ruhrjazz goes europe | Festa do Jazz do São Luiz

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ruhrjazz goes europe | Festa do Jazz do São Luiz Lissabon, 05.04.2012 │ Morgens kurz vor neun. Im Hotel einen der beiden begehrten kleinen Tische mit direktem Blick auf die Straße erwischt, das leckere Frühstück vor sich, doch der Appetit wird kurzzeitig getrübt. Ein junger Mann erleichtert sich völlig ungeniert an der Haustür gegenüber und wankt davon. Auch in Lissabons Cais do Sodré, das direkt ans Party-Viertel Bairro Alto grenzt, dauern die Nächte bis weit in den nächsten Tag hinein. Zu feiern hatte auch das „Festa do Jazz do São Luiz“ etwas, nämlich seine zehnte Ausgabe. Und die Feierlaune ließ man sich auch nicht durch eine mehr als 30%ige Kürzung der Fördergelder in diesem Jahr vermiesen. Da kürzte man eben das Festival von drei auf zwei Tage. Aber die waren voll mit guter Musik. Alles spielt sich dem Festivalnamen gebührend im wunderschönen, aus dem späten 19. Jahrhundert stammenden Theater São Luiz ab. Im warmen und engen Festivalkeller brilliert das Trio des portugiesischen Pianisten Filipe Raposo. Gemeinsam mit Bassist Carlos Bica und Drummer Carlos Miguel stellt Raposo viele Songs seiner wunderbaren ersten CD „First Falls“ (Movieplay) vor, auf der er mit allerdings zwei unterschiedlichen Rhythmusgruppen arbeitet. Raposos Musik bezieht sich mal auf viele Einflüsse, darunter etwa Schubert oder traditionelle portugiesische Themen. Sie besticht durch hohe Spielintelligenz aller drei Musiker auf der Bühne und einer großen lyrischen Tiefe. Mit dieser sehr eigenständigen, mal wunderbar melodramatischen, dann auch wieder zupackenden Musik zählt der Pianist, der auch als Arrangeur und Musiker etwa in der Band der Fadosängerin Joana Amendoeira sehr zu gefallen weiß, zu einem der spannendsten Protagonisten der guten, jungen portugiesischen Jazzszene. Ein alter Hase dagegen ist eben jener Carlos Bica, der nicht nur bei Filipe Raposo mitwirke,

sondern mit seinem eigenen, seit zwei Jahrzehnten schon existierenden Trio „Azul“ im beeindruckenden großen Saal des Theaters für eines der Festival-Highlights sorgte. Wie frisch Bica auf dem Kontrabass, Frank Möbus an der Stromgitarre und Schlagzeuger Jim Black miteinander kommunizieren entlang immer starker Melodielinien mit zugleich soviel Freiraum für Sounds und unvergleichlich kreativem Rhythmusgeflechten von Jim Black – das war eine knappe Stunde lang eine eindrucksvolle und zurecht vielumjubelte Demonstration einer echten Band. Trotz der fantastischen, klavierlosen Band „Azul“ – Pianisten und Piano-Trios standen irgendwie im Fokus des Festivals. In Sachen Piano gibt es in Portugal neben den schon arrivierten Namen wie Mário Laginha, Bernardo Sassetti oder João Paulo Esteves da Silva, letztgenannter spielte am zweiten Abend in der Band „Cine Qua Non“ der ebenfalls hörenswerten Pianistin Paula Sousa auf dem Akkordeon, eine Reihe beachtlicher Talente auf dem schwarz-weißen Elfenbein. Da brillierte Júlio Resende mit seinen Soli im Quartett der jungen Sängerin Elisa Rodrigues, die ihrerseits durchaus zu gefallen wusste mit starker Stimme und ungewöhnlichen Arrangements bekannter Lieder. „Cry Me a River“ fein dekonstruiert und nur mit Schlagzeugbegleitung zu beginnen – nicht nur das hatte Pfiff. Und die beiden Tastendrücker Óscar Marcelino da Graça und Luís Figueiredo bemühten sich mit ihren Trios ebenfalls um pfiffige Einfälle und Musik, die sich nicht unbedingt an Jazzstandards orientiert. Die mit guten Solisten gespickte, zehnköpfige „Tora Tora Big Band“ des schon viele Jahre in Portugal lebenden deutschen Posaunisten Lars Arens machte zum Abschluss des Hauptprogramms im großen Theatersaal zu später Stunde noch mal richtig Freude mit ihrer groovigen und völlig unverkrampften Musik. Und danach war es Zeit, Preise zu verteilen. Im atmosphärischen Wintergarten im ersten Stock des Theaters war kein Platz mehr frei, als die

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Sieger des parallel zum Festival laufenden, zweitägigen Wettbewerbs von insgesamt 14 Musikschulen aus mehreren Städten Portugals unter großem Jubel der anwesenden Nachwuchsjazzer ausgezeichnet wurden. Die Jugend mit hinein zu holen in dieses „Festa do Jazz Português“, wie das Jazzfest im Untertitel so treffend heißt, ist schon seit der ersten Ausgabe Konzept. Man kann dem künstlerischen Leiter Carlos Martins, seiner rechten Hand, Luís Hilário vom Hot Clube de Portugal, und dem Organisationsteam von Sons da Lusofonia zu dieser Einbindung der nächsten Jazzgeneration und zu ihrem so sympathischen und interessanten Festival überhaupt nur gratulieren. Text: cg; Fotos: Hervé Hette

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