Nein, so war das nicht gemeint

Flagge ausmachen. Sie verwies auf den. Ehrengast, der am vergangenen Sams- tag der Stadt Basel und ihren Zünften, insbesondere der Zunft zu Schuhma-.
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Basel.Stadt. Nachrichten Dürr wütend auf Berner Sicherheitsdirektor Basel/Bern. Weil Berner Sicherheitsdirektor Hans-Jürg Käser unlängst gedroht hat, keine Polizisten mehr nach Basel zu schicken, wenn der Stadtkanton dem Hooligan-Konkordat nicht zustimmen wird, kam es im Spiegelhof zu roten Köpfen. Gemäss «SonntagsZeitung» habe der Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr seinem Berner Kollegen einen «bösen Brief» geschrieben und seine Empörung kundgetan. Dürr dementierte gestern allerdings via Twitter, ein solches Schreiben verfasst zu haben. Hans-Jürg Käser seinerseits hat den Erhalt dieses Briefes bislang noch nicht bestätigt.

SVP warnt: In Italien warten 5700 Flüchtlinge Basel. In Italien sollen fast 6000 nordafrikanische Flüchtlinge mit temporären Ausweisdokumenten für Schengen/Dublin-Staaten und 500 Euro pro Person ausgestattet werden, damit sie das Land rasch Richtung Norden verlassen. Die Basler SVP befürchtet, dass die zu erwartende Migrationswelle sich negativ auf die Schweiz und insbesondere das Bundesempfangszentrum Bässlergut auswirkt und eine Zunahme der Kriminalität im Stadtkanton bewirkt. Die SVP kritisiert deshalb «in aller Schärfe» das Vorgehen der italienischen Behörden. Nationalrat Sebastian Frehner und Grossrat Eduard Rutschmann wollen beim Bundesrat sowie beim Regierungsrat entsprechende Interpellationen einreichen, um Fragen zur Bedrohungslage zu erhalten.

 | Montag, 3. Juni 2013 | Seite 26

Verwahrungsinitiative

Nein, so war das nicht gemeint Von Markus Melzl Obwohl Claude D. im Jahr 2000 wegen Mord und Vergewaltigung zu einer 20-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, konnte er im vergangenen Monat im Kanton Waadt eine 19 Jahre alte Frau töten. Nein, er war nicht zuvor aus einem Hochsicherheitsgefängnis geflohen und hat die widerrechtlich erlangte Freiheit zur Begehung einer Straftat ausgenutzt. Er wurde ganz legal und völlig rechtens auf freien Fuss gesetzt. Ein zu 20 Jahren verurteilter Mörder und Sexualstraftäter, welcher nach Verbüssung von lediglich 13 Jahren mit einer elektronischen Fussfessel in den «Hausarrest» entlassen wird, befindet sich in völliger Freiheit. Alle anderslautenden Bezeichnungen für diesen Status sind juristische Spitzfindigkeiten oder Schönfärberei. Und in dieser Freiheit wurde Claude D. erneut zum Täter und tötete die 19-jährige Marie S. Ein zu einer lebenslangen Freiheits­ strafe Verurteilter kann frühestens nach 15 Jahren die bedingte Entlassung beantragen oder, wenn eine zeitlich begrenzte Verurteilung ausgesprochen wurde, so wird ein Täter in der Regel nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe entlassen. Täter, welche in jüngeren Jahren massive Sexual- und

Gewaltstraftaten verübt haben, stehen also in den «besten Mannjahren» wieder auf der Strasse. Um diesem Dilemma bei jenen Tätern zu entgehen, die unter anderem aufgrund ihrer Persönlichkeitsmerkmale erneut gleichgelagerte Straftaten begehen könnten, existiert im Strafrecht das Instrument der Verwahrung. Und mit der Annahme der Verwahrungsinitiative im Februar 2004 durch Volk und Stände kann das Gericht neu unter genau definierten Voraussetzungen eine lebenslängliche Verwahrung aussprechen. Der Souverän hat mit seinem Entscheid klargemacht, dass er die Gesellschaft von gewissen Schwerverbrechern auf immer und ewig schützen will und diese bis zu ihrem Ableben nicht mehr auf die Menschheit losgelassen werden dürfen. Wer sich mal die Mühe macht, Artikel 64 des Schweizerischen Strafgesetz­ buches zu lesen, dem werden die Haare zu Berge stehen, wie die Verwahrungs­ initiative verwässert wurde (www.admin.ch Suchbegriff «Straf­ gesetzbuch»). Trotz Volksentscheid wird festgehalten, dass unter gewissen Umständen die lebenslängliche Verwahrung sehr wohl aufgehoben werden kann. Und in einem Kommentar zum Strafgesetz kann nachgelesen werden, dass eine Entlassung zulässig ist, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse darauf schliessen lassen, dass die Ungefährlichkeit des Täters mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetreten ist. Letztend-

lich wird die Rechtsprechung von der Justiz an die Psychiatrie delegiert, weil dem Richter – zwar nicht de jure aber de facto – nichts anderes übrig bleibt, als den Empfehlungen des Psychiaters zu folgen. Ein Gericht wird wohl immer eine Verwahrung aussprechen, wenn in psychiatrischen Gutachten die hohe Gefährlichkeit oder gar die Untherapierbarkeit eines Sexual- und Gewalttäters diagnostiziert wird. Umgekehrt dürften sich Mediziner schwertun mit der Vorstellung, dass eine Person nicht therapiert werden kann. Die Hoffnung auf bahnbrechende Therapieverfahren

Es braucht bei Sexualund Gewaltstrafen eine radikale Strafrechtsreform. und neu entwickelte Medikamente ist wohl bei allen medizinisch und psychi­ atrisch tätigen Menschen naturgemäss angelegt, was wiederum zu einem beinahe unüberwindbaren Hemmnis führt, eine lebenslängliche Verwahrung vorzuschlagen. Wie kommt man jetzt elegant aus der Falle? Letztendlich braucht es bei Sexual- und Gewaltstraftaten eine radikale Strafrechtsreform. Die entscheidende Diskussion um eine frühzeitige Entlassung von gefährlichen und rückfallgefährdeten Tätern wird heute beinahe aus­schliesslich von der Psychiatrie geführt. Wäre es nicht

Zeitreise auf dem Bruderholz

Basel. Gemäss einer Studie der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) weisen junge Muslime mit 13 Prozent die höchste Rate bei Suizidversuchen auf, heisst es in der «Sonntagszeitung». Da Muslime sechs Prozent der Bevölkerung ausmachen, sei dieser Wert «unerwartet hoch». Die wissenschaftliche Untersuchung kommt zum Schluss, dass besonders junge Mus­liminnen gefährdet seien, weil diese einem enormen kulturellen und familiären Druck ausgeliefert seien und ständig einen Spagat zwischen Selbstverwirklichung und einem traditionellen Elternhaus machen müssten.

Von Michel Schultheiss Basel. Die Musketiere liessen sich die

Hunde erhalten zweite Badezone am Rhein

CMS-Direktor tritt auf Ende Mai 2014 zurück Christian Felber, seit 1994 Direktor der Christoph Merian Stiftung, wird auf eigenen Wunsch per Ende Mai 2014 in seinem 62. Lebensjahr zurücktreten. Dies teilte am Samstag die Christoph Merian Stiftung (CMS) mit. Mit der frühzeitigen Ankündigung wolle er optimale Voraussetzungen für seine Nachfolge schaffen, heisst es. Christian Felber möchte die Leitung der Stiftung zu einem Zeitpunkt abgeben, wo er sich noch zu 100 Prozent leistungsfähig fühle. «Dann soll die nächste Generation übernehmen», so Felber. Der gelernte Jurist will sich nach zwanzigjährigem Engagement für die Stiftung wieder vermehrt seinen Interessen in den Bereichen Literatur, Handwerk und Sport widmen.

Markus Melzl ist ehemaliger Medienchef der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt und schreibt in der BaZ regelmässig über das Thema K ­ riminalität und Sicherheit.

Geschichte zum Anfassen

Hohe Suizidversuchsrate unter jungen Muslimen

Basel. Auf dem Grossbasler Rheinufer ist eine zweite Badezone für Hunde eingerichtet worden, wie das Veterinäramt bekannt gibt. Es handelt sich um ein Areal entlang des St.-AlbanRheinwegs. Dort können sich ab sofort die Hunde ohne Leine frei bewegen und den Rhein zur Abkühlung und zum Schwimmen benützen. Die Freilauf­ zonen sind deutlich gekennzeichnet. In der Nacht von 22 bis 6 Uhr bleibt die Leinenpflicht aber bestehen. Bisher ist nur ein kleiner Uferbereich unterhalb des Tinguely-Museums bei der Solitude im Kleinbasel für Hunde frei zugänglich. Die Tatsache, dass der Rhein ein Gewässer mit zuweilen ­starken Strömung ist, müsse auch bei Hunden berücksichtigt werden, schreibt das Veterinäramt.

weitaus ehrlicher, wenn die Form der lebenslänglichen Freiheitsstrafe aus dem Strafgesetz gestrichen und durch klar definierte und mit sehr vielen Jahren bedrohte Strafen ersetzt würde? Somit könnte zum Beispiel Claude D., der mutmassliche Mörder von Marie, zu mehreren Jahrzehnten Freiheits­ strafe verurteilt werden, wobei dann das Gericht den notwendigen Mut zu harten Sanktionen selbst aufbringen müsste und sich nicht mehr hinter psychiatrischen Gutachten verstecken könnte. Schliesslich sollte das Instrument der bedingten Entlassung ebenfalls kritisch hinterfragt werden. Das Gesetz sieht eine solche frühzeitige Entlassung vor, wenn das Verhalten des Gefangenen im Strafvollzug entsprechend positiv war. Wer sich gut aufführt, kommt früher raus; wie wäre es mit dem Umkehrschluss: Wer sich schlecht verhält, bleibt länger. Eine Strafe könnte dann 30 plus 5 Jahre betragen. Wer anständig ist, wird nach 30 Jahren, wer unkorrekt ist, erst nach 35 Jahren entlassen. Schlussendlich müsste bei der Strafzumessung zwingend berücksichtigt werden, dass der Verurteilte bei seiner Entlassung effektiv und nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellt.

Fröhlicher Schirmherr. Der mit einem blauen Band geschmückte Roger Gifford, Lord Mayor of London, neben Robert Graf, Meister der Zunft zu Schuhmachern, in einem Umzug durch die Freie Strasse zum Rathaus. Foto Aissa Tripodi

Zünftiger Besuch aus London Roger Gifford machte einen Zwischenhalt in Basel Von Dominik Heitz Basel. Was hat das alles zu bedeuten?

Jung und Alt wunderte sich vor dem Rathaus über den Einmarsch der gegen 160 Schirmherren – es regnete in Strömen –, Fahnenträger, Pfeifer und Tambouren. Wer die Zeichensprache der Fahnen verstand, konnte neben diversen Zunftbannern auch die britische Flagge ausmachen. Sie verwies auf den Ehrengast, der am vergangenen Samstag der Stadt Basel und ihren Zünften, insbesondere der Zunft zu Schuhmachern, einen Besuch abstattete: Roger Gifford, der Lord Mayor of London. Der Besuch hatte seinen Grund. Im vergangenen November durfte eine 80-köpfige Delegation der Basler Zünfte und Ehrengesellschaften an der pompösen Lord Mayor’s Show in London teilnehmen, einem zweieinhalbstündigen Umzug, an dem sich der alle Jahre neu gewählte Lord Mayor der Öffentlichkeit vorstellt und dem Monarchen Treue schwört.

Für seinen Besuch in Basel hatte der Vorsitzende der Skandinaviska Enskilda Banken in Grossbritannien extra seine Reise von Helsinki nach Schweden unterbrochen. Roger Gifford (57), Mitglied der zünftigen Schuhmacher der Londoner City, wollte am Zunftessen der Zunft zu Schuhmachern den Basler Zünften für ihren Auftritt in London danken. «E Schueh voll uuse zieh» Der Anlass begann am Vormittag mit einem feierlichen Akt in der Martinskirche, wo die Zunft zu Schuhmachern im Beisein der Ehrengäste, der Vertreter der anderen Zünfte und Ehrengesellschaften unter anderem ihre neuen Mitglieder aufnahm. Dann ging es – angeführt von den Bannerträgern und des Zunftspiels in geordneter Formation über den Münsterplatz und die Freie Strasse hinunter zum Rathaus, wo Regierungsrat Carlo Conti nicht nur die vier Kardinaltugenden sprach, die über den Türen des Grossratssaals in Schrift

und Bild verdeutlicht sind, sondern auch Humor spielen liess. Als Mitglied der Zunft zu Sternen habe er sich schon einiges anhören müssen, zum Beispiel: «Ein Regierungsrat bei der Zunft der Schröpfer – ja, das passt.» Und Bezug nehmend auf die Zunft zu Schuhmachern: Als Politiker gebe es halt genügend Gelegenheiten, «um e Schueh voll uuse z’zieh». Schliesslich leitete er mit dem Zitat von Woody Allen, der Mensch lebe nicht vom Brot alleine, manchmal brauche er auch einen Drink, zum Aperitif über. Seinen Abschluss fand der für die Zünfter ausserordentliche Anlass mit einem Mittagessen in der Safranzunft, wo Roger Gifford in seiner Rede unter anderem auch auf die Banken zu sprechen kam und sagte: «Liebe Schweizer Kollegen, verliert nie den Glauben in eure ausgezeichnete Erstklass-Tradition des schweizerischen Bankenwesens. Es mögen Änderungen nötig sein, aber ­ habt Vertrauen in euer Bankenwesen – es ist zu gut, um es zu verlieren.»

Stimmung vom nasskalten ersten Junitag nicht trüben. Am Samstag hatte das Defensionale von Wil auf dem vom Regen ausgelaugten Bruderholzhügel ­ sein Lager aufgestellt. Die Gruppe spielt die erste gesamteidgenössische Heeresordnung von 1647 nach. Während des Dreissigjährigen Kriegs wurde sie zur Abwehr anrückender schwedischer Heere einberufen. Bei der Living-­ History-Veranstaltung Zeitstrasse macht somit weniger der ausbleibende Schwedensturm als vielmehr das geschichtsträchtige Wetter zu schaffen. Patrick Schlenker, Präsident des Organisationskomitees, nimmt diese ­ Rahmenbedingungen gelassen. «Zu jenen Zeiten konnte man sich das Wetter auch nicht aussuchen – und hatte auch keine geteerten Wege wie heute», meint Schlenker. Viel Stroh schafft als Unterlage Abhilfe für die elf campierenden Epochenformationen. Nach währ­ schafter Küche riecht es im Zeltlager der Gruppe Margaritae. Eidgenossen aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert bereiten ein spätmittelalterliches Gericht vor. Es wird gemäss Viersäftelehre mit reichlich Ingwer und Honig gekocht. Bei einer anderen Station auf der Zeitstrasse steht das Feldlager der römischen Legion  XI. Die Hobby-Legionäre klinken sich dort aus ihrem Alltagsleben als Handwerker, Lehrer oder Führungskräfte aus. Allgemein bedeutet den ­Darstellern die antike Kultur viel: «Die Römer sind uns in vielen Dingen sehr nahe  – sie waren Pragmatiker und am Weltlichen orientiert», findet der Legionär Lucius Fabius. Der geschichtliche Längsschnitt endet im 19. Jahrhundert: Auf der Batterie gehts  – der einstigen Nutzung entsprechend – militärisch zu und her. Das dritte Schweizer Regiment in französischen Diensten ist grösstenteils aus der Romandie angereist. Gleich neben Napoleons Infanteristen posiert die Truppe Rost und Grünspan. Sie stellen mit ihren Uniformen die Tagsatzungs­ truppen im Sonderbundskrieg von 1847 dar, im Dienst des Schweizer Generals Henri Dufour. «Der Feldzug fand damals im November statt – von daher kommt uns mit unseren dicken grauen Mänteln das Wetter entgegen», sagt ­einer der Wehrmänner.