Kirchenvorstand 3 - Ehrenamtsakademie der EKHN

119 treu umgehen“ – die Finanzverantwortung des Kirchenvorstandes. 18 Menschen motivieren und überzeugen –. 134. Fundraising, Kollekten, Spenden und. Sammlungen. 19 Steuern und Abgaben –. 139 rechtliche Grundlagen. 20 Versicherungen für Kirchengemeinden –. 141 finanzielle Sicherheit im Falle eines Falles.
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Handbuch

Kirchenvorstand 3

Handbuch 3 Kirchenvorstand

„Entwickeln und verwalten – Der Kirchenvorstand zwischen Alltag und Zukunft”

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Handbuch

Kirchenvorstand Impressum

„Entwickeln und verwalten – der Kirchenvorstand zwischen Alltag und Zukunft“

Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 Herausgegeben von der Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Paulusplatz 1, 64285 Darmstadt 2010 © Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Verantwortlich:

Oberkirchenrätin Christine Noschka (Darmstadt)

Redaktion:

Dr. Ernst-Georg Gäde (Mühltal)

Redaktionsbeirat:

Matthias Bassüner (Frankfurt), Beate Braner-Möhl (Michelstadt), Dietmar Burkhardt (Darmstadt), Matthias Pape (Darmstadt), Eva Reiß (Offenbach), Petra Riedel (Mühltal), Reinhold Truß-Trautwein (Frankfurt), Christof Schuster (Darmstadt), Anne Wassmann (Selzen), Petra Zander (Darmstadt)

Grafik-Design:

Raphael Schreiner (Seeheim-Jugenheim)

Mitwirkung Text:

Beate Sander (Darmstadt)

Druck:

Werbedruck Petzold (Gernsheim)

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Inhalt

Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

4

5

8 Veränderungen gestalten – fünf Empfehlungen

66

9 Kommunikation im Dialog –

73

Öffentlichkeitsarbeit in der Gemeinde Auf ein Wort: Herausforderungen für die Zukunft –

8

Überlegungen aus kirchenleitender Sicht 13

2 Wer sind wir – wer sind die anderen?

17

Lebensstile in Deutschland – die Sinus-Milieus 32

soziale Milieus aus gemeindlicher Sicht 4 „Wider die magersüchtige Kirche“ –

44

ein Beispiel für eine milieuorientierte Gemeindearbeit 5 Sehen und gesehen werden –

sozialraumorientierte Gemeindearbeit 6 Profil schärfen –

7 Die Gemeindeversammlung –

eine Chance für Dialog und Beteiligung

12 Ganztagsschule –

53 61

97

neue Schulform, viele Möglichkeiten 13 Konfirmandenarbeit –

102

die Verantwortung des Kirchenvorstandes 14 Die Regionalverwaltung –

105

Dienstleistungszentren in den Regionen 108

das gesamtkirchliche Verwaltungszentrum 16 Arbeitsweise und „Spielregeln“

die Konzeption der Gemeinde

92

das Zusammenwirken von Kirchengemeinde und Vereinen

15 Die Kirchenverwaltung –

48

85

eine Homepage“ – Tipps für die Planung 11 Vor Ort –

1 Die Lebensordnung – eine Einladung zum theologischen Gespräch

3 Lebensstile und Kirchenmitgliedschaft –

10 „Unsere Kirchengemeinde braucht

im Kirchenvorstand – damit Zusammenarbeit gelingt

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Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

6

Inhalt

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Fortsetzung

26 Schriftgutverwaltung –

176

Schrift – gut – verwalten 17 „Mit den anvertrauten Pfunden

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treu umgehen“ – die Finanzverantwortung des Kirchenvorstandes

27 Das Gedächtnis der Gemeinde –

Pfarrarchiv, Kirchenbücher, Chronik 28 Zeichen der Gemeinde –

18 Menschen motivieren und überzeugen –

134

29 Verwalten mit Mausklick –

19 Steuern und Abgaben –

EDV-Programme der EKHN für die kirchengemeindliche Verwaltung

139

rechtliche Grundlagen

30 Kirchlicher Datenschutz –

20 Versicherungen für Kirchengemeinden – finanzielle Sicherheit im Falle eines Falles

141

„Informationelle Selbstbestimmung“ ist Richtschnur

21 Die gemeindlichen Gebäude –

145

31 Umgang mit Beschwerden –

152

Grundstücke, Liegenschaften, Immobilien 160

zur kulturellen Bedeutung eines alten Instruments 24 Kunst in der Kirche –

164

den Kirchenraum gestalten 25 Basis der Verwaltung –

Verwaltungsprüfung, Übergabe der Geschäfte und elektronisches Bestandsbuch

187

194

197

Beschwerdemanagement ganz praktisch

bauen, pflegen, unterhalten

23 Kirchenglocken –

184

Siegelberechtigung und Siegelgestaltung

Fundraising, Kollekten, Spenden und Sammlungen

22 Eigentum der Gemeinde –

180

170

Die Autorinnen und Autoren

204

Abkürzungsverzeichnis

206

Das Stichwortregister befindet sich in Band 4.

die sie weitergeben können. Auch wenn Ihnen inzwischen sicher viele Aspekte Ihrer Aufgabe vertraut sein werden, möchten wir Ihnen auch mit diesem dritten Band eine Hilfe für die tägliche Arbeit an die Hand geben, um Sie bestmöglich zu unterstützen. Denn als Kirchenvorsteherin oder Kirchenvorsteher haben Sie eine verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe übernommen: die Leitung Ihrer Kirchengemeinde.

Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

8

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Diese Aufgabe wird in unserer Kirchenordnung näher beschrieben. In Artikel 13, Absatz 1 der KO heißt es hierzu:

Auf ein Wort

Herausforderungen für die Zukunft –

Überlegungen aus kirchenleitender Sicht Liebe Kirchenvorsteherinnen, liebe Kirchenvorsteher, diejenigen von Ihnen, die nun erstmals in den Kirchenvorstand gewählt worden sind, können zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches auf eine rund einjährige Amtszeit zurückblicken. Die anderen, die sich bereits seit längerem im Kirchenvorstand engagieren, werden bereits in vorherigen Amtsperioden viele wichtige Erfahrungen gesammelt haben,

„Der Kirchenvorstand leitet die Kirchengemeinde nach Schrift und Bekenntnis sowie der auf ihnen beruhenden kirchlichen Ordnung und ist für das gesamte Gemeindeleben verantwortlich. Er hat darauf zu achten, dass in der Kirchengemeinde das Wort Gottes lauter verkündigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden. Er soll die Sendung der Gemeinde in die Welt ernst nehmen und auch die Gemeindemitglieder dazu anhalten. (...)“

Als Mitglied des Kirchenvorstands sind Sie Teil eines Leitungsgremiums, das mit entsprechend weitreichenden Kompetenzen ausgestattet ist. Es nimmt diese Aufgabe der Leitung bewusst gemeinsam mit den Pfarrerinnen und Pfarrern wahr. 1. Das bedeutet zum einen, dass der Kirchenvorstand gezielt planen muss, wie er diese Leitungsaufgabe wahrnehmen will, das heißt, wie das Miteinander konkret organisiert und gestaltet wird. Hier haben Sie erhebliche Gestaltungsspielräume. Wichtig ist, dass es klare und allen bekannte Vereinbarungen gibt, damit sich niemand übergangen, uninformiert oder in anderer Weise ausgeschlossen fühlt. Im Alltagsgeschäft des Kirchenvorstands dominieren zumeist die Verwaltungsaufgaben und vielerlei Detailfragen, angefangen von den Finanzen bis hin zu Bau- und Personalfragen. All dies sind wichtige Dinge, die Sie sorgfältig zu behandeln haben, auch wenn sie nicht unmittelbar „Verkündigung“ sind. Dieses Alltagsgeschäft wird Ihnen vielleicht oft als „Klein-Klein“, mühsam und belastend erscheinen. Es ist gleichwohl aber unverzichtbar.

Die Gemeinde leiten

2.

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Die Leitungsaufgabe erschöpft sich natürlich nicht in diesen Detailfragen. Denn es muss hier immer auch das Ganze im Blick behalten werden. Und das bedeutet für jeden von Ihnen nicht nur, die finanziellen und personellen Ressourcen zu sichern. Fragen Sie sich, wie die Arbeit konzeptionell ausgerichtet werden soll, wo Schwerpunkte gesetzt werden können. Das bedeutet ferner, künftige Entwicklungen gedanklich vorwegzunehmen und Lösungen für in der Zukunft zu erwartende Probleme zu erarbeiten. Sie stehen mit dem gesamten Kirchenvorstand vor der Aufgabe wahrzunehmen, was die Menschen bewegt. Sie müssen sich die Frage stellen: „Wie können wir als Gemeinde für viele Menschen da sein?“ und „Wie können wir die Gemeinde als Ganze wahrnehmen?“. Das Bemühen, möglichst viele Menschen im Blick zu haben und für möglichst viele Menschen da zu sein, darf dabei nicht mit dem Ziel verwechselt werden, dass möglichst viele Menschen sich auch irgendwie innerhalb der Kirchengemeinde einbringen. Es ist notwendig, dass viele Menschen sich wie Sie in der Kirchengemeinde und für sie engagieren. Je mehr Menschen dies tun, desto hilfreicher für die Gemeinde. Dies ist aber dennoch kein Selbstzweck – so notwendig und unverzichtbar diese Mitarbeit auch ist. Denn wir Christinnen und Christen sind aufgerufen, unser Christsein im Alltag der Welt zu leben. 3. Besonders wird uns die demographische Entwicklung herausfordern. Sie betrifft auch die Kirchengemeinden, und es wird darum gehen, wie der Wandel gestaltet werden kann. Damit verbindet sich die Aufgabe, gemeinsam Ziele zu entwickeln und sich immer wieder zu vergewissern, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Vor dem Hintergrund der sich besonders in ländlichen Räumen abzeichnenden Entwicklung, wo sich die Zahl der Gemeindeglieder verringern wird – und damit auch die personellen wie finanziellen Ressourcen –, sollten Sie alle die Grenzen der eigenen Kräfte aufmerksam wahrnehmen. Was können wir noch schaffen, ohne uns zu überfordern? Was ist sinnvoll

und dringlich – und was kann und muss gegebenenfalls auch aufgegeben werden? Ein regelmäßiger kritischer Blick auf die Aufgaben, die sich eine Kirchengemeinde gestellt hat, kann hier entlasten und Freiräume schaffen.

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Wie können wir das eine Aufgabenfeld oder Ziel stärken – und andere aufgeben? Ich möchte Sie ermutigen, sich die Zeit zu nehmen, auf das zu blicken, was Sie beschäftigt, um dann von hier aus gezielte und mutige Schritte des „Entrümpelns“ „Entrümpeln“ zu wagen. Nur so gewinnen Sie Freiraum und Kraft für die Entwicklung von Zukunftsperspektiven und Konzeptionen. Denn wir alle sind Menschen mit begrenzten Ressourcen an Kraft und Zeit. Diese sollten möglichst sinnvoll – und das heißt besonnen und verantwortlich – eingesetzt werden. Daher müssen wir uns immer wieder von Aufgaben und Dingen trennen, um offen zu werden für neue Aufgaben und Herausforderungen, die veränderte Situationen von uns verlangen. 4. Als Mitglied des Kirchenvorstands arbeiten Sie im Schnittpunkt widerstrebender Interessen und Tendenzen. Diese Spannung gilt es auszuhalten und zu gestalten. Konkret stehen sich hier einerseits viele Ideen und Anregungen und andererseits Kürzungen und Sparnotwendigkeiten gegenüber. Vermutlich wird es darauf ankommen, in Zukunft stärker als das bisher schon der Fall ist mit anderen zusammenzuarbeiten – mit Nachbarkirchengemeinden, aber auch mit Vereinen und anderen lokalen Gruppen. Ich ermutige Sie, wo dies möglich ist, über die Grenzen Ihrer Gemeinde hinauszudenken. Das bedeutet auch, dass nicht alles von allen in gleicher Weise erfüllt und abgedeckt werden kann und muss. Es wäre schön, wenn Sie dabei entdecken,

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wie die Gemeinschaft der Gemeinden im Dekanat und das Dekanat mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Sie in Ihrer Arbeit unterstützen können. 6. Eine uns alle auch über Gemeinde- und Dekanatsgrenzen hinaus verbindende Aufgabe ist, in Fragen des Glaubens sprachfähig zu werden. Dabei kommt es darauf an, auf die Fragen zu hören, die viele Menschen haben. Ich habe erfahren, dass es Kirchenvorständen gut tut, wenn sie sich ab und zu Zeit nehmen, um über theologische oder anstehende ethische und politische Fragen zu reden. Solche Gespräche verbinden und bringen alle voran. Sie bringen uns auf neue Gedanken und bilden uns deshalb weiter. Nicht nur mit Blick auf den letztgenannten Punkt möchte ich Sie einladen und ermutigen, die Unterstützungsangebote unserer Kirche zu nutzen. Wir bemühen uns, sie noch stärker auf das auszurichten, was von Ihnen gebraucht wird. Deshalb: Teilen Sie uns mit, was Sie brauchen. Alles was wir unternehmen, dürfen und sollen wir in dem Vertrauen tun, dass letztlich nicht wir es sind, die die Kirche schaffen und erhalten, sondern Gott selber es ist, der dies tut. Dieser Glaube schenke uns allen die notwendige Gelassenheit, um vertrauensvoll miteinander zu arbeiten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude in dem vielseitigen und spannenden Amt der Kirchenvorsteherin oder des Kirchenvorstehers. Ihr

Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident

1

Die Lebensordnung– eine Einladung zum theologischen Gespräch

„K

ann denn hier jeder machen, was er will?“ So oder ähnlich mag sich manch ein Kirchenvorstand fragen, wenn Kirchenmitglieder mit besonderen Wünschen an eine Kirchengemeinde herantreten – vielleicht sind sie nicht einmal Mitglied der betreffenden Ortsgemeinde, schätzen aber die Pfarrerin besonders oder finden die Kirche mit dem netten Ausflugslokal in der Nähe einfach passend für die Taufe ihres Kindes. Die Gestaltung des gemeindlichen Lebens stellt Kirchenvorstände und alle, die in der Kirche Verantwortung tragen, vor neue Herausforderungen. Denn Menschen bestimmen heute ihre Beziehung zur Kirche selbst. Wann und wo ein Kind getauft werden soll, ist heute weniger eine Frage der Tradition als vielmehr Sache persönlicher Entscheidung der Eltern. Eine Kirchenbindung bei gleichzeitiger Freiheit in den christlichen Lebensformen ist für die Mitglieder evangelischer Kirchen die Regel. Das bekommen Kirchenvorstände oft besonders im Zusammenhang mit den Amtshandlungen in Form individueller Gestaltungswünsche zu spüren.

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Und in manchen Fällen kann im Kirchenvorstand der Eindruck entstehen, dass Kirchenmitglieder in der Kirchengemeinde nur noch eine Servicestelle für ihre Familienfeste sehen und sich wenig für das gemeindliche Leben vor Ort interessieren. Da soll eine Trauung nicht wie üblich in der Kirche, sondern am Feuerwehrhaus stattfinden, weil der Ehemann ein begeisterter Feuerwehrmann ist. Oder ein Paar entscheidet sich, das gemeinsame Kind taufen zu lassen, gehört aber selbst keiner Religionsgemeinschaft an und findet auch keine geeigneten Paten. Eine Trauerfeier soll an einem Samstag stattfinden, weil die Angehörigen aus ganz Deutschland, womöglich sogar aus dem Ausland, anreisen müssen. Menschen anderer Religionszugehörigkeit möchten das Gemeindehaus für eine Veranstaltung mieten. Viele der Konfirmandinnen und Konfirmanden gehören zu Nachbargemeinden, wollen jedoch gern gemeinsam in einer Gemeinde konfirmiert werden. Diejenigen, die in der Gemeinde Verantwortung tragen, sind hier gefragt. Sie sollen sich den jeweiligen Situationen und ihren Herausforderungen stellen und biblisch-theologisch orientiert sowie in Übereinstimmung mit den Richtlinien und Regelungen unserer Kirche entscheiden.

schreiben von Entscheidungsspielräumen notwendig ist, um im Einzelfall angemessen handeln zu können. Die LO will für das gottesdienstliche Leben Perspektiven für das Nachdenken eröffnen, die klärend für das kirchliche Handeln wirken. Sie ist demnach kein Gesetz, sondern beschreibt Handlungseinen Handlungsrahmen, der zum theologischen Gespräch rahmen einlädt. So kann es dann auch passieren, dass verschiedene Gemeinden zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen können, die jeweils ihre Berechtigung haben und sich alle auf die gemeinsamen verbindlichen Rahmenbedingungen beziehen. Jede Lebensordnung ist vorläufig. Sie verpflichtet die Kirche, ihre Ordnungen zum Wohle der Menschen und zur Ehre Gottes zu gestalten. Denn auch durch ihre Ordnungen bezeugt die Kirche mit Blick auf Jesus Christus, „dass sie allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Erwartung seiner Erscheinung lebt und leben möchte“ (Barmer Erklärung von 1934, These 3). Deshalb stellt sich in jeder Zeit und jeder Situation die Frage neu, wie die Kirche Christen und Christinnen helfen kann, ihren Glauben zu leben. Oder was in der Kirche gilt und welche Gestalt die Kirche haben soll. Die Kirchensynode hat eine Neuformulierung der Ordnung des kirchlichen Lebens der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Auftrag gegeben, da die Ordnung aus dem Jahr 1962 den veränderten Bedingungen in der Kirche nicht mehr gerecht wird.

Die „Ordnung des kirchlichen Lebens der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau“, kurz „Lebensordnung“ (LO) genannt, soll dabei Orientierung bieten und gleichzeitig auch zu einem abgestimmten gemeinsamen Handeln der Kirche beitragen. Sie soll Entscheidungen verständlich machen und die Verantwortung stärken für jene Bereiche, in denen das Be-

Der neue Entwurf der Lebensordnung, der von der Kirchensynode voraussichtlich ab Mai 2011 beraten und beschlossen werden wird, gliedert sich in sechs Abschnitte. Nach einführenden grundsätzlichen Über- legungen im ersten Abschnitt über den Auftrag der Kirche und die Ordnung kirchlichen Lebens folgen die Leitlinien zu

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Gottesdienst und Heiligem Abendmahl, Taufe, Konfirmation und Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie Trauung und Bestattung. Dabei folgen die einzelnen Abschnitte der Lebensordnung jeweils der Gliederung:

• Herausforderungen und Chancen,



• biblisch-theologische Orientierungen,



• Richtlinien und Regelungen.

Auf diese Weise verdeutlicht schon die Gliederung, dass Lebensordnungen wandelbar sind, weil sie auf immer neue Herausforderungen antworten. Ebenso wird sichtbar, dass biblisch-theologische Vergewisserungen notwendig sind, um Orientierungen für die Gegenwart zu gewinnen. Und schließlich gehört auch Klarheit über die in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau geltenden rechtlichen Regelungen dazu. Die Lebensordnung soll die Kirchenvorstände zum theologischen Gespräch anregen, ermutigen und so zu einem lebendigen Baustein des kirchlichen Lebens werden.









Christine Noschka

2

Wer sind wir – wer sind die anderen? Lebensstile in Deutschland – die Sinus-Milieus

Z

ur Verantwortung eines Kirchenvorstandes gehört es, den Zusammenhalt in der Gemeinde zu stärken und sogleich auch die Menschen nicht aus den Augen zu verlieren, die selten oder nie am Gemeindeleben teilnehmen. Doch was kann ein Kirchenvorstand tun, um die wenig sichtbaren Gemeindemitglieder zu integrieren? Wie kann er diese Menschen ansprechen, mit Worten und auch mit passenden Angeboten? Eine Voraussetzung dafür ist es zu wissen, mit wem wir es eigentlich zu tun haben. Die herkömmliche Unterscheidung nach sozia- len Schichten, also nach Herkunft, Bildung, Beruf, Einkommen und Vermögen, reicht jedoch nicht mehr aus, um die Unterschiede zwischen den Menschen wahrzunehmen und zu verstehen. Tiefere Kenntnisse darüber, was die Menschen im Alltag bewegt, was Kirche und Glaube für sie bedeuten und warum das in einer Nachbargemeinde ziemlich anders aussehen kann, liefert die Milieuforschung. Sie gruppiert Menschen nach ihren Lebensstilen und Einstellungen, nach Werturteilen, ästhetischen Vorlieben und Alltagsorientierungen. Mit der Milieuforschung

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lassen sich nicht nur interessante Einblicke in gesellschaftliche Strömungen gewinnen, sie erhellt auch den gesellschaftlichen und kulturellen Wandel. In diesem und dem nächsten Kapitel stellen wir Ihnen ein Kernstück der Milieuforschung vor. Das sind die so genannten Sinus-Milieus (nach der Heidelberger Firma Sinus Sociovision): •

In diesem Kapitel werden die Sinus-Milieus aus der gesamtgesellschaftlichen Perspektive präsentiert. Die hier in knapper Form vorgestellten Sinus-Milieus werden seit vielen Jahren in einem aufwändigen sozial- wissenschaftlichen Verfahren erhoben, beschrieben und auch regelmäßig aktualisiert.

• Im nächsten Kapitel wird diese Perspektive zugespitzt – es werden die Evangelischen in Deutschland diesen Milieus zugeordnet (EKD-Mitgliedschaftsstudie).

Die beiden großen christlichen Kirchen bedienen sich seit geraumer Zeit der Erkenntnisse der Sozialwissenschaften, um dadurch auch neue Handlungsperspektiven zu gewinnen, von denen auch Sie als Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher für Ihre Gemeindearbeit profitieren können.

Sich den gesellschaftlichen und kulturellen Wandel bewusst machen … Bevor wir nun die Sinus-Milieus im Einzelnen betrachten, lohnt sich ein Blick auf den soziokulturellen Wandel. Das Sinus-Institut beschreibt die Entwicklung der letzten 60 Jahre in fünf Etappen: • Die erste Phase war die des Wiederaufbaus in den 1950er Jahren, die für Pflicht und Akzeptanz, für Anpassung und traditionelle Moral steht. Die Leitorientierung war Stabilität. • Die 1960er Jahre waren geprägt durch das Wirtschaftswunder. Ab da beginnt ein Modernisierungsprozess, der Werte wie Status und Besitz, hoher Lebensstandard und Genuss in den Vordergrund rückt.

• Die dritte Phase in den 1970er Jahren ist dagegen durch einen Wertewandel gekennzeichnet. „Sein“ statt „Haben“, Aufklärung, Emanzipation und Ökologie prägen die Wertorientierungen und die Lebensstile. • Ab den 1980er Jahren beginnt eine Phase der „Relativierung“, die Flexibilität, das Umgehen mit komplexen Vorgängen und den Vorrang des Ästhetischen vor anderen Werten ebenso mit sich bringt wie die von Computern erzeugte Wirklichkeit und das Selbstmanagement. • Die heutige fünfte Phase ist durch eine gewisse Unsicherheit geprägt. Der Entwicklung einer Trashkultur (Hang zum Billigen, Schrillen, Geschmacklosen) und kultureller Hemmungslosigkeit stehen Strömungen gegenüber, die auf ein Ende der Beliebigkeit zielen. Wohin sich diese kulturellen Muster auch entwickeln: Sie sind Ausdruck einer Suche, die (noch) gestaltungsoffen ist – und die gerade auch für die Kirche ein wichtiges und zentrales Diskussionsfeld ist.

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Abdruck mit freundlicher Genehmigung durch Sinus Sociovision, Heidelberg

Betrachten wir die Grafik mit den Sinus-Milieus, dann wird die waagerechte Achse (Grundorientierung) gewissermaßen zu einer Zeitachse: Die fünf Phasen haben sich von links (Traditionelle Werte) nach rechts (Neuorientierung) entwickelt. Dass es auf der waagerechten Achse generationenspezifische Gruppen gibt und es damit eine Altersverschiebung von älter zu jünger gibt, liegt nahe. Allerdings vermischen sich auch – wie die Grafik zeigt – Altersgruppen- und Schichtenmerkmale zu einem gewissen Grad.

Alle aktuellen Milieustudien folgen diesem Grundschema, auch wenn sie Milieus oder Lebensstilgruppen unterschiedlich zuschneiden und sich deshalb in ihren Gewichtungen leicht unterscheiden (siehe dazu auch die EKD-Typologie im nächsten Kapitel).

Die Sinus-Milieus Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Die oben beschriebene soziokulturelle Entwicklung hat eine in sich hoch differenzierte Gesellschaft hervorgebracht. Die Heidelberger Sinus-Sozialwissenschaftler unterscheiden zehn unterschiedliche Milieus, die sie in vier große Gruppen zusammenfassen. Die angegebenen Prozentwerte beziehen sich auf den Anteil des jeweiligen Milieus an der Gesamtbevölkerung. 1. Gesellschaftliche Leitmilieus (30 Prozent) Zu den gesellschaftlichen Leitmilieus gehören die so genannten „Etablierten“, die „Postmateriellen“ und die „Modernen Performer“, die wir kurz näher vorstellen möchten: _Etablierte (10 Prozent) Sie stellen die gut situierte und erfolgsorientierte Elite unserer Gesellschaft dar, grenzen sich bewusst von anderen Milieus ab, sind stilsicher, selbstbewusst und haben hohe Exklusivitätsansprüche. Ihr Bildungs- und Einkommensniveau ist überdurchschnittlich hoch: Hier finden sich leitende Angestellte, höhere Beamte, Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer. Man beschäftigt sich mit Kunst, Kultur und individuellen Reisen. Der Altersschwerpunkt liegt zwischen 40 und 60 Jahren. Die Etablierten leben meist ungestört in Drei- und Mehr-Personen-Haushalten in besseren Wohngegenden. _Postmaterielle (10 Prozent) Unter Postmaterialismus versteht man eine Lebenseinstellung, bei der das Geld nicht an erster Stelle steht. Postmaterielle Menschen sind tolerant und bejahen eine multikulturelle Gesellschaft. Sie denken in globalen Zusammenhängen und Verantwortlichkeiten. Die Altersspanne reicht von etwa 30 bis zur Altersgruppe der so genannten „Jungen Alten“. Meist haben sie eine akademische Ausbildung und arbeiten als qualifizierte und leitende Angestellte, Beamte oder Freiberufler meist mit einem hohen Einkommen. Vertreter des Milieus leben sehr

bewusst, kaufen etwa gezielt in Bio-Läden ein. Sie sind oft in größeren Haushalten mit Kindern zu Haus – bevorzugt im Grünen oder auch in charaktervollen Altbauten in Innenstädten. Auch Schüler und Studenten können zu diesem Milieu gehören. _Moderne Performer (10 Prozent) Die modernen Performer bilden die unangepasste Nachwuchsund Leistungselite, die ein intensives Leben führen will. Mit Flexibilität und Ehrgeiz werden die persönlichen und beruflichen Leistungsgrenzen ausgelotet – man will sein „eigenes Ding“ machen. Die unter 30-Jährigen prägen das Milieu, daneben gibt es aber auch Selbstständige und Freiberufler sowie qualifizierte Angestellte. Das Bildungsniveau ist hoch. Oft stehen gut situierte Elternhäuser hinter den modernen Performern. Zu ihrer Lebenswelt gehören Multimedia und die modernen Kommunikationstechnologien, sportliche und Outdoor-Aktivitäten (Kino, Kneipe, Kunst). Sie bevorzugen Wohnungen in innerstädtischen Gebieten, um so ihre Interessen gut leben zu können. 2. Traditionelle Milieus (24 Prozent) _Konservative (5 Prozent) Die Konservativen stehen für das alte deutsche Bildungsbürgertum, das sich an Werten, Traditionen und einer überkommenen Ordnung orientiert. Begriffe wie Elitebewusstsein, Humanismus, Pflicht und die Pflege eines kulturellen und nationalen Erbes sind hier vertreten. Die über 60-Jährigen prägen die Gruppe. Akademische Abschlüsse sind bei den Männern überrepräsentiert, Frauen haben meist eine qualifizierte Berufsausbildung abgeschlossen. Viele Konservative leben im Ruhestand, nachdem sie als höhere Angestellte, Beamte oder Selbstständige mit einem hohen Einkommensniveau gearbeitet haben. Viele wohnen in ihren „eigenen vier Wänden“, die Umzugsneigung ist nur schwach ausgeprägt, sie bevorzugen eine gut situierte, sichere Nachbarschaft.

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_Traditionsverwurzelte (14 Prozent)

3. Mainstream-Milieus (27 Prozent)

Hier finden sich Menschen der sicherheits- und ordnungs- liebenden Kriegs- und Nachkriegsgeneration, die in der kleinbürgerlichen Welt und der traditionellen Arbeiterkultur verwurzelt ist. Diese wiederum ist geprägt von traditionellen Werten wie Sparsamkeit, Pflichterfüllung, Bescheidenheit, Sauberkeit und Ordnung. Der Altersschwerpunkt liegt bei über 65 Jahren, der Frauenanteil ist besonders hoch. Nach Schule und Berufsausbildung arbeiten die Traditionsverwurzelten vor allem als kleine Angestellte und Beamte, als Facharbeiter und Bauern mit kleinen bis mittleren Einkommen. Der Anteil der Rentne- rinnen und Pensionäre ist naturgemäß hoch. Die Pflege von Familien- und Nachbarschaftsbanden sind ihnen wichtig. Freizeitaktivitäten sind vor allem Fernsehen, Gartenarbeiten, manchmal auch Ausflüge. Als Konsumenten sind sie eher sparsam und zurückhaltend. Gerne unterstützen sie aber ihre Kinder und Enkelkinder.

„Mainstream“, beschreibt eigentlich eine vorherrschende Richtung in der Gesellschaftspolitik, dem Kulturleben oder der Musik. Aber auch bei der Betrachtung von Milieus liefern uns die verschiedenen „Hauptströme“ wichtige Erkenntnisse. Mit ihnen lassen sich folgende Gruppen ermitteln:

_DDR-Nostalgische (5 Prozent) In Ostdeutschland macht diese Gruppe fast 20 Prozent der Bevölkerung aus. Sie sehen sich als Verlierer der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, was zu einer Verbitterung gegenüber der Gegenwart und einer gewissen Verklärung der DDR-Vergangenheit führt. Dazu gehört das Festhalten an preußischen Tugenden und sozialistischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidarität. Die über 50-Jährigen prägen das Milieu. Sie waren zu DDR-Zeiten oft Führungskader in Partei, Verwaltung, Kultur und Wirtschaft, heute sind sie einfache Angestellte oder arbeitslos. Vielfach führen sie ein bewusst einfaches Leben („westlicher“ Konsum wird als Unart abgelehnt), das sich auf Familie, Gleichgesinnte und Vereine konzentriert.

_Bürgerliche Mitte (15 Prozent) Die bürgerliche Mitte steht für den statusorientierten Mainstream. Ihr Ziel ist es, in gesicherten Verhältnissen zu leben. Allerdings sind sie zunehmend auch von Abstiegs- ängsten geplagt. Ein gewisser Wohlstand wird angestrebt; Harmonie, Geborgenheit, Fa- milie und Freunde stehen im Vordergrund. Grundsätz- lich konsumieren sie gerne und mit Genuss, sind sich ihrer Rolle als Verbraucher auch durchaus bewusst. Wegen der ökonomischen Krise ist ihr Konsumverhalten zugunsten eines stärkeren Sparens jedoch zurückhaltender geworden. Der Altersschwerpunkt liegt zwi- schen 30 und 50 Jahren, Mehr-Personen-Haushalte sind verbreitet. Das Milieu ist ausgesprochen kinderfreundlich. Mittlere Bildungsabschlüsse sind verbreitet, einfache bis mittlere Angestellte, Beamte oder Facharbeiter mit mittlerem Einkommen prägen das Milieu. _Konsum-Materialisten (12 Prozent) Die Konsum-Materialisten bilden die stark materialistisch geprägte Unterschicht bzw. untere Mittelschicht. Trotz ihrer begrenzten finanziellen Möglichkeiten wird über spontanen und prestigeträchtigen Konsum versucht, den Anschluss an allgemeine Standards zu halten. Man will signalisieren, dass man mithalten kann, indem man sich moderne Unterhaltungselektronik, ein „repräsentatives“ Auto oder wirkungsvolle Outfits zulegt. Unterhaltung, Action und Spaß prägen das

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4. Hedonistische Milieus (19 Prozent)

Ratgeber Lebendige Gemeinde.

Praxisorientiert – über Kirchengrenzen hinaus.

en Gemeindeleit D 46 804 F

und Impulse deräte, Orientierung de, Kirchengemein für Kirchenvorstän enälteste Presbyterien, Kirch

3

Gemeinsame Herausgeber: Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN); Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKiB); Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers (EVLKA); Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW); Nordelbische EvangelischLutherische Kirche (NEK)

2010

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Freizeitverhalten. Ausgehen ist ebenso beliebt wie das häusliche Fernsehen, Videospiele oder Musik und Radio hören. Das Altersspektrum ist breit und geht bis 60 Jahre. Volks- bzw. Hauptschulabschlüsse mit oder ohne Berufsausbildung sind verbreitet. Der Anteil von Arbeitern bzw. Facharbeitern ist überdurchschnittlich hoch, ihr Einkommen gehört zu den unteren Einkommensklassen. Soziale Benachteiligungen wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder unvollständige Familien sind hier häufig zu finden.

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++ ten + rpunk e w h c n S + innen ische hemat Autoren ++ tarbeiter/ t t i Mi +++ M petenten tand, om nvors t +++ e h von k c + r enam nt ++ en Ki für d t- und Ehr m Abonneme up ich i im INHHALTa Jährl x 4 +++ Foto: medio.tv

Unter Hedonismus versteht man seit der Antike eine philosophische Lehre, die das Streben nach Sinnenlust und Genuss als höchstes Ziel des Lebens beschreibt. Auch auf dieser Ebene lassen sich Milieus beschreiben:

weitergeben n ...“ an die Menschen nicht alle komme Gottes Einladung den, aber es werden Kirchengemeinden „Alle sind eingela g und Kultur in aus? Über Haltun Was strahlen wir erständlich ist nicht selbstv auch darauf.“ Selbstverständlich t, setzt sich später spende Stuhl „Wer einen mehr – es werden immer Offene Kirchen

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Gemeindeleiten

| 3.2010

Buchtipp

_Experimentalisten (8 Prozent) Das Lebensgefühl der Experimentalisten ist durch Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Lebensformen und Kulturen gekennzeichnet. Sie sind spontan, experimentierfreudig und auf der Suche nach Grenzerfahrungen. Routinen, Zwänge und Rollenvorgaben werden abgelehnt, materieller Erfolg, Status und Karriere sind nicht so wichtig. Multimedia und Online-Angebote werden intensiv genutzt. Daneben setzt man sich aber auch für soziale Randgruppen ein. Ihr Hauptinteresse richtet sich auf Musik, Kunst und Kultur. Sie haben ein großes Bedürfnis nach Kommunikation, Unterhaltung und vielfältigen Outdoor-Aktivitäten wie Rock- und Popkonzerten, Discos, Szene-Lokalen und Extremsportarten. Der Altersschwerpunkt liegt unter 35 Jahren. Vielfach liegen gehobene Bildungsabschlüsse vor, die eine Arbeit als mittlere Angestellte, kleine Selbstständige oder Freiberufler ermöglichen. Zu dieser Gruppierung gehören auch Schüler und Studenten, denen ausreichende finanzielle Mittel – auch wegen oft gut situierter Elternhäuser – zur Verfügung stehen. Singles sind stark

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Telefon: 069 / 921 07 - 407 E-Mail: [email protected] Infos unter: www.ev-medienhaus.de (Die Zustellung erfolgt direkt an die Abonennten per Post)

Gemeinnützige MEDIENHAUS GmbH Rechneigrabenstraße 10 · 60311 Frankfurt am Main

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vertreten. Die Experimentalisten sind städtisch orientiert, leben aber gerne in bunten Nachbarschaften („Kiez“).

Soziale Milieus und Kirche – einige Aussagen über religiöse und kirchliche Orientierungen

_Hedonisten (11 Prozent)

Die Kirche ist in den traditionellen Milieus am deutlichsten positioniert. Bei Vertretern traditioneller Milieus, zu denen die oben beschriebenen Konservativen und Traditionsverwurzelten zu rechnen sind, bestimmen Moral und Kultur der Kirche als ein wichtiges Fundament unserer christlich-abendländischen Zivilisation Lebensorientierung und Werte. Kirchliche Riten und Symbole sind dort vielfach im Alltagsleben verankert. Aber auch in traditionellen Milieus formuliert sich Große Nähe … Kritik: Insbesondere wird eine Entfernung der Kirche von den Menschen wahrgenommen und diese Entwicklung auch für die geringere Attraktivität für junge Menschen verantwortlich gemacht.

Hedonisten sind vor allem an materiellen Genüssen orientiert und leben eher egoistisch. Sie bilden die spaß- und actionorientierte moderne Unterschicht und untere Mittelschicht. Konventionen und Leistungserwartungen der Gesellschaft werden eher abgelehnt. Man möchte auf keinen Fall „spießig“ sein. Zugleich verfolgen sie das Ziel eines geordneten Lebens mit Familie, geregeltem Einkommen und gehobenem materiellem Wohlstand. Das führt zu einer Art Doppelleben: Auf der einen Seite Anpassung an den Berufsalltag, auf der anderen ein genussorientierter Lebensstil in der Freizeit. Ein Leben im Hier und Jetzt ist von größter Bedeutung, die Zukunft spielt nur eine untergeordnete Rolle. Sie interessieren sich intensiv für Fernsehen, Video, Musik, Computerspiele und Sport. Kino-, Disco- und Kneipenbesuche gehören ebenso dazu. Konsum ist wichtig – angefangen von Unterhaltungselektronik über angesagte Kleidung bis zu Autos und Motorrädern. Zu den Hedonisten zählt die jüngere und mittlere Altersgruppe bis 50 Jahre, die unter 30-Jährigen stellen dabei den größten Anteil. Die Bildung ist einfach bis mittel, viele arbeiten als einfache Angestellte und Arbeiter. Der Anteil an Schülern und Auszubildenden ist hoch. Das Einkommen ist eher begrenzt. An ihr jeweiliges Wohnumfeld sind sie nur schwach gebunden, entsprechend sind sie auch mobil und umzugsbereit.

Andere Einstellungen und Orientierungen finden sich bei Vertretern der modernen Milieus: In modernen Leitmilieus, also den etablierten und postmateriellen Milieus spielen vielfach intensive Auseinandersetzungen über Sinnfragen eine Rolle. Kirche wird einerseits als Bewahrer von Werten und als gesellschaftliche Kraft wahrgenommen, andererseits ist die Kritik an der Institution besonders deutlich. Diese Milieus schätzen auch christliche Hochkultur und Kunst. Die Kirchengemeinde hat eine wichtige Funktion als Bildungs- und Kommunikationsforum. Es findet eine ausgeprägte emotionale Auseinandersetzung mit der Kirche statt. Die familiäre Umgebung bestimmt den Alltag dieser Milieutypen. Sinn und Moral werden aus christlichen Angeboten, aber auch aus anderen Quellen gespeist. Dagegen fehlt den modernen Unterschichten das Basiswissen über religiöse Bezüge und über die Kirche. Vielfach besteht … große Distanz große Kirchendistanz. Im Alltag der so genannten postmodernen Milieus (Moderne Performer, Experimentalisten und Hedonisten) kommen Religion allgemein und Kirche kaum vor. Postmoderne Milieus erkennen kaum einen Nutzen in ihrer Kirchenmitgliedschaft und stehen der Kirchensteuer kritisch gegenüber. Kirchen werden als funktionales Angebot betrachtet, das im Wettbewerb mit anderen Weltanschauungen, Philosophien usw. steht.

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Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Dennoch gibt es eine Bereitschaft für eigenes Engagement, also für projektbezogene Mitarbeit in der Kirche. Moderne Performer haben hohes Interesse an allem, was ihnen Kraft und Energie für die Bewältigung extremer Alltagsanforderungen gibt. Hingegen betrachten Hedonisten die Kirche als Rettungsanker für Menschen mit sozialen und existenziellen Problemen.

Was kann man in der Praxis mit den Milieustudien anfangen? Für die Handlungsfelder eines Kirchenvorstandes kann die Milieuforschung verschiedentlich genutzt werden. • Zum Beispiel bei der Frage, wie die Gemeinde über Religion reden will: Wie können wir Menschen – neben den traditionsorientierten Milieus – erreichen? Wie müssen wir diese Milieus ansprechen, damit die Botschaft Jesu ankommt? • Wie sollten Einladungen und Gemeindebriefe gestaltet sein, damit sie von vielen Menschen wahrgenommen und verstanden werden? Wie also wirkt – etwa von der äußeren Aufmachung und den ausgewählten Bildern her – unser öffentlicher Auftritt in Gemeindebrief und Homepage? • Kann es unter Umständen sinnvoll sein, Angebote für bestimmte Zielgruppen zuzuspitzen, sie auf ihre Interessen und Bedürfnisse zu fokussieren? • Auch bei Personalentscheidungen kann das ein Aspekt sein: Wen wollen wir mit einem gemeindlichen Angebot ansprechen? Und wer unter den Bewerberinnen und Bewerbern kann das vielleicht von seinem Auftritt und seiner Biographie her am ehesten gewährleisten? • Und schließlich der Bereich des gesellschaftlichen Engagements: Wo kann die Kirche in ihrer „Option für die Armen“, in ihrem Bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung am ehesten Bündnispartner finden?

Bei all diesen Überlegungen sollte aber nicht vergessen werden, dass Milieus Kategorien der Beobachtung von Einstellungen und Orientierungen sind. Sie sind Modelle, um das, was uns in der Verständigung untereinander Mühe macht und oftmals unverständlich ist, besser zu verstehen. Als Gemeinde und Kirche geht es um das Verstehen von Unterschieden und Grenzen – nicht, um sich damit abzufinden. Der Auftrag und die Aufgabe heißt Integration und Versöhnung, so lange wir daran glauben, dass vor Gott alle Menschen gleich sind.

Franz Grubauer

Der Arbeitsbereich „Sozialforschung und Statistik” in der Kirchenverwaltung unterstützt Gemeinden und kirchliche Einrichtungen, wenn es um die Aufbereitung sozialstatistischer Daten geht, vor allem im Zusammenhang mit Visitationen. Die Sinus-Milieudaten können dabei bis zur Gemeindeebene hin aufbereitet werden. Kontakt: 06151/405-280 und -282 E-Mail: [email protected] Internet-Verweise – http://www.ekd.de/EKD-Texte/kmu_4_ekd.html – http://www.agis.uni-hannover.de/ – http://www.mdg-unternehmensberatung.de/leistungen/ milieuhandbuch/ergebnisse.html – http://www.bdkj.de/fileadmin/user_upload/Sinus/ BDKJ-Journal_03_04_schwerpunkt.pdf – http://www.sociovision.de/ Literatur: – Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge, Hrsg.: Wolfgang Huber, Johannes Friedrich, Peter Steinacker, Gütersloh 2006 – Soziale Milieus und Kirche, Hrsg.: Wolfgang Vögele, Helmut Bremer, Michael Vester, Würzburg 2002 – Milieuhandbuch „Religiöse und kirchliche Orientierungen“, Sinus Sociovision 2005, Heidelberg, Hrsg: Medien-Dienstleistung GmbH, München

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Lebensstile und Kirchenmitgliedschaft –

3

soziale Milieus aus gemeindlicher Sicht

„D

Die Gesellschaft zur Zeit des Paulus war natürlich homogener und überschaubarer als die unserer Tage. Um hier einen „Durchblick“ zu bekommen, kann auf die Erkenntnisse der Sozialwissenschaften zurückgegriffen werden. In ihrer Frühzeit wurde die Gesellschaft in Klassen unterteilt, später wurde dann etwas feiner gegliedert von Schichten gesprochen. Um die stark angewachsene Komplexität der modernen Gesellschaft einigermaßen angemessen zu erfassen, wird heute ein differenziertes Modell „sozialer Milieus” verwendet. Was ist darunter zu verstehen? Wie in Kapitel 2 beschrieben, umfassen soziale Milieus Gruppen von Menschen, die ähnliche Grundeinstellungen, Vorlieben und Wertvorstellungen haben, die ähnliche Konsum- und Geschmacksorientierungen aufweisen: Sie haben einen ähnlichen Lebensstil. Selbstverständlich gibt es Überschneidungen und fließende Übergänge, im Kern sind aber deutliche Unterschiede nachweisbar.

„hoch“

Lebensstile evangelischer Kirchenmitglieder im sozialen Raum Hochkulturell und sozial integrativer Lebensstil Cluster 1

Status

en Juden war ich ein Jude, den Griechen ein Grieche, den Schwachen ein Schwacher“ – das ist die gängige und pointierte Kurzfassung eines paulinischen Verses aus dem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth (nachzulesen in Kapitel 9, Verse 19 – 23). Was bedeutet dieser Vers? Paulus stellt sich auf seine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner ein, er weiß um ihre Sitten und Gebräuche, ihre Gesetze und Vorschriften, ihre Kultur und ihre Wertvorstellungen. Von diesem Wissen ausgehend verkündigt er ihnen das Evangelium – zielgenau und situationsorientiert.

„gering“

Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Die vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft („Weltsichten, Kirchenbindung, Lebensstile“; Hannover 2003) nimmt den Ansatz der Milieuforschung auf und fragt, wie sich die evangelischen Kirchenmitglieder unter dem Gesichtspunkt der Lebensstile sozialwissenschaftlich beschreiben lassen. Dazu wurde eine Typologie der Kirchenmitgliedschaft entwickelt, die sechs Lebensstiltypen unterscheidet. Die Autoren der EKD-Studie verwenden für die Beschreibung der sechs Gruppen andere Begriffe als in der Sinus-Studie. Legt man die beiden Grafiken aber übereinander, dann wird deutlich, zu welchen Milieus die in der EKD-Studie beschriebenen Lebensstiltypen gehören.

Geselliger und nachbarschaftsbezogener Lebensstil Cluster 2

traditional

Hochkulturell und jugendkulturell orientierter Lebensstil Cluster 4

Zu Hoch- und Jugendkultur distanzierter Lebensstil sozial gering Integrieter Cluster 6

Jugendkultureller und an Lebensgenuß und Unabhängigkeit orientierter Lebensstil Cluster 3

Orientierung

Quelle: Weltsichten, Kirchenbindung, Lebensstile. Vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft. 2003. Herausgegeben vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover.

Lebensstil des Do-it-yourself und der Nachbarschaftskontakte Cluster 5

modern

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Typus 1: Hochkulturell und sozial integrativer Lebensstil

DIE Wochenzeitung für Protestanten. Christliches Leben in Hessen und Nassau.

„Für andere Menschen da zu sein und naturverbunden zu leben, aber auch gesellschaftliches Ansehen und einen gehobenen Lebensstandard zu haben sowie politisches und gesellschaft- liches Engagement werden von dieser Personengruppe persönlich als wichtig angesehen. Weiterhin prägen enge Nachbarschaftskontakte und ein geselliges Freizeitverhalten diesen Lebensstil.“ (EKD-Erhebung, S. 59) Diese Gruppe – sie macht 13 Prozent der Evangelischen aus – orientiert sich also an traditionellen Werten. Zur Freizeitgestaltung gehören Besuche von Theatern, klassischen Konzerten und Ausstellungen sowie das Lesen von Büchern. Diese Gruppe ist typisch für ältere (Altersdurchschnitt: 63 Jahre), zumeist weibliche (66 Prozent) evangelische Kirchenmitglieder. Rentnerinnen sind überdurchschnittlich stark vertreten. Unter dem Aspekt des Berufsstatus ist der Anteil an leitenden Angestellten, Beamten und freiberuflich Tätigen überdurchschnittlich hoch, bezüglich Einkommen und formaler Bildung liegen sie im Mittelfeld. Sie leben mehrheitlich in Ein- und Zweifamilienhäusern. Dieser Lebensstil kann auch als gehobenes konservatives Milieu beschrieben werden. Die EKD-Untersuchung zeigt, dass fast die Hälfte dieser Gruppe in die Kategorie „religiös und kirchennah“ fällt. Das bedeutet: Ein beachtlicher Teil dieses Milieus vertritt in hohem Maße christliche Überzeugungen, ist der Kirche eng verbunden und nimmt regen Anteil am kirchlichen Leben.

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Typus 2: Geselliger und nachbarschaftsbezogener Lebensstil

Typus 3: Jugendkultureller und an Lebensgenuss und Unabhängigkeit orientierter Lebensstil

Der Lebensstil dieser Gruppe (16 Prozent von allen Evangelischen) ist geprägt durch Geselligkeit und Nachbarschaftskontakte. Nicht ganz unwichtig ist für diese Personengruppe die Fürsorge für andere Menschen und Naturverbundenheit. Die traditionelle Normorientierung ist sehr stark. Dieser Typus grenzt sich klar ab von jeglichen jugendkulturellen Freizeit- und Geschmacksmustern wie auch von hochkulturellen Orientierungen, wie sie der erste Typus repräsentiert. Wichtig sind vielfältige Kontakte zu Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden und Nachbarn. Das Hören von Volksmusik trifft den Musikgeschmack.

„Der dritte Lebensstiltypus veranschaulicht einen Lebensstil jugendkultureller Freizeitgestaltung und moderner wie hedo- nistischer Lebensweise. Dieser Lebensstil ist typisch für 22 Prozent der untersuchten evangelischen Kirchenmitglieder. Die Freizeitaktivitäten dieser Personengruppe sind überdurchschnittlich häufig durch Kinobesuch, Tanzen, die Beschäftigung mit dem Computer sowie Aktivsport charakterisiert. Der Musikgeschmack liegt bei Rock- und Popmusik. Lebensgenuss, Attraktivität und Unabhängigkeit sind wichtige Lebensziele. Eine moderne Haltung zur Aufgabe der Frau in der Familie und bei der Kindererziehung ist typisch. Abgelehnt werden von dieser Gruppe sowohl hochkulturelle Orientierungen in Freizeitgestaltung und Musikgeschmack als auch die Werte ‚Fürsorge für andere‘ und ‚Naturverbundenheit‘. Auch zu einer Freizeitgestaltung des Do-it-yourself und der Gartenarbeit besteht deutliche Distanz. Die Einbindung über Nachbarschaftskontakte fällt hier unterdurchschnittlich aus.” (EKD-Erhebung, S. 60)

Ähnlich wie beim ersten Typ ist diese Gruppe stark von älteren evangelischen Frauen geprägt. Das Einkommens- und Bildungsniveau ist niedriger als der Gesamtdurchschnitt. Un- und angelernte Arbeiter und Beamte sind besonders häufig vertreten. „Dieser traditionsorientierte und gesellige Lebensstil ist bei den Kirchenmitgliedern typisch für Arbeiter und Teile des älteren kleinbürgerlichen Milieus“. (EKD-Erhebung, S. 60) Innerhalb dieser Gruppe beschreiben 44 Prozent ihre Hal- tung zu Glaube und Kirche mit „etwas religiös und etwas kirchennah“. Über 25 Prozent weisen eine hohe Kirchen- bindung auf. Zahlenmäßig bemerkenswert an dieser Gruppe ist noch der 15-prozentige Anteil von Personen, die christliche Glaubensüberzeugungen und -traditionen teilen, sich aber kaum am kirchlichen Leben beteiligen („religiös und kirchenfern“).

Das Durchschnittsalter liegt bei 29 Jahren, der Gruppe gehören etwas mehr Männer als Frauen an und beim Einkommensniveau sind mittlere und obere Einkommensgruppen leicht überdurchschnittlich vertreten. Das Bildungsniveau ist ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Ledige (Singles) sind in dieser Gruppe am häufigsten vertreten. In dieser Gruppierung finden sich vor allem mittlere Angestellte, Beamte und Selbstständige, aber auch viele, die noch nicht berufstätig sind. Es handelt sich um die mittlere Mittelschicht bzw. um das neue Arbeitnehmermilieu.

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In dieser Lebensstilgruppe ist die Kategorie „religiös und kirchennah“ verschwindend gering (1,5 Prozent), etwas mehr als ein Drittel rechnet sich einer mittleren Position zu. Knapp 42 Prozent definieren sich aber als „nicht religiös und kirchenfern“. Die Werteorientierung „Unabhängigkeit“ und „Lebensgenuss“ sowie eine moderne Normorientierung scheinen massiv mit vermuteten kirchlichen und religiösen Werten zu kollidieren.

Typus 4: Hochkulturell und jugendkulturell orientierter Lebensstil Diesem eher modern ausgerichteten Lebensstil können 14 Prozent der Evangelischen zugeordnet werden. „Kennzeichnend für diese Personengruppe ist eine stark überdurchschnittlich hochkulturelle Orientierung in den Freizeitaktivitäten und im Musikgeschmack, die jedoch, im Unterschied zum ersten Lebensstiltypus, gepaart ist mit jugendkulturellen Freizeitinteressen wie Kinobesuch, der Beschäftigung mit dem Computer, Aktivsport und einem auf Rock- und Popmusik ausgerichteten Musikgeschmack. Der Kontakt zu den Nachbarn fällt gering aus.“ (EKD-Erhebung, S. 60) Angehörige dieser Gruppe vertreten eher moderne Ansichten. Das wird beispielsweise daran deutlich, dass sie grundsätzlich die Berufstätigkeit von Frauen und Männern bejahen und die Erziehung von Kindern beiden Elternteilen gleichermaßen zuordnen. „Diese Gruppe meist weiblicher (66 Prozent) evangelischer Kirchenmitglieder zeichnet sich durch ein überdurchschnittliches Einkommens- und Bildungsniveau aus. Bezüglich des Berufsstatus sind überdurchschnittlich häufig leitende Angestellte, Beamte und Freiberufler vertreten. Der Altersdurchschnitt in dieser Gruppe liegt bei 44 Jahren. (Groß)städtisches Wohnen

ist für diese Gruppe charakteristisch.” (EKD-Erhebung, S. 60) Insgesamt kann diese Gruppe als ein links-liberales Milieu beschrieben werden. Bei diesem Lebensstiltypus zeigt sich, dass nahezu die Hälfte dieser Gruppe zu den ‚etwas Kirchlichen und etwas Religiösen‘ (46 Prozent) zu rechnen ist. Bemerkenswert ist, dass fast jeder Fünfte dieser Personengruppe den so genannten Kernmitgliedern angehört. Daran wird deutlich, dass eine hochkulturelle Orientierung im Lebensstil, verbunden mit einer sozial bevorzugten Position, eine günstige Voraussetzung für eine kirchliche Orientierung und Bindung sind: Ein „kleiner, aber auffälliger Teil dieser Personengruppe findet Heimat unter den klassischen Kernmitgliedern.“ (EKD-Erhebung, S. 66) 24 Prozent aller Evangelischen sind neuen religiösen Formen gegenüber aufgeschlossen. Der Wert für diese Gruppe liegt allerdings bei 39 Prozent. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Menschen, die diesem Milieu zuzurechnen sind, eine stark ausgeprägte Offenheit gegenüber neuen Religiositätsformen aufweisen.

Typus 5: Lebensstil des Do-it-yourself und der Nachbarschaftskontakte Geprägt ist dieser Lebensstil durch eine Do-it-yourself-Mentalität und die sehr geschätzte Gartenarbeit. Typisch für diese Gruppe (18 Prozent) sind weiterhin jugendkulturelle Züge wie Kino- und Diskothekenbesuche, Beschäftigung mit dem Computer und Aktivsport. Rock- und Popmusik werden bevorzugt. Enge nachbarschaftliche Kontakte sind genauso prägend wie eine moderne Haltung hinsichtlich der Aufgabe der Frau in der Familie und der Kindererziehung. Diese Personengruppe weist ein schwach ausgeprägtes Muster des Altruismus (Selbstlosigkeit) und der Naturverbundenheit auf. „Nur 45 Prozent der Personen dieser Gruppe sind weiblich. Von allen sechs hier vertretenen Lebensstiltypen ist dies also die Gruppe evangelischer Kirchenmitglieder mit dem höchsten Anteil an Männern, was hinsichtlich des dominanten Lebensstilaspekts des Do-it-yourself nicht verwundert.

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Der Altersdurchschnitt liegt bei 42 Jahren. Überdurchschnittlich häufig leben Angehörige dieses Lebensstils im dörflichen und kleinstädtischen Bereich in einem Ein- bzw. Zweifamilienhaus. Entsprechend stark ist der Lebensstil von Arbeiten um Haus und Garten, so genannter Eigenarbeit, geprägt. Die Einkommenssituation liegt (...) im mittleren und höheren Bereich. Es überwiegen mittlere Schulabschlüsse. Dementsprechend sind überdurchschnittlich viele Personen dem Berufsstatus der mittleren Angestellten und Beamten oder mittleren Selbstständigen zuzurechnen. Stark überdurchschnittlich ist in dieser Gruppe der Anteil von Personen, die in Familien mit Kindern leben.“ (EKD-Erhebung, S. 61) Was religiöse und kirchliche Orientierung betrifft, so stellt mit knapp 44 Prozent die Gruppe der „etwas Religiösen und etwas Kirchennahen“ (mittlere Religiosität und Kirchennähe) die größte Gruppe dar. Überdurchschnittlich stark gegenüber der Einstellung aller Evangelischen ist die Haltung „Kirchennähe bei geringer Religiosität” (17 Prozent gegenüber knapp 10 Prozent). Es kann sein, dass die Lebenssituation mit Kindern zu einer Art funktionaler, ausschließlich auf die Familie bezogener Bindung an Kirche führt. Denkbar ist aber auch, dass die „Zugehörigkeit zur Institution Kirche durchaus persönlich für wichtig erachtet wird, aber eine Übereinstimmung mit den traditionellen christlichen Überzeugungen schwer fällt, weil sich diese nicht mit den im Lebensstil zum Ausdruck gebrachten modernen normativen Einstellungen in Einklang bringen lassen.“ (EKD-Erhebung, S. 66) Mit 31 Prozent ist auch diese Gruppe neuen religiösen Formen gegenüber überdurchschnittlich stark aufgeschlossen.

Typus 6: Zu Hoch- und Jugendkultur distanzierter Lebensstil sozial gering Integrierter „Der sechste Lebensstiltypus wird von 16 Prozent der in die Analyse einbezogenen Kirchenmitgliedern geteilt. Dominantes Merkmal ist die Distanz zu allen hier einbezogenen Lebensstilmerkmalen, insbesondere eine ablehnende Haltung gegenüber einem geselligen Freizeitverhalten und Nachbarschaftskontakten. Auch zu den stilistischen Möglichkeiten der Hoch- und Jugendkultur wird hier eine ablehnende Haltung eingenommen. Als einziges positives Lebensstilcharakte- ristikum zeigt sich im Musikgeschmack eine Vorliebe für Volksmusik. Diese Gruppe neigt also gerade nicht zu einem hochwie jugendkulturell expressiven oder geselligen Lebensstil, sondern ist eher zurückgezogen und unauffällig. Charakteristisch für ihre normative Orientierung sind traditionelle Einstellungen. Der Altersdurchschnitt (...) liegt bei 53 Jahren. 54 Prozent der Personen sind weiblich. Das Einkommensund Bildungsniveau ist niedrig. Bezüglich der Lebensform ist diese Gruppe sehr heterogen: Zu ungefähr gleichen Anteilen sind Familien mit Kindern, Verheiratete und Paare ohne Kinder und Rentner vertreten, wobei der Anteil der Verheirateten ohne Kinder ... über- durchschnittlich ausfällt. Typisch für diese Personengruppe ist der Berufsstatus un- und angelernter Arbeiter.“ (EKD-Erhebung, S. 62) Fast die Hälfte dieser Gruppe (48 Prozent) vertritt die mittlere Position „etwas religiös“ und „etwas kirchlich“. Die distanzierte Haltung „weder kirchlich noch religiös“ trifft auf rund 24 Prozent dieses Personenkreises zu. Unauffälligkeit und Distanz gegenüber der Kirche sind also typisch für diesen Lebensstiltypus.

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Eine Anregung, wie Sie diese Typologie nutzen können Wie können Sie diese „Lebensstil- und Milieu-Typologie“ nun nutzen? Drei Schritte sind denkbar und reizvoll: 1. Sie fragen sich zunächst ganz persönlich: Welche der Beschreibungen trifft auf mich am ehesten zu? Welche trifft am ehesten auf meine Familie zu? Es kann durchaus sein, dass Sie eine Art „Milieu-Mix“ feststellen werden. Wenn Sie Lust haben, dann können Sie auch Ihre Herkunftsfamilie unter die „Lupe“ nehmen: Aus welchem Milieu stamme ich, was hat mich geprägt, was mache ich aber auch anders? 2. Wenn Sie wollen, tragen Sie im Kirchenvorstand Ihre Erfahrungen zusammen und gehen dann gemeinsam den folgenden Fragen nach, um eine Bestandsaufnahme zu machen: • Welche Milieus treffen wir in der Kirchengemeinde an? • Welche Milieus scheint die Gemeinde mit ihren Angeboten zu erreichen? • Welche Angebote haben gewissermaßen eine größere „Breitenwirkung”? • Welche Milieus treten relativ oft, welche nur gelegentlich im gemeindlichen Leben in Erscheinung? • Welche Milieus werden möglicherweise überhaupt nicht erreicht?

3. Und nun kommt der Blick nach vorne: • Was bedeutet all das für unsere gemeindliche Arbeit? • Welche Konsequenzen sollten gezogen werden?



Ernst-Georg Gäde

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„Wider die magersüchtige Kirche“ –

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ein Beispiel für eine milieuorientierte Gemeindearbeit

mit den Nachbargemeinden markierten wir aus unserer Ortskenntnis die Straßenzüge nach den vorherrschenden Milieutypen und erstellten uns so eine Milieulandkarte. Das daraus entstehende bunte Bild verblüffte, bestätigte Bekanntes und brachte neue Erkenntnisse. Das bisherige Angebot unserer Gemeinde war eher „hochkulturell“ geprägt mit klassischer Kirchenmusik, den (relativ erfolglosen) Versuchen, Gesprächskreise aufzubauen und einer traditionellen Gottesdienstgestaltung. Hier waren unsere Erfolge eher bescheiden. Dafür erklärte die „Landkarte“ anschaulich den großen Zulauf, den wir bei Gemeindefesten und dem Erntedankumzug verzeichnen konnten, denn die „Geselligen“ und „Bodenständigen“ hatten in der dorfähnlichen Reihenhaus- und Eigenheimbebauung um unsere Kirche herum ihre Heimat.

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Im Unterschied zu den Gemeinden der nobleren Elbvororte Ein Weg aus südlich und westlich von uns ging es unseren östlichen Nach- der Krise barn ganz ähnlich: Die dortigen Genossenschaftssiedlungen wiesen eine ganz ähnliche Milieustruktur auf wie bei uns. Die Übergänge waren fließend, offensichtlich lebten dort wie hier sehr ähnliche Menschen mit fast identischen Lebensstilen. Und weil sich auch die Kirchenvorstände schnell und gut verstanden, begaben wir uns auf einen gemeinsamen Weg aus der Krise heraus.

I

rgendwann war es soweit. Nach der x-ten Spardebatte und Stellenreduzierung in der Gemeinde brachte es ein Kirchenvorsteher auf den Punkt: „Ich habe keine Lust mehr auf eine magersüchtige Kirche!“ Unsere Hamburger Vorortgemeinde mit 3200 Seelen war zwar lebendig, die Entwicklungschancen waren aber in den bestehenden Strukturen gleich null. Wir machten uns – notgedrungen – auf die Suche nach Kooperations- oder Fusionspartnern. Die Lebensstiltypologie der 4. EKD-Mitgliedschaftsstudie „Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge“ mit ihren sechs „evangelischen Milieus“ leistete uns dabei wertvolle Hilfe: Zusammen

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Wir waren uns schnell einig, dass eine Fusion mehr sein musste als eine verwaltungstechnische Zusammenführung. Neue Impulse sollten neues Leben in unsere neue Gemeinde hineinbringen. Wieder gab die „Lebensstil-Analyse“ dazu wesentliche Anstöße. Wer lebt in unserer Gemeinde genau? Wen erreichen wir mit unseren bestehenden Angeboten? Welche Menschen haben wir im Blick – und welche übersehen wir? Warum? Welche Fragen, Bedürfnisse, Hoffnungen und Vorlieben werden von uns wahrgenommen – und welche nicht? Vor dem Hintergrund der Milieubetrachtung wurde deutlich, dass wir mit unserer bisherigen Arbeit jahrelang mit großer Energie im Grunde an den Menschen bei uns und ihren Lebensstilen und Lebensfragen vorbei gearbeitet hatten, dafür aber eine ohnehin kulturell gut versorgte und bei uns eher kleine Gruppe hervorragend und bevorzugt bedient hatten. Wir entwickelten ein neues Leitbild für die Gemeindearbeit und setzten den Schwerpunkt den vorherrschenden Milieutypen entsprechend auf einen familiär-nachbarschaftlichen Charakter. Die Kernsätze daraus lauten: Lebendige Gemeinde – Wir wollen leben, was wir glauben: Mit Gott – mit dir – gewinnt das Leben Mit Gottes Liebe – den Mitmenschen achten Mit Gott und dir – Gemeinschaft leben Mit Gottes Gaben – füreinander da sein Mit Gott sein – den Glauben leben Mit Gottvertrauen – die Zukunft gewinnen Du bist dazu eingeladen

Konkrete Schritte und Konsequenzen leiteten sich daraus ab. Nach der Fusion waren wir endlich wieder in der Lage, einen Kirchenmusiker einzustellen: einen „Popular“-Kirchenmusiker. Er soll mit den Alltags-Hörgewohnheiten der Menschen bei uns die Gemeinde und ihre Gruppen zum Singen bringen.

Mittlerweile gibt es einen altersmäßig bunt gemischten Popchor. Im Jugendbereich wurde ein Konfirmanden-Ferienmodell stark ausgebaut und mit der Jugendarbeit verschmolzen. Ein von Jugendlichen betriebenes Jugend-Cafe ist im Aufbau. Die Pfarrstellen organisierten wir neu entlang den Aufgaben Neue und Begabungen. Im Frühjahr startet ein vorerst monatlicher Angebote Sonntag-Abend-Gottesdienst mit moderner Musik und Liturgie als „2. Programm“. Und eine Zukunftswerkstatt führte zu ganz neuen Projekten, die alle von Gemeindemitgliedern getragen werden: Etwa „Spiritualität im Alltag“, eine AbendmahlsbrotBackgruppe und ein „soziales Netzwerk“ für nachbarschaftliche Hilfen. Natürlich haben uns einige der früher hervorragend und bevorzugt Bedienten enttäuscht den Rücken gekehrt und in den Nachbargemeinden neue Heimat gefunden. Andere kommen und bringen neue, manchmal auch fremde und herausfordernde Hoffnungen und Fragen mit. Von der „magersüchtigen Kirche“ ist jedoch schon lange nicht mehr die Rede.









Bernd Neumann

(Zuerst erschienen in „Gemeinde leiten“, 1/2009. Hrsg.: IPOS – Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision in der EKHN)

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Sehen und gesehen werden –

Grenzen überwinden – versuchen Sie es selbst! Die unten aufgeführten neun Punkte sind mit vier (4) Geraden – ohne abzusetzen – zu verbinden. Jeder Punkt darf nur einmal berührt werden. Zurückfahren auf derselben Linie ist nicht gestattet.

sozialraumorientierte Gemeindearbeit

V

iele Kirchengemeinden entwickeln interessante Ideen und gut ausgestaltete Angebote, doch nicht immer werden sie im gewünschtem Maße von den Menschen in der Gemeinde angenommen. Woran kann das liegen? Die meisten Planungen in den Kirchenvorständen gehen von dem aus, was ihre Mitglieder wissen. Dies deckt sich aber nicht immer mit dem, was sich auf dem Gebiet der Kirchengemeinde und an anderen Orten entwickelt. Im sozialräumlichen Ansatz wird das vermeintlich Bekannte „erforscht“, mit „den Augen eines Fremden betrachtet“. Dies eröffnet die Chance, den Blick zu erweitern und neue Lösungen zu entdecken. Wenn Konzeptionen überdacht und verändert werden sollen, etwa für die KiTa-Arbeit, die Kinder- und Jugendarbeit oder für das Gesamtangebot der Gemeinde, erweitert eine sozialräumliche Arbeit den Blick und lässt „Neues“ entdecken.

Die Auflösung finden Sie auf Seite 52

Sozialraumorientierung – wie geht das? Gemeint ist hier nicht Sozialraumanalyse im streng wissenschaftlichen Sinne, sondern ein sozialräumlich orientiertes Arbeiten und Erkunden, das mit einem relativ geringen Zeitaufwand möglich ist und auch gleichzeitig zu fundierten Ergebnissen führt. Bevor diese Arbeit beginnt, sollte man sich vergewissern, was erkundet werden soll. Soll das Netzwerk betrachtet werden, vielleicht das der Anbieter für Familien? Der politische Entscheidungsraum? Der geschichtliche Raum oder die Bildungsorte?

Was soll erkennbar werden? Dazu führen uns Fragen. Zum Beispiel: Wer in der Gemeinde hat die Betreuung der 0–3-Jährigen im Blick? Wer steht im Kontakt zu den 13–15-Jährigen Jugendlichen? Wo bewegen sich die

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jungen Alten und welche Angebote von der Gemeinde wären für sie attraktiv? Mit dem „Forscherblick“ in den Sozialraum zu gehen heißt fragen, schauen, beobachten und wahrnehmen! So besteht die Chance, die Bedürfnisse wahrzunehmen und konzeptionell zu beraten, welche Angebote der Gemeinde sinnvoll und machbar sind.

„Forschungsmethoden” Es gibt eine Vielzahl von einfachen Erkundungsinstrumenten; Zahlen, Fakten und Daten lassen sich beim Einwohnermeldeamt, aus Schulstatistiken oder der Kirchenstatistik erfragen; möglicherweise existiert ein Sozialatlas der kommunalen Jugendhilfeplanung. Das Internet bietet Zahlen zur demographischen Entwicklung.

sie dort finden. Mit einer „subjektiven Landkarte“ können im Zweiergespräch die Orte eingetragen werden, die die Menschen regelmäßig nutzen, ihre Treffpunkte sichtbar und Informationen über die Freizeitbedürfnisse erkennbar werden. In einem Fotorundgang können Gruppen die für sie wichtigen Plätze in der Gemeinde festhalten und ihr Bild der Gemeinde deutlich machen. Wenn der Kirchenvorstand seine Angebote und Ideen immer mal wieder mit den „Augen eines Fremden“ betrachtet, wenn er die Menschen in der Gemeinde in die Planung mit einbezieht, kann er die Chancen nutzen, Angebote und Konzeptionen zu entwickeln, die sehr nahe an der Lebensrealität im Sozialraum sind.







Internet-Links: Auf einer Landkarte können mit Hilfe verschiedenfarbiger Nadeln beispielsweise die Bildungsorte der verschiedenen Anbieter in der Gemeinde sichtbar gemacht und so mögliche weiße Flecken erkennbar werden. Eine derartige Veranschaulichung im wahrsten Sinne des Wortes zeigt oft schon viel über die realen Bedürfnisse. Ganz andere Informationen werden zu Tage gefördert, wenn die Menschen selbst bei diesen Erhebungsmethoden beteiligt sind. In einer Stadtteilbegehung mit Kindern und Jugendlichen kann der Kirchenvorstand etwas über die Orte erfahren, die für sie von Bedeutung sind und was sie dort machen, was

www.sozialraum.de www.wegweiser-kommune.de





Ulla Taplik

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Profil schärfen – die Konzeption der Gemeinde

W

er sind wir eigentlich? Wofür steht unsere Kirchengemeinde? Was ist das Besondere an unserer Gemeinde?

Wie war die Aufgabe zu lösen? Die Lösung besteht darin, den „Rahmen”, der scheinbar durch die äußeren Punkte fixiert war, zu verlassen, um so von außerhalb (von außen kommend) zur Lösung zu gelangen. Hin und wieder kann es notwendig sein, vorgegebene Systeme, Strukturen oder Vorstellungen zu verlassen, um eine andere Sicht der Dinge zu bekommen oder auch zur Veränderung einer Situation beizutragen.

Vielleicht haben Sie sich diese Fragen schon einmal gestellt. Denn möglicherweise sind die Angebote Ihrer Gemeinde so vielfältig, dass Sie gar nicht wissen, was alles dazugehört und Sie den Überblick verlieren. Oder Sie haben so viele gute Ideen im Kirchenvorstand, was alles gemacht werden könnte, dass Sie gar nicht wissen, wo Sie anfangen sollen. Oder Sie überlegen sich, wie Sie in der Öffentlichkeit Ihre Gemeinde gut und treffend präsentieren können. Unter Umständen fragt Sie auch Ihr Nachbar: „Weshalb investieren Sie eigentlich Ihre Zeit für die Gemeinde?“ Dann ist die Gelegenheit günstig, über eine Gemeindekonzeption nachzudenken, bei der Sie Ihre Vision für die Gemeinde beschreiben, dann auf der Grundlage einer Analyse Ihrer Gemeinde und Ihres Lebenskontextes Schwerpunkte der gemeindlichen Arbeit definieren, dadurch das Profil schärfen und zuletzt Ziele für die Weiterentwicklung benennen. Mit einer Konzeption können Sie in jedem Gespräch das Leitbild, das Sie trägt und motiviert, die Schwerpunkte der Gemeindearbeit und die Ziele, die Sie sich vorgenommen haben, leicht darstellen. Sie können leichter Entscheidungen treffen, weil Sie Kriterien haben, an denen Sie sich orientieren können. Sie können deutlich und klar Ihre Gemeinde in der

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Öffentlichkeitsarbeit präsentieren und zum Beispiel Ihr Ange- bot mit dem der Nachbargemeinde einfacher vernetzen und abstimmen. Außerdem wirkt der Entwicklungsprozess identitätsstiftend für alle, die daran beteiligt sind. Also, sind Sie bereit? Sprechen Sie im Kirchenvorstand über eine Konzeptionsentwicklung, planen Sie die verschiedenen Arbeitsschritte wie ein kleines Projekt und überlegen Sie, wen Sie wann daran beteiligen wollen. Ein Kirchenvorstandswochenende eignet sich hervorragend als erster und wichtigster Bestandteil des Prozesses. Aber viele andere Menschen wie etwa die weiteren haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden sollten auf dem folgenden Weg mit einbezogen werden. Und es wäre doch toll, wenn Sie Ihre Konzeption zum Schluss auf einer Gemeindeversammlung vorstellen und anschließend an alle Gemeindemitglieder verteilen. Hier sind einige praktische Hinweise, wie Sie vorgehen können. Betrachten Sie diese Anregungen als einen Werkzeugkasten, aus dem Sie sich das für Sie Passende heraussuchen können.

Ihre Vision / Ihr Leitbild von der Kirchengemeinde Unsere Ideale, Wünsche und Hoffnungen leiten unser Handeln, ob ausgesprochen oder verborgen. Deshalb ist es wichtig, sich im Leitungsgremium der Gemeinde darüber zu verständigen und möglichst zu einem gemeinsamen Bild, einem Satz, einer Grundlage für die Kirchengemeinde und die kirchliche Arbeit zu kommen. Hier einige methodische Ideen dazu: • Malen Sie in Kleingruppen ein Bild davon, wie Sie sich idealerweise Ihre Gemeinde in zehn Jahren vorstellen, abstrakt oder konkret, mit Farbflächen oder Symbolen. Drücken Sie kreativ aus, wovon Sie in Bezug auf Kirche träumen. • Vervollständigen Sie den Satz: „Wir sind wie …“. Suchen Sie eine Metapher als Vergleich, die einen für Sie wesentlichen Aspekt der Gemeinde beschreibt. • Stellen Sie sich vor, wie Ihre Gemeinde in fünf Jahren sein wird, wenn all Ihre Wünsche in Erfüllung gehen (mögliche Dimensionen: Angebote, Umgang miteinander, Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden, Beziehungen zu Vereinen, Image …). Nun, fünf Jahre später, nimmt jemand die Rolle eines Rundfunk- oder Fernsehreporters ein und interviewt die Mitglieder des Kirchenvorstandes, warum und wie Sie es geschafft haben, diesen positiven Zustand zu erreichen. Je konkreter die Beschreibungen sind, desto besser. • Arbeiten Sie mit biblischen Leitbildern, Ihr Pfarrer oder Ihre Pfarrerin kann Ihnen da weiterhelfen. Suchen Sie als Anregung ein paar heraus, vielleicht den „Einen Leib mit vielen Gliedern“, das „wandernde Gottesvolk“, das „Salz der Erde“, das „Licht der Welt“ oder das „Haus aus lebendigen Steinen“. Überlegen Sie auch, welche biblischen Leitmotive für Sie persönlich und für Ihr Engagement in der Kirche wichtig sind. Sprechen Sie miteinander im Kirchenvorstand darüber.

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• Vielleicht hat Ihre Gemeinde einen Namen, vielleicht gibt es zu Ihrer Gemeindegründung eine Geschichte, vielleicht kursieren bei Ihnen geflügelte Worte. All das spiegelt etwas von Ihrer Gemeindeidentität und von Ihren Hoffnungen wider.

Einigen Sie sich möglichst auf ein gemeinsames „Leitbild“, aber gehen Sie dabei respektvoll mit den persönlichen Leitbildern und Visionen der anderen um. Sie zeigen einander viel von sich selbst und Sie lernen sich gegenseitig besser kennen. Ein „Leitbild“ soll viele Menschen integrieren können. Es soll offen genug sein, um Neues zu ermöglichen und konkret genug, um Handeln leiten zu können. Jedes „Leitbild“ hat Stärken und Schwächen und auch seine eigene Zeit. Vielleicht verändert es sich nach ein paar Jahren.

Ihre Analyse Zur Wahrnehmung Ihres Lebensumfeldes wurde schon in den vorherigen Kapiteln einiges gesagt. Welche Menschen in Ihrem Einzugsbereich leben und in welcher wirtschaftlichen, sozialen und geographischen Situation sie sich befinden, zählt hier zu den entscheidenden Punkten. Betrachten Sie danach Ihre Gemeinde, wobei Ihnen zur Bestandsaufnahme auch Kapitel 5 („Von außen sieht man anders ...)“ im ersten Band „Beraten und Entscheiden“ helfen wird. Leitfragen dazu können sein: • Wie ist die Altersstruktur Ihrer Gemeindemitglieder? Wie hoch ist der Anteil an Frauen und Männern, Verheirateten und Singles? Das Computerprogramm Netkim gibt viel her, wenn man die entsprechenden Auswertungsfragen stellt. • Welche geistlichen Amtshandlungen werden gut nachgefragt, welche eher weniger? • Welche Gruppen, Kreise, Angebote und Gottesdienste gibt es? • Welche haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende hat die Gemeinde? Wer bringt welche Fähigkeiten mit?

• Welche Organe und Gremien gibt es in der Gemeinde? • Welche Kultur hat die Gemeinde? Welche Feste werden gefeiert, wo trifft man sich, wie ist die Vernetzung der unterschiedlichen Gruppen und Personen untereinander, wie werden Informationen weitergegeben etc.? • Wie sind die Beziehungen nach außen, zur Kommune, zu Vereinen, zu Nachbargemeinden, zum Dekanat, in der Ökumene? • Wie steht es um die Öffentlichkeitsarbeit? • Welche baulichen und finanziellen Ressourcen hat die Gemeinde? • Welche Themen und Probleme beschäftigen die Menschen am Ort? • Welche Themen und Probleme beschäftigen die Gemeinde?

Wenn Sie so ein Gesamtbild Ihrer Gemeinde erstellen, achten Ein Sie darauf, wie die Menschen und Themen Ihres Einzugsge- Gesamtbild bietes und das Angebot Ihrer Gemeinde zusammenpassen. erstellen Gibt es vielleicht Zielgruppen, die Sie noch gar nicht ansprechen? Und wo liegen Sie genau richtig mit Ihren Veranstaltungen?

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Ihre Schwerpunktbildung Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Versuchen Sie, aus den Gemeindeaktivitäten Schwerpunkte zu bilden. Damit verdichten und konzentrieren Sie das oft diffuse Gefüge gemeindlicher Aktivitäten. Ordnen Sie unter Oberbegriffen zusammen, was zusammen gehört. Stellen Sie fest, in welchen Bereichen Sie sich besonders engagieren, wo besonders viel Geld oder Zeit und Kraft investiert wird. Sie können sich die Handlungsfelder der EKHN, zu denen Bildung, gesellschaftliche Verantwortung und Diakonie, Verkündigung und Musik, Ökumene, Seelsorge sowie Öffentlichkeitsarbeit als Querschnittsbereich gehören, als Raster nehmen oder Sie bilden eigene Kategorien. Wo ist Ihre Gemeinde besonders stark? Was ist Ihre Spezialität, vielleicht auch in Abgrenzung oder Ergänzung zu den Nachbargemeinden? Versuchen Sie, sich auf wenige Oberbegriffe zu begrenzen, so dass Sie Ihnen sofort in den Kopf kommen, wenn Sie an die Gemeinde denken. Das ist Ihr Profil, das, was Ihre Gemeinde ausmacht und sie besonders macht.

Ihre Ziele Zielsetzungen sind wichtig, weil Sie damit Ihre Gemeindeentwicklung steuern und sie bewusst gestalten. Beziehen Sie an dieser Stelle die Außensicht mit ein. Befragen Sie den Bürgermeister, den katholischen Pfarrer, den Vereinsvorsitzenden, die Kindertagesstättenleiterin, die Schuldirektorin, den Apotheker, die Buchhändlerin, wichtige Menschen vor Ort oder Ihre Kooperationspartner, welche Erwartungen sie an Ihre Gemeinde haben. Dies kann entweder in einem kurzen Interview oder mit einem knappen Fragebogen geschehen. Zeigen Sie, dass diese Meinungen für Sie wichtig sind. Anschließend können Sie einen Blick auf Ihr Leitbild, Ihre große Vision und auf Ihre Betrachtung des Ist-Zustandes werfen. Wie können Sie sich mit der Gemeinde auf Ihre Vision zu bewegen? Hier sollten Sie auch die Erwartungen von außen mit einbeziehen.

Setzen Sie sich konkrete Ziele für einzelne Bereiche Ihrer Gemeindearbeit. Die Ziele sollen positiv formuliert, realistisch erreichbar, messbar und zeitlich definiert sein. Benennen Sie die Zielgruppe, das erwartete Ergebnis und den Weg, wie Sie überprüfen können, ob das Ziel erreicht wurde. Achten Sie darauf, dass die Erreichung des Zieles auch in Ihrer Hand liegt (so ist etwa das Ziel, die Gemeindemitgliederzahlen zu steigern, schwierig, wenn die demographische Entwicklung zurückgeht). Ein Beispiel: „Von unserer Gemeindevision können Menschen etwas merken/erfahren, wenn … Deshalb setzen wir uns in unseren Gottesdiensten/in der Kinder- und Jugendarbeit folgendes Ziel …” Nehmen Sie sich nicht zuviel vor. Möglicherweise ist es sinnvoll, eine Gewichtung der Ziele vorzunehmen, damit Wichtigeres von Unwichtigerem unterschieden werden kann.

Überprüfung Legen Sie auch fest, wann und wie Sie die Zielerreichung beziehungsweise die Konzeption überprüfen möchten, um damit die eigene Arbeit zu reflektieren. Mögliche Leitfragen dafür können sein: a) Was uns gelungen ist: … Dabei geholfen hat uns: … b) Was uns misslungen ist: … Uns war hinderlich: … c) Was uns schwer gefallen ist: … Als Unterstützung brauchen wir: … d) Welche neuen Ideen wir bekommen haben: … Deshalb möchten wir Folgendes ausprobieren: …

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Geschafft! Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Wenn Sie dann Ihre Konzeption erstellt haben, ist das wirklich ein Grund zum Feiern. Präsentieren Sie das Ergebnis Ihrer Arbeit, Sie können stolz darauf sein. Allen Beteiligten gebührt Dank für investierte Zeit und Kompetenz.









Tanja Bergelt

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Die Gemeindeversammlung – eine Chance für Dialog und Beteiligung

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Weiterführende Hinweise Impulse und methodische Anregungen: Publikation „Gemeinde leiten – Orientierung und Impulse für Kirchenvorstände”, die 4x jährlich erscheint. Online-Bestellung unter: http://ev-medienhaus.de/verlag/gemeinde_leiten/index.php Beratung und Prozessbegleitung: IPOS – Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision in der EKHN Kaiserstraße 2, 61169 Friedberg Tel.: 06031/16 29 70 E-Mail: [email protected] Allgemeine Anregungen und Ideen auch über Google-Recherche zum Thema: „Konzeption und Leitbilder von Kirchengemeinden”

er Gottesdienst am Sonntag begann um 14.00 Uhr und dauerte etwa eine halbe Stunde. Nach einer kurzen Pau- Ein se, in der der Gemeindesaal etwas umgeräumt und Getränke Beispiel bereitgestellt wurden, begann die Gemeindeversammlung. Die Vorsitzende des Kirchenvorstandes begrüßte die etwa 30 Anwesenden und erläuterte, warum der Kirchenvorstand zu der Gemeindeversammlung eingeladen hatte: Vor etwa zwei Monaten hatte sich der Kirchenvorstand zu einer Wochenendklausur zum Thema „Schwerpunkte unserer Gemeindearbeit“ zurückgezogen. Und heute wolle er seine Ergebnisse vorstellen und mit den daran interessierten Gemeindemitgliedern besprechen. Ein jüngerer Kirchenvorsteher stellte dann kurz die vier Schwerpunktbereiche vor: • Arbeit mit Kindern und ihren Eltern, • generationsübergreifende Angebote, • ökumenisch-interkulturelle Arbeit und • Gottesdienste in sehr unterschiedlichen Formen.

Der Hintergrund für diese Schwerpunktsetzung: Die Gemeinde hat eine Kindertagesstätte, im Gemeindebezirk liegen drei Altersheime und das Gemeinwesen insgesamt ist durch viele Kulturen geprägt. Dabei stellte er vier vorbereitete Pinnwände vor, je eine Pinnwand für ein Schwerpunktthema. Vorbereitet hieß: An den Pinnwänden hingen jeweils ein Zettel mit dem Schwerpunkt-

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thema und darunter weitere Zettel mit den bisherigen konkreten Angeboten, Maßnahmen und anderem mehr. Die vier Pinnwände wurden dann im Raum verteilt und die Anwesenden wurden gebeten, sich nach Interesse auf die Themen aufzuteilen. Die Moderation zu den vier Themenbereichen lag bei Kirchenvorstandsmitgliedern. Sie erläuterten kurz die aufgehängten Stichworte und baten dann, das bisherige Angebot kritisch zu bedenken und dann auch neue Ideen und Vorschläge zu entwickeln. In allen vier Gruppen gab es lebhafte Gespräche, die Ergebnisse wurden auf Zetteln festgehalten und an die Pinnwände geheftet. Nach etwa 40 Minuten gab es eine kurze Präsentation der Ideen und Vorschläge. Die wichtigsten Ergebnisse wurden im nächsten Gemeindebrief vorgestellt. Was daraus geworden ist? Mittlerweile gibt es zum Beispiel gezielte musikalische Angebote für Kinder, die auf eine gute Resonanz stoßen. Bei der vergangenen Kirchenvorstandswahl war dann zu beobachten, dass sich viele Kandidierende sehr bewusst auf die Schwerpunkte bezogen und signalisierten, sich besonders um diese Bereiche kümmern zu wollen. Ein Beispiel für eine gelungene Gemeindeversammlung, die sich nicht nur in einem mit Zahlen ge- spickten Rechenschaftsbericht erschöpft. Das Beispiel macht deutlich: Ist eine Gemeindeversammlung darauf angelegt, Gemeindemitglieder zu beteiligen, ihre Interessen und Ideen ernst zu nehmen, dann stößt sie auch auf Akzeptanz und kann ein wirkungsvolles Instrument der Entwicklung einer Gemeinde sein. Dabei ist eines aber stets zu beachten: Eine Gemeindeversammlung ist kein Leitungsorgan, das ist ausschließlich der Kirchenvorstand.

Einmal im Jahr eine Gemeindeversammlung Um die Gemeinde am gemeindlichen Leben in aktiver Form zu beteiligen, sieht die Kirchengemeindeordnung die Gemeindeversammlung als regelmäßige Veranstaltungsform vor. So heißt es in § 54 Abs. 3 der Kirchengemeindeordnung: „Der Kirchenvorstand soll einmal jährlich der Gemeindeversammlung über seine Arbeit berichten.“ Die Gemeindeversammlung

hat übrigens auch das Recht, Anträge an den Kirchenvorstand zu stellen und ihm Anregungen zu geben. Auf der nächsten Gemeindeversammlung muss der Kirchenvorstand dann berichten, was aus den Anträgen geworden ist. In der Kirchengemeindeordnung werden auch Themen für Gemeindeversammlungen benannt: • Der Kirchenvorstand berichtet über seine Arbeit, • es werden Fragen des kirchlichen und gemeindlichen Lebens besprochen (natürlich mit Ausnahme vertraulicher Themen, wie etwa Personalfragen) und • es wird die Verwendung der finanziellen Mittel dargestellt.

Außerdem soll zu jeder Gemeindeversammlung auch der Dekanatssynodalvorstand eingeladen werden. Die Kirchenordnung geht über den in der KGO vorgeschriebenen jährlichen Turnus insofern hinaus, als sie die Kirchenvorstände dazu ermuntert, jederzeit eine Gemeindeversammlung einzuberufen, auf der über die Arbeit in der Kirchengemeinde berichtet und Anträge oder Anregungen entgegengenommen werden können. (Art. 14 KO)

Eine Gemeindeversammlung zu veranstalten, bedeutet immer einen erhöhten Aufwand an inhaltlicher Arbeit und Organisation. Es empfiehlt sich, dafür eine kleine Vorbereitungsgruppe zu bilden. Zuvor aber legt der Kirchenvorstand die Themen und den Termin für die Gemeindeversammlung fest. Der Kirchenvorstand sollte gründlich darüber nachdenken, welche Ziele durch die Gemeindeversammlung erreicht werden sollen und welche Themen dazu passen. Die Terminierung kann im Zuge der Jahresplanung vorgenommen werden. Wichtig ist, dass die Planungen frühzeitig begonnen werden können.

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• Wer könnte für was verantwortlich sein? Wer berichtet aus der Arbeit des Kirchenvorstandes? Wer kann inhaltliche Impulse geben? Wer kann vielleicht kleinere Gesprächsgruppen moderieren? Wer begrüßt? Wer kümmert sich um die Technik, wer um Getränke usw.?

Außerdem legt der Kirchenvorstand – so die Kirchengemeindeordnung – fest, wer den Vorsitz in der Gemeindeversammlung hat, sie also leitet. Die Vorbereitungsgruppe, zu der auch geeignete Gemeindemitglieder hinzugezogen werden können, bekommt nun den Auftrag, dafür ein Programm zu entwickeln. Es ist nahe liegend, dass die Leiterin oder der Leiter der Gemeindeversammlung in der Vorbereitungsgruppe mitarbeitet.

• Wie ist die Einladung zu streuen (in der Kirchengemeindeordnung heißt es ausdrücklich, dass eine Bekanntgabe ausschließlich im Gottesdienst nicht ausreicht)?

Bei der Vorbereitung sollten einige allgemeine Gesichtspunkte beachtet werden:

• Wenn die Gemeindeversammlung mal nicht im Anschluss an einen Gottesdienst stattfindet – soll es einen geistlichen Einstieg geben?

• Wie kommen die Gäste der Gemeindeversammlung miteinander ins Gespräch?

• Wie werden die Ergebnisse der Gemeindeversammlung festgehalten?

• Was fördert eine offene, freundliche und einladende Atmosphäre?

• Wer kümmert sich um Berichte für örtliche Presse und Gemeindebrief?

• Wie können die vom Kirchenvorstand formulierten Ziele gut erreicht werden?

• Wer fotografiert?

Und dann gibt es einen ganze Katalog von Detailfragen, die die Vorbereitungsgruppe zu klären hat:

Und zum Schluss fragen sich die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe:

• Wie sieht der Gesamtablauf der Gemeindeversammlung aus – von der Begrüßung über die verschiedenen Tagesordnungspunkte bis zum Reisesegen?

• Würde ich an dieser Veranstaltung auch teilnehmen, wenn ich dafür keine Verantwortung hätte?

• Wie sollen die Themen bearbeitet werden? • Wie sollen die Themen dargestellt und diskutiert werden, die möglicherweise gefühlsmäßig besonders stark besetzt sind? • Wie viel Zeit ist dafür unter Berücksichtigung von Pausen notwendig? • Welche Medien wie Flipchart oder Beamer sind wünschenswert? • Ist eine Verstärkeranlage notwendig, damit auch alle das Geschehen gut verfolgen können? • Wie sollte der Raum gestaltet werden? Wie sollen Tische und Stühle gestellt werden? • Welche Form der Bewirtung ist angemessen? • Mit wie vielen Gästen ist zu rechnen? Wie sehen die Erfahrungen der letzten Jahre aus? Ist diesmal mit mehr Gästen als sonst zu rechnen?

Die Vorbereitungsgruppe stellt ihren Programmvorschlag dann dem Kirchenvorstand vor. Wenn der Kirchenvorstand den Vorschlag – vielleicht etwas modifiziert – verabschiedet, dann geht es an die Umsetzung.









Ernst-Georg Gäde

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Veränderungen gestalten – fünf Empfehlungen

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ir leben in unruhigen, in bewegten Zeiten – und das schon seit vielen Jahren. Selbst die kleinsten Gemeinden, die weitab der Ballungszentren angesiedelt sind, sind davon betroffen. Wenn die Bankenwelt in Amerika ins Wanken gerät, wirkt sich das auf die hiesige Geschäftswelt und auf unsere Kirchensteuereinnahmen aus. Das Ergebnis kann dann für eine Gemeinde heißen, dass eine Pfarrstelle gekürzt wird oder der Zusammenschluss mit einer Nachbargemeinde ernsthaft zu erwägen ist. Derartige Einschnitte tun immer weh, sie lösen oft Unverständnis und Ärger aus. Die Betroffenen fühlen sich nicht selten benachteiligt und ungerecht behandelt. Wenn sich nun ein derartiges Problem am Horizont abzeichnet, ist der Kirchenvorstand als Leitungsgremium gefragt. Was soll er tun? Protestieren und auf die Barrikaden gehen? Sich schmollend zurückziehen? Jammern, wie ungerecht die Welt ist? Nichts von alledem.

Anstehende Veränderungen sollten – das macht auch der Beitrag von Kirchenpräsident Volker Jung deutlich – vielmehr bewusst wahrgenommen und dann aktiv gestaltet werden. An dieser Stelle sei ausdrücklich betont: Es geht hier um Veränderungen, die die organisatorische Gestalt der Kirche betreffen, die auch von wirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen wie auch gesetzlichen Entwicklungen und Bedingungen abhängig sind. Veränderungen werden durch die Einsicht ausgelöst, dass bestehende Erwartungen nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen. So kann ein Kirchenvorstand feststellen, dass die Zahl der in der Gemeinde engagierten Jugendlichen ständig abnimmt. Vor wenigen Jahren war das noch anders. Er fragt sich nun, woran das liegen mag. Daneben können Veränderungen auch von außen ausgelöst werden: Da wird ein großes, durch den Abzug amerikanischer Soldatenfamilien frei werdendes Wohngebiet als Baugebiet für Einfamilienhäuser ausgewiesen, die besonders für junge Familien gedacht sind. Auch wenn nicht alle der evangelischen Kirche angehören – es ist absehbar, dass sich die Gemeindestruktur verändern wird.

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Die Lücke zwischen Erwartungen und Realität

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Veränderungen werden vom „Gewohnheitstier“ Mensch aber nur selten von vornherein begrüßt, da sie Unsicherheiten, Gefahren und Risiken mit sich bringen. Die damit verbundenen Chancen werden dagegen so schnell nicht gesehen. Das bedeutet: Veränderungen sind in der Regel gefühlsmäßig hoch besetzt. Gerade deshalb ist der Hinweis von Volker Jung auf die entlastende Funktion des „Entrümpelns“ so wichtig: Es macht den Kopf frei, ermöglicht Freiräume und kann Neues entstehen lassen. Das bedeutet nicht, dass alles „Alte“ über Bord geworfen werden soll. Aber auch für das Bewährte gilt der Satz aus dem Ersten Brief an die Gemeinde in Thessaloniki: „Prüft alles, und behaltet das Gute“ (5, 21).

Fünf Empfehlungen im Umgang mit Veränderungen: _1. Informieren Je weitreichender eine anstehende Veränderung ist (gute Beispiele dafür sind Gemeindefusionen oder die Aufgabe kirchlicher Gebäude), desto wichtiger ist eine umfassende und frühe Informationspolitik: Die ehren- und hauptamtlich Mitarbeitenden sind zu unterrichten, die Gruppen und Kreise einer Gemeinde, die Gemeinde als ganze, vielleicht sogar das öffentliche Umfeld einer Kirchengemeinde. Die Kernfragen lauten: Wer ist von den Veränderungen unmittelbar betroffen? Und: Auf wen wirken sich die Veränderungen aus? Das ist gut zu bedenken und zu planen. Eine kluge Informationspolitik ist auch deshalb wichtig, da Zeiten der Veränderung auch Zeiten der Vermutungen, oft auch Verdächtigungen sind. Durch offensive und transparente Informationen wird den Beteiligten Sicherheit vermittelt: Sie wissen um die Gründe und sie bekommen einen Überblick über das Ausmaß der Veränderung. In dem Moment, in dem Sicherheit vermittelt wird, wächst auch

die Bereitschaft, sich auf Veränderungsprozesse einzulassen. Gelingt das nicht, muss damit gerechnet werden, dass es besonders starke Widerstände gibt. Mit Widerständen ist bei Veränderungsvorhaben allerdings grundsätzlich zu rechnen. Und hier schließt sich die zweite Empfehlung an: _2. Rolle und Person trennen Nehmen Sie Widerstände möglichst nicht persönlich. Es ist klar: Das fällt nicht immer leicht. Veränderungsprozesse werden unterschiedlich erlebt: Die einen finden sie gut, andere fühlen sich bedroht. Ganz gleich, wie sich ein Leitungsgremium verhält und entscheidet, es wird eine Bandbreite von Reaktionen auslösen. Und das hängt eng mit der übernommenen Leitungsrolle zusammen, durch die sich sowohl das Gremium als auch Einzelne exponieren und damit angreifbar machen. _3. Beteiligen Zu einer klugen Informationspolitik tritt dann der Grundsatz – und damit die nächste Empfehlung –, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Das bedeutet: Wo immer es geht, nicht über die Köpfe hinweg ent- scheiden. Stattdessen sollte man das Gespräch suchen, Einwände und Vorbehalte genauso wie Ideen und Lösungsvorschläge anhören. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, für Auf andere eine konkrete Problemstellung eine Projektgruppe zu beru- hören fen, die Lösungsvorschläge oder Lösungsalternativen für den Kirchenvorstand erarbeiten soll. In diesem Rahmen wäre es denkbar, Betroffene direkt zu beteiligen. All das fließt dann in die Entscheidungen des Kirchenvorstandes ein. Seine Verantwortung bleibt gewahrt. Es ist aber keine Schande, auch auf andere zu hören.

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_4. Die Dynamik kennen

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Bereits vor über 60 Jahren gab es Untersuchungen, wie sich Veränderungen in Organisationen vollziehen. Ein seither immer wieder bewährtes Modell stammt von dem amerikanischen Sozialpsychologen Kurt Lewin. Er unterscheidet drei Phasen. Es beginnt mit der so genannten „Auftauphase“ (unfreezing),

in der festgestellt wird, dass sich ein bestehender Zustand zu verändern beginnt. Wird dieser Prozess wahrgenommen und als sinnvoll oder auch als notwendig anerkannt, so geht es nun darum, die Kräfte, die eine Veränderung wollen, zu stärken, um so ein allgemeines Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Veränderung zu erzeugen. Die zweite Phase ist die „Bewegungsphase“ (moving).

Bewegung in eine Organisation, die auf ein neues Gleichgewicht zielt. Das Streben nach einem neuen Gleichgewicht mündet in die abschließende dritte Phase, die „Einfrierphase“ (refreezing).

Die in der vorhergehenden Phase gefundenen Problemlösungen werden nun dauerhaft gemacht, sie werden „institutionalisiert“. Das ist deshalb wichtig, um nicht wieder in alte Verhaltensweisen zurückzufallen bzw. mit alten Handlungsmustern zu operieren. Damit findet ein Veränderungsprozess seinen vorläufigen Abschluss. Dieses Modell ist aus der Erfahrung gewonnen – und beinhaltet auch, dass Veränderungsprozesse durchaus Wiederholungsschleifen oder auch Sprünge aufweisen können. Wenn die erste Phase der Wahrnehmung und Analyse zu schnell durchschritten wird, gibt es in der zweiten möglicherweise unangemessene Lösungsideen. Ungut ist es auch, wenn man sich nicht ausreichend Zeit lässt, um in der zweiten Phase nach verschiedenen Lösungen zu suchen. Die erstbeste Idee muss nicht gleich die beste sein. Und damit abschließend die letzte Empfehlung: _5. Zeit lassen

Es werden jetzt Lösungen gesucht und neue Verhaltensweisen probiert. Der Status quo wird zurückgelassen, es kommt

Bevorstehende Veränderungen lösen oft einen Handlungs- Bitte kein druck aus. Einzelne Menschen wie auch Organisationen kön- Aktivismus! nen mit Hektik und Aktionismus darauf reagieren. Das aber ist fatal. Ein kühler Kopf und eine gewisse innere Gelassenheit sind da eher angebracht: In Ruhe die Gründe für eine Veränderung bedenken, dann gründlich nach Lösungsmöglichkeiten suchen und dabei die jeweiligen Vor- und Nachteile

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einbeziehen, das ist die Voraussetzung für erfolgreiches Handeln. Es muss zudem bedacht werden, dass Veränderungen „verdaut“ werden müssen. Dies mag eine kleine Anekdote verdeutlichen: Ende des 19. Jahrhunderts, so erzählt eine kleine Geschichte aus den Vereinigten Staaten von Amerika, fährt zum ersten Mal ein alter Indianerhäuptling mit der Eisenbahn nach Washington. Dort angekommen, lässt er sich erst einmal auf dem Bahnsteig nieder. Gefragt, warum er dies tue, antwortet er: „Mein Körper ist jetzt hier, meine Seele aber noch nicht.“









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Kommunikation im Dialog –

Öffentlichkeits arbeit in der Gemeinde

Ernst-Georg Gäde

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ine Kirchengemeinde kommt nicht ohne Öffentlichkeits- Ohne geht arbeit aus. Man stelle sich vor, der Gemeindebrief würde es nicht eingestellt oder der Schaukasten bliebe leer, die Internetseite würde nicht mehr gepflegt oder die Tageszeitung die Gottesdienstzeiten nicht mehr abdrucken. Um über das Leben in einer Kirchengemeinde zu informieren, braucht es Medien. Dabei kommt es nicht auf enorme Textmengen an. Stattdessen sollen die Adressaten sich möglichst schnell und dennoch umfassend über das Gemeindeleben informieren können. In diesem Kapitel geben wir Ihnen einen Überblick über die Erstellung einer Öffentlichkeitskonzeption und über verschiedene Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit. Wenn Sie darüber hinaus nähere Informationen möchten, wenden Sie sich bitte an eine der zum Schluss des Kapitels angegebenen Adressen.

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Das Christentum ist öffentliche Religion Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Das Christentum war immer schon eine öffentliche Religion, die sich über Medien, also über Texte oder Bilder, ausbreitete. Die Paulusbriefe sind nur einige der maßgeblichen medialen Dokumente. Im Alten Testament traten die Propheten mitten auf den Plätzen auf und forderten die Umkehr der Menschen, die sich von Gott abgewendet hatten. Ähnlich hielt es später Paulus, er predigte sogar auf dem Marktplatz von Athen (Apostelgeschichte 17,17). Im Neuen Testament hält Jesus seine berühmteste Predigt mit den Seligpreisungen auf einem Berg: „Man zündet auch nicht ein Licht an und stellt es unter den Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Matthäus 5,15 f.). Auch für das Christentum gilt, was für alle Religionen gilt: „Religion lebt von der Kommunikation. Wenn sie nicht mitge- teilt werden kann, stirbt sie.“ (Stephan Hopkinson; anglikanischer Priester und Autor, 1908–2004) Natürlich steht in der Bibel die personale Kommunikation, also die Kommunikation zwischen Menschen, die sich persönlich begegnen, im Mittelpunkt. Aber daneben finden sich unzählige andere Medien, zum Beispiel Lieder, Gedichte, Gottesdienstliturgien, Briefe, Reiseberichte, überlieferte Erzählungen und manch anderes mehr. Öffentlichkeitsarbeit in der frühen Kirche, die man so zwar nicht benannte, aber sehr wohl anwendete, diente also dazu, dass sich die Gemeinden in der Öffentlichkeit verständlich machen konnten und dass in der Kirche selbst miteinander kommuniziert werden konnte.

Hier sind zwei der Schlüsselelemente von Öffentlichkeitsarbeit genannt: – Externe Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit nach außen) und

– interne Kommunikation.

Öffentlichkeitsarbeit heißt: miteinander in Beziehung sein Öffentlichkeitsarbeit ist unter den Bedingungen der Informa- Interne und tionsgesellschaft die Form, sich mit internen und externen externe Zielgruppen in Beziehung zu setzen. Öffentlichkeitsarbeit ist Zielgruppen also Beziehungsarbeit, bedeutet Kommunikation und Dialog. Sie ist also mehr als Werbung. Auch das Veranstaltungsmanagement und die Mitgliederorientierung (siehe dazu Band 1 des „Handbuchs Kirchenvorstand“, Kapitel 5, S. 27 f.) gehören hierher. Die Mediengesellschaft im 21. Jahrhundert leidet unter einem Informationsüberfluss. Nicht zu wenige, sondern zu viele

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Informationen strömen auf die Menschen ein. Dieses Überangebot von Informationen bedingt eine gewisse Hilf- und Orientierungslosigkeit derjenigen, die sie nutzen. Informationen müssen also über Medien konzentriert und zielgruppenorientiert eingesetzt werden, damit sie wahrgenommen werden. Die Zeit ist vorbei, in der Öffentlichkeitsarbeit nur die Inhalte „unters Volk zu streuen hatte“ und sie fielen dann schon von selbst auf fruchtbaren Boden. Öffentlichkeitsarbeit wird heute verstanden als ein gesteuerter Kommunikationsprozess, bei dem die Absender gleichzeitig auch Empfänger sind. Moderne Öffentlichkeitsarbeit ist also im Idealfall ein Dialog-Prozess: Ich tue etwas und informiere andere darüber, so dass sie auch etwas tun, was dann wieder mich betrifft. Die externe Öffentlichkeitsarbeit richtet sich an die Öffentlichkeit im Ort oder Stadtteil, also an die Kirchenmitglieder, die Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen, die im Internet surfen oder vor dem Schaukasten stehen bleiben. Die interne Öffentlichkeitsarbeit richtet sich an die haupt-, neben- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in der Gemeinde. Eigentlich ist sie sogar noch wichtiger als die externe Kommunikation, denn nichts ist eine bessere Werbung für die eigene Gemeinde als ernst genommene, gut informierte, geförderte und mit den Zielen und Inhalten der Gemeinde vertraute Mitarbeitende. Sie sind die Repräsentanten der Gemeinde. Und einer Gemeinde merkt man es an, wenn sie zufriedene, engagierte und geförderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat.

dabei für die Entwicklung der Medien, durch die die Gemeinde mit der Öffentlichkeit in Dialog tritt. Internetauftritt, Newsletter, Gemeindebriefe, Schaukästen, Veröffentlichungen im Lokalblatt sind Medien der Öffentlichkeitsarbeit.

Das Zusammenwirken der Medien und Maßnahmen zu planen und zu steuern, ist Aufgabe des Kirchenvorstands. Es empfiehlt sich, ein Kommunikationskonzept aufzustellen, das der Kirchenvorstand verabschieden muss. Eine solche Konzeption Kommunikader Öffentlichkeitsarbeit kann die Arbeit grundlegend erleich- tionskonzept tern, wenn sie systematisch durchbuchstabiert ist. Im Folgenden sind nun Elemente zusammengestellt, die zu einer systematischen Kommunikation einer Kirchengemeinde gehören.

Öffentlichkeitsarbeit will geplant sein _Leitbild

Die Gemeinde benennt ihr Selbstverständnis und ihre Ziele. Sie beantwortet die Frage: Wozu gibt es uns und was wollen wir? (Vgl. dazu Kapitel 6, „Profil schärfen – die Konzeption der Gemeinde“.) _Name

Die Gemeinde hat einen Namen, der im Idealfall von ihren Zielen abgeleitet ist. Oft aber existieren schon Namen. Heißt die Kirche beispielsweise Emmauskirche, sollte auch die Gemeinde so heißen. Gleiches gilt für den Kindergarten. Die Kirchengemeinde gibt also klare Antworten auf die Frage: Wer sind wir und wie heißen wir?

Weitere Informationen über interne Kommunikation können Sie dem Beitrag „Interne Kommunikation – damit Ziele gemeinsam erreicht werden“ im zweiten Band des „Handbuchs Kirchenvorstand“ (Kap. 4, S. 46 ff) entnehmen.

Öffentlichkeitsausschuss Als Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher sind Sie auch für die Öffentlichkeitsarbeit Ihrer Kirchengemeinde mit verantwortlich. Als Arbeitsform hat sich die Einrichtung eines Öffentlichkeitsausschusses bewährt, der sich um die Planung und Koordination der Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Er sorgt

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_Logo

Die Gemeinde nutzt entweder ein eigenes Logo oder das Facettenkreuz der EKHN. So wird die Frage beantwortet: Wie sind wir schnell und einfach (wieder) zu erkennen?

_Corporate Design

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Die Gemeinde gibt sich ein einheitliches Erscheinungsbild. Sie gestaltet also ihre optischen Merkmale „aus einem Guss“. So legt sie fest, welche Schriften und Farben beim Gemeindebrief, im Internet und auf dem Briefpapier verwendet werden. Gleiches gilt auch für Türschilder, Handzettel oder Visitenkarten.

werden. Mehr zu diesem Thema finden Sie im letzten Kapitel („Umgang mit Beschwerden“). _Empfang

Wie finden Besuchende den Weg ins Gemeindebüro? Wo können sie warten? Wie freundlich werden sie aufgenommen? Hier lohnt es sich, mit fremdem Blick durch die eigenen Gebäude zu gehen oder eine Umfrage zu machen, deren Ergebnisse dann in eine eventuelle Umgestaltung einfließen können (vgl. auch Kapitel 5 in Band 1). _Dokumentation/Pressespiegel

_Presseverteiler

Im Gemeindebüro sollte es auf jeden Fall eine Gesamtliste der Ansprechpersonen in den lokalen oder regionalen MedienRedaktionen geben. Pressemitteilungen oder Ankündigungen von Veranstaltungen sollten immer per Fax geschickt werden, E-Mails nur auf ausdrücklichen Wunsch. _Ideenspeicher Öffentlichkeitsarbeit

Gute Ideen kommen spontan. Und wenn sie nicht aufgeschrieben werden, sind sie weg, auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Legen Sie einen Ordner an, in den alle Ideen oder Broschüren hineinkommen, die Sie gut finden. Möchten Sie dann eine eigene Broschüre herausgeben, haben Sie eine Fundgrube an Vergleichsmaterial. _Beschwerdedatei

Eine Beschwerdedatei wird oft belächelt, ist aber durchaus hilfreich. Es reicht ein einfacher Ordner, in den alle Beschwerden wandern, vom offiziellen Brief bis zur Telefonnotiz. Seine Durchsicht zeigt recht schnell, wo eine Einzelwahrnehmung besteht oder wo sich der Eindruck eines Missstands durch mehrere Stimmen verdichtet. Trifft Letzteres zu, sollte der Missstand behoben

Eine Gemeinde braucht ein Gedächtnis. Dazu gehört auch ein Öffentlichkeits- oder Pressearchiv. Alles, was in den Medien über die Gemeinde berichtet wurde, wird in einem Pressearchiv gesammelt. Gepflegte Archive sind wahre Fundgruben für neue Kirchenvorstände oder Mitarbeitende, wie auch für neue Pfarrerinnen und Pfarrer. _Zum Schluss

„Wer macht’s und was kostet das?“ Unterstützung bei der Arbeit können viele leisten, etwa durch einen Öffentlichkeitsausschuss oder durch eine Gemeindebriefredaktion. Die Ver- … in einer antwortung für die Öffentlichkeitsarbeit sollte jedoch in einer Hand Hand liegen und finanziell ordentlich ausgestattet sein. Medien brauchen eine Person als Ansprechpartner/in. Diese Person ist es dann auch, die für die Konzeption einer systematischen Öffentlichkeitsarbeit sorgen kann.

Die Medien einer Gemeinde _Der Gemeindebrief

Der Gemeindebrief ist neben dem Internetauftritt das wichtigste Kommunikationsmittel einer Kirchengemeinde. Untersuchungen haben ergeben, dass über 60 Prozent der Beziehenden den Gemeindebrief in Ausschnitten lesen.

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In der Regel wird er von einer Gemeinde herausgegeben, manchmal erscheint er auch in ökumenischer Verantwortung. Die Erscheinungsweise der meist in A5-Format hergestellten Gemeindebriefe ist in der Regel zweimonatlich. Entscheidend ist, dass er regelmäßig erscheint und immer das gleiche Erscheinungsbild aufweist. Auch ein Gemeindebrief sollte nach einem Konzept erstellt werden. Das folgende Frage-Raster gibt dazu Anhaltspunkte. Um Ihren Gemeindebrief einer kritischen Prüfung zu unterziehen, können Sie im Kirchenvorstand die Fragen auch einmal in Ruhe diskutieren: einden Gem e d t ib Wer g eraus? brief h rstand chenvo ir K r e •D e emeind • Die G nskreis edaktio • Der R Wer soll d en Gemein debrief erhalten? • Alle Evan gelischen • Alle Einw ohner im O rt oder Stadtteil

hat der n Rubriken e st fe e h lc We brief? Gemeinde es Wort • Geistlich Thema • Ethisches isen pen und Kre • Aus Grup rdigungen en und Bee g n u u a Tr , ndliche • Taufen er und Juge d in K r fü n one • Informati s dem Ort • Neues au envorstand s dem Kirch u a t ch ri e B • • Anderes

Wer ist f ür den In halt offiziell verantw o r tlich? • Die Red aktion • Der/Die Kirchenv orstands vorsitzen de • Andere

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• 12 Seiten • 16 Seiten

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(Nach: Klaus Vellguth, Wir können uns sehen lassen, Öffentlichkeitsarbeit in der Gemeinde, Bernward bei Don Bosco)

_Der Schaukasten: kein Mauerblümchen

Welche Ziele verfolgt die inGemeinde mit dem Geme debrief? isen • Auf Veranstaltungen hinwe mitteln • Theologische Bildung ver ichten • Über Veranstaltungen ber • Glauben stärken • Anderes

Wie oft ers • Alle zwei • Alle drei

cheint er?

Monate

Monate

Der Schaukasten ist die andere Visitenkarte einer Gemeinde. Ein Thema! Über ihn können Menschen zu Gottesdiensten oder Veranstaltungen eingeladen werden. Gleichzeitig können Glaubensinhalte und andere Themen in die Öffentlichkeit gebracht werden. Gestalten Sie den Schaukasten also zu einem Thema – zum Beispiel als Einladung zu einer Veranstaltung oder mit Bildern und Texten zu einem Bibelvers. Benutzen Sie ihn jedoch nicht als Pinnwand. Fragen Sie sich nach der Gestaltung: „Würde ich hier stehen bleiben und mir diesen Schaukasten ansehen?“

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_Internet, E-Mail und Intranet

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Ein selbstverständlich gewordenes Medium der Kommunikation von Gemeinden mit der Öffentlichkeit ist das Internet. Die meisten Nutzenden, rund 80 Prozent, suchen im Internet Informationen über das Geschehen in der Nähe. Das ist eine große Chance auch für die Kirchengemeinden, ihre Angebote virtuell darzustellen. Eine Kirchengemeinde kann heute nicht mehr auf einen aktuell und interessant aufgemachten Internetauftritt verzichten. Die E-Mail hat in vielen Organisationen das Fax und das Telefon von den vorderen Plätzen verdrängt. Eine Gemeinde braucht auf jeden Fall eine eigene E-Mail-Adresse. Unbedingt zu beachten ist, dass das E-Mail-Postfach jeden Tag bearbeitet werden muss. Innerhalb der EKHN ist das Intranet im letzten Jahrzehnt als internes Kommunikations- und Informationsmedium hinzugekommen. Nähere Informationen dazu erhalten Sie auf www. ekhn.de/intranet. Wenn Sie einen Zugang zur Informationsplattform im Intranet möchten, setzen Sie sich bitte mit Ihrer Pfarrerin oder Ihrem Pfarrer in Verbindung.

Öffentlichkeitsarbeit der EKHN Die Öffentlichkeitsarbeit der EKHN ist ein Querschnittsbereich (fachgebietsübergreifender Bereich), der gemeinsam mit den Fach- und Profilstellen Öffentlichkeitsarbeit der Dekanate allen Gemeinden, Dekanaten und Einrichtungen in der EKHN beratend und unterstützend zur Seite steht.

Wenn Sie Hilfe und Beratung suchen, wenden Sie sich an eine der unten angeführten Kontaktadressen: 1. Fach- und Profilstellen in den Dekanaten In den Dekanaten gibt es die Fach- und Profilstellen „Öffentlichkeitsarbeit“. Bitte fragen Sie in Ihrer Gemeinde oder Ihrem Dekanat nach den jeweiligen Ansprechpartnern. Eine Zusammenstellung der Adressen finden Sie auch unter http://www. kroeb.de/ 2. Sollte in Ihrem Dekanat die Fach- oder Profilstelle nicht eingerichtet oder besetzt sein, so wenden Sie sich an das Referat Öffentlichkeitsarbeit der EKHN, Paulusplatz 1 – 64285 Darmstadt Tel.: 06151/405-286 und -289, Fax: 06151/405-441 E-Mail: [email protected], Internet: www.ekhn.de Dort wird Ihnen Hilfe angeboten oder vermittelt bei folgenden Themen: Interne/externe Kommunikation, Pressearbeit, Gemeindebriefgestaltung, Projektplanung, Designfragen, Intranet, Eventgestaltung, Mitgliederorientierung 3. Der dritte Teil der gesamtkirchlichen Öffentlichkeitsarbeit ist im Medienhaus der EKHN angesiedelt: Medienhaus gemeinnützige GmbH Rechneigrabenstraße 10 – 60311 Frankfurt am Main Telefon: 069/92 107-210 E-Mail: [email protected] Internet: www.ev-medienhaus.de Dort erhalten Sie Beratung in folgenden Bereichen: • Video- und Audiobereich • Öffentlich-rechtliche Rundfunkarbeit und Privatfunk • Medienprojekte, Internet • Begleitung von Veranstaltungsradios

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Auch im Medienhaus angesiedelt sind die „Evangelische Kirchenzeitung“, die Zeitschrift „Gemeinde leiten – Orientierung und Impulse für Kirchenvorstände“ sowie die Redaktion des „Evangelischen Pressedienstes“ (epd).



Dietmar Burkhardt

„Unsere Kirchengemeinde braucht eine Homepage“ –

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Tipps für die Planung

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ür die meisten Menschen gehört das „Googeln“ zum Alltag, das heißt, sie suchen Informationen gezielt im Internet. Manchmal nur eine Telefonnummer, manchmal eben auch mehr: Veranstaltungshinweise, Ansprechpartner, Öffnungszeiten, Stellungnahmen, Fotos, Anfahrtskizzen und dergleichen mehr. Also: Unsere Kirchengemeinde braucht eine Homepage. Wer eine Website plant, der muss sich zunächst mit vielen Fragen beschäftigen:Wie soll die Website aussehen, welche Viele Fragen Informationen sollen veröffentlicht werden? Welcher Provider soll genommen werden, was ist ein Screen-Design, und brauchen wir ein Redaktionssystem? Da eine Website kein abgeschlossenes Projekt ist, sondern ständiger Pflege bedarf, ist vorab zu klären, wer dafür die

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Verantwortung übernimmt. Eine gute Wahl wäre die Redaktion des Gemeindebriefes, denn hier sollte ja schließlich die Informationszentrale der Kirchengemeinde sein. Planen Sie häufige Aktualisierungen, eventuell sogar von mehreren Redakteurinnen und Redakteuren, dann ist die Arbeit mit einem Redaktionssystem sinnvoll. Dessen Einrichtung ist zwar zunächst recht aufwändig und eventuell auch teuer, erleichtert aber später die tagesaktuelle redaktionelle Arbeit. Viele Gemeinden haben „Internet-Spezialisten“, auf deren Hilfe sie zurückgreifen können. Mit einer solchen Unterstützung können Sie Ihre eigenen Ideen kostengünstig umsetzen. Auch haben Sie so die Freiheit, all das zu realisieren, wozu Ihr Webmaster in der Lage ist. Achten Sie jedoch darauf, dass das helfende Gemeindemitglied zu mehr als nur einem kurzfristigen Engagement bereit ist. Gerade anspruchsvoll aufgebaute Websites sind in ihrer Programmierung selbst für Fachleute nur mit einiger Mühe zu verstehen. Die Betreuung einer Homepage kann daher nicht so einfach in neue Hände weitergegeben werden. Im Idealfall finden Sie daher mehrere Personen, die Ihre Website administrieren können, über alle notwendigen Passwörter verfügen und über die wesentlichen Dinge informiert sind.

grundwissen benötigt. Manche Provider bieten einen kosten- losen Baukasten an. Einen eigens für Kirchengemeinden entwickelten Web-Baukasten können Sie im Internet unter der Adresse www.ekhn.org abrufen. Für Ihre selbst gestaltete Website, ob nun mit oder ohne Redaktionssystem, sollten Sie die folgenden Tipps beherzigen: _Inhalt und Aufbau • Gerade für so genannte „Non-Profit-Organisationen“ wie Kirchengemeinden gilt: Der Inhalt einer Homepage ist in der Regel wichtiger als ein aufwändiges Design. Informationen sollen in kurzer verständlicher Form an die Besucher weitergegeben werden. Dass die Seite optisch auch noch gut aussehen soll, ist selbstverständlich. Aber übertreiben Sie den Einsatz von Gestaltungselementen nicht. Wie erfolgreiche Beispiele wie google oder e-bay zeigen, ist weniger oft mehr. • Gehen Sie nicht mit Baustellenseiten ins Netz, die während der Dauer des Programmierens keine Inhalte bieten. Mögliche Besucher kommen in der Regel nie wieder. Fangen Sie lieber mit einem kleinen, aber fertigen Projekt an und planen Sie gegebenenfalls die Möglichkeit der Erweiterung ein. • Sollte Ihre Website viele Seiten haben, achten Sie auf eine sinnvolle Navigation mit einem Inhaltsverzeichnis zum Anklicken. Je mehr Mühe Sie auf eine gute Struktur verwenden, desto leichter finden sich die Besucher Ihrer Website zurecht. So wird eine „Sitemap“ überflüssig. • Sorgen Sie für eine möglichst „barrierefreie“, also behindertengerechte Website. Anregungen dazu finden Sie unter http://wob11.de (Web ohne Barrieren gemäß § 11 des Bundesbehindertengleichstellungsgesetzes). _Bilder und Ladezeiten

Wenn Sie technisch weniger bewandert sind und keinen Webmaster in Ihrer Gemeinde finden, können Sie die Homepage auch mit einem Web-Baukasten gestalten. In der Regel lassen sich damit gute Ergebnisse erzielen, ohne dass man viel Hinter-

• Bringen Sie möglichst wenig Bilder auf einer Informationsseite unter. Legen Sie stattdessen die Bilder lieber auf eine Extraseite. Eine solche durch einen Link erreichbare

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„Galerie“ gewährleistet kurze Ladezeiten für die Informationen der anderen Seiten. Sollen trotzdem viele Bilder gezeigt werden, so können Sie „Thumbnails“, also kleine Bilder in Daumennagelgröße, in den Text einbauen und mit größeren Bildern verlinken.

• Halten Sie Ihre Website aktuell. Planen Sie ausreichend Zeit und Kapazitäten für eine dauerhafte „Pflege” ein, damit die Besucher der Seite keine veralteten oder gar falschen Informationen erhalten. _Rechtliche Hinweise • Denken Sie daran, im Impressum den Namen Ihrer Kirchengemeinde, ihre Adresse und den Namen und die Adresse einer vertretungsberechtigten Person, etwa eines Mitglieds des Kirchenvorstands, zu nennen. Über eine angegebene E-Mail-Adresse oder Telefonnummer muss ein Kontakt gewährleistet sein. • Verwenden Sie auf Ihrer Website keine urheberrechtlich geschützten Texte, Bilder, Musikstücke oder Filme. Holen Sie von den Personen, deren Foto Sie auf die Website stellen möchten, deren Einverständnis vorab ein.

• Eine gute Website erkennt man am schnellen Aufbau. Man sollte kurze Ladezeiten einhalten, um den Besuchern nicht gleich mit einem langen Bildaufbau die Lust zu nehmen. Vermeiden Sie auch „Vorschaltseiten”, das sind Seiten, die beispielsweise zuerst ein großes Bild oder eine „Flash-Animation” zeigen, bevor es zum eigentlichen Thema geht. Legen Sie auf der ersten Seite kurz und prägnant dar, worum es auf dieser Website inhaltlich geht oder kommen Sie am besten gleich zur Sache: mit aktuellen Neuigkeiten. Bleiben Sie aktiv! • Wichtig ist die Angabe einer E-Mail-Adresse, um die Kommunikation zwischen den Besuchern Ihrer Website und Ihrer Kirchengemeinde zu ermöglichen. Wenn Sie ein Gästebuch, ein Diskussionsforum oder einen Blog einrichten, denken Sie daran, dass die Besucher Ihrer Website Sie nicht nur loben werden, sondern eventuell harsche Kritik an Ihnen, an Ihrer Kirchengemeinde oder an der Kirche generell üben. Gästebücher und Foren müssen deshalb regelmäßig kontrolliert und rechtswidrige Eintragungen gelöscht werden.

• Überprüfen Sie regelmäßig die Inhalte der mit Ihrer Website verlinkten Angebote. Die Besucher Ihrer Website verstehen Links als Empfehlungen, also sollten Sie sich mit den verlinkten Angeboten identifizieren können. Auch ein pauschaler Haftungsausschluss („Disclaimer”) schützt Sie im Zweifelsfall nicht vor rechtlichen Konsequenzen, wenn etwa eine verlinkte Website illegale Angebote enthält. Verzichten Sie im Zweifelsfall auf Links.

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_Texten für das Web

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• Je kürzer, desto besser Online-Leser sind ungeduldig. Sie lesen selten lange Artikel über 500 Wörter. Schreiben Sie daher knackig mit dem Blick für das Wesentliche.

Die Onlineagentur im Medienhaus berät und unterstützt Sie bei der Planung Ihrer Website. Sie können eine Website maßschneidern lassen oder den Web-Baukasten benutzen.

• Das Wichtigste immer zuerst

Adresse:

Stellen Sie die Texte mit der größten emotionalen Wirkung in den Vordergrund. Schweifen Sie nicht ab, kommen Sie rasch zum Punkt und heben Sie die Vorteile, die sich eventuell für Ihren Leser ergeben, heraus.

Medienhaus GmbH Onlineagentur Rechneigrabenstraße 10

• Titel sind wichtig

Tel.: 069 / 92 107 292 [email protected]

Ein interessanter Titel und ein prägnanter Vorspann sind im Internet entscheidend. Kurz, beschreibend, eventuell provokativ soll er sein. Investieren Sie Zeit in die richtige Formulierung. Nur so wird der Leser in den Text gezogen. • Fassen Sie zusammen Die meisten Online-Leser überfliegen Texte nur. Sie lesen oberflächlich und wollen in kürzester Zeit das Wesentliche herausfiltern. Die Essenz sollten Sie in einem prägnanten Vorspann zu Beginn und in einer kurzen Zusammenfassung am Ende des Textes festhalten. • Erstellen Sie Web-Dokumente Manchmal ist es nötig, längere Textpassagen zu gestalten. Veröffentlichen Sie den Text als Adobe PDF-Dokument oder schreiben Sie eine kurze Zusammenfassung für Ihre Website und verlinken Sie zu einer eigenen Seite mit dem Gesamttext. Lockern Sie das lange Dokument auf: Heben Sie Zitate heraus und verwenden Sie Zwischenüberschriften innerhalb des Textes.



Peter W. Bernecker

60311 Frankfurt/Main

Als Provider hat die Fa. Maximum-It ein spezielles Angebot für Kirchengemeinden: www.maximum-it.de

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Vor Ort –

das Zusammenwirken von Kirchengemeinde und Vereinen

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um Beispiel Rohrenau ... Es ist schwierig, in dem 1.450-Seelen-Dorf Rohrenau einen Einwohner aufzuspüren, der nicht in einem der 19 örtlichen Vereine Mitglied ist. Ob Skatclub oder Feuerwehrkapelle, Jugendclub oder Kinderchor, MGV oder TSV, Verkehrs- und Verschönerungsverein – es gibt kaum eine Freizeitbetätigung, für die es in Rohrenau keinen Verein gibt. In den Übersichten der Vereine werden auch die katholische und die evangelische Kirchengemeinde aufgeführt.

ins Leben gerufen, in dem der Ortsbeirat, Vereinsvertreter, die Rohrenauer Wirte und Privatpersonen den Geburtstag planten. Aus diesem Festausschuss wurde dann der Verein „825 Jahre Rohrenau”, der Verträge abschließen konnte und das Festprogramm koordinierte. Dieses Beispiel aus Rohrenau zeigt, dass die Vereine sich nicht nur darum kümmern, dass man in einer Mannschaft Fußball spielen oder im Gesangverein gemeinsam singen kann. Die Vereine eines Ortes oder eines Stadtteils gehören zu den bedeutenden gesellschaftlichen Akteuren, die sich um das Wohlergehen der Menschen an ihrem Wohnort kümmern – ohne dass der Staat mitredet. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ca. 535 000 Vereine. Diejenigen, die im Vorstand und anderen Funktionen engagiert sind, tun dies in der Regel ehrenamtlich. Das Ehrenamt in seiner großen Bedeutung verbindet Kirchengemeinde und Vereine. Mit der ehrenamtlichen Tätigkeit zeigen die Mitglieder bürgerschaftliches Engagement. Sie organisieren sich eigenständig und gestalten freiwillig das Zusammenleben am Ort. Lediglich Vereine mit einer bestimmten Organisationsgröße haben haupt- oder nebenamtliches Personal. Viele Vereine sind in Dachverbänden zusammengeschlossen. Oft sind die Funktionsträger eines Vereins auch auf weiteren Ebenen wie z.B. auf Bezirks-, Landes- oder Bundesebene tätig.

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Vereine als bürgerschaftliches Engagement

Begegnungen

In den Vereinen des Ortes kommen die Rohrenauer zusammen, um gemeinsam Sport zu treiben, zu singen oder zum Bogenschießen. Die Vereine gestalten das Zusammenleben in dem kleinen Ort. Sie pflegen Traditionen, feiern Jubiläen und gestalten das Zusammenleben in dem Dorf wesentlich mit. In dem 1184 erstmals erwähnten Rohrenau feierte man unlängst das 825-jährige Jubiläum. Ein Festausschuss wurde

„Es ist für die Vereine selbstverständlich, dass ich zu ihren Hauptversammlungen komme – selbst wenn es ein reiner Männergesangverein ist!“ sagt eine Pfarrerin, die seit langem Die mit den Vereinen in ihrer Gemeinde im Nordosten unserer Gemeinde Landeskirche zusammenarbeitet und damit gute Erfahrungen mittendrin gemacht hat. „Wir planen gemeinsam das Veranstaltungsjahr und sprechen unsere Termine ab. Alleingänge gehen hier gar nicht“, nennt die Pfarrerin ein konkretes Beispiel der Zusammenarbeit. Einige Veranstaltungen – wie etwa das Sommerfest des Bürgervereins – beginnen mit einem Gottesdienst. „Da kommen dann mehr als die Hälfte meiner gesamten Gemeinde!” Und sie hat beobachtet, dass Feiern wie das Schützenfest oder die Kirmes für die Weggezogenen auch schöne Anlässe

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sind, immer wieder „nach Hause“ zu kommen und Freunde und Bekannte wiederzusehen. Die Vereine tragen mit ihrem ehrenamtlichen Engagement dazu bei, dass Menschen in ihrer Umgebung verwurzelt sind und sich mit ihrem Ort oder Stadtteil identifizieren. Für die Vorstände der Vereine ist die Zusammenarbeit mit den örtlichen Kirchengemeinden in der Regel selbstverständlich. In vielen Orten gibt es sie schon lange und hat sich vielfach bewährt. Viele Frauen und Männer, die in Vereinen eine Funktion ausüben, sind gleichzeitig in ihrer Kirchengemeinde ehrenamtlich tätig – sei es im Kirchenvorstand oder in einer gemeindlichen Gruppe. Es sind diejenigen Frauen und Männer, die mit ihrer ehrenamtlichen Mitarbeit in Kirchengemeinde und Verein wesentlich dazu beitragen, dass man sich im Ort kennt und gegenseitig hilft.

Die Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinden und Vereinen, aber auch Initiativen und Vereinigungen, kann eine Tradition haben, die sich lange bewährt hat. „Das haben wir immer so gemacht” bekommt ein neuer Pfarrer dann schon mal zu hören. Bestimmte Feste und Feiern in einem Ort oder Stadtteil können eine solche Tradition sein genauso wie eine gemeinsame Jahresplanung. Es kann aber auch Anlässe geben, die einen spontanen Zusammenschluss und die Verständigung der örtlichen Akteure erfordern. Ein solcher Anlass kann ein Ortsjubiläum sein; aber auch die Planung eines Neubaugebietes, das den Ort stark verändern würde, kann die Gemeinde und die örtlichen Vereine zu Verbündeten machen.

Ansprechpartner Da viele häufig sowohl in einem Verein als auch in der Kirchengemeinde aktiv sind, ist für konkrete Anliegen recht schnell ein Ansprechpartner für den Verein gefunden. Ein Kirchenvorsteher ist beispielsweise Mitglied im Gesangverein und kann leicht in Erfahrung bringen, ob der Gesangverein beim Ostergottesdienst mitwirken kann. Diese ehrenamtlich Tätigen kennen in der Regel die Vereinslandschaft recht gut, können Kontakte herstellen und entsprechende Ansprechpartner benennen. Und umgekehrt kann der Schützenbruder, der im Kirchenvorstand ist, eine Anfrage seines Vereins direkt in einer Kirchenvorstandssitzung vortragen.

Offizielles Beachten sollte man die formale Organisation eines Vereins. Die Mitglieder- oder Jahreshauptversammlung eines Vereins hat einen offiziellen und rechtlichen Charakter. Hier werden Beschlüsse gefasst und Vorstände gewählt. Auch Satzungsfragen wie die Höhe der Mitgliedsbeiträge haben hier ihren Ort. Von außen betrachtet stellt die Jahreshauptversammlung im Vereinsleben so etwas wie eine Synode im Leben unserer Kirche dar. Der Besuch eines Vertreters der Kirchengemeinde, zum Beispiel Pfarrer und Kirchenvorsteher, hat protokollarischen Charakter. Sie werden als offizielle Vertreter der Kirchengemeinde begrüßt. Den Besuch einer besonderen Veranstaltung der Kirchengemeinde verstehen die Vereinsvertreter dann oft als „Gegenbesuch“. Hinter diesen formalen Aspekten steht aber vor allem eine gegenseitige Wertschätzung. Für verbindliche Absprachen sollte am besten das Leitungsgremium des Vereins, der Vorstand, angesprochen werden.

Die Kirchengemeinde – ein Verein? Bei Auflistungen der örtlichen Vereine ist oft unter „K“ die Kirchengemeinde aufgeführt. Sie gehört wie die Freiwillige Feuerwehr oder der Sportverein selbstverständlich zu den sozialen Akteuren der Stadt oder des Dorfes. Sie hat ihr eigenes Kommunikationsnetz und ist im Austausch mit anderen eine Mitgestalterin des Gemeinwesens. Mit ihren Gebäuden und Einrichtungen, mit ihren Mitarbeitenden ist die Kirchenge-

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meinde sichtbar präsent. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen leisten viele Kirchengemeinden ihren Beitrag, dass Menschen beheimatet und verwurzelt sind. Sie bringen mit ihren Angeboten Menschen zusammen und haben eine integrierende Wirkung. Und manchmal sind sie Koalitionspartner, um Entwicklungen aufzuhalten, die das Zusammenleben der Menschen am Ort beeinträchtigen könnten. Doch bei allen Gemeinsamkeiten wissen auch Vereinsvertreter: Die Kirche ist mehr als ein Verein. Ihre Begründung hat sie nicht durch einen vereinsrechtlichen Zusammenschluss, sondern in der Verheißung des lebendigen Gottes. Diese Grundlage bedingt ein anderes Verständnis von Mitgliedschaft. Mitglied der Kirche werde ich nicht durch einen Eintritt, sondern mit der Taufe. In der Taufe werde ich Teil des Leibes Christi. Mancher Verein musste sich schon auflösen – die Kirche dagegen ist unauflöslich.









Matthias Pape

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Die Ganztagsschule –

neue Schulform, viele Möglichkeiten

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ines der wichtigsten Anliegen von Kirchengemeinden ist eine lebendige Jugendarbeit. Die Veränderung der Schullandschaft stellt in diesem Zusammenhang eine enorme Herausforderung dar. Seit einigen Jahren gibt es Ganztagsschulen nicht nur vereinzelt und als Ausnahme in einzelnen Regionen, sondern flächendeckend und in großer Zahl. Diese Realität anzuerkennen und entsprechende Angebote daraus abzuleiten, ist eine wesentliche Aufgabe für Kirchenvorstände. Sie birgt gleichzeitig neue Chancen für Kirchengemeinden:

Gleichgültig in welcher Organisationsform die Ganztagsschule arbeitet, in offener oder verpflichtender Form, mit pädagogischer Mittagsbetreuung (Hessen) oder als Ganztagsschule (Rheinland-Pfalz), sie ist auf Kooperation mit außerschulischen Partnern angelegt. So ist es Betrieben, Verbänden, Vereinen und auch den Kirchen möglich, ihre Freizeit- und Bildungs- angebote im Raum der Schule als Ergänzung und Erweiterung des schulischen Bildungs- und Erziehungsangebotes zu platzieren. Um dies zu erleichtern, haben die Kirchen mit den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz Kooperationsverträge abgeschlossen.

Warum Ganztagsschule? Die Ganztagsschule ist auch als Antwort auf die Frage nach den Voraussetzungen für eine bessere Bildung und nach

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besseren Bildungschancen für die Benachteiligten politisch gewollt. Zugleich wird sie eingeführt als Schulmodell, das eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet. Sie soll den Kindern und Jugendlichen Raum und Zeit geben, • ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten verstärkt zu fördern, • erweiterte Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten im musischen, sportlichen und kognitiven Bereich zu nutzen,

Die Attraktivität der Angebote der Ganztagsschule könnte hier mit dem Konfirmandenunterricht konkurrieren: beispielsweise dann, wenn Eltern meinen, dass ihre Kinder nachmittags eine zusätzliche Förderung für den Vormittagsunterricht erhalten sollen. Wenn sich Schülerinnen und Schüler aus einer Gemeinde auf mehrere Ganztagsschulen verteilen, wird es vermehrt zu Koordinationsproblemen kommen. Allerdings: Gute Erfahrungen mit den bereits bestehenden Ganztagsschulen zeigen, dass Lösungen im beiderseitigen Einvernehmen möglich sind.

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• in gesicherten Zeiträumen und unter angemessenen Umständen (z.B. Mittagessen, Hausaufgabenhilfe, verlässliche Betreuungszeiten) zu lernen.

Auch unter diesen pädagogischen und familienpolitischen Aspekten liegen uns als Kirche die Ganztagsschulen am Herzen. Denn dass sich gerade evangelische Christinnen und Christen um die Bildung, auch die schulische Ausbildung, kümmern hat eine lange Tradition. Schon Martin Luther forderte die „allerbesten Schulen für Knaben und Mädchen“. Wir sind als Kirche eingeladen, uns an dieser Verbesserung der Lern- und Entfaltungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen in diesem Sinne zu beteiligen.

Mehr Zeit in der Schule Gleichgültig, wie die Zeit in der Schule gefüllt wird – ob mit Unterricht oder mit anderen pädagogischen Angeboten: Der Zeitraum, den Kinder und Jugendliche in der Schule verbringen, wird größer. Mit der An- und Abfahrt können neun oder zehn Stunden zusammenkommen. Vermehrt werden besorgte Fragen laut, wo die Zeiträume für die außerschulischen Angebote bleiben. Wenn die Schule auch die Nachmittage füllt, wo bleibt dann Zeit für die Konfirmanden-, Kinder- und Jugendarbeit? Am Beispiel der Konfirmandenarbeit wird schnell deutlich, dass noch mehr als bisher verlässliche Absprachen über die Zeit für diese kirchliche Bildungsarbeit zwischen Gemeinden und Schulen vor Ort getroffen werden müssen. Und selbst wenn diese Zeit verbindlich festgelegt werden sollte, entscheiden die Eltern, an welchem Angebot ihr Kind teilnimmt: an dem der Ganztagsschule oder an der Konfirmandenarbeit.

Chancen für die Kirche Auch die EKHN ist – neben Partnern wie Vereinen, Musik- Zeit und Raum schulen und anderen – direkt zur Kooperation eingeladen. für kirchliche Die einzelne Schule kann für kirchliche Angebote Zeit und Angebote Raum bieten. Wenn Kinder und Jugendliche in verstärktem Maße am Schulort bleiben, sind wir dazu eingeladen, sie dort aufzusuchen. Für Gemeinden und Dekanate bedeutet dies, dass sie die Frage nach einer Kooperation mit der Schule vor Ort in Zukunft ständig begleiten wird. Es kann auch sein, dass aus gut nachvollziehbaren Gründen eine Kooperation nicht zustande kommt. Wenn Gemeinden und Dekanate über die Gestaltung von Kooperationen nachdenken, können sie an die vielfältigen Erfahrungen der schulbezogenen Kinder- und Jugendarbeit anknüpfen.

Beispielhaft sind zu nennen:

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• Bibelkreis

Erklärtes Ziel ist es, dass Schule sich als Lebensraum für Kinder und Jugendliche weiterentwickelt. In der gemeinsamen Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen übernimmt Kirche in der Region dafür die notwendige Gestaltungsverantwortung mit. Vor Ort sollte in Kooperation mit der Kinder- und Jugendarbeit, den Religionspädagogischen Ämtern, den Dekanaten und Gemeinden überlegt werden, wie mit der Ganztagsschule umgegangen werden kann.

• Computerwerkstatt



• Ausbildung und Begleitung von Streitschlichtern • Begleitung der Vertretung von Schülerinnen und Schülern • Beratung und Seelsorge für Schülerinnen und Schüler • Berufsvorbereitende Klassentagungen









Sönke Krützfeld

• Eine-Welt-Arbeit • Erlebnispädagogische Maßnahmen • Gestaltung von Schulanfangs- und Abschlussgottesdiensten • Geschichtswerkstatt / Spurensicherung etc. • Geschlechtsspezifische Angebote / Gender-Angebote • Hausaufgabenbetreuung • Koordinationsaufgaben im Gesamtkonzept Ganztagsschule • Kultur- und spielpädagogische Angebote (z.B. Jugendkulturtage, Musik, Tanz, Theater, Sport-AGs) • Medienpädagogische Angebote (u.a. Mitarbeit bei der Schüler/innenzeitung, Internet-Cafe) • Meditationsangebote • Mitarbeit bei Klassenfahrten • Organisation von Schüler/innencafes • Reflexionstagungen / Tage der Orientierung • Zusammenarbeit mit Arbeitsämtern und noch viele weitere Ideen und Projekte.

Darüber hinaus besteht beispielsweise auch die Möglichkeit, musikalische Gruppen in der Schule anzubieten: Kinderchorarbeit, ein Flötenkreis oder andere Musikgruppen können durch neben- und hauptberufliche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker organisiert und begleitet werden. So eröffnen sich vielfältige Formen der Zusammenarbeit von Kirche und Schule. Für diese Angebote werden staatlicherseits Mittel zur Verfügung gestellt.

Ansprechpartner in Fragen der Ganztagsschulen sind die jeweiligen Kirchlichen Schulämter (über die Homepage der EKHN www. ekhn.de finden Sie deren Adressen). Die Fachberatung für die schulbezogene Jugendarbeit liegt beim Landesschülerpfarrer, bei der Landesschülerpfarrerin im Zentrum Bildung (Darmstadt).

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Konfirmandenarbeit –

die Verantwortung des Kirchenvorstandes

vorschuss der Jugendlichen durch ein kompetentes Bildungsangebot nicht zu enttäuschen. In der Unterstützung und bei der Profilierung der Konfirmandenarbeit kann und soll der Kirchenvorstand eine wichtige Aufgabe übernehmen:

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„Unbeschadet der Beauftragung der Gemeindepfarrerin, des Gemeindepfarrers mit Konfirmandenarbeit trägt der Kirchenvorstand die Verantwortung für die Konfirmandenarbeit.“

Diese prägnante Formulierung im ersten Absatz der Leitlinien für die Konfirmandenarbeit in der EKHN auf der Basis des Abschnitts III der Lebensordnung der EKHN eröffnet ein ganzes Spektrum von Möglichkeiten, die es zu entdecken und Viele wahrzunehmen gilt. Die prinzipielle Rollen- und Aufgabenver- Möglichkeiten teilung, die hier kurz und bündig beschrieben wird, erleichtert die Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben: Da gibt es die Pfarrerin/den Pfarrer, zu deren pfarramtlichen Tätigkeiten der Konfirmationsunterricht gehört und die dafür ausgebildet sind. Und da gibt es den Kirchenvorstand, dessen Mitglied die Pfarrerin/der Pfarrer ist, der als Gremium gemeinsam die Verantwortung für diese Arbeit trägt.

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ie Konfirmandenarbeit ist neben dem Religionsunterricht das einzige flächendeckende kirchliche Bildungsangebot. Sie erreicht nahezu den gesamten jeweiligen Jahrgang der evangelischen Jugendlichen – und darüber hinaus häufig auch deren Eltern und Familien. Aktuellen Umfragen aus den Jahren 2008/2009 zufolge genießt die Konfirmandenarbeit einen hohen Stellenwert bei den Jugendlichen und ihren Eltern. Sie ist also ein hohes Gut, das es zu pflegen und zu kultivieren gilt. Und dies in einer Zeit, in der Bildung in ihrer ganzen Breite ein Dauerthema in der öffentlichen Diskussion ist. Im Kontext sich profilierender schulischer und außerschulischer Bildungsarbeit und in der Konkurrenz um die knapper werdenden zeitlichen Ressourcen der Jugendlichen hat der Konfirmationsunterricht einen komfortablen Platz: Die Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz sichern feste Zeitfenster zu. Diesem Bonus für den Konfirmationsunterricht gilt es mit einem klaren evangelischen Profil dieses Bildungsangebotes zu entsprechen – und den Interessens- und Vertrauens-

Diese Verantwortung kann sich ganz unterschiedlich konkretisieren: So kann etwa entlang der Vorstellung der Jahresplanung für die Konfirmandenarbeit durch die Pfarrerin oder den Pfarrer eine intensive Beratung der geplanten Inhalte und Aktivitäten erfolgen. Die einzelnen Mitglieder des Kirchenvorstands können aus ihren persönlichen und beruflichen Kontexten heraus Impulse geben und Unterstützung leisten – für Praktika und Exkursionen, für Freizeiten und Konfirmandentage usw. Ein Kirchenvorstand, der sich regelmäßig informieren lässt, kann



• Ansatz und Ziel der Konfirmandenarbeit der Pfarrerin/ des Pfarrers besser unterstützen, • sich rechtzeitig an der Vorbereitung und Durchführung von Projekten beteiligen, • den Dialog zwischen der Kirchengemeinde und den Konfirmandinnen und Konfirmanden fördern, • Familien und Gemeinde Auskunft geben und mit den häufig besonderen Wünschen Einzelner angemessen umgehen.

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Die Kernbotschaft lautet: Das Leitungsgremium der Kirchengemeinde unterstützt den mit der Gestaltung der Arbeit Beauftragten in der Wahrnehmung dieses zentralen Arbeitsfeldes. Der Kirchenvorstand kann die Pfarrerin/den Pfarrer darin unterstützen, den Kreis der Mitarbeitenden zu erweitern und andere haupt- und ehrenamtlich tätige Personen einzubeziehen. Durch die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel für Fortbildungen oder besondere Aktivitäten kann die Qualität der Arbeit gefördert werden. Und noch vieles mehr.

Die Regionalverwaltungen –

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Dienstleistungszentren in den Regionen

Sönke Krützfeld

Weiterführende Hinweise finden Sie hier: EKHN-Broschüre „Im Blick: Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden. Eine Handreichung”. Diese ist zu beziehen über die Kirchenverwaltung, Referat Schule und Religionsunterricht, Paulusplatz 1, 64285 Darmstadt oder in der Druckversion im Internet abzurufen unter www.rpz-ekhn.de (Institut/Download/Downloadbereich Konfirmandenarbeit). Im Mai 2010 ist die Broschüre „Die Konfirmation – welch ein Segen” erschienen. Sie kann über das Internet (www.ekhn.de/inhalt/ formulare/form_ekhn.php) oder per Fax (06151/405-441) zum Preis von 1 Euro plus Versandkosten bestellt werden. Im Zeitraum 2007 bis 2009 gab es eine „Bundesweite Studie zur Konfirmandenarbeit“. Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Universität Tübingen und das evangelische Comenius-Institut für Erziehungswissenschaft waren die Träger der Untersuchung. Informationen über die Studie und weitere Texte finden Sie im Internet unter www.konfirmandenarbeit.eu. Die für die EKHN aufbereiteten Untersuchungsergebnisse finden Sie unter www.konfi-ekhn.de. Dort finden sich noch viele weitere Texte und Materialien für die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden.

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ie Regionalverwaltung ist das Dienstleistungszentrum für die Kirchengemeinden in der Region. Die Regionalverwaltungsverbände sind selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Ihre Mitglieder sind die Dekanate der jeweiligen Verwaltungsregion. Derzeit gibt es im Kirchengebiet der EKHN zwölf Regionalverwaltungsverbände mit je einer Regionalverwaltung als Verwaltungsdienststelle. In ihrer heutigen Organisationsform sind sie ein Ergebnis des von der Kirchensynode 1998 beschlossenen Strukturreformprozesses. Dabei wurden Aufgaben, die bisher zentral bei der Kirchenverwaltung lagen, auf die neuen Regionalverwaltungsverbände übertragen. Außerdem übernahmen diese die Aufgaben der bisherigen Rentämter sowie solche der Kirchengemeindeverbände und Gesamtgemeinden. Die Einzelheiten regeln das Regionalverwaltungsgesetz (RVG), die Regionalverwaltungsverordnung (RVVO) und die jeweiligen Verbandssatzungen.

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Struktur Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Auch die Regionalverwaltungsverbände sind demokratisch verfasst. Organe sind die Verbandsvertretung und der Verbandsvorstand. Der Verbandsvertretung gehören die Mitglieder an, die von den Dekanatssynoden gewählt werden. Jedes Dekanat entsendet je nach Größe zwischen drei und fünf Mitglieder entsprechend der Verbandssatzung. Die Verbandsvertretung ist das oberste Organ und entscheidet über alle wichtigen Angelegenheiten. Die Verbandsvertretung wählt den Verbandsvorstand, der aus fünf Personen besteht. Der Vorstand führt die Dienstaufsicht über die Mitarbeitenden der Regionalverwaltung, Dienstvorgesetzte bzw. Dienstvorgesetzter ist der oder die Vorstandsvorsitzende. Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten des Verbands zuständig, die nicht der Verbandsvertretung zugewiesen sind. Die Regionalverwaltung hat eine hauptamtliche Leitung, die auch Vorgesetzte aller Mitarbeitenden der Regionalverwaltung ist.

sie sind durch eine gemeinsame Organisationsform effizienter und kompetenter zu erfüllen. Zu diesen zählen im Bereich des Finanzwesens das Erstellen der Haushaltspläne, das Verwalten des Finanzflusses und der Jahresabschluss. Beim Personalwesen geht es um die Beratung in arbeits- und tarifrechtlichen Fragen, um die Personalverwaltung und die Gehaltsabrechnung, bei der Kindertagesstättenverwaltung um Beratung und den Beitragseinzug. Hinzu treten Verwaltungsaufgaben im Meldewesen, in EDV-Fragen, in der Bauunterhaltung und Liegenschaftsverwaltung. Zusätzlich können den Regionalverwaltungsverbänden von einer Kirchengemeinde, einem Dekanat oder einem Verband durch Vereinbarung weitere und damit freiwillige Aufgaben übertragen werden. Außerdem nehmen die Regionalverwaltungsverbände die ihnen von der Kirchenleitung übertragenen gesamtkirchlichen Aufgaben wie die regionale Baubetreuung und die Genehmigung von Dienstverträgen und Haushaltsplänen wahr.

Pflicht zur Zusammenarbeit Das Regionalverwaltungsgesetz (RVG) sieht besonders in seinem § 25 eine Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen Regionalverwaltungen und den ihnen angeschlossenen Kirchengemeinden, Dekanaten und Verbänden vor. Beide Seiten sind zur umfassenden gegenseitigen Information verpflichtet, damit die notwendigen Verwaltungsvorgänge möglichst reibungslos, effizient und entsprechend den rechtlichen Vorgaben abgewickelt werden können. Die Regionalverwaltung einerseits und die angeschlossenen Einrichtungen andererseits begegnen sich dabei auf Augenhöhe als gleichrangige Partner.

Aufgaben Die Regionalverwaltungsverbände nehmen nach Maßgabe des RVG und der RVVO als so genannte Pflichtaufgaben durch die Kirchenleitung festgelegte Verwaltungsaufgaben der ihnen angeschlossenen Kirchengemeinden, Dekanate und kirchlichen Verbände wahr. Die Kriterien dafür sind: Die Aufgaben gehen über die Kräfte der einzelnen Kirchengemeinden hinaus oder

Etwas anderes gilt nur dort, wo die Regionalverwaltungen von der Gesamtkirche übertragene Genehmigungsbefugnisse gegenüber den angeschlossenen Einrichtungen wahrnehmen müssen.







Sigrid Bernhardt-Müller

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Effiziente und kompetente Unterstützung

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Die Kirchenverwaltung –

das gesamtkirchliche Verwaltungszentrum

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ie Kirchenverwaltung ist nach der Kirchenordnung das gesamtkirchliche Verwaltungszentrum der Kirchenleitung bei der Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse. Sie erfüllt die ihr durch Kirchengesetze und Verordnungen übertragenen Aufgaben, führt die laufenden Verwaltungsgeschäfte und vertritt die EKHN insoweit auch im Rechtsverkehr. In der Präambel des Kirchenverwaltungsgesetzes heißt es: „Die Kirchenverwaltung ist Teil des kirchlichen Handelns in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und arbeitet mit an der Erfüllung des kirchlichen Auftrags. Sie erbringt Dienstleistungen für die kirchenleitenden Gremien, Kirchengemeinden, Dekanate, kirchlichen Verbände und andere kirchliche Einrichtungen.“ Dadurch kommt die Einheit von geistlichem und rechtlichem Handeln zum Ausdruck, die den meisten Kirchenverfassungen in der EKD zugrunde liegt. Zum zweiten wird deutlich, dass die Kirchenverwaltung als zentrales Verwaltungszentrum der EKHN für alle Ebenen und Einrichtungen unserer EKHN in allen Angelegenheiten des kirchlichen Lebens Dienstleistungen erbringt. Dies tut sie nicht nur mit klassischen Verwaltungsleistungen, also im Bereich Personal-, Finanz-, Bau- und Liegenschaftsverwaltung, sondern auch mit theologischer und konzeptioneller Grundsatzarbeit. Darüber hinaus obliegen der Kirchenverwaltung die Koordination und Aufsicht über die Arbeitszentren, Kirchengemeinden, Dekanate und kirchlichen Verbände sowie, nicht zuletzt, die Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse der Kirchenleitung und der Kirchensynode.

In ihrer heutigen Organisationsform ist die Kirchenverwaltung ein Ergebnis des von der Kirchensynode 1998 beschlossenen Strukturreformprozesses. Dabei wurden Aufgaben, die bisher zentral bei der Kirchenverwaltung lagen, auf die neuen Regionalverwaltungsverbände und die ebenfalls neuen Arbeitszentren übertragen. Gegliedert ist die Kirchenverwaltung in die drei Dezernate „Kirchliche Dienste“, „Personal und Organisation“ und „Finanzen, Bau und Liegenschaften“ sowie die vier Stabsbereiche „Öffentlichkeitsarbeit“, „Organisationsentwicklung und Steuerungsunterstützung“, „Recht“ und „Gleichstellung“.

Die Dezernate Das Dezernat 1 „Kirchliche Dienste“ betreut die fünf konstitutiven Handlungsfelder der Kirche „Verkündigung, Geistliches Leben, Kirchenmusik“, „Seelsorge und Beratung“, „Bildung, Erziehung, Arbeit mit Zielgruppen“, „Gesellschaftliche Verantwortung, Diakonisches Handeln“ und „Ökumene“ (siehe dazu Band 4 des Handbuchs Kirchenvorstand). Es steht gemeinsam mit den Zentren den Kirchengemeinden und Dekanaten in den Fragen kirchlichen Handelns beratend zur Seite und nimmt auch rechtsaufsichtliche Funktionen wahr.

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Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Das Dezernat 2 „Personal und Organisation“ kümmert sich insbesondere um die personellen Aspekte kirchlichen Handelns. Hier geht es um die Besetzung von Pfarrstellen und den gesamtkirchlichen Stellenplan, um Personalförderung und den Personaleinsatz von Pfarrerinnen und Pfarrern, von Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten oder von angestellten Mitarbeitenden der EKHN (siehe dazu Band 2 des Handbuchs Kirchenvorstand).

samtkirche, Dekanate und Kirchengemeinden bei der Verwaltung des Grundeigentums – von der Beratung, der rechtlichen Betreuung und der Erteilung von Genehmigungen bis hin zur Vertretung in Verhandlungen und Rechtsstreitigkeiten (siehe dazu die Kapitel 21 und 22 in diesem Band).

Die Stabsbereiche

Darüber hinaus sind im Dezernat 2 alle Fragen des zentralen und dezentralen Einsatzes der Informationstechnologie verortet. Das Intranet und die zentralen EDV-Verfahren im Finanz-, Personal- und Meldewesen werden durch die zuständigen Mitarbeitenden des Referates Organisation und Informationstechnologie betreut (siehe dazu Kapitel 29 in diesem Band). Das Dezernat 3 „Finanzen, Bau und Liegenschaften” widmet sich vorwiegend den materiellen Ressourcen im Kirchengebiet. Es steuert die Verteilung der kirchlichen Einnahmen, vor allem der Kirchensteuern (siehe dazu Kapitel 17 in diesem Band). Außerdem betreut der Bereich Bauwesen gemeinsam mit den Fachkräften in den Regionalverwaltungen die Baumaßnahmen der Kirchengemeinden, Dekanate, kirchlichen Verbände und der Gesamtkirche. Dazu zählen auch die Pflege und Unterhaltung des kirchlichen Gebäudebestandes und die Wahrnehmung von Aufgaben der Denkmalpflege. Der Bereich Liegenschaften unterstützt Ge-

Der Stabsbereich Öffentlichkeitsarbeit hat die Aufgabe, das öffentliche Erscheinungsbild der Kirche so positiv und sachgerecht wie möglich darzustellen. Zu seinen Aufgaben gehört es, Presseerklärungen im Auftrag der Kirchenleitung und des Kirchenpräsidenten herauszugeben. Daneben ist er für Publikationen wie die monatlich erscheinenden EKHNMitteilungen verantwortlich, die Raum für Informationen, Veranstaltungshinweise und Fortbildungsangebote bieten und allen Kirchengemeinden zugesandt werden. Außerdem betreut er große Kommunikationsprojekte wie Hessentag und Landesgartenschau (siehe dazu Band 4). Im Intranet der EKHN stellt der Stabsbereich überdies zahlreiche Materialien – u.a. für Gemeindebriefe – zur Verfügung. Wenn Kirchenvorstände Hilfe bei der Öffentlichkeitsarbeit benötigen, stehen ihnen zunächst die regionalen Öffentlichkeitsbeauftragten in den Dekanaten zur Verfügung. In schwierigen Fällen können sie sich jedoch auch direkt an den Stabsbereich Öffentlichkeitsarbeit wenden (siehe dazu Kapitel 9 in diesem Band). Der Stabsbereich Organisationsentwicklung und Steuerungsunterstützung hat die Aufgabe, die Kirchenleitung bei der Konzeption und Einführung neuer Steuerungssysteme zu unterstützen. Weiterhin ist er zuständig für die Organisati-

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onsentwicklung, für die Qualitätsentwicklung, für Fragen des Projektmanagements und die Koordination der Regionalverwaltungsverbände. Dem Stabsbereich Recht sind alle Juristinnen und Juristen der Kirchenverwaltung fachlich zugeordnet, auch wenn sie zumeist in den Rechtsreferaten der drei Dezernate angesiedelt sind. Der Stabsbereich Recht hilft weiter, wenn Kirchengemeinden, Dekanate oder andere kirchliche Körperschaften, aber auch haupt-, neben- oder ehrenamtliche Mitarbeitende der EKHN juristische Unterstützung durch rechtliche Auskünfte, durch Begleitung bei Verhandlungen mit staatlichen und kommunalen Einrichtungen oder durch Vertretung juristischer Interessen bei rechtlichen Konflikten brauchen. Die Arbeit des Stabsbereichs Gleichstellung erfolgt auf der Grundlage des kirchlichen Gleichstellungsgesetzes mit dem Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern als Teil des Auftrages zur Gestaltung von Kirche zu fördern. Zentrale Aufgabe ist, die Vereinbarkeit von Beruf und Karriere mit der Übernahme von Familien- und Pflegeverantwortung zu ermöglichen. Dazu bietet der Stabsbereich Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Beratung und Unterstützung in Fragen der Chancengerechtigkeit (siehe dazu Band 2 des Handbuchs Kirchenvorstand). Außerdem obliegt ihm die Leitung des Arbeitskreises der regionalen Gleichstellungsbeauftragten.







Sigrid Bernhardt-Müller

Arbeitsweise und „Spielregeln” im Kirchenvorstand –

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damit Zusammenarbeit gelingt

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irchenvorstände sind als Team für die Leitung der Kirchengemeinde verantwortlich. Eine gute Zusammenarbeit fällt nicht einfach vom Himmel. Alle Kirchenvorstandsmitglieder müssen sie wollen. Diese für eine gelingende Kirchenvorstandsarbeit unerlässliche Basis lässt sich nicht in juristische Regelungen fassen. Die Kirchengemeindeordnung (KGO) beschränkt sich daher im Wesentlichen auf die Regelung der formalen Abläufe von Kirchenvorstandssitzungen und einige wenige Konfliktregelungen.

Verschwiegenheitspflicht Kirchenordnung und KGO legen fest, dass alle Mitglieder des Kirchenvorstands der Verschwiegenheit über Gegenstände unterliegen, die ihrer Natur nach vertraulich sind oder für

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vertraulich erklärt wurden (das betrifft beispielsweise Personalangelegenheiten). Diese Verschwiegenheitspflicht gilt auch über das Ende der Amtszeit des jeweiligen Kirchenvorstandsmitglieds hinaus.

des Kirchenvorstands mindestens eine Woche vor der Sitzung schriftlich zugehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann die Einladungsfrist verkürzt werden (§ 36 Abs. 2 KGO).

Interessenkollision und Befangenheit

Der Kirchenvorstand kann nur dann rechtswirksame Beschlüsse fassen, wenn er beschlussfähig ist. Dafür muss die Mehrheit der gewählten und berufenen Mitglieder anwesend sein (§ 38 Abs. 1 KGO). Für die Feststellung der Beschlussfähigkeit sind also die Pfarrerinnen und Pfarrer als geborene Mitglieder des Kirchenvorstands (§ 30 KGO) nicht zu berücksichtigen.

Kein Mitglied des Kirchenvorstands darf an Beratungen und Abstimmungen teilnehmen, die es persönlich oder Personen betreffen, die zu ihm in einem engen gesetzlich definierten verwandtschaftlichen Verhältnis stehen. Die Beachtung dieser Bestimmung ist im Protokoll festzuhalten (§ 42 Abs. 1 KGO). Daneben empfiehlt es sich, dass Kirchenvorstandsmitglieder auch dann von sich aus auf die Mitwirkung bei Beratungen und Abstimmungen verzichten, wenn sie aus anderen Gründen befangen und nicht in der Lage sind, frei und ohne sachfremde Einflüsse im Sinne der Kirchengemeinde zu entscheiden. Ist ein gewähltes oder berufenes Kirchenvorstandsmitglied fortgesetzt verhindert, seine Kirchenvorstandsarbeit wahrzunehmen, so sollte es sein Amt zur Verfügung stellen (§ 49 KGO).

Aufstellung der Tagesordnung Der oder die Vorsitzende des Kirchenvorstands lädt den Kirchenvorstand mindestens jeden zweiten Monat zu Sitzungen ein, bereitet die Sitzungen vor (§ 36 Abs. 1 KGO) und entscheidet grundsätzlich darüber, wann Kirchenvorstandssitzungen einberufen werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn mindestens ein Drittel der Kirchenvorstandsmitglieder unter Angabe des Zwecks die Einberufung des Kirchenvorstands beantragen. In diesem Fall muss zu einer Kirchenvorstandssitzung eingeladen werden. Zur Tagesordnung gibt es folgende Regelungen: Die oder der Vorsitzende stellt die Tagesordnung auf und berücksichtigt dabei in der Regel auch die Wünsche der übrigen Kirchenvorstandsmitglieder (§ 36 Abs. KGO). Von mindestens einem Viertel der Mitglieder gestellte Anträge, die spätestens vier Tage vor der Sitzung bei der oder dem Vorsitzenden schriftlich eingehen, müssen auf die Tagesordnung gesetzt werden (§ 36 Abs. 4 KGO). Die Tagesordnung muss allen Mitgliedern

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Die Sitzungen des Kirchenvorstands

Ist der Kirchenvorstand nicht beschlussfähig, muss eine neue Sitzung einberufen werden (§ 38 Abs. 2 KGO).

Die Sitzungen des Kirchenvorstands sind grundsätzlich nicht öffentlich. Der Kirchenvorstand kann jedoch die Öffentlichkeit einer Sitzung beschließen, sofern ihm die Anwesenheit der Gemeinde oder einer darüber hinausgehenden Öffentlichkeit geboten erscheint. Er kann an seinen Sitzungen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchengemeinde und Sachverständige mit beratender Stimme teilnehmen lassen (§ 37 Abs. 2 und 3 KGO). Die Sitzungen des Kirchenvorstands werden mit Gebet eröffnet und geschlossen (§ 38 Abs. 1 KGO). Grundsätzlich ist der Kirchenvorstand an die mit der Einladung versandte Tagesordnung gebunden.

Soll über Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, verhandelt werden, so bedarf es hierfür eines entsprechenden zustimmenden Beschlusses des Kirchenvorstands. Über Tagesordnungspunkte, die erst nachträglich auf die

Sitzungen grundsätzlich nicht öffentlich – können aber geöffnet werden

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Tagesordnung gesetzt wurden, darf nur dann ein Beschluss gefasst werden, wenn alle anwesenden Kirchenvorstandsmitglieder mit einer Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt einverstanden sind (§ 36 Abs. 5 KGO). Dieses zweistufige Verfahren soll verhindern, dass es zu einer Überrumpelung einzelner Kirchenvorstandsmitglieder und zu überraschenden oder gar unüberlegten Beschlüssen kommt. Beschlüsse sollten gründlich vorbereitet sein, wozu auch eine ausreichende Meinungsbildung gehört. Der Kirchenvorstand entscheidet durch Abstimmungen und Wahlen. Dabei sind folgende Modalitäten zu beachten: Bei Abstimmungen muss ein Antrag die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Kirchenvorstandsmitglieder auf sich vereinigen, um angenommen zu sein. Überwiegt die Zahl der Nein-Stimmen, Enthaltungen und ungültigen Stimmen, ist ein Antrag abgelehnt. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt (§ 38 Abs. 4 KGO). Beschlüsse sind so zu formulieren, dass über sie mit „ja“ oder „nein“ abgestimmt werden kann. Auf Verlangen eines Mitgliedes ist geheim abzustimmen. Der Kirchenvorstand ist an seine eigenen Beschlüsse gebunden. Eine erneute Beschlussfassung zu einem bereits beschlossenen Punkt ist daher nur zulässig, wenn sich die Sachlage geändert hat oder die Kirchenvorstandsmitglieder über ihre Stimmabgabe im Irrtum waren (etwa bei der Wirkung von Enthaltungen). Vor einer Beschlussfassung sind eventuell Mitarbeitende (zum Beispiel die Leitung der Kindertagesstätte) oder Ausschüsse sowie Beauftragte zu hören (§ 40 Abs. 5 KGO). Für Wahlen, die stets geheim und mit Stimmzetteln vorzunehmen sind, sieht § 38 Abs. 5 KGO ein abgestuftes Verfahren vor. Für Pfarrwahlen enthält das Pfarrstellengesetz Sonderregelungen, so dass die Regelungen der KGO für diese Wahlen nicht anwendbar sind (§ 38 Abs. 6 KGO).

Ist ein Kirchenvorstand dauerhaft oder vorübergehend nicht beschlussfähig, so sieht die Kirchengemeindeordnung in den §§ 52, 42 Abs.1 eine Wahrnehmung der Befugnisse des Kirchenvorstands durch den Dekanatssynodalvorstand vor.

Wird der Kirchenvorstand durch das Ausscheiden von Mitgliedern dauerhaft beschlussunfähig, so ernennt der Dekanatssynodalvorstand die zur Beschlussfähigkeit fehlenden Kirchenvorstandsmitglieder (§ 27 KGWO).

Umlaufbeschlüsse Umlaufbeschlüsse außerhalb einer Kirchenvorstandssitzung sieht die KGO nicht vor. Grundsätzlich geht sie davon aus, dass alle Beschlüsse im Rahmen von Kirchenvorstandssit- Absolute zungen gefasst werden. Umlaufbeschlüsse sind daher allen- Ausnahme falls dann zulässig, wenn eine Sache so eilig ist, dass sie auch in einer Kirchenvorstandssitzung mit verkürzter Einladungsfrist nicht fristgerecht entschieden werden könnte und der Gegenstand des Beschlusses nicht zwingend eine gemeinsame Erörterung in einer Kirchenvorstandssitzung erfordert. Einer Abstimmung durch Umlaufbeschluss darf kein Mitglied des Kirchenvorstands widersprechen, und alle Kirchenvorstandsmitglieder müssen die Möglichkeit zur Stimmabgabe haben. Die Abstimmungsergebnisse der einzelnen Kirchenvorstandsmitglieder sind aufzubewahren, Beschluss und Abstimmungsergebnis sind in der nächsten Kirchenvorstandssitzung zu protokollieren.

Protokoll Über jede Kirchenvorstandssitzung ist ein Protokoll zu fertigen (§ 39 Abs. 1 KGO). Darin sind die gefassten Beschlüsse schriftlich niederzulegen. Alle Beschlüsse sind vor der Abstimmung zu verlesen und das Stimmenverhältnis ist zu protokollieren. Gegebenenfalls ist die Beachtung der Regelungen zur Befangenheit zu protokollieren (§ 42 KGO). Auf Antrag ist eine abweichende Meinung in das Protokoll aufzunehmen. Das Protokoll ist am Schluss der Sitzung zu verlesen, wenn es in ein Verhandlungsbuch aufgenommen wird. Eine andere Möglichkeit ist auch, jedem Kirchenvorstandsmitglied ein schriftliches Protokoll zuzusenden und über das Protokoll spätestens in der nächsten Sitzung abzustimmen.

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Eine Versendung der Protokolle per E-Mail oder gar das Einstellen auf die frei zugängliche Homepage der Gemeinde ist aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig! Bei der Abfassung des Protokolls ist immer zu beachten, dass so wenig personenbezogene Daten wie möglich etwa von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Protokoll aufgenommen werden, um mögliche datenschutzrechtliche Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen. Wichtige Beschlüsse des Kirchenvorstands, die nicht der Verschwiegenheit unterliegen, sind in geeigneter Form zu veröffentlichen. Beglaubigte Protokollabschriften erteilt der oder die Kirchenvorstandsvorsitzende mit Unterschrift und Dienstsiegel (§ 39 Abs. 5 KGO).









Petra Zander

„Mit den anvertrauten Pfunden treu umgehen”–

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die Finanzverantwortung des Kirchenvorstandes

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u den vielfältigen und abwechslungsreichen Aufgaben des Kirchenvorstandes zählt auch die Regelung der Finanzen. Denn Kirchengemeinden sind – neben ihrem geistlichen Charakter – auch sichtbare, organisierte Vereinigungen, die für ihre Arbeit Geld benötigen. Seit alters her wird das Geld darauf verwendet, vier grundlegende Funktionen des Gemeindelebens sicherzustellen: • Kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bezahlt, • Kirchliche Gebäude und Gegenstände werden erworben und unterhalten, • Bedürftige werden unterstützt und schließlich wird • die weltweite ökumenische Diakonie und damit die kirchliche Einheit finanziert.

Zur „getreuen Haushalterschaft“ des Kirchenvorstands gehört es, mit den Geldern verantwortungsvoll umzugehen (Lukas 19,11–27). „Ordnungsmäßigkeit“ und „Sparsamkeit“ sind dafür die Kriterien. Innerhalb dieses Rahmens besitzen die Kirchengemeinden weitgehende Handlungs- und Finanzautonomie.

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Woher das Geld kommt Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Das Geld der Kirche kommt zum größten Teil von ihren Mitgliedern. Mit ihren Kirchensteuerzahlungen ist Arbeit in der Gemeinde erst möglich. Im Wesentlichen zahlen Arbeitnehmer mit eigenem Einkommen und Selbstständige Kirchensteuer. Schülerinnen und Schüler, Rentnerinnen und Rentner sowie Personen mit geringem oder keinem zu versteuernden Einkommen zahlen in der Regel keine Kirchensteuer. Die Kirchensteuer beträgt in der EKHN derzeit grundsätzlich neun Prozent der festgesetzten Lohn- bzw. Einkommensteuer. Wer keine Lohn-/ Einkommensteuer zahlt, entrichtet damit auch keine Kirchensteuer. Nur rund ein Drittel der EKHN-Mitglieder zahlt tatsächlich Kirchensteuern, die von den staatlichen Finanzämtern gegen eine Verwaltungsgebühr an die Gesamtkirche abgeführt werden. (Weitere Informationen zum Thema „Kirchensteuer“ enthält das EKHN-Faltblatt „Kirchensteuer konkret“.)

Mit Geld das Gemeindeleben gestalten Der Kirchenvorstand sorgt dafür, dass keiner der vier gemeindlichen Aufgabenbereiche (siehe oben) finanziell zu kurz kommt. Dabei kommt ein Kirchenvorstand immer in eine Spannung zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren. Was ist unerlässlich und welche Bereiche sind zwar wünschenswert, aber unter Umständen verzichtbar? Immer gilt es zu überprüfen, welche Priorität die einzelnen Aufgaben und Wünsche besitzen – in Abstimmung mit dem Profil der Gemeinde. Der Kirchenvorstand nimmt hier eine gestalterische Aufgabe wahr. Das heißt, er kann über die Verteilung der jährlichen Finanzmittel im Haushaltsplan Arbeitsschwerpunkte in der Gemeinde setzen.

Er entscheidet darüber: • was fortgeführt oder verbessert werden soll,

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• was Neues oder Zusätzliches bewirkt wird, • wovon man sich trennen möchte oder muss.

Konkrete Beispiele Seine Gestaltungsaufgabe ist immer ganz konkret. Etwa: Wo kann zugunsten einer neuen Gemeindesaalbestuhlung an anderer Stelle im Haushalt gespart werden? Sind bei einer beabsichtigten Aufstockung des Stundenkontingents der Gemeindesekretärin die zusätzlichen Personal- und Sachkosten über weitere Mittel gedeckt? Ein anderes Beispiel: Die Kirche muss dringend saniert werden. Trotz finanzieller Förderung durch die Gesamtkirche bleibt ein großes Loch. Wie kann es gestopft werden, ohne dass der laufende Haushalt Schaden nimmt? Durch Verzehr der Rücklagen oder/und Spenden von Privatleuten und Unternehmen?

Die Finanzverantwortung des Kirchenvorstands umfasst auch die Offenlegung vor der Gemeinde. In den Gemeindever- Rechenschaft sammlungen muss der Kirchenvorstand regelmäßig über die ablegen Verwendung der Finanzmittel berichten. Wichtige Beschlüsse sind in geeigneter Form zu veröffentlichen, um sicherzustellen, dass die Gemeindemitglieder sich zu diesen Fragen äußern und Einwände erheben können.

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1. Aufgabenteilung und Spezialisierung in Finanzfragen _Der Finanzausschuss Selten werden alle Mitglieder des Kirchenvorstands gleich interessiert und in der Lage sein, sich mit Haushalts- und Finanz- angelegenheiten zu befassen. Das ist sicher auch in Ihrem Kirchenvorstand nicht anders. Vielleicht können aber einige Mitglieder Kompetenzen einbringen, die anderen fehlen. Es ist immer gut, wenn sich einige Kirchenvorstandsmitglieder in Finanzfragen intensiv und entscheidungsvorbereitend engagieren – im Finanzausschuss. Er wird vom Kirchenvorstand berufen, trägt zur Entlastung des Vorstands bei und erleichtert das Zurechtfinden im manchmal kompliziert aussehenden Finanzregelwerk. Für die einzelnen Kassenanordnungen (siehe auch Abschnitt „Praxis der Zahlungsgeschäfte“) bleibt allerdings grundsätzlich weiterhin der oder die Vorsitzende zusammen mit einem weiteren Mitglied des Kirchenvorstands verantwortlich. _Der Kirchmeister/Die Kirchenmeisterin Als ergänzende Form der Spezialisierung in Finanzfragen kann der Kirchenvorstand aus seiner Mitte einen Kirchmeister bestellen (§ 40 Abs. 3 KGO). Der Kirchmeister ist verantwortlich für die per Dienstanweisung vom Kirchenvorstand übertragenen Aufgaben im Bereich des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens. Die Kirchenverwaltung hält eine MusterDienstanweisung bereit. So kann vor allem der oder die Vorsitzende entscheidend entlastet werden. Die Dienstanweisung bedarf der Genehmigung durch die Kirchenverwaltung, Referat Budgetkoordination. _Unterstützung durch die Regionalverwaltung Die Kirchenvorstände werden bei der Bewältigung der Verwaltungs- und Finanzaufgaben von den Regionalverwal-

tungen unterstützt. Diese übernehmen zur Entlastung der jeweiligen Vorstände als Dienstleister Verwaltungsaufgaben für die Kirchengemeinden, Dekanate und kirchlichen Verbände in der Verwaltungsregion. Die rechtliche Selbstständigkeit der Kirchengemeinden bleibt hiervon unberührt; die Regionalverwaltungen arbeiten zu und stellen die Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen sicher. Zu den Verwaltungsaufgaben zählen zum Beispiel die Bereiche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, Personalwesen, Liegenschaftsverwaltung oder die Abwicklung von Baumaßnahmen. Die Aufgaben sind aus Gründen der Standardisierung, Qualitätssicherung und der Wirtschaftlichkeit verbindlich geregelt. Darüber hinaus können mit den Regionalverwaltungen auch Vereinbarungen über die Übertragung von weiteren Verwaltungsaufgaben gegen entsprechendes Entgelt abgeschlossen werden. Die Regionalverwaltungen sind erste und kompetente Ansprechpartner in allen oben genannten Bereichen und helfen Ihnen gern. Sie übernehmen auch die Erstellung des Haushaltsplanentwurfs und die Ausfertigung von Dienstverträgen oder Mietverträgen. Durch sie werden die örtlichen Vorstände von Verwaltungsaufgaben entlastet und die Fehlergefahr im Umgang mit Geld verringert (Kassensicherheit; zu Regionalverwaltung siehe auch Kapitel 14).

2. Vermögen als Handlungsbasis der Kirchengemeinde Zum Vermögen der Kirchengemeinde zählen Finanzanlagen, Immobilien, Sachwerte wie technische Anlagen und Einrichtungsgegenstände, aber auch Rechte und Ansprüche. Dem Vermögen können naturgemäß auch Verbindlichkeiten oder Schulden gegenüberstehen. Der Saldo aus Vermögen und Schulden ergibt dann das Netto-Vermögen der Gemeinde. Es ist Aufgabe des Kirchenvorstandes, das Vermögen dem Grunde und der Höhe nach abzubilden (Vermögensnachweis/Inventarliste) und zu verwalten; er entscheidet also im Rahmen der Vorgaben über die Aufstellung, Bewertung und Verwendung des Vermögens und die Anlagepolitik.

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Zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Vorschriften sollen hierbei einen sicheren Rahmen setzen, der die Gefahr von Vermögensverlusten begrenzt. Es empfiehlt sich daher in vielen Fällen, das Dezernat 3 (Finanzen, Bau- und Liegenschaften) der Kirchenverwaltung der EKHN etwa zu Regelungen in der Kirchlichen Haushaltsordnung (KHO) bei der Vermögensübergabe im Zuge des Kirchenvorstandswechsels (KHO § 19) zu Rate zu ziehen. Finanzreserven, das heißt Rücklagen, können bei Bedarf und zur Vereinfachung der gemeindlichen Verwaltungsarbeit bei der Gesamtkirchenkasse der EKHN zu vorteilhaften Konditionen angelegt werden. _Vermögenserhalt als wichtiges Ziel Das Vermögen ist nach den Vorschriften des kirchlichen Rechts im Einklang mit dem kirchlichen Auftrag in seinem Bestand zu erhalten, nach Möglichkeit zu mehren und wirtschaftlich zu verwalten. Dies bedeutet, dass der Wert des Vermögens nicht geschmälert werden soll, Erlöse aus Veräußerungen dem Vermögen wieder zugeführt werden müssen und möglichst hohe Erträge, etwa durch Zinsen, Mieteinnahmen etc., erzielt werden sollen.

Da das Vermögen der Gefahr von Wertverlusten durch Umstände, die nicht Ihrem Einfluss unterliegen (etwa durch allgemeine Preissteigerungen, Schwankungen der Immobilienpreise und Abnutzung von Inventar), unterworfen ist, gehört es zur vorausschauenden und soliden Haushaltspolitik des Kirchenvorstands, entsprechende Rücklagen zu bilden.

Beim Sachvermögen soll beispielsweise je nach der geplanten Nutzungsdauer ein jährlicher Wertverlust ermittelt werden. In der kaufmännischen Buchführung spricht man hier von Abschreibungen. Um nach der erwarteten Anzahl von Jahren Geld für eine Neu- bzw. Ersatzbeschaffung zu haben, soll in Höhe dieser Wertverluste aus den laufenden Haushalten jährlich eine Substanzerhaltungsrücklage gebildet werden.

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_Grundstücke und Grundstücksnutzungen Im Rahmen der Vermögensverwaltung wird sich der Kirchenvorstand auch mit Grundstücken (Erwerb, Wertbeimessung, Veräußerung, Flurbereinigung und Baulandumlegung) und Grundstücksnutzungen befassen. Aber auch hier hilft die Kirchenverwaltung hilft in sämtlichen Fragen weiter, insbesondere bei Beschlüssen des Kirchenvorstands, die der Genehmigung der Kirchenverwaltung bedürfen. KirchenHierzu zählen zum Beispiel der Erwerb, die Veräußerung verwaltung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen hilft Rechten sowie die Verwendung von Vermögen oder seiner Erträge zu anderen als den bestimmungsgemäßen Zwecken (§ 29 Abs. 1 KGO).

3. Haushaltsplan, Haushaltsvollzug und Jahresrechnung Grundlage für die Finanzwirtschaft der Kirchengemeinde ist der jährlich aufzustellende Haushaltsplan, ohne den es nun einmal nicht geht. Die Kirchliche Haushaltsordnung regelt die allgemeinen Rahmenvorschriften, zum Beispiel die Anforderungen an die Vollständigkeit und Klarheit des Haushaltsplans. Damit wird eine transparente Einnahmenerhebung und Ausgabetätigkeit gewährleistet, die auch Ihre Arbeit einfacher macht. Die Finanz- oder Haushaltswirtschaft der Kirchengemeinde lässt sich in vier Phasen gliedern: • Haushaltsplanung oder -aufstellung, • Haushaltsvollzug oder -ausführung, • Haushaltsabschluss und Jahresrechnung, • Rechnungsprüfung.

_Den Haushalt planen

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Um den finanziellen Handlungsspielraum zu ermitteln, muss zunächst der Einnahmerahmen errechnet werden: Neben möglichen Einnahmen aus Kollekten, Spenden oder auch Rücklagen kommt es hier insbesondere auf die Zuweisung aus dem Kirchensteueraufkommen an, das von der Gesamtkirche verteilt wird. Die Zuweisungen an die Kirchengemeinden und Dekanate werden durch die Zuweisungsverordnung (Festlegung der Zuweisungsarten und -struktur) sowie durch das jährlich von der Kirchensynode beschlossene Haushaltsgesetz für die Gesamtkirche (Festlegung der Zuweisungshöhe) geregelt. Die Zuweisungen für die einzelnen Kirchengemeinden und Dekanate werden in einem so genannten Berechnungsbogen zusammengestellt, so dass jede Kirchengemeinde und jedes Dekanat seine Zuweisungsarten, den Berechnungsweg und die Höhe der Zuweisungen auf einen Blick sehen kann. Im Anschluss an die Einnahmen werden die unabweisbaren Ausgaben (Gebäudebewirtschaftung und -unterhaltung, Gehälter, Sach-/Verwaltungsausgaben, Wartungsverträge etc.) geplant, so dass der verbleibende finanzielle Rahmen für freiwillige Aufgaben erkennbar wird. _Erste Schritte Die Kirchenverwaltung informiert jeweils im Vorfeld eines Haushaltsjahres mit einem Rundschreiben über die bei der Haushaltsaufstellung zu beachtenden Grundsätze und Zuweisungsdaten. Mit diesen Informationen und auf Basis des von der Regionalverwaltung vorbereiteten Haushaltsplanentwurfs beginnt die Beratung im Kirchenvorstand, die durch einen Finanzausschuss und/oder einen Kirchmeister vorbereitet werden kann. Bei der Ausgabenfinanzierung aus Rücklagen ist im Auge zu behalten, dass diese nur einmalig für laufende Ausgaben herangezogen werden können und gesetzlich vorgeschriebene Rücklagen nicht ohne weiteres verbraucht werden dürfen. Sollte bei der Aufstellung des Haushaltsplans bereits erkennbar sein, dass ein Haushaltsfehlbedarf im Bereich der

laufenden Ausgaben entsteht, der nur durch Entnahme aus Rücklagen ausgeglichen werden kann, soll gleichzeitig mit dem Haushaltsplan eine mittelfristige Finanzplanung erstellt werden (siehe § 41 Abs. 2 Buchst. b KHO). Diese soll aufzeigen, welche Beträge aus den Rücklagen in den nächsten Jahren voraussichtlich benötigt werden, ob das Finanzvermögen hierzu noch ausreicht und welche Maßnahmen ergriffen werden, um den Fehlbedarf zu beseitigen. Bei solchen Fragen beraten die Regionalverwaltung und gegebenenfalls auch die Kirchenverwaltung. Zugleich können bei entsprechenden Voraussetzungen besondere Zuweisungen für die Haushaltskonsolidierung bereitgestellt werden. Nachdem der Haushaltsplan vom Kirchenvorstand beschlossen wurde, ist er eine Woche lang öffentlich auszulegen, um die Beteiligung der Gemeindemitglieder zu gewährleisten. Sofern keine Einwände erhoben werden, wird der Plan (gegebenenfalls einschließlich mittelfristiger Finanzplanung) anschließend der Regionalverwaltung zur Genehmigung vorgelegt. _Der Haushaltsvollzug – mehr als reine Buchhaltung Der Haushaltsvollzug, also die Ausführung des Haushaltsplans, liegt in der Verantwortung des Kirchenvorstands, insbesondere der oder des Vorsitzenden. Die Bewirtschaftung der einzelnen Haushaltsstellen geschieht durch Kassenanordnungen. Diese sind grundsätzlich von der oder dem Vorsitzenden und einer weiteren Person des Vorstands zu unterschreiben (§ 55 Abs.2 KHO). Generell sind Anschaffungen jeder Art über den Haushaltsplan zu regeln. Wenn dort Veranschlagungen für bestimmte Käufe vorgesehen sind, bedarf es auch keiner weiteren Beschlussfassung im Kirchenvorstand. Die Anschaffung kann dann von der vorsitzenden Person vorgenommen werden und die Bezahlung durch Kassenanordnung an die Regionalverwaltung erfolgen.

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Eine ausdrückliche Beschlussfassung über Wertgrenzen, bis zu denen der oder die Kirchenvorstandsvorsitzende alleine bestellen oder kaufen kann, ist nur dann sinnvoll, wenn der Kirchenvorstand als Gremium bei solchen allgemeineren Anschaffungsposten – trotz der Veranschlagung im Haushalt – im Einzelfall „mitreden“ möchte. Eine solche Festlegung könnte etwa durch Haushaltsvermerk „Anschaffungen über ... Euro im Einzelfall bedürfen der besonderen Zustimmung des Kirchenvorstandes“ erfolgen. Hinsichtlich der Höhe ist eine Beschränkung – sofern der Kirchenvorstand überhaupt eine benötigt – auf 150 Euro netto empfehlenswert. Ab hier werden die Anschaffungen als geringfügige Wirtschaftsgüter eingestuft, die zu inventarisieren sind und für die perspektivisch eine Substanzerhaltungsrücklage von 20 Prozent pro Jahr zu bilden ist. Anschaffungen unter 150 Euro (netto) werden als nicht zu inventarisierende Verbrauchsgüter eingestuft.

Gebucht werden die Zahlungen von der Regionalverwaltung, an welche die Kassenanordnungen mit den zahlungsbegründenden Belegen und Quittungen zu übersenden sind. (Siehe auch Abschnitt „Praxis der Zahlungsgeschäfte”.) Die Einnahmen- und Ausgabenplanung muss im Rahmen des Haushaltsvollzugs stets mit Blick auf die tatsächliche Ist-Situation überprüft und notfalls angepasst werden. Hierfür steht das Finanzprogramm KFM-Web (Kirchliches Finanzmanagement) zur Verfügung. Mit diesem elektronischen Auskunftssystem können alle Finanzdaten vor Ort eingesehen, ausgewertet und ausgedruckt werden.

Die Kirchenverwaltung bietet in regelmäßigen Abständen Anwender-Schulungen für diese Programm an.

_Über- und außerplanmäßige Ausgaben Über- und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen stets der Einzelfallabstimmung im Kirchenvorstand unter Einschluss der Finanzierung. Sind diese unvermeidbar, beschließt der Kirchenvorstand Ausgabenumschichtungen, Ausgabenkürzungen oder Mehreinnahmen, z. B. zusätzliche Abführungen aus der Kollektenkasse. Die kirchliche Haushaltsordnung ermöglicht es, bereits bei der Haushaltsplanung bestimmte Haushaltsvermerke bei Haushaltsstellen anzubringen. Hier- Flexibilität zu zählt etwa der Deckungsvermerk, mit dem Ausgaben bei einplanen Bedarf ohne gesonderten Beschluss umgeschichtet werden können. Auf diese Weise kann der Haushaltsvollzug zu Ihrer Entlastung flexibilisiert und vereinfacht werden. _Die Abrechnung Am Ende des Kalender- bzw. Haushaltsjahres werden sämtliche Haushaltsstellen abgerechnet. Hierbei wird es nicht immer – auch bei sorgfältiger Haushaltsplanung und -ausführung – zu einem genau ausgeglichenen Gesamtergebnis kommen. Kleinere Unterschiedsbeträge zwischen Einnahmen und Ausgaben werden im Regelfall über Abschlussbuchungen wie Rücklagenzuführungen, -entnahmen oder Resteübertragungen verarbeitet. Soweit Zuweisungen für

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besondere Einrichtungen wie Kindertagesstätten abzurechnen sind, geschieht dies ebenfalls im Rahmen des Haushaltsabschlusses. _Jahresrechnung für eine abschließende Kontrolle Aus dem Haushaltsabschluss geht die Jahresrechnung hervor. Mit ihr geben die Kasse und zugleich der/die Vorsitzende des Kirchenvorstands als Anordnungsberechtigte/r gegenüber dem Kirchenvorstand einen Rechenschaftsbericht ab. Die Jahresrechnung wird dem Kirchenvorstand zur Vorprüfung und Abnahme zugeleitet. Nach der Abnahme ist die Jahresrechnung eine Woche öffentlich für die Gemeinde auszulegen und anschließend mit allen Belegen und Anlagen für das Rechnungsprüfungsamt der EKHN auf Abruf bereitzustellen. Dieses unterrichtet die Kirchengemeinde über das Prüfungsergebnis oder den Abschluss des Prüfungsverfahrens. Wenn es keine Prüfungsbeanstandungen gibt, erteilt der Kirchenvorstand der oder dem Vorsitzenden daraufhin Entlastung.

4. Praxis der Zahlungsgeschäfte _Regionalverwaltungen als kassenführende Stellen Die Kirchengemeinden der EKHN sind Regionalverwaltungen angeschlossen, die die Aufgaben der Kasse wahrnehmen. Die einheitliche, schnelle und sachgerechte Abwicklung des gesamten Finanzwesens durch die Regionalverwaltung bringt der Kirchengemeinde große Vorteile. Die Gemeinde und die Ehrenamtlichen – und damit Sie – werden wesentlich entlastet, die Verantwortung für die Kassensicherheit wird auf ausgebildetes Fachpersonal verlagert. In der EKHN gilt das Prinzip der Einheitskasse. Das heißt, für jede Gemeinde wickelt nur eine Kasse den gesamten Zahlungsverkehr ab, nimmt Buchungen vor, sammelt die Rechnungsbelege und bereitet die Rechnungslegung vor.

_Haushaltsbewirtschaftung durch Anordnungsbefugnis Ein wichtiger Grundsatz im Kassen- und Rechnungswesen ist die Trennung von Anweisungs- und Kassengeschäften. Das Recht, einer Kasse eine Auszahlung oder die Annahme einer Einzahlung anzuweisen, wird als Anordnungsbefugnis bezeichnet. Das Mittel, durch das dieses Recht ausgeübt wird, ist die Kassenanordnung.

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Grundsätzlich sind für alle Kassenanordnungen zwei Unterschriften erforderlich. Es unterschreibt immer der oder die „Vier-AugenVorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenvorstandes Prinzip“ – mit Ausnahme der Anordnungen, die sie selbst betreffen. Durch Beschluss kann von dieser Bestimmung abgewichen werden, so dass eine Unterschrift ausreichend ist. Ebenso kann die Anordnungsbefugnis einem Kirchmeister übertragen werden (§ 55 Abs. 2 KHO). _Wie eine Rechnung bezahlt wird – einzelne Schritte Geht eine Rechnung in der Kirchengemeinde ein, wird sie nach einer festen Abfolge von Schritten bezahlt. Wichtig ist, dass die meisten Zahlungsvorgänge auf dem Überweisungswege stattfinden. Barzahlungen stellen Ausnahmen dar. Der/die Vorsitzende des Kirchenvorstands überprüft die Rechnung zunächst sachlich und rechnerisch. Dies kann auch an andere Mitarbeiter/innen, z. B. die Leiterin einer Kindertagesstätte, delegiert werden. Der Vermerk „rechnerisch und sachlich richtig“ ist auf dem Rechnungsbeleg anzubringen und zu unterschreiben. Weiterhin wird festgestellt, ob geschäftsübliche Vergünstigungen wie Skonti oder Zahlungsziele in Anspruch genommen werden können und welche Termine beachtet werden müssen. Im Haushaltsplan müssen Mittel für die Bezahlung bereitgestellt sein. Bereits vor einer Auftragserteilung ist die Finanzierung zu klären. Im Falle einer über-oder außerplanmäßigen Ausgabe muss der Kirchenvorstand sowohl die Ausgabe als auch die entsprechende Deckung zuvor beschließen.

_Die Haushaltsüberwachung

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Die Haushaltsüberwachung zeigt, ob noch Mittel zur Bezahlung der Rechnung auf dieser Haushaltsstelle zur Verfügung stehen. Sie kann individuell mit KFM-WEB erfolgen. Maßgeblich für die Haushaltsüberwachung sind die Haushaltsstelle, der Haushaltsansatz mit Ausgaberesten aus dem Vorjahr, Datum, Zweckbestimmung und verbleibende Haushaltsmittel. Die Kasse wird mit einer Ausgabeanordnung schriftlich angewiesen, den Betrag der Rechnung nach Abzug eventueller Vergünstigungen zu bezahlen. Der/die Vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenvorstandes oder der/die Kirchmeister/in unterzeichnen die Kassenanordnung. Der angewiesene Betrag wird in KFM-WEB als Vormerkung oder Anordnung eingetragen. Die Kassenanordnung wird nun zusammen mit der Rechnung der Kasse/der Regionalverwaltung übergeben. Die Auszahlung und die notwendigen Buchungen werden dort vorgenommen. Es empfiehlt sich, das Sachbuch (Auflistung sämtlicher Buchungen in der Gliederung des Haushaltsplans) monatlich abzugleichen, um Unstimmigkeiten und Fehler im Haushaltsvollzug rechtzeitig aufzudecken. Für unausweichliche Mehrausgaben kann so auch geprüft werden, ob an anderer (Haushalts-)Stelle veranschlagte, aber dort nicht benötigte Finanzmittel zur Deckung herangezogen werden können.

5. Verwaltung finanzieller Mittel durch das Dekanat Auch das Dekanat hat einen Haushaltsplan. Die Verfahren der Aufstellung und Bewirtschaftung entsprechen grundsätzlich denen der Kirchengemeinden. _Wofür das Dekanat Geld braucht Neben den Aufgaben der Verwaltung sind insbesondere die regionalen Pfarrstellen (z. B. Krankenhausseelsorge, Profilstellen) sowie die Stellen des kirchenmusikalischen und gemeindepädagogischen Dienstes auf der Dekanatsebene angesiedelt. Die Arbeitsschwerpunkte können sich von Dekanat zu Dekanat unterscheiden. Die Dekanate erhalten nach der Zuweisungsverordnung finanzielle Mittel insbeson-

dere für Personal- und Gebäudekosten, für den Lektorenund Prädikantendienst und Pauschalen für eine allgemeine Grundausstattung. Die Ausgaben der Mitarbeitervertretungen sowie der Gleichstellungsbeauftragten werden von der Gesamtkirche erstattet. Die Dekanate erhalten ferner aus dem Kirchensteueraufkommen Haushaltsmittel für den regionalen Finanzausgleich. Hiermit können besondere Bedarfe einzelner Kirchengemeinden, aber auch besondere kirchliche Aufgaben in der Region finanziert werden. _Finanzbeziehungen zwischen Gemeinde und Dekanat Die Haushalte von Gemeinden und Dekanaten sind voneinander unabhängig. Dies schließt jedoch nicht aus, dass von den Dekanaten an die Kirchengemeinden Zahlungen geleistet werden oder umgekehrt. Finanzielle Verflechtungen bestehen heute insbesondere bei der Beteiligung der Kirchengemeinden an den Personal- und Sachkosten des kirchenmusikalischen und gemeindepädagogischen Dienstes sowie bei Zahlungen des Dekanats an die Kirchengemeinden aus dem Finanzausgleich. Die Fülle an Regelungen mag auf den ersten Blick erschrecken. Aber ohne Vorschriften funktioniert Finanzverwaltung nicht. Verstehen Sie die solide Finanzverwaltung als Basis, um ihre Gemeinde zu gestalten, ihre Gegenwart und Zukunft zu sichern und als Beitrag für Transparenz besonders gegenüber den kirchensteuerzahlenden Mitgliedern. Dabei helfen wir Ihnen gern – mit allen Institutionen, die im Beitrag genannt sind.

Thorsten Hinte

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Menschen motivieren und überzeugen –

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Fundraising, Kollekten, Spenden und Sammlungen

Wann, wie und in welcher Weise Fundraising-Methoden oder Sponsoring von Kirchengemeinden angewendet werden, wird immer individuell, regional und mit Rücksicht auf das Kirchenjahr und gemeindliche Traditionen zu entscheiden sein. Wichtig ist aber vor allem Spendenprojekte zu erarbeiten, die in hervorragender Weise Spender für Projekte gezielt begeistern.

Das Fundraisingbüro in der Kirchenverwaltung stellt seine Beratung Beratungsdienste der Gesamtkirche, Gemeinden und kirch- und lichen Einrichtungen zur Verfügung. Sie erreichen es unter: Informationen Telefon: 06151/405-213 oder 405-221; Fax: 06151/405-438, E-Mail: [email protected]. Im Fundraisingbüro können Sie den ausführlichen Ordner „Fundraising in Kirche und Diakonie“ mit Anleitungen und Praxisbeispielen zum Fundraising und Informationsbroschüren zum Thema „Stiftung“ und „Erbschaft“ bestellen.

Angelika Vasold

Fundraising Fundraising motiviert und überzeugt Menschen, weckt die Bereitschaft zum solidarischen Handeln und sucht nach Menschen, die ihre persönlichen Möglichkeiten einbringen, um eine gute Sache zu unterstützen. Fundraising unterstützt den Gemeindeaufbau, ist Beziehungsarbeit und braucht eine Vision, die glaubwürdig vertreten wird. Fundraising braucht Transparenz im Umgang mit Spenden, es braucht eine Kultur des Dankens und den ständigen Kontakt zu den Förderern. An erster Stelle im Fundraising steht nicht das Geld, sondern die Vision, Identität und die Arbeit der Kirchengemeinde. Fundraising ist eine strategische Entscheidung, die alle Bereiche einer Kirchengemeinde betrifft. Die Kirchengemeinde muss so viel Vertrauen bei den Menschen erwerben, dass diese bereit sind, in deren gute Arbeit zu investieren. Wer seine Arbeit transparent macht und potentielle Spender am eigenen Tun teilhaben lässt, dem wird es auch gelingen, Mittel zu bekommen, um eigene Projekte zu finanzieren.

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Der Begriff „Fundraising“ geht auf die beiden Wörter „Fund“ (= Fonds, Kapital, Geldmittel) und „to raise“ (= erhöhen, beschaffen) zurück. „Fundraising“ bedeutet also übersetzt „Mittelbeschaffung“. Im Fundraising geht es gemeinnützigen Unternehmen um freiwillige Zuwendungen von privaten und juristischen Personen im Unterschied zu gesetzlich geregelten Finanzierungen durch die öffentliche Hand. Dabei gilt: Fundraising ist mehr als Mittelbeschaffung und Spendeneinsammeln. Es ist die „sanfte Kunst, die Freude am Spenden zu lehren“ (Henry A. Rosso).

Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Kollekten

Was sind Kollekten?

Gemeindemitglieder sind immer wieder bereit, ihre Kirchengemeinde oder einen speziellen Spendenzweck zusätzlich zu ihren Kirchensteuerzahlungen finanziell zu unterstützen. Neben von der Kirchensynode festgelegten verbindlichen Kollekten, etwa für die Aktion „Brot für die Welt“, gibt es Kollekten ausschließlich für die Gemeindearbeit. Gerade bei zweckgebundenen Kollekten ist eine sorgfältige und transparente Buchführung mit der entsprechenden Verwendung erforderlich. Einzelheiten hierzu und die Begriffsdefinitionen sind durch die Kollektenordnung und die Kollektenverwaltungsordnung geregelt.

Kollekten sind „Dankopfer“, die in gottesdienstlichen Ver-

sammlungen erbeten werden. Hierbei werden je nach Verwendung drei Arten unterschieden: • Verbindliche Kollekten: Kollekten, deren Erhebung verbindlich für alle Gemeinden vorgeschrieben ist. Diese Kollekten werden im Voraus von der Kirchensynode in einem Kollektenplan festgelegt und im Amtsblatt der EKHN veröffentlicht. • Empfohlene Kollekten: Kollekten, deren Erhebung für bestimmte Zwecke empfohlen ist. Kirchensynode oder Kirchenleitung, Dekanatssynode oder Dekanatssynodalvorstand können von den Gemeinden Kollekten erbitten. Der Kirchenvorstand entscheidet, ob er der Empfehlung folgt. • Freigestellte/freie Kollekten: Kollekten, deren Zweckbestimmung freigestellt ist. Über diese Kollekten entscheidet der Kirchenvorstand. Hierzu gehören auch Kollekten, die bei Andachten, Bibelstunden, selbstständigen Tauf-, Trau- und Beerdingungsgottesdiensten zusammenkommen. Im jeweiligen Gottesdienst wird der genaue Verwendungszweck bekannt gegeben.



Abkündigung der Kollekten Es empfiehlt sich, in den Abkündigungen ausführlicher auf den Kollektenzweck einzugehen. „Für die eigene Gemeinde“ allein sollte vermieden werden, stattdessen sollte in erklärenden Worten die Verwendung beschrieben werden. Zum Beispiel: „Die Kollekte ist heute für unsere eigene Gemeinde gedacht. Unser Posaunenchor benötigt neues Notenmaterial – denn weder hat unser Chor Lust, immer dasselbe zu spielen, noch wollen wir immer dasselbe hören. Rund ... Euro kosten Noten – wir freuen uns, wenn Sie großzügig geben und wir dadurch auch die Arbeit unseres Posaunenchors besonders würdigen.“

Die Kollekte soll von zwei Kirchenvorstandsmitgliedern eingesammelt und unmittelbar nach Beendigung des Gottes- Eigene dienstes gezählt werden. Die Kollekte wird in das gelbe Heft Kollekten„Kirchliche Statistik, Heft 2, Kollekten und Gaben“ eingetra- kasse gen und unterschrieben. Die Kollekten sind in einer besonderen Kollektenkasse durch eine Kollektenrechnerin oder einen Kollektenrechner (z. B. Kirchenvorstandsmitglied, Mitarbeiter/in, Gemeindemitglied) zu verwalten. Kollektenbons sind ein besonderer Service für Gemeinde-

mitglieder, die ihre Kollekten beim Finanzamt als Spenden steuerlich absetzen möchten. Die Erfahrung zeigt, dass durch sie ein höheres Kollektenaufkommen möglich ist. Die In- formation über Zweck und Ziel, Voraussetzungen, Herstel- lung,Ausgabe, Zahlung, interne Rechnungsprüfung und Öffentlichkeitsarbeit kann beim Büro für Fundraising

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und Sponsoring der Kirchenverwaltung abgerufen werden (Tel.: 06151/405-213 oder -221, E-mail: [email protected]).

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Spenden sind Beiträge, die unabhängig von Gottesdiensten

oder gottesdienstlichen Veranstaltungen für einen bestimmten Zweck gegeben werden. Sie sind ihrem Verwendungszweck unmittelbar zuzuführen. Der Kirchenvorstand ist über den Eingang von Spenden regelmäßig zu unterrichten. Spenden ohne Zweckbestimmung sind wie freie Kollekten zu behandeln.

Steuern und Abgaben – rechtliche Grundlagen

Sammlungen können Haus- oder Straßensammlungen sein.

Soweit sie nicht gesamtkirchlich angeordnet sind, werden sie vom Kirchenvorstand beschlossen. Sie bedürfen dann jedoch der Genehmigung der Kirchenverwaltung. Zusätzlich sind die Vorschriften der staatlichen Gesetzgebung über öffentliche Sammlungen zu beachten. Die Verwaltung, Buchführung und Abführung von Kollekten, Spenden und Sammlungen wird ausführlich in der Kollektenverwaltungsordnung beschrieben. Der Kirchenvorstand ist verpflichtet, die Kollektenkasse einmal im Jahr zu prüfen. Mit der Prüfung sollen zwei Mitglieder des Kirchenvorstandes beauftragt werden. Das Ergebnis ist in einem Prüfungsprotokoll niederzulegen und wird dem Dekanatssynodalvorstand zugeleitet.











Uwe Koß

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ie Frage, ob bei bestimmten Tatbeständen Steuern oder Abgaben zu entrichten sind, taucht in vielen Lebensbereichen auf – von Grundstücksgeschäften über Erschließungsbeiträge, Erbschaften und Basare bis hin zu Spenden. Kirchliche Körperschaften sind juristische Personen des öffentlichen Rechts und unterliegen mit ihren Einnahmen aus hoheitlicher Tätigkeit nicht der Besteuerung. Neben den allgemeinen Steuerbefreiungsvorschriften regeln Spezialgesetze sachliche oder persönliche Befreiungstatbestände für gemeinnützige, mildtätige und/oder kirchliche Zwecke (z. B. Körperschaftssteuergesetz, Grundsteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz). Diese Materie ist weit verzweigt und kompliziert. In Zweifelsfällen sollte der Kirchenvorstand fristgerecht Einspruch gegen Verwaltungsakte (Bescheide) z. B. von Finanzbehörden einlegen. Zur Wahrung der Frist ist eine Begründung des Rechtsbehelfs nicht erforderlich. Zur Beratung und Vertretung im weiteren Verfahren empfehlen wir, das Referat Steuern und Versicherungen (Tel.: 06151/405-353) bzw. das

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Referat Liegenschaftsverwaltung, Haushalts- und Baurecht (Tel.: 06151/405-400) der Kirchenverwaltung hinzuzuziehen.

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Steuererleichterungen für kirchliche Träger Die Voraussetzungen für Steuererleichterungen bei der Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke sind in den §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung geregelt.

Versicherungen für Kirchengemeinden –

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finanzielle Sicherheit im Falle eines Falles

Danach sind begünstigt: • Gemeinnützige Zwecke, z. B. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes, die Förderung der Jugendhilfe, der Altenhilfe, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens (§ 52 AO). • Mildtätige Zwecke, z. B. Telefonseelsorge, Essen auf Rädern, Blindenfürsorge, Betreuung von Kranken, Süchtigen, Alten u. dgl. (§ 53 AO). • Kirchliche Zwecke, z. B. die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und Pflege des Andenkens der Toten, die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen (§ 54 AO).

Zuwendungsbestätigungen

ie Kirchenverwaltung der EKHN hat für die kirchlichen Gliederungen diversen Versicherungsschutz im Rahmen von Sammelversicherungsverträgen abgeschlossen. Eine kurze Übersicht des Versicherungsschutzes folgt nachstehend. Weitere Informationen können der Broschüre „Versicherungsschutz der Ev. Kirche in Hessen und Nassau“ entnommen werden. Diese Broschüre finden Sie auch im Intranet der EKHN:

Für freiwillige und unentgeltliche Zuwendungen (Geld oder Sachen) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke können Zuwendungsbestätigungen ausgestellt werden. Form und Inhalt sind von den Finanzbehörden vorgegeben. Entsprechende Muster von Zuwendungsbestätigungen finden Sie im netKIM und im Intranet unter Service für Mitarbeitende/Formulare, Anträge, Vordrucke/Finanzen.

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Bernd Karn

Infohttp://192.168.5.6/download/pdf/versicherung/versicherungs- Broschüre im Intranet schutz_broschuere.pdf _Gebäude-Versicherung Die kirchlichen Gebäude sind gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser und Sturm/Hagel versichert. _Inventar-Versicherung Versicherungsschutz besteht für das gesamte Inventar der kirchlichen Gliederungen. Versichert sind die Gefahren Feuer,

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Leitungswasser, Sturm/Hagel sowie Einbruchdiebstahl/Vandalismus. Im Bereich Einbruchdiebstahl/Vandalismus ist eine Selbstbeteiligung von 510 1 je Schaden vereinbart. _Elektronikversicherung für Datenverarbeitungsanlagen Versichert sind alle EDV-Anlagen und PC-Technik der kirchlichen Gliederungen. Die Selbstbeteiligung je Schaden beträgt 100 1. _Haftpflichtversicherung Die Versicherungssummen des Vertrages belaufen sich auf 5.000.000 1 pauschal für Personen- und Sachschäden/ 100.000 1 für Vermögensschäden. Ebenfalls mitversichert im Rahmen des Vertrages ist das Gewässerschaden-Haft- pflichtrisiko. Versichert sind alle Tankanlagen. _Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung Im Rahmen dieses Vertrages besteht Versicherungsschutz für Vermögenseigen- und -drittschäden, die durch die Verwaltungstätigkeit entstehen können. Die Versicherungssumme beträgt 130.000 1. Die Selbstbeteiligung beträgt 750 1 je Schadensfall. _Vertrauensschaden-Haftpflichtversicherung Versichert sind Schäden, die dem kirchlichen Träger durch Vorsatz, also bewusst und gewollt, zugefügt werden. Versicherte Vorsatzdelikte sind insbesondere Veruntreuung, Unterschlagung, Betrug, Urkundenfälschung, Löschung von EDV-Daten, Computermanipulationen etc. Die Versicherungssumme beträgt 100.000 1. Es gilt eine Integralfranchise (Freibetrag, für den die Versicherung nicht eintritt) als eine Variante der Selbstbeteiligung in Höhe von 5.000 1. Schäden, die die Integralfranchise übersteigen, werden voll ersetzt. _Freiwillige Unfallversicherung Als Ergänzung zum gesetzlichen Unfallversicherungsschutz wurde eine freiwillige Unfallversicherung für den kirchlichen Bereich abgeschlossen. Folgende Leistungen stehen zur Verfügung: 26.000 1 für den Invaliditätsfall / 2.600 1 für den Todesfall / 1.100 1 für Zusatzheilkosten / 1.000 1 für Zusatz-Bergungskosten.

_Dienstreise-Fahrzeugversicherung Für Dienstfahrten, die mit privateigenen Fahrzeugen durchgeführt werden, besteht Versicherungsschutz im Rahmen des Dienstreise-Fahrzeug-Sammelversicherungsvertrages. Die Selbstbeteiligung beträgt 511 1 je Schaden. Die Höchstentschädigung beträgt 15.000 1.

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_Schadensmeldungen Alle Schadensfälle sind, soweit es nicht um die gesetzliche Schäden Unfallversicherung geht, unverzüglich nach Kenntnisnahme sofort melden: direkt der Ecclesia Versicherungsdienst GmbH, 32754 Detmold, Ecclesia unter Bezugnahme auf die entsprechende Versicherung anzuzeigen. _Gesetzliche Unfallversicherung Versichert sind alle Personen, die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses bei einer kirchlichen Körperschaft tätig werden. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Tätigkeit haupt- oder nebenamtlich ausgeübt wird. Weiterhin genießen diesen Versicherungsschutz die ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen (z. B. Kirchenvorsteher/innen, Helfer/innen bei kirchlichen Veranstaltungen). Versichert sind auch Kinder während des Besuches von Kindertagesstätten. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz erstreckt sich auf Unfälle, die in Ausübung des Dienstes entstehen und auf Unfälle, die sich auf dem Wege von der Wohnung zum Arbeitsplatz und zurück ereignen (Wegeunfälle).

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Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind für den kirchlichen Bereich: • Zuständig für alle nichtdiakonischen Mitarbeiter/innen (z. B. Küster/innen, Pfarramtssekretäre/innen, Verwaltungs-Angestellte, Kirchenvorsteher/innen etc): Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Deelbögenkamp 4 22297 Hamburg Internet: www.vbg.de

Die gemeindlichen Gebäude –

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bauen, pflegen, unterhalten

für alle diakonischen Mitarbeiter/innen (z. B. • Zuständig Erzieher/innen, Gemeindeschwestern, Mitarbeiter/innen in Krankenhäusern, Jugend-, Studenten- und Altersheimen etc.): Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Pappelallee 35/37 22089 Hamburg Internet: www.bgw-online.de • Zuständig für Kinder in Kindergärten sind:

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irchen, Gemeindehäuser, Pfarrhäuser, Kindertagesstätten, Wohnhäuser und vieles mehr – die Liste der Gebäude in den Kirchengemeinden ist lang. Ihre Errichtung, Pflege und Unterhaltung nimmt zusammen mit der Bewirtschaftung viel Aufmerksamkeit in Anspruch und erfordert einen oft beträchtlichen Einsatz an Zeit und Geld.

Unfallkasse Hessen Leonardo-da-Vinci-Allee 20 60486 Frankfurt/Main Internet: www.unfallkasse-hessen.de oder Unfallkasse Rheinland-Pfalz Orensteinstr. 10 56624 Andernach Internet: www.ukrlp.de



Bernd Karn

Nach der Kirchengemeindeordnung (§ 27 Absatz 2 KGO) tragen die Kirchengemeinden als Eigentümer – und damit die Kirchenvorstände als Vertretungsorgan – die Verantwortung für die „ordnungsgemäße Verwaltung der kirchlichen Gebäu- Gebäude de und Grundstücke sowie für die Erhaltung und Nutzung regelmäßig des kirchlichen Eigentums.“ Daraus entsteht für den Kirchen- überprüfen vorstand die Verpflichtung, den Erhaltungszustand der Gebäude und ihrer Einrichtungen regelmäßig zu überprüfen, auftretende Mängel festzustellen und deren Beseitigung zu veranlassen. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben wird er von der Kirchenverwaltung und den Regionalverwaltungen durch fachkundige Beratung und finanzielle Hilfen unterstützt.

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Die wichtigste Rechtsgrundlage für das Bauen in Kirchengemeinden und Dekanaten sind das Kirchenbaugesetz und eine Reihe von Rechtsverordnungen und Richtlinien. Dort sind die Finanzierung sowie die Verfahrens- und Verwaltungsabläufe für die einzelnen Gebäude, die baulichen Standards und die unterschiedlichen Arten der Baumaßnahmen geregelt.

1. Baumaßnahmen _Kleine Bauunterhaltung Schönheitsreparaturen und die Beseitigung kleinerer Mängel oder Schäden an kirchlichen Gebäuden werden vom Kirchenvorstand in eigener Regie veranlasst, soweit sie nicht z. B. bei Pfarrhäusern vom Nutzer zu erledigen sind. Die Kostengrenze für die Kleine Bauunterhaltung liegt bei 10.000 1. Zur Finanzierung erhält die Kirchengemeinde im jährlichen Haushalt zweckgebundene Regelzuweisungen von der Kirchenverwaltung. Kleine Bauunterhaltung an denkmalgeschützten Gebäuden muss der kirchlichen Baubetreuung angezeigt werden. Bei allen übrigen Gebäuden ist die Kleine Bauunterhaltung genehmigungsfrei und bedarf keiner Beteiligung der kirchlichen Baubetreuung. _Große Bauunterhaltung Alle Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden, deren Kosten höher sind als 10.000 1, sind der Großen Bauunterhaltung zuzurechnen. An denkmalgeschützten Gebäuden gelten unabhängig von der Kostenhöhe alle Baumaßnahmen, die den Umfang von Kleinreparaturen übersteigen, als Große Bauunterhaltung.

Mit Inkrafttre ten des neu en Kirchenb Maßnahmen augesetzes si der Großen B nd auunterhaltun sern, die nich g an Pfarrhäu t unter Denkm alschutz steh keine gesam en und für die tkirchlichen Z uschüsse bea von der Gen ntragt werden ehmigungspfl , icht ausgeno gilt für vermie m men. Gleiches tete Gebäude. Baumaßnahm ßen Bauunterh en der Groaltung an den ü brigen Gebäu der kirchlich den müssen en Baubetreu ung angezeig auch die vorg t werden, die eschriebene kirchenaufsic migung erteilt h tliche Geneh . -

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Zur Finanzierung der Baukosten müssen Eigenmittel eingesetzt werden, die durch Bauzuweisungen der Kirchenverwaltung und gegebenenfalls durch Zuschüsse Dritter (z.B. Denkmalschutz) ergänzt werden. Die Regelsätze betragen bei den Eigenmitteln für baufachlich dringende Bauunterhaltungsmaßnahmen 20 Prozent bei Kirchen bzw. 35 Prozent bei Gemein- Eigenmittel dehäusern und den übrigen Gebäuden. Für die Bauunterhaltung an Pfarrhäusern erhalten die Kirchengemeinden eine Regelzuweisung im jährlichen Haushalt, die sich aus einem Sockelbetrag (3.000 1) und einem Anteil, der auf den Gebäudewert bezogen ist, zusammensetzt. Steht ein Pfarrhaus unter Denkmalschutz, können im Rahmen des Genehmigungsverfahrens über die kirchliche Baubetreuung Zuschüsse für den denkmalpflegerischen Mehraufwand beantragt werden. _Neubau Zum kirchengemeindlichen Neubau zählen neben der Errichtung neuer Gebäude auch neubaugleiche Maßnahmen. Das sind Erweiterungsbauten, wenn sie ein Volumen von 150 cbm übersteigen. Neubauten und bauliche Erweiterungen müssen grundsätzlich aus eigenen Mitteln und eventuellen Zuschüssen Dritter (z. B. über kommunale oder staatliche Zuschüsse bei Kindertagesstätten) finanziert werden. Ausnahmen sind nur dann möglich, wenn für einen Neubau andere Gebäude aufgegeben werden und dadurch langfristig der finanzielle Aufwand für deren Unterhaltung entfällt.

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Neubauabsichten sollen der kirchlichen Baubetreuung möglichst frühzeitig angezeigt werden, damit sie beratend bereits zu Beginn des Planungsprozesses einbezogen werden kann. Neubauten und neubaugleiche Maßnahmen sind kirchenaufsichtlich zu genehmigen und unterliegen der Mitwirkung des Bauausschusses der Kirchensynode bei der Erteilung der Planungs- und Baufreigabe.

2. Umweltschutz und ökologisches Bauen _Öko-Richtlinie In kirchlichen Gebäuden wird vor allem für Heizung und Beleuchtung sehr viel Energie verbraucht. Angesichts der damit verbundenen erheblichen Kosten und der unabsehbaren Auswirkungen für das Klima spielt der verantwortungsbewusste Umgang mit den Ressourcen eine zentrale Rolle. Zu den Zielen, funktionsgerecht, qualitätvoll und wirtschaftlich zu bauen, kommt die dringende Aufgabe, kirchliche Gebäude so zu errichten und zu erhalten, dass dabei möglichst wenige Lebensgüter künftiger Generationen verbraucht werden. In einer Richtlinie für die Berücksichtigung ökologischer und energiesparender Gesichtspunkte bei Baumaßnahmen, der „Öko-Richtlinie”, sind die wichtigsten Aspekte zu diesem Thema zusammengefasst.

_Förderrichtlinie „Energiesparendes Bauen” Zur Umsetzung der in der Öko-Richtlinie formulierten Gesichtspunkte hat bereits die achte Kirchensynode 1992 die Einrichtung eines Ökologie- und Energiesparfonds (Umwelt-

fonds) beschlossen. Die finanziellen Möglichkeiten dieses Fonds wurden von der Zehnten Kirchensynode im November 2008 noch einmal erheblich verbessert. In der Förderrichtlinie „Energiesparendes Bauen“ werden Inhalt und Umfang der finanziellen Unterstützung der Kirchengemeinden aus dem Umweltfonds der EKHN definiert. Der Umweltfonds soll zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen beitragen und die baulichen Ausgangsbedingungen für eine kostengünstige Bewirtschaftung kirchlicher Gebäude verbessern. Eine über die Referatsgruppe Bauwesen der Kirchenverwaltung erhältliche Checkliste „Energiesparen“ gibt Kirchenge- Checkliste meinden und Kirchenvorständen die Möglichkeit, anhand eines einfache Schemas energetische Schwachstellen in ihren Gebäuden ausfindig zu machen. Die Checkliste ist für den Rundgang durch die kirchengemeindlichen Gebäude gedacht und hilft, Energie und Kosten zu sparen. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf den KlimaschutzInternetseiten der EKHN unter www.ekhn.de/klima.

3. Denkmalschutz Rund 1.600 und damit ca. 40 Prozent der kirchengemeindlichen Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Das sind nahezu alle Kirchen, viele Pfarrhäuser und Gemeindehäuser. In Staatskirchenverträgen mit den Ländern Hessen und RheinlandPfalz hat sich die EKHN verpflichtet, „der Erhaltung und Pflege denkmalwerter Gebäude, der dazugehörenden Grundstücke sowie denkmalwerter Gegenstände ihre besondere Aufmerksamkeit zu widmen“, und dafür Sorge zu tragen, „dass die Kirchengemeinden und sonstigen Verbände entsprechend verfahren.“ Festlegungen, die dem Rechnung tragen, finden sich in der Kirchengemeindeordnung (§ 29 Absatz 1, Nr. 6 KGO), im Kirchenbaugesetz und der Rechtsverordnung über die Ausführung von Bauunterhaltungsmaßnahmen an kirchlichen

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Gebäuden. Danach bedürfen alle Baumaßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden der kirchenaufsichtlichen Genehmigung durch die kirchliche Baubetreuung, sofern sie den Umfang von Kleinreparaturen übersteigen.

4. Kirchliche Baubetreuung In den Regionalverwaltungen in Steffenberg, Nassau, Gießen, Bad Nauheim, Wiesbaden, Darmstadt und Alzey beraten ausgebildete Baufachleute der kirchlichen Baubetreuung die Kirchengemeinden und Dekanate in allen Fragen rund ums Bauen. Sie beaufsichtigen das kirchliche Bauwesen im Rahmen der Rechts- und Fachaufsicht, begleiten die Durchführung und Abwicklung kirchlicher Baumaßnahmen und erteilen in den dafür vorgeschriebenen Fällen die kirchenaufsichtlichen Genehmigungen bei Maßnahmen der Großen Bauunterhaltung. Für eine reibungsfreie und zügige Bearbeitung der manchmal schwierigen und umfangreichen Verfahrensabläufe bei Baumaßnahmen ist es empfehlenswert, die kirchliche Baubetreuung möglichst frühzeitig in die Überlegungen und Planungsabsichten der Kirchengemeinden einzubeziehen. Die regionalen Zuständigkeiten für die jeweiligen Dekanate sind im Intranet der EKHN (Verwaltung / Finanzen, Bau und Liegenschaften) veröffentlicht. Daneben stehen die Mitarbeitenden in den Baureferaten der Kirchenverwaltung z.B. für die Vorbereitung und Durchführung von Neubaumaßnahmen oder bei Bauangelegenheiten der Gesamtgemeinden, Gemeindeverbände und Dekanate mit eigener Bauverwaltung zur Verfügung. Die Sachgebiete für Energieberatung und Heizungsmaßnahmen sowie für Arbeitssicherheit vervollständigen das Dienstleistungsangebot der Referatsgruppe Bauwesen in der Kirchenverwaltung.

5. Rechtsgrundlagen Die wichtigsten Rechtsvorschriften zum Bauen in der EKHN: – Kirchenbaugesetz – Rechtsverordnung über die verwaltungstechnische Abwicklung von Baumaßnahmen der Kirchengemeinden, Dekanate und kirchlichen Verbände – Rechtsverordnung über die Ausführung von Bauunterhaltungsmaßnahmen an kirchlichen Gebäuden – Rechtsverordnungen über den Bau von Gemeindehäusern – Rechtsverordnung über den Bau von Pfarrwohnungen – Richtlinien für die Berücksichtigung ökologischer und energiesparender Gesichtspunkte bei Baumaßnahmen – Richtlinien für die Beheizung von Kirchen



Georg Weber

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Eigentum der Gemeinde – Grundstücke, Liegenschaften, Immobilien

1. Allgemeines Kirchengemeinden sind in der Regel Eigentümer zahlreicher Immobilien. Neben dem Kernbestand, der die Grundstücke mit Kirchengebäude, Gemeindehaus/-zentrum, Pfarrhaus, Kindergarten etc. umfasst, gehören oftmals eine Vielzahl weiterer Grundstücke, die verpachtet oder im Erbbaurecht vergeben sind, zu den Immobilien einer Kirchengemeinde. Es gehört zu den Aufgaben des Kirchenvorstandes, diese Grundstücke und die darauf stehenden Gebäude – mit Unterstützung der Regional- und Kirchenverwaltung – zu verwalten. Die Grundstücke sind regelmäßig zu begehen und Zustand, Nutzung, Ertrag und Bewirtschaftung zu überprüfen (§ 2 Abs. 2 Grundvermögensverordnung).

_Kirchen- oder Pfarreivermögen Das Vermögen einer Kirchengemeinde wird unterschieden in Kirchenvermögen (einschl. Zweckvermögen) und Pfarreivermögen. Das Kirchenvermögen und seine Erträge dienen der Erfüllung der allgemeinen kirchlichen Bedürfnisse der Gemeinde, sofern nicht besondere Bestimmungen die

Verwendung einschränken. Dies ist insbesondere bei Grundvermögen der Fall (z. B. § 3 Abs. 2 Grundvermögensverordnung). Das Zweckvermögen (darunter fallen z. B. unselbstständige Stiftungen, zweckgebundene Spenden und Schenkungen) steht zur Erfüllung eigener, der Zweckbindung entsprechender Aufgaben zur Verfügung. Das Pfarreivermögen – es handelt sich fast ausschließlich um Grundvermögen oder Rücklagen aus Verkaufserlösen von Grundstücken – hat sich historisch aus dem früheren Pfründevermögen entwickelt, das die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Pfarrer sicherstellen sollte. Daher dient das Pfarreivermögen, speziell die Erträge hieraus, noch heute ausschließlich der Pfarrerbesoldung und -versorgung. Es besteht die Möglichkeit, die Verwaltung des Pfarreivermögens auf die Zentrale Pfarreivermögensverwaltung der EKHN zu übertragen, ohne dass die Kirchengemeinden in ihren Eigentümerrechten beschränkt werden. Aus der Vermögensübersicht im Haushaltsplan der Gemeinde bzw. aus dem Grundbuch geht die Aufgliederung in Kirchen- und Pfarreivermögen hervor. _Genehmigungspflichtige Grundstücksgeschäfte Einige Beschlüsse des Kirchenvorstandes zur Liegenschaftsverwaltung bedürfen der kirchenaufsichtlichen Genehmigung. Hierzu gehören insbesondere der An- und Verkauf von Grundstücken sowie die An- und Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen. Daneben ist aber auch die Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, der Erwerb und die Aufgabe von Rechten an fremden Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie die Einräumung von Nutzungsansprüchen an Grundstücken und Gebäuden genehmigungspflichtig (§ 29 Abs. 1 Kirchengemeindeordnung). Die Vermietung und die genehmigungspflichtigen Pachtangelegenheiten sind durch die Regionalverwaltung zu genehmigen; die übrigen Rechtsgeschäfte durch die Kirchenverwaltung. Diese Genehmigungserfordernisse dienen in erster Linie dem rechtlichen Schutz der Kirchengemeinden. Sie sorgen aber auch dafür, dass die Vermögenssubstanz nicht zugunsten kurzfristiger finanzieller Spielräume geschmälert und damit das „Tafelsilber“ veräußert wird.

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Früher Pfründe-, heute Pfarreivermögen

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2. Gebäude- und Wohnungsverwaltung

_Pfarrhäuser und Pfarrdienstwohnungen

_Kirchen, Gemeindehäuser und -zentren, Kindergärten etc.

Besonders beachten muss der Kirchenvorstand das Pfarrhaus oder die Pfarrdienstwohnung. Nach der Änderung des Zuweisungssystems hat die Kirchengemeinde die vollständige wirtschaftliche Verantwortung für deren Unterhaltung.

Neben der baulichen Unterhaltung hat der Kirchenvorstand für eine ordnungsgemäße und sparsame Bewirtschaftung der Gebäude Sorge zu tragen. Hierzu gehören insbesondere der Abschluss von Versorgungs- und Wartungsverträgen, die Überwachung des Energieverbrauches sowie die hausmeisterliche und gärtnerische Pflege des Grundstückes. In der Auswahl ihrer Vertragsparteien sind die Kirchengemeinden rechtlich frei. Die Energiekosten stellen dabei eine erhebliche Belastung des Haushalts dar. Auch die Herkunft und Erzeugungsart der Energie ist unter ökologischen und schöpfungstheologischen Aspekten von besonderer Bedeutung. Im Intranet der EKHN ist hierzu die Arbeitshilfe „Bewahrung der Schöpfung: Checkliste – Energiesparen in Kirchengemeinden“ (Verwaltung/Finanz,Bau/Liegenschaften/Bau-Liegenschaften/Energieberatung) eingestellt, die den Kirchenvorständen Empfehlungen für einen verantwortungsvollen und sparsamen Umgang mit Energie gibt. Für eine wirtschaftliche Auslastung der kirchlichen Gebäude ist es ratsam, sie auch für nicht kirchliche Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Die Kirchenleitung hat hierzu eine Orientierungshilfe zur Nutzung von kirchlichen Gebäuden und Räumen verabschiedet, die ebenfalls im Intranet zusammen mit einer Musternutzungsordnung und einem Musternutzungsvertrag zu finden ist

(Verwaltung/Finanz,

Bau/Liegenschafte/ Bau-Liegenschaften/ Nutzung kirchlicher Gebäude).

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Bei den übrigen kirchlich genutzten Gebäuden wie Kirche, Gemeindehaus, Kindergarten etc. erhält die Kirchengemeinde bei Maßnahmen der Großen Bauunterhaltung weiterhin besondere gesamtkirchliche Zuweisungen. Dies ist bei Pfarrhäusern bzw. Pfarrdienstwohnungen nicht mehr der Fall. Die Kirchengemeinde erhält für sie – ähnlich wie bei einer monatlichen Miete – eine monatliche Regelzuweisung, mit der alle anfallenden Kosten, sowohl die laufenden Bewirtschaftungskosten als auch die Kosten für Bau-, Renovierungsoder Sanierungsmaßnahmen, zu decken sind. Es ist daher ratsam, eine entsprechende bauliche Bestandsaufnahme zu machen und für die erforderlichen Renovierungsmaßnahmen Rücklagen zu bilden oder sich frühzeitig mit alternativen Möglichkeiten (Ersatzbau, Verkauf und Anmietung etc.) auseinander zu setzen. Das Liegenschaftsreferat der Kirchenverwaltung kann für solche Überlegungen unterstützend zu Rate gezogen werden. Die Nutzung des Pfarrhauses, der Pfarrdienstwohnung durch „Dienstdie Pfarrerin oder den Pfarrer ist rechtlich kein Mietverhält- wohnungsnis, sondern ein öffentlich-rechtliches Dienstwohnungsver- verhältnis“ hältnis. Die Rechte und Pflichten für die Kirchengemeinde als Wohnungsgeberin einerseits und die Pfarrerin oder den

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Pfarrer andererseits ergeben sich aus der Pfarrdienstwohnungsverordnung und der Nebenkostenverordnung. Ergänzend hat die Kirchenverwaltung ein Merkblatt zur Dienstwohnung erarbeitet, das im Intranet der EKHN (Verwaltung/Finanz,Bau/Liegenschaften/Bau-Liegenschaften/ Dienstwohnung) zu finden ist. In dem Merkblatt wird auf die praktisch relevanten Fragen zum Dienstwohnungsverhältnis wie Wohnungsakte, Flächenberechnung, Amtsbereich, Betriebskosten, Schönheitsreparaturen, Steuerwert etc. eingegangen. Daneben findet sich im Intranet außerdem ein Formular zur Wohnungsbeschreibung, ein Übergabe-/Rücknahmeprotokoll einer Dienstwohnung, der Erhebungsbogen zum Steuerwert der Dienstwohnung sowie eine Musterbescheinigung für das Finanzamt zur steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen. _Mietobjekte Für Gebäude oder Gebäudeteile, die die Kirchengemeinde dauerhaft an Dritte vermietet, erhält sie keine kirchlichen Zuweisungen. Soweit die Gebäude(-teile) im Kirchenvermögen stehen, kann die Kirchengemeinde jedoch die Mieteinnahmen für sich vereinnahmen. Genauso wie bei Pfarrhäusern ist es daher geboten, durch Bildung einer Bauunterhaltungsrücklage zunächst die langfristige bauliche Unterhaltung des Gebäudes abzusichern. Soweit darüber hinausgehend Mieteinnahmen verbleiben, können diese frei für die Gemeindearbeit eingesetzt werden. Bei der Vereinbarung der Mieten soll – insbesondere bei der Vermietung an Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Kirchengemeinde – nicht der ortsübliche Mietzins unterschritten werden. Soll eine Mietwohnung an Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter vermietet werden, ist die Mitarbeitervertretung bei der Vergabe der Wohnungen zu beteiligen (§ 36 c Mitarbeitervertretungsgesetz).

Im Übrigen gelten die rechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Mietrechtes. Mustermietverträge – auch Musteruntermiet-, Mustergaragenmiet- und andere Sondermietverträge – sind im Intranet als Arbeitshilfen (Verwaltung/Finanz,Bau/ Liegenschaften/Bau-Liegenschaften/Download) eingestellt.

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Hilfestellung und Beratung bietet die zuständige Regionalverwaltung, in schwierigen Fällen ergänzend das Referat Liegenschaften – L-VH – in der Kirchenverwaltung.

3. Grundstücksverwaltung _Erbbaurechte Nach Herkommen und Widmung ist das kirchliche Grundeigentum grundsätzlich nicht verkäuflich. Wenn in Kirchengemeinden Baugrundstücke vorhanden sind, ist zunächst der Versuch zu unternehmen, das Grundstück im Erbbaurecht zu vergeben. Ein Erbbaurecht ist das veräußer- und vererbbare Recht, das Grundstück, das im Eigentum der Kirchengemeinde bleibt, zu bebauen und zu nutzen. Als Gegenleistung ist ein Erbbauzins zu zahlen, der in der Regel 4 Prozent des (Boden-) Wertes des Grundstückes beträgt. Das Erbbaurecht wird auf eine Dauer von (in der Regel) 75 Jahre abgeschlossen. Der Merkblatt Erbbauzins wird regelmäßig, grundsätzlich alle fünf Jahre im Intranet entsprechend der allgemeinen Preis-, Einkommens- und Inflationsentwicklung angepasst. Ein im Intranet eingestelltes Merkblatt über Erbbaurechte an kirchlichen Grundstücken (Verwaltung/Finanz,Bau/Liegenschaften/Bau-Liegenschaften/ Download) sowie ein Mustererbbaurechtsbestellungsvertrag geben Auskunft über weitere Einzelheiten. Bei der Vergabe und Verwaltung von Erbbaurechten ist die Zentrale Pfarreivermögensverwaltung behilflich. Die Erbbauzinsen bei Grundstücken, die zum Kirchen- vermögen gehören, verbleiben als Einnahmen bei den Kirchengemeinden in voller Höhe. Bei Grundstücken des Pfarreivermögens erhalten die Kirchengemeinden eine Beteiligung von 20 Prozent aus den Einnahmen, maximal jedoch 10.000 Euro jährlich.

_Pacht

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Acker-, Wiesen- und Gartenflächen, die nicht bebaut werden können, sind für den landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Gebrauch zu verpachten. Die Verpachtung unterliegt, soweit es sich um Acker- und Wiesenflächen handelt, nicht der kirchenaufsichtlichen Genehmigung. Eine solche ist allerdings bei Sonderkulturen (Weinberge, Rosenzucht etc.) oder Kleingartenanlagen erforderlich. Bei der Verwaltung der Pachtverhältnisse (Festlegung Pachtzins, Vertragsabschluss, Einzug Pachtzinsen) ist die jeweils zuständige Regionalverwaltung behilflich, die auch die für die Sonderpachtverhältnisse erforderliche kirchenaufsichtliche Genehmigung erteilt. Ein Musterpachtvertrag mit Erläuterungen findet sich im Intranet der EKHN (Verwaltung/Finanz,Bau/Liegenschaften/Bau-Liegenschaften/Pacht) zu finden. _Grundstücksverkaufserlöse Trotz des Grundsatzes der Unverkäuflichkeit von kirchlichem Grundeigentum kann es immer wieder wirtschaftliche oder besondere andere Gründe geben, Grundstücke zu veräußern. Eine Veräußerung ist insbesondere in Betracht zu ziehen, wenn eine Vergabe im Erbbaurecht oder eine Verpachtung nicht möglich ist, sich ein Erbbaurecht aufgrund eines geringen Erbbauzinses als unwirtschaftlich erweist oder bei einem kirchlich genutzten Gebäude die Nutzung aufgegeben werden soll. Bei der Verwendung des Grundstücksverkaufserlöses ist zu beachten, dass der Kirchenvorstand hierüber nicht frei verfügen kann. Bei Grundstücken, die zum Pfarreivermögen gehören, wird der Erlös dem liquiden Pfarreivermögen zugeschlagen oder in Ersatzgrundstücke angelegt. Die Kirchengemeinde erhält lediglich eine Beteiligung von 20 Prozent an dem Verkaufserlös, der zweckbestimmt für Baumaßnahmen verwandt werden muss. Bei Grundstücken, die zum Kirchenvermögen gehören, kann der Veräußerungserlös entweder in Ersatzland oder in einer nicht rechtsfähigen Stiftung angelegt werden. Auch hier ist es aber möglich, dass die Kirchengemeinde 20 Prozent des Erlöses zweckbestimmt für Baumaßnahmen verwendet.

Unbeeinträchtigt von diesen Vorgaben sind allerdings Veräußerungserlöse, die die Kirchengemeinde aus dem Verkauf von kirchlich genutzten Gebäuden wie der Kirche, dem Gemeinde- oder Pfarrhaus und ähnlichen Immobilien erzielt und in einen Ersatzbau einbringen will. Der Veräußerungserlös kann in diesem Fall in voller Höhe in die Ersatzimmobilie investiert werden.

Markus Keller

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Kirchenglocken –

zur kulturellen Bedeutung eines alten Instruments

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as Instrument Glocke hat eine über fünftausendjährige Geschichte. Die Ursprünge der ersten Glocken dürften in Asien liegen, der Heimat des Erzgusses. Allgemein wurde dem Erz und seinem Klang eine unheilabwendende, reinigende und glückbringende Wirkung zugeschrieben; wo Glocken erklingen, hat das Böse keinen Zutritt. In China gab eine gestimmte Glocke nicht nur den Stimmton des Reiches an, sondern ihr Inhalt war das Maß einer Schütte Reis und ihr Durchmesser das Maß der Länge. In Indien herrschte die Vorstellung, dass der Klang der Glocke die Gesamtheit der Musik in sich beinhalte. Auch in der Überlieferung des Alten Testamentes spielen Glocken bereits eine Rolle. So gehören zwölf goldene Schellen/Glöckchen zum Gewand des Hohen Priesters Aaron. Im Judentum begegnet man ihnen weiterhin an einigen Torakronen.

Ruferin zum Gebet Das frühe Christentum stand der Glocke zunächst ablehnend gegenüber. Zuerst wurde sie von koptischen Mönchsgemeinschaften genutzt, die sie als Ruferin zum Gebet einsetzten. Über Verbindungen zum Kloster auf der Insel Lerins vor

Cannes fand das Glockenzeichen Eingang in viele Ordensregeln unseres Kulturkreises. Die weitere Verbreitung in Europa geschah zum einen durch direkte Ausstrahlung in den gallo-fränkischen Raum, zum anderen über die iroschottische Mission (z.B. Bonifatius). Karl der Große förderte und regelte durch verschiedene Edikte den Gebrauch der Glocke in seinem Herrschaftsbereich. Bis zum späten Mittelalter wurde das Instrument zur Bronzeglocke der heutigen Form weiterentwickelt. Glocken können ein hohes Alter erreichen, so dass viele mittelalterliche Glocken noch heute in täglichem Gebrauch stehen. Bereits im 7. Jahrhundert riefen Glocken nicht nur Ordensgemeinschaften zum Gebet zusammen, sondern forderten auch die verstreut lebenden Christen dazu auf, sich in Gedanken dem Gebet anzuschließen. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich daraus das dreimalige Gebetsläuten am Tag entwickelt, das im evangelischen Bereich der Bitte um Frieden gewidmet ist. Die seit alters her tradierte Botschaft der Glocken ist: Dem Gott allein höchsten Gott allein die Ehre und den Menschen Frieden, die Ehre Freiheit und Gerechtigkeit. Sie richtet sich nicht nur an die christliche Gemeinde, sondern geht aus dem sakralen Raum in die säkulare Welt. Die Glocke – ein Zeichen der Kirche. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die genannten Werte immer in Gefahr gerieten, wenn Glocken verstummten, zerstört oder zu Rüstungszwecken eingeschmolzen wurden. Als noch keine Läutemaschinen vorhanden waren, wurden die Glocken einer Kirche nur bei feierlichen Anlässen gemeinsam geläutet. Der Klang jeder einzelnen besaß eine besondere Bedeutung, die Glocken damit eine eigene Sprache.

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Zum Teil ist sie noch erhalten, zum Teil in Vergessenheit geraten. Eine durchdachte Läuteordnung kann sie neu beleben und entwickeln, denn vorhandene Traditionen sollten unbedingt erhalten bleiben. In diesen spiegeln sich die liturgischen Zeiten, die Art der Gottesdienste und besondere Handlungen im Gottesdienst wider. Weiterhin enthalten sie das tägliche Gebetsläuten, die Aufforderung, für gerade verstorbene Gemeindemitglieder zu beten und der Todesstunde Jesu Christi zu gedenken. Auch der Schlag der Turmuhr hat eine liturgische Dimension – durch das in ihm enthaltene memento mori, die Erinnerung daran, dass die Lebenszeit bemessen ist und mit Sinn erfüllt werden sollte. Es ist zu empfehlen, die Glocken recht oft erklingen zu lassen, dafür aber vielfältig und relativ kurz zu läuten und den Gebrauch des vollen Geläutes, das abstumpfend wirken kann, zu beschränken.

Das Glockenläuten – vom Grundgesetz geschützt Glocken werden durch eine Glockenpredigt, auch „Glockenweihe“ genannt, in den kirchlichen Dienst genommen und dadurch zu „res sacrae“, liturgischen Instrumenten. Sie dürfen auch nur für diesen Zweck und zum Beispiel nicht zu politischen Anlässen verwendet werden. Das alle oben genannten Aspekte umfassende liturgische Läuten (Stundenschlag mit Abstrichen) ist durch Art. 4 Abs. 2 des Grundgesetzes geschützt, solange keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft entstehen oder das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nicht durch die Gefahr einer gesundheitlichen Schädigung beeinträchtigt wird. Grundsätzlich ist in Deutschland Glockengeläut als ortsüblich einzustufen, auch bei Kirchenneubauten. Im Streitfall muss die spezielle Situation vor Ort analysiert werden. Unabhängig von der Rechtslage sind die Kirchen bemüht, Entgegenkommen zu zeigen. Sollte die Lautstärke der

Glocken überdurchschnittlich sein, könnten Veränderungen an Glockenstube und Intonation der Glocken vorgenommen werden. Es kann allerdings kaum sinnvoll sein, die Zusammenhänge einer über Jahrhunderte tradierten Läutetradition aufzugeben.

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Sachverständige für Orgeln und Glocken Mit den Orgel- und Glockensachverständigen verfügt die EKHN über ausgewiesene Fachleute, die Sie bei allen Fragen Verpflichtende oder Problemen hinsichtlich Orgeln oder Glocken beraten, Beratung seien sie technisch und/oder musikalisch. Nach dem Recht der EKHN ist diese Beratung nicht nur optional, sondern bei allen diese Instrumente betreffenden und über Wartungsarbeiten hinausgehenden Maßnahmen verpflichtend. Die Gutachten der Sachverständigen sind Grundlage für die dann erforderliche Genehmigung der Kirchenverwaltung. Ansprechpartner ist der hauptamtliche Orgel- und Glockensachverständige der EKHN im Zentrum Verkündigung, im Fall von Glockenmaßnahmen und Veränderungen an Orgelprospekten auch das Baureferat der Kirchenverwaltung. Weitere Informationen können Sie der Homepage des Zentrums Verkündigung (www.zentrum-verkuendigung.de) entnehmen.

Thomas Wilhelm

Zentrum Verkündigung, Abteilung Kirchenmusik Orgel- und Glockensachverständiger der EKHN Telefon: 06039 / 486071 [email protected]

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Kunst in der Kirche –

den Kirchenraum gestalten

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in Kirchenvorstand ist für die Gebäude der Kirchengemeinde verantwortlich. Dabei geht es nicht nur um Bauerhaltung, sondern auch um Inhalte. Denn unsere Kirchen künden vom Glauben. Kunst ist wesentlich daran beteiligt. Das fängt bei der Architektur selbst an und geht über prägende Gestaltungselemente – wie etwa farbig verglaste Fenster – bis hin zu einzelnen Ausstattungsstücken wie Textilien (Paramente), Kreuzen oder Kerzenhaltern. Es gibt ein großes Bedürfnis nach besonderen Räumen. Der Mehrzweckraum mit seiner alltagsnahen Architektur erscheint mittlerweile als Auslaufmodell. Menschen suchen in einer Kirche das Andere, das ihnen innere, seelische Freiräume ermöglicht. Eine künstlerische Gestaltung ist dabei sehr wichtig, denn sie kann Gefühle wecken und Unaussprechliches ausdrücken.

Zur Besonderheit einer Kirche gehört natürlich die religiöse Funktion, die besonders im Gebet und im Gottesdienst ih-

ren Ausdruck findet. Diese entscheidet auch über die Einrichtung. Von zentraler Bedeutung sind hier die Prinzipalstücke, also Taufbecken, Altar, Predigtstelle oder Lesepult. Sie sollten im Gesamtkonzept einen künstlerisch angemessenen Ausdruck finden. Auch textile Kunst kann den Raum aufwerten. Für gelegentliche Konzerte oder Theateraufführungen in der Kirche muss ein Altar nicht mobil sein. Vieles lässt sich um ihn herum gruppieren. Selbst Tisch-Altären gebührt ein fester Platz.

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In den letzten Jahren wird wieder über „Heilige Räume” diskutiert. Nach protestantischem Verständnis sind Gebäude allerdings nicht heilig. Zur „Gemeinschaft der Heiligen” gehören alle Getauften – Dinge und Gebäude aber nicht. Sie können jedoch die Beziehung zu Gott fördern oder hindern. Entscheidend ist die Wirkung. Nur in diesem – wohlgemerkt indirekten – Sinne lässt sich auch von einer gewissen Heiligkeit der Räume sprechen. Es gibt keine bestimmte Einrichtung oder Gebäudeform, die eine „evangelische Wirkung” gewährleistet. Auch hängt die Wirkung nicht davon ab, ob bestimmte Symbole erkennbar sind. Natürlich kennzeichnet ein Kreuz den Raum als Kirche, nicht zu unterschätzen ist jedoch die unmittelbare Raumwir- Die „Melodie“ kung, bei der anderes im Vordergrund steht: die Stimmung, eines Raumes die Ordnung, das Gefühl von Geborgenheit oder das Gefühl von Freiheit, die Farben, der Hall, die Lichtwirkung. Im übertragenen Sinne hat jeder Raum eine eigene „Melodie”. Sie trägt die Botschaft gleichsam wie Musik die Botschaft eines Liedes trägt. Ein abstraktes Glasfenster oder ein Gemälde mit weltlichem Thema können einer Kirche also durchaus gut tun. Kunst gibt entschei- dende Anstöße für Kopf, Herz und Sinne. Das ist einem Glauben ange- messen, der Leib und Seele anspricht und weltoffen ist. Dabei gilt: Weniger ist mehr. Der optimale Kirchenraum kann schlicht erscheinen. Aber seine Ge- stalt und Ausstattung regen immer wieder zu neuem Hinsehen und Nachdenken an.

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Wie ein gutes Kunstwerk, so lebt auch eine Kirche von Kontrapunkten. Geborgenheit und Freiheit bilden ein kraftvolles Gegenüber. Gemütlichkeit sollte nicht das alleinige Ziel sein. Die christliche Botschaft ist ja auch nicht harmlos und bequem. Christus ruft die Mühseligen und Beladenen zu sich, auf dass sie Erfrischung bekommen, die Ängstlichen, auf dass sie Frieden finden, die Selbstsicheren, auf dass sie sich in Frage stellen. Die Art von Geborgenheit, die er schenkt, führt zu einer inneren Entwicklung. Qualitätvolle Kunst – gleich welcher Epoche – bewirkt das Gleiche. Ist etwas von diesem Geist in Ihrem Kirchenraum erfahrbar?

Grundsätzliche Gestaltungsmängel eines Raumes werden allzu schnell mit Pflanzen kaschiert. Außerdem sprechen Blumen bekanntermaßen. Es gibt genug Fälle, in denen sie sagen: Dieser Raum wird vernachlässigt! Besser ist es, das eigentliche Problem anzugehen. Eine Kirche muss gewiss nicht prunkvoll sein, aber repräsentativ, um einladen zu können. Verzichten Sie lieber auf unnötige Teppiche und Philodendron. Vielleicht entdecken Sie ja auch nach dem „Abschminken“ die „natürliche Schönheit“ Ihrer Kirche wieder neu.

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Kirche als öffentlicher Raum Die Kirche ist ein öffentlicher Raum und kein Vereinsheim. Dieser Unterschied ist sehr bedeutend. Die nachfolgenden drei Punkte geben Ihnen einige Anhaltspunkte, wie Sie Ihre Kirche einladend gestalten können: 1. Offene Kirche: Ein Vereinsheim öffnet sich nur für Mitglieder an bestimmten Tagen. Eine Kirche aber sollte jeden Tag zum Besuch einladen und dazu, in Muße zu verweilen. Dafür muss sie natürlich offen sein. Schön, wenn Gäste außerdem Gelegenheit finden, eine Kerze anzuzünden und über einem Kunstwerk zu meditieren. Auch sollten ein Gebetbuch und eine gut lesbare, handliche Bibel ausliegen. 2. Pflege: Wer pflegt, reinigt und richtet ein? Einzelne sind mit

dieser Verantwortung schnell überfordert. Umgekehrt kann es passieren, dass sich keiner so recht zuständig fühlt. So häufen sich Unordnung, provisorische Einrichtungsgegenstände und Sperrmüll nicht nur in manchen Vereinsheimen, sondern auch in Kirchen: Der Chorraum wird zum Stuhllager, auf dem Altar stehen Plastikblumen wie in einer Imbissbude und der fadenscheinige Sisalteppich wurde mit Klebeband verschlimmbessert. Fragen Sie sich selbst: Wenn es bei mir zuhause so aus- sähe, würde ich dann gerne Gäste empfangen? Schaffen Sie klare Zuständigkeiten und verteilen Sie die Pflege auf mehrere Schultern, so dass sich die Verantwortlichen gegenseitig entlas- ten, aber auch beraten und inspirieren können.

3. Angesammeltes: In Vereinsheimen sammelt sich manches

unkontrolliert an. In Kirchen leider auch. Oft handelt es sich dabei um Geschenke von Partnerkirchen, Ikonen-Replikate und Werbeplakate, Basteleien der Jungschargruppe, den Taufbaum und diverse „Stiftungen“, etwa einen selbstge- Aufräumen schmiedeter Ständer für die Osterkerze. Es mag theologische und Gründe dafür geben oder die handwerkliche Qualität kann ausmisten! außer Frage stehen. Aber das Ergebnis ist immer ein Sammelsurium gut gemeinter Zutaten. Da bewahrheitet sich sprichwörtlich, was „viele Köche“ bewirken. Nichts ist beständiger als ein Provisorium. Wie Unkraut erfreut es sich eines erstaunlich langen Lebens. Folgendes Beispiel kann dies veranschaulichen: In einer Kirche gab es eine „Taufschale“ aus dem 18. Jahrhundert. Tatsächlich handelte es sich um eine Barbierschüssel zum Anrühren von Rasierseife. Einst aus der Not heraus eingesetzt, blieb sie einfach über 250 Jahre im kirchlichen Gebrauch. Wer weiß, wie lange der

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Notenständer das Lesepult noch ersetzt oder der Kunstdruck mit Luthers Portrait, das Hungertuch aus den 80ern oder der „Altar“ aus dem Möbeldiscounter die Kirche verunzieren? Schaffen Sie daher rechtzeitig Abhilfe. Es gibt Kirchen, in denen eine Sammlung historischer Fotos samt Erläuterungen ausgestellt wird: Bilder aus der Zeit des Krieges, des Wiederaufbaus und wichtige Pfarrer. Das erinnert an Pokale, Gedenktafeln und Gruppenbilder in einem Vereinsheim. Auf Dauer passt dergleichen nicht in den Raum einer feiernden Gemeinde, die ihre Bestätigung nicht aus sich selbst heraus zieht, sondern aus dem Wort Gottes. Historisch Interessantes darf seinen Platz haben – aber besser im Kirchen-Vorraum oder in Broschüren. Eine Kirche ist, wie wir eben schon betont haben, öffentlicher Raum. Das bedeutet gerade nicht: Hier darf jeder etwas dazu tun. Es ist schön, wenn die Basteleien einer Kindergruppe im Familiengottesdienst gewürdigt werden. Doch man sollte sie auch wieder entfernen, bevor nur ein schleichender Verfall zu besichtigen ist. Beachten Sie die „Blütezeiten“ eines Taufbaums: Taufen und Tauferinnerungsfeiern. Niemand schenkt ihm Beachtung, wenn er dauerhaft neben dem Altar steht. Es ist wie mit einer Weihnachtskrippe. Es gibt gute Gründe, sich auf sie zu freuen. Stünde sie aber immer da, käme sie einem bald unpassend vor, außerhalb der richtigen Zeit kitschig und vielleicht sogar schäbig. Die zeitliche Begrenzung würdigt viele Dinge besser als die dauerhafte Einrichtung. Die Kirche steht allen Menschen offen, aber nicht jedem Gestaltungswunsch zur Verfügung. Andernfalls büßt der Raum an Qualität und einladender Offenheit ein. Zur Verantwortung eines Kirchenvorstandes gehört es darum auch, die Dekoration zu begrenzen, KüsterInnen zu unterstützen und schulen zu lassen und nicht jede Sachspende anzunehmen. Paulus sagt über prophetische Botschaften (I. Thess. 5, 21): „Den Geist dämpft nicht. ( … ) Prüft aber alles und das Gute behaltet!“ So kann auch ein Kirchenvorstand mit offenen Augen prüfen, was der Raum kundtut. Betrachten Sie künstlerische Gestaltung als geistliche Chance.









Markus Zink

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Buchtipps aus der Reihe „Materialhefte” des Zentrums Ver-

kündigung der EKHN: Nr. 108 (Siehe! Zeitgenössische Kunst in evangelischen Kirchen), 93 (Kunst-Stücke), 99 (Die Kunst mit dem Kreuz) und 104 (Heilige Räume).

Weitere Tipps und Erläuterungen siehe:

http://www.zentrum-verkuendigung.de/kuki.html Beratung bietet ebenfalls das Zentrum Verkündigung der EKHN: E-Mail: [email protected]

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Basis der Verwaltung –

Verwaltungsprüfung, Übergabe der Geschäfte und elektronisches Bestandsbuch

Verwaltungsprüfung In der EKHN wird durch eine Verwaltungsprüfung von Seiten des Dekanats regelmäßig überprüft, ob die Verwaltung der Kirchengemeinde den allgemein geltenden Standards entspricht. Die Verwaltungsprüfung ist in § 21 Visitationsgesetz und den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen geregelt. Die Prüfung geschieht außerhalb der Visitation und erstreckt sich auf diejenigen Verwaltungs- und Organisationsvorgänge einer Kirchengemeinde, die nicht von der Visitation erfasst sind. Dies betrifft sowohl den pfarramtlichen als auch den Bereich der kirchengemeindlichen Verwaltung. Im pfarramtlichen Bereich werden insbesondere geprüft: • Kirchenbuchführung • Chronik • Beurkundungswesen

Im kirchengemeindlichen Bereich bezieht sich die Prüfung insbesondere auf: • Vermögens- und Finanzverwaltung, einschließlich Kollektenwesen • Liegenschaften und Gebäude • Bestandsbuch

D

er Kirchenvorstand ist das alleinige Leitungsorgan der Kirchengemeinde. Er entscheidet und berät im Rahmen der gesamtkirchlichen Ordnung über alle anfallenden Angelegenheiten. Eine sinnvoll organisierte und ordnungsgemäße kirchengemeindliche Verwaltung ist für die Arbeit des Kirchenvorstands mit allen seinen Verantwortungen eine wertvolle Basis. Die Kirchengemeindeordnung sieht daher vor, dass der oder die Vorsitzende des Kirchenvorstands für die kirchengemeindliche Verwaltung verantwortlich ist. Damit ist klargestellt, dass eine gut funktionierende Verwaltung „Chefsache“ ist.

• Gemeindemitgliederverzeichnis und Meldewesen • Protokollbücher • Aktenführung • Siegelwesen • Archiv

In den Ausführungsbestimmungen zum Visitationsgesetz ist unter Punkt 52 zu § 21 Abs. 1 geregelt, dass Umfang, Art und Weise der Verwaltungsprüfung durch den von der Kirchenverwaltung zur Verfügung gestellten Formularsatz (Prüfungsbericht) geregelt wird.

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Die Prüferinnen und Prüfer nehmen Einsicht in die Verwaltungsvorgänge und berücksichtigen die Prüfungsergebnisse anderer Stellen. Sie verschaffen sich einen Gesamtüberblick, welche Verwaltungsvorgänge in dieser Gemeinde anfallen, in welcher Weise sie organisiert sind, wer für ihre Ausführung verantwortlich ist oder wie die jeweilige Verantwortung geregelt ist. Eine Überprüfung der Einzelvorgänge geschieht stichprobenartig. Sie umfasst Bescheide, Berichte und andere kirchliche Aufsichts- und Kontrollinstan- zen wie etwa Prüfungsbescheide des Rechnungsprüfungsamtes. Der Dekanats- synodalvorstand kann auch andere Stellen, zum Beispiel die Regionalverwaltung, das Rechnungsprüfungsamt oder die Kirchenverwaltung in eine Verwaltungsprüfung im Wege der Amtshilfe einbeziehen. Während der Wahlperiode der Dekanatssynode soll in jeder Kirchengemeinde einmal eine Verwaltungsprüfung stattfinden, die auch die Kosten dafür zu tragen hat. Über das Ergebnis der Verwaltungsprüfung wird ein Bericht erstellt. Zu diesem kann der Kirchenvorstand innerhalb von sechs Monaten gegenüber dem Dekanatssynodalvorstand Stellung nehmen. Propst oder Pröpstin werden ebenfalls über das Ergebnis der Verwaltungsprüfung informiert. Je eine Ausfertigung des Prüfungsberichts und der Stellungnahme des Kirchenvorstands werden beim Dekanat und bei den Gemeinden auf Dauer aufbewahrt. Sie werden der nächsten Kommission vorgelegt. Generell sind Verwaltungsprüfungen regelmäßig durchgeführte Routinemaßnahmen, vor denen sich niemand fürchten muss. Nur in seltenen Fällen wird die Kirchenleitung eine außerordentliche Verwaltungsprüfung anordnen. In diesem Fall beruft sie die Mitglieder der Kommission.

Übergabe/Übernahme der Geschäfte Auch außerhalb der Verwaltungsprüfung ergibt sich beim Wechsel im Amt des Kirchenvorstands-Vorsitzes regelmäßig die Situation, dass eine Feststellung des Stands der kirchengemeindlichen Verwaltung sinnvoll und notwendig wird.

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_Das Übergabeprotokoll Immer wenn eine Amtszeit eines oder einer Kirchenvorstandsvorsitzenden endet, wird eine Übergabe der Geschäfte notwendig. Nur so kann der oder die neu gewählte Kirchenvorstandsvorsitzende – oder nach einer Kirchenvorstandswahl auch der gesamte Kirchenvorstand – seine Arbeit gut informiert beginnen und gegebenenfalls Projekte, die nicht beendet wurden, fortführen. Die Geschäftsübergabe ist eine Pflichtaufgabe der oder des Kirchenvorstandsvorsitzenden (§ 35 KGO, § 19 KHO). ÜbergabeIm Intranet der EKHN ist das entsprechende Übergabeproto- protokoll im koll als Formular eingestellt, das inhaltlich mit dem Formu- Intranet lar zur Verwaltungsprüfung korrespondiert und alle Verwaltungsbereiche aufzählt. Die Übergabe der Geschäfte umfasst folgende Punkte: • Berichte und Protokolle zu Verwaltungsprüfungen und Pfarramtsübergaben, • Organisations- und Informationstechnologie, Datenschutz, • Siegelwesen, • Protokollbücher der Kirchenvorstandssitzungen, • Vermögensübergabe, • Bestandsbuch über das bewegliche Vermögen, • Kollekten- und Kassenwesen und den • Aktenbestand der Kirchengemeinde.

_Das (elektronische) Bestandsbuch Ob Inventarheft, Bestandsliste oder Inventarverzeichnis genannt, in jeder Kirchengemeinde gibt es einen Vermögensnachweis, der beim Kirchenvorstands- oder Pfarramtswechsel ordnungsgemäß zu übergeben ist (§ 19 KHO).

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Die Inhalte des Bestandsbuchs sind seit 1983 festgelegt und umfassen: • das gesamte Vermögen • sowie alle Schulden …

Mitarbeitende der Kirchenverwaltung stehen jeder Kirchengemeinde gerne bei der Einrichtung eines elektronischen Bestandsbuchs zur Seite. Ziel ist es, das Führen der handschriftlichen Bestandsliste entbehrlich zu machen.









Petra Zander

Das Bestandsbuch ist gegliedert in: 1. Grundvermögen

– bebaut,



– unbebaut

2. Bewegliches Vermögen 2.1 Inventar 2.2 bewegliches Kunstgut 3. Nutzungen und Rechte auf wiederkehrende Leistungen 4. Kapitalvermögen und Rücklagen 5. Schulden 6. Kirchenbücher 7. Pfarrarchiv

Kontakt für die Einrichtung eines elektronischen Bestandsbuches:

8. Sonstiges

Kirchenverwaltung der EKHN, Dezernat III – Vermögensverwaltung und Finanzcontrolling, Paulusplatz 1, 64285 Darmstadt, Tel. 06151/405-478.

Für einen Teil des Bestandsbuches können die Regionalverwaltungen die Daten liefern, der verbleibende Teil ist als handschriftliche Bestandsliste in der Kirchengemeinde zu führen. Künftig kann auf einfache Weise eine elektronische Bestandslistung erreicht werden. Neuzugänge von beweglichem Anlagevermögen werden bereits bei der KFM-WebBelegerfassung in ein Listenformat eingesteuert, sofern die Bezeichnung und der Aufbewahrungsort ergänzt wurden. Mit einem Tastendruck kann dann zu jeder Zeit eine Zusammenstellung der bis dato neu zugegangenen Gegenstände mit Anschaffungsdatum, Wert und Standort abgerufen werden. Gegenstände, die vor der Zeit der web-basierten Zahlungsanordnung angeschafft wurden, können nachträglich als Inventar in das elektronische KFM-Verzeichnis aufgenommen werden.

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Schriftgutverwaltung – Schrift – gut – verwalten

gangsstempel oder einem Eingangsvermerk mit folgenden Angaben versehen werden:

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• „Eingegangen am …” • AZ – das Aktenzeichen

Dieses Aktenzeichen muss dann auch im Kopf des Antwortschreibens enthalten sein. Zur eingehenden Post gehören auch Aktenvermerke und eingehende aktenwürdige E-Mails. Wird eine schriftliche Anfrage mündlich erledigt, so wird das Ergebnis auf dem Anschreiben selbst oder als zusätzlicher Aktenvermerk dokumentiert. Die Aktenzeichen finden Sie im Aktenplan, dem ein Stichwortverzeichnis zugeordnet ist (s.a. Ablage). Sind Sie unsicher bei der Wahl des Aktenzeichens, fragen Sie im Dekanatsbüro oder auch in der Schriftgutverwaltung der EKHN nach.

S

chon der Begriff verdeutlicht den Anspruch: Schrift – gut – verwalten. Dazu bedarf es bestimmter Verfahrensweisen und Routinen, die letztlich eines zum Ziel haben: Ordnung herzustellen und zu bewahren. Denn, wie schon Goethe sagte: „Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen!“. Eine ordnungsgemäße Schriftgutverwaltung stellt sicher, dass die Gemeinde ihren Verwaltungs- und sonstigen Aufgaben gut organisiert nachkommen kann. Ein gewissenhafter Umgang mit den schriftlichen Amtsgeschäften unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben gewährleistet nicht nur in der Gegenwart Rechtssicherheit und Arbeitserleichterung, sondern bewirkt, dass auch eine spätere Archivierung zügig und problemlos vorgenommen werden kann. Das Wissen um die Gegenwart und die Vergangenheit hilft, die Brücke in die Zukunft zu schlagen, denn aus ihm erwächst die Identität der Gemeinde und ihr unverwechselbares Profil. _Der Posteingang Zur Geschäftsführung der Kirchengemeinde gehört die Bearbeitung der Eingangspost. Nach Trennung in persönliche und dienstliche Post muss die dienstliche Post mit einem Ein-

Nach der Bearbeitung werden die Vorgänge „z.d.A.“ (zu den Akten) verfügt und unter dem entsprechenden Aktenzeichen abgelegt. Sie gelangen also in die Ablage. _Aktenplan und Ablage Zur Erleichterung der Geschäftsführung hat die Kirchenleitung die Schriftgutordnung (SGO) erlassen. Sie regelt einheitlich die Ablage der zu bildenden Akten. Alle anfallenden Dokumente EKHNwerden nach einem EKHN-einheitlichen System, dem Akten- einheitliches plan der Schriftgutordnung, abgelegt und können so jederzeit System wiedergefunden werden. Dieses Arbeitsinstrument dient dem Gedächtnis der Gemeinde. Gewissenhaft betrieben gewährleistet es, dass vorhandene Fakten und Informationen greifbar bleiben. Rechtliche Ansprüche und Terminangelegenheiten geraten nicht in Vergessenheit. Nachzulesen ist diese Schriftgutordnung im „Recht der EKHN“ Nr. 965. 1977 wurde jeder Kirchengemeinde eine „blaue Mappe“ übergeben. Sie beinhaltet die SGO, die Ausführungsanweisung zur SGO, den Aktenplan, das Stichwortverzeichnis, die Aufbewahrungsrichtlinien und -fristen sowie die Ordnungsmittel. Falls diese nicht mehr vorhanden ist, kann der Aktenplan und das Stichwortverzeichnis – inzwischen in erweiterter Form – bei der Schriftgutverwaltung der EKHN angefor-

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dert werden. Die Aufbewahrungsfristen werden durch die Aufbewahrungsrichtlinien der EKHN („Recht der EKHN“ Nr. 965a) geregelt. Die Dauer der Aufbewahrung selbst kann in den Aufbewahrungsfristen nachgelesen werden („Recht der EKHN“ Nr. 965b).

_Die digitale Ablage auf dem Computer Dokumente entstehen jedoch heute nicht nur in Papierform. Die moderne Informationstechnologie macht es möglich, Dokumente und Bilder auch elektronisch zu speichern. Der PC ist eine unerlässliche Hilfe im Büroalltag geworden. Genaue Regelungen für die elektronische Ablage von Dokumenten stehen noch aus, so dass bis auf weiteres noch immer die Regel gilt, dass alle verwaltungsrelevanten Dokumente in Papierform nach Aktenplan aufbewahrt werden müssen. Zur Arbeitserleichterung am PC empfehlen wir Ihnen, eine Ordnung identische Papierablage zu bilden. Legen Sie die Ordner im im PC PC analog zur Papierform an und speichern Sie darin die Dokumente. Das erleichtert die Recherche. Bei Fragen der Neuorganisation, Aktenaussonderung und -ablage sowie bei Beschaffung von entsprechenden Hilfsmitteln und Büroausstattung können Sie Unterstützung bei der Schriftgutverwaltung der Kirchenverwaltung erhalten. Zukünftig soll im Intranet die Schriftgutverwaltung mit ihren Aufgaben und Dienstleistungen sowie aktuellen Informationen präsent sein.

Aktenplan und Fristen werden zur Zeit der Entstehung dieses Taschenbuches überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Rückfragen können an die Schriftgutverwaltung der EKHN gerichtet werden. Darüber hinaus erfolgt im Anschluss an die Überarbeitung eine Einstellung ins Intranet. Bezüglich der Alterungsbeständigkeit von Papier und der Nutzung von Druckern sollte die Info 1 zur Schriftgutverwaltung (Kirchenbücher und mehr ..., alterungsbeständige Papiere, Schreib-, Druck- und Kopierverfahren) mit der Schreibmittelliste im Anhang aus 2008 berücksichtigt werden. Theoretisch ist diese in jeder Kirchengemeinde vorhanden. Falls nicht, ist diese nachzulesen im Intranet unter Verwaltung – Kirchliche Dienste – Downloads. Achten Sie auf die unregelmäßig erscheinenden Infos der Schriftgutverwaltung. Sie werden in den EKHN-Mitteilungen veröffentlicht und teilen Ihnen die neuesten Veränderungen im Bereich der Schriftgutverwaltung mit. Info 2 beinhaltet die veränderten Aufbewahrungsfristen.



Birgit Dreuth

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Das Gedächtnis der Gemeinde –

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Pfarrarchiv, Kirchenbücher, Chronik

1. Pfarrarchiv Das Archivgut, das aus einer Kirchengemeinde als öffentlichrechtlicher Institution erwächst, dient primär der Rechtssicherung. Dieser Aspekt tritt in der allgemeinen Wahrnehmung jedoch deutlich hinter die Funktion des Pfarrarchivs als Gedächtnis der Kirchengemeinde zurück. Zum Aspekt der Rechtssicherung und Überlieferung für zukünftige Generationen tritt der Gedanke ortskirchlicher Sinnstiftung und Identitätsbildung in unserer Gegenwart. Aus Rechts- und Versicherungsgründen darf Archivgut nur in Räumen aufbewahrt werden, die im kirchlichen Eigentum stehen. Archivräume sollen ausschließlich Archivzwecken dienen und müssen gegen Diebstahl, Feuer, Wasser und andere schädliche Umwelteinflüsse hinreichend geschützt sein. Im kirchlichen Archivgesetz in Verbindung mit der Benutzungs- und Gebührenordnung wird der Umgang mit dem kirchlichen Archivgut geregelt. Der Geltungsbereich dieser Vorschriften umfasst auch die Kirchengemeinden der EKHN. Im Rahmen der Archivpflege berät und betreut das Zentralarchiv die Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden und hilft, alte Aktenbestände zu sichern, zu erschließen und in organisiertes Archivgut mit „Findbuch“ umzuwandeln.

2. Kirchenbücher Kirchenbücher werden in den evangelischen Pfarrämtern seit Mitte des 16. Jahrhunderts beziehungsweise seit Errichtung der Kirchengemeinde geführt. Sie gehören als Kulturgut zu den wertvollsten Archivalien, die eine Kirchengemeinde besitzt, weshalb die Kirchengemeinden dazu verpflichtet sind,

ihre Kirchenbücher zu erhalten und gegen Verlust und Beschädigung zu sichern. Kirchenbücher dienen von ihrem Ursprung her der Dokumentation der kirchlichen Amtshandlungen und haben darin den Charakter von Urkunden. Nach welchen Bestimmungen die Pfarrerinnen und Pfarrer oder andere Kirchenbuchführende die Amtshandlungen in die Kirchenbücher einzutragen Zentralarchiv haben, regelt die Verwaltungsverordnung über die Führung hat die der Kirchenbücher, abgekürzt KBO. Auch wenn seit kurzem Fachaufsicht die Kirchenbücher mit Hilfe eines EDV-gestützten Verfahrens geführt werden, bleibt das ausgedruckte, gebundene Kirchenbuch erhalten. Das Zentralarchiv hat die Fachaufsicht über die historische und moderne Kirchenbuchführung. Bei Fragen zur Kirchenbuchführung und -benutzung berät es die Kirchengemeinden und darf Entscheidungen treffen.

3. Chronik Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Für jede Kirchengemeinde ist von der Pfarrerin oder dem Pfarrer eine Kirchengemeinde- und Pfarrchronik zu führen. Beide Chroniken sind getrennt voneinander angelegt. Die Verwaltungsverordnung über die Kirchengemeinde- und Pfarrchroniken aus dem Jahr 1971 führt zum Zweck der Chronik Folgendes aus: „Was im einzelnen in der Chronik aufgezeichnet wird, liegt im Ermessen des Chronikführers. Zu beschreiben und nötigenfalls zu kommentieren sind Ereignisse und Sachverhalte, die für das gemeindliche Leben in positivem wie auch in negativem Sinne bedeutsam sind oder zum Zeitpunkt der Aufzeichnung bedeutsam erschienen.“ Die Verwaltungsverordnung gibt der Chronistin oder dem Chronisten die Freiheit und die Verpflichtung, seine bzw. ihre persönliche Auffassung zu den Ereignissen unter dem Eindruck des kürzlich Erlebten darzustellen. Sie unterliegen dem Seelsorgegeheimnis.

die pfarramtliche Chronik natürlich nicht ersetzen. Aber es ist unbedingt sinnvoll, derartige Dokumentationen anzulegen und kontinuierlich zu pflegen, denn diese können für Jubiläumsschriften und die Ortsgeschichtsforschung direkt genutzt werden.







Holger Bogs, Sabine Hübner

Zentralarchiv und Zentralbibliothek der EKHN im Helmut-Hild-Haus Ahastraße 5a 64285 Darmstadt Tel.: 06151/3663-63 Fax: 06151/3663-94 E-Mail:[email protected]

Zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte ist die Einsichtnahme strikt reglementiert und in der Verordnung genau geregelt. Dem Zentralarchiv obliegt auch die Fachaufsicht über die Führung der Chroniken.

4. Allgemeine Akten Von dieser offiziellen pfarramtlichen Chronik sind Sammlungen zum Gemeindeleben und zur Ortskirchengeschichte deutlich zu unterscheiden. Derartige Sammlungen können

183

28 Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Zeichen der Gemeinde –

Siegelberechtigung und Siegelgestaltung

dem Willen des Urhebers zu beglaubigen. Öffentliche Beglaubigungen im allgemeinen Rechtsverkehr sind dagegen den Notariaten und staatlichen Stellen vorbehalten. Neben diesen „weltlichen“ Belangen gibt es „geistliche“ Bereiche, bei denen das Siegel angewendet wird, etwa bei der Erstellung von Kirchenbuchauszügen, Patenscheinen und anderem mehr. Wenn der oder die Vorsitzende des Kirchenvorstandes als rechtlicher Vertreter der Kirchengemeinde ein Laie oder eine Laiin ist, braucht der Pfarrer bzw. die Pfarrerin ein eigenes Siegel, das individuell entworfen und hergestellt werden muss.

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Dass die Kirchengemeinde ein oder auch mehrere Dienstsiegel hat, folgt aus ihrem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das bedeutet, dass sie bestimmte Rechte hat, wie sie eben sonst auch nur anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zukommen. Ein Siegel muss immer „ein-eindeutig“ sein, d.h. es wird durch ein entsprechendes Beizei- Ein Siegel chen einer Person in ihrer Funktion eindeutig zugeschrieben. ist kein Ein Siegel darf nicht an andere Personen verliehen werden, Logo-Stempel sollte sorgsam eingesetzt werden und ist kein Logo-Stempel!

D

as Siegel ist der formale Ausdruck der Rechtsfähigkeit einer Institution oder Einrichtung – in unserem Fall der Kirchengemeinde. Es sollte daher sorgsam damit umgegangen werden. Ein Siegel muss professionell gestaltet und genehmigt werden. Es darf nur von bestimmten Personen und für bestimmte Zwecke verwendet werden. Um den Wert des Siegels zu erhalten und seiner rechtlichen Bedeutung Genüge zu tun, ist auf die Einhaltung bestimmter Regeln zu achten. Diejenigen, die die Gemeinde im Rechtsverkehr vertreten, dürfen auch ein Siegel führen. Ein gesiegeltes Dokument genießt von vornherein Glaubwürdigkeit. Daher wird das Siegel grundsätzlich nur zu amtlichen Zwecken im Rechtsverkehr verwendet: um die Richtigkeit einer Handlung oder eines Gegenstandes zu beurkunden, um das Eigentum an einer Sache zu bestätigen und um ein schriftliches Dokument im innerkirchlichen Rechtsverkehr in Übereinstimmung mit

Da das Siegel der formale Ausdruck der Rechtsfähigkeit ist, kommt seiner formalen Gestaltung größte Bedeutung zu. Die Form macht das Siegel unverwechselbar und als Kirchensiegel eindeutig erkennbar. Bei der Gestaltung der Siegel ist zu unterscheiden zwischen dem Siegelfeld, welches die bildliche Darstellung – das Siegelbild – aufweist, und der Siegelumschrift oder Siegellegende, deren maßgebliche Aufgabe es ist, die Institution zu benennen und die oder den Siegelführenden zu identifizieren. Aus diesem Grund muss die Umschrift die rechtlich gültige Bezeichnung der kirchlichen Einrichtung enthalten. Gemäß kirchlichem Siegelgesetz in Verbindung mit der Siegelordnung hat die Kirchen- Individualgemeinde die Möglichkeit, ein so genanntes Individualsiegel siegel zu verwenden. Dies bedeutet unter anderem, dass im Siegelbild grafisch abstrahierte Darstellungen von künstlerischen, ortshistorischen oder theologischen Elementen zulässig sind, denen sich die Gemeinde verbunden fühlt. Die Abstraktion unterliegt dem Gebot der genormten Form des Siegels.

Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Gemäß Kirchengesetz über das Siegelwesen ist das Zentralarchiv für die Genehmigung von Dienstsiegeln zuständig. Die Kirchengemeinden werden in diesem Zusammenhang auch umfassend bei der Gestaltung des Dienstsiegels beraten.





Holger Bogs, Sabine Hübner

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Verwalten mit Mausklick –

EDV-Programme der EKHN für die kirchengemeindliche Verwaltung

„I

ch denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt“ – mit diesen Worten beschrieb der damalige IBM-Vorsitzende Thomas Watson im Jahre 1953 eindrucksvoll, wie er zu seiner Zeit die Verwendungsmöglichkeiten für Rechner gesehen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ersten dieser Apparate ganze Räume füllten, nur wenige Funktionen hatten und nahezu unbezahlbar waren.

Doch die Weiterentwicklung des Computers ging mit Riesenschritten voran. Ob in Armbanduhren oder in medizinischen Geräten, in Videorekordern oder Autos, in „Zeitalter Mobiltelefonen oder am Büroarbeitsplatz – längst sind des die rechnenden Helfer aus keinem Bereich unseres Le- Siliziums“ bens mehr wegzudenken. So behaupten heute nicht wenige Menschen, nach der Eisen- und Bronzezeit seien wir nun im Zeitalter des Siliziums angekommen.

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Dass diese Entwicklung auch ihre Schattenseiten haben kann, mag durch den folgenden Witz angedeutet sein: Einst stritten ein Arzt, ein Bauarbeiter und ein Informatiker darüber, welcher ihrer Berufe der älteste sei. Der Arzt verwies auf die Bibel: „Gott schuf Eva aus Adams Rippe – ein zweifellos chirurgischer Eingriff. Keine Frage: Der Beruf des Arztes ist damit der älteste der Welt!“ Der Bauarbeiter schüttelte nur mit dem Kopf: „Aber sagt die Bibel nicht auch, Gott schuf Himmel und Erde aus dem Chaos? Das ist unser Bauwesen! Und diese Stelle steht in der Genesis noch viel weiter vorn! Der Informatiker dagegen konnte sich ein Lachen nicht verkneifen: „Da habe ich wohl schon gewonnen. Denn was meint ihr, wer für das Chaos verantwortlich war …?“

Man mag die heutige Allgegenwart von Computern sehen, wie man will: Gerade in der Verwaltung vereinfachen sie viele Prozesse, sorgen durch ihre Standardisierungen für einfache Abläufe und ein Höchstmaß an Transparenz und Ordnung, lösen logistische Probleme und ermöglichen Zugriffe auf Daten auch unabhängig von räumlichen Grenzen. Diese vielen unbestrittenen Vorteile sind für die EKHN Grund genug, mit der Entwicklung eigener effektiver und leicht zu erlernender Verwaltungsprogramme auf die speziellen Bedürfnisse kirchlicher Arbeit zu reagieren. Sie helfen, Gemeindegliederdaten einzusehen, zu verwalten und auszuwerten. Sie ermöglichen uns, etwa das Abrechnungs-, Gebührenund Beitragswesen in Kindertagesstätten zu berechnen und zu kontrollieren. Sie unterstützen die Gemeinden bei der

Planung und Führung des Haushalts, bei der Budgetierung und im Kassenwesen. Und sie erleichtern die Kirchenbuchführung, die somit noch schneller und einfacher wird. Dabei arbeitet die Evangelische Kirche in Deutschland immer weiter daran, unsere Programme noch effektiver zu machen:

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So begann das EDV-Centrum für Kirche und Diakonie ECKD (ECKD) Anfang 2001 in Zusammenarbeit mit dem Kommu- KGRZ nalen Gebietsrechenzentrum in Kassel (KGRZ) das OnlineProgramm netKIM für drei Landeskirchen zu entwickeln. Mit diesem Schritt wurde das Kirchliche Meldewesen maßgeblich vereinfacht und für den Nutzer komfortabler gemacht. Seit 2004 hat die Kirchliche Gemeinschaftsstelle für elektronische Datenverarbeitung (KIGST) das heute gültige Pro- KIGST gramm für Kirchliches Finanzmanagement KFM entwickelt, KIFIKOS welches das bisherige System KIFIKOS im Jahre 2006 ablö- netKIM-KIBU ste. 2007 startete netKIM-KIBU, das netKIM um ein Kirchbuchführungsmodul erweiterte. Im Folgenden möchten wir Ihnen die wesentlichen Programme zur Erleichterung kirchlicher Verwaltungsarbeit vorstellen.

_netKIM für das Kirchliche Meldewesen Das Programm netKIM ermöglicht seinen Nutzern die Online- Verwaltung von Daten ihrer Gemeindemitglieder, um Auskünfte zu erhalten und Auswertungen vorzunehmen. Diese sind auf einer vor ungenehmigten Zugriffen geschützten Großrechnerdatenbank beim Kommunalen Gebietsrechenzentrum in Kassel hinterlegt. Inzwischen greifen bereits elf Landeskirchen und zwei Diözesen auf netKIM zurück.

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Um Zugang zu diesem Programm zu erhalten, haben die EKHN, die EKKW und die Landeskirche von Westfalen ein gemeinsames Intranet-Portal eingerichtet, das unter der Adresse http://192.168.100.33:8006/portal/index.php erreich- bar ist. Um den Umgang mit dem Programm zu erlernen, werden regional Schulungen angeboten. Workshops und Fortbildungen finden auf Dekanatsebene statt und sind kostenfrei. Anfragen bitten wir unter der Telefonnummer 06151/405-108 oder per Fax an 06151/405-555-108 zu richten. Schulungstermine können Sie außerdem als pdf dem Programm „WissensWerte“ in der Rubrik „Kirchliche Verwaltung“ entnehmen.

_netKIM-KIBU für die Kirchliche Kirchenbuchführung Um Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Eintritte und Beerdigungen sowie Austritte nicht mehr in Kirchenbücher und zusätzlich in Formulare für die Regionalverwaltung eintragen zu müssen, wurde das Computer-Programm „netKIM-KIBU“ entwickelt – mit dem Vorteil für Kirchenbuchführende, dass sie ihre Arbeit schneller erledigen und die Ereignisse sofort in das Meldewesen der Kirchengemeinde übertragen werden. Hintergrund dieser Entwicklung ist der Beschluss über eine Kirchenbuchordnung, die zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist und die im Intranet unter „Das Recht der EKHN“ (KBO 950) nachzulesen ist. Sie schafft die Grundlage, die Kirchenbuchführung mittels eines EDV-gestützten Verfahrens vorzunehmen. Weitere Informationen: Tel. 06151/405-108

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_WINKITA für die Kindertagesstättenverwaltung WINKITA ist ein Programm, das wichtige Funktionen im Abrechnungs-, Gebühren- und Elternbeitragswesen für Kindertagesstätten abdeckt und das in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus kommunalen, kirchlichen und freien Trägerschaften entwickelt wurde. Mit ihm können sämtliche Informationsflüsse zwischen Träger und Einrichtung umfassend und systematisch dargestellt werden. Durch eine detaillierte Beschreibung und Dokumentation auch der Betreuungsaktivitäten und der unterstützenden Tätigkeiten gewährleistet die Software einen ständigen Überblick der Betreuungsqualität sowie über vor Ort vergebene Budgets. Die vorhandene Softwarearchitektur ermöglicht darüber hinaus die Herstellung von Schnittstellen zu beliebigen Finanzsystemen, an die relevante Daten zum weiteren Controlling übergeben werden können. Zu den Funktionen von WINKITA zählen die komplette Verwaltung der vorhandenen Kindertagesstätten, der Überblick über sämtliche Funktionsabläufe in den Einrichtungen, die Netzwerkfähigkeit, der modulare Aufbau sowie die individuellen Einstellungsmöglichkeiten sowohl in den Einrichtungen vor Ort als auch in den angeschlossenen Verwaltungen. Das Programm kann auf einem Einzelplatz-PC, zum verteilten Einsatz in einem LAN-Netzwerk sowie auf einem Terminal- oder Citrix-Server installiert werden. Weitere Informationen : Tel.: 06151/405-108

Weitere Informationen: Tel: 06151/405-255

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Intranet: Verwaltung-EDV

Friedhelm Kaumanns, Andreas Gandenberger

_KFM für das Kirchliche Finanzmanagement Seit 2006 steht das von der Kirchlichen Gemeinschaftsstelle für elektronische Datenverarbeitung (KIGST) entwickelte Programm KFM (Kirchliches Finanzmanagement) dem kirchlichen Finanzsystem der EKHN zur Verfügung. Mit ihm konnte durch die Einführung der Budgetierung und einer Kosten- und Leistungsrechnung das Finanzsystem modernisiert werden. Es sollte mehr Transparenz über die Verwendung der Mittel schaffen und den Umgang mit knapper werdenden Ressourcen verbessern. Wie wir heute bereits sagen dürfen: mit Erfolg! KFM bietet seinen Anwendern die Basisfunktionen Haushaltsplanung, Budgetierung, Haushaltsausführung und Kasse – also Anwendungen, die in jeder Gemeinde von ent- scheidender Bedeutung sind. Des weiteren sind folgende Module nutzbar: • ein Web-Modul für die dezentrale Haushaltsüberwachung und Handvorschussverwaltung unmittelbar durch Kirchengemeinden bzw. Mittelbewirtschafter • eine Kosten- und Leistungsrechnung, um die Kosten für bestimmte Leistungen zu ermitteln • eine Inventarbuchführung zur Erfassung der Inventarien • eine Anlagebuchführung zur vollständigen Darstellung des kirchlichen Vermögens • eine Barkassenverwaltung zur Darstellung des baren Zahlungsverkehrs in der Kassengemeinschaft • die Fakturierung sowie ein integriertes Mahnwesen • eine zeitnahe Überwachung des Finanzverkehrs

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30 Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Kirchlicher Datenschutz –

„Informationelle Selbstbestimmung“ ist Richtschnur

„D

ie Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Artikel 1 Abs. 1 GG)

„Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.“ (Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 GG) Diese beiden ersten Artikel aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geben allem staatlichen Handeln die Achtung der Werte „Menschenwürde“ und „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ vor. Diese gesetzliche Vorgabe hat viele Ausprägungen und Konsequenzen. Eine davon ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das heißt konkret, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst darüber entscheidet, welche seiner persönlichen Daten wo, wie und von wem verarbeitet werden dürfen und was mit diesen Daten geschieht. Im so genannten „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichtes vom 15.12.1983 wird in einem der Leitsätze zunächst jegliche Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener Daten verboten.

Das Urteil sieht in der weiteren Erläuterung nur zwei Tatbestände vor, die überhaupt ein Arbeiten mit personenbezogenen Daten erlauben. Dies ist zum einen die vorherige, informierte und schriftliche Einwilligung der betroffenen Person oder eine gesetzliche Regelung zur Verarbeitung personenbezogener Daten.

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Da es sich beim Datenschutz zunächst um ein Bürger- und Datenschutz Freiheitsrecht handelt, aus welchem sich eine staatliche Ver- ist ein pflichtung ableitet, werden hier auch explizite Rechte für die Bürgerrecht einzelne Person benannt. Das Recht mit der größten Bedeutung ist wohl das Recht auf Auskunft, welche persönlichen Daten gespeichert sind. Daneben bestehen noch Ansprüche z. B. auf Berichtigung falscher Daten und auf Löschung unzulässig gespeicherter Daten. Zwar gilt das staatliche Datenschutzrecht aufgrund des Rechts der Kirchen, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln, nicht direkt. Staatskirchenrechtlich gilt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht der Kirchen aber nur in den Schranken der für alle geltenden Gesetze. Die Kirchen haben daher für den kirchlichen Bereich ein dem Staat vergleichbares Darenschutzniveau zu gewährleisten. Die EKD trägt dem Datenschutz und allen daraus abzuleitenden Rechten und Pflichten daher durch ein eigenes Datenschutzgesetz (DSG-EKD) Rechnung, das sich stark an die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder anlehnt. Das kirchliche Datenschutzgesetz sieht deshalb auch unter anderem die Verpflichtung jeder einzelnen Gliedkirche zur Bestellung einer/eines Datenschutzbeauftragten vor. Es ist ein grundsätzliches Anliegen aller Datenschutzbeauftragten der evangelischen Kirchen in Deutschland, über dieses elementare Recht des Datenschutzes zu informieren und selbst Rede und Antwort zu stehen. Die Aufsicht über die Einhaltung eines ausreichenden Datenschutzes obliegt der Kirchenverwaltung. Für die Evangelischen Kirchen Deutschlands (EKD) hat der Schutz der Daten der Gemeindemitglieder, der Menschen, die kirchliche Einrichtungen besuchen, um dort Hilfe zu erhalten und der Daten der Menschen, die für sie arbeiten, besondere Bedeutung.

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Datenschutzgerechtes Handeln wird in Zukunft nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern in Anbetracht der „Datenskandale” der jüngsten Vergangenheit auch immer mehr ein Qualitäts- und Gütemerkmal kirchlichen Handelns sein. Folgende vier Grundsätze beschreiben im Wesentlichen die Bestandteile des Datenschutzes. • Erforderlichkeit: Nur die für die Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlichen Daten dürfen erhoben, verarbeitet und genutzt werden (Datensparsamkeit).

Umgang mit Beschwerden –

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Beschwerdemanagement ganz praktisch

• Zweckbindung: Nutzung der personenbezogenen Daten nur für den Zweck, für den sie erhoben wurden. • Nichtdiskriminierung: Erhebung und Nutzung von besonders sensiblen personenbezogenen Daten dürfen nicht zu einer Diskriminierung der betroffenen Person führen. • Transparenz: Umfassende Information der Betroffenen zum Umgang mit deren personenbezogenen Daten.

Für die Kirchenvorstandsmitglieder bedeutet dies unter anderem, dass sie auch wie alle anderen haupt-, neben oder ehren- amtlich Beschäftigten der EKHN auf das Datengeheimnis nach § 6 DSG-EKD zu verpflichten sind. Diese Verpflichtung zur Geheimhaltung personenbezogener Daten greift nicht nur bei der Funktion als Arbeitgeber für die eigenen Be- schäftigten, sondern bezieht sich auf alle Daten mit Personenbezug wie z. B. der Veröffentlichung von Jubiläumsdaten im Gemeindebrief, Fotos von Gemeinde- oder Kindergartenfesten in der öffentlichen Presse, dem Versand von Tagesordnungen und Kirchenvorstandsprotokollen und den Umgang mit diesen Unterlagen in der Wohnung.

Michael Horst

Kontakt: Tel.: 06151/405-129, Fax: 06151/ 405-555-129 E-Mail: [email protected] Informationen, Gesetzestexte, Vorlagen und weiterführende Links finden sich im Intranet der EKHN unter dem Stichwort „Datenschutz“ direkt auf der Startseite.

M

it dem Wort Beschwerde verbinden wir oft die Unzufriedenheit mit einer Dienstleistung, zum Beispiel dann, wenn wir in ein Geschäft gehen und uns das Obst, das wir kaufen, unsachgemäß eingepackt wird. Eine Kirchengemeinde lässt sich natürlich nicht mit einem Dienstleister vergleichen. Ein Sekretariat zu weiten Teilen schon: Das Ausstellen von Bescheinigungen und Patenscheinen ist ein Service für Gemeindemitglieder. Die Bereitstellung von Kindergartenplätzen, für die von den Eltern Beiträge entrichtet werden, wird ebenso von vielen als Dienstleistung angesehen. Und Fehler sind wie überall, wo für andere Menschen gearbeitet wird, ge- menschlcih schehen hier auch Fehler, über die sich Menschen ärgern und beschweren. Theologische und diakonische Arbeit ist keine Dienstleistung. Doch auch in diesen Arbeitsfeldern einer Kirchengemeinde wird gearbeitet, für und mit Menschen. Und das heißt, dass es auch hier immer wieder zu Wünschen und zu Unzufriedenheiten kommen wird. Kritische Anliegen ernst zu nehmen, sie auszuwerten und gegebenenfalls Arbeitsabläufe

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zu ändern heißt, die Menschen, mit denen man arbeitet, ernst zu nehmen. Und zugleich bietet die Offenheit für Kritik die Chance, viel über sich und die eigene Gemeinde zu erfahren, zu lernen und seine Arbeit zu verbessern. Beschwerden entgegenzunehmen fällt den meisten Menschen erst einmal schwer. Leicht geschieht es, dass man Unzufriedenheit als persönliche Kritik versteht, man verteidigt sich und schon gehen die Türen auf beiden Seiten zu. Dabei bietet jede kritische Rückmeldung, aus mehr Abstand betrachtet, eine Menge Chancen: Beschwerden liefern Informationen, an die man sonst nicht gekommen wäre: Nur sechs Prozent der Menschen, die unzufrieden sind, beschweren sich. Das heißt, hinter fast jeder kritischen Bemerkung stecken viele Menschen, die gar nicht laut äußern, was sie stört. Nun deckt eine Kritik zunächst auf, dass es irgendwo ein Problem gibt. Die meisten Beschwerden beinhalten aber auch Wünsche, wie es anders laufen könnte oder sogar schon Lösungsvorschläge.

Offenheit für Beschwerden In jeder Gemeinde gibt es eine bestimmte Kultur, mit Beschwerden und Kritik umzugehen. Manche Teams von Mitarbeitenden sind offen und suchen selbst den Kontakt zu den Gemeindemitgliedern. In anderen ist es eher üblich, sich zu verschließen. Die Mitarbeitenden sind meist schwer erreichbar, es gibt keinen Ansprechpartner, für Beschwerden ist niemand verantwortlich. Ein Team, das für Kritik und Beschwerden offen ist, zeigt in der Regel auch nach innen einen offenen Arbeits- und Kommunikationsstil. Hier ist meist auch geklärt, • wie und von wem Beschwerden weitergegeben werden, • in welchem Rahmen das geschieht, • wer dabei anwesend ist, • wer sich um Beschwerden und damit um den Kontakt zu den Beschwerdeführern zu kümmern hat.

Es herrscht bei einer kritikoffenen Arbeitsweise meist ein Klima, das gegenüber Fehlern offen ist: Sie sind keine Katastrophe, aber ein Anstoß, die eigene Arbeit und das Erscheinungsbild der Gemeinde weiterzuentwickeln. Pfarrer und Kirchenvorstandsvorsitzende haben die Aufgabe, den Raum für eine beschwerdefreundliche Einrichtung zu geben. In Dienstbesprechungen etwa sollte es selbstverständlich sein, vorwurfsfrei über Beschwerden zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Beschwerden entgegennehmen • Die Möglichkeit zur Beschwerde und Kritik muss immer gegeben sein: Persönliche Erreichbarkeit, feste Sprechstunden, aber auch die Ansprechbarkeit nach dem Gottesdienst bieten dazu Gelegenheiten. • Auf schriftliche Beschwerden per Brief oder in E-Mails muss unverzüglich reagiert werden. Dabei muss man gar nicht auf die Inhalte eingehen, sondern dokumentieren, dass man die Anfrage erhalten hat und nächste Schritte vorschlägt. • Wenn eine Beschwerdenotiz auf dem Anrufbeantworter aufgesprochen wird, sollte innerhalb eines Tages zurückgerufen werden. • Manche Gemeinden legen Zettel aus oder verschicken sie: Auch wenn nur ein geringer Teil der Gemeindemitglieder sie nutzt, zeigen solche Beschwerdebögen oder Antwortkarten, dass man an diesem Ort für Kritik offen ist. • Dabei kann der Punkt „Kritik” auf einer solchen Karte auch nur einer unter mehreren sein. Das nimmt dem Ganzen den schweren Charakter.

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• Die beste Art, Beschwerden entgegen zu nehmen, ist die persönliche: Hier kann man am ehesten Sachinhalt und Emotionen voneinander trennen, hier kann man Wogen glätten und bei Verständnisproblemen nachfragen. • Manche Pfarrerinnen und Pfarrer suchen sich Orte außerhalb der Kirche, um ansprechbar zu sein: zum Beispiel ein Stand samstags auf dem Wochenmarkt. Dort trifft man Menschen, die sonst im Gemeindehaus vielleicht nicht zu sehen sind, aber ihre Kirche und ihre Pfarrerin, ihren Pfarrer kennen. Beim Wochenendeinkauf bietet sich ein unbefangenes kurzes Gespräch leicht an.

Wer sich über die Kirche oder bestimmte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter geärgert hat, will das meistens direkt loswerden. Wird diese Energie gebremst („Ich bin dafür nicht zuständig“, „Die Kollegin ist jetzt nicht zu erreichen“), dann wächst der Ärger an.

201

Deshalb: An wen eine Beschwerde herangetragen wird, der kümmert sich auch zunächst um sie und versucht, eine zeitnahe Lösung in die Wege zu leiten. Wichtig dabei ist: In dieser Situation geht es nicht um die Klärung einer Schuldfrage, sondern um die Annahme einer Beschwerde und den Versuch einer Lösung.

Beschwerden begegnen

• Auch nach familienbezogenen Gottesdiensten wie Taufen, Trauungen oder Beerdigungen kann die Pfarrerin oder der Pfarrer per Telefon nachfragen, ob es eventuell Pannen gab oder die Beteiligten Verbesserungsvorschläge haben. • Bei Besuchen, in Tür- und Angel-Gesprächen oder beim Elternabend bieten sich immer wieder Gelegenheiten, auch zu Kritik zu ermutigen. Oft laden Bemerkungen der Gesprächspartner zu Rückfragen ein: „Ich geh ja nicht so oft in den Gottesdienst”, „Ich bin der Kirche gegenüber ja etwas distanziert”. Bei solchen Formulierungen kann man direkt nachfragen und damit anzeigen, dass man für Kritik offen ist. • Beim Abschluss von Gesprächen besteht immer die Möglichkeit, Anregungen und Kritik anzufragen. Übrigens: Damit gibt man seinem Gegenüber auch Gelegenheit, Lob zu äußern.

Jeder Mensch, der sich etwa in einem Geschäft beschweren will, weiß wie wenig zufriedenstellend es ist, wenn er zunächst mit einem Wortschwall übergossen wird. Die Ausführungen und Rechtfertigungen interessieren wenig, da es zunächst darum geht, den eigenen Ärger äußern zu können. Wird das nicht beachtet, fühlt sich der Beschwerdeträger nicht ernst genommen. Dieses Gefühl wird nur stärker, wenn der Beschwerdeführer keine Gelegenheit hat, seine Beschwerde zu Ende auszusprechen. Erste Regel lautet deshalb: Das Gegenüber ausreden lassen, zuhören.

Dabei kann es hilfreich sein, die Technik des aktiven Zuhörens anzuwenden: • Den Gesprächspartner ausreden lassen. Er muss die Gelegenheit haben, seine Sicht der Dinge schildern zu können. • Nicht verstummen. Kurze Sätze wie „Ich verstehe”, „Ja”, sogar kurze „Hm”, ermuntern das Gegenüber, weiter zu sprechen und zeigen Interesse.

Keine Rechtfertigung – Zuhören ist wichtig

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• Nicht rechtfertigen, das baut sofort Fronten auf, stattdessen versuchen, die Sicht des Gesprächspartner einzunehmen: „Verstehe ich Sie richtig, dass …”. • Nachfragen. Wenn Ärger und Schilderung des Sachverhalts durcheinander gehen, ist es nicht immer leicht, dem Faden zu folgen. Mit Fragen kann man komplexe Berichte entschlüsseln. • Kurze Zusammenfassungen des Gesagten zeigen dem Gegenüber, dass sein Anliegen angekommen ist. Missverständnisse können geklärt werden. • Emotionen benennen: „Sie sind verärgert...”. Wenn der Gesprächspartner spürt, dass seine Emotionen ankommen, betrachtet er den ersten Teil seiner Beschwerde schon als erledigt.

Kurznotiz zur Annahme einer Beschwerde Wer nimmt an? Wann? Beschwerde über (Telefon/persönlich/Brief, …)? Wer ist Adressat: Um was geht es? Ärgert sich wenig sehr Beschwert sich zum ersten Mal zum wiederholten Mal Beschwerdelösung: Sofortmaßnahme: Zusagen gegenüber dem Beschwerdeführer:

Eine Anregung für das Gemeindebüro Gerade für das Sekretariat geben Instrumente wie das folgende Beschwerdeprotokoll eine Hilfe, alle ankommenden Anliegen vollständig aufzunehmen. Sie können als Vorlage kopiert und in Reichweite gelegt werden, so dass sie auch bei einem Anruf problemlos mit einer Hand hervor zu holen sind. Mit so einer Hilfestellung wird auch bei einem Telefonat, bei dem emotionale Wogen zu glätten sind, so leicht keine der wichtigen Sachinformationen vergessen. Zugleich gibt es eine Struktur für mögliche Nachfragen. Auch bei kritischen Anmerkungen, die im Vorübergehen weiter gegeben werden oder die erst später aufgenommen werden können, hilft eine vorgefertigte Protokollvorlage, sich beim Aufschreiben zu erinnern. Das Protokoll kann weitergegeben und dann weiter bearbeitet werden. Die gesammelten Protokolle können schließlich abgeheftet werden und bieten eine gute Voraussetzung, um die gesammelten Beschwerden nach einiger Zeit auszuwerten.

Terminzusagen: Gespräch: Zwischenbescheid: Lösung: Zuständig für weitere Bearbeitung: Abschluss und zu den Akten:

Ksenija Auksutat

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Die Autorinnen und Autoren Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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Auksutat, Ksenija, Gemeindepfarrerin, Darmstadt-Arheilgen Bergelt, Tanja, Gemeindepfarrerin und Organisationsberaterin, Darmstadt Bernecker, Peter W., EKHN-Internetbeauftragter, Leiter der OnlineAgentur des Medienhauses, Frankfurt Bernhardt-Müller, Sigrid, Juristin, Oberkirchenrätin, bis 31.07.2010 Leiterin der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Bogs, Holger, Kirchenarchivdirektor, Leiter des Referats für Archivund Bibliothekswesen in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Burkhardt, Dietmar, Pfarrer und Kirchenrat, Referent für interne Kommunikation in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Dreuth, Birgit, Projektleiterin „Neuorganisation des Schriftgutwesens“ im Stabsbereich Organisationsentwicklung und Steuerungsunterstützung in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Gäde, Dr. Ernst-Georg, Gemeinde-/Organisationsberater und bis 30.09.2010 Studienleiter im Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS), Friedberg Gandenberger, Andreas, EDV-Organisationsberater Rent- und Gemeindeämter, Kindertagesstätten und Diakoniestationen in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Grubauer, Dr. Franz, Oberkirchenrat, Diplomsoziologe, Leiter des Referats für Sozialforschung und Statistik in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt

Kaumanns, Friedhelm, EDV-Organisationsberater Finanzwesen in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Keller, Markus, Jurist, Oberkirchenrat, Leiter des Referats Liegenschaftsverwaltung und Baurecht in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Krützfeld, Sönke, Pfarrer, Kirchenrat, Referent im Referat Schule und Religionsunterricht in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Koß, Uwe, Pfarrer, Kirchenrat, Leiter des Referats Fundraising und Sponsoring in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt Neumann, Bernd, Gemeindepastor, Gemeindeberater und Supervisor in Sülldorf-Iserbrock, Hamburg Noschka, Christine, Pfarrerin, Oberkirchenrätin, Leiterin Dezernat 1 – Kirchliche Dienste, Darmstadt Pape, Matthias, Pfarrer, Kirchenverwaltung, Stabsbereich Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliederorientierung, Darmstadt Taplik, Ulla, Stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Kinder- und Jugendarbeit im Zentrum Bildung der EKHN, Gemeindeberaterin, Darmstadt Vasold, Angelika, Fundraising-Managerin, Referentin im Referat der EKHN Fundraising und Sponsoring in der Kirchenverwaltung der EKHN, Kirchenverwaltung, Darmstadt Weber, Georg, Kirchenbaudirektor, Dipl.-Ing., Leiter der Referatsgruppe Bauwesen in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt

Hinte, Thorsten, Oberkirchenrat, Diplom-Volkswirt, Referatsleiter Budgetkoordination in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt

Wilhelm, Thomas, Orgel- und Glockensachverständiger im Zentrum Verkündigung der EKHN, Frankfurt

Horst, Michael, Datenschutzbeauftragter der EKHN und der EKKW, Darmstadt

Zander, Petra, Juristin, Kirchenrätin, Referentin im Referat Rechtsangelegenheiten kirchliche Dienste in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt

Hübner, Sabine, Leiterin des Zentralarchivs der EKHN, Darmstadt Jung, Dr. Volker, Pfarrer, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt Karn, Bernd, Kirchenrat, Fachreferent in der Kirchenverwaltung der EKHN, Darmstadt

Zink, Dr. Markus, Pfarrer für Kunst und Kirche im Zentrum Verkündigung, Frankfurt

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Abkürzungsverzeichnis Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

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IVGM

_A Abl. ACK AKf ArbPlSchG

_I

Amtsblatt Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Arnoldshainer Konferenz Arbeitsplatzschutzgesetz

Interessenverband der Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen

_K KDAVO

Kirchlich-Diakonische Arbeitsvertragsordnung

KDO

Kirchliche Dienstvertragsordnung

KGO

Kirchengemeindeordnung

_B

KGWO

Kirchengemeindewahlordnung

BAT

KHO

Kirchliche Haushaltsordnung

BerzGG/BEEG Bundeserziehungsgesetz

KiGo

Kindergottesdienst

_D

KL

Kirchenleitung

KO

Kirchenordnung

KP

Kirchenpräsident

KR/KRin

Kirchenrat/Kirchenrätin

KSO

Kirchensynodalordnung

KSV

Kirchensynodalvorstand

KSWO

Kirchensynodalwahlordnung

KV

Kirchenvorstand

KZVK

Kirchliche Zusatzversorgungskasse Darmstadt

Bundesangestelltentarif

DEKT DS DSO DSV DSWO DW

Deutscher Evangelischer Kirchentag Dekanatssynode Dekanatssynodalordnung Dekanatssynodalvorstand Dekanatssynodalwahlordnung Diakonisches Werk

DWHN

Diakonisches Werk in Hessen und Nassau

_E ECKD EFH EKD EKHN EKK EKKW EKU EMO EMS epd

EDV-Centrum für Kirche und Diakonie Evangelische Fachhochschule Darmstadt Evangelische Kirche in Deutschland Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck Evangelische Kirche der Union; jetzt: UEK Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten Evangelisches Missionswerk in Südwestdeutschland Evangelischer Pressedienst

ERV

Evangelischer Regionalverband

_F FSJ

_L LO

Lebensordnung

LGA

Leitendes Geistliches Amt

_M MAV

Mitarbeitervertretung

MAVG

Mitarbeitervertretungsgesetz

_O OKR/OKRin Oberkirchenrat/Oberkirchenrätin

_P „Paulusplatz“ Kirchenverwaltung der EKHN PGR

Freiwilliges Soziales Jahr

_G

Pfarrgemeinderat (römisch-katholisch)

_R Regionalverband siehe ERV

GAW GEP

Gustav-Adolf-Werk Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik

RPA

Religionspädagogisches Amt oder Rechnungsprüfungsamt

gGmbH

gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung

RPZ

Religionspädagogisches Studienzentrum

207

_S Handbuch Kirchenvorstand Bd. 3 „Entwickeln und verwalten“

208

SELK

Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche

_U UEK

Union Evangelischer Kirchen in der EKD

_V VELKD

Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands

VEM

Vereinte Evangelische Mission

VKM

Verband kirchlicher Mitarbeiter/innen

_Z ZDL (Zivi)

Zivildienstleistender

Das Abkürzungsverzeichnis für sämtliche Gesetze und Verordnungen finden Sie unter: „www.ekhn.de“ – A bis Z – Recht der EKHN.

209

3

Handbuch

Kirchenvorstand 3

Handbuch 3 Kirchenvorstand

„Entwickeln und verwalten – Der Kirchenvorstand zwischen Alltag und Zukunft”