Elisabeth Svendsens Eselbuch - Buch.de

Versorgung und Beratung von Eselhal tern. Im Laufe der Jahre hat sich die Arbeit im Ausland enorm ausge wei- tet. Inzwischen haben wir Teams in Mexiko (in ...
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Elisabeth Svendsens Eselbuch Elisabeth Svendsens Eselbuch

Eine außergewöhnliche Tierschützerin erzählt!

Liebevoll beschreibt die Autorin ihren langen Lebensweg mit den Eseln. Ein Blick auf die Wirklichkeit der mühevollen Arbeitswelt der Esel in vielen Ländern erklärt, warum sie diese Tiere unter ihren persönlichen Schutz gestellt hat. Bisher konnte sie rund 15 000 Arbeitsesel weltweit kostenlos medizinisch behandeln lassen. In England begann sie, behinderte Kinder durch tiergestützte Therapie mit Eseln zu fördern. Sie gibt hier auch ihre ganzen Erfahrungen über die Esel und ihre richtige Haltung weiter, mit ganz neuen Einblicken in das Wesen und Verhalten und die Aktivitäten, für die sich Esel hervorragend eignen. Dr. Elisabeth Svendsen verstarb, während diese deutsche Übersetzung ihres Buches entstand. Ihr lebendiges Vermächtnis wird nun durch ihre Familie weitergetragen.

ISBN 978-3-8001-7573-4



€ (D) 29,90 € (A) 30,80

www.ulmer.de

Elisabeth Svendsens Eselbuch Aus dem Englischen von Claudia Händel

Inhalt  7 Einführung  21 Abstammung des Esels  29 Sie möchten also einen Esel?  39 Betreuung Ihres Esels  49 Medizinische Betreuung und Gesundheitsfürsorge  73 Erziehung und Ausbildung  87 Aufzucht und Betreuung von Fohlen 105 Maultiere und Maulesel 111 Weide- und Stallmanagement 127 Ausstellen, Reiten, Bodenarbeit und Fahren 145 Eselrassen in Europa 161 Unsere Arbeit in den europäischen Ländern 171 Arbeit auf internationaler Ebene 185 Die Stiftung „The Elisabeth Svendsen Trust for Children and Donkeys“ 199 Geschichte des englischen Eselzuchtverbands „Donkey Breed Society“ Kleines Einmaleins der Eselgesundheit 211 222 Register

Widmung Dieses Buch ist allen Stiftungsmitgliedern, Mitarbeitern und Unterstützern des Donkey Sactuaray und der Elisabeth-Svendsen-Stiftung für Kinder und Esel gewidmet.

Danksagung und Hinweis Ein ganz herzliches Dankeschön geht an alle, die an diesem Buch mitgewirkt haben. Niemand kann alles über diese faszinierenden Equiden wissen und ich wollte die bestmöglichen Informationen, damit es etwas Besonderes wird. Ich hoffe, dass wir die meisten Aspekte zu Eseln und Maultieren beleuchten konnten. Zu dem Buch beigetragen haben: Paddy Barrett Feseha Gebreab Sue Brennan Jean Gilchrist Annie Brown Abdalla Hadi Rifai Alan Brown Sue Harland Laurel Harris Bob Camac Ben Hart Rosemary Clarke Debbie Coombes Allison Mann Dr. Aline De Aluja Ramesh Kumar Perumal Pat Feather Mourad Ragheb

Kate Selley Paul Svendsen Martin Taggart Bill Tetlow Alex Thiemann Bob Venn Dawn Vincent Judy Welsman

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Einführung Eigentlich hatte ich nie vor, mich um mehr als ein paar Esel zu küm­ mern und als ich 1968 meinen ersten namens „Naughty Face“ kaufte, wusste ich nicht, worauf ich mich einlassen würde! Von klein auf waren Esel meine Lieblinge. Jedes dritte Wochen­ ende, wenn wir unsere Großeltern in St. Annes-on-Sea besuchten, musste mein Vater einen 22 km langen Umweg fahren, damit wir an einem Feld anhalten konnten, auf dem Esel grasten. Ich kletterte dann immer die Böschung hinauf, rief „Esel“, und sie rannten zu mir her. Meine Ausbildung als Lehrerin in der Fröbelpädagogik mit dem Schwerpunkt auf Kindern mit besonderen Bedürfnissen schloss ich mit sehr gutem Examen ab. 1954 heiratete ich. Wegen einer Krise im Un­ ternehmen meines Vaters hörte ich als Lehrerin auf, wurde Ge­schäfts­ leitungsmitglied einer Rohrleitungsfirma und wahr­­scheinlich damit zur ersten Frau, die in Sachen Abflussrohren unterwegs war! Wegen der Arbeitsstelle meines Mannes mussten wir nach Somerset umziehen. Mit einem Baby und einem zweiten unterwegs wurde das Windeltrocknen zum Esel-Redensarten Alptraum, denn die Woh­nung, in der wir leb­ Besser ein Esel, der Dich trägt als ein Pferd, das Dich ten, hatte keinerlei Mög­lichkeit, Wäsche zu abwirft – Besser einen kleinen Nutzen tatsächlich trock­nen. Gemeinsam erfanden mein Mann haben, als einem wertvolleren Nutzen nachjagen, und ich einen Wäsche­trockner. Damit nah­men den man dann doch nicht erreicht. wir an ei­nem Wettbewerb teil, den eine lan­des­ Einen Esel zu kämmen haben – Verpflichtungen weite Zeitung für die beste vermark­tungs­­fähige haben. Idee ausge­schrieben hatte. Wir gewan­nen und Solange der Esel trägt, ist er dem Müller lieb – Ein Esel er­hiel­ten anlässlich einer im Fern­­sehen über­ ist nur solange erwünscht, solange man Ver­ tra­genen Preisverleihung die Summe von wendung für ihn hat. £ 5.000 sowie obendrein viel Publicity! Wir Stur sein wie ein Maulesel – Jemand, der nicht hören bauten das Geschäft aus, später wurde es von oder sich nicht ändern will. Thorn Industries übernommen und wir wurden zu Direktoren einer ihrer Niederlassungen. Eselsbrücke – Merksatz, um sich etwas zu verin­ner­ Nach zwei Jahren suchten wir neue beruflichen. Wegen ihrer Wasserscheu baute man den Eseln früher die sogenannten Eselsbrücken, damit liche Herausforderungen. Wir arbeiteten als sie über Flüsse und Wasserläufe gingen. Unternehmensberater in Cornwall, wo wir unter anderem eine Schiffswerft wieder auf

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Naughty Face, mein erster Esel.

Vordermann brachten! Unglücklicherweise zog sich mein Mann eine Rückenverletzung zu. Um gemeinsam wieder an einem Projekt arbei­ ten konnten, kauften wir das Salston Hotel in Ottery St. Mary – und ich kaufte Naughty Face! Zu dem Zeitpunkt wusste man in der Fachwelt so gut wie nichts über Esel. Wenn überhaupt, wurden sie wie kleine Pferde behandelt. Es muss um diese Zeit etwa 18.000 Esel in Großbritannien gegeben haben, Überbleibsel der einst zahlreichen Esel, die aus der Landwirtschaft weggeholt wurden, um im Ersten Weltkrieg zu dienen. Während ich das Hotel führte, wuchsen meine Zuneigung und Respekt für diese bescheidenen, hart arbeitenden Tiere. Ich trat der Donkey Breed Society (DBS, englischer Eselzuchtverband) bei, um alles nur Mögliche über Esel zu lernen. Der Zustand der Esel auf Märk­ten entsetzte mich aufs Äußerste – besonders nach einem Vorfall in Exeter, wo kranke, ältere Esel zur Unterhaltung von Urlaubern am Strand verkauft wurden. So entschied ich mich, keine Esel mehr zu züchten, sondern sie zu retten. Ich bat den Verband um Unterstützung, doch dessen ganzes Interesse galt damals der Verbesserung der Eselzucht. 1972 floss der gesamte Gewinn des Hotels in mein kleines Eselasyl, Mitte 1973 hatte ich 38 Esel zur Pflege. Ich beschloss, eine Stif­tung zu gründen und so wurde mit Hilfe von Gleich­ gesinnten und Eselfreunden das Esel­asyl Der Esel in der Mythologie „The Donkey Sanctuary“ eingetragen. Ich Nach der christlichen Vorstellung trugen Esel früher schrieb und versandte zwei Mal jährlich keine Abzeichen auf ihrem Fell. Das dunkle Schulter­ kreuz auf ihrem Rücken sollen sie erst beim Einzug News­letter an Menschen, die an meinem Christi auf dem Rücken eines Esels in Jerusalem be­ Vorhaben in­teressiert und in der Lage waren, kommen ha­ben. Man glaubte, die Fellhaare vom Mit­tel zum Unterhalt der Einrichtung zu­ Schul­ter­kreuz könnten eine ganze Reihe von Leiden sammenzutra­gen. Es war erstaunlich und heilen und man trug sie häufig mit sich, in einem befriedigend, wie schnell die Zahl der UnterAnhänger um den Hals. stützer wuchs.

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Etwa um diese Zeit rief mich Violet Philpin an, die das Asyl „Helping Hand Donkey Sanctuary“ bei Reading leitete. Sie ging ganz in ihrer Arbeit mit den Eseln auf, war aber mit sechs Eseln, die sie von einem Markt in Reading gerettet hatte und die in sehr schlechtem Zustand waren, überfordert. Ich nahm also diese sechs bei uns auf. Sie waren völlig verstört und sahen furchtbar aus. Besonders ein klei­ner Esel, den wir Tiny Titch (Kleiner Knirps) tauften, war offenbar schwer verprügelt worden. Die festen Klumpen auf seinem Rücken stellten sich heraus als in sein Fleisch eingewachsene Stücke von Sackleinen und kleine Knochensplitter, die von Verletzungen seiner Wirbel­säule stammten. Er war so schwach, dass eine Operation aufgeschoben werden musste, bis er zu Kräften gekommen war. Shy, ein anderer kleiner Esel aus dieser Gruppe, war so dünn und verängstigt, dass man kaum nahe genug herankam, um die Zähne zur Altersbestimmung zu kontrollieren. Als es mir gelang, musste ich ent­ setzt feststellen, dass alle Vorderzähne abgebrochen waren und auf dem Zahnfleisch noch geronnenes Blut war. Auch diese kleine Eselin war schwer verprügelt worden. Eine operative Rekonstruktion ihres Mauls war lebensnotwendig, weil sie überhaupt nicht fressen konnte. Sie überstand die Operation gut und wurde langsam wieder aufgepäppelt. Die Geschichte hattte ein Happy End: Shy und Tiny Titch verliebten sich ineinander! Als sie sich beide vollständig erholt hatten, waren sie die ersten Esel, die in unser Pflegestellenprogramm entlassen wurden. Sie verbrachten viele glückliche Jahre zusammen in ihrem neuen Zuhause ganz in der Nähe. Der Abend des 20. Juni 1974 sollte mein ganzes Leben verändern. Ich bekam einen Notruf von einem Herrn Holman der Barclays Bank in Reading. Er teilte mir mit, dass Violet Philpin gestorben war und mir

Eselsmilch wird manch­mal zum Füttern von Babys verwendet. Es heißt, sie schütze sie vor Erkältungen und Husten. Eselsmilch soll der mensch­lichen Mutter­milch am ähn­ lichsten sein und Ko­ lostrum enthalten.

Hänsel und Gretel bei ihrer Ankunft im The Donkey Sanctuary.

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ein Erbe hinterlassen hatte – 204 Esel! Frau Philpin musste wohl entschieden haben, dass ich vertrau­enswürdig genug war, um mich um ihre Esel zu kümmern. Aber Sie können sich mei­ne Probleme vorstel­len. Hektische Tele­fonate mündeten in einem Angebot eines örtlichen Landschaftsparks, mir eine große Scheune und ein großes Stück mit Stechginster bewachsenes Brachland zu vermieten. Esel in einem erbarmungswürdigen Zustand trafen ein und manche Fälle haben sich in mein Gedächtnis ein­ gegraben. Wie zum Beispiel Hänsel und Gretel, die bei ihrer Ankunft so abgemagert waren, dass sie kaum ohne Hilfe stehen konnten. Über der verlausten und infizierten Haut war ihr Fell völlig verfilzt. Es dauerte Monate, bis die beiden wie­der gesund waren. Dann war da Timothy, dessen Ohren von Jugendlichen mit Tranchiermessern nahezu vollständig abgetrennt worden waren und Crackers, der auf einem Stück Brachland im Norden Englands an einen Pfahl angepflockt gewesen war. Er kam nur an ein wenig Gras heran und riss sich schließlich los. Dabei verletzte er sich an einem Hinterbein. In den folgenden sechs Wochen wanderte er um­her, bis ihn jemand aus der Bevölkerung, fast völlig verhungert, rettete und er zu uns ins Asyl kam. Es gäbe noch viele solcher traurigen Geschichten zu erzählen … Wir verkauften unser Haus auf dem Hotelgelände und erwarben einen Bauernhof in Salcombe Regis bei Sidmouth. Bei nächster Gele­ gen­heit siedelten wir die Esel aus dem Landschaftspark um. Viele Men­ schen vor Ort halfen uns und hatten eine Menge Spaß dabei, obwohl es nicht immer ganz einfach war! Von Anfang an führte ich genau Buch über jeden Esel, der zu uns kam. Jeder erhielt einen Namen und eine Nummer und wurde von unseren örtlichen Tierärzten untersucht. Alles wurde aufgezeichnet. Auf dem Bauernhof richtete ich eine Quarantänestation ein, die sich bald darauf bewähren sollte, denn kurz nach Ankunft der Esel brach die Pferdegrippe aus. Wir engagierten eine Veterinärpraxis aus St. David‘s Hill, Exeter, die auf die vielen Problemen äußerst verständnisvoll und mit großer Teilnahme einging. Die Tierärzte unterstützten uns auf großartige Weise und schafften die schier unmögliche Aufgabe, uns bei der Behandlung der schrecklichen Fälle zu beraten, die bei uns eintrafen. Sie übernahmen die Verantwortung für das Wohlergehen der Esel, sodass ich nur ihren Anweisungen folgen musste, während ich die Aufgabe, die ständig wachsenden finanziellen Mittel für meine größer werdende Familie aufzutreiben, zu bewältigen hatte. Mit steigender Anzahl der Esel wurde es notwendig, einen weiteren Bauernhof zu kaufen und die Stiftung erwarb Paccombe Farm im nahe gelegenen Weiler Harcombe. Dem folgten im Laufe der Jahre fünf Bau­

Der Esel war so wertvoll, dass er in den Zehn Gebo­ ten aufgeführt wurde, wonach es verboten ist, „des Nächsten … Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel zu begehren“. In den Religionen soll der Esel aus der Bibel, der zu Balaam über seine schlechte Behandlung sprach, der Vorfahre jenes Esels sein, der den Propheten Mohammed auf sei­ nem Ritt ins Exil, und dann der Vorfahre jenes Esels, der Christus zu seiner Kreuzigung trug.

Ein altes Heilmittel für Keuchhusten bei Kindern bestand darin, ein paar Haare aus dem Fell am Schul­ter­kreuz eines Esels zu ziehen und sie in einem Säck­ chem dem Kind um den Hals zu hängen.

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ernhöfe in Devon und Dorset sowie weitere Die Iren sagen, es gebe drei Dinge, die man nicht Grundsücke, die an die Slade House Farm anbeherrschen könne – ein Maultier, ein Schwein und grenzten. Alle Höfe liegen im näheren Umeine Frau. kreis des Hauptasyls, damit die dort lebenden In der Grafschaft Mayo kursiert eine Legende über Esel von unseren Tierärzten und der Tierkli­ einen Esel, der einer alten Dame gehörte. Das ein­ zige Futter, das der Esel unter der Woche erhielt, war nik, die 1983 errichtet wurde, leicht zu errei­ das Gras am Straßenrand. Aber an Sonntagen rannte chen sind. (Einer der Bauernhöfe in Dorset der Esel zu den Pforten am Kirchgelände, sobald er wur­de später verkauft, weil er zu weit von die Glocken zur Messe läuten hörte. Die Pforten Sid­mouth entfernt war.) waren nur während des Gottesdienstes geöffnet, für Zu meinen Grundsätzen zählt, dass jeder, den Esel ausreichend Gelegenheit, sich an frischem der uns eine Spende gibt, ob groß oder klein, grünem Gras gütlich zu tun! Der Esel wurde sehr ein Dankesschreiben er­hält. Auch ha­be ich die bekannt und durfte von Stund an seine Sonntags­ mahlzeit im Kirchgarten einnehmen. Unterstützer unser­er Arbeit im­mer gebeten, „The Donkey Sanc­tuary“ im Tes­ta­ment zu bedenken. 1990 erhielten wir ein ganz besonderes Geschenk über die Testamentsvollstrecker des verstorbenen William Arthur Newton. Dieser hatte in seinem Testament erklärt, dass er seinen Bauern­hof in Buxton, Derbyshire, gerne als Tierasyl genutzt wissen wollte, besonders für „Pferde und Esel, die herrenlos oder krank sind oder getötet werden sollen“. Glücklicherweise entschieden sich die Testamentsvollstrecker für „The Donkey Sanctuary“. Dieser Hof, re­lativ zentral in Großbritannien gelegen, war er eine ideale Durchgangs- oder Auffangstation, wo die Esel auf den langen Reisen aus dem Norden ausruhen konnten. Heute leben dort dauerhaft Esel und der Hof wird als Ausbildungszen-

Verwahrloste Hufe – ein von Eseln in Irland häufig erduldetes Leid.

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trum genutzt, sowohl für potenzielle Pflege­ familien als auch für zum therapeutischen dung, den man auf das Auge schmierte, als Heil­ Reiten ausge­wählte Esel. mittel. 1975 besuchte ich Irland und traf dort mit •• Als Heilmittel für Gicht galt es, einen Eselhuf an Garrett Barrett zusam­men, der das „Richard den schlechten Fuß zu binden. •• Es heißt, dass jeder, der ein Maultier küsst, da­ Martin Restfields Pferde- und Eselasyl“ in der nach immun gegen Scharlach sei. Grafschaft Cork leitete. Dort wurde ich Zeuge der furchtbaren Not der Esel. Viele der waren geschwächt und hatten entsetzlich verwachsene Hufe. Restfields war finanziell in einer verzweifelten Lage, besonders nach den schrecklichen Winterstürmen von 1976. Daher sagte ich eine Spende des „The Donkey Sanctuary“ von £ 500 für den Bau einer neuen Scheune zu. Leider verstarb Garrett Barrett 1981 plötz­lich, doch sein Sohn Paddy übernahm die Leitung, und am 1. August 1987 wurde Rest­fields von „The Donkey Sanctuary“ übernom­men. Ein zweiter Bau­ernhof wurde 1996 erworben, dort be­finden sich eine Eselklinik und Quarantänestationen. Inzwischen haben wir mit über 40 Mitar­bei­tern, einschließlich eines Teams hervorragen­der Tierschutzbeauftrag­ten, über 2.500 Esel in Irland in Asyl genom­men. Doch es bleibt dort immer noch viel für die Esel zu tun. Weltweit gibt es ungefähr 59 Millionen Esel und Maultiere, die Mehr­zahl davon in armen Ländern. Esel werden zum Arbeiten genutzt und oft sind sie der Rettungsanker der Familien bei den täglichen Aufgaben wie Wasser tragen, Holzsammeln, Bodenbearbeitung und dem Transport der Waren zum Markt. Wenn ich im Ausland Urlaub ge­ macht habe, war ich häufig erschüttert über das Los vieler Esel, die unter haarsträubenden Bedingungen arbeiteten, geschwächt von Parasiten, fürchterlichen wunden Stellen und Verletzungen als Folge Esel im spanischen Eselasyl El Refugio del Burrito. ihrer Abmagerung. So gründete ich 1976 die Stiftung „The Interna•• Im Mittelalter galt bei Augenleiden frischer Esel­

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tional Donkey Protection Trust“ (IDPT, Internationaler Fonds zum Schutz der Esel) und fing an, Geldmittel zu beschaffen für Hilfsprojekte in den Entwicklungsländern mit Mitarbeitern vor Ort, tierärztlicher Versorgung und Beratung von Eselhal­tern. Im Laufe der Jahre hat sich die Arbeit im Ausland enorm ausge­wei­ tet. Inzwischen haben wir Teams in Mexiko (in Verbindung mit „World Horse Welfare“, einer Wohltätigkeitsorganisation für Pferde – früher „International League for the Protection of Horses“, Liga zum Schutz des Pferdes, genannt) sowie in Ägypten, Indien, Kenia und Äthiopien. Darüber hinaus laufen Projekte in China, Südafrika, Jamaica und Ugan­­da. Die ausländischen Teams helfen dabei buchstäblich Tausen­ den von Eseln, indem sie kostenlose ärztliche Behandlung und prak­ tische Ratschläge für die Tierbesitzer anbieten, für die die Esel lebensnotwendig sind. Im Rahmen dieser Projekte wurden 2007 über 320.000 Esel und Maultiere betreut: bei Schnittwunden und von schlecht sitzenden Geschirren verursachten Verletzungen, der Versor­ gung mit Medikamenten zur Heilung und Parasitenprophylaxe, Hufschmiedearbeiten bei Hufwunden und mit Kursen zur Eselpflege, etwa wie das Geschirr richtig angelegt wird und vieles andere. Bei solch vielen Eseln und Maultieren weltweit, die unserer Pflege und Aufmerksamkeit bedürfen, bieten wir zunehmend Ausbildungsprogramme für Tierärzte, Studenten der Veterinärmedizin, Eselhalter und Kinder an, sodass im Laufe der Zeit immer mehr Menschen damit vertraut werden, sich richtig um ihre Tiere kümmern und mehr Veterinäre in den jeweiligen Ländern Wissen um die Bedürfnisse von Eseln und Maul­tieren erwerben. Nicht nur werden die ausländischen Projekte von unseren Mitarbei­ tern aus Großbritannien regelmäßig besucht und kontrolliert. Umgekehrt kommen die ausländischen Veterinäre unserer Projekte zu „The Donkey Sanctuary“, um mitzuarbeiten und zu lernen. Im Jahr 2000 entschieden wir uns, um Verwaltungskosten zu spa­ ren, die Stiftung „The International Donkey Protection Trust“ in unser Eselasyl „The Donkey Sanctuary“ zu überführen. 2003 begannen wir mit unserer Arbeit in Europa und errichteten als erstes eine Rettungsstation in Spanien mit dem Namen „El Refugio del Burrito“ in Fuente de Piedra bei Malaga. Die Arbeit in Europa, die von meinem Sohn Paul Svendsen in seiner Funktion als Einsatzleiter für Europa geleitet wird, hat seither beträchtlich zugenommen und wir haben inzwischen zwei Bauernhöfe in Spanien. Ein weiteres Asyl wurde vor kurzem in Italien eröffnet und wir übernahmen eine Tierschutzorganisation für Esel in Zypern. „The Donkey Sanctuary“ kontrolliert Veranstaltungen in Eu­ ropa wie Festivals, bei denen Esel eingesetzt werden, Esel in der Tou­ ris­musbranche und auf Märkten sowie die Transportbedingungen von zur Schlachtung bestimmten Eseln. Bei Bedarf setzt sich die Stiftung für die Rechte der Esel ein.

In England wurden im 16. Jahrhundert Bank­ rotteure verkehrt he­ rum auf einen Esel gesetzt, mit dem Ge­ sicht zum Schweif. Anscheinend verfuhr man später mit Pan­ toffelhelden genauso.

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Reittherapie in The Slade Centre.

1986 verfasste ich das erste Buch, Professional Handbook of the Don­ key, und habe damit vielleicht zum ersten Mal die Informationen, die wir über die Jahre hinweg gesammelt hatten, für den Berufsstand der Ve­terinärmediziner zugänglich gemacht. Das Buch wurde weltweit gratis an Universitätskliniken für Veterinärmedizin abgegegeben. Über die Jahre erschienen aktualisierte Ausgaben, die vierte im Jahr 2008. Alle diese Bücher wurden Tierärzten und Studenten der Tiermedizin kostenfrei zugänglich gemacht. 1976 brachte mich meine Liebe zu Kindern und zu Eseln dazu, das „Slade Centre“ auf dem Grundstück des Asyls „The Donkey Sanctuary“ zu errichten. Esel haben ein solch ruhiges und sanftmütiges Wesen, dass sie sich ideal für die Arbeit mit Kindern mit sonderpädagogischen Bedürfnissen und Behinderungen eignen. Die therapeutischen Vorteile des Reitens, Fahrens, Berührens, Knuddelns und Sprechens mit den Eseln bieten oft zugleich einen wunderbaren Anblick. Das Zusammenbringen von Eseln und Kindern in der Region Sidmouth brachte mich 1989 dazu, die Stiftung „The Elisabeth Svendsen Trust for Children and Donkeys“ (EST) zu gründen. „The Slade Centre“ ging darin auf und dies ermöglichte es uns, in ganz Großbritannien Kindern in zweckorientierten Zentren dieselben Möglichkeiten zu bieten. Tau­sen­de von Kindern mit besonderem Förderbedarf haben in unseren Zentren in Birmingham, Leeds und Manchester, Ivybridge bei Plymouth und natürlich Sidmouth inzwischen davon profitiert. Wir arbeiten derzeit am sechsten Zentrum, das dank der Großzügigkeit und Freundlichkeit eines unserer Förderer dieses Mal in Nordirland entstehen soll. Die Kinder an unseren Zentren leiden unter den unterschiedlichsten Problemen: Manche haben eine Lernbehinderung, andere sind körperlich behindert oder haben Verhaltensstörungen, Hirn- oder Sinnes­ schädigungen. Die Esel bringen Freude und Vergnügen in ihr Leben, fördern Koordination und Allgemeinentwicklung und vermitteln ihnen die Befriedigung, die mit dem Reitenlernen einhergeht.