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Validität von Kompetenzmodellen geführt oder es werden Fallbeispiele einzelner Un- ternehmungen geschildert (z.B. Gast, Lieberei & Priesett, 2000; Schmidt, Kunzmann. & Biesalski, 2006; Deutsche Gesellschaft für Personalführung [DGFP], 2008a). Der. Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis kommt vielfach noch zu ...
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Nicole Sprafke

Kompetenzmodelle in der Personalarbeit Aktuelle Situation und Entscheidungskriterien für die betriebliche Praxis

Diplomica Verlag

Nicole Sprafke Kompetenzmodelle in der Personalarbeit: Aktuelle Situation und Entscheidungskriterien für die betriebliche Praxis ISBN: 978-3-8428-1971-9 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................................... V 1

Kompetenzmodelle als Basis der Personalarbeit? ....................................... 1

2

Fragestellung – Welches Kompetenzmodell ist das „Richtige“? ................ 3

3

Die Competency-Bewegung – Begriffsklärung und -herkunft ..................... 6 3.1

Ursprung des Kompetenzbegriffs und dessen Kontroverse ...................................... 6

3.2

Kennzeichen des Kompetenzbegriffs .......................................................................... 10 3.2.1 3.2.2 3.2.3

3.3

4

Zusammenfassung der Vorteile und Bedenken des Kompetenzansatzes .............. 22

Einordnung von Kompetenzmodellen .......................................................... 25 4.1

Definition des Begriffs Kompetenzmodell .................................................................. 25

4.2

Entwicklung und Implementierung von Kompetenzmodellen .................................. 26 4.2.1 4.2.2

4.3

5

6

Definitionen von Kompetenz ............................................................................... 10 Kompetenzverständnis in der vorliegenden Studie ............................................ 16 Anforderung und Kompetenz – Versuch einer Abgrenzung ............................... 19

Allgemeine Entwicklungsschritte der Kompetenzmodellierung .......................... 27 Implementierung von Kompetenzmodellen und damit verbundene Schwierigkeiten ................................................................................................... 33

Allgemeine Klassifikation von Kompetenzmodellen ................................................. 35

Eigenschaftsbasierte versus aufgabenorientierte Modelle ........................ 40 5.1

Charakteristika der beiden Modellvarianten ............................................................... 40

5.2

Betrachtung von Vor- und Nachteilen aus theoretischer Perspektive ..................... 44

Methodik der Untersuchung.......................................................................... 48 6.1

Untersuchungsdesign ................................................................................................... 48

6.2

Festlegung der Zielgruppe ............................................................................................ 49

6.3

Voruntersuchung anhand halbstrukturierter Interviews ........................................... 51 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4

6.4

Ergebnisdarstellung der Voruntersuchung ................................................................ 58 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.4.4

6.5

Konstruktion des Interviewleitfadens .................................................................. 51 Akquise der Interviewpartner .............................................................................. 54 Beschreibung der Stichprobe .............................................................................. 55 Vorgehen bei der Auswertung der Interviews ..................................................... 57

Ergebnisse der qualitativen Analysen zu Kompetenzmodellen im Allgemeinen ........................................................................................................ 58 Genutzte Modelle in den befragten Unternehmen .............................................. 61 Ergebnisse des Modellvergleichs ....................................................................... 66 Zusammenfassende Interpretation der Vorstudie ............................................... 70

Konstruktion des Fragebogens für die Hauptuntersuchung .................................... 74

I

7

8

Hauptuntersuchung – Fragebogenstudie und deren Ergebnisse .............. 78 7.1

Rücklauf und Stichprobenbeschreibung .................................................................... 78

7.2

Vorgehen zur Auswertung der Fragebogenstudie ..................................................... 81

7.3

Verwendung von Kompetenzmodellen in der unternehmerischen Praxis .............. 83

7.4

Einstellung gegenüber Kompetenzmodellen im Allgemeinen .................................. 87

7.5

Modellvergleich: Bewertung eigenschaftsbasierter und aufgabenorientierter Kompetenzmodelle ........................................................................................................ 90

7.6

Kurzresümee zur Hauptuntersuchung ........................................................................ 96

Fazit zu den Untersuchungsergebnissen und Empfehlungen zum Einsatz von Kompetenzmodellen ................................................................. 98 8.1

Zielgruppe und Reichweite der Ergebnisse ................................................................ 98

8.2

Aktuelle Situation in der Praxis zur Verwendung von Kompetenzmodellen ........... 99

8.3

Empfehlungen für den Einsatz von Kompetenzmodellen ....................................... 104 8.3.1 8.3.2 8.3.3

9

Allgemeine Empfehlungen in Verbindung mit Kompetenzmodellen ................. 104 Modellvergleich – Charakteristika im Abgleich mit der Theorie ........................ 106 Entscheidungskriterien für die Wahl der Kompetenzmodellart ......................... 108

Fazit und Ausblick ....................................................................................... 112

Literatur ................................................................................................................. 114 Anhang .................................................................................................................. 121

II

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Analyseebenen des Kompetenzbegriffs .........................................................11 Abbildung 2: Zusammenhang von Wissen, Fertigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen ................................................................................................17 Abbildung 3: Erfolgsrelevante Komponenten beruflicher Kompetenz .................................18 Abbildung 4: Einsatzszenarien und Anwendungsbeispiele für Kompetenzmodelle im Allgemeinen laut des Referenzrahmens für Kompetenzmodellierung ............27 Abbildung 5: Prozess der Kompetenzmodellierung anhand der Entwicklungsphasen eines strategie- und evidenzbasierten Kompetenzmodells ............................31 Abbildung 6: Beispiel einer strategie- und evidenzbasiert gewonnenen Kompetenz ...........32 Abbildung 7: Grundlagen eines Kompetenzmodells auf der Basis von Aufgabenclustern...........................................................................................41 Abbildung 8: Beispiele eigenschaftsbasierter und aufgabenorientierter Kompetenzmodelle für einen Vertriebsmitarbeiter .........................................42 Abbildung 9: Charakteristika eigenschaftsbasierter und aufgabenorientierter Kompetenzmodelle ........................................................................................44 Abbildung 10: Übersicht über den verwendeten Untersuchungsansatz ................................49 Abbildung 11: Absolute Häufigkeiten der Branchenzugehörigkeit der befragten Unternehmen in den Interviews .....................................................................55 Abbildung 12: Inhaltsanalytisch gewonnene Kategorien relevanter Merkmale von Kompetenzmodellen für die Interviewpartner .................................................60 Abbildung 13: Inhaltsanalytisch gewonnene Nennungen verfolgter Ziele durch die Einführung des Kompetenzmodells ...............................................................64 Abbildung 14: Einschätzung der Interviewpartner zur Nützlichkeit der beiden Arten von Kompetenzmodellen für verschiedene Anwendungsbereiche ........................67 Abbildung 15: Entscheidung der Interviewpartner für eine der Modellarten ..........................67 Abbildung 16: Prozentuale Verteilung des höchsten erreichten Schulabschlusses...............79 Abbildung 17: Prozentuale Verteilung der Branchenzugehörigkeit in der Stichprobe ............80 Abbildung 18: Prozentuale Verteilung der Abteilungszugehörigkeit ......................................81 Abbildung 19: Genutzte Kompetenzmodelle in den Unternehmen ........................................83 Abbildung 20: Prozentwerte der Nennungen zu Anwendungsbereichen der Kompetenzmodelle in den Unternehmen .......................................................84 Abbildung 21: Zufriedenheitsurteile für die Unternehmensmodelle .......................................86 Abbildung 22: Profil der Mittelwerte zur Bewertung der allgemeinen Items zu Kompetenzmodellen ......................................................................................88 Abbildung 23: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Einstellung gegenüber Kompetenzmodellen ....................................................................89 Abbildung 24: Profil der Mittelwerte zum Vergleich der beiden Modellarten, Signifikanzen der t-Tests p (zweiseitig) und Effektstärken d ..........................91

III

Abbildung 25: Zusatzprofil der Mittelwerte zum Modellvergleich auf Itemebene für Items bei denen sich auf Skalenebene keine signifikanten Effekte zeigten, Signifikanzen der t-Tests p (zweiseitig) und Effektstärken d .............93 Abbildung 26: Profil der Mittelwerte zur Einschätzung der Befragten hinsichtlich der Eignung der beiden Modellarten für verschiedene Anwendungen .................95

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Überblick über Vorteile und kritische Punkte des Kompetenzansatzes ..........23

Tabelle 2:

Ansätze der Kompetenzmodellierung ............................................................29

Tabelle 3:

Vor- und Nachteile von "single-job"- und "one-size-fits-all"Kompetenzmodellen ......................................................................................36

Tabelle 4:

Zusammenfassung allgemeiner Kriterien zur Klassifikation von Kompetenzmodellen ......................................................................................38

Tabelle 5:

Vor- und Nachteile eigenschaftsbasierter und aufgabenorientierter Kompetenzmodelle aus theoretischer Perspektive ........................................47

Tabelle 6:

Übersicht der befragten Interviewpartner .......................................................56

Tabelle 7:

Beispiele für Kompetenzen im Bereich Führung aus drei der befragten Unternehmen .................................................................................................62

Tabelle 8:

Anwendungsfelder für die die Unternehmensmodelle genutzt werden: Zufriedenheit in den verschiedenen Bereichen sowie Gesamtzufriedenheit......................................................................................65

Tabelle 9:

Übersicht genutzter Items für den Modellvergleich im Fragebogen ................76

Tabelle 10:

Gegenüberstellung der genannten Anwendungsbereiche aus Interviews und Fragebögen ............................................................................................85

Tabelle 11:

Gegenüberstellung der Modellpräferenzen für Anwendungsbereiche aus Interviews und Fragebögen ...........................................................................95

Tabelle 12:

Übersicht über die Nutzungsmerkmale beider Modellarten gemäß Fragebogen- und Interviewstudie.................................................................106

Tabelle 13:

Selbstcheck als Entscheidungshilfe für eine der beiden Modellarten ...........110

IV

Vorwort Mein Dank gilt all denen, die mich zu dieser Untersuchung inspiriert und auf die unterschiedlichste Weise bei deren Verwirklichung unterstützt haben. An erster Stelle danke ich Prof. Dr. Heinrich Wottawa und Dr. Annelen Collatz, die mir mit ihrem umfangreichen Wissen und Erfahrungen zur Seite standen. Weiterhin hervorgehoben sei Dipl.-Psych. Bettina Tausendfreund. Sie trieb meine Suche nach Kontaktpersonen maßgeblich voran. Ich danke allen sehr, die mich bei der Suche nach Studienteilnehmern unterstützten und ebenso allen Teilnehmern meiner Befragungen selbst. Besonderer Dank gilt meinen Interviewpartnern, die mit großer Offenheit ihre Erfahrungen mit mir teilten und so den Weg für die Untersuchung ebneten. Herzlichen Dank spreche ich meiner Familie und meinen Freunden aus, die mir zu jeder Zeit als Gesprächspartner und Reflexionsgegenüber halfen.

V

1 Kompetenzmodelle als Basis der Personalarbeit? „Der Konkurrenzkampf der Zukunft wird als Kompetenzkampf geführt“ (Erpenbeck & v. Rosenstiel, 2005) In Anbetracht der Globalisierung, lang prophezeiter Krisen, Verschlankungen in Unternehmen und der wachsenden Komplexität von Entscheidungs- und Entwicklungsprozessen stehen Unternehmen unter immer größerem Druck, ihre Ressourcen effektiver und effizienter als die Konkurrenz zu nutzen, um zu „überleben“. Unter diesem Druck suchen die Verantwortlichen nach immer neuen Möglichkeiten das so genannte Humankapital noch gewinnbringender einzusetzen, denn Unternehmenswerte richten sich immer mehr nach der Kreativität und Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter (Erpenbeck, 2007a). Kompetenz gerät dabei in den Vordergrund, da sie die inhaltliche Seite des Humankapitals darstellt und damit festlegt, über welche Handlungsmöglichkeiten ein Unternehmen verfügt (Reinhardt, 1998). In Zukunft entscheidet nicht mehr der Einsatz von Technik, sondern der geschickte Umgang mit der „Ressource Mensch“ (ebd.) über Erfolg und Misserfolg von Unternehmen. Ebenso betont auch Sonntag (2007, S. 264), dass die Kernherausforderung des künftigen Personalmanagements darin liegt, die Top-Leister und Talente zu identifizieren, sie zu motivieren, an das Unternehmen zu binden und hinsichtlich ihrer Kompetenzen stets auf dem „State of the Art“ zu halten. Vor diesem Hintergrund hat das Kompetenzmanagement in den letzten Jahren und Jahrzehnten enorm an Beliebtheit in der Praxis zugenommen, was wohl nicht zuletzt daran liegt, dass postuliert wird, man könne Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter auf diesem Wege mit strategischen Gesichtspunkten der Organisation verbinden (vgl. z.B. Jochmann, 2007; Schreyögg, 1999). Der Einsatz von Kompetenzmodellen, die einen zentralen Bestandteil des betrieblichen Kompetenzmanagements bilden, stieß in diesem Zusammenhang insbesondere auf großen Anklang bei Personalentwicklern. Da wir uns heute in einer Wissensgesellschaft bewegen und Wissen als entscheidender Wettbewerbsfaktor gilt (Müller-Vorbrüggen, 2008), ist die Bedeutung der Personalentwicklung für Unternehmen schließlich nicht zu unterschätzen. Ihre Aktivitäten haben starken Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit. In Anbetracht wachsender wirtschaftlicher Unsicherheiten sollen Kompetenzmodelle daher auch größere Transparenz sowie Sicherheit in Form eines Bezugssystems für die Personalentwicklung mit sich bringen. Ihre volle Wirkung kann die Personalentwicklung jedoch nur entfalten, wenn sie mit anderen personalwirtschaftlichen Bereichen eine enge Verflechtung eingeht (ebd.) und strategische Überlegungen aus der Organisationsebene einbezieht.

1

Optimalerweise sollen Kompetenzmodelle ein solches Grundgerüst für alle Aktivitäten der Personalarbeit bilden können – von der Rekrutierung und Auswahl geeigneter Mitarbeiter über die strategische Entwicklung ihrer Kompetenzen bis hin zur Freisetzung. Damit wird das Ziel verfolgt, das Kompetenzprofil, also die „Ausstattung“ des (potenziellen) Mitarbeiters, den Anforderungen seiner Arbeitsaufgaben gegenüber zu stellen und so die Passung zu ermitteln. Kompetenzmodelle dienen hierbei konkret dazu, Kompetenzen nach bestimmten Kriterien zu ordnen und zu gruppieren, um diese sowie deren Merkmale in einem Modell abzubilden. Der strategische Aspekt kommt dabei zum Tragen, da eine solche Übersicht es theoretisch nicht nur ermöglicht festzustellen, welche Kompetenzen aktuell erforderlich sind, sondern auch zukünftig benötigte Kompetenzen in Planungen einzubeziehen. Damit sollen sie die Voraussetzung für die Messung aktuell vorhandener Kompetenzen und deren zukunftsgerichtete Entwicklung schaffen. Letztendlich sollen durch ein solches Vorgehen Mitarbeiterpotenziale aufgedeckt und in kompetenzfördernden Lernumgebungen entwickelt werden (Kromrei, 2006). Als Instrument zur systematischen Darstellung von Kompetenzen ist es durchaus vorstellbar, dass Kompetenzmodelle den beschriebenen Anforderungen gerecht werden können. Zudem führt Müller-Vorbrüggen (2008, S. 10) an, dass Kompetenzmodelle die „Möglichkeit einer gemeinsamen Orientierungs- und Bewertungssprache“ für die Aktivitäten des Human Ressource Managements bieten. Mit der „Competency-Bewegung“ wurde ein neues Kapitel im modernen Personalmanagement aufgeschlagen, dessen Nutzen noch kontrovers diskutiert wird. Trotz einiger Unsicherheiten setzt heute beinahe jedes größere Unternehmen Kompetenzmodelle ein oder steht kurz vor deren Einführung. Auf jedem Kongress für Personaler sind sie präsent und in sämtlichen Fachzeitschriften tauchen immer wieder mehr oder weniger neue Erkenntnisse zu Kompetenzmodellen auf. Fraglich ist bislang jedoch, ob die in den einzelnen Unternehmen entwickelten Modelle das theoretische Potenzial der Kompetenzmodelle bereits nutzen. Zudem ist zu klären, wie ein solches „gutes“ Kompetenzmodell zu definieren ist. Schließlich ist Kompetenzmodell nicht gleich Kompetenzmodell.

2

2 Fragestellung – Welches Kompetenzmodell ist das „Richtige“? Die vorliegende Untersuchung widmet sich primär zwei verschiedenen Ansätzen der Kompetenzmodellierung, die bisher nur wenig untersucht wurden: eigenschaftsbasierten und aufgabenorientierten Kompetenzmodellen. In Form einer vergleichenden Studie wird insbesondere deren Nutzen für die Praxis nachgegangen. Dabei leiten folgende Fragen die Untersuchung: 1. Welche Art von Kompetenzmodell, mit welchen Charakteristika, lohnt sich für Unternehmen unter welchen Rahmenbedingungen? 2. Welche Kriterien können Personalverantwortlichen für die Entscheidung für oder gegen eine Art von Kompetenzmodell an die Hand gegeben werden? Jedoch sind Kompetenzmodelle im Allgemeinen und diese beiden Varianten im Speziellen nicht losgelöst zu betrachten. Beim Kompetenzmanagement handelt es sich um einen vergleichsweise jungen Ansatz, dem es in vielerlei Hinsicht noch an Konturschärfe und an einer einheitlichen erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Fundierung mangelt (Freiling, Gersch & Goeke, 2006). Dies zieht eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik und einen anhaltenden Diskussionsbedarf nach sich. Doch dies hat interne und externe Berater nicht davon abgehalten, der Nachfrage von Personalern nach diesen Instrumenten nachzukommen. So haben viele Unternehmen Zeit und Geld investiert, um ein eigenes Kompetenzmodell zu entwickeln (vgl. z.B. Brown, 2006; Dalton, 1997; Paschen, 2003). All dies in der Hoffnung, Kompetenzmodelle könnten die benötigten Kompetenzen der Mitarbeiter identifizieren, bewerten, fördern und entwickeln und damit gezielt zum Unternehmenserfolg beitragen (Kromrei, 2006). Doch inzwischen gibt es auch in diesen Kreisen immer mehr Skeptiker und das Gefühl, vielleicht doch etwas über das Ziel hinausgeschossen zu sein (Paschen, 2003) und zu sehr einem simplen Trend der praktischen Personalarbeit nachzujagen. Fraglich ist, ob die Entwicklungsbemühungen der Unternehmen tatsächlich brauchbare Modelle hervorbringen. Denn, „so einfach ist das alles nicht – qualitativ hochwertige und vor allem sinnvoll nutzbare Kompetenzmodelle zu entwickeln, ist eine anspruchsvolle Aufgabe“ (Paschen, 2003, S. 54). Um derartige Fragen beantworten zu können, muss aber geklärt sein, wann ein Kompetenzmodell tatsächlich sinnvoll umgesetzt und genutzt wird. Wie in vielen Feldern der Wirtschaftspsychologie stehen sich auch hier vehemente Vertreter methodischer Genauigkeit und Pragmatiker aus der personalwirtschaftlichen Praxis gegenüber. Dementsprechend werden in der Literatur entweder Diskussionen über die Neuartigkeit und Validität von Kompetenzmodellen geführt oder es werden Fallbeispiele einzelner Unternehmungen geschildert (z.B. Gast, Lieberei & Priesett, 2000; Schmidt, Kunzmann & Biesalski, 2006; Deutsche Gesellschaft für Personalführung [DGFP], 2008a). Der Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis kommt vielfach noch zu kurz. 3

Vor diesem Hintergrund wird in Kapitel 3 der Herkunft des Kompetenzbegriffs im Rahmen der Competency-Bewegung nachgegangen sowie eine Systematisierung verschiedener definitorischer Ansätze vorgenommen. Von besonderem Interesse ist hierbei der Stand der Forschung bezüglich der Abgrenzung zum Anforderungsbegriff. Schließlich orientieren sich aufgabenorientierte Modelle im Gegensatz zu eigenschaftsbasierten Modellen, die sich eher auf die Persönlichkeit eines Mitarbeiters beziehen, stärker an anforderungs- und aufgabenanalytischen Ansätzen. In Kapitel 4 wird daran anknüpfend eine Einordnung von Kompetenzmodellen vorgenommen. Einige Zweifel am Einsatz von Kompetenzmodellen und die Frage, ob das vollständige Potenzial dieses Instruments tatsächlich genutzt wird, rühren sicher nicht zuletzt daher, dass es sehr unterschiedliche Ansätze für Kompetenzmodelle gibt, was deren Konstruktionsverfahren, Aufbau und Geltungsbereich betrifft. Daher wird eine theoriebasierte Klassifikation von Kompetenzmodellen erstellt, die auf die Gegenüberstellung von aufgabenorientierten und eigenschaftsbasierten Kompetenzmodellen in Kapitel 5 hinleitet. Es wird herausgearbeitet, welche Vor- und Nachteile diese Modellarten aus theoretischer Perspektive aufweisen, um diesen im Anschluss empirisch nachzugehen. Dem explorativen Charakter der Untersuchung folgend, werden zunächst Experteninterviews durchgeführt, aus deren Ergebnissen ein umfassenderer Fragebogen zum Modellvergleich entwickelt wird. Da die Praxisrelevanz ausschlaggebend für die vorliegende Studie ist, wird diese Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden gewählt. So soll sichergestellt werden, dass das entwickelte Befragungsinstrument diejenigen Aspekte enthält, die für die unternehmerische Praxis entscheidend für die Bewertung der Nützlichkeit von Kompetenzmodellen sind. Dazu wird exploriert, was mit Kompetenzmodellen in Unternehmen wirklich geschieht. Das heißt, es wird der Frage nachgegangen, zu welchem Zweck Unternehmen ihre Kompetenzmodelle entwickeln und einsetzen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, welche Erfahrungen Unternehmen mit „schlechten“ Kompetenzmodellen gemacht haben und welche Schlüsse daraus gezogen wurden, um zum einen zu ermitteln, welche Faktoren Zufriedenheit mit einem Modell hervorrufen und zum anderen Erkenntnisse zum Problembewusstsein der Unternehmen zu gewinnen. Diese Konstruktionsschritte werden in Verbindung mit den Ergebnissen der qualitativen Vorstudie in Kapitel 6 ausführlich erläutert. Die Ergebnisse der Hauptuntersuchung werden in Kapitel 7 dargelegt, wobei zwischen der Verwendung von Kompetenzmodellen in den Unternehmen, der Einstellung gegenüber Kompetenzmodellen und dem Modellvergleich der beiden fokussierten Modelltypen zu differenzieren ist. Grundsätzlich gilt es zu klären, welche Modellarten in der Praxis vornehmlich vorkommen und aus welchen Gründen.

4

Abschließend werden in Kapitel 8 Empfehlungen dazu abgeleitet, unter welchen Voraussetzungen welche Art von Kompetenzmodell zu bevorzugen ist. Hierzu werden aus den Untersuchungsergebnissen Kriterien entwickelt, die die Entscheidung für oder gegen die Entwicklung und Implementierung einer bestimmten Modellart systematisieren und erleichtern sollen. Zudem werden die theoretischen Verwendungsempfehlungen mit den Erfahrungen von Praktikern abgeglichen, um zu ermitteln, ob sich diese in der Praxis bewahrheiten. Damit ist Hauptziel der Studie, dem Praktiker im Unternehmen eine Entscheidungshilfe für die Entwicklung und den Einsatz von Kompetenzmodellen für verschiedene Fragestellungen der Personalarbeit bereitzustellen. Auf diesem Weg soll ein wesentlicher Beitrag zu einem zukunftsgerichteten betrieblichen Kompetenzmanagement geleistet werden, denn individuelle Kompetenzentwicklung wird zu einem der wichtigsten Instrumente der Zukunftssicherung (Erpenbeck & v. Rosenstiel, 2006, S. VII).

5

3 Die Competency-Bewegung – Begriffsklärung und -herkunft Der Begriff „Kompetenz“ ist in der heutigen Zeit omnipräsent und hat sich in den letzten Jahren durch seinen inflationären Gebrauch zu einem Modebegriff entwickelt (vgl. u.a. Steinmayr, 2005). Sonntag (2007, S. 264) führt einen plausiblen Grund dafür an: „Kompetenz ist per se ein gutes modernes Wort – schon aus dem einfachen Grund, weil jeder gegen Inkompetenz ist.“ Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass viele Fachrichtungen mit der so genannten „Competency-Bewegung“ strömen. Dabei kommt es zu allerlei mehr oder weniger sinnvollen Sprachspielen und begrifflichen Eingrenzungen, die anstatt zu klären eher verwirren und eine eindeutige Einordnung des Kompetenzbegriffs erschweren. Viele Autoren haben dazu Bemühungen angestellt, die verschiedenen Kompetenzdefinitionen zu systematisieren, nach Herkunft und/oder Verwendung gegeneinander abzugrenzen oder auch eine allgemeingültige Definition zu etablieren (vgl. u.a. Erpenbeck & Heyse, 2009; Klieme, Hartig & Rauch, 2008; Sarges, 2002; Weinert, 2001), jedoch hat sich bisher keine einzelne Begriffsklärung durchgesetzt. Dies ist allerdings nicht verwunderlich, da in Abhängigkeit davon, ob in der Wissenschaft oder im Anwendungsbereich mit dem Kompetenzbegriff gearbeitet wird, und je nachdem, in welcher Disziplin man sich dabei bewegt, eine etwas andere Konnotation erfolgt. So kann man sich beispielsweise leicht vorstellen, dass Kompetenzentwicklung im Rahmen schulischer Bildung deutlich anders akzentuiert ist als die betriebliche Kompetenzentwicklung in der freien Wirtschaft. Daher wird nachfolgend zunächst dem Ursprung des Begriffs, der Kompetenzbewegung und den damit in Zusammenhang stehenden Diskussionen nachgegangen, um darauf aufbauend den Kompetenzbegriff für das Vorhaben der vorliegenden Studie einzugrenzen. 3.1

Ursprung des Kompetenzbegriffs und dessen Kontroverse

Obwohl jeder zu wissen meint, was „kompetent sein“ bedeutet, ist der Begriff nur wenig klar gefasst und Messungen zugänglich gemacht (Erpenbeck & v. Rosenstiel, 2003). Man kann nun an der sprachlichen Herkunft ansetzen: das lateinische Verb „competere“ heißt zusammentreffen, zukommen, zustehen, ausreichen oder auch verlangen, wobei die Verwendung im Sinne von „befugt sein“, „zuständig sein“ oder „rechtmäßig“ möglich ist. So wird „Kompetenz haben“ auch in der heutigen Alltagssprache noch verwendet. Dies führt jedoch in der Frage der Anwendung in der Personalarbeit nicht wirklich weiter. In der Psychologie wird der Start der Competency-Bewegung auf den Artikel von McClelland „Testing for competence rather than for intelligence“ im Jahr 1973 datiert. McClelland (ebd.) erregte mit seinem Artikel großes Aufsehen, indem er behauptete, 6