Tarlot - 2

zähligen Bildern gemalt wurde, gab es für. Vinel nichts mehr daran zu rütteln. Er war nun der festen Überzeugung, Jesus persönlich stünde vor ihm. Und nichts ...
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Robin Geiß

TARLOT Die Existenz Band 2 Fantasy-Thriller

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© 2017 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2017 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Robin Geiß Printed in Germany Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck

ISBN 978-3-8459-2306-2 ISBN 978-3-8459-2307-9 ISBN 978-3-8459-2308-6 ISBN 978-3-8459-2309-3 Mini-Buch ohne ISBN

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TEIL I 01 Kalt. Es war immerzu kalt. Manchmal nahm er es wahr, manchmal nicht. War es Tag oder Nacht? Schien die Sonne oder standen die Sterne am Himmel? Regnete es oder war es trocken? Was ging dort draußen vor sich? Was war auf der Erde los? Was war auf der Welt los? Was war schief gelaufen? Auf all die Fragen, die ihn andauernd beschäftigten hatte er keine Antwort. Er konnte denken, ja. Er spürte, dass sein Körper kälter war, als er es im lebenden Zustand jemals hätte sein dürfen. Er hörte das andauernde schabende kaum wahrnehmbare Geräusch des Wurmes, der sich ihm langsam aber sicher näherte, indem er sich durch die Wand des Sarges fraß. Aber ansonsten wusste oder merkte er nichts. Er hörte nichts von der Außenwelt. Selbst 4

wenn er in seinem Sarg hätte viel hören können, so trennten ihn dennoch knapp zwei Meter Erde von der Erdoberfläche. Und dort oben gab es auch nicht viel zu hören, da er auf dem Mainzer Friedhof lag und jeder im Glauben war, dass sein Geist schon seit längerer Zeit aus seinem Körper geflogen war. Aber dem war nicht so. Seit wievielen Tagen man ihn für Tot hielt, wusste er nicht mehr. Er wusste fast gar nichts mehr. Dieses ständige Geräusch des Wurmes, die Gewißheit, in einem Sarg zu liegen und die andauernde Einsamkeit und Dunkelheit hatten ihn fast komplett durchdrehen lassen. Am Anfang hatte er versucht, sich mit Mathematik abzulenken und ein wenig Fit im Geiste zu halten. Doch als er langsam merkte, dass seine Ergebnisse nicht mehr zutreffend waren, hatte er auch damit aufgehört. Seine Gedanken wirbelten umher. Sie streiften nahezu alles, was er in seinem Leben durchgemacht oder erlebt hatte: eine Klausurprüfung, die Masern, die erste Freundin, 5

seine Wahl zum Ministerpräsidenten, einen Spielplatz, der Biß eines großen Hundes, Einhörner auf einer Wiese, die Missionarsstellung mit seiner Frau, die Hamburger Reeperbahn, ein Hamster der sich in seinem Laufrad überschlug, eine Schießerei, große Steaks in einem Nobelrestaurant, eine Operette, ellenlange Höhlengänge, einen Sonnenuntergang am Meer, die Geburt seiner Tochter, das durchschreiten eines Tores, dem Eingang, die Lackstiefel einer Hure. Alles Gedanken, die blitzschnell kamen und gingen. Nur für den Bruchteil eines Augenblickes erschienen sie in seinem Geiste und verschwanden ebenso urplötzlich wieder. So war es für ihn nach einer gewissen Zeit fast unmöglich, auch nur ansatzweise zusammenhängend zu Denken. Er wurde hin und her gerissen zwischen Gefühlen, die mit diesen Erinnerungen verbunden waren. All diese Dinge, die er sah, all diese Gefühle, die er spürte, hatte er selbst erlebt, doch sie kamen so unzusammenhängend und so zeit6

los, dass es nicht lange dauerte und sein Verstand war so vernebelt und undurchdringlich wie das Hochmoor an einem Sommerlichen Regentag in England. Selbst wenn er sich wie durch ein Wunder hätte wieder bewegen können und aus seinem Sarg entkommen könnte, so wäre er nicht mehr derselbe Mensch gewesen, den man noch vor ein paar Tagen unter die Erde gebracht hatte. Er wäre ein geistiges Wrack gewesen, das nur sabbernd und vor sich hinstammelnd in der Weltgeschichte umhergeblickt hätte. Vielleicht hätte sich nach einiger Zeit wieder eine Besserung ergeben, aber Kurt Brenner konnte sich nicht bewegen. Er würde sich nie mehr bewegen können. Nach den Maßstäben eines Menschen war er Tot. Sein Körper fing an zu verfaulen. Wenn der Wurm in nicht allzu ferner Zukunft den Weg durch die Sargwand gefunden hatte, würde die Zersetzung seines Körpers noch ein wenig vorangetrieben werden. 7

Kurt Brenner war tot. Sein Geist wurde lediglich von einer höheren Macht in seinem Körper festgehalten. Diese Macht, diese Kraft behielt seinen Geist in dem Körper. Und Kurt Brenner konnte weiterhin alles wahrnehmen und spüren, als wäre er nur gelähmt. Zwischen all seinen verwirrten Gedanken stachen aber zwei Gedanken immer wieder hervor. Zwei einzelne Wörter kamen andauernd hindurch. Er konnte in seinem verwirrten Zustand nichts mehr mit diesen Namen anfangen. Sicher, hätte er sich ein wenig konzentriert, wäre ihm zumindest die Bedeutung des Wortes „Verrat“ eingefallen, welches eines der beiden Wörter war, die immer wieder zu ihm durchdrangen. Und vielleicht wäre es ihm sogar möglich gewesen, seine Gedanken soweit zu ordnen, bis ihm wieder eingefallen wäre, was es mit dem zweiten Namen auf sich hatte. Aber er hatte sich aufgegeben. Nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist. Seinen 8

Körper hätte er eh nicht mehr retten können. Aber seinen Geist hatte er freiwillig aufgegeben, da es ihm an dem nötigen Kampfgeist und Willen fehlte. Und er würde in der Zeit, in der er von dieser höheren Macht hier festgehalten wurde, nur noch mehr in den Wahnsinn getrieben werden. Und somit sagte ihm das zweite Wort, welches ständig hervorstieß, wie eine vergessene Sicherheitsnadel an einem Anzug, die einen bei jeder Bewegung in den Arm sticht, ebenfalls nichts. Er vernahm den Klang der beiden Wörter innerlich zwischen all seinen Erlebnissen der Vergangenheit. Verrat und Ustorian.

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02 Mit einem Stöhnen auf den Lippen, dass fast gänzlich unter dem Piepen der vielen elektrischen Geräte in diesem Raum unterging, schlug Polizeihauptkommissar Paul Vinel die Augen auf. Sein Atem ging flach und sehr schnell. Er hörte verschiedene elektrische Geräte, die ihn, wie er vermutete, künstlich am Leben hielten. Er spürte einen sehr unangenehmen Schlauch in der Nase. Jedoch konnte er nun alleine Atmen. Paul versuchte einen Arm zu heben, um diesen widerwärtigen Schlauch aus der Nase zu ziehen. Erst jetzt bemerkte er, das in seinem Arm eine Infusionsnadel steckte. Und bei dem Versuch, den Arm zu heben, zuckte er vor heftigen Schmerzen in seiner linken Hüfte zusammen. Nun kam auch langsam die Erinnerung wieder zurück. Dieser verfluchte Scheißkerl 10

Schwarz hatte ihm eine Kugel verpasst. Ja, dieser miese gottlose Hurensohn hatte ihm diese Kugel verpasst. Oh dieses schleimige.... Paul’s Gedanken rissen ab, da er einen sehr grellen Lichtschein auf der linken Seite des Raumes bemerkte. Er versuchte dorthin zu schielen, jedoch reichte der Blickwinkel seiner Augen nicht aus, in diese Richtung zu schauen. Also versuchte Vinel, seinen Kopf so weit zu drehen, dass er sehen konnte, was es mit dem Licht auf sich hatte. Die einzigen Lichtquellen, die dieser Raum ansonsten aufwies waren eigentlich nur die elektronischen Anzeigen an den vielen Geräten. Man hatte hier kein Licht brennen lassen, da man davon ausging, dass er, wenn überhaupt, sobald eh nicht wieder aufwachte. Paul drehte seinen Kopf ein wenig und verspürte abermals einen Schmerz. Diesmal in seinem Hals. Der Schmerz kam von seiner immer noch nicht verheilten Wunde am Hals. Jedoch war dieser Lichtschein so mysteriös, das Paul trotz seiner Schmerzen den Kopf 11

immer weiter drehte und damit anfing, immer heftiger zu atmen. An einem Gerät blinkte nun eine rote Lampe. Ein paar Zimmer weiter ging nun ein Alarm an, der der Nachtschwester deutlich machen sollte, dass sich der Zustand dieses Patienten erheblich verändert hatte. Wäre diese Nachtschwester nicht gerade kurz vor einem Orgasmus mit ihrem nächtlichen Liebhaber gewesen, so hätte sie auch sofort darauf reagiert. Paul sah genau in den Lichtschein, jedoch musste er die Augen so fest zusammenkneifen, dass er fast nichts ausmachen konnte, als dieses schmerzlich grelle Licht, dass, so wie es schien, in der Mitte des Raumes einfach so entstand. Jetzt sterbe ich. Jetzt bin ich gleich tot. Das Böse hatte die Überhand gewonnen, Satan seine Jünger ausgeschickt, ihn zu töten. Einmal war es ihm mißlungen. Doch durch die Hand dieses Thomas Schwarz war er nun doch hingerichtet worden. Und nun sah er in dieses grelle Licht, dass seine Seele mit auf 12

eine lange Reise nehmen würde und er endlich den Platz neben seinem Schöpfer einnehmen sollte. Sein Schöpfer, Gott, der Allmächtige, dem er sein ganzes Leben lang so treu gedient hatte. Vinel lag da mit einem schmerzverzerrten Gesicht und hatte trotzdem ein Lächeln auf den Lippen. Dann sah er eine Silhouette in dem Licht. Er konnte aufgrund der heftigen Lichteinstrahlung nur die Umrisse ausmachen, aber diese waren eindeutig menschlich. Zumindest die Umrisse. Und Paul wusste genau, wer dort in dem Lichtschein stand. Es war der Sohn Gottes. Der ihn persönlich zu seiner Reise empfing. Der ihn begleiten würde. Ja, weil er die ganzen Jahre Gottes Werk vollbracht hatte und den Menschen wie eine Offenbarung gegenüber getreten war hatte er das Privileg, durch Gottes Sohn persönlich zu seinem rechtmäßigen Platz im Himmel gebracht zu werden. 13

Und da bewegte sich Jesus auf ihn zu. Er konnte noch immer keine Gesichtszüge erkennen oder ein anderes Detail an ihm ausmachen aber er erkannte jetzt eindeutig, dass es ein menschlicher Körper war. Und als dieser Körper nun auch noch die rechte Hand etwas anhob, so wie der Sohn Gottes auf unzähligen Bildern gemalt wurde, gab es für Vinel nichts mehr daran zu rütteln. Er war nun der festen Überzeugung, Jesus persönlich stünde vor ihm. Und nichts und niemand hätte ihn nun noch von dem Gegenteil überzeugen können. Also sprach der Herr: „Vinel. Paul Vinel. Du wirst mein Werkzeug sein. Ich werde dich vielleicht noch brauchen. Du warst mir dein ganzes Leben lang treu ergeben und dafür sollst du auch belohnt werden. Doch bevor du deinen Lohn und einen Platz im Himmel erhältst, sollst du noch eine große Aufgabe bewältigen. Und dafür brauche ich dich. Meinen treuesten Diener. Also höre genau zu......“ 14

Und Vinel hörte zu. Er hörte sehr genau zu. Und wie er zuhörte, wusste er, das seine Schmerzen nur von einem vergänglichen, bald nutzlosen Körper herrührten. Und er lernte, diese Schmerzen zu verdrängen, da er von Gott eine Aufgabe übertragen bekam. Gott benötigte seine Hilfe. Was waren da schon körperliche Schmerzen? Während die Gestalt mit einer intensiven, Ruhe ausstrahlenden Stimme auf Vinel einsprach, befreite sich dieser von den Schläuchen und Infusionsnadeln und richtete langsam seinen Körper auf. Als Vinel fast ganz aufgerichtet in dem Raum stand, hatte die Nachtschwester ihren Orgasmus hinter sich und unter den letzten heftigeren Atemstößen nahm sie den leisen Alarm aus dem Nebenzimmer war. Da diese junge Frau schon immer ein sehr egoistisch veranlagter Mensch war, verfluchte sie noch ihren Liebhaber, wie er sowas machen konnte und rannte aus dem Zimmer. Der Liebhaber stand verdutzt mit runtergelassener 15