Gesellschaftsberatung als Perpetual Beta - Media Ocean

21.08.2006 - Von der Politik- zur Gesellschaftsberatung (und zurück). In: Falk, Svenja/ Römmele, Andrea/ Rehfeld, Dieter/ Thunert, Martin (Hrsg.): Handbuch ...
154KB Größe 3 Downloads 254 Ansichten
*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] Steffen Büffel (Medienwissenschaftler, Trier, [email protected])

Weblogs zwischen Deliberation und Meinungspublizistik – Gesellschaftsberatung als Perpetual Beta Erscheint in Leggewie, Claus (Hrsg): Von der Politik- zur Gesellschaftsberatung. Neue Wege öffentlicher Konsultation. Campus-Verlag.

1.

Das Web im Wandel, die Mediengesellschaft im Wandel, die Politikberatung im Wandel

Mario Sixtus, freier Journalist und einer der bekanntesten deutschen Blogger, schreibt in der Wochenzeitung Die Zeit vom 25. August 2005 über die Humanisierung des Netzes, die Zeitschrift de:bug beschäftigt sich in einem Themen-Special in der Dezemberausgabe 2005 mit dem Web 2.0 – Das Netz im Remix. Björn Brückerhoff, Herausgeber des viel beachteten Onlinemagazins Die Neue Gegenwart, thematisiert in Ausgabe 46 im November 2005 Das soziale Netz und auch der Spiegel entdeckt im Titel vom 17. Juli 2006 mit Web 2.0 – Das neue Internet. Die Fülle an Online- und Offline-Publikationen zum Wandel des Internet und damit auch der Mediengesellschaft, hat in den letzten fünf Jahren merklich zugenommen. Insbesondere die Weblogs (kurz: Blogs), untereinander vernetzte, periodisch aktualisierte Online-Publikationen mit meist kurzen Einträgen in umgekehrt chronologischer Reihenfolge, sind inzwischen fester Bestandteil in der Berichtererstattung der klassischen Medien und längst auch selbst zu aktiven Akteuren in der (online-)öffentlichen Meinungsbildung geworden. Insbesondere in den USA haben sich Blogs in den letzten 5 Jahren etabliert. Einen ersten Durchbruch speziell der politischen Weblogs in Deutschland macht Christopher Coenen im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit Weblogs als Mittel der Kommunikation zwischen Politik und Bürgern in der Tatsache aus, dass 2005 erstmals Blogger als Berichterstatter zu Parteiveranstaltungen zugelassen worden sind (vgl. Coenen 2005). Neben den Blogs drängen zusehends noch weitere onlinebasierte Kommunikations- und Publikationsformen in die Wahrnehmung einer breiteren Öffentlichkeit. Hierzu gehören etwa Wikis als kollaborative Wissensaggregatoren, Social-Bookmarking-Dienste wie del.icio.us, Foto- und VideoCommunities wie Flick1r und Youtube2, Praktiken des so genannten Tagging, also der kooperativen Erstellung von Verschlagwortungskatalogen, und nicht zuletzt die in Zahl, thematischer Breite und Reichweite zunehmenden auditiven und audiovisuellen Podcasting-Angebote. Längst haben neben Millionen von Internetnutzern auch die Parteien und politischen Akteure diese Dienste für sich entdeckt. So nutzten etwa die Grünen für die vorgezogene Bundestageswahl ein Wiki, um einen Teil ihres Wahlprogrammes kollaborativ mit den Internetnutzern zu erstellen. Sämtliche Parteien und eine Reihe von Politikern setzt in Wahlkampfzeiten inzwischen auf Weblogs, und seit Juni 2006 nutzt Angela Merkel als erste Regierungschefin weltweit einen wöchentlichen Video-Podcast, um sich an die Internetgemeinde zu wenden. Die genannten Dienste werden unter dem Label Social Software subsumiert, die wesentlich sind für den Paradigmenwechsel vom Web zum so genannten Web 2.0. Mit dem Begriff Web 2.0 soll dabei in Anlehnung an die Versionsnummerierung bei der Weiterentwicklung von Software der wahrgenommene Wandel des Internet von einem Distributionsmedium hin zu einer all umfassenden Publikations-, Transaktions- und Kommunikationsplattform markiert werden (vgl. O'Reilly 2005). Im Gegensatz jedoch zur etappenweise und nach abgeschlossenen Entwicklungszyklen herausgegebenen Softwareversionen, ist im Web 2.0 die Rede von Modus der Perpetual Beta. Damit ist der ständige Live-Test von Internetdiensten durch die Internetnutzer gemeint, bei dem Ziel verfolgt wird, durch das Feedback und die Nutzungspraktiken möglichst vieler User die Anwendungen in einem kontinuierlichen Prozess weiter zu entwickeln und zu verbessern. Wenngleich die Begriffsschärfe von Web 2.0 durch die inflationäre und inzwischen oft arbiträr wirkende Verwendungsweise verwässert ist, so wird mit der Rede von der Humanisierung des Netzes, dem sozialen Netz oder dem Netz im Remix immer wieder auf den wahrgenommenen evolutionären Meilenstein der Internetentwicklung hingewiesen. Bei genauerem Blick präsentieren sich hier jedoch meist alte Ideen, aber in neuer Dynamik. Diese nehmen jedoch durch das Erreichen kritischer Massen aktiver Nutzer eine grundlegend neue Qualität an: Social Software strukturiert und unterstützt Prozesse der Vernetzung, Interaktivität und Reflexivität der Kommunikation der User untereinander und lässt das Internet in zunehmendem Maße als emergenten sozialen Kosmos und die 1 2

http://www.flickr.com http://www.youtube.com

1

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] Blogosphäre als Diskursuniversum der Weblog-Kommunikation erscheinen. Hierin wird bisweilen – wie bereits in der Frühphase des Internet – der Anlass für optimistische Prognosen hinsichtlich des demokratisierenden Potentials dieser neuen kommunikationstechnologischen Infrastruktur gesehen. Inwiefern im Web 2.0 insbesondere durch Weblogs das Ideal deliberativer Demokratiemodelle verwirklicht werden kann, und sich mit Hilfe dieser Kommunikationsform die Demokratisierung von Expertise in Form einer Gesellschafts(selbst-)beratung realisieren lässt, ist Gegenstand dieses Beitrags. Zunächst soll hierzu vor dem Hintergrund klassischer Modelle deliberativer Demokratie die Rolle der Medien in und für die Politikberatung allgemein herausgearbeitet werden, um daran anschließend die Potentiale und Herausforderungen für deliberative Prozesse im Zusammenhang mit der webbasierten Netzwerkkommunikation am Beispiel der Weblogs zu betrachten. Hierzu werden die Grundstrukturen der Weblog-Kommunikation ebenso aufgezeigt, wie ihre Akteure und Einsatzfelder kursorisch betrachtet. Potentiale und aktuelle Defizite werden dabei thematisiert und Lösungsversuche am Beispiel bürgerjournalistischer Projekte aufgezeigt. Der Beitrag schließt mit einem zusammenfassenden Fazit und einem Ausblick. 2. Zum Status Quo der Politikberatung in der Mediengesellschaft Mit dem Aufkommen eines neuen (Massen-)Mediums wurde in der Medien- und Gesellschaftsgeschichte immer wieder die Chance für eine Enthierarchisierung von Machtstrukturen und Möglichkeiten der freien Information und Partizipation der Bürger gesehen. In den siebziger Jahren sah etwa Hans Magnus Enzensberger das entscheidende politische Moment der sich ausbreitenden elektronischen Medien Hörfunk und Fernsehen in ihrer mobilisierenden Kraft, um dann aber in den neunziger Jahren konstatieren zu müssen, dass das Fernsehen mit der Erlaubnis des Publikums zu einem Nullmedium verkommen sei (vgl. Enzensberger 1991). Die mit den elektronischen Medien verbundene Hoffnung einer Stärkung der deliberativen Demokratie wurde also keineswegs erfüllt, da eine aktive und direkte Form der Partizipation der Bürger strukturell nicht vorgesehen war. Zudem rückten ökonomische Interessen spätestens mit der Einführung des dualen Rundfunksystems Mitte der achtziger Jahre in den Vordergrund. Jürgen Habermas stellt in diesem Zusammenhang fest, dass das Verhalten des Publikums unter dem Zwang des »Don’t talk back« eine andere Gestalt annimmt, da die elektronischen Massenmedien Hörfunk und Fernsehen im Vergleich zu Printmedien die Reaktionsmöglichkeiten der Empfänger eigentümlich beschneiden würden: »Sie ziehen das Publikum als Hörende und Sehende in ihren Bann, nehmen ihm aber zugleich die Distanz der ›Mündigkeit‹, die Chance nämlich, sprechen und widersprechen zu können« (Habermas 1990: 261). Den Wandel von einem Kultur räsonierenden, hin zu einem nur noch Kultur konsumierenden Bürgertum führt Habermas insbesondere auf »die durch Massenmedien zugleich vorstrukturierte und beherrschte Öffentlichkeit« zurück, die sich »zu einer vermachteten Arena« auswuchs, »in der mit Themen und Beiträgen nicht nur um Einfluß, sondern um eine in ihren strategischen Intentionen möglichst verborgene Steuerung verhaltenswirksamer Kommunikationsflüsse gerungen wurde« (Habermas 1990: Strukturwandel der Öffentlichkeit). Der vermachteten Arena einer massenmedial erzeugten Öffentlichkeit stellt Habermas in seiner Theorie der diskursiven Öffentlichkeit eine autochthone Öffentlichkeit der Zivilgesellschaft gegenüber. Diese ist durch Muster kommunikativer Verständigung geprägt, wobei die Akteure in einem herrschaftsfreien Diskurs argumentieren. Beherrscht wird die autochthone Öffentlichkeit von Akteuren der Peripherie des politischen Systems und innerhalb dieser Klasse von denjenigen Akteuren, die Habermas der Zivilgesellschaft zuschreibt und die Schütz in seiner Typologie als den »gut informierten Bürger« bezeichnet (vgl. Schütz 1964). Kennzeichnend für die autochthone Öffentlichkeit ist, dass sowohl Themen als auch Positionen zu diesen Themen durch Argumente in einem freien Diskurs gestützt und begründet werden. Es handelt sich also um eine geregelte Form des Austauschs zwischen den Beteiligten, die jeweils Vorschläge einbringen und kritisch innerhalb des Diskurses prüfen (vgl. Habermas 1992: 370). Beratungen in autochthonen Öffentlichkeiten sind demnach diskursiv angelegt und frei von internen und externen Zwängen. »Jeder hat die gleichen Chancen, gehört zu werden, Themen einzuordnen, Beiträge zu leisten, Vorschläge zu machen und zu kritisieren« (Habermas 1992: 370). Die autochthone Öffentlichkeit sieht Habermas dabei als den zentralen Motor der Demokratie, denn in ihr könnten »neue Problemlagen sensitiver wahrgenommen, Selbstverständigungsdiskurse breiter und expressiver geführt, kollektive Identitäten und Bedürfnisinterpretationen ungezwungener artikuliert werden« (Habermas 1992: 374), als dies in einer vermachteten Öffentlichkeit möglich sei. Diese schließt nach Habermas aufgrund ihrer strategischen Kommunikationsmuster fruchtbare und klärende Diskurse von vorne herein aus. Konstruiert wird die vermachtete Öffentlichkeit von Akteuren des Zentrums mit dem Ergebnis einer administrativ erzeugten Macht, die keine oder nur eine geringe Legitimität für sich und politische Entscheidungen beanspruchen kann. 2

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] Neben den politischen Akteuren selbst kommt den Akteuren der Massenmedien eine zentrale Rolle zu, da in funktional ausdifferenzierten Information- und Mediengesellschaften öffentliche Diskurse, ja Öffentlichkeit insgesamt, in weiten Teilen massenmedial erzeugt wird. Entgegen idealtypischer Vorstellungen muss Öffentlichkeit deshalb größtenteils implizit wie explizit immer schon als Medienöffentlichkeit oder zumindest medial geprägte Öffentlichkeit gedacht werden. Politik, ihre Legitimierung und Vermittlung kommt in modernen Gesellschaften ohne den reichweitenstarken und die Aufmerksamkeit bündelnden Distributionsmechanismus der Massenmedien nicht mehr aus. Systemtheoretisch gesprochen kann das Verhältnis von Medien und Politik dabei als strukturell gekoppelt charakterisiert werden, wenngleich in der Forschungsliteratur weitere Modelle postuliert wurden. Auf der einen Seite ist von einer Instrumentalisierung der Medien durch die Politik die Rede (vgl. Dörner 2001), auf der anderen Seite werden gegenläufige Befunde zu Dependenzmodellen verdichtet, die der Politik eine Abhängigkeit von den Medien unterstellt (vgl. Meyer 2001). Mit der zunehmenden Medialisierung der Gesellschaft hat sich die Logik der Politik jedoch der Logik der Medien angepasst und umgekehrt. Kennzeichnend für die Gegenwart ist nach Sarcinelli und Schatz deshalb »eher ein schwer durchschaubares Beziehungsspiel einer tendenziell symbiotischen Interaktion zwischen Politik und Medien« (Sarcinelli/ Schatz 2002, 14). Die Interdependenzen zwischen Politik und Medien, die zu diesem symbiotischen Verhältnis führen, sind Ausdruck für die »vermachtete Arena«, die Jürgen Habermas im Zusammenhang mit der durch Massenmedien hergestellten Öffentlichkeit identifiziert. Andere Formen von Öffentlichkeit, spontane Begegnungs- und geplante Veranstaltungsöffentlichkeiten, können die Dominanz der massenmedial erzeugten Öffentlichkeit in Reichweite und Wirkung kaum brechen. Vor diesem Hintergrund hat auch die klassische Politikberatung ein entscheidendes Manko, das Leggewie darin ausmacht, dass Beratung nicht wie im klassischen Verständnis als öffentliche Beratung, Selbstaufklärung und Beratschlagung als Deliberation verstanden wird, sondern »als hierarchisches, arkanes und spezialisiertes Muster der Fremdaufklärung« (Leggewie 2006). Politikberatung weist deshalb ein asymmetrisches Verhältnis zwischen Ratsuchenden und Ratgebenden auf, das sich durch den Wissensvorsprung der Ratgebenden Akteure und der zu beratenden Instanz ergibt. Des Weiteren wird die Komplexität der Beratungssituation dadurch verschärft, dass divergierende Beratungsangebote in Form von Expertise und Gegenexpertise miteinander konkurrieren und den Ratsuchenden in eine dilemmatische Position bringen. Zur Wiederherstellung der Symmetrie und einer gleichberechtigten Kommunikationssituation zwischen den Partnern schlägt Leggewie eine »post-positivistische« und »postdezisionistische« Politik vor, bei der verstärkt »auf diskursive Entscheidungsfindung und Kosensbildung« gesetzt wird (vgl. Leggewie 2006). So kann durch die Einbeziehung neuer Akteure und durch die Anwendung neuer Beratungsformate auch eine Neurahmung der Politikberatung vollzogen werden, die deliberative Politik und die genuine Demokratisierung von Expertise ermöglicht (Leggewie 2006). Dieser Vorschlag ist ein Plädoyer für den zu vollziehenden Perspektivenwechsel von der Politik- hin zur Gesellschaftsberatung, da so Beratung aus ihrem aristokratischen Rahmen herausgelöst und Beratung als Deliberation reaktiviert werden kann (vgl. Leggewie 2006). Aufgabe ist es auf »klassische Modelle deliberativer Politik zurückzugreifen und diese an Experimenten deliberativer Demokratie zu aktualisieren, die durch den Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtert werden« (Leggewie 2006). Deliberative Demokratietheorien legen besonderen Fokus auf die Beratschlagung beziehungsweise die fortlaufende Mitbestimmung der Staatsbürger. Sie beschreiben ganz allgemein das Programm einer demokratischen Gesellschaft »as an association whose affairs are governed by the public deliberation of its members« (Cohen 1989: 17). Deliberation setzt den öffentlich zugänglichen Diskurs voraus, die Partizipation hieran muss allen Bürgern möglich sein. Wenngleich in Modellen deliberativer Demokratie wie etwa dem Entwurf einer diskursiven Öffentlichkeit von Jürgen Habermas Idealbedingungen formuliert werden, so können die Faktoren unter denen diese hergestellt werden können, dennoch als Kriterien herangezogen werden, um die Potentiale neuer internetbasierter Informations- und Kommunikationsmedien bei der Annäherung an das Ideal zu bewerten. Wie die Idealbedingungen der Diskursivität, der Informationsbreite, Chancengleichheit der Teilnehmer und Themenoffenheit mit Hilfe digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien realisierbar sind, wird im Folgenden diskutiert. 3. Anspruch und Wirklichkeit: Deliberative Potentiale der Online-Kommunikation In der Onlinekommunikation entstehen Formen vernetzter virtueller Öffentlichkeit, die einen grundlegenden Wandel in den gesellschaftlichen Strukturen entwickelter Gesellschaften hin zur Netzwerkgesellschaft widerspiegeln und diesen gleichzeitig befördern (vgl. Castells 1996; 2002). Durch die Globalität des Internet, die vergleichsweise leichte Zugänglichkeit für jeden sowie die Möglichkeit der 3

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] vernetzten Echtzeit-Kommunikation, sind neue, von raum-zeitlichen Restriktionen entkoppelte Formen der medial vermittelten öffentlichen Kommunikation möglich (vgl. Bucher 2002a; Bucher 2002b; Bucher 2005; Neuberger 2005a). Die kommunikative und medial vermittelte Etablierung einer Weltgesellschaft im Sinne Luhmanns wird hierin ebenso gesehen (vgl. Bucher 2005), wie die Befürchtung einer zunehmenden Fragmentierung der Gesellschaft (vgl. Wehner 1997; Holtz-Bacha 1998; Becker 1998). Eine mittlere Position zwischen diesen beiden Polen besetzen Positionen, die den Vernetzungsaspekt des Internet in Bezug auf die gesellschaftliche Dimension vor dem Hintergrund eines durch das Netzwerkmedium Internet mit initiierten und beschleunigten Strukturwandels der Öffentlichkeit betrachten (vgl. Wellman 2002; Bucher/ Büffel 2005; 2006; Capurro 2003; Neuberger 2004; 2005b;). Das Internet wird dabei nicht als isoliertes technisches Phänomen behandelt, sondern sein sozial-transformatorisches Moment wird vor dem Hintergrund der Einbettung des Mediums in die allgemeine Lebenswelt moderner Gesellschaften mit berücksichtigt (vgl. Castells 1996; Castells 2001; Wellman/ Haythornthwaite 2002). Schon in der Frühphase seiner Verbreitung wurde mit dem Internet die Hoffnung verbunden, dass durch seine interaktiven Kommunikationspotentiale ein Dialog zwischen den Bürgern der Zivilgesellschaft untereinander, aber auch der Austausch zwischen Bürgern und den Akteuren des politischen Systems durch Formen des E-Governments sowie neuer Informations- und Kommunikationsformen befördert wird. In seiner Auseinandersetzung mit den Potentialen der Online-Kommunikation und ihrer Rolle für Demokratietheorien kommt Buchstein bereits 1996 zu dem Schluss, dass im Internet zwar keine neue Form demokratischer Öffentlichkeit entsteht, die neue Technologie aber dennoch Innovationspotentiale zur Optimierung bestehender Öffentlichkeiten eröffnet (vgl. Buchstein 1996: 604). Als Beispiele führt er virtuelle Ortsvereine von Parteien oder die Präsenz von Abgeordneten im Internet an. Das Internet erleichtere vor allem den Zugriff auf Programme, Gutachten, Protokolle und andere Dokumente, könne aber persönliche Präsenz und die sinnliche Erfahrung nicht ersetzen und sei deshalb auch nicht zur Bearbeitung jeden Themas gleichermaßen geeignet. Als sinnvoll erachtet Buchstein den Einsatz des Internets im Bereich kommunaler Planungsprozesse, »indem Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, sich im Netz platzierte Planungsalternativen auf den Heimcomputer herunterzuladen oder im Netz an moderierten Forumsdiskussionen darüber teilzunehmen« (Buchstein 1996: 601). Wenngleich Buchstein hier durchaus die dialogischen und interaktiven Potentiale andeutet, betrachtet er das Internet schwerpunktmäßig als Distributionskanal, der die Zugänglichkeit von entscheidungsrelevanten Materialien für die Bürger erleichtert. Heute, zehn Jahre später, befindet sich das Internet mit den Entwicklungen des Web 2.0 und der sich schnell verbreitenden Social-Software-Anwendungen in einer Wandlungsphase, weg von der reinen Distribution, hin zu einer stärker auf Kollaboration, Interaktion, Kommunikation und sozialer wie thematischer Vernetzung der Teilnehmer ausgerichteten Nutzungsweise. Social-Software-Anwendungen, allen voran Weblogs und Wikis, begünstigen das Entstehen von dynamischen sozialen Netzwerken, die sich im Laufe der Zeit zu sozialen Entitäten höherer Ordnung weiterentwickeln – sie emergieren – und unabhängig von der permanenten Präsenz einzelner Teilnehmer onlinebasierte (Teil-)Öffentlichkeiten etablieren können. Jan Schmidt versteht unter Social Software deshalb diejenigen onlinebasierten Anwendungen, »die das Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagement in den (Teil-) Öffentlichkeiten hypertextueller und sozialer Netzwerke unterstützen« (Schmidt 2006b: 2). Die soziale Dimension von Social Software wohnt dabei nicht der Technologie selbst inne, sondern kommt erst »im gemeinsamen, sinnhaft auf andere bezogenen Gebrauch einer spezifischen Anwendung« zustande (Schmidt 2006b: 2). Den unterstützenden Charakter des Internets betont auch Leggewie in seinen Überlegungen zur interaktiven Demokratie. Online-Medien seien prädestiniert dazu, Diskurse zwischen »entfernt lebenden und diachron kommunizierenden Teilnehmern zu organisieren« (Leggewie 2004: 26). OfflineVersammlungen »physisch ko-präsenter, sich von Angesicht zu Angesicht austauschender Bürger, darunter längerfristige Mediationsverfahren und Expertenanhörungen« (Leggewie 2004: 26) könnten online veranstaltet oder begleitet werden. Er sieht hierin die Möglichkeit für eine temporäre und themenbezogene Vergemeinschaftung. Solche netzbasierten (Teil-)Öffentlichkeiten entstehen im Internet dabei an unterschiedlichen Stellen des politischen Prozesses. Insbesondere den demokratischen Eliten eröffnen sich Möglichkeiten der synchronen und asynchronen Kommunikation sowohl untereinander, als auch mit Repräsentanten des politischen Systems (vgl. Schmidt 2006a: 141). Christopher Coenen weist jedoch auf die in der Regel zu beobachtende Folgenlosigkeit dieser Kommunikation hin. Denn eine ganze Reihe staatlicher Online-Diskussionsangebote an die Bürger seien so angelegt, dass die Beteiligten unter sich blieben, »statt eines Online-Dialogs also lediglich ›Citizen-to-Citizen (C2C)‹ -Kommunikation und eine (oft anscheinend politisch folgenlose) C2G-Kommunikation [Citizen-to-Government-Kommunikation, S.B.] zu Stande« komme (Coenen 2005: 3). Die tatsächlichen Leistungen von und Erfahrungen mit 4

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

unterschiedlichen Internet-Plattformen untersucht Bieber in mehreren Studien (vgl. Bieber 1999; 2003 und 2005). Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine qualifizierte Beratung politischer Probleme in OnlineDiskursen nur innerhalb abgegrenzter Online-Gemeinschaften möglich ist. Bei reichweitenstarken Kommunikationsformen wie Chats, zum Beispiel auf Parteien-Websites, sei hingegen die Bandbreite der verhandelten Themen zu groß, was eine Rückkopplung an politisches Entscheidungshandeln nahezu unmöglich mache. In politischen Online-Debatten sieht Bieber enormes Innovationspotential, dieses werde jedoch längst nicht vollständig ausgeschöpft. Gründe dafür seien unter anderem die große Skepsis und das geringe Vertrauen gegenüber den neuen Kommunikationsbedingungen im Internet. Eine weitere Ursache für die geringe Nutzung des Internet für deliberative Beratungsprozesse sieht er in der mangelnden Erfahrung der Bürger mit den neuen Kommunikations- und Versammlungsumgebungen. Bezüglich des Einsatzes von Weblogs innerhalb der politischen (Online-)Kommunikation in Wahlkampfzeiten macht Bieber ebenfalls große Innovationspotentiale aus, die sich insbesondere »in der Öffnung zum Diskurs an den Schnittstellen zwischen den Streitposten der digitalen Kampagnen« (Bieber 2005) ergeben würden. Die zunehmende gegenseitige Wahrnehmung und Vernetzung der Blogger untereinander sei hierbei ausschlaggebend.

Die Institutionalisierung der Weblogs sowohl innerhalb der Onlinekommunikation als auch im Zusammenspiel mit der massenmedialen Berichterstattung und der damit verbundenen stärkeren öffentlichen Wahrnehmung, nahm ihren Anfang mit realweltlichen Krisenereignissen. Die Ereignisse des 11. September 2001 und des anschließenden Krieges gegen den Terror, der Irakkrieg 2003, die TsunamiKatastrophe in Südost-Asien 2004, die Terroranschläge in London 2005 und der aktuelle Konflikt zwischen Israel und Libanon sind hier zu nennen. Gerade in den USA führte die Verbreitung des Weblog-Formats im Zusammenhang mit diesen Ereignissen und im Zuge des US-Präsidentschaftswahlkampfes 2004, zur Etablierung der Weblogs als Bestandteil der öffentlichen politischen Kommunikation. Bei allen Ereignissen wurden durch und in der Weblog-Kommunikation Diskurse etabliert, die auch über das Web hinaus Aufmerksamkeit erzielten (vgl. Bucher 2005; Bucher/ Büffel 2005; 2006; Fraas/ Klemm 2005; Fraas/ Barczok 2006). Über die gesteigerte öffentliche Wahrnehmung, die vor allem durch das Aufgreifen von Weblog-Diskursen durch massenmediale Publikationen hergestellt wurde, hat sich die Weblog-Kommunikation also als Bestandteil der öffentlichen Kommunikation etabliert. Ihre Institutionalisierung lässt sich auch daran festmachen, dass Akteure der klassischen Massenmedien, Unternehmen, Wissenschaftler, Nichtregierungsorganisationen, Parteien und Politiker Weblogs inzwischen nicht mehr nur beobachten und die dort diskutierten Themen aufgreifen, sondern das Format mittlerweile selbst für ihre jeweiligen Kommunikationsziele einsetzen (vgl. Zerfaß/ Bölter 2005; Schmidt 2006a; Armborst 2006). Hinsichtlich der politischen Blogosphäre in Deutschland macht Bieber im internationalen Vergleich noch Defizite aus, da »die Zahl seriös geführter, thematisch verdichteter Weblogs noch weit geringer als im angelsächsischen, französischen oder spanischen Sprachraum [ist] – eine im Wortsinne ›kritische Masse‹ scheint noch nicht erreicht« (Bieber 2005).

Den Blogs wird gerade aufgrund ihrer Vernetzung das Potential zugeschrieben, neue Möglichkeiten der Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen zu eröffnen (vgl. Domke 2006), ja sogar »die Grenzen zwischen individuellem Handeln und Öffentlichkeit, zwischen individuellen und gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen zu überschreiten« (Fraas/ Barczok 2006: 3) Insofern werden nun auch mit Weblogs, wie schon mit früheren Formaten der Onlinekommunikation, Hoffnungen »auf eine verbesserte politische Selbstverständigung der Bürgerschaft, auf die Entstehung eines Gegengewichts zum kommerziellen Massenmediensystem und seiner Meinungsmacht […] sowie auf eine Stärkung der Zivilgesellschaft verbunden« (Coenen 2005: 2). Im Folgenden wird deshalb zunächst ein genauerer Blick auf die Grundstrukturen der Weblog-Kommunikation geworfen, um aufzuzeigen, wie sich kommunikative Handlungen und Nutzungspraktiken der Blogger zu thematischen und diskursiven Strukturen verdichten, aus denen heraus letztendlich die Blogosphäre als netzbasierte (Teil-)Öffentlichkeit emergiert. Anschließend gilt es anhand der Akteure in der politischen Weblog-Kommunikation die deliberativen Potentiale von Weblogs einzuschätzen. 4. Grundstrukturen der Weblog-Kommunikation Verkürzt definiert ist ein Weblog eine periodisch aktualisierte Online-Publikation mit meist kurzen Einträgen, die in umgekehrt chronologischer Reihenfolge angeordnet und in der Regel automatisiert mit einer genauen Datums- und Zeitangabe versehen sind. Weblogs basieren softwaretechnologisch auf einfachen Content-Management-Systemen, die auf Seiten des Nutzers keine speziellen Programmierkenntnisse erfordern, sondern durch simple Eingabemasken prinzipiell jedem das Publizieren im Web ermöglicht. Insbesondere diese starke technische Vereinfachung, aber auch die niedrigen Kosten und die verbesserte Leistung der Übertragungstechnologien haben dazu beigetragen, dass eine schnell wachsende Zahl von Internetnutzern selbst Inhalte mit Hilfe der Weblog-Technologie publiziert. Es ist aber nicht nur die kostengünstige und einfache Bedienbarkeit, die Weblogs zu einem beliebten Kommunikations- und Publikationsinstrument haben werden lassen. Es sind vor allem die durch die technischen Voraussetzungen geschaffenen Vernetzungspotentiale und die sich herauskristallisierenden Nutzungspraktiken der Blogger, über die die Kommunikation unter Abwesenden dezentral strukturiert und organisiert wird. Wichtige technische Grundlagen der Weblogs sind in diesem Zusammenhang die Permalink3- und Trackbacktechnologie4, die Distributions- und individuellen Aggregationsmöglichkeiten durch RSS-Feeds5 sowie die durch Tagging6 begünstigte Erschließbarkeit der Weblog-Kommunikation über entsprechende Such- und Indizierungsdienste wie etwa Technorati.7

3

Jeder Weblog-Eintrag ist mit einer eindeutigen Verlinkungsadresse versehen, dem Permalink. So wird es möglich gezielt auf einen bestimmten Beitrag zu verlinken. 4 Unter einem Trackback wird die Möglichkeit verstanden (teil-)automatisiert den Betreiber eines Weblogs darüber in Kenntnis zu setzen, auf das man einen Link auf einen Beitrag in seinem Weblog gesetzt hat. Als Aufmerksamkeitsindikatoren begünstigen Trackbacks das Kommunikationsmanagement unter den Bloggern. 5 Die Abkürzung RSS steht für Rich Site Summary. Damit sind Zusammenfassungen des Contents einer Website gemeint, die auf XMLBasis über einen so genannten RSS- oder Feed-Reader abonniert und dort gelesen werden können. Informationen werden so zentral aggregiert und automatisch aktualisiert. 6 Mit Tagging wird im Web 2.0 das individuelle Verschlagworten von Content bezeichnet. Tags sind Metadaten, die das Klassifizieren, Indizieren und Recherchieren von Inhalten erleichtern sollen. Durch Tagging entstehen von einer Vielzahl von Nutzern kollaborativ erzeugte Folksonomies, die im Gegensatz zu Taxonomien nicht normativ vorgegeben sind, sondern aus der Vernetzung heraus emergieren. 7 http://www.technorati.com

5

Bevor im nächsten Kapitel überblicksartig dargestellt wird, welche Akteure und Typen politischer Weblogs in der deutschen Blogosphäre dennoch bereits vorzufinden sind, soll an dieser Stelle zunächst noch der spezifische diskursive Charakter der Weblog-Kommunikation herausgearbeitet werden. So kommen Efimova und de Moor in ihrer Analyse der Argumentationsstruktur Weblog basierter Konversationen zu dem folgenden Ergebnis: »Blog-mediated conversations are prime examples of conversations that do not produce traditional monolithic documents, but true dialogic texts, which reflect the involvement of multiple authorial voices« (Efimova/ de Moor 2004: 200). Coates weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Permalinktechnologie hierbei eine wesentliche Rolle spielt: »The permalink was effectively the device that turned weblogs from an ease-of-publishing phenomenon into a conversational mess of overlapping communities. For the first time it became relatively easy to gesture directly at a highly specific post on someone else's site and talk about it« (Coates 2003). Auf dieser technologischen Innovation aufbauend, eröffnen sich über Weblogs Potentiale dezentral organisierter Diskussionen, die aufgrund der prinzipiell öffentlichen Zugänglichkeit des Internet thematisch fokussierte Teilöffentlichkeiten in Form von Diskursen hervorbringen können. Hierin können Potentiale für deliberative Prozesse der Gesellschaftsberatung gesehen werden. Bieber verortet die in der Weblog-Kommunikation beobachtbaren Diskursstränge beispielsweise als eine spezifische Form von Veranstaltungsöffentlichkeit, die er von zufälligen und eher flüchtigen Instanzen so genannter Begegnungsöffentlichkeiten einerseits, massenmedial erzeugter und medial vermittelter Öffentlichkeit andererseits abgrenzt (vgl. Bieber 2006: XX). Seinem Verständnis nach erfordern Veranstaltungsöffentlichkeiten dabei »nicht allein die Organisation von Inhalten, sondern zwingend auch die Organisation von Teilnehmern sowie deren Einbindung in einen kommunikativen Austausch« (Bieber 2006: XX). Durch ihren Charakter als Social Software ermöglichen Weblogs insbesondere durch die genannten technischen Verlinkungsoptionen die gezielte Verknüpfung von Inhalten einerseits und von Personen – vor allem durch die in fast allen Blogs vorhandene Blogroll8 – andererseits. Da Bieber lediglich das Einzel-Weblog als »Ort« der Veranstaltungsöffentlichkeit begreift, bleiben Weblog übergreifende Bezüge und Rückbezüge ausgeblendet. Dies führt zu einer stark verengten Sichtweise der Weblog-Kommunikation. Auch Leggewie fokussiert des Einzelweblog und chrakterisiert diese als egomane Veranstaltungen, in denen das reproduziert werde, was in der Massenkommunikation sowieso vorzufinden sei. Weblogs würden deshalb eher monologische Formen des Ausdrucks hervorbringen, Threads meist nicht entstehen und der Aufbau konsistenter und verzweigter Diskussionsfäden stünde nicht im Vordergrund (vgl. Digitale Chancen 2006). Betrachtet man Weblog-Kommunikation nur auf der Ebene des Einzel-Weblogs haben diese Hinweise durchaus ihre Berechtigung. Aber: Trotz der in der Regel vorzufindenden Einzel-Autorenschaft und dem subjektiv geprägten, meinungsbetonten und oftmals selbst-referentiellen Stils vieler Blogger, sind Weblogs dennoch Bestandteil einer übergeordneten Organisationsstruktur, die sich als Netzwerk beschreiben lässt. Blogger greifen die Inhalte und die Berichterstattung in anderen Weblogs und den 8

Unter einer Blogroll versteht man eine Liste von Links zu Weblogs anderer Blogger, zu denen der Betreiber des verlinkenden Weblogs in einer losen oder aber auch engen Beziehung steht. Unabhängig von der Qualität der Beziehung kann allein die Tatsache der Existenz eines Blogroll-Links als Indiz für eine wie auch immer geartete soziale Beziehung zwischen den beiden Bloggern gedeutet werden..

6

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

Angeboten massenmedialer Anbieter in ihren eigenen Beiträgen auf, äußern dabei ihre Meinung, kommentieren die referenzierten Beiträge und liefern darüber hinaus oftmals auch weiterführende Links. Eine Beschreibung der Weblog-Kommunikation nur auf Ebene des individuellen kommunikativen Handelns im einzelnen Weblog greift deshalb zu kurz, weil so weder vorhandene Diskursverläufe, noch die Blogosphäre selbst als onlineöffentlicher Raum verstehbar wären. Gerade in den Weblog übergreifenden Bezügen und Rückbezügen, sprich der durch die Verlinkungen etablierten strukturellen, inhaltlichen und sozialen Vernetzung, zeigt sich die übergeordnete diskursive und soziale Struktur. Insofern trifft die Feststellung von Fraas, Hyperlinks würden im Internet zwar inhaltliche Bezüge materialisieren, Intertextualität jedoch nicht im Sinne einer lebendigen Auslegungs-, Interpretations- und Wideraufnahmekultur manifestieren, ebenso wenig auf die Weblog-Kommunikation zu (vgl. Fraas 2004: 13)., wie die Aussage, Links würden überwiegend unkommentiert Bezüge herstellen, »ohne inhaltliche Gewichtung, ohne Bildung neuer Zusammenhänge und inhaltlicher Kristallisationspunkte« (Fraas 2004: 13). Es ist gerade dieses Herstellen von Bezügen, das Interpretieren, gegenseitige Kommentieren und Verlinken, das die Weblog-Kommunikation zu einem eigenständigen, sich selbst regulierenden und selbst organisierenden Diskursuniversum werden lässt. Ihre kommunikative Dynamik im Sinne einer lebendigen Auslegungs- und Diskussionskultur entfalten Weblogs innerhalb des Kommunikationsnetzes in das sie eingebunden sind.

Wendet man die von Jan Schmidt vorgeschlagene Konzeption von Social Software, wonach diese Funktionen des Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagement übernimmt, auf die genannten Eigenschaften der Weblog-Kommunikation an, so wären für Weblogs die Funktion des Kommunikationsund des Diskursmanagements zu ergänzen. Während Schmidt die von ihm aufgeführten Kategorien lediglich auf das Individuum bezieht, sind mit Kommunikations- und Diskursmanagement überindividuelle Phänomene angesprochen, die aus dem Zusammenspiel der Weblog-Technologie und den spezifischen kommunikativen Nutzungspraktiken dieser Technologie durch die Nutzer hervorgehen. Insofern bildet die Weblog-Kommunikation paradigmatisch das ab, was Albert-László Barabási für den emergenten Charakter des Webs insgesamt wie folgt formuliert hat: »It [the Web, S.B.] evolves from the individual actions of millions of users. As a result, its architecture is much richer than the sum of its parts” (Barabási 2002: 174).

Vor diesem Hintergrund können Weblogs über ihre rein inhaltliche Ebene hinaus und aufgrund der Verlinkungsstrukturen sowie ihres genre-spezifischen Aufbaus als Indikator für eine übergeordnete Diskursstruktur begriffen werden, die sich auf der höchsten Ebene als Blogosphäre konstituiert. Zerlegt man das Kompositum Blogosphäre in seine begrifflichen Bestandteile, so kann man Blog(o) auf die Summe aller Weblogs beziehen, wie es in den Selbstverständnisdebatten der Blogger und in den AdhocDefinitionen im Netz meistens vorzufinden ist. Mit Sphäre wird der Bezug zu einem abstrakteren Konstrukt hergestellt, das im Kontext der Weblog-Kommunikation als (online-)öffentlich zugänglicher Kommunikations- und Sozialraum verstehbar ist. Dieser wird durch die kommunikativen Handlungen, die spezifischen Nutzungspraktiken der Blogger und die strukturellen Merkmale der Weblogs konstituiert. Als kommunikationstechnologische Basis der Blogosphäre lässt sich also die Infrastruktur des Internet und deren spezifische Ausprägung bei der Kommunikationsform Weblog identifizieren. Weblogs weisen darüber hinaus bestimmte formale, strukturelle und hypermediale Eigenschaften auf, die sie als Webgenre von anderen onlinebasierten Kommunikationsformen abgrenzbar machen (vgl. Miller/ Shepard 2004; Herring u.a. 2004). Die Einsatzfelder und Nutzungspraktiken von Weblogs lassen so auf Basis der angesprochenen Kommunikationstechnologie den spezifischen Typus der Weblog-Kommunikation entstehen. Erst durch den kontinuierlichen kommunikativen Austausch, die spezifischen sprachlichen Handlungsroutinen und Nutzungspraktiken der User, konstituiert sich die Blogosphäre. Sie kann somit als diskursiv erzeugtes, soziokulturelles Konstrukt begriffen werden, das als kognitiver Bezugs-, Orientierungs- und Strukturierungsrahmen in den kommunikativen Handlungen der Blogger immer schon mitschwingt. Als emergentes Phänomen, das eine Dualität von Struktur und Handlung aufweist, wird die Blogosphäre also durch die Interaktion der kommunikativen Handlungen einerseits erzeugt, gleichzeitig wird die Kommunikation durch die dabei entstehenden Verlinkungs- und Vernetzungsstrukturen gerahmt und im zeitlichen Verlauf iterativ reproduziert. Beide Komponenten, die technisch gestützte Strukturierung der Weblog-Kommunikation – insbesondere durch die genannten Verlinkungsoptionen – und die kommunikativen Praktiken der User, sind dafür verantwortlich, aus Einzel-Weblogs durch gegenseitiges Verlinken, Kommentieren und Referenzieren, dialogische Sequenzen und verteilte Konversationen als weblog-interne und weblogübergreifende Netzwerkkommunikationen zu etablieren (vgl. Bucher/Büffel 2005a und 2005b). Cameron Marlow bringt dies in seiner Auseinandersetzung mit den Strukturen von Weblog-Communities wie folgt auf den Punkt: »Weblogs are a massively decentralized conversation where millions of authors write for their own audience; the conversation arises as webloggers read each other and are influenced by each others‘ thoughts. It is through the constant process of reading, writing and referencing that authors come to know each other […] Links are the social currency of this interaction, allowing webloggers to be aware of who is reading and commenting on their writings« (Marlow 2004). Zusammenfassend können als charakteristische Merkmale der Weblog-Kommunikation folgende Eigenschaften festgehalten werden: • • • • •

die Individualisierung der Kommunikation, die Reflexivität der Kommunikation, die Dezentralität und Interkonnektivität, die Interaktivität aller Beteiligten, und die Selbststeuerung der Kommunikation. 7

In der in diesem Kapitel geführten Diskussion empirischer Studien und theoretischer Überlegungen zu den Grundstrukturen der Weblog-Kommunikation konnte gezeigt werden, dass durch den Perspektivenwechsel weg vom Einzel-Weblog hin zur Netzwerksicht auf die Weblog-Kommunikation deutlich wird, worin die Potentiale der Blogosphäre liegen, diskursive Teilöffentlichkeiten zu erzeugen und deliberative Beratungsprozesse prinzipiell zu ermöglichen. Ob, von wem und wie diese Potentiale auch tatsächlich genutzt werden und mit welchem Erfolg, wird im Folgenden kursorisch behandelt. 5. Akteure und Einsatzfelder von Weblogs in der Gesellschaftsberatung Wie erste Studien zur soziodemografischen Struktur der deutschen Blogosphäre und den spezifischen Nutzungspraktiken zeigen (vgl. Schmidt/ Wilbers 2006), stellen Blogger eine für Wirtschaft und Politik hochinteressante Gruppe dar. In der Typologie von Alfred Schütz kann die Mehrzahl der Blogger demnach der Gruppe des »well informed citizen« zugeordnet werden, den Schütz neben Experten und dem »man on the street« unterscheidet (vgl. Schütz 1964). Gerade der Input von Seiten des gut informierten Bürgers ist für eine lebendige Demokratie entscheidend. Das aktive Einmischen dieser Gruppierung in politische und gesellschaftsrelevante Debatten kann der Zivilgesellschaft Gehör verschaffen und qualitative Handlungsempfehlungen für die sonst lediglich quantitativ per Mehrheitsvotum gewählten Vertreter entwickeln. Die spezifischen Chancen der Weblog-Kommunikation liegen in diesem Zusammenhang also darin, dass sie aufgrund technischer Zugangsbarrieren und spezifischer Anforderungen an die Mediennutzungskompetenz zumindest derzeit noch eine (Selbst-)Selektion von Akteuren aus der Zivilgesellschaft vornimmt. Die Gruppe der sich an eine öffentliche Sphäre richtenden Blogger ist auf dem Weg eine kritische Masse aus gut informierten Bürgern hervorzubringen, die für den Vollzug deliberativer Beratungsprozesse zwingend erforderlich ist. Anstatt einer normativen Konzeption konkreter deliberativer Beratungskontexte, entstehen diese in der Weblog-Kommunikation quasi naturwüchsig von unten und ohne zentrale Steuerungsinstanz. Hierin liegen Vor- und Nachteile der Weblogs für die Gesellschaftsberatung gleichermaßen. Wenngleich das Gros der Blogger private Themen präferiert und trotz der prinzipiell globalen Verfügbarkeit der publizierten Inhalte mit dem jeweiligen Angebot nur kleine Leserkreise gezielt adressiert, wächst die Zahl der Weblogs von Bloggern, die gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen und diskutieren. Meist geschieht dies in Form des Aufgreifens bereits massenmedial verbreiteter Informationen, die subjektiv und meinungsbetont angereichert im eigenen Weblog (re-)publiziert werden. Durch Vernetzung mit anderen Bloggern und das gegenseitige Kommentieren entwickeln sich entlang der Massenmedien-Agenda dadurch themenzentrierte Diskussionsstränge. Diese ebben zwar oftmals ebenso schnell wieder ab wie die massenmediale Berichterstattung, dennoch entstehen immer wieder auch von Bloggern weiter verfolgte oder erst initiierte Themenkarrieren, die durchaus ein Gegengewicht zur massenmedialen Berieselung der elektronischen Medien darstellen. Aus der US-amerikanischen Blogosphäre sind bereits zahlreiche Beispiele dokumentiert, bei denen durch das insistieren der Blogger auf vernachlässigte Themen Handlungsdruck erzeugt werden konnte. So beispielsweise im Fall von Trent Lott im politischen Sektor oder im Fall von Dan Rather, einem der bekanntesten Fernsehjournalisten in den USA. Beide mussten aufgrund von weiter gehenden Bloggerrecherchen ihren Rücktritt erklären. Gewicht als ernst zunehmende Größe für die öffentliche Meinungsbildung in den USA, erreichte die dortige Blogosphäre insbesondere durch das Watchblogging9 während der US-Präsidentsschaftswahlen und das

9

Unter einem Watchblog wird ein Weblog verstanden, dessen Blogger es sich zur Aufgabe gemacht hat Akteure des öffentlichen Lebens zu beobachten und über diese Beobachtungen kritisch zu berichten.

8

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

Warblogging10. Hierbei zeigte sich, dass eine wesentlich kritischere und hinsichtlich der geäußerten Meinungen vielfältigere Öffentlichkeit in den Blogs entstanden ist, als die durch die massenmedialen Flagschiffe vermittelte öffentliche Meinung. Mit Deliberation im klassischen Verständnis haben die genannten Beispiele zunächst wenig zu tun. Sie zeigen aber, dass diskursive Teilöffentlichkeiten in der Blogosphäre entstehen können, die auch Folgen für die allgemeine, von der breiten Masse geteilte Öffentlichkeit mit sich bringt. Hierin können erste Ansätze einer Verbesserung der politischen Selbstverständigung der Bürger und die Entstehung eines Gegengewichts zum kommerziellen System der Massenmedien gesehen werden (vgl. Coenen 2005). Weblog-Kommunikation also als Gesellschaftsselbstberatung. Ob dies auch mit einer nachhaltigen Stärkung der Zivilgesellschaft einhergeht ist zum momentanen Stand der Entwicklung jedoch nicht zuverlässig zu beurteilen. Im Umfeld der vorgezogenen Bundestageswahl 2005 hat das politische Bloggen auch in Deutschland erstmals an Fahrt gewonnen. Neben den klassischen Bloggern haben sowohl Akteure der Massenmedien – der politische Journalismus ebenso wie die politische PR – als auch die politischen Akteure selbst begonnen, Weblogs einzusetzen. Als Instrument der digitalen Bürgerbeteiligung werden Weblogs von den Akteuren der politischen Arena dabei aber, wenn überhaupt, nur in Einzelfällen eingesetzt. Eine verstärkte Instrumentalisierung ist vor allem in Wahlkampfzeiten zu beobachten. Als Teil des Onlinewahlkampfes werden Weblogs durch eine wesentlich breitere Masse von Politikern und Parteien jeweils intensiver eingesetzt als dies nach Wahlentscheidungen der Fall ist. Unmittelbar vor und während der Wahlkampfphase werden die Weblogs der politischen Akteure regelmäßig(er) mit Inhalten bestückt, auf Kommentare wird stärker eingegangen. Eine nachhaltige und vor allem zielführende Fortsetzung der hierbei durchaus vorhandenen argumentativen Auseinandersetzungen über die Wahlkampfphase hinaus, bleibt jedoch in der Regel aus, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen. Mehr als legislaturperiodisch bedingte Strohfeuer können hierin nicht gesehen werden. Parteien- und Politiker-Weblogs stellen deshalb derzeit in der Regel nichts anderes dar, als die in das Onlinemedium verlängerte Variante konventioneller politischer Einweg-Kommunikation. Von Seiten der politischen Akteure mangelt es also an Beteiligungsformen die die alten Bahnen in Richtung deliberativer Formen der Bürgerbeteiligung und Gesellschaftsberatung verlassen würden. Es scheint, als würden sich die politischen Akteure noch sehr schwer tun, die Interaktivitäts- und die damit verbundenen Innovationspotentiale gewinnbringend auszuschöpfen. Dies gilt in gleichem Maße auch für die Gruppe der Bürger, die im Umgang mit den neuen Kommunikationsformen im Internet noch keine ausreichende Erfahrung vorweisen können (vgl. Bieber 2005). In der deutschen Blogosphäre sind darüber hinaus weitere Akteure und Organisationen vertreten, die sich aus gemeinnützigen Initiativen, wie zum Beispiel iDemokratie.de, demokratie24.de oder netzpolitik.org, sowie privat-kommerziellen Weblog-Projekten zusammensetzen. Lautgeben11, ein politisches Gruppenweblog aus dem ersten deutschen Weblog-Verlag Spreeblick12, sei in diesem Zusammenhang stellvertretend genannt. In diesen Fällen handelt es sich um Versuche, per Weblog eine neue Form der Auseinandersetzung und Diskussion mit politischen und gesellschaftsrelevanten Themen zu etablieren. Während der Bundestagswahl 2005 selbst konnten außerdem Portale wie wahl.de13, wahlblog.de14 und wahlblog05.de15, ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Ähnlichkeit der Namen darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich jeweils um Weblogprojekte von verschiedenen Akteuren mit unterschiedlichen Motiven und Angeboten handelte. Es mangelt also nicht an Versuchen interaktive Demokratie per Weblog zu befördern, sondern vielmehr an einer koordinierten Vernetzung untereinander. Der Kampf um Aufmerksamkeit in der weitläufigen Blogosphäre bringt hier also auch Kannibalisierungseffekte mit sich. Neben diesen zumindest intern stärker organisierten und thematisch fokussierten Weblog-Projekten müssen darüber hinaus noch diejenigen Betreiber privater Weblogs zu den Akteuren gezählt werden, die gelegentlich – aber keinesfalls vorhersehbar – Themen von gesellschaftlicher und politischer Relevanz punktuell aufgreifen. Diese thematisch eher diffusen Weblogs stellen die bei weitem größte Akteursgruppe der Blogosphäre dar, wenngleich es durchaus Einzelfälle wie beispielsweise spindoktor.de 16 oder mein-parteibuch.de 17gibt, die thematisch stringenter auf (partei)politische und gesellschaftliche Themen ausgerichtet sind. 10

Der Begriff des Warblogs ist im Zusammenhang mit der rasch angestiegenen Zahl von Weblogs entstanden, die nach dem 11. September und insbesondere im Kontext des Irakkriegs 2003 entstanden sind und sich mit den persönlichen, politischen, militärischen und gesellschaftlichen Folgen des Krieges gegen den Terror auseinander setzen. 11 http://www.lautgeben.de 12 http://www.spreeblick.de 13 http://www.wahl.de 14 http://www.wahlblog.de 15 http://www.wahlblog05.de 16 http://www.spindoktor.de 17 http://www.mein-parteibuch.de/

9

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] Die freie Zugänglichkeit der Weblog-Kommunikation und Themenvielfalt sind als Kriterien somit insgesamt zwar erfüllt, aber es fehlt an einer thematischen und kommunikativen Strukturierung. Dies ist für eine zielorientierte Erörterung von Themen zunächst nicht zuträglich. Dennoch ist aus der WeblogKommunikation eine (online-)öffentliche Sphäre erwachsen, die gerade erst dabei ist als solche nach und nach in das kollektive Bewusstsein der Bloggergemeinde und darüber hinaus zu dringen. Als Bottom-Upoder Grasswurzelphänomen kommt sie ohne eine übergeordnete, zentrale Planungs- oder Steuerungsinstanz aus. Als kollektives Phänomen steuert sie sich selbst. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass neben der weiterhin stark ansteigenden Zahl bloggender Internetnutzer inzwischen auch die Akteure der politischen Arena, Vertreter der Massenmedien in Form des professionellen Journalismus und der (nicht nur) politischen Public Relations in der Blogosphäre vertreten sind. Insbesondere der massenmedialen Berichterstattung ist es mit zu verdanken, dass Weblogs und die Blogosphäre als öffentliche Bezugsgröße eingeführt und weiter bekannt gemacht werden. Auch Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Religion und Kultur sowie Akteure von Interessensverbänden und Nicht-Regierungsorganisationen bloggen inzwischen. Mit dieser Akteurskonstellation sind zumindest in quantitativer Hinsicht die notwendigen Voraussetzungen dafür erfüllt, dass deliberative Beratungsprozesse in der Blogosphäre prinzipiell möglich sind. Wie bei der Erläuterung der Grundstrukturen der Weblog-Kommunikation im vorangegangenen Kapitel gezeigt werden konnte, sind darüber hinaus auch die technischen Grundlagen erfüllt, dezentral organisierte Diskursstrukturen zu etablieren. Die Erfüllung dieser beiden notwendigen Kriterien ist aber noch nicht hinreichend, um deliberative Beratungsprozesse im Sinne einer interaktiven Demokratie nachhaltig zu verwirklichen. Es fehlt an Strukturierung der Kommunikation zwischen den Akteursgruppen, einer zielführenden Moderation von Themen, einer wirksamen Aufmerksamkeitssteuerung und Kompetenzen im Umgang mit dem Weblog-Format. Der qualitative Aspekt eines zielgerichteten, öffentlichen Beratungsdiskurses in der Gesellschaft setzt aber den sinnhaft aufeinander bezogenen Austausch von Argumenten und Positionen zwischen den Netzbürgern und den unterschiedlichen Akteursgruppen voraus. Derzeit kann dies allenfalls punktuell in der Blogosphäre beobachtet werden, da die jeweiligen Akteursgruppen in weiten Teilen weiterhin in ihrer je spezifischen Kommunikationslogik verhaftet bleiben und tendenziell eher abgeschlossene Onlinegemeinschaften innerhalb der Blogosphäre bilden. Die Innovationspotentiale, die die Netzwerkkommunikation in Form der Weblogs prinzipiell eröffnet, werden (noch) nicht ausgeschöpft. Das gemeinsame Problem beim Einsatz von Weblogs bei allen genannten Akteursgruppen ist die Tatsache, dass diese noch nicht so miteinander vernetzt sind, dass die zerstreuten Teilöffentlichkeiten die sie jeweils herausbilden, systematisch aggregiert und rezentralisiert werden. Eine gegenseitige Vernetzung der Teilsphären innerhalb der Blogosphäre und eine Koppelung mit der Offline-Öffentlichkeit bleiben weitestgehend aus. Statt einer vertikalen Durchdringung der akteurspezifischen Online-Gemeinschaften im Sinne eines Talk-Back – etwa zwischen Bloggern der Zivilgesellschaft und Akteuren der politischen Arena oder der Massenmedien – ist die Weblog-Kommunikation derzeit noch stark auf ein Talk-About fokussiert: Blogger schreiben und diskutieren über die Leistungen der politischen Akteure, über die via Massenmedien transportierte politische Berichterstattung und äußern ihre Meinung hierzu. Ein Talk-Back findet meist nur zwischen den Bloggern untereinander statt. Umgekehrt thematisieren die Massenmedien zwar die Weblog-Kommunikation immer häufiger in ihrer Berichterstattung, ein nachhaltiger und wechselseitiger Austausch ist erst in Ansätzen beobachtbar. Auf Seiten der Akteure der politischen Arena zeichnet sich ab, dass das Weblog-Format zwar adaptiert wird, eine systeminterne Kommunikationslogik aber auch hier dominierend sind. Erste Ansätze zur Lösung dieser Probleme können in den derzeit aufkeimenden Projekten überregionaler und regionaler Medienhäuser gesehen werden, die unter dem Label Bürgerjournalismus die partizipative Architektur des Internet für sich nutzbar machen wollen. Hierauf wird abschließend eingegangen. 6. Weblogs zwischen Bürgerjournalismus und vernetzter Meinungspublizistik Dem klassischen Top-Down-Modell traditioneller massenmedialer Produktions- und Distributionsstrukturen wird im Web in Form der Weblogs ein Bottom-Up-Modell einer vernetzten Meinungspublizistik (vgl. Büffel 2006) gegenüber gestellt, die verschiedentlich den Charakter eines Grasswurzel- oder Open-Source-Journalismus annimmt (vgl. Bucher/ Büffel 2005; 2006). John Hiler spricht in diesem Zusammenhang vom Entstehen eines New Media Ecosystem in dem Informationen, Nachrichten, Meinungen und Themen zwischen der massenmedial erzeugten öffentlichen Meinung und der Sphäre der Weblog-Kommunikation in einem zyklischen Prozess gegenseitig Gegenstand und Quelle für neue öffentliche Diskurse sind (vgl. Hiler 2002). Hier treffen also die Logik der klassischen Massenmedien und die Logik der Blogosphäre mit ihrer subjektiven und vernetzten Meinungspublizistik aufeinander. Die Idee, 10

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] dass in der Blogosphäre professioneller Journalismus und Weblogs ein gemeinsames Ökosystem der Kommunikation bilden, lässt sich als die digitale Variante des Public Journalism betrachten (vgl. Bucher/ Büffel 2005). Die Blogs stehen dabei für ein Netzwerk, das verschiedene Anschlussstellen an den klassischen Journalismus herausgebildet hat: Sie beliefert ihn mit Informationen, sie analysiert seine Beiträge, distribuiert sie durch systematische Verlinkung und schafft durch Diskussion eine thematische Struktur der Öffentlichkeit. Hinsichtlich der Basisfunktionen des Journalismus, Themen für die öffentliche Kommunikation bereitzustellen und die Selbstbeobachtung der Gesellschaft zu organisieren, bedeutet der Wandel von der hierarchischen Distributionsstruktur der klassischen Massenkommunikation zur offenen Netzwerkstruktur der Weblog-Kommunikation folgendes: • die Ausweitung der Themenvielfalt und Liberalisierung der Themensetzung, • die Ausweitung des Informationsangebotes und der Informationsquellen, • die Erweiterung der Zugangsmöglichkeiten zur Medienkommunikation über die professionellen Akteure hinaus, • die Verdichtung und Dezentralisierung der Kommunikation unter Beteiligung verschiedener Akteurstypen (Journalisten, PR- und Öffentlichkeitsarbeit, Wissenschaftler, Wirtschaftsvertreter, Politiker, Experten, Bürger), • ein Steuerungsverlust für die klassischen Hauptakteure der Medienkommunikation: Journalismus, Politik, PR- und Öffentlichkeitsarbeit, • die Ausweitung der Reflexivität der Medienkommunikation (Kritik, Analyse, Referenzierung), • und die Globale Distribution und Recherchierbarkeit lokaler Angebote und damit Glokalisierung der Medienkommunikation. Einige der genannten Kommunikationsoptionen machen deutlich, dass die Meinungspublizistik als Teil eines Netzwerkjournalismus eine Erweiterung oder Radikalisierung des so genannten Public-, Civic- oder Citizen-Journalism darstellt (vgl. Merrit 1995; Charity 1995; Kovach/ Rosenstiel 2001, Forster 2006). Es wird ein Journalismus-Konzept entwickelt, demzufolge es eine konstitutive Aufgabe des Journalismus ist, ein Forum für öffentliche Kritik und Kommentierung zu etablieren (vgl. Kovach/ Rosenstiel 2001; Forster 2006) und die Rezipienten nicht als Käufer und Leser, sondern als Bürger zu sehen. Damit werden folgende Transformationen verbunden: Public Journalism erweitert die Aufgabe der Nachrichtenvermittlung um die Aufgabe der Moderation von Gemeinschaften, der Journalist wandelt sich vom neutralen Beobachter zum aktiven Teilnehmer des öffentlichen Lebens und das Publikum wird nicht mehr nur als Konsument, sondern als Partner und Akteur im demokratischen Prozess angesehen. In der in aktuellen Debatte um Bürgerjournalismus verwässern diese Motive des Public Journalism zwar aufgrund der ebenso vorhandenen marktwirtschaftlichen Interessen der Verlage. Da die Verlagshäuser aber beginnen im Einsatz von Social Software und dem Aufbau von Online-Communities sowohl die wirtschaftliche als auch zumindest teilweise die publizistische Zukunftsfähigkeit ihres Geschäfts zu sehen, entsteht in der Integration von professionellem Journalismus und dem so genannten usergenerated Content18 genau die Verzahnung zweier Akteursgruppen, die im vorangegangen Kapitel als eines der zentralen Defizite der Weblog-Kommunikation skizziert wurde. Nach den überregionalen Blättern starten nach und nach auch regionale Medienhäuser eigene Weblog-Projekte, teils nur in Form von Redakteurs-Weblogs mit Kommentarfunktion, teils aber auch mit der Möglichkeit für Leser selbst ein Weblog zu starten. Crossmedial verzahnt, werden Beiträge aus den Weblogs der User in die gedruckte Zeitungsausgabe gehoben und Print-Beiträge in die Weblogs der Redakteure verlängert. Mit Angeboten wie Opinio19 von der Rheinischen Post oder der Readers Edition20 der Netzeitung entstehen auf Partizipation der Leser beziehungsweise Bürger ausgelegte Onlineplattformen, die primär aus User-generated Content bestehen, oder, wie im Falle der Leserblogs bei der OstseeZeitung21 und dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag22, quasi als Plug-In-Bereiche in das klassische Onlineangebot der Verlage integriert sind. Der noch mäßige Erfolg dieser Projekte ist auf die unzureichende crossmediale Verzahnung von Weblogs und gedruckter Zeitungsausgabe sowie die mangelnde Moderation und die auf Dialog ausgerichtete Betreuung der Leserbeiträge durch Redakteure

18

user-generated content meint die redaktionelle Einbettung von Inhalten, die von Internetnutzern, Lesern, Zuschauern und Zuhörer erstellt wurden. http://www.opinio.de 20 http://www.readers-edition.de 21 http://blogs.ostsee-zeitung.de/. 22 http://blogs.shz.de/

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] zurückzuführen. Besser gelöst ist die Verzahnung im Weblog-Projekt des Trierischen Volksfreund23, der neben einem Duzend Weblogs von Redakteuren inzwischen rund 350 Leser-Weblogs unter der Dachmarke des eigenen Onlineauftritts hostet. Hier wird ein pro-aktives Community-Management durch die Redaktion betrieben. Bloggende Redakteure regen Themen an, extrahieren aber auch kontinuierlich Themen und Meinungen aus der Weblog-Community der bloggenden Leser. Sie diskutieren in den Blogs der Leser mit, moderieren Diskussionen, aggregieren Themendiskurse und heben diese schlussendlich immer wieder in die gedruckte Zeitung. Neben einer täglichen Rubrik Best of Blogs auf der Meinungsseite im Mantelteil des Trierischen Volksfreund wird entlang regional relevanter Themen die Meinungsvielfalt aus den Leserbeiträgen in den Weblogs redaktionell aufbereitet und als journalistische Darstellungsform über die Print-Ausgabe einer breiteren Öffentlichkeit im Verbreitungsgebiet zu Verfügung gestellt. Dies bleibt nicht ohne Folgen. So hat etwa ein bloggender Redakteurin einem Trierer Stadtteil inzwischen eine Blogger-Gemeinschaft aus hoch engagierten Bürgern um sein eigenes Weblog24 versammelt. Es werden kontiuierlich stadt- und stadtteilrelevante Probleme aufgegriffen, diskutiert und gemeinschaftlich Lösungsvorschläge formuliert. Der Journalist wird hier zum Moderator, zum Themen- und Community-Manager, der die Meinungen der Blogger zusammenträgt und in den größeren lokalen Kontext einordnet. Verschiedentlich haben die von den Weblogs in die gedruckte Zeitungsausgabe transferierten Debatten dazu geführt, dass sich städtische Planungsgremien mit den thematisierten Problemen auseinandersetzen und nun im Sinne der Bürger aktiv werden. Auch wenn dies momentan noch Einzelbeobachtungen sind, so zeigt das Beispiel, dass zumindest im kommunalen Bereich aus dem interaktiven Dialog zwischen bloggenden Bürgern und bloggenden Lokaljournalisten Ansätze der Erfüllung deliberativer Modelle der Gesellschaftsberatung zumindest erkennbar sind, und zwar ohne, dass normative Gestaltungsrahmen vorgegeben werden müssen. 7. Resümee und Ausblick Trotz aller Euphorie, die mit den neuen interaktiven Informations- und Kommunikationstechnologien im Internet immer wieder verbunden wurde, können Weblogs das Ideal deliberativer Demokratiemodelle nicht Realität werden lassen – zumindest nicht allein. Die Einnahme einer übermäßig pessimistischen Position wäre jedoch ebenfalls unangebracht. Wie im Beitrag anhand der Auseinandersetzung mit den Grundstrukturen der Weblog-Kommunikation hergeleitet und auf Basis der Akteurskonstellationen in der (deutschen) Blogosphäre gezeigt werden konnte, sind mit der Weblog-Komunikation prinzipiell die Grundlagen für deliberative Beratungsprozesse gegeben. Es wurde aber deutlich gemacht, dass die Grundstrukturen zwar prädestiniert wären einen strukturierten und übergreifenden Austausch zwischen den Akteursgruppen im Sinne deliberativer Demokratiemodelle zu realisieren, die derzeit zu beobachtenden Kommunikationspraktiken aber eine andere Sprache sprechen: Anstatt eines gruppenübergreifenden Talk-Back, präsentieren sich in der Weblog-Kommunikation gruppenspezifische Insellösungen, die eher den Eindruck eines Talk-About der einzelnen Akteursgemeinschaften der Blogosphäre über die jeweils anderen Gruppierungen vermittelt. Die zentralen Akteure nutzen Weblogs vielfach ausschließlich entsprechend ihrer bisher praktizierten Kommunikationslogik. Eine vertikale Durchdringung ist nur an wenigen Stellen beobachtbar. Insbesondere die politischen Akteure beschränken sich in weiten Teilen auf den Einsatz von Weblogs in Wahlkampfzeiten und zur Distribution von klassischer politischer Public Relations. Die argumentative Auseinandersetzung mit gesellschaftsrelevanten Themen fällt hier auf die Gruppe der Blogger und Massenmedien zurück. Diese bilden inzwischen einen neues, komplementären und zusehends vernetztes medialen Kommunikationsraum, der die Grenzen zwischen online und offline wechselseitig durchdringt. Blogger halten in Beobachtung der Massenmedien Debatten am Laufen und sorgen so dafür, dass Gesellschaftsberatung quasi in den frühen Status einer Perpetual Beta versetzt wird. Der Hinweis auf den Beta-Status mag dabei auch durchaus so verstanden werden, dass eine stabile Variante deliberativer Gesellschaftsberatung noch nicht erreicht ist – Ergebnis: offen. Anstatt eines themenzentrierten, ziel- und konsensorientierten Austauschs zwischen Zivilgesellschaft und Politik, zwischen Peripherie und Zentrum, kann maximal von einer Gesellschaftsselbstberatung gesprochen werden und zwar bezogen auf den Austausch der zivilgesellschaftlichen Blogger untereinander und bezogen auf die crossmedialen Symbiosen, die vereinzelt zwischen Bloggern und regionalen Printmedien im Sinne eines Bürgerjournalismus eingegangen werden. Eine direkte Rückkoppelung des Outputs der Peripherie der Zivilgesellschaft als Input für die Politik findet so gut wie nicht statt, Entscheidungs- und Handlungsdruck auf die politischen Akteure kann kaum erzeugt werden. Lediglich auf kommunaler Ebene sind erste Effekte

19

11

23 24

http://blog.intrinet.de http://ereignishorizont.blog.intrinet.de

12

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] in dieser Richtung auszumachen, die durch die Verschmelzung von bürgernahem Journalismus und der Meinungspublizistik in den Weblogs der Bürger selbst zustande kommen. Für die interaktive Demokratie, die mit Hilfe neuer Informations- und Kommunikationstechnologien Bürgerbeteiligung und Dialog zwischen der Zivilgesellschaft und Repräsentanten des politischen Systems ermöglichen will, kann den Weblogs aber eine zentrale Rolle zukommen, da sie »andere Strukturen und Mechanismen aufweisen als die massenmedial hergestellte Öffentlichkeit, die lange als zentrale Sphäre politischer Diskurse und Deliberation galt« (Schmidt 2006a: 141). Gleichzeitig besteht gerade in der strukturellen Koppelung von Massenmedien und Blogosphäre – oder konkret dem Dialog zwischen klassischen Journalisten und Bloggern aus der Riege der gut informierten Bürger – das größte Innovationspotential bei der Etablierung deliberativer Beratungsprozesse. Insofern kann man die Auffassung von Schmidt teilen, dass »in vielen Fällen für einen weitergehenden Einfluss von der Weblogauf die politische Agenda nach wie vor die Mithilfe der Massenmedien nötig sein [wird], die Argumente aufgreifen und einem weiten Publikum präsentieren muss, um Handlungsdruck auf das politische System zu erzeugen« (Schmidt 2006a: 148). Am Beispiel des Weblog-Projekts des Trierischen Volksfreund konnten erste Indizien aus der Praxis aufgezeigt werden, die diese These stützen. In der Weblog-Kommunikation entstehen onlinebasierte Teilöffentlichkeiten, in denen die Rollenverteilung zwischen Kommunikator und Rezipienten weitestgehend aufgelöst werden und sich die Gatekeeper- und Agenda-Setting-Funktion der Massenmedien relativiert. Gerade im kommunalen Bereich liegen hier aufgrund der angesprochenen Beispiele realistische Innovationspotentiale. In Anlehnung an den Vorschlag von Claus Leggewie, klassische Modelle deliberativer Politik heranzuziehen und diese in Form von Experimenten deliberativer Demokratie unter Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien zu aktualisieren, können die im Beitrag erwähnten Initiativen von Bloggern, gemeinnützigen und privat-kommerziellen Anbietern wie auch die Bestrebungen der Massenmedien in Richtung eines Bürgerjournalismus als ungeplante Experimente angesehen werden. Aus der Fülle verschiedener Bestrebungen treten demokratische Entscheidungsprozesse als emergente Phänomene hervor. Auf ähnliche Art und Weise argumentiert Joi Ito in seiner Auseinandersetzung mit den Potentialen, die sich in den Diskursen der Weblog-Kommunikation zeigen. Bezogen auf den dialogischen Charakter der Weblogs spricht er von einer in der Blogosphäre entstehenden Emergent Democracy. Er schlägt vor: »[W]e must explore the way this new form of democratic dialog translates into action and how it interacts with the existing political system. We can bootstrap emergent democracy using existing and evolving tools and create concrete examples of emergent democracy, such as intentional blog communities, ad hoc advocacy coalitions, and activist networks.« (Ito, ohne Datum). In diesen Experimenten sieht Ito die Grundlage eines tiefer gehenden Verständnisses dafür, wie interaktive und emergente Demokratie in die Gesellschaft allgemein integriert werden kann. Ob die Erfolgschancen einer zentral geplanten und organisierten Version eines auf Deliberation ausgerichteten Bürgerpanels 1.0 größer sind, als eine Gesellschaftsselbstberatung im Modus der Perpetual Beta des Web 2.0, kann nur die weitere Entwicklung zeigen.

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] Bieber, Christoph (2005): Der Online-Wahlkampf 2005. Supporter-Sites, Negative Campaigning, Weblogs. Online unter: http://www.bpb.de/themen/Z22XZ9,,0,Der_OnlineWahlkampf_2005.html, Abruf (3. August 2006). Bieber, Christoph (2006): Weblogs, Podcasts und die Architektur der Partizipation. Erscheint in: Forschungsjournal Neue soziale Bewegungen. Bucher, Hans-Jürgen [2002a]: Internet und globale Kommunikation. Ansätze eines Strukturwandels der Öffentlichkeit? In: Löffelholz, Martin/ Hepp, Andreas (Hrsg): Grundlagentexte zur transkulturellen Kommunikation. Konstanz: UVK, S. 500-530. Bucher, Hans-Jürgen [2002b]: Crisis Communication and the Internet: Risk and Trust in a Global Media. In: First Monday, Volume 7, Number 4 (April 2002). Online verfügbar unter: http://www.firstmonday.org/issues/issue7_4/bucher (Abruf: 18. April 2006). Bucher, Hans-Jürgen [2005]: Macht das Internet uns zu Weltbürgern? Globale Online-Diskurse: Strukturwandel der Öffentlichkeit in der Netzwerk-Kommunikation. In: Fraas, Claudia/ Klemm, Michael [Hrsg]: Mediendiskurse. Bestandsaufnahme und Perspektiven. Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang, S. 187218. (Bonner Beiträge zur Medienwissenschaft, Band 4). Bucher, Hans-Jürgen/ Büffel, Steffen [2005]: Vom Gatekeeper-Journalismus zum Netzwerk-Journalismus. Weblogs als Beispiel journalistischen Wandels unter den Bedingungen globaler Medienkommunikation. In: Behmer, Markus/ Blöbaum, Bernd / Scholl, Armin/ Stöber, Rudolf (Hrsg.): Journalismus und Wandel. Analysedimensionen, Konzepte, Fallstudien. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 85-121. Bucher, Hans-Jürgen/ Büffel, Steffen [2006]: Weblogs – Journalismus in der Weltgesellschaft. Grundstrukturen einer netzwerk-orientierten Form der Medienkommunikation. In: Picot, Arnold / Fischer, Tim (Hrsg.): Weblogs professionell. Grundlagen, Konzepte und Praxis im unternehmerischen Umfeld. Heidelberg: dpunkt-Verlag, S. 131-156. Buchstein, Hubertus (1996): Bittere Bytes: Cyberbürger und Demokratietheorie. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 44/1996, S. 583-607. Büffel, Steffen [2006]: Bürgerjournalismus vs. Meinungspublizistik. In: Media-Ocean, 17. Juni 2006. Online-Publikation: http://www.media-ocean.de/2006/06/17/buergerjournalismus-vsmeinungspublizistik/. Abrufdatum: 21. August 2006. Capurro, Raphael [2003]: Medien (R-)Evolutionen. Plato, Kant und der Cyberspace. In: Ebersbach, Anja/ Heigl, Richard/ Schnakenberg, Thomas (Hrsg.): Missing Link. Fragen an die Informationsgesellschaft. (Schriftenreihe der Universität Regensburg, Band 28.) Regensburg: Universitätsverlag Regensburg. Castells, Manuel [1996]: The Rise of the Network Society. 1st Edition. [The Information Age: Economy, Society and Culture, Volume 1] Oxford, Malden: Blackwell Publishers.

8. Literaturverzeichnis Armborst, Matthias (2006): Kopfjäger im Internet oder publizistische Avantgarde? Was Journalisten über Weblogs und ihre Macher wissen sollten. Berlin: LIT-Verlag. [Netzwerk Recherche: Recherche-Journalismus und kritische Medienpolitik Band 4].

Castells, Manuel [2001]: The Internet Galaxy. Reflections on the Internet, Business, and Society. Oxford: Oxford University Press.

Barabási, Albert-László (2002): Linked. The Science of Networks. Cambridge: Perseus Publishing.

Charity, A. (1995): Doing Public Journalism. New York u.a.: The Guildford Press.

Becker, Barbara [1998]: Fragmentierung und Zerfall. Anmerkungen zu möglichen Auswirkungen elektronischer Medien. In: Zimmermann, Peter/ Binczek, Natalie (Hrsg.): »Und es könnte alles auch anders sein«, Köln. ohne Verlagsangabe, ohne Seitenangabe.

Coates, Tom (2003): On Permalinks and Paradigms. Online unter: http://www.plasticbag.org/archives/2003/06/on_permalinks_and_paradigms/ Abruf (4. April 2004).

Bieber, Christoph (1999): Politische Projekte im Internet. Online-Kommunikation und politische Öffentlichkeit, Frankfurt am Main. Bieber, Christoph (2003): Das Internet als Präsentations- oder Repräsentationsraum? Kommunikation in politischen Online-Versammlungen. In: Gellner, Winand/ Strohmeier, Gerd (Hrsg.): Repräsentation und Präsentation in der Mediengesellschaft, Baden-Baden, S.139-151.

13

Coenen, Christopher, 2005, Weblogs als Mittel der Kommunikation zwischen Politik und Bürgern – Neue Chancen für E-Demokratie? In: Schmidt, Jan / Schönberger, Klaus / Stegbauer, Christian (Hrsg.): Erkundungen des Bloggens. Sozialwissenschaftliche Ansätze und Perspektiven der Weblogforschung. Sonderausgabe von kommunikation@gesellschaft, Jg. 6. Online-Publikation: http://www.soz.unifrankfurt.de/K.G/B5_2005_Coenen.pdf. Abruf 1. August 2006. Cohen, Joshua (1989) Deliberation and Democratic Legitimacy. In: Hamlin, Alan; Kettit, Philipp (Hrsg.): The Good Policy. Normative Analysis of the State. Cambridge, S. 17.

14

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected]

Digitale Chancen (2006): Politische Beteiligung, bürgerschaftliches Engagement und das Internet. Interview mit Prof. Dr. Claus Leggewie, ZMI - Zentrum für Medien und Interaktivität. Online unter: http://www.digitale-chancen.de/content/sections/printit.cfm/key.2362/secid.16/secid2.48/aus.10/print. 1, (Abruf 10. August 2006).

Leggewie, Claus (2006): Deliberative Demokratie. Von der Politik- zur Gesellschaftsberatung (und zurück). In: Falk, Svenja/ Römmele, Andrea/ Rehfeld, Dieter/ Thunert, Martin (Hrsg.): Handbuch Politikberatung. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. (erscheint).

Dörner, Andreas (2001): Politainment. Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft. 4. Auflage. Suhrkamp. Domke, Christine (2006, demn.): Werbung, Wahlkampf, Weblogs. Neue Formen der politischen Kommunikation. Erscheint in: Habscheid, Stephan; Klemm, Michael (Hrsg.): Sprachhandeln und Medienstrukturen in der politischen Kommunikation (Arbeitstitel).

Marlow, Cameron [2004]: Audience, Structure and Authority in the Weblog Community. Paper presented at the International Communication Association Conference, May, 2004, New Orleans, LA. Online unter: http://web.media.mit.edu/~cameron/cv/pubs/04-01.pdf (letzter Abruf: 28. August 2005). Merrit, D. (1995): Public Journalism and Public Life. Why telling the news is not enough. Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates.

Efimova, Lilia/ de Moor, Aldo [2004]: An Argumentation Analysis of Weblog Conversations. In: Proceedings of the 9th International Working Conference on the Languag-Action Perspective on Communication Modelling (LAP2004, S. 179-212.

Meyer, Thomas (2001): Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch die Medien. Suhrkamp.

Enzensberger, Hans Magnus (1991): Das Nullmedium oder warum alle Klagen über das Fernsehen gegenstandslos sind. In: Enzensberger, Hans Magnus: Mittelmaß und Wahn. Gesammelte Zerstreuungen. Frankfurt am Main, S. 89-103.

Miller, Carolyn. R. / Dawn Sheperd (2004): Blogging as social action: A genre analysis of the Weblog. In: Gurak, Laura/Smiljana Antonijevic/Laurie Johnson/Clancy Ratliff/Jessica Reyman (Hrsg.): Into the blogosphere: Rhetoric, community, and culture of weblogs. Online unter: http://blog.lib.umn.edu/blogosphere/blogging_as_social_action_a_genre_analysis_of_the_weblog.html. Abruf: 12.1.2005.

Fraas, Claudia (2004): Vom kollektiven Wissen zum vernetzten Vergessen? Neue Medien zwischen kultureller Reproduktion und kultureller Dynamik. In: Wagner, Franc / Kleinberger-Günther, Ulla (Hg.): Neue Medien – Neue Kompetenzen? Texte produzieren und rezipieren im Zeitalter digitaler Medien. Frankfurt am Main u.a.: Verlag Peter Lang, S. 6-32. [Bonner Beiträge zur Medienwissenschaft, Band 3].

Neuberger, Christoph [2004]: Google, Blogs & Newsbots. Neue Vielfalt, neue Fragen: Mediatoren der Internet-Öffentlichkeit. In: Funkkorrespondenz. H. 8/9 (Extra), 10.02.2004, S. 20-28.

Fraas, Claudia/ Barczok, Achim (2006): Intermedialität – Transmedialität. Weblogs im öffentlichen Diskurs. In: Androutsopoulos, Jannis/ Runkehl, Jens/ Schlobinski, Peter/ Siever, Torsten (Hg.): Neuere Entwicklungen in der Internetforschung. Germanistische Linguistik. (Preprint, online unter: http://www.tu-chemnitz.de/phil/medkom/mk/fraas/Fraas_Barczok_06.pdf. ABruf 5. August 2006. Fraas, Claudia/ Klemm, Michael [Hrsg] (2005): Mediendiskurse. Bestandsaufnahme und Perspektiven. Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang. (Bonner Beiträge zur Medienwissenschaft, Band 4). Forster, Klaus (2006): Journalismus im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Verantwortung. Das Konzept des Public Journalism und seine empirische Relevanz. Köln: Herbert von Halem Verlag. Habermas, Jürgen (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Habermas, Jürgen (1992): Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats. Frankfurt am Main. Herring, Susan/Lois Scheidt/Sabrina Bonus/Elijah Wright (2004): Bridging the Gap. A Genre Analysis of Weblogs. Paper presented at the 37th Hawaii International Conference on System Sciences. InternetVerweis: http://www.ics.uci.edu/~jpd/classes/ics234cw04/herring.pdf. Hiler, John (2002): Blogosphere: the emerging Media Ecosystem. How Weblogs and Journalists work together to Report, Filter and Break the News. Online Unter: http://www.microcontentnews.com/articles/blogosphere.htm, Abruf (10.4.2004). Holtz-Bacha, Christina [1998]: Fragmentierung der Gesellschaft durch das Internet. In: Gellner, Winand/ Korff, Fritz von (Hrsg.): Demokratie und Internet. Baden-Baden: Nomos 1998, S. 219-226. Ito, Joi (o.D.): Weblogs and Emergent Democracy. Version 3.2. Online unter: http://joi.ito.com/static/emergentdemocracy.html (Abruf 4. August 2006). Kovach, Bill/ Rosenstiel, Tom (2001): The Elements of Journalism. What news people should know and the public should expect. New York: Three Rivers Press. Leggewie, Claus (2004): Von der elektronischen zur interaktiven Demokratie. Das Internet für demokratische Eliten. In: Kübler, Hans-Dieter/ Elling, Elmar (Hrsg.): Wissensgesellschaft. Neue Medien und ihre Konsequenzen. Bonn, S.21-30. 15

Neuberger, Christoph [2005a]: Formate der aktuellen Internetöffentlichkeit. Über das Verhältnis von Weblogs, Peer-to-Peer-Angeboten und Portalen zum Journalismus – Ergebnisse einer explorativen Anbieterbefragung. In: Medien und Kommunikationswissenschaft. 53. Jg., H. 1, S. 73-92. Neuberger, Christoph [2005b]: Weblogs verstehen. Über den Strukturwandel der Öffentlichkeit im Internet. In: Picot, Arnold / Fischer, Tim (Hrsg.): Weblogs professionell. Grundlagen, Konzepte und Praxis im unternehmerischen Umfeld. Heidelberg: dpunkt-Verlag, S. 113-129. O’Reilly, Tim [2005]: What is Web2.0? Design Patterns and Business Models for the Next Generation of Software. Online unter: http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web20.html. Abruf, 26. November 2005. Sarcinelli, Ulrich/ Schatz, Heribert (2002): Von der Parteien- zur Mediendemokratie – eine These auf dem Prüfstand. In: Sarcinelli, Ulrich/ Schatz, Heribert (Hrsg.): Mediendemokratie im Medienland. Leske und Budrich: Opladen 2002, S. 9-32. Schmidt, Jan (2006a): Weblogs. Eine kommunikationssoziologische Studie. Konstanz: UVK. Schmidt, Jan (2006b): Social Software. Onlinegestütztes Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagement. In: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Nr. 2, 2006. S. 37-46. Schmidt, Jan/ Martin Wilbers (2006): Wie ich blogge?! Erste Ergebnisse der Weblogbefragung 2005. Berichte der Forschungsstelle »Neue Kommunikationsmedien«, Nr. 06-01. Bamberg. Online verfügbar: http://www.fonk-bamberg.de/pdf/fonkbericht0601.pdf. Schütz, Alfred (1964): The well-informed citizen. In: Collected Papers. Vol. II. Studies in social theory. The Hague: Martinus Nijhoff, S. 120-134. Wehner, Joseph [1997]: Interaktive Medien - Ende der Massenkommunikation? In: Zeitschrift für Soziologie, 2, S. 96-114. Wellman, Barry [2002]: Little Boxes, Glocalization, and Networked Individualism? In: Tanabe, Makoto/ van den Besselaar, Peter/ Ishida, Toru (Hrsg.): Digital Cities II. Computational and Sociological Approaches. Berlin: Springer, S. 10-25. Wellman, Barry/ Haythorntwaite, Caroline (Hrsg.) [2002]: The Internet in Everyday Life. Malden, Oxford, Melbourne, Berlin: Blackwell Publishers.

16

*** PREPRINT – Bitte nicht ohne Rücksprache mit dem Autor weiter verbreiten *** Steffen Büffel – http://www.steffen-bueffel.de – [email protected] Zerfaß, Ansgar/ Boelter, Dietrich (2005): Die neuen Meinungsmacher. Weblogs als Herausforderung für Kampagnen, Marketing, PR und Medien. Graz: Nausner & Nausner.

17