Produktionsanlage zur Trockenbearbeitung von Aluminiumrädern und ...

Bürsten. Bohren. Prüfen (Design, Dicht- heit, Unwucht) und. Waschen. Lackierung. Abwasser- behandlungsanlage. Abfall. Abwasser. Betriebs- und. Hilfsstoffe.
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INVESTITIONEN ZUR VERMINDERUNG VON UMWELTBELASTUNGEN PROGRAMM DES BUNDESMINISTERS FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT

Saubere Technologie

Abschlußbericht UM 01 – 001146

Produktionsanlage zur Trockenbearbeitung von Aluminiumrädern und -Teilen mit geschlossener Kreislaufführung der Al-Späne Von Frank Schnatz Markus Schwär (BSS Kraftfahrzeugtechnik AG) Dipl.-Ing. Hermann Kißler (ABAG-itm GmbH) BBS Kraftfahrzeugtechnik AG Werk Herbolzheim Breisgauallee 14 79336 Herbolzheim

IM AUFTRAG DES UMWELTBUNDESAMTES

März 2005

BBS Kraftfahrzeugtechnik AG – Trockenbearbeitung von Al-Rädern – UM 01 – 001146

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Berichts-Kennblatt Berichtsnummer UBA 20 063 Titel des Berichts Produktionsanlage zur Trockenbearbeitung von Aluminium-Rädern und -Teilen mit innerbetrieblich geschlossener Kreislaufführung der Späne

Autor (en), Name(n), Vorname(n) Schnatz, Frank Schwär, Markus Kißler, Hermann Durchführende Institution (Name, Anschrift) BBS Kraftfahrzeugtechnik AG Welschdorf 220 77761 Schiltach Fördernde Institution (Name, Anschrift)

Abschlußdatum 30. September 2004 Veröffentlichungsdatum März 2005 Vorh.-Nr. UM 01 – 001146 Seitenzahl 34

Umweltbundesamt, Bismarckplatz 1, 14193 Berlin

9

Literaturangaben Tabellen u. Diagramme 8 Abbildungen 12

Zusätzliche Angaben Minimierung von Abfällen und Abwässern durch Trockenbearbeitung bei der spanenden Bearbeitung von Leichtmetall-Kfz-Rädern Kurzfassung Bei der Konzeption seines neuen Werkes in Herbolzheim der Fa. BBS, Schiltach, wurde der Produktionsbereich „mechanische Bearbeitung“ unter der Vorgabe der Trockenbearbeitung realisiert. Für die drei wesentlichen Baugruppen Räder, Sterne und Felgen wurde je eine Fertigungslinie als Pilotlinie realisiert und in den Produktionsbetrieb überführt. Die dabei zum Einsatz kommenden Bearbeitungsverfahren sind: Drehen (Innen- und Außendrehen), Entgraten und Bohren. Im gesamten Fertigungsbereich konnte auf den KSSEinsatz verzichtet werden. Somit ist weder eine KSS-Versorgung noch eine Abwasserbehandlung erforderlich. Im Vergleich zur Nassbearbeitung wurden ca. 700 m³/a verbrauchter KSS-Emulsion, ca. 4.200 kg/a Chemikalien, ca. 200 m³/a Abwasser vermieden bzw. eingespart und die Arbeitsplatzqualität wurde deutlich verbessert. Der Energiebedarf konnte unter Einbeziehung der Nebenprozesse um insgesamt ca. 40 % reduziert werden. Beim Wiedereinschmelzen der Al-Späne in der Gießerei werden die Emissionen deutlich reduziert. Schlagwörter Metallbearbeitung, Trockenbearbeitung, Kühlschmierstoffe, Minimalmengen-Schmierung, Abfallvermeidung, Abwasservermeidung, Substitution Nassbearbeitung, Aluminium, Leichtmetallräder, Drehen, Bohren

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Report-Coversheet UBA 20 063 Report Title Production plant for dry machining of Al-wheels and -parts with internal closed-loop circulation of the chips Author(s), Family Name(s), First Name(s) Schnatz, Frank Schwär, Markus Kißler, Hermann Performing Organisation (Name, Adress) BBS Kraftfahrzeugtechnik AG Welschdorf 220 D-77761 Schiltach

Report Date Sept. 30th 2004 Publication Date March 2005 Report-No. UM 01 – 001146 No. of Pages 34

Sponsoring Agency (Name, Adress) No. of References Umweltbundesamt, Bismarckplatz 1, 14193 Berlin 9 Germany No. of Tables, Diagr. 8 No. of Figures 12 Supplementary Notes Minimisation of waste and waste water by dry machining of light metal car wheels. Abstract With the conception of its new plant in Herbolzheim, BBS, Schiltach realized the production centre “mechanical machining” on the condition of dry machining. For the three substantial building groups of wheels, stars and rims one production line each was realized as pilot line and transferred into the production enterprise. The manufacturing processes which are used thereby are: turning, deburring and drilling. In the entire production area the use of machining lubricants could be avoided. Thus neither a lubricant supply nor a waste water treatment plant are necessary. In comparison with “wet machining” approx. 700 m³/j used lubricants, approx. 4.200 kg/j chemicals, approx. 200 m³/j waste water could be avoided and/or saved and the quality of workplace could be improved clearly. The power requirement could be reduced over altogether of approx. 40 %, under inclusion of the additional processes. By remelting the Al-chips in the foundry the emissions are reduced clearly. Keywords Metal working, dry machining, machining lubricants, minimal lubrication, waste minimisation, waste water minimisation, substitution of machining with lubricants, aluminium, light metal, machining, drilling

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Inhaltsverzeichnis 1.

Kurzfassung

2. 2.1 2.2 2.3

Einleitung Ausgangssituation Zielsetzung und Aufgabenstellung des Vorhabens Kurzbeschreibung des Betriebes

3. 3.1 3.2 3.3

Mechanische Bearbeitung von Aluminiumrädern – Nassbearbeitung (Konventionelles Verfahren) Ausgangssituation Bearbeitungsprozess „alt“ Einsatzstoffe und Umweltauswirkungen

4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

Innovatives Verfahren zur trockenen mechanischen Bearbeitung von Aluminiumrädern Bisheriger Kenntnisstand Darstellung des Vorhabens Anforderungen an trockenbearbeitungsfähige Prozesse Konzeption der Bearbeitungslinien Auslegung und Leistungsdaten Bearbeitungsprozess „neu“ Erwartete Ergebnisse

5. 5.1 5.2 5.3

Durchgeführte Untersuchungen und erzielte Ergebnisse Arbeitsplan und Arbeitsschritte Aufbau und Inbetriebnahme der Bearbeitungslinien Erfassung und Dokumentation der Betriebsdaten

6. 6.1 6.2 6.3

Auswertung und Evaluierung des Vorhabens Umweltentlastung durch die Trockenbearbeitung – Verfahrensvergleich Wirtschaftlichkeits-Betrachtung Umsetzung der Kundenanforderungen - Oberfläche

7.

Empfehlungen / Übertragbarkeit der Ergebnisse

8.

Literatur

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1.

Kurzfassung

Vorwiegend in der Automobilindustrie, im Flugzeugbau sowie in vielen Bereichen des Maschinenbaus werden Leichtmetall-Bauteile aus Aluminium-Legierungen mit spanenden Bearbeitungsverfahren hergestellt. Die Bearbeitung erfolgt heute überwiegend noch in Form der Nassbearbeitung, d. h. unter Einsatz von Kühlschmierstoffen (KSS). Meist werden hierbei wässrige Emulsionen auf der Basis von Mineralöl oder synthetischen organischen Verbindungen im Konzentrationsbereich von 7 bis 15 % eingesetzt. Der Einsatz der KSS zum Kühlen, Schmieren und Wegspülen der Späne dient zur Steigerung der Prozesseffektivität der Werkzeugmaschinen; er ist jedoch mit vielfältigen Umweltauswirkungen und Kosten verbunden. Emulsionen haben, auch bei guter Pflege und Überwachung, nur eine begrenzte Standzeit und müssen periodisch ausgetauscht und entsorgt werden. Wesentlich umfassender sind jedoch die indirekten Umweltauswirkungen, die aus KSS-Verschleppungen aus dem Bearbeitungsprozess über die Werkstücke und Späne sowie aus Spritz- und Verdampfungsverlusten resultieren und die letztendlich den gesamten Produktionsbereich betreffen. Hervorzuheben sind hier insbesondere die nachfolgenden Reinigungsprozesse (mittels wässriger Reinigungsbäder oder durch organische Lösemittel) die in der Regel jedes Werkstück nach der mechanischen Bearbeitung unter KSS-Einsatz durchlaufen muss. Bundesweit werden aus ca. 40.000 t/a KSS-Konzentrat durch Anmischen mit Wasser eine Einsatzmenge von ca. 600.000 t/a an KSS-Emulsionen hergestellt und zum Einsatz gebracht. Das damit verbundene Sonderabfallaufkommen (verbrauchte Emulsionen, verbrauchte Reinigungsbäder, Ölbindemittel, Filter, Schlämme usw.) wird auf ca. 1 Mio. t/a geschätzt. Die Trockenbearbeitung konnte als umweltfreundliche Alternative zur konventionellen Nassbearbeitung in den letzten Jahren insbesondere auf Basis neuer Entwicklungen im Werkzeugbereich bei verschiedenen Anwendungsbereichen eingeführt werden. Bei der spanenden Bearbeitung von Aluminium konnte man in bestimmten Fällen die klassische Bearbeitung mit KSS durch die Minimalmengen-Schmierung (MMS) ersetzen. Ein vollständiger Verzicht auf KSS war bisher jedoch noch nicht möglich. Bei der Konzeption seines neuen Werkes in Herbolzheim hat sich BBS als federführender Hersteller von Leichtmetallrädern zum Ziel gesetzt, bei der mechanischen Bearbeitung möglichst vollständig auf den KSS-Einsatz zu verzichten. Um die möglichen Verbesserungen der betrieblichen Umweltsituation mit einer Steigerung der Effizienz zu verbinden, musste dazu die Trockenbearbeitung bei allen spanenden Fertigungsprozessen prozesssicher umgesetzt werden. Entsprechend dem „Stand der Technik“ erfolgt die mechanische Bearbeitung im Stammwerk Schiltach noch als Nassbearbeitung. Die wesentlichen daraus resultierenden KSS-bedingten Umweltauswirkungen in 2003 waren: Einsatz von ca. 1.900 m³ KSS-Emulsion und ca. 320 m³ wässriger Reiniger. Ein daraus resultierendes Abwasservolumen von über 1.000 m³ sowie Emissionen aus dem KSS-Einsatz und dem Einschmelzen der KSS-behafteten Späne in der eigenen Gießerei. Im Zuge des Projekts wurde der Produktionsbereich „mechanische Bearbeitung“ für das neue Werk Herbolzheim unter der Vorgabe der Trockenbearbeitung geplant. Für die drei wesentlichen Baugruppen Räder, Sterne und Felgen wurde je eine Fertigungslinie als Pilotlinie realisiert und in den Produktionsbetrieb überführt. Die dabei zum Einsatz kommenden Bearbeitungsverfahren sind: Drehen (Innen- und Außendrehen), Entgraten, Bohren (Durchgangsbohrungen, Sackbohrungen, Stufenbohrungen). Zusammenfassende Ergebnisse der technologischen Umsetzung und Optimierungen sind:

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¾ Alle Drehprozesse wurden vollständig trocken realisiert, in der Regel bei gleichen Bearbeitungsparametern ¾ Entgratprozesse sind problemlos trocken durchführbar ¾ Bei Bohrprozessen besteht eine große Variantenvielfalt. Bohrungen bis zu Durchmessern von ca. 20 mm und L/D-Verhältnissen von < 2 konnten vollständig trocken realisiert werden. Bei der Radnabenbohrung (D = 50 – 80 mm) war eine Trockenbearbeitung nur mit starken Standzeitverlusten realisierbar. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen wird derzeit bei diesem Prozess noch auf MMS zurückgegriffen. Für den gesamten Fertigungsbereich „mechanische Bearbeitung“ ist keine KSSVersorgung und somit auch keine Abwasserbehandlung vorgesehen. Im Vergleich zur Nassbearbeitung im Werk Schiltach lassen sich die ökologischen Vorteile wie folgt zusammenfassen. Die Mengenangaben beziehen sich auf die drei Produktionslinien mit einer Produktionskapazität von ca. 450.000 Teile/a. •

Keine verbrauchten KSS-Emulsionen mehr: Einsparung von ca. 43.000 kg/a KSS-Konzentrat, Abfallvermeidung von ca. 700 m³/a verbrauchter KSSEmulsion



Der Reinigungsprozess konnte auf einen einfachen Spülprozess ohne Chemikalienzusätze reduziert werden; Einsparung von ca. 4.200 kg/a Chemikalien, Abwasservermeidung von ca. 200 m³/a



Reduzierung des Frischwasserverbrauchs um ca. 1.300 m³/a



Verbesserung der Arbeitsplatzqualität durch Vermeidung von KSS-bedingten Nebeln und Dämpfen



Trockene Späne; beim Handling (Zwischenlagerung, Transport) kann keine Emulsion mehr austreten. Beim Wiedereinschmelzen in der Gießerei, Schiltach entfällt der vorgeschaltete Entwässerungsprozess und die Emissionen werden deutlich reduziert.



Erhebliche Energieeinsparung, insbesondere durch den möglichen Verzicht etlicher Nebenprozesse (KSS-Versorgung, Pumpen, Abwasserbehandlung usw.) kann der Energiebedarf um ca. 40% reduziert werden (dieser Wert kann erst nach längerer Serienproduktion näher bestimmt werden).

Derzeit werden die Erfahrungen aus dem Betrieb der Pilotlinien auf die im Aufbau befindlichen weiteren Produktionslinien übertragen. Der Ausbau auf die volle Fertigungskapazität ist bis zum Jahr 2007 vorgesehen.

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2.

Einleitung

2.1

Ausgangssituation

Angaben zur Branche Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche der Hersteller von Leichtmetallrädern für die KfzAusrüstung ist in den letzten Jahren beständig gestiegen. Wurden vor den 70’er Jahren im Wesentlichen nur Renn- und Sportfahrzeuge mit hochwertigen Leichtmetallrädern ausgestattet, so liegt der Prozentsatz bei der Erstausstattung heute bereits höher als 50% (Europa und USA). Das ansprechende Design, die unempfindliche Oberfläche vor allem aber das niedrige Gewicht und die hohen Qualitätsmerkmale sorgen für eine verstärkte Nachfrage bei der Erstausstattung von Automobilen sowie beim Ersatzteilhandel. Der Verbraucher profitiert dabei von der auf den Rennsport ausgerichteten Entwicklung, die aufgrund höchster Anforderungen Gewähr für Perfektion und höchste Qualität bietet. Die deutschen Hersteller von Leichtmetallrädern waren und sind wegweisend bei der Entwicklung. Aufgrund ständig optimierter Fertigungsverfahren und eines fundierten Know-hows der Mitarbeiter in allen Bereichen sind sie in der Lage, den hohen Anforderungen gerecht zu werden und haben bislang international eine Vorrangstellung inne. Zunehmend gelangen auf den deutschen Markt jedoch Produkte aus dem Ausland. Daraus ergibt sich für die deutschen Hersteller der Zwang, ihren technologischen Vorsprung ständig auszubauen und – neben der Rationalisierung – durch Innovation dem Konkurrenzdruck zu begegnen und den heimischen Standort zu sichern. Dabei stehen – neben der Weiterentwicklung der Produkte - produktionsintegrierte Maßnahmen im Vordergrund, bei denen ökonomische und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Fertigung von Leichtmetallrädern Die Hersteller von Leichtmetallrädern haben normalerweise alle Schritte von der Fertigung des Rohlings bis zum Oberflächenfinish im eigenen Hause konzentriert (siehe Abbildung 03). Die Fertigung beinhaltet im Wesentlichen drei Stufen: Gießen der Rohlinge, mechanische Bearbeitung und Oberflächenbehandlung. Die Aluminiumrohlinge werden – je nach Anforderungen an das Radmodell - im Niederdruckoder Gegendruckverfahren bei ca. 700 °C gegossen. Die hohen Produktanforderungen – Gussverhalten, mechanische Festigkeit, etc. - erfordern hochwertige Legierungsrezepturen mit Zusätzen von Silizium, Magnesium, Strontium und Titan, und außerdem eine präzise Steuerung der Gießautomaten. Im nächsten Schritt erfolgt die mechanische Bearbeitung. Drehen und Bohren sind die wesentlichen Bearbeitungsverfahren, wobei das Drehen im Hinblick auf die geforderte Rundlaufgenauigkeit von besonderer Bedeutung ist. Die Bearbeitung erfolgt auf CNC-Bearbeitungszentren. Teilweise wird durch anschließendes Walzen eine verbesserte Festigkeit des Materials erzeugt. Ergänzend werden Löcher, z. B. für den Ventilsitz und die Befestigungsbohrungen, gebohrt. Nach dem Stand der Technik erfolgt die spanende Bearbeitung unter Verwendung von Kühlschmierstoffen (KSS), überwiegend KSS-Emulsionen. Den letzten „Schliff“ erhalten die Räder durch die anschließende Lackierung. Die sorgfältig entfetteten, gereinigten und ggf. polierten Oberflächen werden gebeizt und anschließend beschichtet. In den letzten Jahren wurden zur Reduzierung der VOC-Emissionen die lösemittelhaltigen Lacke durch Pulverbeschichtungen und Wasserlacksysteme ersetzt. Auch in diesem Bereich zeichnet sich BBS als innovatives Unternehmen aus, indem es diese Technologie erstmals industriell einsetzte (vgl. Projekt BMU Az: 30 441-1/19).

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Im Produktionsverlauf und vor Auslieferung werden die Räder einer strengen Qualitätskontrolle unterzogen, die u. a. die Material- und Rundlaufeigenschaften und den dichten Sitz der Reifen auf der Felge betrifft. Leichtmetall-Räder werden nach zwei Grundprinzipien gefertigt: •

Als einteiliges Rad (Komplettrad) bei dem das vollständige Rad aus einem Gussrohling gefertigt wird



Als zweiteiliges Rad (gebautes Rad) bei dem die Felge und der Stern separat gefertigt und abschließend verschraubt werden

Beide Systeme haben ihre spezifischen Vorteile und werden bei BBS parallel gefertigt.

Abb. 1: Einteiliges Rad

Abb. 2: Zweiteiliges Rad: Felge und Stern

Umweltrelevanz der Fertigung nach dem Stand der Technik Die Fertigung von Leichtmetallrädern nach dem „Stand der Technik“ beinhaltet in allen Stufen ein Potenzial zur Minimierung der Umweltrelevanz. Dies betrifft o

beim Gießen die Aspekte Energie, Schonung stofflicher Ressourcen und die Minimierung von Emissionen,

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o

bei der spanenden Bearbeitung den Einsatz von Kühlschmierstoffen, der im Hinblick auf Ressourcenschonung, Abfallminimierung und Arbeitssicherheit bzw. Gesundheitsschutz Optimierungspotenziale aufweist,

o

bei der Oberflächenbehandlung (Reinigen, Beschichten, Trocknen) falls noch Beschichtungsstoffe organischen Lösemitteln verwendet werden, die Reduzierung daraus resultierender Emissionen, die Minimierung der Abfälle aus Nasslackierverfahren sowie die Substitution umweltschädlicher Inhaltsstoffe.

Im Hinblick auf das Untersuchungsvorhaben „Produktionsanlage zur Trockenbearbeitung von Aluminium-Rädern und –Teilen mit innerbetrieblich geschlossener Kreislaufführung der Späne“ wurde als Schwerpunkt die mechanische Bearbeitung mit den Bearbeitungsverfahren Drehen, Bohren und Gewindeschneiden betrachtet.

Al-Legierung

Legierungszuschläge

Gießerei (Nieder- / Gegendruckverfahren)

Untersuchungsrahmen Spanende Bearbeitung

Spanende Bearbeitung (Drehen, Bohren, Entgraten, Gewindeschneiden)

Reinigen / Entfetten / Spülen Dichtigkeitsprüfung

OberflächenVorbehandlung

OberflächenBeschichtung (3-schichtig)

Qualitätskontrolle / Auslieferung

Abb. 3: Fertigungsschritte bei der Herstellung von Leichtmetallrädern

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2.2

Zielsetzung und Aufgabenstellung des Vorhabens

Im Zuge der Errichtung des neuen Fertigungswerkes der Fa. BBS am Standort Herbolzheim wurden neue Fertigungslinien zur mechanischen Bearbeitung von Rädern, Felgen und Sternen errichtet. Dabei wurde folgende Zielsetzung verfolgt: o

Substitution der Nassbearbeitung (Bearbeitung unter Einsatz von Kühlschmierstoffen) durch die Trockenbearbeitung, d. h. den Verzicht auf Kühlschmierstoffe bei den einzelnen zur Anwendung kommenden Bearbeitungsverfahren

o

Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse auf alle Produkte (einteilige und mehrteilige Räder), damit auf drei Fertigungslinien für Räder (einteilig), Sterne und Felgen (zweiteilig)

Die Trockenbearbeitung von Aluminiumwerkstoffen sollte damit erstmals zur praktischen Anwendung im Produktionsmaßstab kommen. Für den gesamten Fertigungsbereich „mechanische Bearbeitung“, der auf eine Endausbaustufe von 9 Bearbeitungslinien mit einer Jahreskapazität von bis 1,9 Mio. Teile ausgelegt ist, wurde von vornherein keine KSS-Versorgung und keine Abwasserbehandlung vorgesehen. Verbunden mit der erstmaligen Anwendung der Verfahren auf Produktionsebene wurde zudem das Ziel angestrebt, für die umweltschonende spanende Bearbeitung in der AluminiumradBranche ein Signal zu setzen und die modellhaft gewonnen Erkenntnisse auf den Produktionsstandort in Schiltach sowie andere Betriebe in der Branche oder in dem Bereich der Aluminium bearbeitenden Industrie zu übertragen. Im Hinblick auf die hohen Anforderungen an das Produkt war klar, dass das neue Bearbeitungsverfahren analog der konventionellen Bearbeitungsweise alle Qualitätskriterien erfüllen muss. 2.3

Kurzbeschreibung des Unternehmens

Die Fa. BBS Kraftfahrzeugtechnik AG mit Sitz in Schiltach ist ein börsennotiertes, gleichwohl familiendominiertes Unternehmen. BBS fertigt ein- und mehrteilige Leichtmetallräder für PKW’s und für den Rennsport. Produziert wird an Standorten in Deutschland (Schiltach im Schwarzwald und seit 2001 in Herbolzheim/Baden) als auch im Ausland (Tochtergesellschaften in Italien, Frankreich, USA und in China). BBS ist bei der Herstellung der Leichtmetallräder Technologieführer mit wegweisender Bedeutung für den Wettbewerb und den internationalen Markt. Aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung im Motorsport und durch modernste Fertigungsverfahren ist BBS in der Lage, extrem belastbare und langlebige Produkte anzubieten. Im Jahr 2003 wurden ca. 13.000 Räder täglich in den Werken Schiltach, Herbolzheim und Ruina, Italien, gefertigt. Der BBS-Konzern weist für das Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 188 Mio. Euro auf, bei insgesamt 1.188 Mitarbeitern. In dem neuen Werk in Herbolzheim wurde in 2001/2002 eine neue Beschichtungsanlage einschl. Vorbehandlung für einen Ausstoß von bis zu 15.000 Aluminiumräder/Tag im DreiSchicht-Betrieb realisiert. Die mechanische Bearbeitung wurde in den Jahren 2002/2003 mit der Zielsetzung einer weitgehenden Trockenbearbeitung aufgebaut. Das Gießen und teilweise auch die mechanische Bearbeitung der Aluminiumrohlinge erfolgt zunächst weiterhin am Standort Schiltach.

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3. Mechanische Bearbeitung von Aluminium-Rädern Nassbearbeitung (konventionelles Verfahren) 3.1

Bearbeitungsprozess

Die nachfolgende Abbildung zeigt den konventionellen Prozess für die mechanische Bearbeitung von Leichtmetallrädern bei der Fa. BBS im Werk Schiltach.

Rohlinge

Vorbohren (Anguss entfernen)

1. Seite drehen 2. Seite drehen

Betriebs- und Hilfsstoffe

Bürsten

Bohren

Hilfsstoffe

Abwasserbehandlungsanlage

Prüfen (Design, Dichtheit, Unwucht) und

Waschen

Lackierung

Abfall

Abwasser

Vorhabensrelevanter Rahmen

Abb. 4: Konventionelle mechanische Bearbeitung von Leichtmetallrädern nach dem Stand der Technik im Werk Schiltach Die abgegossenen Radrohlinge werden im Werk Schiltach über hintereinander angeordnete Bearbeitungszentren mechanisch bearbeitet. Im ersten Schritt wird der Anguss ausgebohrt. Dieser wird separat recycelt, weil an dieser Stelle im Aluminium ein Filter aus Stahl eingegossen ist. IM Folgeschritt werden die Räder auf zwei Maschinen gedreht (Vorder- und Rückseite), anschließend gebürstet und damit entgratet. Danach werden die Bohrungen eingebracht, das Rad wird geprüft und ist anschließend fertig für die Lackierung bzw. Beschichtung. Die gesamte spanende Bearbeitung im Werk Schiltach erfolgt als Nassbearbeitung. Eingesetzt wird eine KSS-Emulsion auf Mineralölbasis mit einer Anwendungskonzentration von 7 %. Die KSS-Versorgung erfolgt über zwei Zentralanlagen. Teilweise muss der erforderliche KSS-Druck über zusätzliche Hochdruckpumpen erzeugt werden. Aus den aus den Bearbeitungszentren ablaufenden KSS werden die groben Späne über Spänesiebe abgetrennt. Der „verunreinigte“

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KSS wird zur Zentralanlage zurückgepumpt und dort aufbereitet. Diese Aufbereitung verfolgt allein das Ziel der Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit der Emulsion. Hierzu werden folgende Pflegemaßnahmen ergriffen: Abtrennung der eingetragenen Fremdöle, Entfernung der feinen Feststoffpartikel und Herunterkühlung durch ein Kühlaggregat. Alle Bearbeitungsmaschinen sind gegenüber dem Hallenboden mit Auffangwannen abgesichert. Damit wird sichergestellt, dass keine nennenswerten KSS-Mengen aus Maschinenleckagen, über Verspritzen oder durch Herabtropfen von Werkstücken und Spänen unkontrolliert entweichen können. Spritz- und Tropfverluste, die sich trotz der inzwischen gängigen Einhausung der Maschinen nicht ganz vermeiden lassen, müssen mit Ölbindemitteln aufgenommen werden. Über die Späne und die Werkstücke werden erhebliche Mengen an KSS ausgetragen. Die ausgetragenen Mengen können ein Mehrfaches des Badinhalts pro Monat ausmachen. Dies hat zur Folge, dass der gesamte Bereich der Späneerfassung bis zur Lagerung im Spänekontainer gegenüber heraustropfender Emulsion abgesichert sein muss. Dies betrifft in abgeschwächter Form (die spezifische Oberfläche und damit der KSS-Austrag ist erheblich kleiner) auch die fertig bearbeiteten Werkstücke (Felgen, Sterne, Räder), zumindest bis zur nachgeschalteten Waschanlage. In der Teilewaschanlage wird die Restemulsion abgewaschen. Die Bäder müssen i. d. Regel in vierwöchigem Turnus ausgetauscht werden.

KSS-Nebel und Dämpfe aus dem gesamten Fertigungsbereich

KSS-bedingte Emissionen aus der Gießerei

gegossene Rohteile

Zuführung Rohteile

KSSKonzentrat

Wasser

Anmischstation ölh. Al-Späne

Ausbohrung Anguss

KSS-Versorgung Zentralanlage

Gießerei Wiedereinsatz der Spänebriketts

ölh. AL-Späne

Pumpen Filtration

ölh. Al-Späne

Al-Briketts mit ca. 1,5% Restölgehalt

Überdrehen 1. Hälfte

Überdrehen 2. Hälfte

Abtrennung Fremdöle

Filtervlies mit Al-Schleifschl. abgetrennte Fremdöle

Wärmetauscher z. Kühlung ölh. Al-Späne

Setzen der Bohrungen

verbrauchte KSS-Emulsion Bürstentgraten

Spänebehälter

Extern Waschen und Brikettieren der Späne

Emulsionsspaltalanlage

Alt-Emulsion

ölhalt. Späne zum Spänerecycling Wasser

Wässrige Reinigung

Reiniger-Konz.

verbrauchte ReinigerEmulsion

(Ultrafiltration)

Chemikalien aus d. Rückspülung

Abwasser (Permeat) abgetrennte Fremdöle + ölh. Schlamm

Trockenstation

abgetrennte KSS

Ölschlamm (Konzentrat)

ölhalt. Betriebsmittel aus dem gesamten Fertigungsbereich

Dichtheitsprüfung

Fertigteil

Abb.5: Vereinfachte Stoffstromdarstellung bei der spanenden Nassbearbeitung inkl. Nebenprozessen

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Die verbrauchten KSS- und Reinigungsemulsionen werden im Werk Schiltach in einer Emulsionsspaltanlage (Ultrafiltration) aufgearbeitet. Die Wasserphase ist einleitfähig, das Konzentrat muss entsorgt werden. Al-Späne, insbesondere, wenn sie legierungsspezifisch erfasst werden, haben einen hohen Materialwert. Daher werden bei BBS die Späne aus der eigenen Produktion seit je her in der eigenen Gießerei wieder eingesetzt. Da die Späne jedoch mit ca. 4 % an ausgetragenem KSS behaftet sind, kann dies jedoch nicht direkt erfolgen. Zur Begrenzung der Emissionen aus der Gießerei ist ein zusätzlicher Behandlungsprozess zur Abtrennung der anhaftenden Restemulsionen erforderlich. Dies erfolgt derzeit durch einen externen Dienstleister. Prinzipiell erfordert dieser Behandlungsschritt zusätzliche Investitionen und bedingt zusätzliche Umweltbelastungen durch den eigentlichen Prozess sowie durch den zusätzlich erforderlichen Spänetransport.

3.2

Einsatzstoffe

Außer den Aluminium-Gussteilen (Rohlinge für Räder, Felgen und Sterne) sind alle Einsatzstoffe im Produktionsbereich „mechanische Bearbeitung“ im Prinzip Prozesshilfsstoffe, die letztendlich nicht auf dem Produkt verbleiben (sollen). In den verschiedenen Prozessstufen kommen folgende Hilfsstoffe zum Einsatz:

Prozessstufe

Einsatzstoffe

Aufgaben

KSS-Emulsion auf Mineralölbasis

Kühlen, Schmieren, Wegspülen der Späne

Mengen (2002)

Ausbohren Anguss Überdrehen 1.Hälfte Überdrehen 2. Hälfte Setzen der Bohrungen Bürstentgraten

Bürsten (Verschleißteil)

Entfernung von Graten und Anhaftungen

Waschen

Reinigerkonzentrat Frischwasser Energie

Entfernung

Trocknen

Luft, Energie

Vollständige Trocknung

Dichtheitsprüfung

Energie

Qualitätskontrolle

KSS-Zentralanlagen

KSS-Konzentrat Entschäumer Frischwasser Filtervliese Energie

Herstellung, Kreislaufführung und Pflege einer anwendungsgerechten KSS-Emulsion

Reinigungschemikalien zum Rückspülen Energie

Schadstoffentfrachtung der Altemulsion und des Reinigers

Abwasserbehandlung (Ultrafiltration)

ca. 1.900 m³

Anwendungskonzentration 7%

6.240 kg 312 m³ 221.000 kWh

65.000 kg 250 kg 1.850 m³ 368.000 kWh 120 l 55.000 kWh

Tab.1: eingesetzte Betriebs- und Hilfsstoffe bei den jeweiligen Prozessstufen

3.3

Umweltauswirkungen

Die Umweltrelevanz der mechanischen Bearbeitung als Nassbearbeitung ist insbesondere geprägt durch o

die bei den verschiedenen Bearbeitungsprozessen eingesetzten Betriebs- und Hilfsstoffe,

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o

den Energiebedarf des Produktionsprozesses sowie speziell für die Hilfseinrichtung, z.B. KSS-Versorgung und additive Maßnahmen zur Reinigung von Luft und Abwässern,

o

die indirekten Abfälle und Emissionen aus dem Hilfsstoffeinsatz,

o

die Emissionen bei der Wiederverwertung der anfallenden Späne.

Die wesentlichen Umweltauswirkungen resultieren aus dem Einsatz von Prozesshilfsstoffen, insbesondere den Kühlschmierstoffen, und deren Austrag über die verschiedenen Materialströme (Werkstücke, Späne) und Umweltpfade. Betriebs-/Hilfsstoffe Prozessstufe

Pfade

Resultierende Umweltbelastungen (direkt und indirekt: Abfälle, Abwässer, luftseitige Emissionen, Energiebedarf)

Austrag über Werkstücke

Indirekt: Erfordernis der Reinigung, Verschleppung des KSS ins Reinigerbad

Austrag über Späne

Indirekt: Emissionen beim Recycling in der Gießerei

Leckage- und Spritzverluste

Indirekt: Bodenverunreinigungen Abfälle: Ölbindemittel, Wisch- und Putztücher

Verdampfungsverluste

Emissionen: Öldämpfe und –nebel Indirekt: Ablagerungen im gesamten Betriebsgebäude

KSS-Pflege

Abfälle: Verunreinigte Filtervliese, abgetrennte Ölphase, ölhaltige Al-Schlämme Hoher Energiebedarf

KSS-Austausch

Abfälle: Verbrauchte KSS-Emulsion

Wässriger Reiniger Waschmaschine

ReinigerAustausch

Abfälle: Verbrauchter Reiniger Hoher Energiebedarf Indirekt: Trocknungsprozess erforderlich

Abwasserbehandlungsanlage

Wasser

Abwasser (Einleitfähig) Abfälle: Resultierendes Konzentrat Hoher Energiebedarf

Spänerecycling

Luft

Emission: Dämpfe beim Einschmelzen der Späne

KSS-Emulsion bei spanenden Bearbeitungsverfahren (Bohren, Drehen)

KSS-Zentralversorgung

Tab. 2: Umweltrelevanz durch Betriebs- und Hilfsstoffe Zusätzlich sind insbesondere mit dem KSS-Einsatz sowie der anderen verwendeten Chemikalien Umweltrisiken in Form von Arbeitsschutzrisiken, Wassergefährdungspotenziale bei Lagerung, Einsatz und Transport verbunden. Der Marktanteil der Fa. BBS an der bundesdeutschen Produktion der Leichtmetallräder beträgt ca. 10%. Daraus lässt sich abschätzen, dass im Hinblick auf die vorgenannten Emissionen bundesweit allein in dieser Branche ein Minimierungspotenzial von ca. 14.000 t/a an entsorgten KSS und ca. 11.000 t/a an mit der spanenden Bearbeitung verbundenen Sonderabfällen besteht. Die Bearbeitungskonzeption unter Verzicht auf Kühlschmierstoffe ist zudem auf andere Aluminium verarbeitende Branchen, z. B. Fertigung von Motor- und Getriebeteilen, in der Luftfahrtindustrie sowie bei der Haushaltsgeräteproduktion übertragen. Daraus leitet sich ein noch höheres Vermeidungspotenzial ab, das allerdings nicht quantifiziert werden kann.

BBS Kraftfahrzeugtechnik AG – Trockenbearbeitung von Al-Rädern – UM 01 – 001146

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4. Innovatives Verfahren zur trockenen mechanischen Bearbeitung von Aluminiumrädern 4.1

Bisheriger Kenntnisstand

Derzeitiger Stand der Technik bei der spanenden Al-Bearbeitung ist nach wie vor die Nassbearbeitung unter Einsatz von KSS-Emulsionen, mit allen daraus resultierenden Umweltauswirkungen. Bei der spanenden Metallbearbeitung sind die zur Prozessoptimierung eingesetzten Kühlschmierstoffe direkt und vor allem auch indirekt Verursacher für ölhaltige Abfälle, Abwässer und Emissionen. Angesichts der insgesamt mit der Nassbearbeitung verbundenen Kosten wurde die Entwicklung der Trockenbearbeitung in den letzten Jahren stark forciert. Vor allem Weiterentwicklungen im Bereich der Werkzeugtechnologie haben viele neue Anwendungsfelder, vorwiegend im Bereich der Bearbeitung von Gusswerkstoffen und Stählen erschlossen. Eine Übersicht über bereits mit Trockenbearbeitung/MMS realisierte Anwendungen ist in Tabelle xx zusammengestellt. Werkstoff Verfahren Sägen Beschichtung

Fräsen Beschichtung

Wälzfräsen

Aluminium Gusslegierung Knetlegierung

MMS

MMS

TiN

TiN

MMS

MMS

TiN+ MoS2

ohne

X

X

Messing

Beschichtung

Tieflochbohren

versch. Leg.

GG20 - GGG70

Trocken

Trocken

MMS

MMS

(MMS)

Trocken/MMS

Trocken

Trocken/MMS

Trocken/MMS

(MMS)

TiN

(Ti,Al)N, MoS2

TiN

Trocken

Trocken/MMS

Trocken/MMS

TiN

(Ti,Al)N, MoS2

TiN

Trocken/MMS

Trocken

MMS

Trocken

(MMS)

X

Beschichtung

Gewindeformen Beschichtung

Drehen

X

(Ti,Al)N

ohne

TiN

(Ti,Al)N, MoS2

TiN

PVD (Ti,Al)N

MMS

X

MMS

MMS

X

MMS

X

MMS

MMS

MMS

MMS

MMS

Ti(C,N)

TiN

TiN

MMS

MMS

MMS

TiN

TiN MMS

MMS

(TiAl)N+Movic

CrN, WC/C MMS

MMS

Trocken/MMS

TiN

X

MMS

MMS

Trocken

MMS

MMS

TiN

TiN

TiN

Trocken/MMS

Trocken/MMS

Trocken/MMS TiN

MMS

Beschichtung (Ti,Al)N, PKD

MMS

X X

Ti(C,N)

Beschichtung

Reiben

Nichtrostende-, VA-Qualitäten

MMS

Beschichtung

Räumen

Automatenstahl, Vergütungsstahl

MMS

Beschichtung (Ti,Al)N, MoS2

Gewindeschn.

Stähle Hochleg. Stähle, Wälzlagerstahl

Beschichtung

Bohren

Grauguss

MMS ohne

X

MMS

(MMS) X

Ti(C,N)-Multilayer Ti(C,N)-Multilayer

(MMS)

PKD-Leiste

MMS

X

PKD-Leiste

Tab.3: Übersicht über verfügbare Erfahrungen (wbk, Technologienetz Trockenbearbeitung, ABAG-itm) Bezüglich der Aluminium-Bearbeitung sind erst in jüngster Zeit vereinzelte Anwendungen von Minimalmengen-Schmierung (MMS) wie z. B. beim Sägen oder Fräsen in den produktionstechnischen Maßstab umgesetzt worden. Aluminiumwerkstoffe neigen wegen ihres vergleichsweise niedrigen Schmelzpunkts zu Verschweißungen und zur Bildung von Aufbauschneiden an den Werkzeugen. Insbesondere Mangels verfügbarer Werkzeugtechnologie und geeigneter Zerspanungsstrategien ist die konsequente Trockenbearbeitung bei Al-Werkstoffen daher bisher weder bei Einzelprozessen noch in einer ganzen Fertigungslinie realisiert worden. Beim MMS-Einsatz würden, wie der Verfahrensvergleich zeigt, nach wie vor, wenn auch in erheblich reduziertem Umfang, Schmierstoffen als Verlustschmierung über verschiedene Pfade (Werkstück, Späne, Emissionen) in die Umwelt gelangen. BBS Kraftfahrzeugtechnik AG – Trockenbearbeitung von Al-Rädern – UM 01 – 001146

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Die vollständige und konsequente Trockenbearbeitung bedeutet gegenüber dem Stand der Technik einen wesentlichen Schritt zur umweltgerechten Produktion.

4.2

Darstellung des Vorhabens

Bei dem Aufbau eines neuen Produktionswerks am Standort Herbolzheim wollte BBS effektive und umweltschonende Produktionsverfahren nach neuesten Erkenntnissen realisieren, um so einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Standorte in Deutschland zu leisten. Mit der geplanten Investition in neue Produktionsanlagen für den Bereich „mechanische Bearbeitung“ bot sich erstmals die Chance den Versuch zu wagen, komplett auf den Einsatz von KSS zu verzichten. Um die damit verbundenen Vorteile, Entfall der zur KSS-Versorgung, Pflege und Entsorgung erforderlichen Einrichtungen und Anlagen sowie der KSS-bedingten Umweltrisiken und -beeinträchtigungen, auch vollständig realisieren zu können musste es gelingen alle Bearbeitungsprozesse unter den Bedingungen der Produktion und der Wirtschaftlichkeit trocken zu realisieren. Da dies, zumindest bei der Bearbeitung von Aluminium-Werkstoffen bisher keineswegs Stand der Technik war, war das Vorhaben mit einem hohen Risiko verbunden. Ziel des Vorhabens war daher die erstmalige Realisierung der vollständigen Trockenbearbeitung bei der spanenden Bearbeitung von Al-Rädern und Bauteilen in der Serienfertigung. Dieses wurde anhand der drei typischen Teilefamilien Sterne, Felgen und Kompletträder in exemplarischen Fertigungslinien umgesetzt. Entsprechend der Zielsetzung wurde der Produktionsbereich „mechanische Bearbeitung“ von vornherein ohne Anlagen zur KSS-Versorgung und ohne Abwasserbehandlung geplant. Nach erfolgreichem Projektabschluss werden die Erfahrungen aus dem Betrieb der Pilotlinien auf den weiteren Ausbau des Produktionsbereichs „mechanische Bearbeitung“ im Werk Herbolzheim übertragen. Durch den Verzicht auf Kühlschmierstoffe bei allen Prozessschritten werden alle aus dem KSSEinsatz resultierenden Umweltbeeinträchtigungen vermieden. Parallel dazu reduziert sich der Einsatz von Chemikalien im Produktionsbereich (neben KSS versch. Additive, Reiniger, Aufsaugmassen usw.) auf ein vernachlässigbares Minimum. Bei der Umsetzung des geplanten Vorhabens werden gegenüber dem Stand der derzeitigen Nassbearbeitung folgende Umweltentlastungen erreicht: ¾ Kein KSS-Austrag aus den Werkzeugmaschinen über Werkstücke, Späne oder durch Verspritzen sowie durch Maschinen- oder Behälterleckagen. Sowohl die Werkstücke, als auch die Späne sind frei von KSS. ¾ Keine KSS-Abfälle mehr. Allein die durch erforderlichen Badaustausch bisher im Werk Schiltach anfallende Menge beläuft sich auf ca. 700 m³/a. Durch Einsatz einer innerbetrieblichen Emulsionsspaltanlage (UF) wird die zu entsorgende Menge zwar um ca. 90% reduziert. Diese additive Maßnahme verlangt jedoch zusätzliche Investitionen und Betriebskosten, welche vermieden werden sollten. ¾ keine KSS-bedingten Nebel oder Dämpfe (treten auch bei MMS auf) aus dem Bearbeitungsprozess, ¾ Reduzierung des der Bearbeitung nachfolgenden Reinigungsschritts auf einen Spülprozess und damit keine Abfälle durch verbrauchte Reinigungschemikalien mehr (bisher ca. 200 m³/a), ¾ Keine Umweltrisiken durch das Handling KSS-behafteter Späne. Dies betrifft den gesamten Weg von der Erfassung an den Bearbeitungsmaschinen über die Zwischenlagerung und Bereitstellung zum Transport, den Transport zur Gießerei. ¾ Verzicht auf die derzeitige Spänereinigung vor dem Einschmelzen in der Gießerei, ¾ geringere Emissionen beim Einschmelzen der Späne in der Gießerei, dadurch dass die Späne vollständig frei von Ölen und Fetten sind, ¾ Einsparung von Energie in Höhe von schätzungsweise 40 % durch den Verzicht von

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ganzen Prozessschritten (Reinigung, Emulsionsspaltung) und der zur Versorgung der Maschinen mit Prozesshilfsstoffen (Pumpen, Aggregate zur KSS-Pflege usw.) erforderlichen Anlagen, ¾ Ressourcenschonung durch kompletten Verzicht auf KSS (bisher ca. 64.800 kg/a) sowie Reinigungschemikalien (bisher ca. 6.240 kg/a). Die genannten umweltschonenden Auswirkungen werden in vollem Umfang erst bei Realisierung der Trockenbearbeitung in der ganzen Produktionslinie erreicht. Das ist vorrangiges Ziel dieses Vorhabens.

4.3

Anforderungen an trockenbearbeitungsfähige Prozesse

Nicht zuletzt durch den Einsatz von leistungsfähigen KSS-Systemen haben spanende Bearbeitungsprozesse ein immer besseres Leistungsniveau erreicht. Allein um die Konkurrenzfähigkeit zu bewahren muss ein zur Nassbearbeitung alternatives Verfahrenskonzept daher einerseits alle Aufgabenfelder, die heute durch KSS abgedeckt werden gleichermaßen erfüllen und andererseits auch bezüglich der Leistungsfähigkeit mindestens gleichwertig, nach Möglichkeit besser sein. Zusätzlich sollten im Umweltbereich keine Problemverlagerungen auftreten.

Abb. 6: Prozessbedingte Aufgabenfelder, die durch Trockenbearbeitung abgedeckt werden müssen (Quelle: wbk) Bedeutende grundsätzliche Anforderungen für die Realisierung der Trockenbearbeitung sind: ¾ Produkt- bzw. Werkstückeigenschaften: -

Die Maßhaltigkeit muss gewährleistet sein (Einhaltung der Toleranzen, kein Wärmeverzug)

-

Die Oberflächengüte (z. B. Rauhigkeit, Gefüge, Optik) muss den Anforderrungen entsprechen

¾ Anforderungen an die Werkzeugmaschine:

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-

Spanabfuhr muss gesichert sein. Dies betrifft sowohl die prozesssichere Entfernung der Späne von der Bearbeitungsstelle, den freien Spänefall ins Maschinenbett, das Spänefördersystem aus der Maschine als auch die Sicherung der Spänefreiheit in Spannsystemen

-

Bewegte Maschinenteile und Lager müssen gegen Feinspäne (Metallstäube) gesichert bzw. gekapselt sein.

-

Der Wärmehaushalt der Maschine muss stabil sein (keine unzulässige Erwärmung, z. B. durch Spänenester)

¾ Werkzeugseitige Anforderungen: -

Möglichst gleichwertige Standzeiten (Verschleißbeständigkeit)

-

Gesicherte Spanabfuhr (z.B. Spannuten bei Bohrern)

-

Wettbewerbsfähiges Preis/Leistungsverhältnis

¾ Umgebungs- bzw. umweltseitige Anforderungen -

Stäube: Zur Zurückhaltung der feinen Metallspäne ist bei großen Zerspanvolumina in der Regel eine Absaugung erforderlich. Bei Al muss zudem die Verpuffungsgefahr berücksichtigt werden.

-

Dämpfe: Durch die höheren Spänetemperaturen verdampfen organische Oberflächenanhaftungen (z.B. Korrosionsschutzöle), so dass auch diesbezüglich eine Absaugung in Betracht gezogen werden muss.

-

Lärm: Durch den Wegfall des geräuschdämpfenden KSS werden die Maschinen lauter. Konstruktive Lärmdämpfungsmaßnahmen können hier Abhilfe schaffen.

Die o. g. Positionen wurden zusammen mit den Anforderungen bezüglich der Prozesssicherheit und der Wirtschaftlichkeit (Taktzeiten) in die Pflichtenhefte für die Maschinenhersteller aufgenommen.

4.4

Konzeption der Bearbeitungslinien

Die Realisierung am Standort Herbolzheim war u.a. aufgrund fehlender freier Fläche am Standort Schiltach erforderlich. Die Konzeption verfolgte zudem das Ziel, den neuen Standort stufenweise aufzubauen: nach der Errichtung und Inbetriebnahme der Beschichtungsanlage in 2001 wurde die 2003 die Mechanische Bearbeitung aufgebaut, gefolgt schließlich von der Warmbehandlung 2004/2005. Letzte Ausbaustufe wird die Gießerei sein. Der stufenweise Aufbau der anderen Produktionsbereiche soll ebenso nach ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten erfolgen. In der Endphase soll dadurch ein Produktionsstandort entstehen, der modellhaft Innovation und nachhaltiges Wirtschaften verkörpert. In der Oberflächentechnik wird in 2,5 Schichten gearbeitet, der Ausstoß beträgt ca. 10.000 Teile pro Arbeitstag (Zweiteilige Räder werden erst nach der Lackierung montiert). Die Mechanische Bearbeitung produziert mit fünf Linien ca. 2.800 Teile täglich im Dreischichtbetrieb. Die fehlenden Teile für die Lackierung werden aus den Werken in Schiltach und Italien zugeliefert. In einer separaten Sichtkontrolle werden täglich 3.500 Teile aus den anderen Werken für die Lackierung sichtgeprüft und vorbereitet. 180 Mitarbeiter sind im Werk Herbolzheim in den Bereichen Mechanische Bearbeitung, Oberflächentechnik, Montage und Versand beschäftigt.

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Abb. 7: Fertigungsinsel „mechanische Bearbeitung“ in Herbolzheim Mit dem Ziel, ein innovatives, nach ökonomischen und ökologischen Gesichtpunkten wegweisendes Bearbeitungsverfahren im Werk Herbolzheim zu realisieren, wurde das Konzept auf folgende Schwerpunkt ausgerichtet: o

Vollautomatisches Handling der Teile incl. Erkennung und Orientierung

o

Drehbearbeitung in einer Spannung, daher Fixierung der Teile in den Anschraubbohrungen

o

Ausbohren des Anguss-Zapfens in der Bohrmaschine mit separater Entsorgung

Neben der Ressourcen- und Umweltschonung wurde als gleichrangiges Ziel die rationelle, kostensparende Fertigung auf höchstem Qualitätsniveau angestrebt. Die Konzeption war geprägt von der Vorgabe, den technologischen Vorsprung der Fa. BBS weiter auszubauen und einen neuen Produktionsstandort nach ökonomischen und ökologischen Aspekten zukunftssicher zu gestalten.

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4.5

Bearbeitungsprozess

Das im Rahmen des Vorhabens realisierte mechanische Bearbeitung durch Trockenbearbeitung ist aus dem nachstehenden Schema erkennbar:

Gussrohling

Autom. Entnahme und Orientierung des Rades

Bohren (incl. Vorbohren)

SpäneRecycling

Drehen (in einer Spannung)

Unwucht prüfen und 1. Waschen

Betriebs- und Hilfsstoffe

Abfall

Dichtheit prüfen, anschl. Bürsten 2. Waschen

Vorhabensrelevanter Rahmen

Abnahme

Abb. 8: Grundriss Bearbeitungslinie und Prozessschaubild (parallel)

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Die neuen Bearbeitungszentren sind geprägt von folgenden Merkmalen: Vorstufe Die Rohlinge werden aus den Werken Schiltach und Italien angeliefert. Der Ladungsträger wird in einen Entnahmebereich der Bearbeitungslinie eingesetzt. Von dort entnimmt ein PortalRoboter die einzelnen Rohlinge und führt sie – nach Überprüfung zur Teileerkennung und zur korrekten Orientierung des Teils – der Bohrmaschine zu.

Bohren Die Bohrmaschine wird von oben beladen. Mit einem Messtaster wird der Verzug des Rohlings gemessen und an die Drehmaschine weiter geleitet. Anschließend werden alle Bohrungen ausgeführt: Ventilbohrung, Befestigungsbohrungen und bei Bedarf Messbohrungen. Die Bohrungen werden gesenkt, am Ende wird der Anguss ausgebohrt und separat entsorgt.

Drehen Die Aufnahme der Teile in der Drehmaschine erfolgt in den Befestigungsbohrungen. Dies ermöglicht die Drehbearbeitung ohne Unterbrechung und schließt Ungenauigkeiten durch ein erneutes Umspannen aus. Aus diesem Grund erfolgt das Bohren – im Unterschied zum bisher üblichen Verfahren - vor der Drehbearbeitung. Diese sog. „Einmalspannung“ in der Serienfertigung ist ebenfalls eine Entwicklung der BBS Kraftfahrzeugtechnik AG.

Absaugung und Abluftbehandlung Alle Arbeitsplätze – maschinell und manuell - sind an die Absaugung angeschlossen. Über einen Nassabscheider wird die Luft von Stäuben gereinigt und über Dach ausgeblasen. Mit der trockenen Bearbeitung steigt der Anteil der Stäube im Maschinenraum, da die sonst bei der Nassbearbeitung erfolgende Bindung und Austragung durch den Kühlschmierstoff fehlt. Dem wurde mit der Auslegung der Absaugung Rechnung getragen, um jede mögliche Gefährdung (z. B. Staubexplosion) zu vermeiden. Die durch den Nassabscheider ausgefilterten Al-Partikel werden als Schlamm ausgetragen und müssen entsorgt werden.

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Abb. 9: Absauganlage mit Nassabscheider

Waschprozess Als Abwässer fallen ausschließlich Spülwässer aus der Waschanlage an, die primär mit feinen Al-Partikeln belastet sind . Die Abwassermenge beträgt ca. 18 m³ / Monat. Dieses Wasser wird derzeit entsorgt.

4.6

Auslegung und Leistungsdaten

Bohrmaschine Chiron-WM08 Luft: Taktzeit: Drehzahl: Vorschub: Bohrung: Werkzeuge: Leistung: MMKS:

6 bar je nach Artikel zwischen 90“ und 140“ (Anzahl der Bohrungen 7 bis 12) 6.000 – 10.000 U/min 0,3 – 0,6 mm/sec 9,5 – 52 mm 12 incl. Messtaster 28 A 5 l MMS-Öl pro 120 h (eine Woche, drei Schichten)

Drehmaschine MAUS MTV 508 Luft: Taktzeit: Drehzahl:

6 bar je nach Artikel zwischen 90“ und 140“ 1.400 – 2.200 U/min

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Vorschub: Werkzeuge: Leistung: MMKS:

4.7

0,2 – 0,7 mm/sec 3 70 A 5 l MMS-Öl pro 120 h (eine Woche, drei Schichten)

Erwartete Ergebnisse

Ziel des Projekts ist, in der gesamten spanenden Fertigung auf KSS zu verzichten und damit alle mit dem KSS-Einsatz verbundenen Umweltauswirkungen bis hin zum Wiedereinsatz der Späne in der Gießerei zu eliminieren. Bei der Umsetzung des geplanten Vorhabens werden gegenüber dem Stand der Technik folgende Umweltentlastungen erreicht: ¾ Kein KSS-Austrag aus den Werkzeugmaschinen über Werkstücke, oder durch Verspritzen sowie durch Maschinen- oder Behälterleckagen. Sowohl die Werkstücke, als auch die Späne sind frei von KSS, ¾ keine KSS-Abfälle mehr (bisher ca. 1.000 m³/a), ¾ keine KSS-bedingten Nebel oder Dämpfe (treten auch bei MMS auf) aus dem Bearbeitungsprozess, ¾ Reduzierung des der Bearbeitung nachfolgenden Reinigungsschritts auf einen Spülprozess und damit keine Abfälle durch verbrauchte Reinigungsmedien (bisher ca. 110 m³/a), ¾ Keine Umweltrisiken durch das Handling KSS-behafteter Späne (Sammlung, Lagerung, Transport), ¾ Verzicht auf den derzeitigen Spänewaschprozess vor dem Einschmelzen in der Gießerei, ¾ einfacheres Spänehandling und geringere Emissionen beim Einschmelzen der Späne in der Gießerei und Eliminierung des Spänetransports, ¾ Einsparung von ca. 55 % der Energie durch den Verzicht von ganzen Prozessschritten (Emulsionsspaltung) und der zur Versorgung der Maschinen mit Prozesshilfsstoffen (Pumpen, Aggregate zur KSS-Pflege usw.) erforderlichen Anlagen, ¾ Ressourcenschonung durch kompletten Verzicht auf KSS (bisher ca. 64.800 kg/a) sowie Reinigungsmedien (bisher ca. 6.240 kg/a). Die umweltschonenden Auswirkungen werden in vollem Umfang erst bei konsequenter Realisierung der Trockenbearbeitung in der ganzen Produktionslinie erreicht. Das ist vorrangiges Ziel dieses Vorhabens.

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5. Durchgeführte Untersuchungen und erzielte Ergebnisse 5.1 Arbeitsplan und –schritte Das Vorhaben wurde bereits in der Planungsphase in vier aufeinanderfolgende Teilvorhaben (TV) untergliedert, im Laufe des Projektes dann aber um einen fünften Schritt erweitert: 1. TV 1: 10/2002 – 04/2003: Planung/Genehmigung, Vorversuche zur Trockenbearbeitung, Bauliche Maßnahmen und Aufbau der Anlagen, 2. TV 2: 03/2003 – 07/2003: Inbetriebnahme und Einfahren der Werkzeugmaschinen 3. TV 3: 04/2003 – 10/2003: Versuche mit trockenbearbeitungsfähigen Werkzeugen in der Drehbearbeitung 4. TV 4: 08/2003 – 8/2004: Umsetzung der trockenen Bohrbearbeitung unter Fertigungsbedingungen 5. TV 5: 12/2003 – 09/2004: Transfer der gewonnen Erkenntnisse auf Felgen- und SterneHerstellung

Zeitplan Teilvorhaben (TV)

2. HJ 2002

1. HJ 2003

2. HJ 2003

1. HJ 2004

2. HJ 2004

TV 1 TV 2 TV 3 TV 4 TV 5

5.2 Aufbau und Inbetriebnahme der Bearbeitungslinien Der technologische Unterschied zur bisherigen Vorgehensweise besteht darin, die kühlende Wirkung der verwendeten Schmiermittel allein mit Hilfe der Luft zu ersetzen. Dazu wird auf zwei verschiedenen Wegen die Abkühlung der Luft bewerkstelligt: An der Maus–Drehmaschine ist ein Kälteaggregat installiert, an der ChironBohrmaschine wird die Luft mit Hilfe einer Venturi-Düse abgekühlt. Diese Luft wird über Werkzeughalter und Werkzeug direkt an die Schneide geführt. In beiden Fällen ist die Luft beim Eintritt ins System ca. -20oC kalt, bis zum Austritt am Werkzeug ist eine Erwärmung auf ca. 0oC eingetreten. Die Erwärmung wird durch den Spindelmotor und andere Wärmequellen in der Maschine erzeugt. Eine Verbesserung des Ergebnisses wäre teilweise durch veränderte Luftführung möglich, auch der Einsatz von flüssigem Stickstoff wurde angedacht, aber aus Gründen der Arbeitssicherheit und weil das Verhalten der Maschinenkomponenten bei derart starken Temperaturunterschieden nicht eingeschätzt werden kann nicht weiter verfolgt. In Vorversuchen wurden die besten Resultate mit Lufttemperaturen von ca. -20oC an der Schneide erreicht. Das Luft-Volumen wurde dabei im Vergleich zur Bearbeitung mit MMS nicht erhöht.

5.3 Erfassung und Dokumentation der Betriebsdaten Zur Erfassung der Betriebsdaten und der Ergebnisse aus der Prozessoptimierung wurden für die jeweiligen Bearbeitungsverfahren die nachfolgenden tabellarischen Aufzeichnungen erstellt.

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Bereich/Parameter

Anmerkungen/Ergebnisse

Maschine, Taktzeit od. Prod.-menge/h, eingesetzte Werkzeuge, Standzeiten, Wartungs- und Reinigungsintervalle Späne Zerspanungsgrad, Spänemenge pro Rad, Spanbeschaffenheit (wg. Verwertung) Welches MMS-Dosiergerät wird einge• Mit MMS setzt?, Art der Zuführung, Steuerung Schmiermittelbedarf Welches MMS-Medium, Verbrauch, Kosten? Spanende Bearbeitung: Drehen

-

Druckluftbedarf

-

Werkzeuge

-

Temperaturen

-

Absaugung, Stäube

Verbrauchsmengen (MMS + Maschine), Energiebedarf, Kosten Erprobte und eingesetzte Werkzeuge, Schnittwerte, Standzeiten, aufgetretene Probleme und Effekte Werkstück (vorher, nachher) Art der Absaugung und Filtrierung, Luftmenge

Derzeitiger Stand Gleiche Taktzeit trocken und MMS 3,3 kg Späne, 80% aus Drehen 20% aus Bohren, bei MMS Späne mit Öl benetzt Fa. Müller + Karl, Synthetisches MMS-Öl auf Ester-Basis Verbrauch ca. 5l pro Woche im 3-Schichtbetrieb Nur zur Maschinensteuerung, Handlingssysteme S = 1.400 – 2.200 F = 0,3 – 0,8 Platten aus CBN Ausgangstemp.: ca. 18 – 20oC 40 – 45oC bei MMS Absaugung aus Bearbeitungsraum Zentraler Nassabscheider

-

• Vollständige Trockenbearbeitung Kaltluftbedarf

-

Druckluftbedarf

-

Werkzeuge

-

Temperaturen

-

Absaugung, Stäube

-

Energiebedarf

Anmerkungen:

Verbrauchsmengen, Energiebedarf, Kosten, Art der Kälteerzeugung und Zuführung falls relevant (Maschine, Handling), Mengen, Kosten Erprobte und eingesetzte Werkzeuge, Schnittwerte, Standzeiten, aufgetretene Probleme und Effekte Werkstück (vorher, nachher) Art der Absaugung und Filtrierung, Luftmenge Werkzeugmaschine, ggf. separate Nebenaggregate Trockenbearbeitung neigt früher zur Aufbauschneide, dadurch Plattenbruch eher möglich

Versuche mit Kaltluft: Temp. am Austritt ca. 0oC Input = -20oC Nur zur Maschinensteuerung, Handlingssysteme Unverändert, aber ca. 20% höherer Verschleiß Ausgangstemp.: ca. 18 – 20oC Ca. 30 – 40oC höher als MMS Analog MMS Unverändert gegenüber MMS Oberflächen werden früher „matt“ Spannfutter ebenfalls deutlich wärmer, Späne deutlich heißer (Arbeitssicherheit)

Maschine, Art und Menge der Bohropera- Taktzeit ca. 20% höher als mit tionen, Taktzeit od. Prod.-menge/h MMS, weil der Anguss (D=52mm) nicht gebohrt sondern gefräst werden kann Späne Zerspanungsgrad, ... dadurch ca. 25% mehr SpäSpänemenge pro Rad ne beim Bohren Eingesetztes MMS-Dosiergerät? Hersteller: Lubrix • Mit MMS Schmiermittelbedarf Welches Medium, Verbrauch, Kosten? Synthetisches MMS-Öl auf Ester-Basis Verbrauch ca. 5l pro Woche im 3-Schichtbetrieb Druckluftbedarf Verbrauchsmengen (MMS + Maschine), MMS-System + zur MaschinenSpanende Bearbeitung: Bohren

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-

Werkzeuge

-

Temperaturen

-

Absaugung, Stäube

-

Energiebedarf

Energiebedarf, Kosten Erprobte und eingesetzte Werkzeuge, Schnittwerte, Standzeiten, aufgetretene Probleme und Effekte Werkstück (vorher, nachher), Werkzeug, Späne, Maschine, Maßnahmen zur Temperaturkompensation Art der Absaugung und Filtrierung, Luftmenge Werkzeugmaschine, ggf. separate Nebenaggregate

steuerung, Handlingssysteme CBN poliert, f=0,6, S = 6000 Beim Bohren nur geringe Temp.erhöung des Rads insgesamt Absaugung aus Bearbeitungsraum Zentraler Nassabscheider n. b.

-

• Vollständige Trockenbearbeitung Kaltluftbedarf

-

Druckluftbedarf

-

Werkzeuge

-

Temperaturen

-

Absaugung, Stäube

-

Energiebedarf

Bemerkungen Waschprozess nach der spanenden Bearbeitung

Stand: ohne Kaltluft, Bohrungen sind vorgegossen Verbrauchsmengen, Energiebedarf, Kos- n. b. ten, Art der Kälteerzeugung und Zuführung falls relevant (Maschine, Handling), Men- Nur zur Maschinensteuerung, gen, Kosten Handlingssysteme Erprobte und eingesetzte Werkzeuge, Vorbohren mit Fräswerkzeug, Schnittwerte, Standzeiten, aufgetretene Spurbohrung Vorbohren beim Probleme und Effekte Senken Op1, Befestigungsbohrung veränderte Schneidengeometrie f=0,2, S=7000 Werkstück (vorher, nachher), Werkzeug, Erhöht, nicht gemessen Späne, Maschine, Maßnahmen zur Temperaturkompensation Art der Absaugung und Filtrierung, LuftAnalog MMS menge Werkzeugmaschine, ggf. separate Nen. b. benaggregate Späne neigen stark zum Kleben Verwendetes Verfahren, ggf. Prozessschritte (z.B. versch. Wasch- und Spülstufen, Trockenzone, Reinigungsstufen f. Waschmedium usw.), Reinigungsanlage, Teiledurchsatz (Taktzeit od. Produktionsmenge/h), Standzeiten d. Waschbäder, Wartungs- und Reinigungsintervalle

Waschen Spülen Abblasen Trocknen Medium: Wasser 80oC Wöchentlicher Wasserwechsel

-

Energiebedarf

Kompl. Reinigungsanlage mit Nebenaggregaten, insbes. Heizung, Trocknung Reinigungschemika- Eingesetzte Produkte, Konzentrationen, lien Mengen, Preis Frischwasser Mengen, Preis Abwasser Mengen, Art der Verunreinigung, Art der Behandlung od. Entsorgung, Kosten

Abwasserbehandlungsanlage

Existiert eine Abwasserbehandlungsanlage? Wenn ja, Verfahrensschritte, Chemikalien, Energie, Abfälle (Schlämme)

ca. 55kW Anschlussleitung Keine ca. 8 m³/Woche 4,0 m³/Woche Al-Staub, MMS 95 €/m³ Entsorgung

Keine

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Entgrat-, Bürstprozess Verfahrensschritte, ev. Hilfsmedien, Taktzeit od. Durchsatz nach der spanenden Bearbeitung Energiebedarf Kompl. Entgratanlage, ggf. separate Nebenaggregate Absaugung, Stäube Art der Absaugung und Filtrierung, Luftmenge Sonstige Abfälle Falls vorhanden: Art, Menge, Entsorgungsweg, Kosten

Dichtheitsprüfung

Verfahrensschritte, ev. Hilfsmedien, Taktzeit od. Durchsatz

Trocken, keine Hilfsstoffe 60 – 90 sec 9 kW Nassabscheidung Anschlussleistung 75 kW Schleifstaub ca. 10m³/Jahr (Drehen, Bohren und Siko)

Helium Verbrauch 3 Flaschen a 300 bar pro Woche 20 sec

Tab. 4: Erfassung von Prozessdaten bei MMS bzw. Trockenbearbeitung1

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6. Auswertung und Evaluierung des Verfahrens Ziel des Vorhabens war der Verzicht von KSS bei der mechanischen Bearbeitung von Leichtmetall-Rädern im gesamten Fertigungsbereich „mechanische Bearbeitung“ des BBS-Werkes in Herbolzheim. Hierzu musste die möglichst vollständige Umsetzung der Trockenbearbeitung bei allen Bearbeitungsprozessen, die zur mechanischen Bearbeitung der drei wesentlichen Teilegruppen Räder, Felgen und Sterne erforderlich sind in der Praxis prozesssicher umgesetzt werden. Um den Anforderungen der Trockenbearbeitung gerecht zu werden und um die durch die Umstellung möglichen Rationalisierungspotenziale zu erschließen, war eine vollständige Neukonzeption der Produktionsanlagen erforderlich. Im Projektzeitrahmen von Oktober 2002 bis September 2004 wurden drei Pilotlinien für die o. g. Produktgruppen projektiert, in Betrieb genommen und bezüglich der Verfahrensparameter für die trockene Bearbeitung optimiert. Parallel wurden die erforderlichen Nebenprozesse (z. B. Maschinenabsaugung) sowie die Folgeprozesse (Bürsten, Waschen, Dichtheitsprüfung) auf die veränderten Anforderungen ausgerichtet. Bis zum Projektende wurde, beginnend mit den Drehbearbeitungsprozessen und anschließender Übertragung der Erfahrungen auf das Bohren, die Trockenbearbeitung für alle Kernprozesse erprobt. Mit einer Einschränkung, der Bohrprozess für das Setzen der Radnabenbohrung, sind inzwischen alle Bearbeitungsprozesse trocken mit der Nassbearbeitung vergleichbaren Standzeiten realisiert. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen musste bei der Radnabenbohrung bisher noch auf MMS zurückgegriffen werden. Der gesamte Fertigungsbereich „mechanische Bearbeitung“ verfügt in der Konsequenz über keine Anlagen zur KSS-Ver- und -Entsorgung mehr.

6.1 Umweltentlastung durch Trockenbearbeitung - Verfahrensvergleich Die nachfolgenden Tabellen verdeutlichen den Vorteil der Trockenbearbeitung bezüglich der resultierenden Umweltbelastungen gegenüber der konventionellen Nassbearbeitung.

Spanende Bearbeitungsverfahren inkl. KSS-Versorgung Ressourcenverbrauch, Umweltauswirkungen

Nassbearbeitung Neues Konzept Werk Schiltach Trockenbearbeitung

Reduzierung um Mengen

%

Einsatz von ProzessHilfschemikalien (KSS-Konzentrat)

64.800 kg/a

208 kg/a

64.592 kg/a

99,7 %

Frischwasserverbrauch

1.851 m³/a

0

1.851 m³/a

100 %

423 MWh/a

0

423 MWh

100 %

¾ KSS-behaftete Späne:

5.800 t/a

nur trockene Späne

n. b.

n. b.

¾ KSS-Austrag über Späne

290 m³/a

0

290 m³/a

100 %

¾ KSS-Austrag über Werkstücke

116 m³/a

0

116 m³/a

100 %

Energiebedarf (KSS-Zentralanlage, Pumpen, UF-Anlage) Abfälle:

Tab.5: Gegenüberstellung von Ressourcen und Abfällen bei der spanenden Bearbeitung BBS Kraftfahrzeugtechnik AG – Trockenbearbeitung von Al-Rädern – UM 01 – 001146

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Reinigungsanlage Ressourcenverbrauch, Umweltauswirkungen

Einsatz von ProzessHilfschemikalien (Reiniger-Konzentrat) Frischwasserverbrauch Energiebedarf (Heizung, Pumpen, UFAnlage)

Nassbearbeitung Neues Konzept Werk Schiltach Trockenbearbeitung

Reduzierung um Mengen

%

6.240 kg/a

keine

6.240 kg/a

100 %

312 m³/a

240 m³

72 m³/a

23 %

250.800 KWh/a

220.800 kWh

50 MWh

20 %

106 m³/a

216 m³/a

+ 110 m³/a

+ 104 %

Abfälle: ¾ Verworfenes Reinigungsbad

Tab.6: Gegenüberstellung von Ressourcen und Abfällen aus der Reinigungsanlage

Abwasserbehandlungsanlage (UF) Ressourcenverbrauch, Umweltauswirkungen

Einsatz von ProzessHilfschemikalien (marginal, da UF-Anlage) Energiebedarf (Pumpen UF-Anlage)

Nassbearbeitung Neues Konzept Werk Schiltach Trockenbearbeitung

Reduzierung um Mengen

%

0

0

0 kg/a

0

54.830 KWh/a

0

54,8 MWh

100 %

115 m³/a

0

115 m³/a

100 %

890 m³/a

0

890 m³/a

100 %

Abfälle: ¾ Retentat aus UFAnlage Abwasser aus UFAnlage

Tab.7: Gegenüberstellung von Ressourcen und Abfällen aus der Abwasserbehandlung/ -Entsorgung Ergänzender Aspekt ist die merkliche Verbesserung der Hallenluft durch die drastisch reduzierten Emissionen aus den Bearbeitungszentren (keine Ölnebel oder –Dämpfe mehr). Da keine Veranlassung bestand, wurden auch keine Messungen durchgeführt. Vergleichsuntersuchungen der Berufsgenossenschaften haben gezeigt, dass bereits durch Einsatz der MMS eine erhebliche Reduzierung der Arbeitsplatzbelastung durch Ölnebel und Dämpfe zu verzeichnen ist.

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6.2 Wirtschaftlichkeits-Betrachtung Eine Gegenüberstellung der für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich der beiden Produktionsverfahren relevanten Kostenfaktoren kann an dieser Stelle nur unter Berücksichtigung der Kosten von Hilfs- und Betriebsstoffen sowie des Energieverbrauchs durchgeführt werden. Die Investitionskosten, zumal sie für die „Altanlagen“ im Werk Schiltach nicht mehr verfügbar wären, sind nicht vergleichbar, da für die Realisierung der Trockenbearbeitung ein stark verändertes Maschinen- und Werkzeugkonzept eingesetzt wurde. Die nachfolgende Aufstellung wurde auf eine Produktionsmenge von 1.800 Rädern/Tag im Zweischichtbetrieb, entsprechend einer Jahresproduktionsleistung von 450.000 Rädern bezogen. Dies entspricht der Produktionsleistung der drei Pilotlinien.

Nassbearbeitung Werk Schiltach Kostenfaktoren

Mengen/a

Euro/a

Neues Verfahren Trockenbearbeitung Mengen/a

Euro/a

Differenzen Mengen/a

Euro

Einsatz von Prozess- und Hilfschemikalien •

KSS-Konzentrat

64,8 t

221.600

0,21 t



Reiniger

6,2 t

21.800



Sonst. Hilfsstoffe

2,5 t

Wasserverbrauch

2.000

- 64,6 t

- 219.600

0t

0

- 6,2 t

- 21.800

8.000

0t

0

- 2,5 t

- 8.000

2.170 m³

2.500

350 m³

400

2.100 m³

- 2.100

0

368 MWh

- 13.250

Energiebedarf (Strom) •

KSSVersorgung

368 MWh

13.250

0



Waschanlage

221 MWh

7.950

221 MWh



UF-Anlage

55 MWh

2.000

0

0 54,8 MWh

110 t

13.700

0t

0

- 110 t

- 13.700

110 t

17.600

0t

0

- 110 t

- 17.600

50 m³

5.150

0 m³

0

- 50 m³

- 5.150

1.025 m³

1.850

0 m³

- 1.025 m³

- 1.850

7.950

0 MWh

0 - 2.000

Abfälle: •

Retentat aus UF-Anlage



Ölhaltige Betriebsmittel, Ölbindemittel



Restemulsion

Abwasser aus UF-Anlage Summe:

315.400

10.350

305.050

Tab.8: Wirtschaftlichkeitsvergleich Nass-/Trockenbearbeitung auf Basis der benötigten Hilfsund Betriebsstoffe sowie des Energiebedarfs Bezüglich der erforderlichen Investitionskosten können folgende Aspekte herangezogen werden:

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¾ Unter Berücksichtigung des Teiledurchsatzes (Taktzeiten) liegen die reinen Maschinenkosten der Fertigungszentren für beide Verfahren in einer ähnlichen Größenordnung ¾ Die Werkzeugkosten bei der Trockenbearbeitung liegen deutlich höher ¾ Bei Trockenbearbeitung entfallen alle Anlagenkosten für die KSS-Zentralversorgung (inkl. Pumpen, Rohrleitungen, Filtereinrichtung), Kosten für die ¾ Durch die deutliche Reduzierung der Nebenanlagen reduziert sich der Platzbedarf für die Gesamtanlage Beim Personalaufwand ergeben sich insbesondere aus dem wegfallenden KSS-Handling Kostenvorteile zu Gunsten der Trockenbearbeitung: ¾ Die Überwachung (vgl. TRGS 611) und Pflege der KSS-Emulsion entfällt, ¾ Kein Bedienungsaufwand für die Zentralanlage und die Abwasserbehandlungsanlage mehr.

6.3 Umsetzung der Kundenanforderungen – Oberfläche Letztendlich entscheidend für die erfolgreiche Implementierung neuer Verfahren in der Fertigung industrieller Güter ist immer die positive Antwort auf die Frage, ob die definierten Kundenanforderungen mit dem neuen Ansatz in mindestens dem gleichen Umfang erfüllt werden können wie mit den etablierten Verfahren. In aller Regel werden mit neuen Verfahren auch verbesserte Produkteigenschaften erreicht, die sich schnell als neuer Maßstab etablieren. Vor diesem Hintergrund spielt beim Leichtmetallrad die Oberfläche speziell im Design-Bereich, der nicht spanend bearbeitet wird, zur Beurteilung des Produkts eine entscheidende Rolle. Dementsprechend wurden Untersuchungen zu diesen Merkmalen durchgeführt. Zwei Merkmale sind signifikant: - saubere Ausführung der Kanten, speziell am Übergang von bearbeitetem Bereich zur GussOberfläche - Güte der Oberfläche / Schäden durch Späneschlag Die Beurteilung wurde am lackierten und am unlackierten Teil durchgeführt, durch qualifiziertes Personal und an Fertigungslosen von jeweils 50 Teilen.

Abb. 10: Rad aus MMS-Bearbeitung

Abb. 11: Rad aus Trockenbearbeitung

Der Ausschnitt aus der Vorderseite zweier Räder zeigt den sogenannten Kappensitz, wo die zentrale Bohrung des Rades später mit einer Kunststoffkappe abgedeckt wird. An dieser Stelle geht die Oberfläche am sehr präzise gearbeiteten Sitz für diese Kappe in die unbearbeitete Gussdesign-Oberfläche über. BBS Kraftfahrzeugtechnik AG – Trockenbearbeitung von Al-Rädern – UM 01 – 001146

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Es ist deutlich zu erkennen, dass an dieser Stelle mit der herkömmlichen Form der Bearbeitung bessere Ergebnisse erreicht werden können. (Die Bewertung erfolgte nach einem Ranking von 1 = gut bis 5 = schlecht.)

5,0 4,5 4,0 3,5 3,0

2,90

2,83 2,30

2,5 1,92

2,0

1,70 1,45

1,5 1,0 0,5 0,0 Trocken OFT-R Entgratung

Trocken OFT-R Späneschlag

Trocken OFT-Hbh Entgratung

Trocken OFT-Hbh Späneschlag

MMS OFT-Hbh Entgratung

MMS OFT-Hbh Späneschlag

Abb. 12: Statistischer Vergleich von Rädern aus Trocken- und MMS-Bearbeitung (anschl. Lackierung auf zwei verschiedenen Lackieranlagen (OFT-R und OFT-Hbh) Durch die Optimierung der Schneidwerkzeuge und – speziell in diesem Fall – den Einsatz von Diamant-Wendeschneidplatten konnten die unerwünschten Effekte bezüglich der Oberflächengüte vermieden werden. Außerdem wurde ein im Vergleich zur Hartmetall-Platte verbessertes, d. h. gleichmäßigeres Verschleiß-Verhalten beobachtet.

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7. Empfehlungen / Übertragbarkeit der Ergebnisse Mit dem Projekt konnte eindrucksvoll demonstriert werden, dass bei übergreifender und vorausschauender Planung im Bereich der Metallbearbeitung von Serienprodukten komplette Fertigungsbereiche unter Verzicht auf Kühlschmierstoffe realisiert werden können. Maschinen und Fertigungslinien mit denen trocken bearbeitet werden soll, müssen für die spezifischen Anforderungen dieser Fertigungstechnologie geeignet bzw. ausgelegt sein. Das betrifft nicht nur die eigentlichen Werkzeugmaschinen, sondern auch die dazugehörigen peripheren Einrichtungen. Die aus dem KSS-Verzicht resultierenden Vorteile setzen sich aus der Verbesserung der betrieblichen Umweltsituation, einer Steigerung der Bearbeitungseffizienz und Reduzierung der Investitions- und Betriebskosten, insbesondere im Bereich der Nebenprozesse zusammen. Die Erfassung der gesamten Vorteile wird erst bei einer ganzheitlichen Betrachtung über die gesamte Prozesskette möglich. Zumindest bei Neuplanungen und Neuinvestitionen sollten die Möglichkeiten einer trockenen Bearbeitung daher generell intensiv geprüft und die Anforderungen in das Pflichtenheft mit aufgenommen werden. Eine Umrüstung bestehender Fertigungseinrichtungen auf Trockenbearbeitung/MMS, das haben viele andere Pilotprojekte gezeigt, ist oftmals möglich, muss aber einzelfallspezifisch geprüft werden. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Aufgabenfelder des Kühlschmierstoffs wie Kühlen, Schmieren und Spanabtransport auch bei trockener Bearbeitung abgedeckt werden. Insbesondere der zuverlässige Spantransport stellt maschinentechnisch oft das Hauptproblem dar. Das Projekt hat auch gezeigt, dass die Übertragbarkeit von konkreten Verfahrensparametern (z. B. Schnittwerte) nur sehr bedingt möglich ist. Hier mussten für jeden Anwendungsfall prozessspezifische Versuche gefahren und eigenes betriebliches Know-how aufgebaut werden. Dass selbst bei der Aluminiumbearbeitung bei wesentlichen Prozessen in der Praxis eine vollständige Trockenbearbeitung bei gegebener Wirtschaftlichkeit möglich ist, zeigt das vorhandene Potenzial dieser Technologie. Um bei der gesamten Prozesskette auf den KSS-Einsatz verzichten zu können, wurde zur Erhalt der Wirtschaftlichkeit bei kritischen Prozessen auf die Unterstützung durch Minimal-Mengenschmierung zurückgegriffen. Ohne die umweltseitigen Vorteile merklich zu beeinflussen, konnte damit die Prozesssicherheit entscheidend erhöht werden. Am Beispiel des in Bezug auf die Trockenbearbeitung schwierigen Werkstoffs Aluminium konnte demonstriert werden, dass zumindest bei Neuplanungen der Verzicht auf KSS bei der Serienfertigung realisiert werden kann. Eine Übertragung der prozessspezifischen Ergebnisse ist kaum möglich. In jedem Fall müssen daher Vorversuche durchgeführt und betriebliches Know-how aufgebaut werden. Hierbei ist eine enge Kooperation mit den Werkzeugmaschinen- und dem Werkzeugherstellern erforderlich. Unter mittel- bis langfristigem Zeithorizont können so die Umweltauswirkungen und Umweltrisiken aus dem Bereich der spanenden Metallbearbeitung deutlich reduziert werden. In vielen Einsatzbereichen wird aus heutiger Kenntnis die konventionelle Nassbearbeitung, insbesondere aus Wirtschaftlichkeitsgründen, vorrangig bestehen bleiben.

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8 Literatur Verzeichnis weiterführender Literatur Trockenbearbeitung in der Praxis Informationsbroschüre zur betrieblichen Umsetzung, Landesgewerbeamt Baden-Württemberg 2004, 28 S.; kostenlos Bezug: IBU Informationszentrum für betrieblichen Umweltschutz, Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, Stuttgart bei [email protected] Umstellung eines Fertigungsbereichs auf Trockenbearbeitung Projektbericht eines vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Modellprojekts, November 2001, 161 S.; Preis: 15,- Euro Bezug: ABAG-itm, Pforzheim, www.abag-itm.de Gefährdungsbeurteilung bei der Trockenbearbeitung metallischer Werkstoffe Verbundprojekt des Fachausschuss Maschinenbau, Fertigungssysteme, Stahlbau April 2003; 74 S.; kostenlos (oder unter www.smbg.de Kat. Gesundheitsschutz) Bezug: SMBG Süddeutsche Metallberufsgenossenschaft, Mainz Trockenbearbeitung: Drehen, Fräsen, Bohren VDI-Tagungsbericht Dortmund 29./30. März 2000, 245 S. Bezug: VDI-Verlag, Postf. 101054, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211/6188-445 als VDI-Bericht Nr. 1532; Preis: 58,-Euro Praxis der Trockenbearbeitung VDI-Tagungsbericht Karlsruhe 8./9. März 1999, 250 S. Bezug: VDI-Verlag, Postf. 101054, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211/6188-445 als VDI-Bericht Nr. 1458; Preis: 58,-Euro Trockenbearbeitung prismatischer Teile Abschlußbericht Vortragsmanuskripte der Projektpartner anlässlich der Tagung in Aachen 1998 Bartl, R. Dr.-Ing. (Hrsg.), Jan. 1998 Bezug: VDI-Verlag, Postf. 101054, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211/6188-445 als VDI-Bericht Nr. 1375; Preis: ca. 70,-Euro Auf dem Weg zur Trockenbearbeitung Herausforderung an die Fertigungstechnik, VDI-Tagungsbericht Düsseldorf 13.2.1996, 234 S.; Preis: ca. 60,- Euro Bezug: VDI-Verlag, Postf. 101054, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211/6188-445 VDI-Bericht 1240, ISBN 3-18-091240-5 Trockenbearbeitung und Minimalmengenschmierung Einsatz in der spanenden Fertigung Weinert, Klaus, Prof.; 1998, 230 S.; Preis ca. 80,- Euro Springer Verlag, ISBN 35 40 64 79 37 Entwicklung der Trockenbearbeitung für Schmiedeteile AiF-Förderprojekt Nr. 11417 Gerschwiler, K., Dr.-Ing., WZL, Aachen; Aug. 2000, 130 S.; Preis ca. 80,- Euro Bezug: Industrieverband Deutscher Schmieden, Düsseldorf

Anhang Gesamtlayout Mechanische Fertigung „Insel 1“ in Werk 2 Herbolzheim BBS Kraftfahrzeugtechnik AG – Trockenbearbeitung von Al-Rädern – UM 01 – 001146

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