LÄNDERBERICHT Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. BOSNIEN UND HERZEGOWINA SABINA WÖLKNER 9. Oktober 2012 www.kas.de/sarajevo

Lokalwahlen in BosnienHerzegowina: Ist der Nationalismus auf dem Rückzug? Am 7. Oktober 2012 waren rund 3,2 Mio.

etablierten Parteien der drei konstitutiven

wahlberechtigte Bürger von Bosnien und

Volksgruppen des Landes: Bosniaken, Ser-

Herzegowina

ben und Kroaten.

aufgerufen,

ihre

künftigen

Bürgermeister, Vorsteher und Räte zu wählen. Dies betraf 78 Gemeinden in der Föde-

Föderation – SDA und HDZ die Wahl-

ration von Bosnien und Herzegowina, dem

gewinner

Landesteil (Entität) mit bosniakischer und kroatischer Bevölkerung. In der Republika

In der Föderation machte bei den bosniaki-

Srpska (RS), der Entität, in der überwie-

schen Wählern die „Partei der Demokrati-

gend Serben leben, standen in 61 Gemein-

schen Aktion“ (SDA) das Rennen. Sulejman

den und der Stadt Banja Luka Wahlen an.

Tihics SDA setzte sich in 34 Gemeinden

Während

Gemeindevorsteher

durch, zwei kleinere gewann die Partei so-

(nacelnik) und Bürgermeister (gradonacel-

gar in der benachbarten Republika Srpska.2

nik) bereits größtenteils feststehen, sind die

Die Parteispitze jubelte: „Wir sind wieder

Auszählungen für die Zusammensetzungen

die Stärksten in Bosnien und Herzegowi-

der Gemeinderäte noch im Gange.

na!“3

Dem Aufruf folgten 56 Prozent der Wahlbe-

Dahinter platzierte sich die „Kroatische De-

rechtigten. Das ist für Lokalwahlen kein

mokratische Gemeinschaft“ (HDZ BiH), die

schlechter Wert. Internationale und einhei-

es auf 14 Posten schaffte. Diese lagen vor-

mische

zum

wiegend im traditionellen Machtzentrum der

Schluss an die Bürger appelliert, ihr Wahl-

Partei im Süden des Landes, in der Herze-

recht in Anspruch zu nehmen.1

gowina. Die HDZ untermauert damit ihren

die

neuen

Organisationen

hatten

bis

Anspruch, stärkste Kraft im kroatischen Ein häufiges Motiv fürs zu Hause bleiben

Spektrum zu sein. Ihre Schwesternpartei,

war die Unübersichtlichkeit der politischen

die

Landschaft. Die Zahl der Kandidaten und

schaft 1990“ (HDZ 1990) kam nicht annä-

Parteien war rekordverdächtig. Insgesamt

hernd auf dieses Ergebnis. Allerdings sicher-

hatten sich 383 politische Subjekte regist-

te sie sich ihre Ausbeute von den letzten

riert, darunter 84 Parteien und Kleinstpar-

Wahlen. Sie gewann in drei Gemeinden. An-

teien, 59 Koalitionen und 224 unabhängige

gesichts der schwachen Prognosen wirkte

Kandidaten.

der stellvertretende Vorsitzende, Martin Ra-

„Kroatische

Demokratische

Gemein-

guz, nahezu erleichtert. Er unterstrich, seiVielen dieser unabhängigen Kandidaten gelang es nicht, die Drei-Prozent-Hürde zu nehmen. Die Gewinner der diesjährigen Lokalwahlen stammten überwiegend aus den

1 Sorensen poziva gradane da izadu na izbore. http://www.indikator.ba/izbori-2012/22953sorensen-poziva-gradjane-da-izadju-na-izbore.

2 Wahlergebnisse der Zentralen Wahlkommission (CIK), abrufbar unter: http://www.izbori.ba/Rezultati/RezultatiNepotNezP rel/files/Lista_opstina_trka_8.html. 3 SDA: Pnonovo najjaca u BiH, in Oslobodjenje: 8. Oktober 2012, S. 1.

2

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ne Partei habe ihre Stellung bestätigen kön-

„auf dem Lande“ die dominierende politi-

nen. Er sei mit dem Abschneiden zufrieden.4

sche Kraft zu sein. Die Aussage des SDS-

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Vorsitzenden sollte Dodik deshalb als WarAuf dem dritten Platz landete die Sozialde-

nung verstehen. Bosic betonte: „In der Re-

mokratische

Außenministers

publika Srpska hat sich ein politisches Erd-

Zlatko Lagumdzija (SDP). Sie konnte ihr Er-

beben ereignet. Die Menschen haben die

gebnis zwar leicht von 9 (2008) auf 11 Pos-

Qualität unserer Politik erkannt. Dies wird

ten verbessern. So gewann sie in der In-

Konsequenzen für unsere Zusammenarbeit

dustriestadt Tuzla im Norden des Landes.

mit der SNSD haben“.6

Dort

wurde

Partei

der

des

langjährige

SDP-

Bürgermeister, Jasmin Imamovic, erneut

RS-Präsident und SNSD-Vorsitzender Dodik

mit großer Mehrheit bestätigt. Allerdings

sieht dennoch keinen Grund zur Besorgnis.

ging die Stadt Bihac, eine Stadt im äußers-

„Wir haben einige Gemeinden gewonnen,

ten Westen des Landes, überraschend an

andere verloren. Wir werden zwar weniger

5

ihren größten Rivalen, die SDA, verloren.

Gemeindevorsteher und Bürgermeister stellen, aber wichtig war, dass wir Banja Luka

Kleinere Parteien wie die „Partei für Bosnien

halten konnten.“7

und Herzegowina“ (SBiH) gingen gänzlich leer aus (2008: noch 4 Posten). Dies traf

In der Tat gelang es der SNSD in Banja Lu-

auch für die urbane „Unsere Partei (Nasa

ka, dem Regierungssitz der Entität, ihren

stranka) zu. Bei letzten Wahlen hatte sie

Kandidat und bisherigen Amtsträger, Slobo-

immerhin in einer Gemeinde in Sarajevo

dan

noch gesiegt.

stärkster

Gavranovic,

durchzusetzen.

Herausforderer,

Vorsitzender

der

Sein

Dragan

Cavic,

Demokratischen

Partei

Ein enttäuschendes Ergebnis fuhr die Partei

(DP) scheiterte, ihn zu bezwingen. Das war

des Medienmoguls Fahrudin Radoncic ein,

keine Überraschung. Zwar hatte Cavic die

die „Partei für eine bessere Zukunft BuH

Unterstützung von Mladen Ivanics PDP, der

(SBBBiH). Sie gewann nur in 2 Gemeinden.

„Partei des Demokratischen Fortschritts“.

Viele Mitglieder hatten sich mehr erhofft. Es

Doch allein dies reichte nicht, um so einen

gelang Radoncic damit nicht, den Achtungs-

großen Gegner zu schlagen. Entscheidend

erfolg zu wiederholen, den er bei den Par-

für die Niederlage war, dass die SDS Cavic

lamentswahlen 2010 erzielt hatte.

die Unterstützung verweigerte und einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickte.8

Republika Srpska - Einbußen für Dodiks SNSD

Dodiks Gelassenheit angesichts der Wahlverluste ist zwar nachvollziehbar. An der

In der Republika Srpska kam es zu beachtli-

bisherigen Machtverteilung ändern die Er-

chen Verschiebungen. So erlitt die „Allianz

gebnisse aber nichts. Dank der straffen

der

Sozialdemokraten“

zentralistischen Struktur liegen die wirkli-

(SNSD) des Entitätspräsidenten Milorad Do-

Unabhängigen

chen Machthebel in der RS nicht in den Ge-

dik hohe Einbußen. Sie sicherte sich nur in

meinden, sondern auf Entitätsebene. Dort

18 Gemeinden den ersten Rang. Bei den letzten Wahlen waren es noch 41. Nutznießer der Niederlage war Mladen Bosics „Serbische Demokratische Partei“ (SDS). Die SDS siegte in 27 Gemeinden. Zum Vergleich: 2008 waren es nur 15. Die Partei knüpft damit an ihre einstige Stärke an,

4 Martin Raguz: HDZ 1990 zadovoljan rezultatima, in: Oslobodjenje, 8. Oktober 2012, S. 3. 5 Die SDP begreift sich als eine multethnische Partei. Die meisten ihrer Wähler gehören jedoch zur bosniakischen Volksgruppe.

6

U RS-u se dogodio politički zemljotres, in: MOJE Vjiesti, 9.9.2012, http://www.mojevijesti.ba/novost/137023/U-RS-use-dogodio-politicki-zemljotres. 7 Dodik: Dobili smo Banjaluku! http://www.glasjavnosti.rs/clanak/svet/glas-javnosti-08-102012/dodik-dobili-smo-banjaluku. 8 Hintergrund ist, dass Cavic einst Vorsitzender der SDS war. Er ist vielen Hardlinern bis heute ein Dorn im Auge. Während seiner Amtszeit als RSPremierminister bezeichnete er das Verbrechen in Srebrenica als „dunkles“ Kapitel der serbischen Geschichte, Otvaranje najmračnije stranice, in: Vreme, 1. Juli 2004, http://www.vreme.com/cms/view.php?id=384060.

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geben seine „unabhängigen Sozialdemokra-

die

ten“ nach wie vor den Ton an. Allerdings

Wirtschaftlage waren im Fokus. Für diese

B O S N I E N U N D H E R Z E G O W I N A darf Dodik die Niederlage nicht auf die leich-

Themen machten sich die Oppositionspar-

SABINA WÖLKNER

te Schulter nehmen. Sie ist ein Zeichen für

teien stark, allen voran PDP, DP und SDS.

die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der

Sie warfen der SNSD die heutige Misere in

Leistung seiner Partei. Die endemische Kor-

der RS zur Last. Dodiks Sozialdemokraten

ruption und die desolate Wirtschaftslage

fällt es sichtlich schwer, sich aus der Affäre

hatten viele gegen die SNSD aufgebracht.

zu stehlen. Die Partei diktiert seit Jahren die

Die kommenden Parlamentswahlen 2014

Politik in der Entität und dominiert die

könnten diesen Trend fortsetzen.

staatlichen Strukturen. Die Quittung dafür

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Vetternwirtschaft

und

die

schlechte

erhielten sie bei den Wahlen. Nationalismus allein reicht nicht, oder Die Niederlage der SNSD zeigt, dass Natio-

doch?

nalismus allein nicht reicht, um die Wähler Dodiks Rechnung ging diesmal nicht auf,

zu mobilisieren. Dies trifft jedoch vorerst

mit der üblichen Masche die Menschen zu

nur für die Lokalebene zu. Die Erklärung

den Wahlurnen zu treiben. So wetterte er

dafür ist einfach. In den Gemeinden hat sich

zwar wieder in üblicher Manier gegen die

die

angeblichen „Zentralisten“ in Sarajevo, die

Krieg, Flucht und Vertreibung verändert. Die

der Republika Srpska ihre Autonomie steh-

Menschen leben heute in homogenen und

len wollen.9 Zum ständigen Repertoire ge-

eher monoethnischen Gemeinschaften. Dies

hört auch die Androhung, sich vom Gesamt-

gilt vor allem für die Republika Srpska.12

10

staat abzuspalten.

Bevölkerungsstruktur

als

Folge

von

Aber diesmal trat nicht

der gewohnte Effekt ein. Anstelle der Furcht

Die Ausnahme bildet Srebrenica. Dort steht

vor der „muslimischen Gefahr“, die die ser-

Nationalismus weiter hoch im Kurs. Das

bischen Wähler bislang stets in die Arme der

wundert nicht. Srebrenica ist der Ort, an

SNSD und des Präsidenten trieb, dominier-

dem die serbischen Truppen unter der Füh-

ten in der RS eher lokalpolitische Themen

rung von Ratko Mladic mehr als 8000 Mus-

den Wahlkampf. Hierzu zählten etwa der

lime am 11. Juli 1995 ermordet hatten. Bis

Ausbau der Infrastruktur, die Verringerung

heute spaltet das Verbrechen Serben und

der Arbeitslosenzahlen und die Nutzung von

Bosniaken. Dodik gießt dabei bewusst Öl ins

europäischen Fonds, um die ländliche Ent-

Feuer. Er stellt regelmäßig den Völkermord

wicklung zu fördern.11 Aber auch die Be-

in Frage. Besonders gern vor Wahlen. 13 Das

kämpfung der allgegenwärtigen Korruption,

gefällt serbischen Nationalisten und ärgert die Bosniaken. Mehr noch: Es lenkt die Aufmerksamkeit von den wirtschaftlichen

9

So der Streit über die Absetzung des Außenministers und SDP-Chefs Lagumdzija. Dieser hatte bei der UN-Abstimmung zur Verabschiedung der Syrien-Resolution mit Ja gestimmt und damit sich über den Wunsch der Serben hinweggesetzt, sich zu enthalten. Für Dodik war klar: Lagumdzija muss weg. Er wurde im Wahlkampf nicht müde auf den angeblichen Schaden hinzuweisen, der durch die Entscheidung des Außenministers für die RS entstanden sei. Dodik: RS Cannot Forgive Lagumdzija for Syria Resolution. http://www.oslobodjenje.ba/daily-news/dodik-rscannot-forgive-lagumdzija-for-syria-resolution. 10 Dodik: One day RS will be independent. http://www.oslobodjenje.ba/daily-news/dodik-oneday-rs-will-be-independent. 11 Zu nennen wäre die Stadt Bijelina, die unter ihrem Bürgermeister (SDS) großen Nutzen aus europäischen Fonds für die Stadtentwicklung ziehen konnte. Es wundert nicht, dass der Bürgermeister in seinem Amt bestätigt wurde. Siehe: Milovanovic proznao poraz, Micic ostaje gradonacelnik Bijeljine. http://www.vecernji.ba/vijesti/milovanovicproznao-poraz-micic-ostaje-gradonacelnikbijeljine-clanak-461595.

Problemen der Entität ab. Auf diesem explosiven Terrain trat Vesna Kocevic, eine Serbin aus Dodiks SNSD, gegen Camil Durakovic, Bosniake und unabhängiger Kandidat, für das Rennen um den Posten des Bürgermeisters an. Beide waren in ihrer jeweiligen Volksgruppe die Spitzenreiter. Durakovic, vorher SDA-Mitglied, war aus der Partei ausgetreten, um auch für andere Wähler attraktiv zu sein. Er gehört zu

12

Neue Erkenntnisse werden von der für das kommende Jahr angesetzten Volkszählung erwartet. 13 Dodik ponovio u Srebrenici: Ovdje nije bilo genocida! http://www.vijesti.ba/vijesti/bih/107068Dodik-ponovio-Srebrenici-Ovdje-nije-bilogenocida.html.

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den Überlebenden des Massakers. Ihm ge-

Hintergrund der Aktion war, dass in den

lang als Sechzehnjähriger die Flucht vor

vergangenen Jahren die Zahl derjenigen

B O S N I E N U N D H E R Z E G O W I N A Mladics Schergen. Zeitweilig in den USA le-

abgenommen hatte, die von außerhalb in

SABINA WÖLKNER

bend, entschied er sich nach Bosnien und

Srebrenica wählten.16 Dabei war es nicht

Herzegowina zurückzukehren. Es war klar,

einmal notwendig, einen Wohnsitz dort zu

dass die Wahl auf Srebrenica fiel. In einem

haben. Diese Sonderregel hatte in der Ver-

Interview begründete er seine Entscheidung

gangenheit stets dafür gesorgt, dass trotz

damit, dass er den Bewohnern von Srebre-

der serbischen Mehrheit ein Bosniake an der

nica helfen möchte, eine neue Zukunft auf-

Spitze des Ortes stand.

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zubauen. Das Angebot richte er an alle Bewohner, auch an die Serben. Bedingung sei,

Dies war bei den diesjährigen Wahlen an-

dass diese den Völkermord nicht leugnen.14

ders. Nun durften nur noch diejenigen wäh-

Diese Aussage war gegen Dodik gerichtet.

len, die sich für die Wahlen in Srebrenica registrieren ließen und eine feste Wohnan-

Doch in Srebrenica zeigte Dodiks nationalis-

schrift dort hatten. Der Sturm der Entrüs-

tische Rhetorik nochmal Wirkung. Den ers-

tung war bei den bosniakischen Parteien

ten Ergebnissen zufolge hat seine Kandida-

damit vorprogrammiert. Dies galt insbeson-

tin ca. 500 Stimmen mehr als Durakovic

dere für die SDA, die die Politik dort seit

erhalten. Ursache ist, dass es heute nur

Jahren bestimmte. Für Durakovics serbische

noch wenige Bosniaken in Srebrenica gibt.

Gegenspielerin besteht die reale Chance,

Die dort ansässigen Serben fürchteten im

den Posten zu gewinnen. Diese Aussicht

Fall eines Wahlsiegs von Durakovic politi-

scheint vielen Bosniaken nach wie vor ein

sche Nachteile. Sie stimmten deshalb für die

Graus. Jene mit Wurzeln in Srebrenica lie-

SNSD-Wunschkandidatin. Allerdings ist das

ßen sich von Durakovics Kampagne zur Re-

Rennen noch offen. Durakovic konnte viel

gistrierung in Srebrenica motivieren. 17

Unterstützung mobilisieren, da die SDA, die „Partei

Herzegowina“

Auch in der Föderation leben die Menschen,

(SBiH) und Radoncics SBBBiH sich hinter

für

Bosnien

und

meist Bosniaken und Kroaten, heute über-

ihn stellten. Nur die Sozialdemokratische

wiegend „unter sich“ mit einigen wenigen

Partei (SDP) verweigerte die Gefolgschaft.

Ausnahmen. Ähnlich wie in der Republika

Einzelne SDP-Politiker votierten dennoch für

Srpska standen für die Bevölkerung Fragen

Durakovic, so etwa Emir Suljagic, ehemali-

wie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die

ger Kulturminister der Föderation und Sreb-

Entwicklung der Infrastruktur und die wirt-

renica-Überlebender.15

schaftliche Förderung in den Gemeinden im Vordergrund. Die großen etablierten Partei-

Ein wichtiger Faktor in Durakovics Kampag-

en, SDA, SDP und die beiden kroatischen

ne war die Internetinitiative „Ich wähle für

HDZs griffen diese Themen allerdings nur

Srebrenica“. Damit konnte er nicht nur sei-

sporadisch auf. Vielmehr dominierte der

ne Popularität erhöhen, sondern auch die

Streit zwischen Tihics SDA und Lagumdzijas

Zahl seiner Wähler. Er appellierte an Bosni-

Sozialdemokraten den Wahlkampf. Seit dem

aken, die aus Srebrenica stammten, aber

Koalitionsbruch auf gesamtstaatlicher und

heute woanders leben, sich für die Wahlen

föderaler Ebene schieben sich beide gegen-

im Ort zu registrieren. Die Registrierung bot

seitig die Schuld für die Misere im Lande zu.

er auf seiner Webseite gleich mit an.

Dies hat vor allem auf die Föderation nega-

16

14

Duraković: Nisam se pokajao što sam se vratio u Srebrenicu, Interview in Dnevni Avaz, 30.09.2012, . http://www.avaz.ba/ vijesti/teme/durakovic-nisam-se-pokajao-sto-samse-vratio-u-srebrenicu. 15 Siehe Webseite: Glasacu za Srebrenicu: http://www.glasacuzasrebrenicu.ba/vijesti/88cado-treba-dati-odgovore.html.

Die Zahl sank in den vergangenen Wahlperioden von 21.375 eingetragenen Wählern (2002) auf 12.598 (2010). 17 Bis zum 24. August durften sich Wähler in Srebrenica registrieren lassen. Den RS-Serben gefiel dies zwar nicht. Allerdings konnten sie wenig ausrichten. Internationale Organisation und die zentrale Wahlkommission des Landes bekräftigten, dass alle Registrierungen bis zum Ablauf dieser Frist rechtsgültig seien.

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tive Auswirkungen. Seit Monaten geht es in

gen konnten.21 Die Bosniaken befürchten,

der Entität weder vor noch zurück.18 Wäh-

ihre privilegierte Stellung zu verlieren und

B O S N I E N U N D H E R Z E G O W I N A rend die SDA es unter allen Umständen

von den Kroaten an die Wand gedrückt zu

SABINA WÖLKNER

vermeiden möchte, ihre Ministerposten zu

werden. Denn diese befinden sich in Mostar

verlieren, basteln Lagumdzijas Sozialdemo-

in der Mehrheit. Während die SDA daher

kraten hektisch an neuen Regierungsbünd-

Sonderrechte für Bosniaken fordert, hoffen

nissen. Bisher allerdings ohne sichtbaren

die HDZ-Kroaten mit Hilfe des Urteils ihre

Erfolg. Die Wahlen waren für beide Parteien

politische Macht in Mostar auszuweiten. Von

ein Stimmungstest. Wem schenkt die Be-

internationaler Seite wurde bislang nicht

völkerung mehr Glauben?

interveniert. Der Hohe Repräsentant Valen-

9. Oktober 2012

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tin Inzko machte deutlich, es sei Aufgabe Lagumdzijas neue Wunschpartner, Radon-

der Politiker des Landes das Problem zu lö-

cics SBBBiH und die beiden HDZs, befinden

sen.22

sich in Lauerstellung. Sie warten darauf, den Sprung in die föderalen Regierungsäm-

Damit spielte Inzko den Ball in das Feld der

ter zu machen. Insbesondere die HDZ-

einheimischen Politik zurück. Dieser Ansatz

Kroaten von Dragan Covic wollen nach lan-

spiegelt sich insgesamt in der Politik der in-

ger Durststrecke Teil der föderalen Macht

ternationalen Gemeinschaft gegenüber Bos-

werden. Daher war auch in den Gemeinden

nien

mit kroatischer Mehrheit der Wahlkampf

Botschafter, Patrick Moon, appellierte an die

von der Frage nach der „Rekonstruktion der

Parteivorsitzenden, die Wahlen zum Anlass

Föderation“ maßgeblich geprägt.

zu nehmen, um endlich politische Verant-

und

Herzegowina

wider.

Der

US-

wortung zu übernehmen. In einem InterDie Ausnahme bildete die Stadt Mostar im

view erklärte er: „In den letzten Monaten

Süden des Landes. Dort fanden dieses Jahr

waren wir Zeugen von Regierungskrisen.

gar keine Wahlen statt. Der Grund war das

Die internationale Gemeinschaft wird keinen

Urteil des Verfassungsgerichts der Föderati-

politischen Druck auf die einheimischen Poli-

on.19 In seiner Entscheidung erklärte das

tiker ausüben, aber sie erwartet von ihnen

Gericht Teile des oktroyierten Statuts der

ein verantwortungsbewusstes Handeln ge-

Stadt für verfassungswidrig. So gebe es im

genüber den Bürgern des Landes, sich an

Wahlgesetz Disproportionalitäten. Diese gel-

einen Tisch setzen und Lösungen für die

Obwohl das Urteil

Probleme zu finden.“23 Die nächsten Monate

bindend ist, geschah bislang nichts, da die

werden zeigen, ob die Politiker des Landes

miteinander konkurrierenden Parteien, die

diese Empfehlung ernst nehmen.

te es abzuschaffen.

20

bosniakische „Partei der Demokratischen Aktion“ (SDA) sowie die „Kroatische Demokratische Gemeinschaft BuH“ (HDZ BiH), sich nicht auf eine gemeinsame Formel eini-

18

Sabina Wölkner, Alison Sluiter: Rochade auf Bosnisch, KAS-Länderbericht vom 8. Juni 2012, http://www.kas.de/wf/doc/kas_31279-1522-130.pdf?120706141414. 19 CIK raspisao lokalne izbore za 7. listopad. http://www.prometej.ba/index.php/zanimljivosti/515 -cik-raspisao-lokalne-izbore-za-7listopad. 20 “The court found the City Council election unconstitutional because the numbers of deputies from six city districts were not proportionate to the number of voters in those districts. The current statute stipulates that an area of the city with a population of almost 30,000 residents can elect the same number of delegates to the City Council as an area with only 7,000 residents.” Florian Bieber: Local Institution al Engine eri ng: A Tale of T wo Cities, Mostar a nd Brcko, in: Internatio nal Peaceke epin g, Vol.12, No.3, Autum n 2005, pp.420 –43.

21

Anes Alic: Bosnia and Herzegovina delays election in divided city of Mostar, in: ISAintel, 22.7.2012. http://www.isaintel.com/2012/07/22/bosnia-andherzegovina-delays-elections-in-divided-city-ofmostar/. 22 Dnevni List: Interview with the High Representative. http://www.ohr.int/ohrdept/presso/pressi/default.asp?content_id=47474. 23 Očekujemo da će bh. lideri pokazati odgovornost prema grañanima, 08.10.2012. http://www.mojevijesti.ba/novost/136950/Ocekuje mo-da-ce-bh.-lideri-pokazati-odgovornost-premagradanima.