Polizei bleibt Herrin über Parkbussen

27.10.2011 - hat speziell aufhorchen lassen. Wie ernst sind die Bekenntnisse gemeint, die ... kritisiert Lorenz Nägelin (SVP). Hier gelte Nulltoleranz. Hoppla ...
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B   asel.Stadt.

 | Donnerstag, 27. Oktober 2011 | Seite 36

Polizei bleibt Herrin über Parkbussen Der Grosse Rat will nicht, dass eine private Firma den ruhenden Verkehr kontrolliert Basel. Private dürfen keine Jagd auf

Falschparkierer machen. Das Bestrafen von Parkiersündern bleibt Sache der Polizei. Das hat der Grosse Rat gestern mit 57 gegen 23 Stimmen entschieden. Der Vorschlag der Umwelt-, Verkehrsund Energiekommission (Uvek), die die Kontrolle des ruhenden Verkehrs an eine private Firma übertragen wollte, erlitt eine überraschend deutliche Abfuhr. Nur die Grünliberalen votierten dafür sowie einige Mitglieder von SVP, Grünem Bündnis und CVP. Der Grund für die Uvek-Motion ist die Einführung einer flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung, welcher der Grosse Rat Ende September zugestimmt hatte. Rund 10 000 weisse Gratis­ parkplätze werden in den nächsten Jahren in blaue Zonen umgewandelt. Für die Polizei erhöht sich dadurch die Zahl der zu kontrollierenden Parkplätze um über 50 Prozent. Der Regierungsrat beabsichtigt deshalb, zusätzlich 25 bis 30 Polizeidienststellen zu schaffen, damit die heutige Kontrolldichte aufrecht erhalten werden kann.

Grosser Rat Berichterstattung aus dem Rathaus

Wahlwerbung Regierungsrat war nicht im Bild Basel. «Regierungsrat oder National-

rat?» Unter diesem Titel brachte «BS intern», das Informationsmagazin der Staatsangestellten, ein Interview mit Erziehungsdirektor und Nationalratskandidat Christoph Eymann (LDP) – in der Septemberausgabe, kurz vor den Wahlen. Für Dominique König (SP) verletzt diese «Wahlpropaganda» die Regeln der Demokratie. In einer Interpellation wollte sie wissen, wie dieser «Fauxpas» möglich war. Regierungspräsident Guy Morin sagte, der Regierungsrat sei nicht informiert gewesen. Die Unabhängigkeit der Redaktion sei wichtig, aber vor den Wahlen müsse «sensibel» vorgegangen werden. Das Informationsbedürfnis und das Prinzip der Gleichbehandlung der Kandidaten müssten gegeneinander abgewogen werden. Ob das im vorliegenden Fall genügend geschehen sei, «darf diskutiert werden». daw

Gass verteidigt den Polizeieinsatz erneut Basel. Fünf Tage, nachdem Justiz- und Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP) und Polizeikommandant Gerhard Lips zu den Voltakrawallen Stellung genommen hatten, verteidigte Gass gestern im Parlament den Polizeieinsatz erneut. In der Antwort auf eine Interpellation von André Auderset (LDP), der den «Nicht-Einsatz» kritisiert, erklärte Gass, dass es keine politische Weisung des Regierungsrats gegeben habe, die ein Eingreifen verhinderte. Wenige Chaoten hätten die Voltamatte-Party missbraucht, um Sachbeschädigungen zu begehen. Auderset stellte die Antwort teilweise zufrieden. «Die Fehler sind nicht erst in der Krawallnacht gemacht worden», sagte er, sondern bereits im Mai, als die Besetzung des Voltaplatzes geduldet worden sei. daw

Von David Weber

«Es wird zu wenig kontrolliert» Der Mehrheit der Uvek reicht das aber nicht. «Es ist offensichtlich, dass in Basel relativ wenig kontrolliert wird», sagt Uvek-Präsident Michael Wüthrich. Wenn Falschparkierer nicht bestraft werden, verfehlt die Parkraumbewirtschaftung ihre Wirkung. Um die Kontrolltätigkeit intensivieren zu können,

Nachrichten

Regierung soll zum Moostal Stellung nehmen

Mehr Arbeit. Die Polizei muss mit der neuen Parkraumbewirtschaftung 50 Prozent mehr Parkplätze kontrollieren.  Foto Pino Covino

schlug die Uvek die Privatisierung des Bussenverteilens vor (BaZ berichtete). Zwar teilt auch die SP die Einschätzung, dass die geringe Kontrolltätigkeit «ein Ärgernis» sei, sagte Dominique König gestern. Aber die Privatisierung sei keine Lösung, besser sei die Aufstockung und Entlastung der PolizeidienstAngestellten. Die Kontrolle des ruhenden Verkehrs sei Aufgabe der Polizei und müsse vom Staat wahrgenommen werden. Auch die bürgerlichen Fraktionen, die Privatisierungen grundsätzlich positiv gegenüberstehen, teilten den staatspolitischen Einwand, dass diese hoheitliche Aufgabe nicht Privaten übertragen werden sollte. Allerdings ist

ihrer Meinung nach die heutige Kontrolltätigkeit völlig ausreichend. Urs Schweizer (FDP) sagte: «Wir wollen keine Unternehmen, die im Rahmen irgendwelcher Budgetvorgaben Bussen eintreiben müssen.» In Bern gibt es keine Probleme Als weiteres Argument gegen die Privatisierung des Bussenverteilens nannte Heiner Vischer (LDP) die höhere Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn die Polizei jemanden büsst. Parteikollege André Auderset warnte vor einer «Beschwerdeflut» im Fall einer Auslagerung. Uvek-Präsident Wüthrich hingegen verwies auf die Stadt Bern, die 1993

nach einer Versuchsphase die Kontrolle des ruhenden Verkehrs privatisiert habe. «Ohne Akzeptanzprobleme bei der Bevölkerung», betonte der Grüne. Justiz- und Sicherheitsdirektor Hans­peter Gass (FDP) begrüsste den Entscheid des Parlaments. «Öffentliche Sicherheit und Ordnung ist Sache des Staates», sagte er und wehrte sich gegen den Vorwurf der Linken, die Kontroll­ tätigkeit sei mangelhaft. 2009 hätten die Busseneinnahmen 7,9 Millionen Franken betragen, 2010 8,8 Millionen. Diese Einnahmen seien übrigens ein Einzelposten, das heisst: Mehreinnahmen bei den Bussen kämen nicht dem Departement zugute.

Es bleibt bei sieben Departementen Der Vorstoss von SVP-Chef Sebastian Frehner ist deutlich durchgefallen Von Markus Vogt Basel. An der Zahl der sieben Departe-

mente der Basler Verwaltung wird nicht gerüttelt: Der Grosse Rat lehnte einen Anzug von Sebastian Frehner (SVP) mit 44 zu 36 Stimmen ab. Frehner hatte verlangt, die Zahl der Departemente zu reduzieren oder zumindest die Strukturen der Verwaltung zu hinterfragen. Auf diese Idee kam er, weil per Anfang 2012 die drei kantonseigenen Spitäler organisatorisch aus der Basler Verwaltung ausgegliedert werden. Dabei verliert das Gesundheitsdepartement den grössten Teil seines Personals. Betroffen sind etwa 40 Prozent der Kantonsangestellten. Der Regierungsrat wollte diesen Vorstoss nicht übernehmen, und Regierungspräsident Guy Morin begründete dies im Wesentlichen damit, dass die

angeregte Überprüfung von der Regierung schon selber vorgenommen worden sei. Die Arbeit im Gesundheits­ departement reduziere sich nach der Verselbstständigung der Spitäler keineswegs, die Steuerung der Spitäler erfordere einen grossen Arbeits- und Zeitaufwand. Wie anspruchsvoll dies sei, habe man schon bei anderen «Unternehmen» wie der Messe oder der Universität sehen können. Mit sieben Verwaltungseinheiten oder Departementen habe man nun, seit per Anfang 2009 die Regierungs- und Verwaltungsreform in Kraft trat, die richtigen Relationen. Über Sparmöglichkeiten nachzudenken, sei richtig, sagte Tanja Soland (SP), aber der bei diesem Thema drohende Demokratieverlust wiege schwerer. Der Regierungsrat sei heute sehr breit abgestützt: «Mit sieben Departementen können mehr Kräfte eingebun-

den werden, das Volk sieht sich gut vertreten.» Beatrice Alder (Grünes Bündnis) fügte an, dass sich heute kein Grund ergebe, die Struktur zu ändern. Dass die Regierung nicht an dem Ast säge, auf dem sie sitze, sei ja klar, meinte Sebastian Frehner (SVP). «Wenn von sieben auf fünf Departemente reduziert wird, sind zwei Regierungsmitglieder zu viel. Aber alle wollen wieder gewählt werden», stellte der SVP-Präsident fest. Man solle doch wenigstens das Anliegen prüfen – er verlange dazu einen detaillierten Bericht. Baschi Dürr (FDP) pflichtete ihm bei: Immerhin gegen die Hälfte der Verwaltung verlasse die Organisation, Grund genug für eine Überprüfung. Ihm schloss sich Conradin Cramer (LDP) an, während Lukas Engelberger (CVP) keinen grundsätzlichen Handlungsbedarf sah und für die bisherige Lösung eintrat.

Basel. Die Regierung ist aufgefordert zu berichten, warum Basel-Stadt ihre verbliebenen Parzellen im Moostal überbauen möchte und wie sie zum Schutz dieses Naherholungsgebietes steht. SVP-Grossrat Eduard Rutschmann stellt in seinem Anzug ausserdem die Frage, ob der Kanton bereit wäre, ein mindestens 25 Jahre dauerndes Baumoratorium für die Parzellen zu ­verfügen und damit etwas zum Schutz des Moostales beizutragen. Der Vorstoss wurde mit 50 gegen neun Stimmen bei drei Enthaltungen überwiesen. Gegen den Vorstoss stellte sich die FDP-Fraktion sowie der Riehener ­Thomas Strahm (LDP). hws

Hinterbank

Eine Partei, zwei Meinungen «Kaum stellt man das Auto 15 Minuten ins Parkverbot, kriegt man eine Busse», kritisiert Lorenz Nägelin (SVP). Hier gelte Nulltoleranz. Hoppla, denkt man, und bewundert still die unglaublich effiziente Leistung der insgesamt 45 Polizeihostessen, die seit Längerem «Polizeidienst-Angestellte» und seit Neustem «Sicherheitsassistenten Fachrichtung Verkehr» heissen (Wie viele Personen sich wohl mit dem Ausknobeln der politisch korrektesten Bezeichnung beschäftigen?). Effizient? Pustekuchen! Wie Toni Casagrande (ebenfalls SVP) eine Minute später festhält, sei die Wahrscheinlichkeit einer Parkbusse in Basel in etwa gleich hoch wie ein Sechser im Lotto. Eine Partei, zwei Meinungen, auch in der SVP gibt es das. Tanja Soland (SP) störte sich allerdings nicht daran. Sie kritisierte vielmehr, dass Nägelin bei Besetzungen Nulltoleranz einfordere, bei Falschparkieren hingegen Augenmass. Auch das ErlenmattAreal sei besetzt, bemerkte Soland. Von zehn illegal parkierten Autos. Ihres ­Wissens sei kein Gesuch für eine Zwischennutzung eingegangen. daw

Im Vorzimmer

Die Abbaupläne der Novartis lösen Erstaunen und Besorgnis aus Basel. Novartis baut weltweit über

2000 Stellen ab, davon 1100 in der Schweiz; am Standort Basel werden 760 Stellen gestrichen. Die Nachricht kam ziemlich unverhofft und überraschte die Behörden, die Gewerkschaften, die Betroffenen und die Öffentlichkeit gleichermassen. Die Bestürzung in der Region Basel ist gross. Geschlossen wird unter anderem ein Produktionsgebäude auf dem Campus-Gelände, aber es werden auch Stellen in der Entwicklung gestrichen oder ins Ausland verlagert. Dass der LifeSciences-Konzern zum Rotstift greift und auch im Bereich Forschung ansetzt, hat speziell aufhorchen lassen. Wie ernst sind die Bekenntnisse gemeint, die der Konzern in den letzten Jahren und Jahrzehnten zum Standort Basel abgegeben hat? mv

Balz Herter.

CVP.

Heidi Mück.

Grünes Bündnis.

Helmut Hersberger.

FDP.

Tobit Schäfer.

SP.

«In der Forschung zu sparen, ist fragwürdig»

«Was Novartis jetzt macht, ist Wortbruch»

«Ich habe ein gewisses Verständnis»

«Ein unerwarteter und grosser Abbau»

«Der Stellenabbau hat mich betroffen gemacht. Dasselbe habe ich bei Roche gesehen, aber in einem anderen Bereich. Hier geht es um die Forschung: Wir glaubten alle, dass Novartis diesen Zweig ausbaut, nicht abbaut. Für den Kanton ist das Ganze ein Rückschritt. Wenn es jetzt heisst, dass in der Forschung gespart wird, ist das ein wenig fragwürdig.»

«Was Novartis jetzt macht, kommt einem Wortbruch gleich. Das Unternehmen hat profitiert vom Hafendeal mit dem Kanton, und es hat versprochen, in Basel-Stadt Stellen zu schaffen. Jetzt werden Stellen abgebaut, und das nicht nur wie angekündigt in der Produktion, sondern auch in der Forschung. Das ist schwer zu erklären, zumal es Novartis jetzt finanziell sehr gut geht.»

«Wenn einer unserer grössten Arbeit­ geber Stellen abbaut, ist dies immer problematisch. Aber ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass eine Firma wie Novartis im internationalen Bereich schauen muss, dass sie konkurrenzfähig bleibt. Ich gehe nicht davon aus, dass der Stellenabbau ein Signal setzt. Aber er wird sicher Auswirkungen haben auf die KMU.»

«Ein unerwarteter, ziemlich grosser Stellenabbau, der der Region Basel schaden wird. Verständlich ist, dass aufgrund der auslaufenden Patente in der Produktion hier Stellen abgebaut oder in Billiglohnländer verlagert werden. Aufhorchen lässt, dass auch in der Forschung abgebaut werden soll – das, nachdem der Kanton Novartis beim Campus sehr entgegengekommen ist.»