Image der Schweiz Die Schweiz als Labor für die Welt - foraus

05.11.2015 - «Schweizer Führungskräfte geben Managementtipps». #führungskraft Nicole. Loeb: «Einen Fehler erinnere ich besonders gut» #manager # ...
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handelszeitung | Nr. 45 | 5. November 2015

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Image der Schweiz Die Schweiz als Labor für die Welt

E

igentlich ist es doch bloss ein «Rütschli»: Eine österreichische Zeitung spottete zwar über unsere sprachlichen Eigenheiten, hat in der Sache aber natürlich recht. Der SVP-Zugewinn von wenigen Prozentpunkten bei den Parlamentswahlen ist im europäischen Vergleich eigentlich recht unspektakulär. Und doch waren die ausländischen Zeitungen nach den Schweizer Wahlen voll von Klagen, dass die ultrakonservativ-populistische Rechte schon wieder stark zugelegt habe. Woher kommt diese überproportionale Beachtung unseres kleinen Landes?

Die SVP ist international ein Quotenhit Die harten Gesetze der Primarschule gelten leider auch auf der internationalen Bühne: Die Kleinen werden nur bei ausserordentlichen Leistungen wahrgenommen – im Guten wie im Schlechten. So zeigt die Studie «Die Schweiz aus Sicht des Auslandes 2014» von Präsenz Schweiz, dass in der ausländischen Presse die Berichterstattung zur Masseneinwanderungs­ initiative klar dominierte – neben dem WEF und sportlichen Leistungen der Eidgenossen. Vor den Wahlen 2007 waren die Schäfchenpla­ kate sowie die Minarettinitiative gar Grund für den englischen «Independent», die Schweiz als europäisches «Herz der Finsternis» zu betiteln. Die SVP ist ein internationaler Quotenhit! Die SVP ist jedoch nicht nur in der Bericht­ erstattung europäische Avantgarde. Sie machte neben einem lustigen YouTube-Film mit Ent­ scheidungsträgern auf dem WC und im Pool nämlich auch einen erfolgreichen Wahlkampf,

Nicola Forster Präsident Think Tank foraus

«Bei Entscheidern aus Europa und vor allem aus den Nachbarländern kippt die Stimmung.»

der auf globale Themen ausgerichtet war. Die Schweizer Medien sahen leider in erster Linie das YouTube-Filmli und analysierten entspre­ chend, dass der Wahlkampf so inhaltsleer wie noch nie gewesen sei. Die ausländischen Me­ ­ dien erkannten hingegen, dass die SVP ­instinktsicher eine coole Verpackung für Glo­ ba­lisierungsängste gefunden hat: Die Angst vor migrationsbedingtem Jobverlust, vor dem Islam und vor einem zentralistischen Europa, das nationale Eigenheiten einebnet. Die SVP hat in den letzten Jahren gründliche Arbeit geleistet, um den Kampf gegen diese uns notabene kaum betreffenden Phänomene auf die Schweizer Polit-Agenda zu bringen. Ja, sie arbeitet mit ihrer Rhetorik emsig daran, aus der Schweiz ein hyperglobalisiertes Antiglobali­ sierungsland zu machen. Es ist ein absurdes Schattenboxen. Denn wer sich ernsthaft gegen die grenzüberschreitenden Phänomene der Globalisierung einsetzen möchte, muss dies heute zwingend auf internationaler Ebene tun. So reden alle über grosse Probleme, aber nie­ mand strebt die Mittel zu deren konsequenter Lösung an. Dieses Doppelspiel ist intellektuell reizvoll, solange es nicht ausnahmsweise tatsächlich in die Realität hineinwirkt – was durch die direkte Demokratie heute allerdings vermehrt der Fall ist. So hat die Masseneinwanderungsinitiative zu einer ganz realen Verunsicherung von hoch­ qualifizierten Arbeitskräften und potenziellen Investoren geführt, welche die Schweiz wegen fehlender Rechtssicherheit und Willkommens­ kultur in Zukunft vermehrt meiden. Das Image eines Landes verändert sich aber nur sehr lang­ sam. Die Klischees (Schokolade, Berge, Käse) sind glücklicherweise intakt und prägen die

Wahrnehmung zumindest in weit entfernten Ländern wie China oder Indien weiterhin. Bei Entscheidungsträgern aus Europa und insbe­ sondere unseren Nachbarstaaten scheint die Stimmung nun aber zu kippen, was mittelfristig Gefahr birgt für unseren Wirtschaftsstandort.

Wir sollten mit dem «SwitzerLAB» auf Roadshow durch Europa gehen Doch genug der schlechten Nachrichten! Wir müssen heute etwas tun, um das Image der politischen Schweiz in der Welt zu verbessern. Gründen wir deshalb ein «SwitzerLAB for ­Democracy», das in den wichtigsten Partner­ ländern haltmacht und das politische System der Schweiz erklärt! Kernelement dieses an die französische Alliance Française oder das chinesische Konfuzius-Institut angelehnten Demokratielabors wäre die auf einen lokalen Kontext angepasste Anwendung erprobter po­ litischer Tools aus unserer jahrhundertealten Demokratieerfahrung. Der Föderalismus, das duale Bildungssystem, die direkte Demokratie oder die Schuldenbremse – die Schweiz hat ­genügend spannende Instrumente, die auch international auf Interesse stossen. Kein un­ sympathischer Top-down-Demokratieexport à l’américaine, sondern Schweizer Politik-Exper­ tise, die Akteuren vor Ort bei der Bewältigung ihrer spezifischen Herausforderungen hilft. Die Etablierung dieses Instituts würde hel­ fen, in Zukunft wieder mit positiveren Schlag­ zeilen wahrgenommen zu werden und das Image unseres politischen Systems zu verbes­ sern. Um auch die SVP ins Boot zu holen, soll­ ten wir dieses urschweizerische Demokratie­ labor «Institut Guillaume Tell» nennen.

Standort Von wegen De-Industriealisierung

D

ie Aufhebung des Euro-Mindestkur­ ses war für die Unternehmen der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) ein Schock. Von einer Minute auf die andere wurden ihre Produkte im Hauptmarkt um rund 20 Prozent teurer. Entsprechend brachen im ersten Halbjahr 2015 die Aufträge um 15 Pro­ zent ein. Noch viel gravierender waren die gros­ sen Margenverluste. Rund ein Drittel der Fir­ men erwartet deshalb für 2015 einen Verlust. Die Unternehmen haben schnell gehandelt. Mehr als zwei Drittel der MEM-Firmen senkten im ersten Halbjahr 2015 die Preise, um Auf­ tragsverluste in Grenzen zu halten. Diese Preis­ reduktionen waren wegen der zunehmenden internationalen Konkurrenz auch in der Schweiz nötig. Es wurden auch Massnahmen zur Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung in die Wege geleitet. Viele Betriebe hatten aller­ dings die einfach umsetzbaren Verbesserun­ gen nach dem ersten Frankenschock bereits weitgehend ausgeschöpft. Deshalb stellte sich für die Firmen der MEM-Industrie – darunter viele KMU – die Frage, welche industriellen Tä­ tigkeiten sie in der Schweiz noch wirtschaftlich betreiben können. Das löste einen beschleu­ nigten Strukturwandel aus. Entsprechend kam es in diesem Jahr immer wieder zu Meldungen

«Parlament und Verwaltung sind wie Supertanker.» Hans Hess Präsident Swissmem

über Produktionsverlagerungen und Stellenab­ bau. Das wird sich fortsetzen.

Schweiz ist nicht erst seit 2015 ein Hochlohn- und Hochkostenland Der Strukturwandel in der Industrie ist nichts Neues, denn die Schweiz ist nicht erst seit 2015 ein Hochlohn- und Hochkostenland. Die Internationalisierung der industriellen Tä­ tigkeit ist für die meisten Firmen eine Notwen­ digkeit, um näher bei den Kunden zu sein. Das traditionelle Exportmodell entwickelt sich zu­ nehmend zu einem Netzwerk, das die Vorteile der verschiedenen internationalen Standorte nutzt. Das gilt auch für einen Teil der KMU. Kurzfristig wird das in der Schweiz Stellen kos­ ten, was für die Betroffenen sehr schwierig ist. Aber es hilft, den längerfristigen Bestand der

Kernfirmen in der Schweiz zu sichern. Es gibt ihnen die Möglichkeit, wieder die finanziellen Mittel zu generieren, um in neue Produkte, Pro­ zesse und Maschinen zu investieren, konkur­ renzfähig zu bleiben und damit die Jobs in der Schweiz zu sichern. Der Blick in die Vergangen­ heit bestätigt diesen Effekt. Während der Mitar­ beiterbestand der Schweizer MEM-Industrie im Ausland kräftig gewachsen ist, blieb die Be­ schäftigtenzahl in der Schweiz in den letzten 15 Jahren unter dem Strich konstant. Die zurzeit schwierige Situation wird zwar Spuren hinter­ lassen. Ich bin aber überzeugt, dass sie nicht zu einer De-Industrialisierung der Schweiz führt. Nicht nur die Firmen handeln. Auch die Ver­ bände sind aktiv. Um die Mitgliedfirmen zu un­ terstützen, hat Swissmem Anfang 2015 ihr Be­ ratungs- und Kursangebot massiv ausgebaut. Davon haben Hunderte Unternehmen Ge­

brauch gemacht. Mit der Führung der Natio­ nalbank habe ich mich mehrmals getroffen. Ich brachte jeweils klar zum Ausdruck, dass die Ex­ portindustrie unbedingt einen schwächeren Franken braucht. Auf politischer Ebene hat Swissmem versucht, Parlament und Verwal­ tung für die schwierige Situation zu sensibili­ sieren. Diese verhalten sich aber eher wie Su­ pertanker. Ich hoffe, dass das neue Parlament den wirtschaftspolitischen Themen wieder mehr Aufmerksamkeit schenken wird.

Politik soll nicht subventionieren, gute Rahmenbedingungen reichen Die Industrie braucht keine Subventionen und es braucht auch keine staatliche Förderung bestimmter Branchen und Technologien. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, welche es den Unternehmen ermöglicht, in der Schweiz konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu ge­ hören weniger Bürokratiekosten, ein weiterhin liberaler Arbeitsmarkt, ein wirkungsvoller Technologietransfer, neue Freihandelsabkom­ men mit den USA und Indien sowie ein Fortbe­ stand der bilateralen Verträge mit der EU. Wenn wir das gemeinsam schaffen, müssen wir uns über die Zukunft der Industrie in der Schweiz keine Sorgen machen.

Dialog

@ HZ Nr. 44 29.10.15 «Ärger mit Finanzblasen» Und wieder gab es in der Schweiz eine bessere Lö­ sung, bevor man sich einem Trend anschloss. Die SNB verfolgte vor dem Inflati­ onsziel ein am Wachstum der Realwirtschaft ausge­ richtetes Geldmengenziel. Finanzexzesse wurden ­damit wirkungsvoll verhin­ dert. Klar, dem F ­ inanzplatz waren damit Grenzen ­gesetzt, und man war inter­ nationalen Kapitalfluchten ausgesetzt. Ersteres war

aber nicht schlecht, denn die Expan­sion des Finanz­ platzes ins Ausland seit dieser Zeit hat unter dem Strich wohl deutlich mehr gekostet als eingebracht, zweitens ist man heute in­ ternationalen Kapitalströ­ men genauso ausgesetzt. Statt es in der jetzigen Fi­ nanzkrise wie damals mit Negativzinsen und Kapi­tal­ verkehrskon­trollen zu ver­ suchen, hat dieses Mal die SNB einfach den gesamten Zustrom auf die eigene ­Bilanz genommen, um am Schluss doch zur bewähr­ ten Methode – Negativ­ zinsen – zurückzukehren. Stephan Wiesendanger

HZ Nr. 44 29.10.2015 «Debatte um Generationengerechtigkeit» Diese Generation wird die Zinsen treiben. Geldpolitik. via@Handelszeitung: ­Debatte um Generationen­ gerechtigkeit. Dominik Moser @DominikMoser HZ Nr. 44 29.10.2015 «Wurst-Warnung der Weltgesundheitsorganisation» Weltweit leiden 795 Millio­ nen Menschen an Hunger und Weltgesundheitsorga­

nisation #WHO gibt Schin­ ken-Wurst-Warnung raus? #Prioritäten #Budget Katja Brändle @katjabraendle HZ Nr. 44 29.10.2015 «Schweizer Führungskräfte geben Managementtipps» #führungskraft Nicole Loeb: «Einen Fehler ­erinnere ich besonders gut» #manager #leader Roland Ivancic @rolandivancic

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Mobilmachung gestartet? Heulten damals jede Nacht die Alarmsirenen? Kam es zu sozialen Un­ HZ Nr. 44 29.10.2015 ruhen oder zum Bürger­ «Debatte um die krieg? Wie viele Men­ Flüchtlingsströme» schen starben deswegen? 54 000 Menschen könnten Hatten wir deswegen zu zu uns kommen – das ist wenig zu essen, mussten der SVP natürlich eine wir Hunger leiden? Waren Warnung. Das seien sogar wir allgemein Not und Elend ausgesetzt? Versagte mehr als während des ­Kosovo-Krieges, lässt Brun­ das Gesundheitssystem? Wurden Wissenschaft ner wissen. Ja und !? und Forschung verun­ Hat die Schweiz das etwa möglicht? Hat die Armee nicht überlebt? Ist unsere des Landes gegen Wirtschaft damals zusam­ die ­Regierung geputscht? mengebrochen? Musste Nein? der Notstand ausgerufen M. Aya werden? Kam es zu Krieg oder wurde die allgemeine

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