elektra - Staatskapelle Dresden

28.01.2014 - vorbehält, der sich der jeweiligen Psychologie der Hauptfiguren anpasst. Formale ..... Werdegang von Evelyn Herlitzius. nach ihrem Studium.
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RI CH AR D STR A U S S

ELEKTRA Sächsische Staatskapelle Dresden Christian Thielemann Dirigent S ai s o n 2 01 3

2 014

o r ts w e c h s e l .

Richard Strauss Elektra Sa i s o n 2 01 3

2 01 4

Christian Thielemann Dirigent Waltraud Meier Klytämnestra Evelyn Herlitzius Elektra Anne Schwanewilms Chrysothemis Frank van Aken Aegisth René Pape Orest Sächsischer Staatsopernchor Dresden Einstudierung: Pablo Assante

Besuchen Sie den Ort, an dem Automobilbau zu einer perfekten Komposition wird: die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden.

w w w.g l a e s e r n e m a n u fa k t u r . d e

PA R T N E R D E R S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N

In Kooperation mit der Semperoper Dresden Ein Abo-Konzert der Konzert-Direktion Hans Adler Pro Musica | Musikalische Akademie 3. Konzert

Inhalt

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Programm & Mitwirkende

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Christian Thielemann

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Sächsische Staatskapelle Dresden

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Orchesterbesetzung

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Interview mit Christian Thielemann

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Die Handlung von »Elektra«

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Daten & Fakten zur »Elektra«

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Eine Chronik: Richard Strauss und Dresden

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Strauss-Aufnahmen der Staatskapelle

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Zur Entstehungsgeschichte der »Elektra«

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Zur »Elektra«-Partitur

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Werke von Strauss in der Kapellsaison 2013 / 2014

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Opern von Strauss in der Spielzeit 2013 / 2014 der Semperoper Dresden

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Osterfestspiele Salzburg 2014

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Ein Brief von Richard Strauss an Ernst von Schuch

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Die Solisten

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Sächsischer Staatsopernchor Dresden

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Das Libretto

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Impressum

R i c h a r d S t r au ss , L i t h o g r a f i e vo n L e o n h a r d Fa n to (19 3 9), m i t W i d m u n g d e s Ko m p o n i s t e n a n d i e S ta at s k a p e l l e D r e s d e n

Leonhard Fanto, langjähriger Kostümdirektor der Königlichen Hofoper in Dresden, hatte auch die Kostüme für die Dresdner Uraufführung von Richard Strauss’ »Elektra« am 25. Januar 1909 entworfen.

elektra

D i e n s tag 2 8 .1.14 2 0 U h r | P h i l h a r m o n i e B e r l i n

Richard Strauss Besetzung

Elektra



Waltraud Meier Klytämnestra

konzertante Aufführung



Tragödie in einem Aufzuge von Hugo von Hofmannsthal



Anne Schwanewilms Chrysothemis



Frank van Aken Aegisth

Uraufführung am 25. Januar 1909 in der Königlichen Hofoper zu Dresden



Christian Thielemann Dirigent



Sächsische Staatskapelle Dresden



Sächsischer Staatsopernchor Dresden Einstudierung: Pablo Assante





Evelyn Herlitzius Elektra

René Pape Orest Peter Lobert Der Pfleger des Orest Romy Petrick Die Vertraute Ute Selbig Die Schleppträgerin Simeon Esper Ein junger Diener Matthias Henneberg Ein alter Diener



Nadine Secunde Die Aufseherin



Constance Heller Die erste Magd



Gala El Hadidi Die zweite Magd



Christa Mayer Die dritte Magd

Rachel Willis-Sørensen Die vierte Magd

Die Dresdner »Elektra« Nach dem Jubiläum ist vor dem Jubiläum: Im vergangenen Jahr erwiesen Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle in Konzert und Oper dem einstigen Dresdner Hofkapellmeister Richard Wagner zum 200. Geburtstag die Ehre. Mit dem Jahreswechsel rücken die Kapelle und ihr Chefdirigent erneut in den Fokus der Musikwelt: Der Geburtstag von Richard Strauss jährt sich 2014 zum 150. Mal. Ganze neun seiner 15 Opern ließ der Bayer in Dresden uraufführen, eine davon, die seinen Ruhm entscheidend mitbegründete: die »Elektra«. Erst vor wenigen Tagen feierte eine Neuproduktion des Einakters mit der Besetzung des heutigen Abends Premiere in der Semperoper.

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Nadja Mchantaf Die fünfte Magd



Julia Buck, Katrin Dönitz,



Carolin Graßnick, Elke Kaplon,



Kira Tabatschnik, Heike Wiechmann

Sechs Dienerinnen

da s Ko n z e r t f i n d e t o h n e pau s e s tat t. e n d e c a . 21. 4 5 U h r

elektra

Christian Thielemann Chefdirigent der S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e D r e s d e n

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rahms- und Bruckner-Zyklus, Wagner-Geburtstagskonzerte, Tourneen nach Asien, in die USA und durch Europa, die Osterfestspiele Salzburg, Operndirigate von »Lohengrin«, »Manon Lescaut« und dem »Rosenkavalier« – in der vergangenen Saison trat Christian Thie­lemann unter weltweiter Aufmerksamkeit als Chefdirigent an die Spitze der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Zuvor leitete er von 2004 bis 2011 als Generalmusikdirektor die Münchner Philharmoniker, von 1997 bis 2004 hatte er das gleiche Amt bereits in seiner Heimatstadt an der Deutschen Oper Berlin inne, an der er 1978 als Korrepetitor seine Karriere begann. Enga­ gements in Gelsenkirchen, Karlsruhe und Hannover schlossen sich an, ehe er 1985 Erster Kapellmeister an der Düsseldorfer Rheinoper und 1988 jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands in Nürnberg wurde. Neben seiner Dresdner Chefposition übernahm Thielemann 2013 die künstlerische Leitung der Osterfestspiele Salzburg, deren Residenzorchester seither die Staatskapelle ist. Konzert und Oper miteinander zu verbinden, schätzt Christian Thiele­ mann sehr, und so widmet er sich am Pult der Kapelle in dieser Spielzeit dem großen Musikerjubilar des Jahres 2014, Richard Strauss, in den Symphoniekonzerten, einem Sonderkonzert und einem Aufführungsabend, aber auch in Opern-Neuproduktionen der »Elektra« und »Arabella«. Für Thielemanns Interpretation der Strauss’schen »Frau ohne Schatten« bei den Salzburger Festspielen 2011 hatte ihn die »Opernwelt« zum »Dirigenten des Jahres« gewählt. Eine enge Zusammenarbeit verbindet Christian Thielemann mit den Berliner und Wiener Philharmonikern sowie mit den Bayreuther Festspielen, die er seit seinem Debüt im Sommer 2000 (»Meistersinger«) alljährlich durch maßstabsetzende Interpretationen geprägt hat; seit 2010 ist er auch musikalischer Berater auf dem »Grünen Hügel«. Im Rahmen seiner vielfältigen Konzerttätigkeit dirigierte er u.a. die großen Orchester in Amsterdam, London, New York, Chicago und Philadelphia, ebenso gastierte er in Israel, Japan und China. Christian Thielemanns Diskografie als Exklusivkünstler der UNITEL ist umfangreich. Mit den Wiener Philharmonikern spielte er sämtliche Beet­hoven-Symphonien auf CD und DVD ein. Sein Brahms-Zyklus mit der Staats­ kapelle erscheint ebenfalls auf CD und DVD. Christian Thielemann ist Eh­ ren­m itglied der Royal Academy of Music in London, zudem wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Hochschule für Musik »Franz Liszt« Weimar und der Katholischen Universität Leuven (Belgien) verliehen.

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Sächsische Staatskapelle Dresden Christian Thielemann Chefdirigent S i r C o l i n D a v i s (†) E h r e n d i r i g e n t Myung -Whun Chung Erster Gastdirigent

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it der Unterzeichnung der Gründungsurkunde am 22. September 1548 legte Kurfürst Moritz von Sachsen den Grundstein für die inzwischen mehr als 460-jährige ununterbro­ chene His­torie der Sächsischen Staatskapelle Dresden, eine glanzvolle Historie, die sie zu einem der ältesten und traditionsreichsten Orchester der Welt macht. Zunächst eine »Cantorey« mit »Instrumentisten«, erlangte sie rasch weitreichendes Ansehen und entwickelte sich 1709/1710 zu einem modernen Orchester. Ihre seit drei Jahrhunderten kontinuierliche Existenz als Orchester, über alle gesellschaftlichen Umbrüche und geschichtlichen Ereignisse hinweg, sichert der Sächsischen Staatskapelle einen Ausnahmestatus in der internationalen Musiklandschaft. Unzählige zeitgenössische Urteile aus den verschiedenen Epochen, von Telemann und Rousseau über Beethoven und Berlioz bis zu Richard Strauss, Herbert von Karajan und weiteren führenden Dirigenten, belegen den exzellenten Ruf, den das Dresdner Ensemble seit seinen Anfängen genießt. Herausragende Kapellmeister und international geschätzte Instrumentalisten prägten die Geschichte der einstigen Hofkapelle. Zu ihren Leitern zählten Heinrich Schütz, Johann Adolf Hasse, Carl Maria von Weber und Richard Wagner. Bedeutende Chefdirigenten der letzten 100 Jahre waren Ernst von Schuch, Fritz Reiner, Fritz Busch, Karl Böhm, Joseph Keilberth, Rudolf Kempe, Otmar Suitner, Kurt Sanderling, Herbert Blomstedt, Giuseppe Sinopoli, Bernard Haitink und Fabio Luisi. Mit Beginn der Saison 2012 / 2013 übernahm Chris­t ian Thielemann das Amt des Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle. Zum Ehrendirigenten wurde 1990 der im vergangenen Jahr verstorbene Sir Colin Davis ernannt, den erstmals in der Kapellgeschichte verliehenen Titel eines Ersten Gastdirigenten trägt seit 2012 Myung-Whun Chung. Richard Strauss, dessen 150. Geburtstag 2014 gefeiert wird, war der Kapelle über 60 Jahre lang freundschaftlich verbunden. Neun seiner 15 Opern, darunter »Salome«, »Elektra« und »Der Rosenkavalier«, wurden in

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Dresden uraufgeführt; seine »Alpensinfonie« widmete er der Staatskapelle. Auch zahlreiche andere berühmte Komponisten schrieben Werke, die von der Staatskapelle aus der Taufe gehoben wurden bzw. ihr gewidmet sind. An diese Tradition knüpft das Orchester seit 2007 mit dem Titel des Capell-Compositeurs an, den in der vergangenen Saison Hans Werner Henze innehatte. Capell-Compositeur in dieser Spielzeit ist Wolfgang Rihm. Die Sächsische Staatskapelle ist in der Semperoper beheimatet und in diesem Haus pro Saison in etwa 260 Opern- und Ballettaufführungen zu erleben. Hinzu kommen ca. 50 symphonische und kammermusikalische Konzerte in der Semperoper sowie Sonderkonzerte in der Dresdner Frauenkirche. Als eines der international begehrtesten Symphonieorchester gastiert die Staatskapelle regelmäßig in den großen Musikzentren der Welt. Seit 2013 ist sie das Orchester der Osterfestspiele Salzburg, die von Christian Thielemann künstlerisch geleitet werden. Die Sächsische Staatskapelle engagiert sich auch in der Region: Seit 2008 ist sie Patenorchester des Meetingpoint Music Messiaen in der Doppelstadt Görlitz-Zgorzelec. 2010 rief die Staatskapelle die Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch in der Sächsischen Schweiz mit ins Leben, die sich – als einziges Festival weltweit – jährlich dem Schaffen des Komponisten Dmitri Schostakowitsch widmen. 2007 erhielt die Sächsische Staatskapelle Dresden als bislang einziges Orchester in Brüssel den »Preis der Europäischen Kulturstiftung für die Bewahrung des musikalischen Weltkulturerbes«. Seit 2008 ist Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen Partner der Sächsischen Staatskapelle Dresden.

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Elektra Orchesterbesetzung 1. Violinen Matthias Wollong 1. Ko n z e r tm e i s t e r

Thomas Meining Jörg Faßmann Federico Kasik Michael Frenzel Susanne Branny Barbara Meining Birgit Jahn Wieland Heinze Henrik Woll Annika Thiel

Bratschen Michael Neuhaus S o lo Andreas Schreiber Stephan Pätzold Michael Horwath Ulrich Milatz Ralf Dietze Zsuzsanna Schmidt-Antal Marie-Annick Caron Juliane Böcking Milan Líkař Raimund Eckertz* Tobias Mehling*

Flöten Andreas Kißling S o lo Bernhard Kury Cordula Bräuer Jens-Jörg Becker

Oboen Bernd Schober S o lo Volker Hanemann Michael Goldammer Florian Hanspach**

Klarinetten 2. Violinen

Violoncelli

Heinz-Dieter Richter

Norbert Anger

Ko n z e r tm e i s t e r

Ko n z e r tm e i s t e r

Matthias Meißner Annette Thiem Stephan Drechsel Jens Metzner Alexander Ernst Mechthild von Ryssel Emanuel Held Johanna Fuchs

Friedwart Christian Dittmann S o lo Simon Kalbhenn S o lo Tom Höhnerbach Martin Jungnickel Bernward Gruner Johann-Christoph Schulze Jakob Andert

Kontrabässe Andreas Wylezol S o lo Petr Popelka Helmut Branny Christoph Bechstein Fred Weiche Thomas Grosche

* als Gast ** A l s A k a d e m i s t  /   i n

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Wolfram Große S o lo Dietmar Hedrich Egbert Esterl Jan Seifert Christian Dollfuß Lisa Liszta** Uwe Fritzsching* Vladyslav Vasylyev*

Fagotte Erik Reike S o lo Joachim Huschke Andreas Börtitz Tilmann Baumgartl**

Hörner Jochen Ubbelohde S o lo Andreas Langosch David Harloff Harald Heim Julius Rönnebeck Miklós Takács Eberhard Kaiser Sebastian Posch*

Trompeten Mathias Schmutzler S o lo Tobias Willner S o lo Siegfried Schneider Volker Stegmann Sven Barnkoth Gerd Graner

Posaunen Uwe Voigt S o lo Jürgen Umbreit Frank van Nooy Christoph Auerbach Edgar Manyak*

Tuba Jens-Peter Erbe S o lo

Pauken Thomas Käppler S o lo

Schlagzeug Christian Langer Jürgen May Dirk Reinhold Jakob Eschenburg**

Harfe Vicky Müller S o lo Astrid von Brück S o lo

Celesta Johannes Wulff-Woesten

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»REvolution ist unbequem« Ein Gespräch mit Christian Thielemann über Richard Strauss, bürgerliche Gelassenheit und die konservativen Vorlieben von Revolutionären

Herr Thielemann, im Wagner-Jahr haben Sie mit »Parsifal« bei den Osterfestspielen Salzburg debütiert – 2014 ist das Strauss-Jahr … … und ich kann Ihnen sagen, dass mich an dieser Jubiläumskonstellation freut, dass Strauss nicht so wagnermäßig drauf ist! Dass wir es nun mit einer etwas entspannteren Persönlichkeit zu tun haben. Na ja, ganz ohne Spannung ist Strauss ja nun auch nicht: »Salome« und »Elektra« waren Skandale – und selbst die »Arabella« hat es in sich. Strauss war stets ein gelassener Mensch, auch wenn er sehr ungelassene Inhalte komponiert hat. Anders als Wagner, der das Drama mit Frauengeschichten, politischem Radikalismus und Schulden ständig gelebt hat, blieb der Skandal bei Strauss stets auf der Bühne. Er kehrte immer wieder zurück in sein Garmischer Idyll und pflegte diese angenehme bayerische Heimatverbundenheit. Der Unterschied ist, dass Wagner dauernd im existenziellen Dienst war und Strauss, nachdem er einige dramatische Noten komponiert hatte, auch einfach mal einen Nachmittag lang Skat spielen konnte. Dieses bürgerliche Leben müsste Ihnen liegen: Strauss ist pünktlich um sechs Uhr aufgestanden, hat ein bisschen Opernskandale komponiert und dann pünktlich zum Mittag die Suppe von seiner Frau Pauline gelöffelt. Sie haben einmal gesagt, dass »konservativ« die neue Avantgarde sei – trifft das auch auf Strauss zu? Der gemütliche Lebensstil von Strauss schloss große musikalische Revolu­ tionen ja nicht aus. Der Hang zum Biederen ist für mich in der Tat hochmodern. Schauen Sie sich doch unseren Ex-Außenminister an, der einst auf der

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Straße begonnen hat, seine Turnschuhe irgendwann gegen einen Anzug tauschte und heute in einer Villa in Dahlem lebt. Für mich personifiziert so eine Vita den späten Sieg des Bürgertums. Denn letztlich findet es doch jeder Revolutionär super, wenn das warme Badewasser eingelassen ist, wenn es etwas Gutes zu essen gibt, wenn die Haushälterin den Tee serviert und das Bett nach Lavendel duftet. Immerhin soll ja selbst eine Revolution Spaß machen: Da werden die Nächte durchgesoffen, und da wird Sex mit jedem gemacht – aber, hallo, am Ende will nicht mal ein Berufsrevoluzzer im Dreck leben. Letztlich mussten sie irgendwann alle einsehen, dass Wasser bei 100 Grad kocht, dass man schlafen muss, um wach zu sein, dass man stinkt, wenn man sich nicht wäscht, und dass das achteckige Rad zwar innovativ wäre, sich aber nicht durchsetzen wird … Aber, mit Verlaub, was hat all das mit Strauss zu tun? Er hat in der Umbruchszeit zwischen zwei Weltkriegen allerhand Ausflüge in die menschliche Welthölle unternommen. Und am Ende ist er in seine Garmischer Berge zurückgekehrt und hat gesagt: »Hey, dieses ganze Revoluzzertum ist doch irgendwie unbequem und doof. Ich muss das zu Hause

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Wie meinen Sie das? Strauss deckt ein Phänomen auf, das heute noch aktuell ist: dass das Bürgertum gar nicht mehr so sein kann, wie es sich in aller Konvention nach außen gibt. Und er zeigt, dass es in allen Welten Langweiler gibt, im Bürgertum ebenso wie unter den Revolutionären. Letztlich ist hinter den Mauern der Villen von Dahlem doch das Gleiche los wie hinter den Plattenbauten in Neukölln: Da wird menschlich gelitten, verzweifelt, gehasst und unmoralisch gelebt. Dass die bürgerlichen Spießer rausgehen und nachschauen, ob der Porsche einen Kratzer hat, ist letztlich genau so peinlich wie die vermeintlichen Revolutionäre, die behaupten, dass man nicht zweimal mit derselben pennt, und am Ende doch an Eifersucht leiden. Beide Gruppen spielen die große Sause nur vor. Und Strauss zeigt uns, dass sie hinter den Fassaden alle gleich ticken. Das ist knallhart!

nicht auch noch haben. Mir reicht es, dieses menschliche Extrem auf der Bühne zu zeigen.« Und ich persönlich habe für diese Einstellung vollstes Verständnis. Nun zeigen Sie, nach der neuen »Elektra« in Dresden, die »Arabella« bei den Osterfestspielen Salzburg, eine Oper, die im Bürgertum spielt, ähnlich wie der »Rosenkavalier« – ist sie so böse wie die frühen Werke? Die »Arabella« sollte ja Strauss’ zweiter »Rosenkavalier« werden. Und schon der hatte es in sich. Während wir in »Salome« den Untergang eines Weltreiches verfolgen, sehen wir im »Rosenkavalier« den Sittenverfall des Adels. Und auch in »Arabella« wird eine Scheinwelt, die nur noch vorgibt zu existieren, demaskiert. Da sitzen die ehemals reichen Leute in einem abgewrackten Hotel, eine der Töchter muss sich als Mann verkleiden, weil niemand sich leisten kann, sie auszustatten. Die Mutter ist überkandidelt, der Vater verspielt sein Hab und Gut. Dann gibt es da noch eine Karten­ legerin – die hatte die Familie, als sie noch reich war, nie ins Haus gelassen. Die ganze Oper beginnt mit einem menschlichen Slapstick. Zugegeben, das ist nicht wie bei »Elektra«, kein archaisches Haudrauf, aber in seinen inneren Strukturen viel böser und realistischer!

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Dafür benutzt er nach »Elektra«, in Werken wie der »Arabella«, einen musikalischen Neoklassizismus. Der wird oft als süß empfunden. Otto Klemperer hat einmal gesagt, dass er keine Lust habe, den »Rosenkavalier« zu dirigieren, weil er kein Zuckerwasser anrühren wolle – später hat er es dann doch getan. Natürlich auch, weil Strauss ein ganz Raffinierter war. Sein Ausflug ins Bürgertum ist wie ein Ausflug ins wilde Tierreich. Und was das Tollste ist: Er musste dafür keine zerrissenen Jeans anziehen, sondern hat im Anzug mit goldener Taschenuhr komponiert. Die große Frage war ja, was er nach »Salome«, »Elektra« und der »Frau ohne Schatten« noch tun sollte. Gegen diese drei Höllenweiber war selbst Wagner ein Waisenknabe. Das musikalische Material war ausgereizt, danach hätte nur noch Zwölftonoder gar Fünfzehntonmusik kommen können. Strauss hat sich allerdings für einen anderen Weg entschieden. Ihm ist etwas viel Genialeres eingefallen: Er hat das Böse in Schönheit verpackt. Er ist nie atonal geworden, hat die Form nicht gesprengt, sondern hat die Konvention genutzt, um mit ihren Mitteln aufzubegehren. Warum ging er diesen Weg und nicht den von Schönberg? Weil er im tiefen Herzen ein Theaterpraktiker war. Er wollte, dass die Leute in seine Opern kommen. Wie klug das war, sehen wir noch heute. Wir bewundern Schönberg und Berg, aber ein »Wozzeck« und ein »Moses und Aron« erreichen eben nicht so viele Leute wie der »Rosenkavalier« und »Arabella«. Und das liegt an der tonalen Machart dieser Opern. Strauss hat sich irgendwann überlegt, dass er seine Inhalte hübsch verpackt, so wie ein japanischer Verpackungskünstler – und wenn Sie seine Pakete dann öffnen, gnade Ihnen Gott. 

d i e f r ag e n s t e l lt e A x e l B r ü g g e m a n n .

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Die Handlung

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Die »Elek tr a« in Dresden: d e r T h e at e r z e t t e l d e r U r au f f ü h r u n g a m 2 5 . Ja n ua r 19 0 9

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ie Mägde erwarten Elektra, die um diese Tageszeit stets ihren Vater Agamemnon be­weint. Sie verhöhnen sie und ihren Totenkult und haben kein Verständnis dafür, dass Klytämnestra sie noch im Hof des Palastes duldet. Nur eine Magd sieht in ihr das Königliche und beklagt, dass sie ständig gedemütigt und geschlagen wird. Elektra kriecht aus ihrem Verschlag. Die Erinnerung, wie ihre Mutter Klytämnestra und deren Geliebter Aegisth ihren Vater erschlagen haben, überkommt sie. Sie beschwört Agamemnon, sich ihr zu zeigen, und sieht die Zeit der Rache herannahen. Chrysothemis hat Neuigkeiten: Klytämnestra will Elektra in den Kerker werfen lassen. Sie macht der Schwester Vorwürfe, dass sie für ihrer beider unfreies Leben verantwortlich sei. Sie hat nur einen Wunsch: endlich aus diesem Haus herauszukommen, denn der Bruder Orest, auf den sie sehnsüchtig warten, komme bestimmt nicht mehr. Die Mutter kündigt sich an. Chrysothemis geht, da sie weiß, dass ihre Mutter schlecht geträumt hat. Elektra hingegen sucht die Konfrontation. Klytämnestra wundert sich, dass sich Elektra heute zugänglich zeigt. Sie vertraut ihr an, dass sie keine guten Nächte habe. Verzweifelt sucht sie nach einem Weg, diese Träume loszuwerden. Elektra kennt einen: ihren Bruder Orest. Klytämnestra verbietet ihr, von ihm zu sprechen. Doch Elektra schreit der Mutter ins Gesicht, dass sie sie endlich von der Hand des Bruders sterben sehen will, so wie einst ihr Vater gestorben ist. Als zwei Dienerinnen Klytämnestra etwas ins Ohr flüstern, kann sich Elektra nicht erklären, warum die Mutter in Gelächter ausbricht. Chrysothemis stürmt mit der Nachricht, Orest sei tot, zu Elektra. Ein Diener bringt die Neuigkeit zu Aegisth aufs Land. Elektra weiß, nun ist es an ihr und ihrer Schwester, die Tat zu vollbringen. Doch Chrysothemis will sich auf den Mord an Klytämnestra und Aegisth nicht einlassen. Also beschließt Elektra, es allein zu tun. Ein Fremder tritt herein und berichtet, Orest sei von seinen eigenen Pferden erschlagen worden. Elektra ist von dem Bericht tief getroffen. Da der Fremde Elektra für eine niedere Magd hält, wundert er sich über ihre Anteilnahme an Orests Schicksal. Schließlich erkennen sich die Geschwister, denn der Fremde ist Orest. Er ist gekommen, seinen Vater zu rächen, und er hat den eigenen Tod nur vorgetäuscht, um ins Haus eingelassen zu werden. Zitternd tritt er in das Haus. Gleich darauf ertönen Todesschreie. Die Bediensteten des Hauses geraten in Angst und Schrecken. Aegisth kehrt vom Land zurück. Elektra leuchtet ihm auf dem tödlichen Weg ins Haus. Während eines ekstatischen Tanzes bricht sie tot zusammen.

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Elektra Daten & Fakten

L e b e n s dat e n d e s Ko m p o n i s t e n

* 11. Juni 1864 in München † 8. September 1949 in Garmisch-Partenkirchen Entstehung

1903 verfasste Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) seine »Elektra« nach der gleichnamigen Tragödie von Sophokles. Strauss, der schon zu Schulzeiten Verse der Sophokleischen »Elektra« in Musik gesetzt hatte, sah Hofmannsthals Schauspiel Anfang 1906 in Berlin mit Gertrud Eysoldt in der Titelrolle (Regie: Max Reinhardt) und entschloss sich zu einer Vertonung. Anfängliche Vorbehalte wegen einer gewissen Ähnlichkeit mit dem »Salome«-Stoff scheint er im Zuge der Korrespondenz mit Hofmannsthal abgelegt zu haben. Kompositionsskizzen reichen zurück bis März 1906, abgeschlossen war die Partitur, für die in Abstimmung mit dem Librettisten Modifikationen am Text (Kürzungen, Neudichtungen, Umstellungen) vorgenommen wurden, am 22. September 1908 in Garmisch.

Bühnenbild: Emil Rieck, Kostüme: Leonhard Fanto; Klytämnes­t ra: Ernestine Schumann-Heink, Elek­ tra: Annie Krull, Chrysothemis: Margarethe Siems, Aegisth: Johan­ nes Sembach, Orest: Carl Perron. Widmung

»Meinen Freunden Natalie und Willy Levin«. Dem Berliner Kaufmann und Kunstmäzen Willy Le­v in hatte Strauss bereits seinen 1903 kompo­ nierten Skatkanon o. Op. TrV 210 zugeeignet (»S-c-a-t spielen wir fröhlich bei Willy Levin«). OrchesterBesetzung

Piccolo, 3 Flöten (3. auch Piccolo), 3 Oboen (3. auch Englischhorn), Heckelphon, Es-Klarinette, 4 Klarinetten, 2 Bassetthörner, Bassklarinette, 3 Fagotte, Kontrafagott, 8 Hörner (5.-8. auch Tuben), 6 Trompeten, Basstrompete, 3 Posaunen, Kontrabassposaune, Kontrabasstuba, Pauken, Schlagzeug, Celesta, 2 Harfen, Streicher: Violinen 1, 2 und 3, Brat­schen 1 (auch Violinen 4), 2 und 3, Violoncelli 1 und 2, Kontrabässe

U r au f f ü h r u n g

am 25. Januar 1909 in der Königlichen Hofoper in Dresden unter Generalmusikdirektor Ernst von Schuch; Inszenierung: Georg Toller,

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O r t d e r H a n d lu n g

Ein Hof des Königspalastes von Mykene nach dem Trojanischen Krieg

A n n i e K r u l l , d i e E l e k t r a d e r U r au f f ü h r u n g i n d e r KÖ n i g l i c h e n H o f o p e r i n D r e s d e n (19 0 9)

elektra

Richard Strauss, die Sächsische Staatskapelle und die semperOper Ein Überblick

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ehr als 60 Jahre währte die freundschaftliche Beziehung zwischen Richard Strauss und seinen »lieben Dräsdnern«. Neun seiner 15 Opern ließ der bayerische Komponist zwischen 1901 und 1938 an der Dresdner Oper mit der Sächsischen Staatskapelle (der früheren Königlichen musikalischen Kapelle) im Orchestergraben aus der Taufe heben, er selbst sprach von einem »Dorado für Uraufführungen«. Einen engen Kollegenfreund und leidenschaftlichen Verfechter seiner Musik wusste Strauss in dem Dresdner Generalmusikdirektor Ernst von Schuch an seiner Seite: Unter »des genialen Schuch unermüdlichem Zauberstab« begann, wie Strauss betonte, die Reihe der »vorbildlichen Uraufführungen« seiner Opern in Dresden. Mit Werken wie der »Salome«, »Elektra« und dem »Rosenkavalier« stieg Strauss zum führenden Opernkomponisten seiner Zeit auf. Die »Alpensinfonie«, seine letzte große Tondichtung, widmete er der Dresdner Kapelle. Häufig stand Strauss selbst am Pult des Orchesters, er dirigierte es in Konzerten und Opernvorstellung­en (nicht nur in Aufführungen eigener Werke) und auch beim Gesamtgastspiel der Dresdner Staatsoper 1936 in London. Ihren Anfang und ihren Endpunkt fand die Zusammenarbeit mit Strauss im Dresdner Tonkünstler-Verein (TV), der heutigen »Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle«: Die frühe Bläserserenade op. 7 von 1882 und die erste Bläsersonatine »Aus der Werkstatt des Invaliden« von 1944 geben dieser Partnerschaft, die in der Musikgeschichte ihresgleichen sucht, den Rahmen.

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D i e S e m p e r o p e r u m 19 2 0 , vo n d e r H o f k i r c h e au s g e s e h e n

27.11.1882 Uraufführung der Bläserserenade op. 7 im Dresdner Ton­ künstler-Verein (TV) in einem Konzert mit Kapell-Musikern »im Saale der Restauration zu den ›Drei Raben‹« (Leitung: Franz Wüllner). 19.12.1883 Strauss, den man in Dresden als »einen schlanken jungen Mann mit blondem Kraushaar und feinem durchgeistigten Gesicht« kennenlernt, tritt als Pianist im TonkünstlerVerein auf und spielt mit dem Kapell-Cellisten Ferdinand Böckmann die Violoncellosonate op. 6. 19.12.1884 Erstmals Aufführung eines Strauss-Werkes in den Symphoniekonzerten der Königlichen musikalischen Kapelle: die Concertouvertüre in c-Moll o. Op. TrV 125. 29.1.1886 Im Tonkünstler-Verein erklingt das (1885 in Meiningen uraufgeführte) erste Hornkonzert op. 11, das Strauss dem Dresdner Kapell-Hornisten Oscar Franz widmet (Leitung: Karl Riccius, Solist: Oscar Franz).

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10.1.1890 »Don Juan« op. 20 steht wenige Wochen nach der Weimarer Uraufführung zum ersten Male auf dem Programm der Hof­k apelle (Leitung: Adolf Hagen); Strauss berichtet: »Das Dresdner Orchester ist unstreitig jetzt das schönste, die Blä­ ser sind alle ideal u. haben ein pp, das einfach fabelhaft ist.« 20.12.1895 Ernst von Schuch dirigiert »Till Eulenspiegels lustige Streiche« op. 28 zum ersten Male in den Kapellkonzerten. 2.4.1897 »Also sprach Zarathustra« op. 30 unter Schuch zum ersten Male in den Kapellkonzerten. 8.10.1897 »Tod und Verklärung« op. 24 unter Schuch zum ersten Male bei der Kapelle. 28.2.1899 »Aus Italien« op. 16 unter Schuch zum ersten Male bei der Kapelle. 29.12.1899 Unter Schuch erste Kapell-Aufführung des »Helden­ lebens« op. 40. 21.11.1901 Uraufführung der ersten »Dresden-Oper« von Strauss: »Feuersnot« op. 50 unter Leitung Schuchs (Libretto: Ernst von Wolzogen). 17.1.1902 »Don Quixote« op. 35 unter Schuch zum ersten Male bei der Kapelle. 24.5.1904 Anlässlich des 50. Geburtstags des Tonkünstler-Vereins und des 40. Geburtstags von Strauss Ernennung des Komponisten zum Ehrenmitglied des TV. 15.11.1904 »Sinfonia domestica« op. 53 unter Schuch zum ersten Male bei der Kapelle. 8.3.1905 Strauss’ Leitung eines Aschermittwochskonzerts (u.a. mit der »Sinfonia domestica«) wird zum Auftakt zahlreicher Dirigate am Pult der Kapelle in Konzert und Oper über ein Vierteljahrhundert hinweg.

p o r t r ät F oto vo n S t r au ss (u m 19 0 9) m i t e i n e r W i d m u n g a n d e n D r e s d n e r G e n e r a l m u s i k d i r e k to r E r n s t vo n S c h u c h ,

9.12.1905 Uraufführung der »Salome« op. 54 (Text nach Oscar Wilde) unter Schuchs Stabführung; die Berliner Premiere der

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D e r s i c h m i t L e i d e n s c h a f t f ü r S t r au ss e i n s e t z t e u n d d e ss e n W E r k e d e m D r e s d n e r P u b l i k u m vo r s t e l lt e

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Oper wird von Kaiser Wilhelm erst nach »moralverträglichen« szenischen Änderungen genehmigt.

31.5.1924 Außerordentlicher Aufführungsabend aus Anlass des 70-jährigen Bestehens des TV und zur »Vorfeier des 60. Geburtstages unseres Ehrenmitgliedes Dr. Richard Strauss«.

25.1.1909 »Elektra« op. 58, die erste gemeinsame Arbeit mit Hugo von Hofmannsthal als Librettisten, wird unter Schuchs Leitung uraufgeführt und als weiterer Meilenstein der Musikgeschichte gefeiert.

3.11.1924 In einem Kammerkonzert im Dresdner Residenzschloss zum 60. Geburtstag von Strauss begleitet der Komponist am Flügel eigene Lieder.

26.1.1911 Die Uraufführung des »Rosenkavalier« op. 59 unter Schuch besiegelt endgültig Strauss’ Weltruhm, der Komponist bezeichnet Schuch fortan als seinen »Leib­

 4.11.1924 Uraufführung von »Intermezzo« op. 72 unter dem Dirigat Buschs im Dresdner Staatsschauspiel (Libretto vom Komponisten).

dirigenten«. 21.9.1912 Anlässlich der Feier zum 40-jährigen Amtsjubiläum von Schuch dirigiert Strauss bei der Kapelle eigene Werke.

16.10.1925 Uraufführung des »Parergon zur Sinfonia domestica« für Klavier und Orchester op. 73 unter Buschs Leitung mit dem Pianisten Paul Wittgenstein.

10.5.1914 Tod Ernst von Schuchs in seinem Haus in Niederlößnitz (Radebeul).

10.1.1926 Uraufführung des »Rosenkavalier«-Films im Opernhaus mit Strauss am Kapellpult.

7.1.1915 Gedenkkonzert für Schuch mit Strauss als Dirigenten, auf dem Programm: Werke von Mozart und Beethoven sowie eigene Kompositionen.

26.3.1927 Strauss dirigiert in Dresden die Symphonien Nr. 1 und Nr. 9 von Beethoven.

28.10.1915 Mit Strauss am Pult bringt die Kapelle die eigentlich für Schuch geschriebene »Alpensinfonie« op. 64 in der Berliner Philharmonie zur Uraufführung, zwei Tage später Dresdner Erstaufführung; Strauss widmet das Werk »Dem Grafen Nicolaus von Seebach und der Königlichen Kapelle zu Dresden in Dankbarkeit«. 30.11.1917 Unter Fritz Reiner zum ersten Male »Macbeth« op. 23 in den Kapellkonzerten. 17.12.1917 Strauss leitet die 100. Dresdner Vorstellung des »Rosenkavalier«. 13.10.1922 Fritz Busch dirigiert zum ersten Male die Orchestersuite aus »Der Bürger als Edelmann« op. 60 bei der Kapelle. Juni 1923 Unter Fritz Busch erste Strauss-Aufnahmen der Kapelle auf Schallplatte (Polydor): die beiden Menuette aus dem »Bürger als Edelmann«.

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6.6.1928 Uraufführung der »Ägyptischen Helena« op. 75 unter der Leitung Buschs (Libretto: Hofmannsthal). 15.7.1929 Hugo von Hofmannsthal stirbt in Rodaun bei Wien. 13.2.1933 »Tristan und Isolde« unter Strauss’ Leitung in der Sächs­i­ schen Staatsoper. 1.7.1933 Unter Clemens Krauss Uraufführung der »Arabella« op. 79, des letzten gemeinsamen Werkes von Hofmannsthal und Strauss. 10.6.1934 Anlässlich des 70. Geburtstags von Strauss und des 80. Geburtstags des TV leitet der Komponist im Dresdner Schauspielhaus im Rahmen einer »Richard-StraussMorgenfeier« (als Auftakt zur Dresdner Richard-StraussWoche) die Bläserserenade op. 7. 24.6.1935 Uraufführung der »Schweigsamen Frau« op. 80 unter Karl Böhm; Strauss setzt gegen den Widerstand der National­

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18.6.1944 Strauss widmet seine erste Bläsersonatine »Aus der Werkstatt eines Invaliden« o. Op. TrV 288 dem TV zu dessen 90-jährigem Bestehen und verfügt, dass Aufführungen des Stücks zu seinen Lebzeiten »ein für alle Mal im verdienstvollen Tonkünstler-Verein zu beschränken« sein sollen (Dirigent der Uraufführung: Karl Elmendorff).

S t r au ss au f d e m w e g vo m H ot e l b e l l e v u e z u r S e m p e r o p e r (19 2 4)

sozialisten durch, dass der Name des jüdischen Librettisten Stefan Zweig auf dem Theaterzettel erscheint, und wird daraufhin seines Amtes als Präsident der Reichs­ musikkammer enthoben.

26.9.1948 Im Festkonzert zum 400-jährigen Bestehen der Staatskapelle leitet Joseph Keilberth u.a. die »Alpensinfonie«, Strauss gratuliert: »Aus der Fülle der herrlichen Erinnerungen meiner künstlerischen Laufbahn rufen die Klänge dieses Meisterorchesters stets von neuem Gefühle innigster Dankbarkeit und Bewunderung wach, mit denen ich jedes Mal, zuletzt im Mai 1944, aus dem geliebten Theater schied.« 11.6.1949 Strauss-Konzert unter Keilberth zum 85. Geburtstag des Komponisten.  8.9.1949 Tod Richard Strauss’ in Garmisch-Partenkirchen. 15.9.1949 Gedächtnisfeier unter Keilberth mit Strauss-Werken.

November 1936 Gesamtgastspiel der Dresdner Staatsoper in London, Strauss leitet »Ariadne auf Naxos« in Covent Garden sowie »Don Quixote« und »Till Eulenspiegel« in der Queen’s Hall, unter Karl Böhm Aufführung des »Rosenkavalier«. 15.10.1938 Uraufführung der »Daphne« op. 82, der neunten und letzten Dresdner Strauss-Oper, unter Karl Böhm (Libretto: Joseph Gregor). 18.6.1939 Letztes Strauss-Dirigat bei der Kapelle: »Arabella«. Mai 1944 Strauss-Festwochen zum 80. Geburtstag und in Anwesenheit des Komponisten, mit Aufführungen der Opern »Ariadne«, »Capriccio« und »Rosenkavalier«, außerdem Konzerte unter Karl Elmendorff und Kurt Striegler, u.a. Aufführung des »Festlichen Präludiums« op. 61 in der Dresdner Frauenkirche; bei diesem letzten DresdenBesuch hört Strauss (nachdem er die Generalprobe vor der Salzburger Uraufführung 1943 verlassen hatte) erstmals sein Hornkonzert Nr. 2 o. Op. TrV 283 mit dem KapellHornisten Max Zimolong als Solisten.

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9.10.1949 Auf Einladung Wieland Wagners reist die Kapelle für ein Gedenkkonzert nach Bayreuth und führt unter Joseph Keilberth im Festspielhaus die »Metamorphosen« und »Tod und Verklärung« auf. 21.5.1986 Uraufführung der Violoncello-Romanze in der Fassung für Violoncello und Orchester o. Op. TrV 118, die Strauss dem einstigen Kapell-Cellisten Ferdinand Böckmann zugeeignet hatte, unter Günter Neuhold mit dem Konzertmeister Violoncello Jan Vogler. 14. & 19.4.2014 Uraufführung der vom aktuellen Capell-Compositeur Wolfgang Rihm komponierten Orchesterfassung des letzten Strauss-Klavierlieds »Malven« unter Christian Thielemann bei den Osterfestspielen Salzburg 2014 (Auftragswerk der Osterfestspiele Salzburg und der Sächsischen Staatskapelle Dresden); Aufführung zusammen mit Strauss’ »Frühling«, »September«, »Beim Schlafengehen« und »Im Abendrot« als »Letzte Lieder« (Solistin: Anja Harteros), Wiederholung am 8. und 9. Juni 2014 in der Semperoper.

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STRAUSS-AUFNAHMEN DER STAATSKAPELLE DRESDEN Eine Auswahl

1923 Menuette aus »Der Bürger als Edelmann«, Dirigent: Fritz Busch (Profil – Edition Staatskapelle Dresden, Vol. 30) 1938 Auszüge aus »Der Rosenkavalier«, »Die Frau ohne Schatten«, »Arabella« und »Daphne«, Dirigent: Karl Böhm (Profil – Edition Staatskapelle Dresden, Vol. 18) 1948 »Salome« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Joseph Keilberth (Berlin Classics)

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1977 »Die schweigsame Frau« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Marek Janowski (EMI Classics) 1990 »Der Rosenkavalier« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Bernard Haitink (EMI Classics) 1990 »Salome« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Seiji Ozawa (Philips Classics)

1957 »Ein Heldenleben«, »Don Juan«, »Till Eulenspiegels lustige Streiche«, »Eine Alpensinfonie«, Dirigent: Karl Böhm (Deutsche Grammophon)

1993 »Eine Alpensinfonie«, Dirigent: Giuseppe Sinopoli (Deutsche Grammophon)

1957 »Sinfonia domestica«, Dirigent: Franz Konwitschny (Deutsche Grammophon)

1996 »Die Frau ohne Schatten« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Giuseppe Sinopoli (Teldec Classics)

1958 »Der Rosenkavalier« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Karl Böhm (Deutsche Grammophon)

2001 »Ariadne auf Naxos« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Giuseppe Sinopoli (Deutsche Grammophon)

1960 »Elektra« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Karl Böhm (Deutsche Grammophon)

2006 »Der Rosenkavalier« (Stummfilm, 1926), Dirigent: Frank Strobel (DVD, Verlag Filmarchiv Austria)

1963 »Salome« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Otmar Suitner (Berlin Classics)

2007 »Eine Alpensinfonie«, »Vier letzte Lieder«, Solistin: Anja Harteros, Dirigent: Fabio Luisi (Sony Classical)

1968 »Ariadne auf Naxos« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Rudolf Kempe (EMI Classics)

2007 »Der Rosenkavalier« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Fabio Luisi (DVD, medici arts)

1971 – 1975 Sämtliche Orchesterwerke und Solokonzerte, Dirigent: Rudolf Kempe (EMI Classics)

2012 »Ariadne auf Naxos« (Gesamtaufnahme), Dirigent: Christian Thielemann (DVD, Decca)

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Das Innerste nach Aussen tragen Hofmannsthal und Strauss in ihrer Zeit

»Der erste Einfall kam mir Anfangs September 1901. Ich las damals, um für die ›Pompilia‹ gewisses zu lernen den Richard III. und die Elektra von Sophokles. Sogleich verwandelte sich die Gestalt dieser Elektra in eine andere. Auch das Ende stand sogleich da: dass sie nicht mehr weiter leben kann, dass, wenn der Streich gefallen ist, ihr Leben und ihr Eingeweide ihr entstürzen muss, wie der Drohne, wenn sie die Königin befruchtet hat, mit dem befruchtenden Stachel sogleich Eingeweide und Leben entstürzen.« H u g o vo n H o fm a n n s t h a l (19 0 4)

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ir schreiben das Jahr 1909. In der Dresdner Hofoper feiert am 25. Januar ein Werk seine Uraufführung, das von der Kritik zwiespältig aufgenommen wird, aber schon nach kurzer Zeit die Bühnen Europas erobert und schließlich als eines der zentralen Hauptwerke nicht nur des Komponisten, sondern der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg in die Annalen eingeht: »Elektra« von Richard Strauss auf ein Libretto von Hugo von Hofmannsthal. »Der Erfolg der Premiere war, was ich, wie gewöhnlich, erst nachträglich erfuhr, ein anständiger Achtungserfolg. Angelo Neumann telegraphierte nach Prag sogar ›Durchfall‹! Jetzt gilt vielen ›Elektra‹ als Höhepunkt meines Schaffens!«, rekapituliert Strauss Jahre später. Die Uraufführung war hochkarätig besetzt gewesen mit Annie Krull in der Titelpartie, Margarethe Siems als Chrysothemis und Carl Perron als Orest unter der Leitung von Generalmusikdirektor Ernst von Schuch, der die so neuartige Partitur virtuos mit seinem Orchester umzusetzen wusste. Nur die berühmte Ernestine Schumann-Heink als Klytämnestra empfand der Komponist als Fehlgriff. Sie verkörperte für Strauss den alten Typ der Wag-

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R i c h a r d S t r au ss (r e c h t s) z u G a s t b e i s e i n e m L i b r e t t i s t e n H u g o vo n H o fm a n n s t h a l i m G a r t e n vo n d e ss e n W o h n h au s i n R o dau n b e i W i e n (u m 19 2 0 ?)

nersängerin. Und schon damals ahnte der Komponist, »wie grundlegend sich mein Gesangsstil selbst vom Wagnerschen unterscheidet …« Strauss’ Oper traf nicht nur den Nerv der Zeit, sondern spiegelt das innovative Potenzial der Jahrhundertwende auf allen Gebieten. Die wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und technischen Umwälzungen dieser Jahre sind enorm. Max Planck entwickelt die erste Theorie der Quantenphysik, Albert Einstein die Relativitätstheorie. 1895 entdeckt Wilhelm Röntgen die nach ihm benannten Röntgenstrahlen. Um 1889 herum entstehen die ersten Automobilfabriken in Europa und Amerika. Die Welt gerät in Bewegung. Die Elektrifizierung beginnt ihren Siegeszug und das Telefon hält Einzug. Auch in der bildenden Kunst passiert Grundlegendes. So lernen die Bilder das Laufen. Die ersten Stummfilme werden gedreht. Gleichzeitig opponie-

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ren die expressionistischen Maler »Sicherlich ist die ›Elektra‹ die gegen naturalistisches Abbilden Oper von Strauss, die die ganze der Realität. 1905 gründet sich in Bandbreite seines Schaffens wie Dresden die Künstlervereinigung unter einem Brennspiegel zusam»Die Brücke« mit den Malern Erich menführt. Sie ist musikalisch die Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, radikalste seiner Opern – in vielen Ernst Ludwig Kirchner, Otto MülPassagen wird man Schwierigkeiten ler. Sie wollen das Innerste nach haben, die Harmoniestrukturen außen tragen und plädieren für die nachzuvollziehen. Gleichzeitig Emphase des Sehens. gibt es aber auch hier große MeloDas sind Ideen, die in diediebögen und lyrische Höhepunkte, ser Zeit auch auf die Musik von die auf Werke wie den ›RosenRichard Strauss zutreffen. Eine kavalier‹ oder die ›Arabella‹ voEmphase des Hörens wollte er mit rausweisen. Die ›Elektra‹ könnte den Mittel der »psychischen Poly­ man mit Recht als eine Essenz des Strauss’schen Œuvres bezeichnen, phonie« erreichen, mit der sich eben das Innerste nach außen kehrt und schon allein deshalb eignet sie und dem inneren Stimmengewirr sich so gut, das Strauss-Jahr 2014 vielzähliger Empfindungen eine zu eröffnen.« Tonsprache gegeben wird. Und so liest sich die Partitur der »Elektra« C h r i s t i a n T h i e l e m a n n ( 2 014) als Seelengemälde ihrer Figuren. Der Archaik ihrer Psyche entsprechend, die aber durchaus auch die des modernen Menschen ist, geht Strauss bis an die Grenzen der Tonalität, reizt sie bis zum Äußersten aus – überschreitet sie jedoch nie, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Schönberg, Berg und Webern. Thematisch saugen sowohl der Librettist Hugo von Hofmannsthal wie auch der Komponist Richard Strauss die Anfang des 20. Jahrhunderts in der Luft liegenden Themen auf. Im November 1899 erscheint Sigmund Freuds »Traumdeutung«, 1903 Otto Weiningers »Geschlecht und Charak­ ter« und Paul Julius Möbius’ »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes«. 1895/1902 publiziert Frank Wedekind die beiden Dramen »Der Erdgeist« und »Die Büchse der Pandora«, bereits 1891 erschien Oscar Wildes »Salome«, 1901 wurde sie ins Deutsche übersetzt. Zensiert wurden alle drei, denn die Stücke bargen Sprengstoff. Mit einem Mal sind Frauenfiguren Heldinnen, die das überkommene Bild der treusorgenden Hausfrau und Mutter über den Haufen werfen. In all ihrer Kindlichkeit und vermeintlichen Naivität morden sie Männer und sprengen die Konventionen der Gesellschaft. Entsprungen sind sie dabei jedoch weniger der Realität als den verwirrten Hirnen der Männer. Entgeistert blicken diese nämlich auf die aus Amerika und England herüberschwappende Suffragetten-Bewegung. Da gehen doch tatsächlich Frauen auf die Straße, stürmen politische Veran-

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staltungen und treten in den Hungerstreik, um für mehr Rechte zu demonstrieren und vor allem das Wahlrecht einzufordern. Die Männer wittern Gefahr. Das Selbstvertrauen der Frauen wird größer und ihre Röcke werden kürzer. Ende des ausgehenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkämpfen sie sich den Zutritt zu den Universitäten. Sie werden promoviert als Ärztinnen und kurze Zeit später als Juristinnen. Die Männer sind alarmiert. Das Zerrbild von der männerfressenden Femme fatale auf der einen Seite und der Hysterikerin auf der anderen geistert nicht nur durch die Köpfe der Männer, sondern tobt fortan auch durch die Literatur und über die deutschsprachigen Bühnen. 1905 feiert Richard Strauss’ Vertonung der »Salome« in Dresden ihre Uraufführung. 1906 wohnt der Komponist einer Berliner Schauspiel-Aufführung von Hofmanns­ thals »Elektra« in der Regie von Max Reinhardt bei. In der Titelrolle GerR i ch a r d Str auss in d er Se m pero per : trud Eysoldt, die Strauss auch schon B üste vo n Hu go Led er er (19 0 8) im als Salome gesehen hatte. Der EinOb er en Ru ndfoy er , Zwin g er seite druck ist so tiefgehend, dass Strauss beschließt, Hugo von Hofmannsthal nun doch einmal zu einer Zusammenarbeit zu ermuntern. Sie kannten sich bereits seit 1900. Hofmannsthal hatte ihm ein Ballett-Libretto vorgeschlagen, das Strauss jedoch abgelehnt hatte. Nach dem Erfolg der »Salome« sucht Strauss allerdings nach einem neuen Opernstoff. Er fasst Hofmannsthals »Elektra« ins Auge: »Anfangs schreckte mich aber der Gedanke, daß beide Stoffe in ihrem psychischen Inhalt viel Ähnlichkeiten hatten, so daß ich zweifelte, ob ich ein zweites Mal die Steigerungskraft hätte, auch diesen Stoff erschöpfend darzustellen. Jedoch der Wunsch, dieses dämonische, ekstatische Griechentum des 6. Jahrhunderts Winkelmannschen Römerkopien und Goethescher Humanität entgegenzustellen, gewann das Übergewicht über die Bedenken«. Hofmannsthal setzt dagegen: »Denn die Farbenmischung scheint mir in beiden Stoffen eine so wesentlich verschiedene zu sein: bei der ›Salome‹ soviel purpur und violett gleichsam, in einer schwülen Luft, bei der ›Elektra‹ dagegen ein Gemenge aus Nacht und Licht, schwarz und hell. Auch scheint mir die auf Sieg und Reinigung hinauslaufende, aufwärtsstürmende Motivenfolge, die sich auf

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Orest und seine Tat bezieht – und »… und so ist ›Elektra‹ sogar noch die ich mir in der Musik ungleich eine Steigerung geworden in der gewaltiger vorstellen kann als in Geschlossenheit des Aufbaus, in der Dichtung –, in ›Salome‹ nicht der Gewalt der Steigerungen, – ich nur nicht ihresgleichen, sondern möchte fast sagen: sie verhält sich nichts irgendwie Ähnliches sich zu ›Salome‹, wie der vollendetere, gegenüber zu haben.« Strauss stileinheitlichere ›Lohengrin‹ zum macht von Hofmannsthals Drama genialen Erstlingswurf des ›Tann­ eine erste Strichfassung – für den häuser‹. Beide Opern stehen in Hausgebrauch, wie er dem Dichter meinem Lebenswerk vereinzelt da: schreibt – und beginnt mit der Komich bin in ihnen bis an die äußers­ position. In einem regen Austausch ten Grenzen der Harmonik, psychizwischen Komponist und Dichter scher Polyphonie (Klytämnestras entsteht im Verlauf der Arbeit die Traum) und Aufnahmefähigkeit endgültige Textfassung. Hofmannsheutiger Ohren gegangen.« thal ist ihm dabei ein kongenialer Partner, weiß er doch auf Strauss’ R i c h a r d S t r au ss (194 2) Bitten immer eine Lösung, sei es im Verknappen, aber auch in der Hinzudichtung wichtiger Passagen, um die Seelenlage der Figuren zu verdeutlichen. In der Tat findet der Tondichter in Orchestersatz und Singstimmen für die extremen Gefühlslagen seiner Protagonistinnen extreme Klänge. Ob Hofmannsthal allerdings mit dem Ergebnis wirklich so zufrieden war? Während der gemeinsamen Arbeit am ›Rosenkavalier‹ übt der Dichter in einem Brief an Harry Graf Kessler Kritik an Strauss. Er werde Platz für Arien vorhalten, »denn mache ich dem Strauss eine arienlose Dialogoper, so componiert er (ohne viel Kritik zu üben) drüber hinweg – und es entsteht, wie bei ›Elektra‹ (ich verstehe diese Dinge jetzt klar) ein in sich complettes Stück, über das er eine – entbehrliche – Symphonie schüttet wie Sauce über den Braten.« Hofmannsthal, der so lange um das Wort und mit ihm rang, da es ihm zu beschränkt im Ausdruck erschien, mag aber vielleicht auch in der Musik die Erlösung von seinem Hadern gefunden haben, weil sie dem Wort eine zusätzliche Bedeutungsebene, ja eine ekstatische Übersteigerung hinzugewann. Strauss verstand es, das innere Seelendrama seiner Figuren in der Musik implodieren zu lassen. Er schreibt dazu: »Auch mein so fein differenziertes Orchester mit seinem subtilen ›Nervencontrapunkt‹, wenn der gewagte Ausdruck gestattet ist, konnte in der Schlußszene der Salome, in Klytämnes­ tras Angstzuständen, in der Erkenntnisscene zwischen Elektra und Orest, im II. Akt der Helena, im Traum der Kaiserin (II. Akt, ›Die Frau ohne Schatten‹) sich in Gebiete vorwagen, die nur der Musik zu erschließen vergönnt waren.« Elektra, Chrysothemis, Klytämnestra sind komplexe weibliche Charaktere, die trotz archaischer Anleihen an die Antike den idealen wie den

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Schreckgestalten der Zeit vor dem 1. Weltkrieg entsprechen. »Meine antiken Stücke haben es alle drei mit der Auflösung des Individualbegriffes zu tun. In der Elektra wird das Individuum in der empirischen Weise aufgelöst, indem eben der Inhalt seines Lebens es von innen her zersprengt wie das sich zu Eis bildende Wasser einen irdenen Krug«, analysiert Hofmannsthal. In Elektra verkörpert sich der Alb des absolut Antiweiblichen. Sie ist so sehr Außenseiterin, dass sie gefährlich ist. Sie jagt gleichermaßen Angst ein wie sie auch fasziniert. Das Trauma ist in ihr zur Gestalt geworden. Kindlich ist sie in ihm gefangen mit inzestuöser Gewalt, ihre sexuellen Phantasien manisch auf den toten Vater gerichtet. »In Elektra ist die Person verlorengegangen, um sich zu retten«, beschreibt Hofmannsthal sie. »Sie ist der Vater (dieser ist in ihr), sie ist die Mutter (mehr als diese selbst es ist), sie ist das ganze Haus, – und sie findet sich nicht.« So sagt sie von sich selbst: »Bin kein Kind, habe kein Kind, bin kein Geschwister, habe kein Geschwister.« Sie hat ihr Ich verloren. Die Liebe zu ihrem Vater hat es ihr geraubt. Es ist die einzige Liebe dieses Werkes, in dem die Abwesenheit jeden Mitgefühls so schmerzlich ist. In einem Klima sexueller Verklemmtheit schaut das Bürgertum erotisch aufgestachelt auf eine Elektra, wie es auch schon geifernd auf eine Salome geschaut hat. Bebend folgt es beider Mordphantasien und verbindet sie schaudernd mit der Anarchie von aus dem Ruder gelaufenen Frauen. Chrysothemis hingegen ist Elektras Komplementär, ihre andere Seite, sie ist die weibliche, weiche Sehnsuchtsfigur, das Bild des Mütterlichen, das gesunde, normale, zukunftweisende. War sie bei Sophokles noch eine Seherin, die weise vorausschaut, was ein weiterer Mord mit ihren Seelen anrichtet, und ihre Schwester vor diesen neuen Zerrüttungen warnt, ist sie bei Hofmannsthal der Fruchtbarkeit und damit der Utopie assoziiert und nicht dem neurotisch Zersetzenden, dem auch Klytämnestra zugeordnet ist mit ihren Angstträumen, die einer Studie von Sigmund Freud entstammen könnten. Gerade wird wissenschaftlich »entdeckt«, was die Dichter schon seit Jahrtausenden wussten, so Hofmannsthal: das Unbewusste. Verdrängt hat Klytämnestra ihre Tat, aber ihr Leben wird doch bestimmt durch sie, denn in ihren Nächten peinigt die Tat sie so sehr, dass die Nacht jeden ihrer Tage bestimmt. Das Unterbewusstsein lässt ihr keine Ruhe, auch wenn sie vergessen will, was ihr diese raubt. Damals hat man sie eine Hysterikerin genannt, heute sieht man sie als Verzweifelte, die sich nicht sich selbst stellt und von ihren Ängsten beherrscht wird. So spiegeln sich in den drei Frauenfiguren der »Elektra« das Lebensgefühl und auch der wissenschaftliche Fortschritt des beginnenden 20. Jahrhunderts zwischen Aufbruch, Negation, Angst, Sehnsucht und einer Vision vom Untergang, der schon wenige Jahre später heraufdämmern sollte.  M i c a e l a v. M a r c a r d

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Zeitgenosse der Zukunft Über Richard Strauss’ »Elektra«-Partitur

Grenzen der Harmonik, psychischer Polyphonie (Klytämnestras Traum) und Aufnahmefähigkeit heutiger Ohren« zu gehen. Mit diesem Stoff und Hofmannsthals Dreier-Konstellation Chrysothemis, Elektra, Klytämnestra öffnete sich dem Komponisten ein idealer Raum für Experimente mit der Form, Motivik, Harmonik und Orchestrierung.

Form

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m Jahr 1984 bestritt der Musikwissenschaftler Hermann Danuser, dass Richard Strauss mit den »kompositorischen Neuerungen der Elektra« einen »allgemeinen Fortschritt der Kompositionsgeschichte« erzielt habe. Diese »Neuerungen« seien ausschließlich »an die Dramaturgie des Werks gebunden« und signalisierten deshalb eher einen »Abschied von der Moderne«. Wer Strauss menschlich wie künstlerisch als angepass­ ten Bourgeois begreift, dem muss es schwerfallen, die bis an den Rand der Atonalität gehenden harmonischen Entfesselungen oder die komplizierten harmonischen und rhythmischen Schichtungen seiner avanciertesten Partitur als bahnbrechend zu erkennen. Bis heute weigert sich mancher hartnäckig, Strauss als Wegweiser in die Moderne zu verstehen. Hieß es noch 1898 in der Kölnischen Zeitung: »Strauss ist darin ein ganz Moderner, daß er das Häßliche ungemildert in seinen Gestaltungsbereich bezieht«, so bemängelt man rund hundert Jahre später gerade, dass er nur dann »modern« sei, wenn das Libretto Hässliches vorgebe. Das aber sei nicht wirklich modern, da es keiner musikalischen Eigenlogik entspringe. Warum eigentlich nicht? Schon vor »Elektra« war Strauss experimentelle Wege gegangen. Und als er zum »Elektra«-Stoff griff, entschied er sich auch diesmal für ein Libretto, mit dem er die in den Tondichtungen und in »Salome« beschrittenen kompositorischen Wege fortsetzen konnte: Bi- und Polytonalität, Erweiterung und intensivere Ausschöpfung des Orchesterklangs, extreme, größere Themenkomplexe vermeidende Motivverflechtung, das Arbeiten mit Enharmonik. Schon in den Tondichtungen waren diese Kompositionstechniken auch auf außermusikalischer Ebene begründet, durch Außenseiter wie Don Juan, Eulenspiegel etc., die von der Lebensnorm abweichen wie die ihnen von Strauss zugeordnete Musik vom herrschenden Kompositionskodex. Elektra bot Strauss die Möglichkeit, diesen Kodex vollends zu sprengen, »hässlich« zu komponieren und, so er selbst, »bis an die äußersten

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Traditionelle Formstrukturen sucht »In einer der ersten Orchesterproben man in »Elektra« vergebens, und bemerkte Schuch, der gegen Zugluft doch ist die Musik stärker an ein sehr empfindlich war, im 3. Rang des formales Denken gebunden als die leeren Hauses eine von einer Scheuerebenfalls einaktige »Salome«. Denn frau offen gelassene Tür. Er rief ärgersie orientiert sich nicht nur an der lich hinauf: ›Was suchen Sie dort?‹ symmetrischen Geschlossenheit Ich antwortete aus dem Parkett: des Aufbaus (Elektras Monologe ›Einen Dreiklang‹.« stehen zu Beginn und am Ende, ihre Dialoge mit Chrysothemis rahmen R i c h a r d S t r au ss (194 2) ü b e r die große Klytämnestra-Szene ein), die dresdner »Elek tr a« sondern die Musik kommentiert das Geschehen überdies regelmäßig in ausgedehnten Zwischenspielen, in denen Strauss die fast 50 Motive der Oper durchführungsartig entwickelt. Im Finale spinnt er noch einmal ein dichtes Netz aus den Elektra-Motiven, greift sie wie in einer symphonischen Reprise – nun im Tanzrhythmus – auf, um sie in dionysischem Siegestaumel »sterben« zu lassen (nicht anders verfuhr er bereits in »Also sprach Zarathustra«). Hans Mayer hat »Elektra« einst als »Gipfelung der frühen symphonischen Dichtungen« beschrieben, und dem ist kaum zu widersprechen. Hier wie dort bedient sich Strauss eines vorgegebenen Rahmens, der letztlich jedoch, individuell gefüllt, stets dem Prinzip der Entwicklung, der ständigen Durchführung gehorcht. So auch in »Elektra«, für die sich Strauss innerhalb der Szenen überwiegend einen frei durchkomponierenden Stil vorbehält, der sich der jeweiligen Psychologie der Hauptfiguren anpasst. Formale Gliederungen als Ausdruck einer bestehenden Ordnung verböten sich angesichts des Librettos ohnehin, denn weder Elektra noch Klytämnes­ tra vermögen zu einer solchen Ordnung zu finden, und sogar für Chrysothemis bleibt sie nur Wunschtraum. Wenn letztere in ihrem großen Monolog (Elektra imitiert ihn, wenn sie die Schwester um Hilfe bei der Mordtat bittet) ihre Sehnsucht nach einem normalen Leben, ihre Hoffnung auf ein »Weiberschicksal« und ihren Willen zum Vergessen äußert, orientiert sich Strauss zwar am Muster der italienischen Arie, indem er den Monolog in zwei große, in sich dreigeteilte Abschnitte mit anschließender Kadenz

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gliedert, wobei er den zweiten Teil auch noch stark periodisch anlegt. Doch mit Chrysothemis’ Angstgefühlen, ihrer Panik vor Erstarrung in einem »unfruchtbaren« Dasein kehrt auch bei ihr der durchkomponierende Stil zurück, der sie wieder mit Elektra und Klytämnestra verbindet. Als »Arien« geben sich die Monologe der drei Frauen nur noch zu erkennen, indem sie alle durch rezitativische Dialoge (in der Eingangsszene der Mägde angelehnt an das Recitativo secco) eingeleitet werden. Ihre tatsächliche »Form« erklärt sich aus den unendlichen Metamorphosen der Motive, die die psychologischen Tiefenschichten, die individuellen Entwicklungen der Protagonisten offenlegen. Diese musikalischen Entwicklungen resultieren aus der Dramaturgie, erfüllen jedoch gleichzeitig ein Formdenken, das Strauss 1907 so umschrieb: Kunst gehorche »denselben Gesetzen […] wie das immer neu sich gestaltende Leben«. Und was Bernd Sponheuer für den Zeitgenossen Gustav Mahler als wegweisend postulierte, gilt auch für Strauss: Die Form wird zum »Prozess«, »der an der Logik des zeitlichen Fortschreitens, mithin der Entwicklung, sein eigentliches Fundament hat«. Noch in dem Alterswerk »Metamorphosen« löste Strauss dieses Formgesetz ein.

Motivik Die Motive und ihre Metamorphosen stehen in »Elektra« im Mittelpunkt und sind vielleicht kein zweites Mal bei Strauss derart eng an die Psychologie der Protagonisten gebunden. Sie interpretieren über das Textgeschehen hinaus, greifen Entwicklungen voraus, stellen in die Gleichzeitigkeit, was im Text der zeitlichen Folge unterworfen bleibt. Und sie zeigen durch Verwandtschaftsbeziehungen psychische Bindungen (in der Motivik der drei Frauen) sowie Zusammenhänge auf, die der Text (noch) nicht preisgibt. Strauss führt die motivische Variantenbildung an die Grenzen des Möglichen, in Rhythmik, Harmonik, Intervallstruktur und Dynamik wie in der Instrumentation. Hofmannsthals Figurenverständnis geht dabei ganz in die musikalische Umsetzung ein. Die motivische Gestaltung Elektras zeigt dies am klarsten. Über sie schrieb Hofmannsthal in seinen Aufzeichnungen, dass »das Individuum in der empirischen Weise aufgelöst« werde, »indem eben der Inhalt seines Lebens es von innen her zersprengt«. Zum einzigen Inhalt von Elektras Leben ist die Rache für den Mord an ihrem Vater geworden, und so wie sie sich selbst aufgegeben hat, gesteht auch Strauss ihr keine eigenständige Motivik zu, gestaltet sie vielmehr ausschließlich aus dem Bezug zum Vater, dessen Person von Anfang an im Raum steht. Was Streicher und Bläser zu Beginn der Oper fortissimo intonieren, wird im Monolog Elektras mit dem entscheidenden Wort »Agamemnon« gefüllt. Aus diesem gebrochenen d-Moll-Dreiklang entwickeln sich nahezu alle Elektra-Motive: ihr Hassmotiv,

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P i cco lo s t i m m e d e r » E l e k t r a « - U r au f f ü h r u n g

Die Stimmen, aus denen die Königliche musikalische Kapelle 1909 die Dresdner Uraufführung spielte, dienen der Sächsischen Staatskapelle noch heute als Aufführungsmaterial, auch Christian Thielemann dirigiert das Werk aus der Uraufführungspartitur. In den Bleistifteinzeichnungen am unteren Rand, in denen die Orchestermusiker die Vorstellungen der »Elektra« festhielten, findet sich an oberster Stelle der Premierentermin: 25. Januar 1909.

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L i n k s: R i c h a r d S t r au ss A m P u lt d e r S äc h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e , Z e i c h n u n g d e s K a p e l l - C e l l i s t e n R u d o l f K r at i n a (19 2 7 )

ihr Leidensmotiv, das Motiv ihrer königlichen Erscheinung. Strauss selbst versah sie im Skizzenbuch mit Titeln wie »Elektras Haß«, »Elektrathemen«, »stolz königlich«, »schmerzgebeugt«, »aggressiv«. Nachdem die Mägde sie schon in der Eingangsszene zur Charakterisierung von Elektras äußerer Erscheinung vorstellen, dehnen sich diese Motive im anschließenden Monolog in unendlichen Schattierungen und Abwandlungen aus, um Elektras psychische Zustände zu verdeutlichen. So erklingt in der Eingangsszene ihr Hassmotiv (vivo, schnell) fortissimo in Oboen und Violinen – scharf intoniert, um ihre aggressive, tierhafte Besessenheit zu demonstrieren. Zu Beginn des Monologs hingegen umrahmen es Englischhorn, Violinen und Violoncelli largamento im Piano, wenn Elektra mit dem Agamemnon-Motiv ihre Einsamkeit (»Weh, ganz allein«) beschreibt. Auch dieses erhält nun einen völlig anderen Rhythmus und ertönt – von Pausen umschlossen – über stehenden Klängen. Nie entfalten sich die Motive zu thematischer Breite, oft stehen sie zusammenhanglos nebeneinander, durch Pausen gebrochen. Elektras innere Zerrissenheit, ihre Rastlosigkeit beruhigt sich nur vorübergehend in der Erinnerung an die Vergangenheit, an ihre einstige Schönheit. Hier gesteht Strauss ihr zum ersten Mal eine melodische Linie zu, die aus motivischen

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Verflechtungen und ornamentalem Ausspinnen entwickelt ist und über stehenden Flageolettklängen und Harfenarpeggien fließt. Zuvor leidvoll absinkende Motive treten nun in eine lebendige Aufwärtsbewegung. Doch stets bricht die Erinnerung die Gegenwart: durch Klangfarben- und Taktwechsel, Chromatik und Dissonanzen. Motive, die Elektras Qual, ihrem Leiden und ihrem Hass zugewiesen sind, schieben sich über die Erinnerung und höhlen die Idylle aus. Anders als Elektra gründet Chrysothemis’ musikalische Identität auf ausschließlich ihr geltenden Motiven, die weder auf das Agamemnon-Motiv noch auf das der königlichen Familie zurückgehen. Sie will vergessen, ist bereit, zugunsten eines Mutterdaseins, das ihr persönliche Erfüllung bedeutet, auf ihren Status zu verzichten, und so macht Strauss sie unabhängig von bereits vorhandenen Motiven oder Motivtrümmern. Chrysothemis’ Musik gründet in ihrem ersten großen Monolog, vor allem dem leidenschaftlichen Plädoyer für eine traditionelle Mutterrolle, sogar auf periodisch gestalteten Themen, die immer weitertreiben, die »leben« wollen. Die Unmöglichkeit eines Lebens als Frau und Mutter jedoch, ihr durch Elektra verursachtes unfruchtbares »Kerker«-Dasein, führt auch ins andere Extrem. Redet Chrysothemis nämlich über ihr Gefühl der Erstarrung, lässt Strauss keine Motivik mehr zu. Stehende Klänge begleiten ihre Stimme, bis auch diese ganz verebbt (»und niemand kommt, kein Bruder, kein Bote von dem Bruder, nicht der Bote von einem Boten, nichts«). Klytämnestras Motivik ist, lange bevor sie zum ersten Mal erklingt, durch Elektras Musik präsent: Elektra führt die Mutter aus ihrer Perspektive ein – etwa wenn die Rede von Agamemnons Mördern ist. Damit nimmt Strauss vorweg, was Hofmannsthal erst später deutlich macht: Klytämnes­ tras Abhängigkeit von der Tochter, ihre Selbstverlorenheit, den Zusammenhang zwischen ihren Angstträumen und der Tochter, den Strauss offenbart, wenn er ihren großen Monolog mit Elektra-Motivik überlagert. Überhaupt ist in keiner anderen Szene die Motivschichtung so dicht wie hier, die »psychische Polyphonie« (Strauss) derart extrem. Dabei ist es nicht nur Klytämnestras pathologischer Zustand, die Wirrnis ihrer Empfindungen, die diese Polyphonie begründet. Strauss macht sie mit gleichzeitig erklingenden Motiven transparent, stellt mit der Musik das gesprochene Wort auf den Kopf: Klytämnestras Hoffnung, ihrer Qual durch »Bräuche« ein Ende zu bereiten, begleitet er z.B. mit dem Königsmotiv: Klytämnestra bleibt an ihre Schuld gekettet, die Sinnlosigkeit der Bräuche ist entlarvt. […]

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D e r » R i e t s c h e lg i e b e l« d e r e r s t e n S e m p e r o p e r :

Tonalität Theodor W. Adorno schrieb über die Tonalität in »Elektra«: »Die Dissonanz behält ihre Beziehung zur Konsonanz, anstatt, wie in der neuen Musik, mit der Konsonanz auch sich selber abzuschaffen.« Doch nur wenige Zeilen später gestand er Strauss zu, »daß er, zu Beginn des Jahrhunderts, weiter voran gewesen sei, als seine Zeitgenossen, den Mahler von damals inbegriffen, und einen Maßstab befreiter und reich vorgestellter Musik aufrichtete, den keiner mehr ignorieren durfte und ohne den weder der späte Mahler noch Schönberg möglich gewesen wäre.« […] Schon vor »Elektra« hat»Nach einer Aufführung [der ›Elekte Strauss mit Bitonalität – extrem tra‹] in Basel wurde ein biederer in »Also sprach Zarathustra« –, Schwyzer gefragt, wie ihm die Oper Tonalitätsverdunklung, Polytonaligefallen habe. ›O! Ganz großartig!‹ – tät und Tritonusspannungen, Ganz›Und die Musik?‹ – »Musik hab ich tonclustern und überraschenden gar keine gehört!‹ So ein Zuschauer Modulationen experimentiert. Doch ist mir lieber als ein kritisierender mit seiner wohl avanciertesten Oper Dilettant, der die Musik schließlich glaubte er selbst, an seine Grenzen doch nicht verstanden hat.« gelangt zu sein. »Elektra« ermöglichte ihm, so weit vorzustoßen. R i c h a r d S t r au ss (194 2) Doch während sich nach ihm Schön­ berg ganz aus dem tonalen Denken löste, brauchte Strauss dieses sogar selbst in »Elektra«, um es – in Ansätzen – negieren zu können. Die Loslösung von der Tonalität wird deutlich ausschließlich durch ihr Noch-Vorhandensein, sie vollzieht sich auf ihrem Fundament. Ungebrochen begleitet sie nur Wunschträume (etwa Klytämnestras Sehnsucht nach »Angenehmem« in ironischem C-Dur) oder Erinnerungen an die Vergangenheit (Elektras Kindheitserinnerungen in As-Dur). Früheres und jetziges Leben, Unwirkliches und Realität sind voneinander geschieden in eine

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S z e n e au s d e r » O r e s t i e« d e s A i s c h y lo s

15 Sandsteinfiguren von Ernst Rietschel bildeten vormals das Giebelfeld »Die dramatische Dichtkunst« an der Nordseite des 1841 eingeweihten und 1869 zerstörten ersten Dresdner Semperbaus. Die Skulpturen konnten bei dem verheerenden Theaterbrand gerettet werden und haben, nach wechselvoller Geschichte, seit 2003 ihren Platz am Burgtheater Bautzen in der Ortenburg gefunden. Die Figuren von links nach rechts: Dike, die drei Vertreter des Areopag, Apollon, Athene, Orest, Melpomene (Mitte), die drei Erinnyen, Pylades und Elektra, Klytaimnestra und Aighistos (liegend).

Welt der Geborgenheit, Schönheit und Harmonie und in eine des körperlichen Verfalls und Identitätsverlusts, die einhergehen mit tonaler Instabilität. […] In Klytämnestras Traumschilderung schließen sich dann pathologi­ scher und harmonischer Extremismus am kühnsten zusammen. Eingeleitet durch die Tritonusspannung h-Moll/f-Moll, die die quälenden Träume der Königin nachhaltig prägt, reihen sich im weiteren Verlauf auch tonalitätsverdunkelnde Quartklänge und Cluster aus Halbtönen, Halbtonspannungen und mehrfach geschichtete Tritonusklänge aneinander (»Und doch kriecht zwischen Tag und Nacht, wenn ich mit offnen Augen lieg’, ein Etwas hin über mich«). Polyphon strukturierte Motivfetzen als Ausdruck eines verzweifelten Seelenzustands geben der vertikalen Ebene Vorrang und verhindern bewusst ein Denken in rein horizontalen, tonalen Dimensionen. Strauss beschritt damit einen Weg, der bei Schönbergs Prinzip von der Gleichberechtigung der Vertikale und Horizontale enden sollte. Sicher ging Strauss von der Dramaturgie aus. Doch wie Schönberg bereits feststellte: »Es kommt nicht darauf an, ob ein Künstler seine größten Leistungen bewußt nach einem vorgefaßten Plan erreicht oder unbewußt.« A n e t t e U n g e r

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Konzerte mit Werken von Richard Strauss Saison 2013 / 2014 Sächsische Staatskapelle Dresden

8. & 9. Juni 2014 | Semperoper Dresden

11. Symphoniekonzert »Letzte Lieder«: »Frühling« »September« »Beim Schlafengehen« »Im Abendrot« »Malven«, Orchesterfassung von Wolfgang Rihm (2013), Auftragswerk der Osterfestspiele Salzburg und der Sächsischen Staatskapelle Dresden Uraufführung

»Eine Alpensinfonie« op. 64 28. Januar 2014 | Philhar monie Berlin

Gastkonzert in der Berliner Philharmonie »Elektra«, konzertante Aufführung Christian Thielemann Dirigent Sächsischer Staatsopernchor Dresden

Zum 150. Geburtstag des Komponisten und zum 100. Todestag des Dirigenten Ernst von Schuch

Christian Thielemann Dirigent Anja Harteros Sopran

11. Juni 2014 | Semperoper Dresden 2.,3. & 4. M är z 2014 | Semperoper Dresden

7. Symphoniekonzert »Ein Heldenleben« op. 40 Christian Thielemann Dirigent

30. & 31. M är z / 1. April 2014 | Semperoper Dresden

Sonderkonzert zum 150. Geburtstag von Richard Strauss Auszüge aus den Dresdner Uraufführungsopern »Feuersnot«, »Salome«, »Elektra«, »Der Rosenkavalier«, »Intermezzo«, »Die ägyptische Helena«, »Arabella«, »Die schweigsame Frau« und »Daphne« Christian Thielemann Dirigent Nina Stemme Elektra, Salome Anja Harteros Arabella, Helena Camilla Nylund Daphne

8. Symphoniekonzert »Don Quixote« op. 35 »Don Juan« op. 20 Christoph Eschenbach Dirigent Gautier Capuçon Violoncello

12. Juli 2014 | Die Gläserne M anufaktur von Volkswagen

Klassik picknickt Burleske d-Moll für Klavier und Orchester Christian Thielemann Dirigent Rudolf Buchbinder Klavier

15. Mai 2014 | Semperoper Dresden

4. Aufführungsabend Serenade Es-Dur op. 7 für 13 Blasinstrumente Sonatine Nr. 1 für 16 Bläser »Aus der Werkstatt eines Invaliden« »Metamorphosen«, Studie für 23 Solostreicher Christian Thielemann Dirigent

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Weitere Aufführungen von Strauss-Werken durch die Sächsische Staatskapelle bei den Osterfestspielen Salzburg 2014 (Programm auf Seite 48 dieses Heftes).

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Opern von Richard Strauss Saison 2013 / 2014 Semperoper Dresden

3., 6. & 10. Oktober 2013

Der Rosenkavalier Peter Schneider Musikalische Leitung Uwe Eric Laufenberg Inszenierung E v e ly n H e r l i t z i u s a l s E l e k t r a (l i n k s) u n d Wa lt r au d M e i e r a l s K ly tä m n e s t r a i n d e r N e u p r o d u k t i o n d e r » E l e k t r a «

Premiere 19. Januar 2014

an der Semperoper unter der musik alischen Leitung

22., 25. & 31. Januar / 22. & 29. Juni 2014

vo n C h r i s t i a n T h i e l e m a n n , R e g i e : B a r b a r a F r e y ( 2 014)

Elektra Christian Thielemann Musikalische Leitung Stefan Klingele Musikalische Leitung (Juni 2014) Barbara Frey Inszenierung

Premiere 7. Juni 2014 9. & 10. Juni 2014

Feuersnot Premiere 23. Februar 2014

Eine koproduktion mit den dresdner musikfestspielen

28. Februar / 2. M är z 2014

Stefan Klingele Musikalische Leitung

Guntram (konzertant) Omer Meir Wellber Musikalische Leitung

Premiere 28. Juni 2014 30. Juni / 5., 9. & 11. Juli 2014

9. & 16 . M ä r z / 15 . & 18 . A p r i l 2 014

Ariadne auf Naxos Omer Meir Wellber Musikalische Leitung Marco Arturo Marelli Inszenierung

Legenden – Hommage an Richard Strauss (Ballett) Tanzsuite Alexei Ratmansky Choreografie Josephs Legende Stijn Celis Choreografie Paul Connelly Musikalische Leitung

21., 25. & 27. M är z 2014

Salome Cornelius Meister Musikalische Leitung Peter Mussbach Inszenierung

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In der Saison 2014/2015 finden vom 6. bis 23. November 2014 in der Semperoper die Richard-Strauss-Tage statt.

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OSTERFESTSPIELE SALZBURG 2014

Strauss-Highlights in Salzburg »Arabella« mit Renée Fleming und Thomas Hampson

ChrisTiAn ThielemAnn sÄChsisChe sTAATskApelle DresDen

12.— 21. April

Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden bilden seit 2013 das künstlerische Zentrum der Osterfestspiele Salzburg. Nach ihrem fulminanten Einstand im Vorjahr stehen nun die nächsten Highlights vor der Tür. Richard Strauss, dessen 150. Geburtstag in 2014 gefeiert wird, ist der Hauptpunkt des Programms. Zwei Weltstars der Opernbühne sind erstmals gemeinsam in Strauss’ Oper »Arabella« auf der Bühne zu erleben: Renée Fleming und Thomas Hampson.

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© Decca/A. Eccles

OPER sTrAUss • ArABellA Renée Fleming

renée Fleming und Thomas hampson erstmals gemeinsam in den hauptrollen musikalische leitung: Christian Thielemann regie: Florentine klepper Bühne: martina segna kostüme: Anna sofie Tuma mit hanna-elisabeth müller, Albert Dohmen, Gabriela Beňačková, Daniela Fally sächsische staatskapelle Dresden

© D. Acosta

koproduktion mit der semperoper Dresden

Thomas Hampson

ORCHESTER- und CHORKONZERTE mozArT • rihm • sTrAUss Christian Thielemann • Christoph eschenbach maurizio pollini • Anja harteros • Gautier Capuçon Chen reiss • Christa mayer steve Davislim • Georg zeppenfeld Chor des Bayerischen rundfunks sächsische staatskapelle Dresden

© M. Creutziger

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m 12. April 2014 wird Christian Thielemann den Taktstock zum Auftakt seiner zweiten Saison als Künstlerischer Leiter der Oster­ festspiele Salzburg heben. Mit der Premiere von »Arabella«, in der Regie von Florentine Klepper, erfolgt zugleich die Premiere einer Spitzenkonstellation in den Hauptrollen: Renée Fleming in der Titelrolle und Thomas Hampson als Mandryka. Auch die Besetzung der weiteren Rollen ist erstklassig: Albert Dohmen als Graf Waldner, Gabriela Beňačková als Gräfin Adelaide, Hanna-Elisabeth Müller als Zdenka, Daniela Fally als Fiakermilli und Jane Henschel als Kartenaufschlägerin. Richard Strauss steht auch im Zentrum des Konzertprogramms, das seine Werke mit jenen von Mozart und von Wolfgang Rihm verbindet. Eine ganz besondere Uraufführung erwartet das Publikum: Strauss’ »Letzte Lieder«, die sein allerletztes Werk mit einschließen – das Klavierlied »Malven«, das Wolfgang Rihm erstmals orchestriert hat. Die Sopranistin Anja Harteros wird diese Fassung unter Leitung Christian Thielemanns aus der Taufe heben. Mit Thielemann gemeinsam musiziert auch Maurizio Pollini, der Mozarts C-Dur-Klavierkonzert KV 467 interpretieren wird; Strauss’ »Also sprach Zarathustra« rundet dieses Programm ab. Mit dem Chorkon­zert unter Christian Thielemanns Leitung und mit dem Chor des Bayeri­ schen Rundfunks gedenken die Osterfestspiele Salzburg des 25. Todestags ihres Gründers Herbert von Karajan. Mozarts Requiem steht auf dem Programm, zusammen mit Strauss’ »Metamorphosen« und Rihms »Ernstem Gesang«. Christoph Eschenbach ist als Dirigent und Kammermusiker zu Gast. Er dirigiert ein Orchesterkonzert mit Strauss’ »Don Juan« und »Don Quixote« (Solist: Gautier Capuçon). Christoph Eschenbach teilt sich mit Christian Thielemann schließlich die Leitung eines Strauss- und Mozart-Programms im Konzert für Salzburg mit Thomas Hampson als Stargast. Im Kammer­ konzert ist Christoph Eschenbach als Pianist zu erleben.

12. / 21. April

Christian Thielemann

Karten

Tel. +43/662/80 45-361 [email protected]

elektra www.osterfestspiele-salzburg.at

Brief von Richard Strauss an Ernst von Schuch nach der Dresdner »Elektra«-Uraufführung

Berlin, 6. Februar 1909

Mein lieber u. einziger Schuch! Endlich komme ich ein bischen zum Ausschnaufen u. der erste freie Atemzug soll nochmals einen innigen Dank Ihnen bringen, für Alles was Sie

!!! [an E  – lek

 – 

Der Himmel lohne Ihnen alle Aufopferung u. allen Fleiß; für Ihr Genie u. Ihr Können brauche ich Ihnen nicht danken, das trägt seinen Lohn in sich. Jedenfalls war es eines der schönsten u. reinsten künstlerischen Erlebnisse meines Lebens, wenn nicht das Allerschönste, das ich Ihnen verdanke. Meine Worte fließen spröde u. können mit den Empfindungen nicht Stand halten. An dem impulsiven Ausbruch meiner Frau nach der 2.ten Aufführung können Sie ungefähr das Maß unserer Bewunderung u. Dankbarkeit erkennen! Da ich Ihren ausgezeichneten Darstellern Allen persönlich zu danken Gelegenheit hatte, möchte ich Sie nur bitten, Ihrem herrlichen Orches­ ter, das solche Wundertaten von Schönheit von sich gegeben, ein solch enormes Maß von Ausdauer, Aufopferung u. Selbstlosigkeit bewiesen hat, nochmals den Ausdruck meiner wärmsten Bewunderung u. innigsten Dankbarkeit freundlichst zu übermitteln. – Unsere hiesige »Elektra«2 kann erst am 15.ten sein: werde ich die Freude haben, Sie u. den Grafen3 dabei zu haben? Vielleicht kommen Sie selbst schon am 14.ten zu einer Sitzung (wegen des Opernpreisausschreibens, wo Sie doch hoffentlich mitmachen!) u. Nachmittags Skat herüber? Levin4 ist schrecklich traurig, daß er seine Reise um 10 Tage verschieben mußte: er reist circa am 17. Februar u. hofft, da er bis Mitte März in Italien bleibt, bestimmt, daß Sie, wenn Sie schon nicht gleich mitkommen können, doch sicher Ende Februar oder Anfang März mit Ihrem Töchter-

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r i c h a r d s t r au ss (l i n k s) u n d E r n s t vo n s c h u c h (1910)

 tra  ge  –  t an]1

lein5 nachkommen! Richten Sie sich eben ein: Sie sind ein Idiot, wenn Sie 4 Kapellmeister in Dresden haben u. jetzt sich nicht die verdiente Erholung gönnen. Nehmen Sie sich an mir ein Beispiel! Warum müssen Sie denn Hofconcerte dirigieren: dafür genügt doch in Dresden der Beleuchter oder der Kassierer bei dem Musikverständniß seiner katholischen Majestät! – Also machen Sie Levin die Freude u. kommen Sie wenigstens nach: er hat mich eigens gebeten, noch besonders in Sie zu dringen. Sie haben doch in der Elektrapartitur alle meine Wünsche erfüllt: nun bleiben Sie auch weiterhin etwas gehorsam, zu Ihrem Besten! – Also los – von Dresden! Auf Wiedersehen am 14.ten in Berlin! Tausend Grüße (auch an Ihre liebe Familie) Ihr Dr Richard Strauss.

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Anspielung auf den Gesang der fünften Magd am Beginn der »Elektra«

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 ie Berliner Erstaufführung am 15. Februar 1909, Strauss war seit 1908 d Generalmusikdirektor der Berliner Hofoper

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 raf Nikolaus von Seebach, Generaldirektor der Königlichen musikalischen Kapelle G und des Königlichen Hoftheaters in Dresden

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Willy Levin, Widmungsträger der »Elektra«

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Liesel von Schuch, später Sängerin an der Hof- und Staatsoper Dresden

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C h r i s t i a n T h i e l e m a n n u n d d i e S äc h s i s c h e S ta at s k a p e l l e im Orchestergr aben der Semperoper

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Waltraud Meier Mezzosopran K ly t ä m n e s t r a

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hr triumphaler Erfolg 1983 als Kundry im »Parsifal« der Bayreuther Festspiele bildete den Auftakt von Waltraud Meiers Weltkarriere, die sie seither an die renommiertesten Bühnen führte, vom Londoner Covent Garden und der Opéra National de Paris bis zur New Yorker Metropolitan Opera, von der Mailänder Scala bis zur Wiener und der Bayerischen Staatsoper – und vielfach zurück auf den »Grünen Hügel« in Bayreuth, auf dem sie nach ihrem dortigen Wechsel ins dramatische Sopranfach auch als Isolde und Sieglinde Maßstäbe setzte. Nicht ohne Grund gilt die als Kundry, Isolde, Ortrud, Venus und Sieglinde weltweit gefeierte Sängerin als eine der bedeutendsten Wagner-Interpretinnen unserer Zeit. Ebenso sorgte sie als Beethovens Leonore oder Strauss’ Klytämnestra für Aufsehen, nicht zu vergessen das italienische und französische Fach, in dem die gebürtige Würzburgerin hoch geschätzt ist: als Eboli, Amneris, Didon und Santuzza sowie als Carmen, die sie in der Saison 2004/2005 auch an der Dresdner Semperoper verkörperte. Beständig auf der Suche nach künstlerischen Herausforderungen, war Waltraud Meier in der Spielzeit 2003/2004 ausschließlich als Liedinterpretin und Konzertsängerin zu hören. Die mit vielen Preisen und Auszeichnungen geehrte Künstlerin ist Kammersängerin der Wiener und der Bayerischen Staatsoper.

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Evelyn Herlitzius Sopran Elektr a

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it der Dresdner Semperoper verknüpft ist der künstlerische Werdegang von Evelyn Herlitzius. Nach ihrem Studium in Hamburg und ersten Engagements in Saarbrücken und Karlsruhe war die Sopranistin von 1997 bis 2000 Ensemblemitglied der Semperoper, an der sie sich viele große Partien ihres Faches erarbeitete. Von Dresden aus entfaltete sie auch ihre internationale Karriere. Sie gastierte u.a. an den Staatsopern in Wien, Berlin, München und Stuttgart, an der Mailänder Scala, der Nederlandse Opera Amsterdam und bei den Wiener und Berliner Philharmonikern. Bei den Bayreuther Festspielen verkörperte die aus Osnabrück stammende Sängerin die Brünnhilde (»Ring des Nibelungen«) und später die Kundry (»Parsifal«) und Ortrud (»Lohengrin«). Unter Christian Thielemann trat sie 2011 mit den Wiener Philharmonikern bei den Salzburger Festspielen auf und sang die Färberin in Strauss’ »Frau ohne Schatten«, 2013 übernahm sie die Elektra unter Esa-Pekka Salonen in d’Aix-en-Provence. An der Semperoper debütierte sie 1997 als Leonore (»Fidelio«), es folgten bis heute zahlreiche Partien, darunter die Titelrollen in »Jenůfa«, »Turandot« und »Salome«. Evelyn Herlitzius ist Trägerin des Christel-Goltz-Preises der Semperoper (1999) und des Deutschen Theaterpreises »Der Faust« (2006).

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Anne Schwanewilms Sopran Chrysothemis

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hr Auftritt überzeugte durch »stimmliche Finesse und Würde«, ihr Gesang ist »warm und wahrhaftig«, geprägt von »fokussiertem Klang und tiefer Empfindung«, schwärmte der Kritiker der New York Times jüngst über Anne Schwanewilms nach ihrem umjubelten Debüt an der New Yorker MET: als Kaiserin in Strauss’ »Frau ohne Schatten«. In Gelsenkirchen geboren, wird die Sängerin in den großen Strauss- und Wagner-Partien ihres Faches international gefeiert, u.a. gastierte sie als Ariadne unter Sir Colin Davis am Londoner Royal Opera House, als Chrysothemis an der Mailänder Scala, als Arabella an der Wiener Staatsoper, als Elisabeth (»Tannhäuser«) an der Bayerischen Staatsoper sowie als Danae an der Semperoper, an der man sie überdies als Mozarts Contessa d’Almaviva (»Figaro«), als Wagners Elsa (»Lohengrin«) und Elisabeth, als Desdemona (»Otello«), Marschallin (»Rosenkavalier«), Leonore oder Marie (Bergs »Wozzeck«) erleben konnte. Auf dem Konzert- und Liedpodium weltweit gefragt, trat Anne Schwanewilms im Wiener Musikverein, in der Wigmore Hall in London und im Concertgebouw in Amsterdam auf, ebenso in der New Yorker Avery Fisher Hall oder dem John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington. 2002 wurde die Sopranistin von der Zeitschrift Opernwelt zur »Sängerin des Jahres« gekürt.

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Frank van Aken Tenor Aegisth

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as Publikum der Dresdner Semperoper begeisterte Frank van Aken gerade erst in der Titelrolle von Wagners »Tristan«. Der Tenor, der in Utrecht und am Opernstudio des Königlichen Konservatoriums in Den Haag studierte, war von 1997 bis 2000 festes Ensemblemitglied der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg, 2006 schloss er sich dem Ensemble der Oper Frankfurt an (bis 2012). An diesem Haus stand er u.a. als Tannhäuser, Parsifal, Hermann (Tschaikowskys »Pique Dame«) und Luigi (Puccinis »Tabarro«) auf der Bühne, daneben feierte er besondere Erfolge auch als Einsiedel in Karl Amadeus Hartmanns »Simplicius Simplicissimus« sowie als Siegmund in der »Walküre«. 2007 gab der niederländische Künstler als Tannhäuser seinen Einstand bei den Bayreuther Festspielen und debütierte in dieser Rolle 2010 an der Wiener Staatsoper, 2011 sang er den Tristan an seinem Stammhaus in Frankfurt, an der New Yorker MET gastierte er 2012 als Siegmund. Im italienischen Repertoire profilierte er sich als Otello an der Oper Graz und dann in Frankfurt. In wenigen Wochen wird Frank van Aken die Titelpartie in den konzertanten Aufführungen von Richard Strauss’ musikdramatischem Erstling »Guntram« in der Semperoper singen, gefolgt von Auftritten als Siegmund am Gran Teatre del Liceu in Barcelona.

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René Pape Bass Orest

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ls eine der herausragenden Sängerpersönlichkeiten der internationalen Musikszene ist René Pape gern gesehener Gast der bedeutenden Opernhäuser, Orchester und Festivals. In Dresden geboren, sang er in der Elbestadt im berühmten Kreuzchor und studierte an der Dresdner Musikhochschule. Seit 1988 ist er festes Ensemblemitglied der Berliner Staatsoper, an der er die gro­ ßen Basspartien übernimmt, darunter Méphistophélès (Gounods »Faust«), Philipp II. (»Don Carlo«), Rocco (»Fidelio«), Gurnemanz (»Parsifal«), König Heinrich (»Lohengrin«) und König Marke (»Tristan«). In weiteren Neuinszenierungen verkörperte er an diesem Haus den Figaro, Don Giovanni, Boris Godunow, Gremin (»Eugen Onegin«) und Wotan (»Rheingold« und »Walküre«), jeweils unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim. Einladungen führten René Pape an die New Yorker MET und die Lyric Opera of Chicago, an die Mailänder Scala, die Wiener und die Bayerische Staatsoper, die Semperoper oder auch zu den Bayreuther und Salzburger Festspielen. Neben seinen Opernverpflichtungen widmet sich der Bass einer intensiven Konzerttätigkeit. Er ist mehrfacher Grammy- und ECHO-Klassik-Preisträger, u.a. erhielt er 2009 den ECHO für sein mit der Sächsischen Staatskapelle aufgenommenes Solo-Album »Gods, Kings & Demons«.

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Peter Lobert Bass Der Pfleger des Orest

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ach seinem Medizinstudium an der Berliner Charité absolvierte Peter Lobert sein Gesangsstudium in Dresden, sein erstes Festengagement erhielt er am Badischen Staatstheater in Karlsruhe. Diesem Haus gehörte er von 2002 bis 2007 an, ehe er in das Ensemble der Semperoper wechselte. Zu sei­­nem dortigen Repertoire zählen der Commendatore (»Don Giovanni«), Osmin (»Entführung aus dem Serail«), Colline (»Bohème«), Titurel (»Parsifal«), Timur (»Turandot«) sowie George Benton (Heggies »Dead Man Walking«). Mit letzterer Partie war der Bass auch am Theater an der Wien zu hören, als Fafner (»Rheingold«) trat er an der Deutschen Oper am Rhein, als Monterone (»Rigoletto«) an der Komischen Oper Berlin auf. In der Rolle des Osmin debütierte Peter Lobert 2008 an der Staatsoper Stuttgart, seinen Einstand bei den Salzburger Festspielen gab er 2011 in Janáčeks »Die Sache Makro­pulos«. Große Erfolge feierte er 2012 am Teatro dell’Opera in Rom als Sarastro und 2013 an der Pariser Opéra Bastille als Fafner im »Siegfried«, an der Bayerischen Staatsoper, an der er ab der kommenden Spielzeit ein neues Engagement antritt, sang er den Antonio (»Figaro«). Auf der Bühne der Semperoper ist er in Kürze u.a. als Benoît in der »Bohème« sowie in den Strauss-Opern »Salome«, »Ariadne« und »Guntram« zu erleben.

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Romy Petrick Sopran Die Vertr aute

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ls Amelia in der Uraufführung von Manfred Trojahns »La grande magia« gab Romy Petrick 2008 ihr Debüt an der Dresdner Semperoper, an der sie seit der Spielzeit 2009/2010 im Solis­ tenensemble singt. Zu ihren Partien an diesem Haus gehören Gretel, Blonde (»Entführung aus dem Serail«), der Waldvogel (»Siegfried«), Musetta (»Bohème«) und Adele (»Fledermaus«), ebenso Nanetta (»Falstaff«), Fiakermilli (»Arabella«) und Susanna (»Figaro«). Die Sopranistin gastierte als Blonde am Badischen Staatstheater Karlsruhe sowie am Deutschen Nationaltheater Weimar, 2011 verkörperte sie die Hermione in der Uraufführung von Trojahns »Orest« an der Nederlandse Opera Amsterdam, eine Rolle, die sie 2013 auch in der Deutschen Erstaufführung am Niedersächsischen Staatstheater in Hannover übernahm. Ihre sängeri­ sche Ausbildung erhielt die gebürtige Bautznerin an der Dresdner Musikhochschule, daneben studierte sie Musikwissenschaft und Philosophie an der TU Dresden und promovierte 2010 über die Dresdner Musikgeschichte. Ein erstes Festengagement verband die Künstlerin von 2006 bis 2008 mit den Landesbühnen Sachsen. Als Konzertsängerin war Romy Petrick u.a. in Bachs Weihnachtsoratorium im Berliner Konzerthaus und in Mozarts c-Moll-Messe in der Dresdner Frauenkirche zu hören.

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Ute Selbig Sopran Die Schlepptr ägerin

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ie gebürtige Dresdnerin Ute Selbig, die ihr Gesangsstudium in ihrer Heimatstadt absolvierte, ist langjähriges Ensemblemitglied der Semperoper. Darüber hinaus gastierte sie an den drei großen Berliner Opernhäusern, an den Staatsopern in München, Hannover und Nürnberg, an der Deutschen Oper am Rhein, am Grand Théâtre de Genève, am Opernhaus in Zürich oder auch an den Opern in San Diego, Seattle und Vancouver. 1999 an der Semperoper zur Kammersängerin ernannt, umfasst ihr Repertoire an ihrer Stammbühne Partien wie die Contessa d’Almaviva, Donna Elvira, Fiordiligi, Angelica, Agathe, Micaëla, Pamina, Despina, Freia und Eva. In Konzerten und Oratorienaufführungen trat Ute Selbig mit den wichtigen Partien ihres Fachs bei den führenden Orchestern auf, darunter New York Philharmonic, das Chicago und das Seattle Symphony Orchestra, das Orchestre de la Suisse Romande, das Orchestre National de France, das Gewandhausorchester Leipzig sowie die Sächsische Staatskapelle und die Dresdner Philharmonie. Wichtige künstlerische Impulse erhielt die Sopranistin, die 1993 als erste Künstlerin mit dem Christel-Goltz-Preis der Semperoper ausgezeichnet wurde, durch ihre Arbeit u.a. mit Sir Colin Davis, Giuseppe Sinopoli, Kent Nagano, Franz Welser-Möst und Peter Schreier.

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Simeon Esper Tenor Ein Junger Diener

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owohl in den USA als auch in Europa ist der amerikanische Tenor Simeon Esper ein gefragter Gast. Er war als Pedrillo (»Entführung aus dem Serail«) an der Deutschen Oper am Rhein und in Weills »Sieben Todsünden« am Theater an der Wien zu Gast, als Junger Seemann/Hirte (»Tristan«) stand er an der Seattle Opera, als Wirt (»Rosenkavalier«) an der San Diego Opera auf der Bühne. In der Rolle des Spoletta (»Tosca«) gab er sein Debüt an der Opéra National de Paris, an der Oper Köln konnte man ihn als Valzacchi (»Rosenkavalier«), an der Pariser Opéra Comique als Mr. Upfold (Brittens »Albert Herring«) und am Pariser Théâtre des Champs-Élysées als Billy in Weills »Mahagonny Songspiel« hören. Simeon Espers Repertoire umfasst ferner Partien wie den Steuermann (»Fliegender Holländer«), David (»Meistersinger von Nürnberg«), Loge (»Rheingold«), Vašek (»Verkaufte Braut«) und Beppe (»Pagliacci«). An der Dresdner Semperoper, an der er seit der Spielzeit 2011/2012 als Ensemblemitglied engagiert ist, stehen in dieser Saison noch Auftritte u.a. als Oronte (»Alcina«) und Steuermann (»Fliegender Holländer«), in der »Zauberflöte« und in Jaromír Weinbergers »Schwanda, der Dudelsackpfeifer« sowie in den Neuproduk­ tionen von »King Arthur« und »Carmen« auf seinem Terminplan.

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Matthias Henneberg Bariton e i n A lt e r D i e n e r

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eine ersten Erfahrungen auf der Opernbühne sammelte Matthias Henneberg im Kinderchor in der Dresdner Inszenierung von Henzes »Der junge Lord« an der Semperoper. Nach seinem Studium in Weimar begann er seine künstlerische Arbeit zunächst als Mitglied im Opernstudio der Semperoper, 1985 wurde er in das Dresdner Solistenensemble aufgenommen. 2009 durch das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst zum Kammersänger ernannt, verkörperte er unzählige Figuren auf dem Dresdner Podium, vom Heerrufer (»Lohengrin«) über Moralès (»Carmen«) bis Schaunard (»Bohème«), von Kurwenal (»Tristan«) über Sharpless (»Madama Butterfly«) und Swal­ low (»Peter Grimes«) bis zu Owen Hart in Jake Heggies »Dead Man Walking«. Seine solistischen Aktivitäten in Konzert und Oper sowie bei Rundfunk-, Fernseh- und CD-Produktionen führten Matthias Henneberg mit herausragenden Dirigentenpersönlichkeiten wie Sir Colin Davis, Giuseppe Sinopoli, Christoph von Dohnányi, Myung-Whun Chung, Jun Märkl und Christian Thielemann zusammen. Als Opern-, Lied- und Oratoriensänger trat er u.a. in Griechenland, Spanien, Belgien, Russland, Bulgarien, Österreich, Tschechien und in der Schweiz auf. 2011 wurde er an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden zum Professor berufen.

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Nadine Secunde Sopran die Aufseherin

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eboren in Cleveland (Ohio), trat Nadine Secunde ihr erstes Engagement am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden an. 1985 ging sie als Ensemblemitglied an die Oper Köln, an der sie in der Titelrolle von Janáčeks »Katja Kabanowa« debütier­ te und ihren internationalen Durchbruch feierte. Sie trat als Strauss’sche Arabella an der Bayerischen Staatsoper und als Katja Kabanowa an der Hamburgischen Staatsoper auf, gastierte an der Wiener Staats­ oper und am Opernhaus Zürich. Wolfgang Wagner engagierte sie als Elsa für den »Lohengrin« der Bayreuther Festspiele, bei denen sie auch die Sieglinde im legendären Kupfer-»Ring« unter der Leitung von Daniel Barenboim sang. In München konnte man sie u.a. als Elisabeth und in der Uraufführung von Henzes »Venus und Adonis« hören, in Wien gab sie die Elsa, Sieglinde und Chrysothemis, unter Christian Thielemann übernahm sie die Elsa in Venedig, die Marschallin in Bologna und die Chrysothemis in San Francisco. Später verzeichnete sie vor allem in den Partien der Brünnhilde, Isolde und Elektra große Erfolge, mittlerweile hat sie sich auf das Charakterfach spezialisiert und unterrichtet als Gesangspädagogin. Kürzlich gab sie gemein-­ sam mit Wolfgang Brendel und Siegfried Jerusalem Meisterkurse an der IVC Wagner Academy in ’s-Hertogenbosch in den Niederlanden.

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Constance Heller Mezzosopran Die erste M agd

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eit der Saison 2012/2013 gehört Constance Heller, die am Salzburger Mozarteum studierte, dem Ensemble des Mecklenburgischen Staatstheaters in Schwerin an. An diesem Haus ist sie derzeit als Sister Helen Prejean in einer Neuinszenierung von Jake Heggies »Dead Man Walking« zu erleben, zuvor begeisterte sie im Schweriner »Figaro« als Cherubino, in »Eugen Onegin« steht sie als Olga auf der Bühne, dazu war sie als Erda in einer Operngala und als Alt­ solistin in Beethovens Neunter zu hören. Nach ihrem letztjährigen Debüt bei den Schlossfestspielen Schwerin als Orlofsky wird sie dort in diesem Jahr die Fenena in »Nabucco« verkörpern. Constance Heller gab 2006 in Donizettis »Maria Stuarda« ihren Einstand an der Berliner Staatsoper, Auftritte in der »Zauberflöte«, »Elektra«, »Parsifal« und Prokofjews »Der Spieler« ließen sie regelmäßig an die renommierte Bühne zurückkehren, auch ging sie mit der Lindenoper auf eine Japan-Tournee (Schönbergs »Moses und Aron«). Weitere Gastspiele führten sie u.a. an die Scala, zur Ruhrtriennale, in das Festspielhaus Baden-Baden, an die Semperoper und an die Deutsche Oper Berlin. Neben den Mezzo-Hosenrollen und zahlreichen Wagner-Partien erstreckt sich ihr Repertoire von Figuren wie Paulina, Ulrica, Amneris und Dalila bis zu den großen Werken des Oratorien- und Konzertfachs.

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Gala El Hadidi Mezzosopran Die z weite M agd

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ie in Kairo geborene Gala El Hadidi studierte Philosophie, Englisch und Vergleichende Literatur in der ägyptischen Hauptstadt sowie Musikwissenschaft an der Yale University (USA). Stipendien ermöglichten ihr weitere musikalische Studien bei der Internationalen Bachakademie Stuttgart und an der Savonlinna Musikakademie in Finnland. 2010 gewann sie den Förderpreis der Metropolitan Opera National Council Auditions, 2011 wurde sie beim angesehenen Gesangswettbewerb Stella Maris mit zwei der drei großen JuryPreise ausgezeichnet, was ein Gastengagement an der Wiener Staatsoper zur Folge hatte. Nachdem sie bereits mit 18 Jahren festes Ensemblemitglied der Oper Kairo war, wurde Gala El Hadidi 2010 in das Junge Ensemble der Dresdner Semperoper engagiert und gehört seit der Saison 2012/2013 zum festen Solistenensemble des Hauses. Zu ihren Partien an der Semperoper zählen die Rosina (»Barbiere di Siviglia«) und Dorina (Domenico Sarros »Dorina e Nibbio«), die Titelpartie in »Prinz Bussel«, Cherubino, Flora Bervoix (»Traviata«), Maddalena (»Rigoletto«) oder auch die Dritte Dame in der »Zauberflöte«. Noch in dieser Spielzeit ist die Sängerin u.a. als Rosina sowie in der Titelpartie der neuinszenierten »Carmen« auf dem Dresd­ner Opernpodium zu sehen und zu hören.

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Christa Mayer Mezzosopran Die drit te M agd

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n Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz geboren, studierte Chris­t a Mayer an der Bayerischen Singakademie und an der Münchner Mu­ sikhochschule. Seit 2001 ist die Preisträgerin des renommierten ARD-Musikwettbewerbs Ensemblemitglied der Semperoper. Gastverpflichtungen führten sie an die Hamburgische und die Bayerische Staatsoper, an die Opernhäuser in Berlin, Venedig, Florenz und Sevilla oder auch zum Rheingau und zum Schleswig-Holstein Musik Festival. 2007 war sie im Fura-dels-Baus-»Ring« in Valencia unter der Leitung von Zubin Mehta zu erleben, 2013 gastierte sie unter Jonathan Nott als Erda beim Lucerne Festival in der konzertanten Gesamtaufführung des Wagner’schen »Ring« der Bamberger Symphoniker. Mehrfach trat die Sängerin unter Kapellchef Christian Thielemann auf: In Bayreuth sang sie unter ihm die Erda, Waltraute und Mary, in diesem Jahr wird sie ihn und die Sächsische Staatskapelle zu den Osterfestspielen Salzburg begleiten und als Solistin in Mozarts Requiem ihr dortiges Festivaldebüt geben. Dem Dresdner Opernpublikum präsentiert sie sich in dieser Saison über ihre Auftritte in der Neuproduktion der »Elektra« hinaus u.a. auch als Bradamante in Händels »Alcina«, als Mary im »Fliegenden Holländer« sowie in Strauss’ »Guntram«. 2004 wurde ihr der Christel-Goltz-Preis der Semperoper verliehen.

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Rachel Willis-Sørensen Sopran die vierte M agd

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nnerhalb kürzester Zeit hat sich Rachel Willis-Sørensen einen exzellenten Namen in der internationalen Opernszene gemacht. 2010 gewann sie die Metropolitan Opera National Council Auditions, 2011 den in Wien ausgetragenen Hans Gabor Belvedere Gesangswettbewerb. Seit der Spielzeit 2012/2013 Ensemblemitglied der Semperoper, stellte sich die Sopranistin als Elettra und Donna Anna dem Dresdner Publikum vor und gab ihr Rollendebüt als Vitellia (»Clemenza di Tito«). In dieser Saison singt sie an der Semperoper die Mimì (»Bohème«) sowie die Fiordiligi in der neuen »Così fan tutte«, als Hanna Glawari war sie in der »Lustigen Witwe«, als Diemut ist sie in Strauss’ »Feuersnot« zu erleben. Dazu wird sie in den Symphoniekonzerten der Sächsischen Staatskapelle unter MyungWhun Chung, dem Ersten Gastdirigenten des Orchesters, als Solistin in Mahlers »Auferstehungssymphonie« zu hören sein. Rachel Willis-Sørensen, die ihre Ausbildung u.a. an der Brigham Young University (Utah) und am Opernstudio der Houston Grand Opera erhielt, war unter Antonio Pappano als Contessa d’Almaviva und als Gutrune (»Götterdämmerung«) am Royal Opera House in London zu Gast, in Saint Louis glänzte sie als Fiordiligi. 2012 feierte sie ihren Einstand bei Los Angeles Philharmonic unter Leonard Slatkin in der Hollywood Bowl in Beethovens Neunter.

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Nadja Mchantaf Sopran die fünfte M agd

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iner langjährigen Tanzausbildung, die sie mehrfach Norddeutsche Meisterin im Turniertanz werden ließ, schloss sich Nadja Mchantafs Gesangsstudium in Leipzig an. Noch während dieses Studiums gastierte sie an der Oper Leipzig, im Gewandhaus und beim Bachfest Leipzig. Zu den gesungenen Partien in dieser Zeit zählen Lisette (Puccinis »Rondine«), Ljusja (Schostakowitschs »Moskau, Tscherjomuschki«) und Gretel. Direkt nach dem Examen trat die Sängerin aus dem schleswig-holsteinischen Husum ihr Engagement im Jungen Ensemble der Semperoper an und brillierte 2010 in der Titelpartie von Henzes »Gisela!« in der Dresdner Uraufführung, seit 2011 ist sie Mitglied des festen Ensembles dieses Hauses. In der Elbestadt übernimmt Nadja Mchantaf Rollen wie Musetta, Micaëla, Pamina, Servilia (»Clemenza di Tito«), Gretel, Valencienne (»Lustige Witwe«), Lucilla (Hasses »Tutore«) sowie die Morgana in Händels »Alcina«, mit der sie auch in Stuttgart zu Gast war. In der Dresd­ner Neuinszenierung von »Moskau, Tscherjomuschki« verkörpert sie die Lidotschka, im »King Arthur« spielt sie die Rolle der Matilda und singt u.a. die Venus. Kommende Engagements Nadja Mchantafs sind Auftritte in der Dresdner Frauenkirche unter Ludwig Güttler in Bachs Matthäuspassion und bei den Erfurter DomStufen-Festspielen in einer »Jedermann«-Oper.

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Sächsischer Staatsopernchor Dresden Chordirek tor P a b l o a ss a n t e

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er Dresdner Opernchor wurde am 8. Oktober 1817 durch königliches Dekret von Friedrich August dem Gerechten gegrün­det. Die Erlassung dieses Dekrets war vor allem ein Verdienst Carl Maria von Webers, der als neu engagierter Hofkapellmeister 1817 den Auftrag erhalten hatte, neben der traditionsreichen italienischen Oper am Königlichen Hoftheater in Dresden auch ein deutsches »Opern-Departement« aufzubauen. Weber forderte die Einrichtung eines »stehenden Theaterchors«, der den gestiegenen Anforderungen des dafür neu zu schaffenden Opernrepertoires gewachsen sein würde. In der Folgezeit entwickelte sich das Ensemble zu einem erstrangigen und gefragten Klangkörper. Über die Jahrhunderte hinweg pflegten hervorragende Künstlerpersönlichkeiten wie der Gesangspäda­ goge Johann Miksch, der Wagner-Freund Christian Wilhelm Fischer und dessen Sohn Carl August Wilhelm Fischer, Karl Maria Pembaur, Ernst Hintze, Hans-Dieter Pflüger und Matthias Brauer ein bis heute spezielles, diesem Staatsopernchor zugehörendes Klangideal, das besonders auch durch die rege Konzerttätigkeit des Chores beeinflusst wurde. Homogenität des Klangs, klangliche Noblesse und kultivierter Pianogesang bei

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gleichzeitiger Klangdichte und -fülle sind wesentliche Attribute, die für den Sächsischen Staats­opernchor Dresden stehen. Künstlerisch umsichtig und traditionsbewusst geleitet, zählt der Staatsopernchor heute zu den besten Opernchören Europas. Chordirek­tor der Sächsischen Staatsoper Dresden ist seit 2009 Pablo Assante. Regelmäßig konzertiert das Ensemble mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden; bedeutende Dirigenten wie Giuseppe Sinopoli, Sir Colin Davis, Herbert Blomstedt, Zubin Mehta, Fabio Luisi, Daniele Gatti, Bernard Haitink und Christian Thielemann haben mit dem Chor zusammengearbeitet. Zuletzt in den Kapellkonzerten zu erleben waren die Sängerinnen und Sänger vor wenigen Wochen in den Silvesterkonzerten und zuvor in den Geburtstagskonzerten zu Ehren Richard Wagners, jeweils unter der Leitung von Christian Thielemann. Opern- und Konzertreisen sowie eine kontinuierliche Präsenz bei Festspielen und in Rundfunk und Fernsehen brachten dem Dresdner Staatsopernchor weltweite Beachtung ein. Tourneen führten den Chor u.a. nach Russland, Italien, Österreich, Spanien, Frankreich sowie nach Japan. Eine Vielzahl von CD- und DVD-Produktionen – nicht zuletzt mit der Staatskapelle Dresden – zeugen von der außerordentlichen Qualität des Ensembles.

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A n n i e K r u l l (E l e k t r a ) u n d C a r l P e r r o n (O r e s t ) i n d e r D r e s d n e r U r au f f ü h r u n g (19 0 9)

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Libretto ER S TE MAGD

Elektra Tragödie in einem Aufzuge von Hugo von Hofmannsthal Musik von Richard Strauss © 1987 Fürstner Musikverlag GmbH, Mainz (für die Gebiete Deutschland, Danzig, Italien, Portugal und die Nachfolgestaaten der UdSSR außer Estland, Lettland und Litauen)

Immer, wenn die Sonne tief steht, liegt sie und stöhnt. DRITTE MAGD

Da gingen wir zu zweit und kamen ihr zu nah – ER S TE MAGD

sie hält’s nicht aus, wenn man sie ansieht. Vorhang auf DRITTE MAGD

Der innere Hof, begrenzt von der Rückseite des Palastes und niedrigen Gebäuden, in denen die Diener wohnen. Dienerinnen am Ziehbrunnen, links vorn. Aufseherin unter ihnen.

Ja, wir kamen ihr zu nah. Da fauchte sie wie eine Katze uns an. »Fort, Fliegen!«, schrie sie, »fort!«

ER S TE MAGD

VIERTE MAGD

ihr Wassergefäß aufhebend Wo bleibt Elektra?

»Schmeißfliegen, fort!«

Z W EITE MAGD

»Sitzt nicht auf meinen Wunden!« und schlug nach uns mit einem Strohwisch.

DRITTE MAGD

Ist doch ihre Stunde, die Stunde, wo sie um den Vater heult, daß alle Wände schallen.

VIERTE MAGD

»Schmeißfliegen, fort!« Elektra kommt aus der [!] schon dunkelnden Hausflur gelaufen. Alle drehen sich nach ihr um. Elektra springt zurück wie ein Tier in seinen Schlupfwinkel, den einen Arm vor dem Gesicht. ER S TE MAGD

DRITTE MAGD

»Ihr sollt das Süße nicht abweiden von der Qual. Ihr sollt nicht schmatzen nach meiner Krämpfe Schaum.«

Habt ihr gesehn, wie sie uns ansah? VIERTE MAGD Z W EITE MAGD

Giftig, wie eine wilde Katze.

»Geht ab, verkriecht euch«, schrie sie uns nach: »Eßt Fettes, und eßt Süßes, und geht zu Bett mit euren Männern«, schrie sie, und die –

DRITTE MAGD

Neulich lag sie da und stöhnte …

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DRITTE MAGD

Ich war nicht faul –

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VIERTE MAGD

die gab ihr Antwort!

seufzend Hast du den Herrn nie sie schlagen sehn?

DRITTE MAGD

»Ja, wenn du hungrig bist«, gab ich zur Antwort, »so ißt du auch!« Da sprang sie auf und schoß gräßliche Blicke, reckte ihre Finger wie Krallen gegen uns und schrie: »Ich füttre mir einen Geier auf im Leib!« Z W EITE MAGD

FÜNFTE MAGD

ganz jung, mit zitternder, erregter Stimme Ich will vor ihr mich niederwerfen und die Füße ihr küssen. Ist sie nicht ein Königskind und duldet solche Schmach? Ich will die Füße ihr salben und mit meinem Haar sie trocknen.

Und du? DIE AUF S EHERIN DRITTE MAGD

»Drum hockst du immerfort«, gab ich zurück, »wo Aasgeruch dich hält, und scharrst nach einer alten Leiche.« Z W EITE MAGD

Und was sagte sie da?

stößt sie Hinein mit dir! FÜNFTE MAGD

Es gibt nichts auf der Welt, das königlicher ist als sie. Sie liegt in Lumpen auf der Schwelle, aber Niemand, Niemand ist hier im Haus, der ihren Blick aushält.

DRITTE MAGD

Sie heulte nur und warf sich in ihren Winkel.

DIE AUF S EHERIN

stößt sie in die offene niedere Tür links vorn Hinein!

ER S TE MAGD

Daß die Königin solch einen Dämon frei in Haus und Hof sein Wesen treiben läßt. Z W EITE MAGD

Das eigne Kind! ER S TE MAGD

Wär’ sie mein Kind, ich hielte, ich – bei Gott! – sie unter Schloß und Riegel! VIERTE MAGD

Sind sie dir nicht hart genug mit ihr? Setzt man ihr nicht den Napf mit Essen zu den Hunden?

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FÜNFTE MAGD

in die Tür geklemmt Ihr alle seid nicht wert, die Luft zu atmen, die sie atmet! O könnt’ ich euch alle, euch, erhängt am Halse, in einer Scheuer Dunkel hängen sehn um dessen willen, was ihr an Elektra getan. DIE AUF S EHERIN

schlägt die Tür zu Hört ihr das? Wir, an Elektra, die ihren Napf von unserm Tische stieß, als man mit uns sie essen hieß, die ausspie vor uns und Hündinnen uns nannte.

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ER S TE MAGD

Was? Sie sagte: keinen Hund kann man erniedern, wozu man uns hat abgerichtet: daß wir mit Wasser und mit immer frischem Wasser das ewige Blut des Mordes von der Diele abspülen – DRITTE MAGD

»und die Schmach«, so sagte sie, »die Schmach, die sich bei Tag und Nacht erneut, in Winkel fegen.« ER S TE MAGD

»Unser Leib«, so schreit sie, »starrt von dem Unrat, dem wir dienstbar sind.« Die Mägde tragen die Gefäße ins Haus links. DIE AUF S EHERIN

(die ihnen die Tür aufgemacht hat) Und wenn sie uns mit unsern Kindern sieht, so schreit sie: »Nichts kann so verflucht sein, nichts, als Kinder, die wir hündisch auf der Treppe im Blute glitschend hier in diesem Hause empfangen und geboren haben.« Sagt sie das oder nicht? e r s t e , z w e i t e , d r i t t e u n d v i e r t e M ag d

im Abgehen Ja, ja! DIE AUF S EHERIN

Sagt sie das oder nicht? e r s t e , z w e i t e , d r i t t e u n d v i e r t e M ag d

alle schon drinnen Ja, ja. f ü n f t e m ag d

innen Sie schlagen mich.

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Die Aufseherin geht hinein, die Tür fällt zu. Elektra tritt aus dem Hause. ELEKTRA

Allein! Weh, ganz allein. Der Vater fort, hinabgescheucht in seine kalten Klüfte … gegen den Boden Agamemnon! Agamemnon! Wo bist du, Vater? Hast du nicht die Kraft, dein Angesicht herauf zu mir zu schleppen? leise Es ist die Stunde, unsre Stunde ist’s, die Stunde, wo sie dich geschlachtet haben, dein Weib und der mit ihr in einem Bette, in deinem königlichen Bette schläft. Sie schlugen dich im Bade tot, dein Blut rann über deine Augen, und das Bad dampfte von deinem Blut. Da nahm er dich, der Feige, bei den Schultern, zerrte dich hinaus aus dem Gemach, den Kopf voraus, die Beine schleifend hinterher: Dein Auge, das starre, offne, sah herein ins Haus. So kommst du wieder, setzest Fuß vor Fuß und stehst auf einmal da, die beiden Augen weit offen, und ein königlicher Reif von Purpur ist um deine Stirn, der speist sich aus des Hauptes offner Wunde. Agamemnon! Vater! Ich will dich sehn, laß mich heute nicht allein! Nur so wie gestern, wie ein Schatten, dort im Mauerwinkel zeig dich deinem Kind! Vater! Agamemnon, dein Tag wird kommen. Von den Sternen stürzt alle Zeit herab, so wird das Blut aus hundert Kehlen stürzen auf dein Grab! So wie aus umgeworfnen Krügen wird’s aus den gebundnen Mördern fließen, und in einem Schwall, in einem geschwollnen Bach wird ihres Lebens Leben aus ihnen stürzen – in feierlichem Pathos und wir schlachten dir

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die Rosse, die im Hause sind, wir treiben sie vor dem Grab zusammen, und sie ahnen den Tod und wiehern in die Todesluft und sterben. Und wir schlachten dir die Hunde, die dir die Füße leckten, die mit dir gejagt, denen du die Bissen hinwarfst, darum muß ihr Blut hinab, um dir zu Dienst zu sein, und wir, wir, dein Blut, dein Sohn Orest und deine Töchter, wir drei, wenn Alles dies vollbracht und Purpurgezelte aufgerichtet sind vom Dunst des Blutes, den die Sonne nach sich zieht, dann tanzen wir, dein Blut, rings um dein Grab: in begeistertem Pathos und über Leichen hin werd’ ich das Knie hochheben Schritt für Schritt, und die mich werden so tanzen sehn, ja, die meinen Schatten von weitem nur so werden tanzen sehn, die werden sagen: einem großen König wird hier ein großes Prunkfest angestellt von seinem Fleisch und Blut, und glücklich ist, wer Kinder hat, die um sein hohes Grab so königliche Siegestänze tanzen. Agamemnon! Agamemnon! CHRY S OTHEMI S

die jüngere Schwester, steht in der Haustür Elektra! ELEKTRA

fährt zusammen und starrt zuerst, wie aus einem Traum erwachend, auf Chrysothemis Ah, das Gesicht!

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Chrysothemis hebt, wie abwehrend, die Hände. ELEKTRA

Was hebst du die Hände? So hob der Vater seine beiden Hände, da fuhr das Beil hinab und spaltete sein Fleisch. Was willst du? Tochter meiner Mutter, Tochter Klytämnestras? CHRY S OTHEMI S

leise Sie haben etwas Fürchterlichtes vor. ELEKTRA

Die beiden Weiber? CHRY S OTHEMI S

Wer? ELEKTRA

Nun, meine Mutter und jenes andre Weib, die Memme, ei, Aegisth, der tapfre Meuchelmörder, er, der Heldentaten nur im Bett vollführt. Was haben sie denn vor? CHRY S OTHEMI S

Sie werfen dich in einen Turm, wo du von Sonn’ und Mond das Licht nicht sehen wirst. Elektra lacht.

CHRY S OTHEMI S

CHRY S OTHEMI S

steht an die Tür gedrückt Ist mein Gesicht dir so verhaßt?

Sie tun’s, ich weiß es, ich hab’s gehört.

ELEKTRA

ELEKTRA

heftig Was willst du? Rede, sprich, ergieße dich, dann geh und laß mich!

Wie hast denn du es hören können?

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CHRY S OTHEMI S

leise An der Tür, Elektra. ELEKTRA

ausbrechend Mach keine Türen auf in diesem Haus! Gepreßter Atem, pfui! und Röcheln von Erwürgten, nichts andres gibt’s in diesen Mauern, mach keine Türen auf! Schleich nicht herum, sitz an der Tür wie ich und wünsch den Tod und das Gericht herbei auf sie und ihn. CHRY S OTHEMI S

Ich kann nicht sitzen und ins Dunkel starren, wie du. Ich hab’s wie Feuer in der Brust, es treibt mich immerfort herum im Haus; in keiner Kammer leidet’s mich, ich muß von einer Schwelle auf die andre, ach! treppauf, treppab, mir ist, als rief’ es mich, und komm ich hin, so stiert ein leeres Zimmer mich an. Ich habe solche Angst, mir zittern die Knie bei Tag und Nacht, mir ist die Kehle wie zugeschnürt, ich kann nicht einmal weinen, wie Stein ist alles! Schwester, hab Erbarmen! ELEKTRA

Mit wem? CHRY S OTHEMI S

Du bist es, die mit Eisenklammern mich an den Boden schmiedet. Wärst nicht du, sie ließen uns hinaus. Wär nicht dein Haß, dein schlafloses, unbändiges Gemüt, vor dem sie zittern, ah, so ließen sie uns ja heraus aus diesem Kerker, Schwester! leidenschaftlich Ich will heraus! Ich will nicht jede Nacht bis an den Tod hier schlafen! Eh’ ich sterbe, will ich auch leben! äußerst lebhaft und feurig Kinder will ich haben,

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bevor mein Leib verwelkt, und wär’s ein Bauer, dem sie mich geben, Kinder will ich ihm gebären und mit meinem Leib sie wärmen in kalten Nächten, wenn der Sturm die Hütte zusammenschüttelt! Hörst du mich an? Sprich zu mir, Schwester! ELEKTRA

Armes Geschöpf! CHRY S OTHEMI S

stets äußerst erregt Hab Mitleid mit dir selber und mit mir! Wem frommt denn solche Qual? Der Vater, der ist tot. Der Bruder kommt nicht heim. Immer sitzen wir auf der Stange wie angehängte Vögel, wenden links und rechts den Kopf und niemand kommt, kein Bruder, kein Bote von dem Bruder, nicht der Bote von einem Boten, nichts. Mit Messern gräbt Tag um Tag in dein und mein Gesicht sein Mal, und draußen geht die Sonne auf und ab, und Frauen, die ich schlank gekannt hab’, sind schwer von Segen, müh’n sich zum Brunnen, heben kaum die Eimer, und auf einmal sind sie entbunden ihrer Last, kommen zum Brunnen wieder und aus ihnen selber quillt süßer Trank, und säugend hängt ein Leben an ihnen, und die Kinder werden groß. – Nein, ich bin ein Weib und will ein Weiberschicksal! Viel lieber tot, als leben und nicht leben. Sie bricht in heftiges Weinen aus. ELEKTRA

Was heulst du? Fort, hinein! Dort ist dein Platz! Es geht ein Lärm los. höhnisch Stellen sie vielleicht für dich die Hochzeit an? Ich hör sie laufen. Das ganze Haus ist auf. Sie kreißen, oder

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sie morden! Wenn es an Leichen mangelt, drauf zu schlafen, müssen sie doch morden! CHRY S OTHEMI S

Geh fort, verkriech dich! daß sie dich nicht sieht. Stell dich ihr heut’ nicht in den Weg: sie schickt Tod aus jedem Blick. Sie hat geträumt. Der Lärm von vielen Kommenden drinnen, allmählich näher Geh fort von hier. Sie kommen durch die Gänge. Sie kommen hier vorbei. Sie hat geträumt. Sie hat geträumt, ich weiß nicht, was, ich hab’ es von den Mägden gehört: sie sagen, daß sie von Orest, von Orest geträumt hat, daß sie geschrien hat aus ihrem Schlaf, wie einer schreit, den man erwürgt. Fackeln und Gestalten erfüllen den Gang links von der Tür. CHRY S OTHEMI S

Sie kommen schon, sie treibt die Mägde alle mit Fackeln vor sich her. Sie schleppen Tiere und Opfermesser. Schwester, wenn sie zittert, ist sie am schrecklichsten. dringend Geh ihr nur heut, nur diese Stunde geh aus ihrem Weg!

die dunkelviolett gekleidet ist, und auf einen elfenbeinern, mit Edelsteinen geschmückten Stab. Eine gelbe Gestalt, mit zurückgekämmtem schwarzem Haar, einer Egypterin ähnlich, mit glattem Gesicht, einer aufgerichteten Schlange gleichend, trägt ihr die Schleppe. Die Königin ist über und über bedeckt mit Edelsteinen und Talismanen. Die Arme sind voll von Reifen, ihre Finger starren von Ringen. Die Lider ihrer Augen scheinen übermäßig groß, und es scheint ihr eine furchtbare Anstrengung zu kosten, sie offen zu halten. Elektra richtet sich hoch auf. KLYTÄMNE S TRA

öffnet jäh die Augen, zitternd vor Zorn tritt sie ans Fenster und zeigt mit dem Stock auf Elektra Was willst du? Seht doch, dort! So seht doch das! Wie es sich aufbäumt mit geblähtem Hals und nach mir züngelt! Und das laß ich frei in meinem Hause laufen! schwer atmend Wenn sie mich mit ihren Blicken töten könnte! O Götter, warum liegt ihr so auf mir? Warum verwüstet ihr mich so? Warum muß meine Kraft in mir gelähmt sein? Warum bin ich lebendigen Leibes wie ein wüstes Gefild und diese Nessel wächst aus mir heraus, und ich hab’ nicht die Kraft zu jäten? Warum geschieht mir das, ihr ew’gen Götter?

ELEKTRA

Ich habe eine Lust, mit meiner Mutter zu reden, wie noch nie! CHRY S OTHEMI S

Ich will’s nicht hören! stürzt ab durch die Hoftür An den grell erleuchteten Fenstern klirrt und schlürft ein hastiger Zug vorüber: es ist ein Zerren, ein Schleppen von Tieren, ein gedämpftes Keifen, ein schnell ersticktes Aufschrein, das Niedersausen einer Peitsche, ein Aufraffen, ein Weitertaumeln. In dem breiten Fenster erscheint Klytämnestra. Ihr fahles, gedunsenes Gesicht, in dem grellen Licht der Fackeln, erscheint noch bleicher über dem scharlachroten Gewand. Sie stützt sich auf eine Vertraute,

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ELEKTRA

ruhig Die Götter! Bist doch selber eine Göttin, bist, was sie sind! KLYTÄMNE S TRA

zu ihren Begleiterinnen Habt ihr gehört? Habt ihr verstanden, was sie redet? DIE VERTRAUTE

Daß auch du vom Stamm der Götter bist.

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DIE S CHLEPPTRÄGERIN

zischend Sie meint es tückisch. Klytämnestras schwere Augenlider fallen zu. KLYTÄMNE S TRA

weich Das klingt mir so bekannt. Und nur als hätt’ ich’s vergessen, lang und lang. Sie kennt mich gut. Doch weiß man nie, was sie im Schilde führt. Die Vertraute und die Schleppträgerin flüstern miteinander. ELEKTRA

nähert sich langsam Klytämnestra Du bist nicht mehr du selber. Das Gewürm hängt immerfort um dich! Was sie ins Ohr dir zischen, trennt dein Denken fort und fort entzwei, so gehst du hin im Taumel, immer bist du, als wie im Traum. KLYTÄMNE S TRA

Ich will hinunter. Laßt, laßt, ich will mit ihr reden. Sie geht vom Fenster weg und erscheint mit ihren Begleiterinnen in der Tür. Von der Türschwelle aus, etwas weicher Sie ist heute nicht widerlich. Sie redet wie ein Arzt. DIE VERTRAUTE

flüsternd Sie redet nicht, wie sie’s meint. DIE S CHLEPPTRÄGERIN

Ein jedes Wort ist Falschheit. KLYTÄMNE S TRA

E r n e s t i n e S c h u m a n n - H e i n k a l s K ly tä m n e s t r a (L i n k s) u n d A n n i e K r u l l a l s E l e k t r a i n d e r U r au f f ü h r u n g (19 0 9)

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auffahrend Ich will Nichts hören! Was aus euch herauskommt, ist nur der Atem des Aegisth.

elektra

Und wenn ich nachts euch wecke, redet ihr nicht jede etwas andres? Schreist nicht du, daß meine Augenlider angeschwollen und meine Leber krank ist? Und winselst nicht du in’s and’re Ohr, daß du Dämonen gesehen hast mit langen spitzen Schnäbeln, die mir das Blut aussaugen? Zeigst du nicht die Spuren mir an meinem Fleisch, und folg’ ich dir nicht und schlachte, schlachte, schlachte Opfer um Opfer? Zerrt ihr mich mit euren Reden und Gegenreden nicht zu Tod? Ich will nicht mehr hören: Das ist wahr, und das ist Lüge. dumpf Was die Wahrheit ist, das bringt kein Mensch heraus. Wenn sie zu mir redet, immer schwer atmend was mich zu hören freut, so will ich horchen, auf was sie redet. Wenn einer etwas Angenehmes sagt, heftig und wär’ es meine Tochter, wär’ es die da, will ich von meiner Seele alle Hüllen abstreifen und das Fächeln sanfter Luft, von wo es kommen mag, einlassen, wie die Kranken tun, wenn sie der kühlen Luft, am Teiche sitzend, abends ihre Beulen und all ihr Eiterndes der kühlen Luft preisgeben, abends … und nichts andres denken, als Linderung zu schaffen. Laßt mich allein mit ihr! Ungeduldig weist sie mit dem Stock die Vertraute und die Schleppträgerin ins Haus. Diese verschwinden zögernd in der Tür. Auch die Fackeln verschwinden, und nur aus dem Innern des Hauses fällt ein schwacher Schein durch den Flur auf den Hof und streift hie und da die Gestalten der beiden Frauen. Klytämnestra kommt herab. KLYTÄMNE S TRA

leise Ich habe keine guten Nächte. Weißt du kein Mittel gegen Träume?

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ELEKTRA

näher rückend Träumst du, Mutter? KLYTÄMNE S TRA

Wer älter wird, der träumt. Allein, es läßt sich vertreiben. Es gibt Bräuche. Es muß für Alles richtge Bräuche geben. Darum bin ich so behängt mit Steinen, denn es wohnt in jedem ganz sicher eine Kraft. Man muß nur wissen, wie man sie nützen kann. Wenn du nur wolltest, du könntest etwas sagen, was mir nützt. ELEKTRA

Ich, Mutter, ich? KLYTÄMNE S TRA

ausbrechend Ja, du? Denn du bist klug. In deinem Kopf ist alles stark. Du könntest vieles sagen, was mir nützt. Wenn auch ein Wort nichts weiter ist! Was ist denn ein Hauch? Und doch kriecht zwischen Tag und Nacht, wenn ich mit offnen Augen lieg’, ein Etwas hin über mich. Es ist kein Wort, es ist kein Schmerz, es drückt mich nicht, es würgt mich nicht. Nichts ist es, nicht einmal ein Alp, und dennoch, es ist so fürchterlich, daß meine Seele sich wünscht, erhängt zu sein, und jedes Glied in mir schreit nach dem Tod, und dabei leb’ ich und bin nicht einmal krank: Du siehst mich doch: seh’ ich wie eine Kranke? Kann man denn vergehn, lebend, wie ein faules Aas? Kann man zerfallen, wenn man gar nicht krank ist? zerfallen wachen Sinnes, wie ein Kleid, zerfressen von den Motten? Und dann schlaf’ ich und träume, träume, daß sich mir das Mark in den Knochen löst, und taumle wieder auf, und nicht der zehnte Teil der Wasseruhr ist abgelaufen, und was unter’m Vorhang hereingrinst, ist noch nicht der fahle Morgen,

elektra

nein, immer noch die Fackel vor der Tür, die gräßlich zuckt, wie ein Lebendiges und meinen Schlaf belauert. Diese Träume müssen ein Ende … haben … Wer sie immer schickt, ein jeder Dämon läßt von uns, sobald das rechte Blut geflossen ist.

ELEKTRA

Wunderbare Bräuche, und sehr genau zu üben. KLYTÄMNE S TRA

heftig Rede doch!

ELEKTRA

ELEKTRA

Ein jeder!

Kannst du mich nicht erraten?

KLYTÄMNE S TRA

KLYTÄMNE S TRA

wild Und müßt’ ich jedes Tier, das kriecht und fliegt, zur Ader lassen und im Dampf des Blutes aufsteh’n und schlafen gehn, wie die Völker des letzten Thule in blutroten Nebel: ich will nicht länger träumen.

Nein, darum frag’ ich. Elektra gleichsam feierlich beschwörend Den Namen sag’ des Opfertiers! ELEKTRA

Ein Weib!

ELEKTRA

KLYTÄMNE S TRA

Wenn das rechte Blutopfer unter’m Beile fällt, dann träumst du nicht länger!

Von meinen Dienerinnen eine, sag’, ein Kind, ein jungfräuliches Weib? Ein Weib, das schon erkannt vom Manne?

KLYTÄMNE S TRA

ELEKTRA

sehr hastig Also wüßtest du, mit welchem geweihten Tier? –

ruhig Ja! erkannt, das ist’s.

ELEKTRA

KLYTÄMNE S TRA

geheimnisvoll lächelnd Mit einem ungeweihten.

dringend Und wie das Opfer? Und welche Stunde? Und wo?

KLYTÄMNE S TRA

Das drin gebunden liegt?

ELEKTRA

ELEKTRA

ruhig An jedem Ort, zu jeder Stunde des Tags und der Nacht.

Nein, es läuft frei.

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KLYTÄMNE S TRA

KLYTÄMNE S TRA

Und was für Bräuche?

Die Bräuche sag’! Wie brächt’ ich’s dar? Ich selber muß –

elektra

ELEKTRA

KLYTÄMNE S TRA

Nein, diesmal gehst du nicht auf die Jagd mit Netz und mit Beil.

Wer sagt das? ELEKTRA

KLYTÄMNE S TRA

Wer denn? Wer brächt’ es dar?

Mutter, du zitterst ja!

ELEKTRA

KLYTÄMNE S TRA

Ein Mann.

Wer fürchtet sich vor einem Schwachsinnigen.

KLYTÄMNE S TRA

Aegisth?

ELEKTRA

Wie? ELEKTRA

lacht Ich sagte doch, ein Mann!

KLYTÄMNE S TRA

KLYTÄMNE S TRA

Es heißt, er stammelt, liegt im Hofe bei den Hunden und weiß nicht Mensch und Tier zu unterscheiden.

Wer? gib mir Antwort. Vom Hause jemand? Oder muß ein Fremder herbei?

Das Kind war ganz gesund.

ELEKTRA

ELEKTRA

KLYTÄMNE S TRA

zu Boden stierend, wie abwesend Ja, ja, ein Fremder, aber freilich ist er vom Haus.

Es heißt, sie gaben ihm schlechte Wohnung und Tiere des Hofes zur Gesellschaft.

KLYTÄMNE S TRA

ELEKTRA

Gib mir nicht Rätsel auf. Elektra, hör’ mich an. Ich freue mich, daß ich dich heut’ einmal nicht störrisch finde …

Ah!

ELEKTRA

leise Läßt du den Bruder nicht nach Hause, Mutter?

KLYTÄMNE S TRA

mit gesenkten Augenlidern Ich schickte viel Gold und wieder Gold, sie sollten ihn gut halten wie ein Königskind.

KLYTÄMNE S TRA

ELEKTRA

Von ihm zu reden hab’ ich dir verboten.

Du lügst! Du schicktest Gold, damit sie ihn erwürgen.

ELEKTRA

So hast du Furcht vor ihm?

KLYTÄMNE S TRA

Wer sagt dir das?

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elektra

ELEKTRA

ELEKTRA

Ich seh’s an deinen Augen. Allein an deinem Zittern seh’ ich auch, daß er noch lebt, daß du bei Tag und Nacht an nichts denkst als an ihn. Daß dir das Herz verdorrt vor Grauen, weil du weißt: er kommt.

Hinab die Treppen durch Gewölbe hin, Gewölbe und Gewölbe geht die Jagd. Und ich, ich, ich, ich, ich, die ihn dir geschickt, ich bin wie ein Hund an deiner Ferse, willst du in eine Höhle, spring ich dich von seitwärts an. So treiben wir dich fort, bis eine Mauer Alles sperrt, und dort im tiefsten Dunkel, doch ich seh ihn wohl, ein Schatten, und doch Glieder und das Weiße von einem Auge doch, da sitzt der Vater, er achtet’s nicht, und doch muß es geschehn, zu seinen Füßen drücken wir dich hin. Du möchtest schreien, doch die Luft erwürgt den ungebornen Schrei, und läßt ihn lautlos zu Boden fallen, wie von Sinnen hältst du den Nacken hin, fühlst schon die Schärfe zucken bis an den Sitz des Lebens, doch er hält den Schlag zurück, die Bräuche sind noch nicht erfüllt. Alles schweigt, du hörst dein eignes Herz an deinen Rippen schlagen: Diese Zeit – sie dehnt sich vor dir wie ein finstrer Schlund von Jahren – diese Zeit ist dir gegeben zu ahnen, wie es Scheiternden zu Mute ist, wenn ihr vergebliches Geschrei die Schwärze der Wolken und des Todes zerfrißt, diese Zeit ist dir gegeben, alle zu beneiden, die angeschmiedet sind an Kerkermauern, die auf dem Grund von Brunnen nach dem Tod als wie nach Erlösung schrei’n – denn du, du liegst in deinem Selbst so eingekerkert, als wär’s der glühnde Bauch von einem Tier von Erz – und so wie jetzt kannst du nicht schrein! Da steh’ ich vor dir, und nun liest du mit starrem Aug’ das ungeheure Wort, das mir in mein Gesicht geschrieben ist: erhängt ist dir die Seele in der selbstgedrehten Schlinge, sausend fällt das Beil, und ich steh’ da und seh’ dich endlich sterben! Dann träumst du nicht mehr, dann brauche ich

KLYTÄMNE S TRA

Was kümmert mich, wer außer Haus ist. Ich lebe hier und bin die Herrin. Diener hab’ ich genug, die Tore zu bewachen, und wenn ich will: laß ich bei Tag und Nacht vor meiner Kammer drei Bewaffnete mit offenen Augen sitzen. Und aus dir bring’ ich so oder so das rechte Wort schon an den Tag. Du hast dich schon verraten, daß du das rechte Opfer weißt und auch die Bräuche, die mir nützen. Sagst du’s nicht im Freien, wirst du’s an der Kette sagen. Sagst du’s nicht satt, so sagst du’s hungernd. Träume sind etwas, das man los wird. Wer dran leidet und nicht das Mittel findet, sich zu heilen, ist nur ein Narr. Ich finde mir heraus, wer bluten muß, damit ich wieder schlafe. ELEKTRA

mit einem Sprung aus dem Dunkel auf Klytämnestra zu, immer näher an ihr, immer furchtbarer anwachsend Was bluten muß? Dein eigenes Genick, wenn dich der Jäger abgefangen hat. Ich hör ihn durch die Zimmer gehn, ich hör ihn den Vorhang von dem Bette heben: Wer schlachtet ein Opfertier im Schlaf? Er jagt dich auf, schreiend entfliehst du. Aber er, er ist hinterdrein, er treibt dich durch das Haus! Willst du nach rechts, da steht das Bett! nach links, da schäumt das Bad wie Blut, das Dunkel und die Fackeln werfen schwarzrote Todesnetze über dich. Klytämnestra, von sprachlosem Grauen geschüttelt

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elektra

nicht mehr zu träumen, und wer dann noch lebt, der jauchzt und kann sich seines Lebens freun! Sie stehen einander, Elektra in wilder Trunkenheit, Klytämnestra, gräßlich atmend vor Angst, Aug’ in Aug’. In diesem Augenblick erhellt sich der Hausflur. Die Vertraute kommt hergelaufen. Sie flüstert Klytämnestra etwas ins Ohr. Diese scheint erst nicht recht zu verstehen. Allmählich kommt sie zu sich. Sie winkt: »Lichter!« Es laufen Dienerinnen mit Fackeln heraus und stellen sich hinter Klytämnestra. Sie winkt: »Mehr Lichter!« Nun verändern sich ihre Züge allmählich, und die Spannung weicht einem bösen Triumph. Es kommen immer mehr Dienerinnen heraus, stellen sich hinter Klytämnestra, sodaß der Hof voll von Licht wird und rotgelber Schein um die Mauern flutet. Klytämnestra läßt sich die Botschaft abermals zuflüstern und verliert dabei Elektra keinen Augenblick aus dem Auge. Ganz bis an den Hals sich sättigend mit wilder Freude streckt Klytämnestra die beiden Hände drohend gegen Elektra. Dann hebt ihr die Vertraute den Stock auf und, auf beide sich stützend, eilig, gierig, an den Stufen ihr Gewand aufraffend, läuft sie ins Haus. Die Dienerinnen mit den Lichtern, wie gejagt, hinter ihr drein. ELEKTRA

Was sagen sie ihr denn? Sie freut sich ja! Mein Kopf! Mir fällt nichts ein! Worüber freut sich das Weib? Chrysothemis kommt laufend zur Hoftür herein, laut heulend wie ein verwundetes Tier. CHRY S OTHEMI S

schreiend Orest! Orest ist tot!

CHRY S OTHEMI S

Ich kam hinaus, da wußten sie’s schon! Alle standen herum und alle wußten es schon, nur wir nicht. ELEKTRA

dumpf Niemand weiß es. CHRY S OTHEMI S

Alle wissen’s. ELEKTRA

Niemand kann’s wissen, denn es ist nicht wahr. Chrysothemis wirft sich verzweifelt auf den Boden. ELEKTRA

Chrysothemis emporreißend Es ist nicht wahr! Es ist nicht wahr, ich sag’ dir doch, es ist nicht wahr! CHRY S OTHEMI S

Die Fremden standen an der Wand, die Fremden, die hergeschickt sind, es zu melden: zwei, ein Alter und ein Junger. Allen hatten sie’s schon erzählt, im Kreise standen Alle um sie herum, und Alle, mit Anstrengung Alle, wußten es schon. ELEKTRA

ELEKTRA

winkt ihr ab, wie von Sinnen Sei still!

mit höchster Kraft Es ist nicht wahr! CHRY S OTHEMI S

CHRY S OTHEMI S

Orest ist tot! Elektra bewegt die Lippen.

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An uns denkt Niemand. Tot, Elektra, tot! Gestorben in der Fremde! Tot! Gestorben dort in fremdem Land. Von seinen Pferden erschlagen und geschleift. sinkt vor der Schwelle des Hauses an Elektras Seite in wilder Verzweiflung hin

elektra

EIN J UNGER DIENER

CHRY S OTHEMI S

kommt eilig aus dem Haus, stolpert über die vor der Schwelle Liegende hinweg Platz da! Wer lungert so vor einer Tür? Ah! konnt’ mir’s denken! Heda, Stallung! he!

Was, Elektra? ELEKTRA

leise Am besten heut’, am besten diese Nacht.

EIN ALTER DIENER

finsteren Gesichts, zeigt sich an der Hoftür Was soll’s im Stall?

CHRY S OTHEMI S

Was, Schwester?

EIN J UNGER DIENER

ELEKTRA

Gesattelt soll werden, und so rasch als möglich! hörst du? Ein Gaul, ein Maultier oder meinetwegen auch eine Kuh, nur rasch!

Was? Das Werk, das nun auf uns gefallen ist, sehr schmerzlich weil er nicht kommen kann.

EIN ALTER DIENER

CHRY S OTHEMI S

Für wen?

angstvoll steigernd Was für ein Werk?

EIN J UNGER DIENER

Für den, der dir’s befiehlt. Da glotzt er! Rasch, für mich! Sofort, für mich! Trab, trab! Weil ich hinaus muß auf’s Feld, den Herren holen, weil ich ihm Botschaft zu bringen habe, große Botschaft, wichtig genug, um eine eurer Mähren im Abgehen zu Tod zu reiten.

leise, schaudernd Schwester, sprichst du von der Mutter?

Auch der Alte verschwindet.

ELEKTRA

ELEKTRA

Nun müssen du und ich hingehn und das Weib und ihren Mann erschlagen. CHRY S OTHEMI S

CHRY S OTHEMI S

wild Von ihr, und auch von ihm. Ganz ohne Zögern muß es geschehn. Schweig still. Zu sprechen ist nichts. Nichts gibt es zu bedenken, als nur: wie? wie wir es tun.

verwundert fragend Elektra?

CHRY S OTHEMI S

ELEKTRA

vor sich hin, leise und sehr energisch Nun muß es hier von uns geschehn.

Ich? ELEKTRA

alles in fliegender Hast Wir, wir beide müssen’s tun.

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ELEKTRA

Ja, du und ich. Wer sonst?

elektra

CHRY S OTHEMI S

CHRY S OTHEMI S

entsetzt Wir? Wir beide sollen hingehn? Wir, wir zwei mit unsern beiden Händen?

abwehrend Elektra! ELEKTRA

Es schläft Niemand in ihrem Vorgemach.

Du! Du! Denn du bist stark! dicht bei Chrysothemis Wie stark du bist! Dich haben die jungfräulichen Nächte stark gemacht. Überall ist so viel Kraft in dir. Sehnen hast du wie ein Füllen. Schlank sind deine Füße. Wie schlank und biegsam – leicht umschling ich sie – deine Hüften sind. Du windest dich durch jeden Spalt, du hebst dich durch’s Fenster! Laß mich deine Arme fühlen, wie kühl und stark sie sind! Wie du mich abwehrst, fühl’ ich, was das für Arme sind! Du könntest erdrücken, was du an dich ziehst. Du könntest mich oder einen Mann in deinen Armen ersticken, überall ist so viel Kraft in dir. Sie strömt wie kühles, verhaltnes Wasser aus dem Fels. Sie flutet mit deinen Haaren auf die starken Schultern herab! Ich spüre durch die Kühle deiner Haut das warme Blut hindurch, mit meiner Wange spür’ ich den Flaum auf deinen jungen Armen: Du bist voller Kraft, du bist schön, du bist wie eine Frucht an der Reife Tag.

CHRY S OTHEMI S

CHRY S OTHEMI S

Im Schlaf sie morden!

Laß mich!

ELEKTRA

Dafür laß du mich nur sorgen. geheimnisvoll Das Beil, das Beil, womit der Vater – CHRY S OTHEMI S

Du? Entsetzliche, du hast es? ELEKTRA

Für den Bruder bewahrt’ ich es. Nun müssen wir es schwingen. CHRY S OTHEMI S

Du? Diese Arme den Aegisth erschlagen? ELEKTRA

wild Erst sie, dann ihn, erst ihn, dann sie, gleichviel. CHRY S OTHEMI S

Ich fürchte mich. ELEKTRA

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ELEKTRA

ELEKTRA

Wer schläft, ist ein gebundnes Opfer. Schliefen sie nicht zusamm’, könnt’ ich’s allein vollbringen. So aber mußt du mit.

Nein, ich halte dich! Mit meinen traurigen, verdorrten Armen umschling ich deinen Leib, wie du dich sträubst, ziehst du den Knoten nur noch fester, ranken

elektra

will ich mich rings um dich, versenken meine Wurzeln in dich und mit meinem Willen dir impfen das Blut. CHRY S OTHEMI S

Laß mich! Sie flüchtet ein paar Schritte. ELEKTRA

wild ihr nach, faßt sie am Gewand Nein, ich laß dich nicht. CHRY S OTHEMI S

Elektra, hör’ mich! Du bist so klug, hilf uns aus diesem Haus. Hilf uns ins’ Freie! Elektra, hilf uns, hilf uns in’s Freie … ELEKTRA

Von jetzt an will ich deine Schwester sein, so wie ich niemals deine Schwester war! Getreu will ich mit dir in deiner Kammer sitzen und warten auf den Bräutigam. Für ihn will ich dich salben, und in’s duftige Bad sollst du mir tauchen wie der junge Schwan und deinen Kopf an meiner Brust verbergen, bevor er dich, die durch den Schleier glüht wie eine Fackel, in das Hochzeitsbett mit starken Armen zieht. CHRY S OTHEMI S

schließt die Augen Nicht, Schwester, nicht. Sprich nicht ein solches Wort in diesem Haus. ELEKTRA

O ja! Weit mehr als Schwester bin ich dir von diesem Tage an: ich diene dir wie eine Sklavin. Wenn du liegst in Weh’n, sitz ich an deinem Bette Tag und Nacht, wehr’ dir die Fliegen, schöpfe kühles Wasser, und wenn auf einmal auf dem nackten Schoß

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A n n e S C h wa n e w i l m s (C h r y s ot h e m i s , l i n k s) u n d E v e ly n H e r l i t z i u s  (E l e k t r a ) i n d e r n e u e n D r e s d n e r » E l e k t r a «, d i e a m 19. Ja n ua r 2 014 u n t e r C h r i s t i a n T h i e l e m a n n s musik alischer Leitung ihre Premiere erlebte

elektra

dir ein Lebendiges liegt, erschreckend fast, so heb’ ich’s empor, so hoch, damit sein Lächeln hoch von oben in die tiefsten, geheimsten Klüfte deiner Seele fällt und dort das letzte, eisig Gräßliche vor dieser Sonne schmilzt, und du’s in hellen Tränen ausweinen kannst.

ELEKTRA

faßt sie wieder Schwör’, du kommst heut Nacht, wenn alles still ist, an den Fuß der Treppe! CHRY S OTHEMI S

Laß mich! CHRY S OTHEMI S

O bring’ mich fort! Ich sterb’ in diesem Haus! ELEKTRA

an den Knieen der Chrysothemis Dein Mund ist schön, wenn er sich einmal auftut, um zu zürnen! Aus deinem reinen, starken Mund muß furchtbar ein Schrei hervorsprüh’n, furchtbar wie der Schrei der Todesgöttin, wenn man unter dir so daliegt, wie nun ich. CHRY S OTHEMI S

Was redest du?

ELEKTRA

hält sie am Gewand Mädchen, sträub’ dich nicht! Es bleibt kein Tropfen Blut am Leibe haften! Schnell schlüpfst du aus dem blutigen Gewand mit reinem Leib in’s hochzeitliche Hemd. CHRY S OTHEMI S

Laß mich! ELEKTRA

immer dringender Sei nicht zu feige! Was du jetzt an Schaudern überwindest, wird vergolten mit Wonneschaudern Nacht für Nacht.

ELEKTRA

aufstehend Denn eh’ du diesem Haus und mir entkommst, mußt du es tun!

CHRY S OTHEMI S

Chrysothemis will reden, Elektra hält ihr den Mund zu.

Sag, daß du kommen wirst!

Ich kann nicht! ELEKTRA

CHRY S OTHEMI S ELEKTRA

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Ich kann nicht!

Dir führt kein Weg hinaus, als der. Ich laß’ dich nicht, eh’ du mir Mund auf Mund es zugeschworen, daß du es tun wirst.

Sieh, ich lieg’ vor dir und küsse deine Füße.

CHRY S OTHEMI S

CHRY S OTHEMI S

windet sich los Laß mich!

Ich kann nicht! in’s Haustor entspringend

ELEKTRA

elektra

ELEKTRA

ELEKTRA

Sei verflucht! mit wilder Entschlossenheit Nun denn, allein!

Die da drinnen? Du lügst. Weiß ich doch gut, der Herr ist nicht zu Haus. Und sie, was sollte sie mit dir?

Sie fängt an der Wand des Hauses, seitwärts der Türschwelle, eifrig zu graben an, lautlos wie ein Tier. Sie hält mit Graben inne, sieht sich um, gräbt wieder. Sie sieht sich von neuem um und lauscht. Sie gräbt weiter. Orest steht in der Hoftür, von der letzten Helle sich schwarz abhebend. Er tritt herein. Elektra blickt auf ihn, er dreht sich langsam um, so daß sein Blick auf sie fällt: Elektra fährt heftig auf. ELEKTRA

zitternd Was willst du, fremder Mensch? Was treibst du dich zur dunklen Stunde hier herum, belauerst, was andre tun! Ich hab’ hier ein Geschäft. Was kümmert’s dich? Laß mich in Ruh! ORE S T

Ich muß hier warten. ELEKTRA

Warten?

ORE S T

Ich und noch einer, der mit mir ist, wir haben einen Auftrag an die Frau. Wir sind an sie geschickt, weil wir bezeugen können, daß ihr Sohn Orest gestorben ist vor unsern Augen, denn ihn erschlugen seine eignen Pferde. Ich war so alt wie er und sein Gefährte bei Tag und Nacht. ELEKTRA

Muß ich dich noch sehn? Schleppst du dich hierher, in meinen traurigen Winkel, Herold des Unglücks! Kannst du nicht die Botschaft austrompeten dort, wo sie sich freu’n! Dein Aug’ da starrt mich an, und seins ist Gallert. Dein Mund geht auf und zu, und seiner ist mit Erde vollgefropft. Du lebst, und er, der besser war als du, und edler tausendmal, und tausendmal so wichtig, daß er lebte, er ist hin!

ORE S T

Doch du bist hier aus dem Haus? bist eine von den Mägden dieses Hauses? ELEKTRA

Ja, ich diene hier im Haus. Du aber hast hier nichts zu schaffen. Freu dich und geh! ORE S T

Ich sagte dir: ich muß hier warten, bis sie mich rufen.

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ORE S T

ruhig Laß den Orest! Er freute sich zu sehr an seinem Leben. Die Götter droben vertragen nicht den allzuhellen Laut der Lust. So mußte er denn sterben. ELEKTRA

Doch ich! Doch ich! Da liegen und zu wissen, daß das Kind nie wieder kommt, nie wieder kommt. Daß das Kind da drunten in den Klüften

elektra

des Grausens lungert, daß die da drinnen leben und sich freuen, daß dies Gezücht in seiner Höhle lebt und ißt und trinkt und schläft – und ich hier droben, wie nicht das Tier des Waldes einsam und gräßlich lebt – ich hier droben allein!

Elektra! Elektra! So seh’ ich sie? Ich seh’ sie wirklich, du? So haben sie dich darben lassen, oder – sie haben dich geschlagen?

ORE S T

Laß mein Kleid! Wühl nicht mit deinem Blick daran.

ORE S T

ELEKTRA

Wer bist denn du? ORE S T ELEKTRA

Was kümmert’s dich, wer ich bin?

Was haben sie gemacht mit deinen Nächten? Furchtbar sind deine Augen, ELEKTRA

ORE S T

Du mußt verwandtes Blut zu denen sein, die starben, Agamemnon und Orest.

Laß mich! ORE S T

hohl sind deine Wangen! ELEKTRA

Verwandt? Ich bin dies Blut! Ich bin das hündisch vergossene Blut des Königs Agamemnon! Elektra heiß’ ich.

ELEKTRA

Geh’ ins Haus, drin hab’ ich eine Schwester, die bewahrt sich für Freudenfeste auf!

ORE S T

Nein!

ORE S T

Elektra, hör mich! ELEKTRA

Er leugnet’s ab. Er bläst auf mich und nimmt mir meinen Namen.

ELEKTRA

Ich will nicht wissen, wer du bist, ich will Niemand sehn.

ORE S T

Elektra! ELEKTRA

Weil ich nicht Vater hab’,

ORE S T

Hör mich an, ich hab’ nicht Zeit. Hör zu: leise Orestes lebt!

ORE S T

Elektra!

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Elektra wirft sich herum.

ELEKTRA

ORE S T

noch Bruder, bin ich der Spott der Buben!

Wenn du dich regst, verrätst du ihn.

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ELEKTRA

So ist er frei? Wo ist er? ORE S T

Er ist unversehrt wie ich. ELEKTRA

So rett’ ihn doch, bevor sie ihn erwürgen. ORE S T

Bei meines Vaters Leichnam, dazu kam ich her! ELEKTRA

von seinen Ton getroffen Wer bist denn du? Der alte finstre Diener stürzt, gefolgt von drei andern Dienern, aus dem Hof lautlos herein, wirft sich vor Orest nieder, küßt seine Füße, die andern Orests Hände und den Saum seines Gewandes. ELEKTRA

kaum ihrer mächtig Wer bist du denn? Ich fürchte mich. ORE S T

sanft Die Hunde auf dem Hof erkennen mich, und meine Schwester nicht? ELEKTRA

aufschreiend Orest! ganz leise, bebend Orest! Orest! Orest! Es rührt sich Niemand. O laß deine Augen mich sehn, Traumbild, mir geschenktes Traumbild, schöner als alle Träume. Hehres, unbegreifliches, erhabenes Gesicht, o bleib bei mir! Lös’ nicht in Luft dich auf, vergeh mir nicht, vergeh mir nicht,

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R e n é Pa p e (O r e s t ) u n d E v e ly n H e r l i t z i u s (E l e k t r a ) i n d e r D r e s d n e r » E l e k t r a « ( 2 014)

elektra

es sei denn, daß ich jetzt gleich sterben muß und du dich anzeigst und mich holen kommst: Dann sterb’ ich seliger als ich gelebt. Orest! Orest! Orest! Orest neigt sich zu Elektra, sie zu umarmen.

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den hohläugigen Haß als Bräutigam. So bin ich eine Prophetin immerfort gewesen und habe nichts hervorgebracht aus mir und meinem Leib als Flüche und Verzweiflung. Was schaust du ängstlich um dich? Sprich zu mir! Sprich doch! Du zitterst ja am ganzen Leib?

ELEKTRA

ORE S T

heftig Nein, du sollst mich nicht umarmen! Tritt weg! Ich schäme mich vor dir. Ich weiß nicht, wie du mich ansiehst. Ich bin nur mehr der Leichnam deiner Schwester, mein armes Kind. Ich weiß: leise Es schaudert dich vor mir, und war doch eines Königs Tochter. Ich glaube, ich war schön: wenn ich die Lampe ausblies vor meinem Spiegel, fühlt ich es mit keuschem Schauer. Ich fühlt’ es, wie der dünne Strahl des Mondes in meines Körpers weißer Nacktheit badete so wie in einem Weiher. Und mein Haar war solches Haar, vor dem die Männer zittern, dies Haar, versträhnt, beschmutzt, erniedrigt. Verstehst du’s, Bruder? Ich habe Alles, was ich war, hingeben müssen. Meine Scham hab’ ich geopfert, die Scham, die süßer als Alles ist, die Scham, die wie der Silberdunst, der milchige des Monds, um jedes Weib herum ist und das Gräßliche von ihr und ihrer Seele weghält. Verstehst du’s, Bruder? Diese süßen Schauder hab’ ich dem Vater opfern müssen. Meinst du, wenn ich an meinem Leib mich freute, drangen seine Seufzer, drang nicht sein Stöhnen an mein Bette? düster Eifersüchtig sind die Toten: und er schickte mir den Haß,

Laß zittern diesen Leib. Er ahnt, welchen Weg ich ihn führe. ELEKTRA

Du wirst es tun? Allein? Du armes Kind? ORE S T

Die diese Tat mir auferlegt, ELEKTRA

Du wirst es tun! ORE S T

die Götter, werden da sein, mir zu helfen. ELEKTRA

Der ist selig, der tun darf! ORE S T

Ich will es tun, ich will es eilig tun! ELEKTRA

Die Tat ist wie ein Bette, auf dem die Seele ausruht, wie ein Bett von Balsam, drauf die Seele ruhen kann, die eine Wunde ist, ein Brand, ein Eiter, eine Flamme! ORE S T

Ich werde es tun! Ich werde es tun!

elektra

ELEKTRA

sehr schwungvoll Der ist selig, der seine Tat zu tun kommt, selig der, der ihn ersehnt, selig, der ihn erschaut. Selig, wer ihn erkennt, selig, wer ihn berührt. Selig, wer ihm das Beil aus der Erde gräbt, selig, wer ihm die Fackel hält, selig, selig, wer ihm öffnet die Tür. Der Pfleger Orests steht in der Hoftür, ein starker Greis mit blitzenden Augen.

Abermals ein furchtbares Warten. Von ferne tönt drinnen, gellend, der Schrei Klytämnestras. ELEKTRA

schreit auf wie ein Dämon Triff noch einmal! Von drinnen ein zweiter Schrei. Elektra steht in der Tür, mit dem Rücken an die Tür gepreßt. Aus dem Wohngebäude links kommen Chrysothemis und eine Schar Dienerinnen heraus. CHRY S OTHEMI S

Es muß etwas geschehen sein. DER PFLEGER DE S ORE S T

hastig auf sie zu Seid ihr von Sinnen, daß ihr euren Mund nicht bändigt, wo ein Hauch, ein Laut, ein Nichts uns und das Werk verderben kann. zu Orest, in fliegender Eile Sie wartet drinnen. Ihre Mägde suchen nach dir. Es ist kein Mann im Haus. Orest! Orest reckt sich auf, seinen Schauder bezwingend. Die Tür des Hauses erhellt sich. Es erscheint eine Dienerin mit einer Fackel, hinter ihr die Vertraute. Elektra ist zurückgesprungen, steht im Dunkel. Die Vertraute verneigt sich gegen die beiden Fremden, winkt, ihr hinein zu folgen. Die Dienerin befestigt die Fackel an einem eisernen Ring im Türpfosten. Orest und der Pfleger gehen hinein. Orest schließt einen Augenblick schwindelnd die Augen. Der Pfleger ist dicht hinter ihm, sie tauschen einen schnellen Blick, die Tür schließt sich hinter ihnen. Elektra allein, in entsetzlicher Spannung. Sie läuft auf einem Strich vor der Tür hin und her, mit gesenktem Kopf, wie das gefangene Tier im Käfig.

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ER S TE MAGD

Sie schreit so aus dem Schlaf. Z W EITE MAGD

Es müssen Männer drin sein. Ich habe Männer gehen hören. DRITTE MAGD

Alle Türen sind verriegelt. VIERTE MAGD

Es sind Mörder, es sind Mörder im Haus! ER S TE MAGD

schreit auf Oh!

ELEKTRA

Z W EITE u n d DRITTE MAGD, s e c h s a n d e r e DIENERIN n EN

steht plötzlich still Ich habe ihm das Beil nicht geben können! Sie sind gegangen und ich habe ihm das Beil nicht geben können. Es sind keine Götter im Himmel!

Was ist? ER S TE MAGD

Seht ihr denn nicht: dort in der Tür steht einer!

elektra

CHRY S OTHEMI S

ALLE

Das ist Elektra! Das ist ja Elektra!

Zurück! Zurück!

ER S TE , Z W EITE , DRITTE u n d VIERTE MAGD

Sie verschwinden im Hause links. Aegisth tritt rechts durch die Hoftür auf.

Elektra! Elektra! CHRY S OTHEMI S

AEGI S TH

Elektra, warum sprichst du denn nicht?

an der Tür stehend bleibend He, Lichter! Lichter! Ist Niemand da, zu leuchten? Rührt sich keiner von allen diesen Schuften? Kann das Volk mir keine Zucht annehmen?

ER S TE UND Z W EITE MAGD

Warum spricht sie denn nicht! VIERTE MAGD

allein Ich will hinaus, Männer holen! läuft rechts hinaus CHRY S OTHEMI S

Mach uns doch die Tür auf, Elektra! Elektra! s e c h s DIENERINNEN

Elektra, laß uns in’s Haus!

Elektra nimmt die Fackel von dem Ring, läuft hinunter, ihm entgegen, und verneigt sich vor ihm. AEGI S TH

erschrickt vor der wirren Gestalt im zuckenden Licht, weicht zurück Was ist das für ein unheimliches Weib? Ich hab’ verboten, daß ein unbekanntes Gesicht mir in die Nähe kommt! erkennt sie, zornig Was, du? Wer heißt dich mir entgegentreten?

VIERTE MAGD

zurückkommend Zurück! Aegisth! Zurück in unsre Kammern, schnell! Aegisth kommt durch den Hof. Wenn er uns findet,

ELEKTRA

Darf ich nicht leuchten? AEGI S TH

s e c h s DIENERINNEN , ER S TE , Z W EITE u n d DRITTE MAGD

Aegisth!

Nun, dich geht die Neuigkeit ja doch vor allen an. Wo find’ ich die fremden Männer, die das von Orest uns melden?

VIERTE MAGD

und wenn im Hause was geschehen ist, läßt er uns töten! CHRY S OTHEMI S

ELEKTRA

Drinnen. Eine liebe Wirtin fanden sie vor, und sie ergetzen sich mit ihr.

Zurück!

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elektra

AEGI S TH

Und melden also wirklich, daß er gestorben ist, und melden so, daß nicht zu zweifeln ist?

dich störte, will nun endlich lernen, mich im rechten Augenblick zurückzuziehen. Aegisth geht in’s Haus. Stille. Lärm drinnen.

ELEKTRA

AEGI S TH

O Herr! Sie melden’s nicht mit Worten bloß, nein, mit leibhaftigen Zeichen, an denen auch kein Zweifel möglich ist.

erscheint an einem kleinen Fenster, reißt den Vorhang weg, schreiend Helft! Mörder! Helft dem Herren! Mörder, Mörder! Sie morden mich! Hört mich niemand? Hört mich niemand? Er wird weggezerrt.

AEGI S TH

Was hast du in der Stimme? Und was ist in dich gefahren, daß du nach dem Mund mir redest? Was taumelst du so hin und her mit deinem Licht? ELEKTRA

Es ist nichts anderes, als daß ich endlich klug ward und zu denen mich halte, die die Stärkeren sind. Erlaubst du, daß ich voran dir leuchte? AEGI S TH

etwas zaudernd Bis zur Tür. Was tanzest du? Gib Obacht! ELEKTRA

indem sie ihn wie in einem unheimlichen Tanz umkreist, sich plötzlich tief bückend Hier! die Stufen, daß du nicht fällst.

ELEKTRA

reckt sich auf Agamemnon hört dich! Noch einmal erscheint Aegisths Gesicht am Fenster. AEGI S TH

Weh mir! Er wird fortgerissen. Elektra steht, furchtbar atmend, gegen das Haus gekehrt. Die Frauen kommen von links herausgelaufen, Chrysothemis unter ihnen. Wie besinnungslos laufen sie gegen die Hoftür, dort machen sie plötzlich Halt, wenden sich. CHRY S OTHEMI S

Elektra, Schwester! Komm mit uns! O komm mit uns! Es ist der Bruder drin im Haus! Es ist Orest, der es getan hat!

AEGI S TH

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an der Haustür Warum ist hier kein Licht? Wer sind die dort?

Getümmel im Hause, Stimmengewirr, aus dem sich ab und zu die Rufe des Chors: »Orest« bestimmter abheben. (Stimmen hinter der Scene, im Hause: Frauen und Männer)

ELEKTRA

CHRY S OTHEMI S

Die sind’s, die in Person dir aufzuwarten wünschen, Herr. Und ich, die so oft durch freche, unbescheidne Näh’

Komm! Er steht im Vorsaal, alle sind um ihn, und küssen seine Füße.

elektra

Das Kampfgetöse, der tödliche Kampf zwischen den zu Orest haltenden Sklaven und den Angehörigen des Aegisth, hat sich allmählich in die inneren Höfe gezogen, mit denen die Hoftür rechts communiziert. Alle, die Aegisth von Herzen haßten, haben sich geworfen auf die andern, überall, in allen Höfen liegen Tote, alle, die leben, sind mit Blut bespritzt und haben selbst Wunden, und doch strahlen alle, alle umarmen sich und jauchzen. Tausend Fackeln – Draußen wachsender Lärm, der sich jedoch, wenn Elektra beginnt, mehr und mehr nach den äußeren Höfen rechts und im Hintergrunde verzogen hat. Die Frauen sind hinausgelaufen. Chrysothemis allein, von draußen fällt Licht herein. sind angezündet. Hörst du nicht? So hörst du denn nicht?

begeistert Sie fahren dahin wie die Schärfe des Schwerts durch uns, die Götter, CHRY S OTHEMI S

Allen sind die Gesichter verwandelt. Allen schimmern die Augen und die alten Wangen von Tränen! Alle weinen, hörst du’s nicht? ELEKTRA

aber ihre Herrlichkeit ist nicht zu viel für uns! Ich habe Finsternis gesät und ernte Lust über Lust. CHRY S OTHEMI S

Gut sind die Götter, gut! ELEKTRA

auf der Schwelle kauernd Ob ich nicht höre? Ob ich die Musik nicht höre? Sie kommt doch aus mir. Die Tausende, die Fackeln tragen, und deren Tritte, deren uferlose Myriaden Tritte überall die Erde dumpf dröhnen machen, alle warten auf mich: ich weiß doch, daß sie alle warten, weil ich den Reigen führen muß, und ich kann nicht, der Ozean, der ungeheure, der zwanzigfache Ozean begräbt mir jedes Glied mit seiner Wucht, ich kann mich nicht heben.

ELEKTRA

Ich war ein schwarzer Leichnam unter Lebenden, CHRY S OTHEMI S

Es fängt ein Leben für dich und mich und alle Menschen an. ELEKTRA

und diese Stunde bin ich das Feuer des Lebens, und meine Flamme verbrennt die Finsternis der Welt. CHRY S OTHEMI S

Die überschwänglich guten Götter sind’s, die das geben haben. CHRY S OTHEMI S

fast schreiend vor Erregung Hörst du denn nicht? Sie tragen ihn, sie tragen ihn auf ihren Händen!

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ELEKTRA

Mein Gesicht muß weißer sein als das weißglüh’nde Gesicht des Monds.

ELEKTRA

CHRY S OTHEMI S

springt auf, vor sich hin, ohne auf Chrysothemis zu achten Wir sind bei den Göttern, wir Vollbringenden.

Wer hat uns je geliebt?

elektra

ELEKTRA

Wenn einer auf mich sieht, muß er den Tod empfangen oder muß vergehn vor Lust. CHRY S OTHEMI S

Wer hat uns je geliebt? ELEKTRA

Seht ihr denn mein Gesicht? Seht ihr das Licht, das von mir ausgeht? CHRY S OTHEMI S

Nun ist der Bruder da und Liebe fließt über uns wie Öl und Myrrhen. Liebe ist alles, wer kann leben ohne Liebe? ELEKTRA

feurig Ai! Liebe tötet, aber keiner fährt dahin und hat die Liebe nicht gekannt! CHRY S OTHEMI S

Elektra, ich muß bei meinem Bruder stehn! Sie läuft hinaus. Elektra schreitet von der Schwelle herunter. Sie hat den Kopf zurückgeworfen wie eine Mänade. Sie wirft die Kniee, sie reckt die Arme aus: es ist ein namenloser Tanz, in welchem sie nach vorwärts schreitet. CHRY S OTHEMI S

erscheint wieder an der Tür, hinter ihr Fackeln, Gedräng, Gesichter von Männern und Frauen Elektra! ELEKTRA

bleibt stehen, sieht starr auf sie hin Schweig und tanze! Alle müssen herbei! Hier schließt euch an! Ich trage die Last des Glückes, und ich tanze vor euch her.

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E v e ly n H e r l i t z i u s i n d e r T i t e l r o l l e d e r » E l e k t r a «, i m H i n t e r g r u n d A n n e S c h wa n e w i l m s a l s C h r y s ot h e m i s ( 2 014)

Wer glücklich ist, wie wir, dem ziemt nur eins: schweigen und tanzen … Sie tut noch einige Schritte des angespanntesten Triumphes und stürzt zusammen. Chrysothemis zu ihr. Elektra liegt starr. CHRY S OTHEMI S

läuft an die Tür des Hauses, schlägt daran Orest! Orest! Stille Vorhang

elektra

Staatskapelle li e

GET EXCITED AND

WATCH MUSIC „Es genügt nicht, dass man Musik nur hören kann. Man muss Musik auch sehen können“, sagte schon Igor Strawinsky. Folgen Sie Strawinskys Empfehlung und begnügen Sie sich nicht nur mit dem, was Sie hören: Erleben Sie die schönsten Konzerte von Christian Thielemann und der Staatskapelle Dresden auf UNITEL CLASSICA, dem ersten Fernsehsender für die Welt der Klassischen Musik – natürlich in High Definition und mit Surround Sound.

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elektra

I m p r e ss u m

P rem i ere

Sächsische Staatskapelle Dresden Künstlerische Leitung/ Orchesterdirektion

Sächsische Staatskapelle Dresden Chefdirigent Christian Thielemann

Christian Thielemann Chefdirigent

Spielzeit 2013 | 2014

Juliane Stansch Persönliche Referentin von Christian Thielemann

30. Mai 2014

H e r au s g e b e r

Sächsische Staatstheater – Semperoper Dresden © Januar 2014 R e da k t i o n

Dr. Torsten Blaich G e s ta lt u n g u n d L ayo u t

schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Druck

Tobias Niederschlag Konzertdramaturg, Künstlerische Planung Dr. Torsten Blaich Programmheftredaktion, Konzerteinführungen Matthias Claudi PR und Marketing

Union Druckerei Dresden GmbH

Agnes Monreal Assistentin des Orchesterdirektors

Anzeigenvertrieb

Sarah Niebergall Orchesterdisponentin

EVENT MODULE DRESDEN GmbH i.A. der Moderne Zeiten Medien GmbH Telefon: 0351/25 00 670 e-Mail: [email protected] www.kulturwerbung-dresden.de B i l d n ac h w e i s

Historisches Archiv der Semperoper Dresden (Titel, S. 3, 16, 19, 21, 29, 33, 40, 51, 72/73, 86); Matthias Creutziger (S. 6, 9, 13, 14, 47, 52/53, 63, 67, 71, 103, 111, 123); Sammlung Stephan Kohler (S. 23); SLUB Dresden/Deutsche Fotothek (S. 26); Richard-Strauss-Institut, Gar­ misch-Partenkirchen (S. 31); Notenbibliothek der Semperoper Dresden (S. 39); DeutschSorbisches Volkstheater Bautzen/Burgtheater Bautzen/Foto: Wolfgang Wittchen (S. 42/43); Nomi Baumgartl (S. 54); Agentur (S. 55); Javier del Real (S. 56); Barbara Aumüller (S. 57); Claudia Leopold (S. 58); Jochen Klenk (S. 59); Romy Petrick (S. 60); Birgitt Kaiser (S. 61); Chuck Moses (S. 62); Peter Brechtel, Wiesbaden (S. 64); Constance Heller (S. 65); Dada Lin (S. 66); Trevor Goldstein (S. 68); Nadja Mchantaf (S. 69). T e x t n ac h w e i s

Das Interview mit Christian Thielemann erschien erstmals 2013 in einer Spezialausgabe des Magazins »Zeit Reisen« zu den Osterfestspielen Salzburg 2014. Der Text von Micaela v. Marcard ist ein Originalbeitrag für die Publikationen der Semperoper Dresden und erschien vor wenigen Tagen im Programmheft zur Neuproduktion der »Elektra«, Saison 2013/2014; aus diesem Heft übernommen ist auch die Inhalts-

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Jan Nast Orchesterdirektor

Matthias Gries Orchesterinspizient Agnes Thiel Mathias Ludewig Dieter Rettig Notenbibliothek www. s ta at s k a p e l l e - d r e s d e n . d e T e x t n ac h w e i s (f o r t s e t z u n g)

angabe der Oper. Anette Unger schrieb ihren Text als Originalbeitrag für das Programmheft »Elektra« der Bayerischen Staatsoper in München, Spielzeit 1997/1998. Der Brief von Richard Strauss an Ernst von Schuch ist zitiert nach Gabriella Hanke Knaus: Richard Strauss – Ernst von Schuch, Ein Briefwechsel, Berlin 1999. Die weiteren Zitate von Strauss sind entnommen aus Ernst Krause: Richard Strauss, Dokumente, Leipzig 1980.

Giuseppe Verdi Simon Boccanegra

Christian Thielemann Jan Philipp Gloger Bühnenbild Christof Hetzer Kostüme Karin Jud Musikalische Leitung

Inszenierung

I n de n H a uptr o l l e n



Željko Lučić Simon Boccanegra Kwangchul Youn Jacopo Fiesco Markus Marquardt Paolo Albiani Maria Agresta Amelia Ramón Vargas Gabriele Adorno Sächsischer Staatsopernchor Dresden Sächsische Staatskapelle Dresden Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung zur Förderung der Semperoper

Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Die Programmheftredaktion dankt: Micaela v. Marcard, Anette Unger, Stephan Kohler, Bernd Löchelt, Janine Schütz, Lina Schwartzenberger, Dr. Ortrun Landmann, Stefan Ulrich, Tobias Nieder­schlag, Matthias Claudi, Matthias Creutziger, Miri­ am Bothe, Frank Eichfelder und Kathrin Knauer.

PA R T N E R D E R S E M P E R O P E R

PA R T N E R D E R S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N