeffizientes Bauen enorm erhöht23), könnte eine nur anteilig gut isolierte Wohnfläche die Kosten für Errichtung und Unterhaltung deutlich senken. Zudem ist der Energieverbrauch nach EnEV auf die bewohnte Fläche bzw. das bewohnte Volumen bezogen, was bedeutet, dass für große Wohnungen ein größerer Energiebedarf angesetzt wird als für kleine. Dies ist angesichts einer stetig steigenden Pro-Kopf-Wohnfläche durchaus kritisch zu hinterfragen. Durch die Einführung verschieden dichter Klimazonen im Gebäude ließe sich der Energieverbrauch an vielleicht nachhaltigeren und „gerechteren“ Pro-Kopf-Modellen orientieren, wie z.B. dem der 2000-Watt-Gesellschaft (vgl. Kap. 3.3 und TOP WALL). In großen Wohnungen wäre dann nicht mehr die gesamte Fläche gleichermaßen zu isolieren – was schließlich auch der Gesamtenergiebilanz eines Gebäudes zugute kommt, in die auch der Energiebedarf für Produktion und Entsorgung der Baumaterialien (inklusive Dämmstoffe) einfließen sollte. Verkürzt gesagt impliziert eine mögliche Übertragung dieses Modells die Forderung, der Mensch möge statt ganzer Gebäude einfach sich selbst wärmer anziehen. Auch zu dieser derzeit in verschiedenen Foren diskutierten Debatte könnte die IBA beispielhaft Lösungsansätze zu einer flexibleren Handhabung von Energiesparverordnungen aufzeigen.24 Solche und andere Innovationen verlangen nach planerischem Engagement. In der Tat zeigt die Analyse der Fallbeispiele, dass sich die Planungsleistung des Architekten durch Serialisierung nicht erübrigt – im Gegenteil: der intelligente Einsatz von Methoden der Präfabrikation erfordert mitunter sogar 23 24

Zur Diskussion um die Vereinbarkeit von energieeffizientem und kostengünstigem Bauen vgl. u.a. http://bkult.de/de_DE/457.schliessen_ sich_energiewende_und_bezahlbares_wohnen_aus/472.arno_ brandlhuber.pro (06.11.2012) vgl. ebenfalls z.B. http://bkult.de/de_DE/457.schliessen_sich_ energiewende_und_bezahlbares_wohnen_aus/ (20.11.2012).

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erhöhten Planungsaufwand, insbesondere für die Entwicklungsarbeit für prototypische Projekte. Hier wäre anzuregen, im Rahmen der IBA ein besonderes Augenmerk auf die Leistungsphase der Entwicklung, einer in der HOAI nicht vorgesehenen Phase 0, zu legen. Doch auch außerhalb dieser Entwicklungsarbeit verbleibt Planungsaufwand, auch für die Serienfertigung, will man die Gebäude auf ihren städtebaulichen Kontext bezogen als Unikate entwerfen. Die kontextlose und nutzerunspezifische Übertragung eines Konzepts auf beliebige Standorte nämlich ist im bestehenden Stadtgefüge oftmals gar nicht möglich und erscheint – gemessen am artikulierten Wunsch nach einer sozial, kulturell, strukturell und funktional gemischten Stadt25 – als nicht zielführend. Während Varianz in Bezug auf die städtebauliche Einbindung von Gebäuden demnach wünschenswert ist, ist die Forderung nach größtmöglicher Individualität der Wohnungen mitunter kritisch zu hinterfragen. Allzu spezifische Lösungen im Sinne einer Mass Customized Architecture, heute oftmals als „Garant“ für eine gewünschte Wohnungsvielfalt verstanden (vgl. Kap. 3.1), sind nur auf die Erstbewohnerinnen und -bewohner abgestimmt und in der Regel mit finanziellem Mehraufwand verbunden. Über eine günstiger herzustellende typologische Vielfalt von gut geplanten, nutzungsneutral konzipierten und unterschiedlich großen Wohnungen kann eine differenzierte Nachfrage ebenso, vielleicht nachhaltiger abgedeckt werden.

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innovative Ausschreibungs- und Vergabeverfahren, modifizierte Zugangsbedingungen zu Wettbewerben und Verpflichtungen zur interdisziplinären Kooperation unter Miteinbezug von Forschungseinrichtungen experimentelle Freiräume für die Weiterentwicklung dieser Ideen bieten. Doch in einer IBA geht es außer um die gebauten Ergebnisse immer auch um die begleitenden (Kommunikations-) Prozesse (IBA als Instrument einer nachhaltigen Stadtentwicklung26). Die breit angelegte Vermittlung der relevanten Fragestellungen und Inhalte der IBA in Verbindung mit einer prozessbegleitenden, wissenschaftlichen Analyse kann hier ein geeignetes Instrument zur Erzeugung von Identifikation und Teilhabe darstellen. In diesem Kontext sind schließlich auch das Land Berlin und seine Bezirke gefragt – nicht nur als Akteure, sondern auch als Eigentümer von Grund und Boden. Denn eine umsichtige Liegenschaftspolitik ist für die nachhaltige Entwicklung von Wohnraum unerlässlich. Im Rahmen der geplanten IBA könnte die bewusste Auswahl von Partnerinnen und Partnern auf Bauherrenseite und die Förderung alternativer Eigentumsmodelle (Erbpachtverträge, Genossenschaften) dazu beitragen, den als bezahlbar erstellten Wohnraum langfristig als solchen zu sichern.

Der Nachweis, dass typologische Vielfalt auch unter Bedingungen einer Standardisierung von Wohnungen zu erreichen ist, wäre in entsprechend ausgeschriebenen Wettbewerben zu erbringen. Vor dem Hintergrund der IBA als Ausstellung herausragender architektonischer Beispiele sollten hierzu einerseits Beiträge von Architekturbüros willkommen sein, die bereits über Erfahrungen auf dem Gebiet verfügen. Angesichts der anhaltenden Diskussion um Vergabeverfahren in Deutschland wären jedoch unbedingt alternative Wettbewerbsformate zu empfehlen, die auch weniger bekannte und kleinere Planungsteams berücksichtigen. Eine Zusammenarbeit mit der Bauindustrie scheint in jedem Fall unerlässlich. 4.3

FAZIT

Zusammenfassend lässt sich bilanzieren, dass sich Serielle Bauweisen als Experimentierfeld einer neuen IBA eignen. Sie bergen enormes Potenzial für die Erstellung preiswerten und zugleich qualitätvollen Wohnraums und zeigen innovative Ansätze zum energieeffizienten Bauen auf. Dabei besteht der Widerspruch zwischen einer intendierten architektonischen Leistungsschau (IBA als Bau-Ausstellung) und dem vermeintlich anonymen Serienbau nur scheinbar, wie aus den in dieser Studie gezeigten Ansätzen hervorgeht. Eine IBA kann durch

25 vgl. Angebotsaufforderung IBA_S12_08 vom 13.7.2012, S. 1. 26 Stadtentwicklung wird hier nicht nur als ein baulicher, sondern auch als ein sozialer Prozess verstanden (vgl. auch Benze, Gill, Hebert 2013).

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Serieller Wohnungsbau Benze, Gill, Hebert

Studie zur IBA 2020 Berlin 2013

101

Abbildungsverzeichnis 01 Wohnsiedlung Amaergendevej ONV Architects 01.01 ONV Architects 01.02 ONV Architects 01.03 ONV Architects 01.04 ONV Architects 01.05 ONV Architects 01.06 ONV Architects 01.07 ONV Architects 01.08 ONV Architects 01.09 ONV Architects 01.10 ONV Architects 01.11 ONV Architects 01.12 ONV Architects 01.13 ONV Architects 01.14 ONV Architects 01.15 ONV Architects

06 Ultradünne Fassadenelemente (Prototyp) Bassi Carella Architectes 06.01 Bassi Carella Architects 06.02 Bassi Carella Architects 06.03 Bassi Carella Architects 06.04 Bassi Carella Architects 06.05 Bassi Carella Architects 06.06 Bassi Carella Architects 06.07 Bassi Carella Architects 06.08 Bassi Carella Architects 06.09 Bassi Carella Architects 06.10 Bassi Carella Architects 06.11 Bassi Carella Architects 06.12 Bassi Carella Architects 06.13 Bassi Carella Architects 06.14 Bassi Carella Architects

02 Case Study #1 SchwörerHaus 02.01 SchwörerHaus KG Architektur & Marketing 02.02 Fusi & Ammann Architekten 02.03 Fusi & Ammann Architekten 02.04 Fusi & Ammann Architekten 02.05 Fusi & Ammann Architekten 02.06 Fusi & Ammann Architekten 02.07 Fusi & Ammann Architekten 02.08 SchwörerHaus KG Architektur & Marketing 02.09 SchwörerHaus KG Architektur & Marketing 02.10 Fusi & Ammann Architekten 03 System 3 OLK Architekten 03.01 Oskar Leo 03.02 Oskar Leo 03.03 Oskar Leo 03.04 Oskar Leo 03.05 Oskar Leo 03.06 Oskar Leo 03.07 Oskar Leo 03.08 Oskar Leo 03.09 Oskar Leo 03.10 Oskar Leo

Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann Kaufmann

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Albert Albert Albert Albert Albert Albert Albert Albert Albert Albert

Rüf Rüf Rüf Rüf Rüf Rüf Rüf Rüf Rüf Rüf

04 Siedlung Triemli Ballmoos Krucker Architekten 04.01 © Georg Aerni 04.02 von Ballmoos Krucker Architekten 04.03 von Ballmoos Krucker Architekten 04.04 von Ballmoos Krucker Architekten 04.05 von Ballmoos Krucker Architekten 04.06 von Ballmoos Krucker Architekten 04.07 © Georg Aerni 04.08 © Georg Aerni 04.09 © Georg Aerni 04.10 © Georg Aerni 04.11 © Georg Aerni 04.12 von Ballmoos Krucker Architekten 04.13 von Ballmoos Krucker Architekten 05 Wohn- und Geschäftshaus Badener Str. pool Architekten (Mathias Heinz) 05.01 © Giuseppe Micciché 05.02 pool Architekten 05.03 pool Architekten 05.04 pool Architekten 05.05 © Giuseppe Micciché 05.06 © Giuseppe Micciché 05.07 © Giuseppe Micciché 05.08 © Giuseppe Micciché 05.09 pool Architekten

07 FLexiBLe STrUKTUreN A13, TU BerLiN 07.01 Hochhaus der Fakultät Architektur, TU Berlin (Bernahrd Hermkes, Hans Scharoun), Baustellenfoto 1965, Foto: Werner Baues, © Architekturarchiv Hamburg 07.02 Studienarbeiten, in: A13 2012, S. 5 07.03 Studienarbeit Pavel Goldstein, Tim Goldschmidt, Konstantinos Papadis, in: A13 2012, S. 10 07.04 Studienarbeit Pavel Goldstein, Tim Goldschmidt, Konstantinos Papadis, in: A13 2012, S. 11 07.05 Studienarbeit Pavel Goldstein, Tim Goldschmidt, Konstantinos Papadis, in: A13 2012, S. 15 07.06 Studienarbeit Dorothee Hahn, Daniela Mehlich, Ellen Staib, in: A13 2012, S. 41 07.07 Studienarbeit Dorothee Hahn, Daniela Mehlich, Ellen Staib, in: A13 2012 S. 44 07.08 Studienarbeit Dorothee Hahn, Daniela Mehlich, Ellen Staib, in: A13 2012, S. 46 07.09 Studienarbeit Sophia Frommel, Friedolin Turowski, Romina Falk, Josephine Brillowski, in: A13 2012, S. 49 07.10 Studienarbeit Sophia Frommel, Friedolin Turowski, Romina Falk, Josephine Brillowski, in A13 2012, S. 50, 53 07.11 Studienarbeit Sophia Frommel, Friedolin Turowski, Romina Falk, Josephine Brillowski, in: A13 2012, S. 54 08 Housing Block 10 Atelier Kempe Thill 09.01 Atelier Kempe 09.02 Atelier Kempe 09.03 Atelier Kempe 09.04 Atelier Kempe 09.05 Atelier Kempe 09.06 Atelier Kempe 09.07 Atelier Kempe 09.08 Atelier Kempe 09.09 Atelier Kempe 09.10 Atelier Kempe 09.11 Atelier Kempe 09.12 Atelier Kempe

Thill, Thill Thill Thill Thill Thill Thill, Thill, Thill, Thill, Thill Thill,

© Ulrich Schwarz

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Ulrich Ulrich Ulrich Ulrich

Schwarz Schwarz Schwarz Schwarz

© Ulrich Schwarz

09 23 Dwellings Trignac Lacaton Vassal Architectes 08.01 Lacaton Vassal Architectes 08.02 Lacaton Vassal Architectes 08.03 Lacaton Vassal Architectes 08.04 Lacaton Vassal Architectes 08.05 Lacaton Vassal Architectes 08.06 Lacaton Vassal Architectes 08.07 Lacaton Vassal Architectes 08.08 Lacaton Vassal Architectes 08.09 Lacaton Vassal Architectes 08.10 Lacaton Vassal Architectes 08.11 Lacaton Vassal Architectes 10 Grundbau Siedler BeL Architekten 10.01 BeL Architekten 10.02 BeL Architekten 10.03 BeL Architekten 10.04 BeL Architekten 10.05 Walker, A.B.: Reproduction of the ground, in: BeL Architekten: Grundbau und Siedler [Präsentation zum Wettbewerb IBA Hamburg-Wilhelms burg], S. 3 (erstmals veröffentlicht in Life Magazine „Real Estate Number“, NY 1909) 10.06 BeL Architekten 10.07 BeL Architekten 10.08 BeL Architekten 10.09 subsolar* 10.10 subsolar* 11 TiLA Pia ilonen, Talli Oy 11.01 Pia Ilonen, © Kuvio 11.02 Modellfoto, Le Corbusier: Unité d’Habitation Quelle: http://aiacc. org/2012/05/09/architecture-as-theframe-not-the-picture-really/ 11.03 Pia Ilonen 11.04 Pia Ilonen 11.05 aus: Deutsche Bauzeitung 1/2012, S. 51 11.06 aus: Deutsche Bauzeitung 1/2012, S. 49 11.07 Pia Ilonen, © Stefan Bremer 11.08 Pia Ilonen, © Stefan Bremer 11.09 Pia Ilonen, © Stefan Bremer 11.10 Pia Ilonen, © Stefan Bremer 12 Pile Up ® Stack Up ® Zapco Lt. 12.01 Zapco Ltd. AG, 12.02 Zapco Ltd. AG 12.03 Zapco Ltd. AG 12.04 Zapco Ltd. AG 12.05 Zapco Ltd. AG 12.06 Zapco Ltd. AG 12.07 Zapco Ltd. AG, 12.08 Zapco Ltd. AG 12.09 Zapco Ltd. AG, 12.10 Zapco Ltd. AG 12.11 Zapco Ltd. AG, 12.12 Zapco Ltd. AG 12.13 Zapco Ltd. AG, 12.14 Zapco Ltd. AG 12.15 Zapco Ltd. AG 12.16 Zapco Ltd. AG, 12.17 Zapco Ltd. AG 12.18 Zapco Ltd. AG

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