kLEINE ILLUSTRIERTE GESCHICHTE DER - Reuffel

Köln und die religiösen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts 72. Köln und die »Konkurrentin« Mülheim 76. Der Kölner Raum im Dreißigjährigen Krieg ...
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c arl dietmar | werner jung

kleine illustrierte geschichte der stadt köln 11., aktualisierte auflage

impressum

Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln

Lektorat, Redaktion und Register: Stefan Wunsch

11., aktualisierte Auflage

Bildredaktion: Werner Jung, Aurette Liese

von Carl Dietmar und Werner Jung

und Stefan Wunsch Reproduktionen: Reprowerkstatt Wargalla, Köln Gestaltungskonzeption

Bibliografische Information

und Layout: Hans Schlimbach AGD, Köln

der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

ISBN 978-3-7616-2226-1 Buchausgabe

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

ISBN 978-3-7616-2747-1 EPUB

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

ISBN 978-3-7616-2748-8 PDF

über http://dnb.ddb.de abrufbar. Aktuelle Programminformationen 11., aktualisierte Auflage 2013

sowie Download-Links zu unseren

© J.P. Bachem Verlag Köln, 2013

Apps finden Sie unter

www.bachem.de/verlag

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Diese romantisierende Darstellung aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigt das Kölner Panorama und den Rhein vom Rechtsrheinischen aus. Die folgende Doppelseite bietet aus ähnlicher Perspektive einen Blick auf das zerstörte Köln 1945.

inhalt

Vorworte

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Autor der Kapitel 1 – 8 : Carl Dietmar, Autor der Kapitel 9 – 15 : Werner Jung 1.

Der Kölner Raum in vor- und frühgeschichtlicher Zeit 10 Das bandkeramische Dorf in Lindenthal 12 Siedlungsplätze und Gräberfelder der Bronze- und Eisenzeit 13

2.

Das römische Köln 14 Agrippa und das oppidum Ubiorum 14 Die Ubiersiedlung wird zur römischen »Kolonie« erhoben 15 Die Colonia Claudia Ara Agrippinensium 18 Hauptstadt der Provinz Niedergermanien und Residenz der »gallischen« Kaiser 22 Römische Götter, einheimische und importierte Kulte und der Einzug des Christentums 24 Das Ende der Römerherrschaft in Köln 26

3.

Unter fränkischer Herrschaft 28 Köln als fränkischer Königssitz 28 Köln im Reich der Merowinger 30 Die Kölner Kirche und ihre Bischöfe im Frankenreich 31 Köln und die Nachfolger Karls des Großen 33

inhalt

4.

Unter der Herrschaft der Erzbischöfe 36 Erzbischof Brun als weltlicher Herr der Stadt 36 Die Nachfolger Bruns bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts 38 Die Kölner Bürgerschaft und Erzbischof Anno II. 40 Kreuzzugsbegeisterung und Judenhetze, Stadterweiterungen und Reliquienkult 41 Das 13. Jahrhundert: Erzbischof und Bürgerschaft ringen um das Stadtregiment 46

5.

Die Patrizier als städtische Führungsschicht 52 Geschlechter, Zünfte, Gaffeln 52 Die Kölner Wirtschaft im 14. Jahrhundert 55 Das religiöse und geistige Leben in der Stadt 58 Gaffeln und Zünfte übernehmen das Stadtregiment: der Sturz der Patrizier 62

6.

Köln am Ausgang des Mittelalters 64 Der Verbundbrief – die neue Stadtverfassung 64 Die Stadt und ihre Bürger an der Wende zur Neuzeit 67 Köln und Kaiser Friedrich III. – die offizielle »Erhebung« zur freien Reichsstadt 70

7.

Die freie Reichsstadt in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges 72 Köln und die religiösen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts 72 Köln und die »Konkurrentin« Mülheim 76 Der Kölner Raum im Dreißigjährigen Krieg 78 Hexenprozesse und neuer Heiligen- und Märtyrerkult 79

8.

Der Niedergang der freien Reichsstadt 82 Der Aufstand des Nikolaus Gülich 82 Von Kölnischem Tabak, Kölnisch Wasser und den Anfängen des Zeitungswesens 85 Die freie Reichsstadt im Urteil der Zeitgenossen 88

9.

Köln unter französischer Herrschaft 90 Lasten der Besatzung 90 Zickzackkurs der französischen Besatzer 92 Radikaler Umbruch 94 Wandel und Beharrung im Alltagsleben 98

inhalt

10. Köln unter preußischer Herrschaft im Vormärz 100 Enttäuschte Hoffnungen und einige Erfolge 100 Festung Köln 103 Kölner Ereignis – Dombauvollendung – Verfassungsfragen 105 Wirtschaftliche und soziale Lage 106 Politisches Klima am Vorabend der Revolution 108 11.

Von der Revolution zur Reichseinheit 110 Ausbruch der Revolution von 1848 110 Frühe Industrialisierung 114 Gesellschaftliche und soziale Entwicklungen 116

12. Aufbruch zur modernen Großstadt 120 Kampf gegen die »Reichsfeinde«: Kulturkampf und Sozialistengesetz 120 Politische Kräfteverhältnisse 123 Hochindustrialisierung und soziale Gegensätze 124 Stadterweiterungen und Eingemeindungen 127 Kommunale Daseinsvorsorge und gesellschaftliche Entwicklungen 130 13.

Köln im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik 132 Erster Weltkrieg und Novemberrevolution 132 Politische Entwicklung und frühe Krisen 135 Zukunftsvisionen: Großprojekte trotz Krise 137 Wirtschaftliche und politische Destabilisierung 139

14. Köln im Nationalsozialismus 142 Rasche Machtübernahme und Gleichschaltung 142 Netz von Parteiorganisationen und Kontrolle 144 Von der rassischen Ausgrenzung zum Völkermord 146 Opposition und Widerstand 148 Krieg und Kriegsgesellschaft 150 15.

Wiederaufbau und Demokratie 154 Wiederaufbau und Wirtschaftswunder 154 Kulturelle und politische Entwicklung bis zu den 1980er-Jahren 158 Umbrüche der heutigen Zeit 159 Anhang / Register 164

Grußwort

liebe leserinnen und leser, seit über 100 Jahren erscheint die »Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln« in unserem Verlag. Sie beschreibt dabei nicht nur die besondere Historie der Stadt Köln, sondern durch ihre Fortschreibung bis in die heutige Zeit auch einen Teil der jüngeren Geschichte – bis hin zu dem dramatischen Einsturz des »Gedächtnisses der Stadt«, des Historischen Archivs der Stadt Köln. Dieses Ereignis hat auch eine besondere Bedeutung für die »Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln«. Die nun vorliegende 11. Auflage ist – wie alle vorherigen Auflagen sowie viele weitere Titel aus unserem Hause – auch und ganz wesentlich auf der Basis oft jahrhundertealter Schriftquellen entstanden, die im Historischen Archiv gesichert und aufbewahrt wurden. Das Unglück vom 3. März 2009 ist für die Kölnerinnen und Kölner sowie Geschichtsinteressierte aus aller Welt noch immer unfassbar. Die Folgen werden sich jahrzehntelang auswirken. Die »Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln« ist uns aber auch deshalb besonders wichtig, weil sie sich in den vergangenen 100 Jahren immer wieder neu als »Hausbuch« für viele Kölner Familien etabliert hat. Dabei spricht sie natürlich auch diejenigen an, die in Köln eine neue Heimat finden oder fern der Heimat leben und gerne in diesem Werk die Geschichte Kölns nachschlagen. Claus Bachem Verleger

Der »ideale« Dom 50 Jahre vor seiner Vollendung. Gemälde von Carl Georg Hasenpflug, 1834/36.

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Vorwort

vorwort zur 1 1 . auflage

1 1911 erschien die »Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln« vvon Franz Bender und Theodor Bützler zum ersten Mal. Als »der Bender/Bützler« hat das Buch Generationen von Kölnerinnen und Kölnern – vor allem auch der jungen Generation – die erste u Begegnung mit der Stadtgeschichte vermittelt. Es ist seit fast 100 JJahren ohne Frage ein »Klassiker auf dem Kölner Büchermarkt« (Kölnische Rundschau). Ein Einsteigerbuch zur Kölner Stadtgesschichte, für all jene, die sich erstmals oder erneut mit der über 22000jährigen Geschichte Kölns vertraut machen möchten. Der »Bender/Bützler« wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vvon Hans Welters und Helmut Lohbeck fortgesetzt. 1996 erschien die von uns verfasste vollständig überarbeitete achte Auflage. d Sie hatte mit ihren Vorläufern nur noch den Titel gemein und war S mit Seiten it 355 S it schon h fast eine große Stadtgeschichte: Wir haben seinerzeit konzeptionell, inhaltlich und auch vom Umfang her eine moderne Gesamtdarstellung erarbeitet, die auch die dunklen Epochen der Kölner Stadtgeschichte nicht unterschlägt oder beschönigt. Die neunte Auflage im Jahr 2001 wurde leicht erweitert und aktualisiert. Aus »dem Bender/Bützler« wurde »der Dietmar/Jung«. Zur 10. Auflage, einer Jubiläumsausgabe, die fast genau 100 Jahre nach der Erstausgabe erschien, haben sich Autoren und Verlag zu einer grundlegenden

Der »Bender/Bützler«, Titel der ersten Ausgabe von 1911.

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Vorwort

Neubearbeitung entschlossen, die sozusagen zu den Wurzeln zurückging. Die Neuausgabe wurde nun so konzipiert, dass sie in etwa wieder dem ursprünglichen Umfang der »Kleinen illustrierten Geschichte der Stadt Köln« entspricht. Wir wollten einen knappen Überblick zur Stadtgeschichte erstellen, der sich insbesondere für Schulen, aber auch zur Erstinformation für alle interessierten Leser eignet. Carl Dietmar schrieb die Kapitel eins bis acht und Werner Jung die Kapitel neun bis fünfzehn. Wir bedanken uns beim J.P. Bachem Verlag und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, beim Lektor des Buches Stefan Wunsch und insbesondere beim Grafiker Hans Schlimbach dafür, dass ein aufwändig gestaltetes und schönes Buch hergestellt werden konnte, und hoffen damit, die lange Tradition des Buches würdig fortsetzen zu können. Möge das gelten, was Franz Bender und Theodor Bützler im Vorwort zur ersten Auflage 1911 schrieben: »Der interessante Stoff, der durch zahlreiche Abbildungen erläutert wird, die einfache, volkstümlich gehaltene Schreibweise, der verhältnismäßig billige Preis machen es gleichzeitig zu einem Haus- und Familienbüchlein. Möge es dazu dienen, den Sinn für vaterstädtische Geschichte in weiten Kreisen zu wecken und zu fördern!« Köln, im Februar 2013 Carl Dietmar, Werner Jung

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Kapitel 1

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köln in vor- und frühgeschichtlicher zeit

der kölner raum in vor- und frühgeschichtlicher zeit

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in altsteinzeitlicher Kernstein (Fundort: Dellbrück) und ein Faustkeil (Fundort: Königsforst/Porz-Heumar) sind die frühesten Zeugnisse menschlichen Lebens Beide sind – so die Vor- und Frühgeschichtler – etwa 100 000 Jahre im Kölner Raum. Bei aalt. Die ersten Menschen, die sich im Rheinland aufhielten, waren Jäger und Sammler ohne feste Siedelplätze – sie folgten dem Wild, Jä ihrer wichtigsten Nahrungsquelle, dem Rentier, dem Wollnashorn ih und dem Mammut. Auf ihren Wanderungen sammelten sie essu bare Wurzeln, Nüsse und Früchte. Ihre Werkzeuge und Waffen b gewannen sie aus Abschlägen von Feuersteinen; später lernten sie g aauch aufwändigere Messer, Pfeilspitzen oder Schaber herzustellen. Die Menschen der Alt- und Mittelsteinzeit, die in Sippen und D Horden zusammenlebten, suchten in Höhlen oder Hütten aus H Holz und Fell Schutz vor den Unbilden der Natur. H Der in Dellbrück Dellbrü r ck ge ggefundene efundene KernIm Rheinland setzt man den Übergang zu Ackerbau und Viehi bbesteht h aus feinkörnigem f i kö i h hellll stein braunem Quarzit. Der Durchmesser zucht, und damit zur Sesshaftigkeit, etwa in die Zeit um 5300 v. beträgt knapp 15 Zentimeter. RömischChr. Die Voraussetzungen für eine Besiedlung waren in der Kölner Germanisches Museum (RGM). Bucht günstig. Fruchtbare Schwarzerden, breite Terrassenflächen, zahlreiche Quellen und Wasserläufe sowie das milde atlantische Klima kamen den Lebensbedürfnissen des »Homo sapiens« entgegen. Die ersten Bauern, die sich im Bereich der Lösszone zwischen Köln und Aachen niederließen, stammten wohl aus dem RheinMain-Gebiet. Die Neuankömmlinge rodeten Siedlungs- und Wirtschaftsflächen inmitten dichter Urwälder. Im Rheinland stießen sie auf Wildbeuter, mit denen sie wohl schon vorher Kontakte hatten. Zwischen den Bauern, deren Lebensgrundlagen auf einer völlig neuartigen Wirtschaftsweise beruhten, auf Ackerbau und Viehzucht, und den Jägern und Sammlern kam es vermutlich zu partnerschaftlicher Kooperation, die eine allmähliche Anpassung der Wildbeuter an die bäuerliche Lebensform zur Folge hatte. Eine keltische Arbeit aus Köln: Henkelattache mit stilisiertem Gesicht und überdimensionierten Hörnern aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. (RGM). kleine illustrierte geschichte der stadt köln

Kapitel 1

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köln in vor- und frühgeschichtlicher zeit

das bandkeramische dorf in lindenthal Im Kölner Raum, im Übergangsraum von Mittel- zu Niederterrasse, wurde 1929 eine bedeutende Fundstelle jungsteinzeitlicher Ackerwirtschaft entdeckt – das Dorf der Bandkeramiker in Lindenthal. Dieses Dorf, eine ovale Siedlung von etwa 3,25 Hektar, lag eingebettet in die Mulde des Frechener Baches (zwischen Hohenlind und Stüttgenhof). Bei den Ausgrabungen hat man mehr als 100 Häusergrundrisse ermittelt. Tiefe Gruben neben den Häusern, in denen die Vorräte aufbewahrt wurden, dienten als natürliche »Kühlschränke«. Die bandkeramische Kultur Die Kultur der ersten Bauern – nicht nur der des Rheinlandes, sondern in ganz Mitteleuropa – wird als »Bandkeramik« bezeichnet. Der Name leitet sich von der bandförmigen Verzierung ihrer Tongefäße ab. Die Ansiedlungen bandkeramischer Bauern sind hierzulande am intensivsten im Gebiet der Aldenhovener Platte untersucht worden – dort wurden im Bereich des Braunkohlentagebaus Inden seit mehr als 30 Jahren umfangreiche und großflächige Ausgrabungen vorgenommen.

Aus den im Umkreis der Hütten gelegenen Abfallgruben wurden neben Steinwerkzeugen Scherben von handgeformten Tongefäßen zutage gefördert. Im Kölner Raum sind sie die Ersten, die keramische Erzeugnisse herstellten, von großen Gefäßen für die Vorratshaltung bis zu kleinen Schalen. Knochenreste von Rindern, Schafen und Schweinen, Getreidereste von Emmer, Gerste und Linsen geben Auskunft über Ess- und Lebensbedingungen der Bewohner; Flachs diente als Nahrung und als Rohstoff für Kleidung. Mit Ackerbau, Viehzucht und Handwerk gestalteten die Bandkeramiker ihr Leben »bodenständig« – Wall und Graben schützten sie vor Angriffen. Ihre Toten setzten die Bandkeramiker in gehockter Stellung bei, für das Leben im Jenseits wurden die Gräber mit Waffen, Werkzeugen und Tongefäßen ausgestattet. Am Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. (etwa 3 800 v. Chr.) ließen sich Gruppen, die der Michelsberger Kultur (nach dem Michelsberg bei Bruchsal) zugerechnet werden, im Kölner Raum nieder. Mindestens drei Siedlungsplätze legten die Michelsberger Viehzüchter im heutigen Stadtgebiet an, in Nippes, im Dombereich und zwischen Merheim und Brück, im Bereich der »Fliehburg«. Grundrisse ihrer Behausungen haben sich auf Kölner Boden nicht erhalten, wie ihre Vorgänger lebten auch sie vom Ackerbau. Kennzeichnend für die Michelsberger Kultur sind kunstfertig hergestellte Steingeräte, fein polierte Beile und Streitäxte.

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Kapitel 1

siedlungsplätze und gräberfelder der bronze- und eisenzeit Am Ende der »Glockenbecherkultur« (etwa 2 800 – 2 150 v. Chr.) tauchen erstmals Werkzeuge, Waffen und Schmuck aus Kupfer auf. Die Glockenbecherkultur war ein westeuropäischer Kulturverband, der sich von der iberischen Halbinsel und England über das Rheintal bis nach Böhmen erstreckte. Die Glockenbecherleute im Rheinland betrieben Viehzucht und Weidewirtschaft, kaum Ackerbau. Ihre Toten statteten sie mit Waffen aus – und jenen charakteristischen glockenförmigen, polierten und verzierten Bechern, die ihrer Kultur den Namen gaben. Neben den neuen Gerätschaften aus Kupfer benutzten sie auch die seit Jahrtausenden bewährten Steinwerkzeuge. Um 1200 v. Chr. beginnt im mitteleuropäischen Raum die »Urnenfelderkultur«, die sich von Süddeutschland aus, vor allem durch Zuwanderung großer Sippenverbände, auch am Mittelrhein und in der Kölner Bucht verbreitete. Im Bestattungsritus hatte sich ein entscheidender Wandel vollzogen: Von der Körper- war man zur Brand Brandbestattung übergegangen, in Flachgräbern wurden die Urnen mit der Asche der Verstorbenen beigesetzt. Im Kölner Süden, in der Nähe des heutigen Bonntores, liegt eines dieser Gräberfelder. Seit der späten Urnenfelderzeit war es üblich, die Verstorbenen unter Grabhügeln beizusetzen. Etwa zeitgleich, vor der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr., wurden auch im Rheinland die Verarbeitung und der Gebrauch des Eisens üblich. Die Grabhügel haben sich fast nur unter Waldgebieten und in den rechtsrheinischen Heidegebieten erhalten. Zahlreiche Gräber reihen Dieser Becher der Glockensich am alten Mauspfad. Das umfangreichste Gräberfeld liegt in becherleute wurde im der Iddelsfelder Hardt. Fühlinger See gefunden. Auch auf der linken Rheinseite sind Grabhügelfelder gefunden worden, so in Müngersdorf und Lindenthal, in Riehl, Longerich und Worringen. Zwei Kulturen bestimmen die Eisenzeit im Rheinland – die Hallstatt- und die La-Tène-Kultur (seit 450 v. Chr.). Letztere wird zeitlich mit dem Entstehen des lockeren Stammesverbandes der Kelten in Zusammenhang gebracht; im Kölner Raum stammen keltische Siedlungsspuren allerdings erst aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. – südlich des Domes. An der Südostecke der römischen Stadtmauer fand man zudem eine Henkelattache in Form eines Kopfes mit drei überdimensionierten Hörnern; es ist das einzige Zeugnis keltischer Handwerkskunst aus dem Stadtgebiet.

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Kapitel 2

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das römische köln

das römische köln

agrippa und das oppidum ubiorum 58 v. Chr. nutzte der Statthalter der römischen Provinz Gallia Narbonensis, Gaius Julius Cäsar, der spätere Alleinherrscher, einen Kriegszug der Helvetier, um in die inneren Verhältnisse Galliens einzugreifen. Binnen weniger Jahre war ganz Gallien von den Pyrenäen bis zum Rhein unterworfen – schon 57 v. Chr. hatten sich neben den Belgiern auch die germanischen Eburonen der römischen Herrschaft unterstellt. Die Eburonen, ein keltisch-germanischer Stamm, der zwischen Nordeifel, Maas und Rhein siedelte, beteiligte sich 54 v. Chr. am Aufstand der Treverer und Nervier; es gelang ihnen, an In Köln gefundenes Marmorporträt der unteren Maas 15 römische Kohorten zu vernichten. Bei des Kaisers Claudius, der das oppiCäsars Strafaktion wurden ein Jahr später wohl zahlreiche Stamdum Ubiorum zur »Kolonie« erhob mesangehörige getötet oder vertrieben. Bei der Niederwerfung (RGM). des Aufstandes hatte Cäsar zum zweiten Mal den Rhein überschritten – dabei dienten ihm die germanischen Ubier, die im Bereich der unteren Sieg auf dem rechten Rheinufer ansässig waren, als Kundschafter. Die Ubier wurden fortan wegen ihrer römerfreundlichen Haltung von ihren Nachbarn bedrängt; wahrscheinlich mit stiller Duldung der Römer begannen sie, auf die linke Rheinseite zu wechseln und das Gebiet der Kölner Bucht zu besiedeln – schließlich nahm der römische Feldherr Marcus Vipsanius Agrippa ihre förmliche Unterwerfung entgegen. Agrippa, Schwiegersohn und Mitregent des späteren Kaisers Augustus, weilte zweimal in Gallien, um die Provinz neu zu ordnen – 40 – 38 v. Chr. und 20/19 v. Chr. Das für das oppidum Ubiorum immer wieder genannte Gründungsjahr 38 v. Chr. ist daher nur eines von mehreren möglichen – ganz sicher ist nur, dass nach 19 v. Chr. mit der Planung und der Errichtung eines städtischen Zentrums für die Römische Selbstdarstellung: Das repräsentative, über 15 Meter hohe Grabmal des Veteranen Lucius Poblicius (RGM).

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