Mitt des 19 - BKW

Rückgang einzelner bedrohter Tier- und Pflanzenarten im und am Gewässer, ja sogar in der weiträumigen Landschaft im verkümmerten Auenwald (nationale ...
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Landschaft und Gewässeraufwertungen Die Sicht von Pro Natura Hans-Ulrich Sterchi, Präsident Pro Natura Bern Ein Blick zurück Mitte des 19. Jahrhunderts, vor den grossen Wasserregulierungswerken, insbesondere der ersten Juragewässerkorrektion, wurde die Stadt Aarberg bei Niederwasser mit ca. 100 m3 Wasser pro Sekunde umflossen. Bei Hochwasser rauschten hingegen ca. 1'000 bis 1'500 m3 Wasser pro Sekunde durch den mehrere hundert Meter breite Flussbett Richtung Kappelen – Lyss – Meienried. Eine ungeheure Dynamik. Auenwaldbereiche wurden weggeschwemmt, grossflächig wurde Wies- und Kulturland überflutet. Neue Aareläufe und Auflandungen, vielfältige Strukturelemente mit hohem Entwicklungspotential für eine vielfältige Natur wurden geschaffen. Dies war damals jedoch auch verbunden mit grossem Leid für die betroffene Bevölkerung. Als Beispiel sei hier das grosse Schiffsunglück unterhalb von Aarberg erwähnt, das sich Ende des17. Jahrhunderts ereignete und ca. 130 Menschen das Leben kostete. Die Folgen der Gewässerkorrektionen Mit den grossen Wasserregulierungsmassnahmen – den Juragewässerkorrektionen und dem Kraftwerkbau – wurde die natürliche Dynamik der Aare weitgehend gebannt. Klägliche 3.5 m3 Wasser pro Sekunde fliessen an 365 Tagen im Flussbett der Alte Aare von Aarberg Richtung Lyss. Jegliche Dynamik des Flusses ist gebannt. Die für die Natur wichtigen Altläufe werden weithegend vom Wald in Besitz genommen, der Auenwald hat sich zu einer stabilen Waldgesellschaft mit Buchen und Fichten entwickelt. Der früher im dynamischen Auenwald häufig vorgekommene Pirol ist selten geworden und der zierliche Frauenschuh (Orchideenart) ist bis auf ein bis zwei Standorte verschwunden. Mit all diesen Voraussetzung hat sich die Landschaft zu einer Kulturlandschaft des 20. Jahrhunderts entwickelt: − − − − − − −

regulierte Wasser geometrische Formen lineare Strukturen harte Grenzen geringe Artenvielfalt dominante Infrastruktur intensive Nutzug Kulturland

Die Zertifizierung des Wasserkraftwerks Aarberg Mit der Zertifizierung des Wasserkraftwerkes Aarberg «naturemade star» zeigt sich ein Lichtblick für die Natur und die Landschaft im Raume Aarberg. Geldmittel für die Aufwertung, Neuschaffung und Dynamisierung von naturnahen Bereichen können eingesetzt werden. Der Rückgang einzelner bedrohter Tier- und Pflanzenarten im und am Gewässer, ja sogar in der weiträumigen Landschaft im verkümmerten Auenwald (nationale Bedeutung) zwischen Aarberg und Meienried kann somit stabilisiert werden. Die Hoffnung ist berechtigt, dass sich sogar die eine oder andere bedrohte Tier- und/oder Pflanzenart beim gezielten Einsatz der verfügbaren Geldmittel aus dem Ökofonds in diesem Raum prächtig entwickeln wird. In diesem Sinne kann die Anforderung an die Projekte wie folgt umschieben werden: «Förderung von Projekten zu Gunsten der Natur mit hohem Wirkungsgrad und optimalem Geldmitteleinsatz.»

Ausblick War im 19. Jahrhundert der Aareraum geprägt von − − − − − − −

dynamischen Gewässern flussreichen Formen organischen Strukturen weichen Übergänge grosse Artenvielfalt integrierte Infrastruktur extensive Nutzung Kulturland

und wurde das Gebiet zur Kulturlandschaft des 20. Jahrhundert verändert, so hoffen wir, dass sich im 21. Jahrhunderts Veränderungen in Richtung «Kultur – Natur – Landschaft» mit ausgewogenem Wechselspiel zwischen dynamischer und regulierter Wasserführung, fliessenden und geometrischen Formen, extensiver und intensiver Nutzung des Kulturlandes mit einer hohen Artenvielfalt der freilebenden einheimischen Tier- und Pflanzenwelt entwickeln wird.