Sauber wienerisch schimpfen

18.04.2016 - Die Weltwirtschaftskrise stürzt die Men- schen in die Armut, doch gerade zu dieser Zeit boomen Tanzmarathon-Veranstaltungen wie.
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8 KULTUR

M ONTAG, 18. APRIL 20 16

Der Rektor des Mozarteums ließ sich beurlauben

Zwei der witzigen Cartoons von Maria Antonia Graf aus dem Buch „Schimpfen wie ein echter Wiener“.

BILD: SN/HOLZBAUM VERLAG

Sauber wienerisch schimpfen Wie man stilvoll sudern, raunzen und toben kann, lehrt ein Buch über Wiener Schimpfkultur. HEDWIG KAINBERGER SALZBURG, WIEN.

Seit ein Dialektsprecher nicht sogleich als bäuerlicher Tölpel oder g’scherter Prolet verdammt wird, sondern auch als sozial feinfühliger Sprachvirtuose gilt, kann Schimpfen, Raunzen und Fluchen ein intellektuelles Flair bekommen. Dem neuen Handbuch „Schimpfen wie ein echter Wiener“ gelingt dies, und es wird sogar als Ausbund für „Schimpfkultur“ angepriesen – also für die durchaus Einfühlsamkeit erfordernde „Fähigkeit, zu allem und jedem passende unhöfliche, witzig-beleidigende und obszöne Worte und Redewendungen zu finden“. Das Wiener Online-Medium stadtbekannt.at – und die dortige Autorin Anna Mehofer – hat es soeben herausgebracht. Allerdings ist vieles, was da als wienerisch aufgefächert wird, genauso in Oberösterreich, Salzburg, Tirol oder Bayern zu vernehmen. „An Schmarrn geht di des was on!“, „blede Gurkn“ und „fade Nockn“, „Katzlmocha“, „Krischpindl“ und „Wampata“ nur als wienerisch einzuordnen ist als bundeshauptstädtische Sprach-Hegemonie zu verpönen. Und doch: Mit einer „gspritzten Bagage“ oder dem bildreichen Wie-

ner Tod – wie im „Foaschein fürn Anasiebzga“ (siehe unten) – hält kaum ein Westösterreicher mit. Das Aparte an diesem Büchlein sind die fein hochdeutschen Erläuterungen sowie die immer wieder eingewobenen Erkenntnisse der Etymologie. Der „Wampate“ ist abgeleitet von der mittelhochdeutschen „wambe“ für Bauch und Mutterleib; dies ist verwandt mit dem englischen „womb“ und auch adjektivisch einsetzbar, etwa als „wampata Wappla“ oder „wampate Oide“. Gerne erfährt man, warum etwas „fia’n Hugo“ sein kann – also „fia d’ Wiascht“ oder „fia di Fisch“ oder eben: umsonst, vergeblich, überflüssig oder sinnlos. Der Hugo sei eine Verballhornung des französischen „haut goût“, heißt es in dem Buch. Dieser „hohe Geschmack“ aus dem Französischen sei aber in der Küchensprache ins Gegenteil verkehrt worden, also ins Anrüchige und Stinkende. Und dazu hätten die Wiener die Silben umgekrempelt. So braucht auch jemand, der auf gebildete Wohlerzogenheit Wert legt, sich nicht maßlos genieren, ein Kapitel übers „tiafe Schimpfn“ samt Wortfamilie von „Oasch“ (Oaschgfries, Oaschgeign, Oaschpartie, Oasch mit Oan etc.) mit ebensolcher Sprachlust zu studieren wie

„Schene Wörter fia schiache Leit“. Beim Lesen wird zudem spürbar: Wienerisch zu reden ist wie mit 80 km/h durch eine Kurve bledern: Man tut es mit Emphase, und es ist einem so was von nicht wurscht! Oh, Pardon: Es lässt einen nicht kalt. Und das Wienerische drängt danach, melodisch und rhythmisch gesprochen zu werden – mit markanten Längen und Punktierungen, ein U aus der Tiefe schöpfend oder einen Vokal zum I hinaufschmierend. Noch ein paar Beispiele: Mund halten – die Anweisung dazu

hört sich in Wien so an: – Hoit de Pappn, goscherter Bua! – Sie gusch, Wappla! – Gusch, Depp! – Heast, Großgoschata, hoits zam!

Weggehen, sich zurückziehen – der Befehl kann in Wien so klingen: – Vazupf di, owa schnöö! – Drah di, Deppata! – Hau di üba d’Heisa! – Hupf in Gatsch! – Geh Leck! Schleich di! – Spüü Schas und vaziag di! – Spüü Zwian und reiß o! – Du Gfrast du, ziag o! – Heast, Gscheader, foa o! – Vaschwind wie’s Wiaschtl ausm Kraut!

Sterben – für kaum etwas gibt es

in Wien mehr bildhafte Ausdrücke: – de Potschn streckn – de Wiama fiadan – ins Gros beißn – si d’Schleifn gebm – si de Erdöpfe vo untn oschaung – si ins Holzpyjama (Sarg) haun – in de Kistn hupfm – a Bankl reißn (eine Totenbank skizzieren) – mitm Anasiebzga foan, oder: an Foaschein fürn Anasiebzga lösn (weil die Straßenbahnlinie 71 zum Zentralfriedhof fährt) – an Obgaung mochn – die Leffl obgem – ookrotzn – an koidn Oasch kriagn – maukas gehn (von jidd. mocho = ausgelöscht sein). Auf die Nerven gehen:

– Des fäut mi sowas von on! – Des geht ma so am Oasch! – Des zipft mi ur on. – Des geht mi voi on. – Da kriag i soo an Hois! – Der Trottl geht ma gscheid am Zaga! Buch: Stadtbekannt.at, Schimpfen wie ein echter Wiener, 128 Seiten, Holzbaum Verlag, Wien 2016.

SALZBURG, MÜNCHEN. Wie am Samstag berichtet, muss sich Siegfried Mauser, Rektor der Universität Mozarteum, am 20. April in München einem Gerichtsverfahren wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung stellen. Mauser betonte, er habe sich nichts vorzuwerfen, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage. Da das Verfahren aber einen großen Teil seiner persönlichen Ressourcen binde, ersuchte Mauser den Universitätsrat noch am Samstag um sofortige Beurlaubung bis zur Klärung der Vorwürfe. Er wolle dadurch auch vermeiden, „dass die Universität Mozarteum durch die gegen mich erhobenen, wenn auch ungerechtfertigten, Vorwürfe Schaden nimmt“. Diesem Ersuchen hat der Universitätsrat, wie das Mozarteum in einer Aussendung bekannt gab, zugestimmt. Die Geschäfte des Hauses führt ab sofort und bis auf Weiteres die Vizerektorin für Ressourcen, Brigitte Hütter.

KURZ GEMELDET Wo Charlie Chaplin lebte und gestorben ist Charlie Chaplins Villa am Genfer See hat ihre Pforten als Museum im Gedenken an den Filmstar geöffnet. In Corsiersur-Vevey hat Chaplin (1889–1977) mit seiner großen Familie die letzten 25 Jahre seines Lebens verbracht. Besucher können nun die Wohnräume des neoklassischen Herrenhauses besuchen. Außerdem errichteten die Museumsbetreiber auf dem Anwesen ein Studio, in dem Filmsets von Chaplins wichtigsten Werken nachgebaut wurden. SN, dpa CORSIER-SUR-VEVEY.

Prominenter Helfer für die Rocker von AC/DC SYDNEY. Guns-N’-Roses-Frontmann

Axl Rose springt bei AC/DC als Sänger ein. Der 54-Jährige hilft aus, weil AC/DC mitten in einer Welttournee auf seinen Sänger Brian Johnson verzichten muss. Über den Neuzugang war bereits spekuliert worden, am Sonntag kam die Bestätigung. Rose werde seine eigene „Not in this Lifetime“-Tour mit Guns N’ Roses danach fortsetzen. Die australischen Hardrocker AC/DC sind mit Axl Rose am 19. Mai auch in Wien zu SN, APA hören.

Willkommen zum Tanz mit eurem Schicksal! Bis Donnerstag, den 28. April 2016, haben Sie noch die Gelegenheit, Robert Pienz’ hoch gelobte Inszenierung von „The Swing Thing“ auf der Bühne des Schauspielhauses Salzburg zu sehen. nie zuvor. Zum Rhythmus von Jazz und Swing wird getanzt, als gäbe es kein Morgen. Nur wer am längsten in Bewegung bleibt, gewinnt das Preisgeld von 1500 Silberdollar. Doch nicht allein das Geld lockt die Teilnehmer . . . Gnadenlos treibt der zynische Moderator Rocky die Tanzpaare voran, bis sie nicht nur körperlich, sondern auch mental völlig am Ende sind. Je größer das Elend, je härter der Kampf, umso besser die Show. Horace McCoy beschreibt in seinem Roman die Gnadenlosigkeit der Tanzmarathon-Veranstaltungen, die wir gerade

heute noch in den zahlreichen Reality- und Casting-Shows wiederfinden. SN-Card-Inhaber erhalten für die Vorstellung von „The Swing Thing “ am Donnerstag, 21. April – diese ist um 19.30 Uhr im Schauspielhaus Salzburg zu sehen –, 20 Prozent Rabatt auf ihre Eintrittskarte. Alle Spieltermine finden Sie online unter WWW.SCHAUSPIELHAUS-SALZBURG.AT. Kartenbuchungen: [email protected] oder telefonisch unter +43 662 / 808585.

Dieser Beitrag wurde vom SN-Marketing mit Partnern gestaltet. Es handelt sich somit, gem. §26 MG, um eine „entgeltliche Einschaltung“.

BILD: SN/CHRIS ROGL

Basierend auf dem Roman „They shoot horses, don’t they“ von Horace McCoy, der im Jahr 1969 von Sydney Pollack mit Jane Fonda in der Hauptrolle verfilmt wurde, entwickelte Robert Pienz das Theaterstück. Begleitet von einer Liveband schwingen das Ensemble des Schauspielhauses und die Schülerinnen und Schüler der Schauspielschule das Tanzbein! Amerika in den Zeiten der großen Depression. Die Weltwirtschaftskrise stürzt die Menschen in die Armut, doch gerade zu dieser Zeit boomen Tanzmarathon-Veranstaltungen wie