Laryngektomie: Selbsthilfegruppen für Kehlkopflose ... AWS

Bei einer radikalen Neck dissection werden die gesamten Lymphgefäße und Lymphknoten des Halses ein- schließlich des umliegenden Gewebes entfernt. Dies kann allerdings nur einseitig durchgeführt werden, jedoch in Verbindung mit einer funktionellen Neck dissection auf der anderen Seite. Die Halsausräumung führt ...
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Josephin Gerstenhauer

Laryngektomie Selbsthilfegruppen für Kehlkopflose und ihre Bedeutung für die Rehabilitation

Diplomica Verlag

Josephin Gerstenhauer Laryngektomie: Selbsthilfegruppen für Kehlkopflose und ihre Bedeutung für die Rehabilitation ISBN: 978-3-8366-4430-3 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ........................................................................................................... 1

2 Laryngektomie- Medizinische Aspekte............................................................ 5 2.1 Medizinische Behandlungsmethoden ........................................................... 5 2.1.1 Kehlkopfteilentfernung............................................................................ 5 2.1.2 Kehlkopftotalentfernung ......................................................................... 6 2.1.3 Strahlentherapie ..................................................................................... 8 2.1.4 Chemotherapie ....................................................................................... 8 2.2 Funktionsveränderungen .............................................................................. 9

3 Zur Rehabilitation ............................................................................................ 11 3.1 Aspekte einer umfassenden Rehabilitation ................................................. 12 3.2 Rehabilitationsverlauf.................................................................................. 13 3.2.1 Präoperative Phase .............................................................................. 14 3.2.2 Postoperative Phase ............................................................................ 16 3.2.3 Ambulante Rehabilitation ..................................................................... 17 3.2.4 Rehabilitationsverlauf im interdisziplinären Team ................................ 18 3.3 Stimmliche Rehabilitation............................................................................ 19 3.3.1 Ösophagusstimme ............................................................................... 20 3.3.2 Stimmprothese ..................................................................................... 21 3.3.3 Elektronische Sprechhilfe ..................................................................... 23 3.3.4 Resümee .............................................................................................. 24 3.4 Zur psychosozialen Situation ...................................................................... 25 3.4.1 Resümee .............................................................................................. 31 3.5 Rehabilitation aus Sicht der Betroffenen ..................................................... 32 3.6 Zusammenfassung ..................................................................................... 34

4 Selbsthilfe ........................................................................................................ 36 4.1 Begriffsklärung ............................................................................................ 36 4.2 Organisationsformen................................................................................... 37 4.3 Selbsthilfegruppen ...................................................................................... 40 4.3.1 Entstehungsbedingungen..................................................................... 40 4.3.2 Beitrittsmotive und Ziele von Mitgliedern .............................................. 42 I

Inhaltsverzeichnis

4.3.3 Wirkungen ............................................................................................ 43 4.3.4 Arbeitsweise ......................................................................................... 45 4.3.5 Zusammenarbeit mit Fachleuten .......................................................... 47 4.3.6 Möglichkeiten und Grenzen.................................................................. 47

5 Selbsthilfevereinigungen ................................................................................ 50 5.1 Selbsthilfe im Krebsbereich ........................................................................ 50 5.2 Bundesverband der Kehlkopflosen und Kehlkopfoperierten ....................... 51 5.3 Bezirksverein der Kehlkopfoperierten Dortmund ........................................ 53 5.4 Forum für Kehlkopflose ............................................................................... 53

6 Eigene empirische Untersuchung ................................................................. 55 6.1 Darstellung der Untersuchungsmethode..................................................... 55 6.1.1 Prinzipien und Instrumente des problemzentrierten Interviews ............ 57 6.2 Begründung der Untersuchungsmethode ................................................... 58 6.3 Fragestellung und Zielsetzung .................................................................... 59 6.4 Interview-Leitfaden ..................................................................................... 59 6.4.1 Aufbau und Inhalt ................................................................................. 60 6.5 Auswahl der Befragten und Kontaktaufnahme............................................ 63 6.6 Durchführung der Interviews ....................................................................... 65 6.7 Aufbereitung der gewonnenen Daten ......................................................... 66 6.8 Auswertungsmethode ................................................................................. 67 6.8.1 Strukturierende qualitative Inhaltsanalyse ............................................ 67 6.9 Zur Auswertung der Interviews ................................................................... 68 6.9.1 Kurze Vorstellung der Interviewteilnehmer ........................................... 68 6.9.2 Auswertung nach Kategorien ............................................................... 72 6.9.3 Zusammenfassung ............................................................................... 97 7 Schlussbetrachtung ...................................................................................... 102 Glossar .............................................................................................................. 104 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 106 Anhang .............................................................................................................. 113

II

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Situation vor und nach der Operation ............................................... 9 Abbildung 2: Rehabilitationsverlauf ..................................................................... 14 Abbildung 3: Schema des Sprechens mit der Speiseröhre ................................. 20 Abbildung 4: Funktionsprinzip der Stimmprothese .............................................. 22 Abbildung 5: Sprechen mit einer elektronischen Sprechhilfe .............................. 23 Abbildung 6: Rehabilitationsverlauf mit Fokus auf die Arbeit der Selbsthilfezusammenschlüsse ............................................................................. 35 Abbildung 7: Theoriemodell zu den Entstehungsbedingungen von Selbsthilfegruppen ............................................................................................... 41 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Organe und ihre funktionellen Veränderungen nach totaler Laryngektomie ...................................................................................................... 10

III

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis AHB .................................. Anschlussheilbehandlung GdB .................................. Grad der Behinderung griech. .............................. Griechisch Gy ..................................... Gray KOV .................................. Kehlkopfoperiertenverein lat. ................................... Lateinisch LE ..................................... Laryngektomie OP .................................... Operation PE .................................... pharyngo esophageal PEG .................................. Perkutane endoskopische Gastrostomie

IV

Kapitel 1

Einleitung

1 Einleitung Unter dem medizinischen Fachausdruck Laryngektomie (lat. larynx: Kehlkopf, griech. ektomie: herausschneiden) versteht man die vollständige operative Entfernung des Kehlkopfes vom Zungengrund bis zur Trachea (vgl. Dicks 2007, S. 21). Dieser schwerwiegende Eingriff, welcher aufgrund einer bösartigen Tumorerkrankung im Bereich des Larynx oder des Hypopharynx dringend notwendig ist, bringt nicht nur körperliche und funktionelle Veränderungen mit sich, sondern hat zugleich Auswirkungen auf psychosoziale Bereiche (vgl. ebd., S. 17; Deutsche Krebshilfe 2007, S. 26).

Der Kehlkopfkrebs zählt zu den häufigsten bösartigen Tumoren in der Kopf-HalsRegion (vgl. Robert Koch-Institut 2008, S.43). Jährlich erkranken in Deutschland ca. 3000 Männer und 400 Frauen zwischen 50 und 70 Jahren an Kehlkopfkrebs (vgl. Robert Koch-Institut 2008, S.43). Risikofaktoren für die Entstehung von Kehlkopfkarzinomen sind Nikotin, Alkohol, Schadstoffe (z.B. Chrom, Uran, Asbest und Abgase), chronische Infekte der oberen Luftwege und Mangelernährung. Es ist allerdings davon auszugehen, dass ein Zusammenwirken von mehreren Risikofaktoren maßgeblich für die Erkrankung ist (vgl. Dicks 2007, S.18).

Da eine Kehlkopfentfernung den Verlust der Stimme zur Folge hat, steht während des Rehabilitationsprozesses das Erlernen einer neuen Ersatzstimme im Vordergrund (vgl. Plath 1994, S. 340). Darüber hinaus ist der Betroffene der Diagnose „Krebs“, der Operation und den daraus resultierenden körperlichen Veränderungen auch psychischen sowie sozialen Belastungen ausgesetzt, die eine ganzheitliche Rehabilitation erforderlich machen (Werner et al. 1989, S. 95). Selbsthilfegruppen leisten dabei eine wichtige Unterstützung, indem sie bestehende Lücken unseres gesundheitlichen Versorgungssystems füllen und notwendige Ergänzungen schaffen (van Kampen & Vogt 1996, S.199). So können sie beispielsweise für eine bessere Bewältigung der Krankheit sorgen oder die Betroffenen bei krankheitsbedingten Problemen unterstützen.

Welchen Beitrag Selbsthilfegruppen während der Rehabilitation im Einzelnen für die Betroffenen leisten, wird in der vorliegenden Arbeit untersucht. Zudem soll die 1

Kapitel 1

Einleitung

Frage geklärt werden, inwieweit sich die Bedeutung der Selbsthilfegruppe im Laufe der Zeit für die Mitglieder verändert hat. Zur Beantwortung dieser Fragestellungen, welche einen persönlichen Bezug der Befragten erfordern, wurde die Form eines qualitativen Interviews gewählt und ein Interview-Leitfaden erstellt. Ziel dieser Arbeit ist es, die rehabilitative Bedeutung der Selbsthilfegruppen von Mitgliedern zu erfragen und aufzuzeigen. Dabei werden Betroffene aus zwei unterschiedlich organisierten Selbsthilfegruppen befragt, d.h. Mitglieder aus dem Bezirksverein der Kehlkopfoperierten Dortmund e.V., als Mitglied einer Selbsthilfeorganisation sowie Teilnehmer aus dem Forum für Kehlkopflose im Klinikum Dortmund, welche als professionell geleitete Selbsthilfegruppe fungiert.

Während eines Praktikums in der logopädischen Abteilung der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik im Klinikum Dortmund hatte ich die Möglichkeit, den Bereich der Laryngektomie etwas näher kennen zu lernen, indem ich Patienten vor und nach der Operation begleitete. Bei der Entlassung der Patienten hatte ich vermehrt das Gefühl, dass aufgrund der physischen und psychischen Belastungen und Veränderungen, die der Eingriff mit sich bringt, es leicht zu einer Überforderung des Patienten kommen kann. Dabei haben sich mir folgende Fragen gestellt: Von wem kann der Patient zukünftig Unterstützung bekommen? Wer hilft ihm bei Alltagsproblemen, Problemen mit den Hilfsmitteln oder im Umgang mit der Krankheit? An wen kann er sich wenden, wenn er Fragen hat oder nicht mehr weiter weiß? Ferner konnte ich an dem Forum für Kehlkopflose teilnehmen, welches aus einer Gruppe von Betroffenen besteht und für stationäre Patienten ein besonderes Angebot darstellt. Auch nach meinem Praktikum nahm ich weiter an dem Forum teil und profitierte von den Gesprächen der Teilnehmer. Dabei fiel mir auf, dass das Thema der Selbsthilfe immer wieder zur Sprache kam, was mich zu dem Thema dieser Arbeit inspirierte.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich einführend mit medizinischen Aspekten zur Laryngektomie. Als Erstes wird ein Überblick über die medizinischen Behandlungsmethoden gegeben. Danach folgen eine kurze Beschreibung und eine Übersicht über die funktionellen Veränderungen nach einer Kehlkopftotalentfernung.

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Kapitel 1

Einleitung

Im dritten Kapitel wird auf Aspekte der Rehabilitation nach einer Laryngektomie eingegangen. Dabei werden die Inhalte einer umfassenden Rehabilitation dargelegt und ein Überblick über den Rehabilitationsverlauf gegeben. Da die stimmliche Rehabilitation einen wesentlichen Bestandteil ausmacht, bleibt auch diese nicht unerwähnt. Die psychischen und sozialen Belastungen, denen Laryngektomierte nach der Operation ausgesetzt sind, werden im Anschluss thematisiert. Danach wird anhand zweier Studien aufgeführt, wie Kehlkopflose die Rehabilitation aus ihrer Perspektive sehen. Abschließend werden die wichtigsten Punkte noch einmal zusammengefasst.

Der Aspekt der Selbsthilfe wird im vierten Kapitel behandelt. Nach einer kurzen Klärung darüber was man unter dem Begriff Selbsthilfe versteht, folgt eine Übersicht über die bestehenden Organisationsformen, wobei hier auf die Selbsthilfegruppen näher eingegangen wird.

In Vorbereitung auf die eigene Untersuchung wird im fünften Kapitel der Bundesverband der Kehlkopflosen und Kehlkopfoperierten e.V. mit dem Bezirksverein der Kehlkopfoperierten in Dortmund und das Forum für Kehlkopflose des Dortmunder Klinikums vorgestellt.

Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit der im Rahmen der Studie durchgeführten Untersuchung. Nach der Darstellung und Begründung der angewendeten Untersuchungsmethode wird der für die Interviews verwendete Interview-Leitfaden vorgestellt. Anschließend wird auf die Kontaktaufnahme und die Durchführung der Interviews eingegangen. Nach einer theoretischen Ausführung der Auswertungsmethode folgt dann die inhaltliche Auswertung nach den Kategorien.

Das 7. Kapitel schließt mit einer Schlussbetrachtung und einem Ausblick der Arbeit ab.

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Kapitel 1

Einleitung

Anmerkung

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit des Textes wird bei der Bezeichnung von Personen und Berufsgruppen ausschließlich die männliche Form verwenden, wobei diese das weibliche Geschlecht mit einbezieht. So sind bei der Verwendung des Begriffs „Laryngektomierter“ beide Geschlechter gemeint. Da Kehlkopflose sowohl von Logopäden, als auch von Sprachtherapeuten therapeutisch betreut werden können, werden der Vollständigkeit wegen im Text beide Berufsbezeichnungen zusammen erwähnt. Des Weiteren werden Rechtschreibfehler in den Zitaten, die sich nach der alten Rechtschreibung richten, nicht berücksichtigt.

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Kapitel 2

Laryngektomie- Medizinische Aspekte

2 Laryngektomie- Medizinische Aspekte In diesem Kapitel werden einführend und in kurzer Darstellung medizinische Aspekte aufgeführt, welche zu einem besseren Verständnis der nachfolgenden Kapitel beitragen sollen. Beginnend mit den medizinischen Behandlungsmethoden wird im zweiten Punkt auf die postoperativen Funktionsveränderungen eingegangen.

2.1 Medizinische Behandlungsmethoden Wird Kehlkopfkrebs diagnostiziert, muss möglichst schnell gehandelt werden. Für die Therapie eines malignen Tumors stehen den Ärzten unterschiedliche Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dazu zählen die verschiedenen Operationsverfahren, die Strahlentherapie sowie die Chemotherapie. Bei der chirurgischen Behandlung gibt es neben der vollständigen Entfernung des Kehlkopfes auch die Möglichkeit einer Teilresektion (vgl. Glunz & Stappert 2006, S. 25f).

2.1.1 Kehlkopfteilentfernung Aufgrund der Verbesserung der Frühdiagnostik und der operativen Fortschritte, wie z.B. der Laser-Mikrochirurgie, ist es heute möglich schonend zu operieren oder lediglich Teile des Kehlkopfes zu entfernen. Eine Teilresektion ist allerdings nur dann durchführbar, wenn der Tumor einen bestimmten Umfang noch nicht überschritten hat (vgl. Glunz & Stappert 2006, S. 25f). Es sollte auch gewährleistet sein, dass nach der Operation die Atem- und Schluckfunktionen erhalten bleiben. Kehlkopfteilentfernungen werden heute überwiegend mit dem Laser praktiziert, da durch ihn ein präzises Schneiden möglich ist und das Organ somit weitestgehend mit seinen Funktionen erhalten bleibt. Der Eingriff erfolgt von innen durch den Mund über ein Laryngoskoprohr. Diese mikrochirurgische Vorgehensweise gehört zu den minimal-invasiven Verfahren, mit dessen Hilfe lediglich kleinste operative Verletzungen entstehen, die zu einer raschen Genesung mit geringen Beschwerden führen. Zu den am häufigsten durchgeführten Teilresektionen gehört die Chordektomie, auch Stimmbandentfernung genannt (vgl. Plath 1994, S. 330; Deutsche Krebshilfe 2007, S. 35). Da die Kehlkopfteilresektion organ- und funktionserhaltend ist, bietet sie gegenüber der Totalentfernung erhebliche Vorteile (Er5

Kapitel 2

Laryngektomie- Medizinische Aspekte

haltung der Stimmfunktion). Sie wird deshalb als bevorzugte Behandlungsmethode bei entsprechender Indikation eingesetzt (vgl. ebd., S. 35f).

2.1.2 Kehlkopftotalentfernung Wenn eine Kehlkopfteilresektion aufgrund der Größe, Lage und Metastasierung des Tumors nicht mehr möglich ist, dann ist eine komplette Entfernung des Kehlkopfes, als lebensrettende Maßnahme, unumgänglich (Motzko et al. 2004, S. 24). Bei folgenden Erkrankungsstadien sollte eine Laryngektomie erfolgen: •

bei supraglottischen Karzinomen mit Glottisausdehnung oder ausgedehntem Wachstum in den Zungengrund,



glottischen Karzinomen mit Befall beider Aryknorpel, ausgedehntem beidseitigen Befall mit beidseits aufgehobener oder reduzierter Stimmlippenbeweglichkeit,



Einbruch in die Umgebung,



Durchwachsung des Knorpelskeletts,



Übergreifen von Hypopharynxkarzinomen und



bei Resttumoren nach strahlentherapeutischer oder chirurgischer Behandlung (vgl. Glunz et al. 2004, S. 30).

Wird einer der genannten Punkte diagnostiziert, so muss sich der Patient einer ca. vier- bis sechsstündigen Operation unterziehen, bei welcher neben dem Kehlkopf auch das Zungenbein und die prälaryngealen Muskeln herausoperiert werden (vgl. Dicks 2007, S.21). Im Falle eines Befalls der Halslymphknoten oder zur Verhinderung der Metastasierung muss darüber hinaus noch eine Halsweichteilausräumung (Neck dissection) durchgeführt werden. Nach der Entfernung des Larynx besteht zwischen dem Atem- und Speiseweg keine Trennung mehr. Da dieser Zustand für den Patienten lebensbedrohlich wäre, wird am Hals, oberhalb des Brustbeines eine Atemöffnung angelegt (Tracheostoma), in die die Luftröhre eingenäht wird. Zur Stabilisierung des Stomas wird in den ersten Wochen und Monaten ein Metall- oder Kunststoffrohr, eine so genannte Trachealkanüle, eingesetzt. Des Weiteren wird die Hinterwand des Rachens durch eine Naht vom Luftweg getrennt (vgl. Plath 1994, S. 334ff). Während der Operation wird der Patient über das Tracheostoma intubiert und es wird eine nasogastrale Sonde oder eine Perkutane 6

Kapitel 2

Laryngektomie- Medizinische Aspekte

endoskopische Gastrostomie (PEG-Sonde) gelegt, über die die Ernährung in der Zeit der Wundheilung stattfindet (vgl. Glunz & Stappert 2006, S. 28; www.kehlkopfoperiert-bv.de).

Mit dem Verlust des Kehlkopfes verliert der Patient seine Stimme, jedoch nicht seine Sprachfähigkeit. Unmittelbar nach der Operation ist für ihn die Verständigung auf Zeichensprache und Schriftsprache reduziert. Durch Bewegungen der Lippen, des Unterkiefers, der Zunge und dem Gebrauch der Restluft im Mund ist es möglich, sich flüsternd zu verständigen. Aufgrund dieser Technik, welche sich vom normalen Flüstern unterscheidet, spricht man hier von einem Pseudoflüstern. Nach 10-14 Tagen ist die Wundheilung abgeschlossen und es kann mit dem Erlernen der Ersatzstimme begonnen werden (vgl. Dicks 2007, S.22).

Neck dissection Neck dissection ist ein Begriff aus der Chirurgie und bezeichnet eine einseitige oder beidseitige Ausräumung der Halslymphknoten bei bestehenden Lymphknotenmetastasen. Da Kehlkopfkarzinome fast ausschließlich in die Lymphknoten des Halses metastasieren, ist neben einer Laryngektomie oft zusätzlich eine Halsdissektion notwendig (vgl. Kürvers 1997, S. 56). Je nach Sitz und Ausdehnung des Tumors gibt es zwei Formen der Halsausräumung: Bei einer funktionellen Neck dissection (…)„werden das Fettgewebe und das lymphatische Gewebe von der Klavikula bis zum horizontalen Unterkieferast und vom Vorderrand des Musculus trapezius bis zur Halsmitte ausgeräumt“ (…) (ebd., S. 58). Wichtige Blutgefäße, Nerven und Muskeln werden nicht entfernt. Bei einer radikalen Neck dissection werden die gesamten Lymphgefäße und Lymphknoten des Halses einschließlich des umliegenden Gewebes entfernt. Dies kann allerdings nur einseitig durchgeführt werden, jedoch in Verbindung mit einer funktionellen Neck dissection auf der anderen Seite. Die Halsausräumung führt beim Patienten zwangsläufig zu funktionellen Beeinträchtigungen im Kopf-Hals-Schultergürtelbereich. So entstehen motorische Einschränkungen, wie z.B. die Drehung und Neigung des Kopfes, das Schulter- bzw. Armheben, Verkürzungen der Muskulatur und Fehlhaltungen des Kopfes und der Wirbelsäule (vgl. ebd., S. 56ff).

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Kapitel 2

Laryngektomie- Medizinische Aspekte

2.1.3 Strahlentherapie Die Bestrahlung (Radiatio) wird bei der Behandlung bösartiger Tumorerkrankungen eingesetzt und somit auch bei der Behandlung von Larynx- und Hypopharynxkarzinomen. Die verabreichte Strahlung ist ionisierend und hochenergetisch und wird in eine Dosiseinheit eingeteilt, die man Gray (Gy) nennt. Das Ziel ist es die Tumorzellen in der jeweilig betroffenen Körperregion zu erfassen und vollständig zu zerstören. Je nach Ausmaß und Lokalisation des Tumors wird sie als alleiniges oder zusätzliches Therapieverfahren angewendet (vgl. Glunz et al. 2004, S.25f). Eine alleinige Radiatio wird vor allem dann gegenüber einem operativen Eingriff bevorzugt, wenn sich der Tumor in einem recht frühen Stadium befindet (vgl. Kürvers 1997, S.64). Indikationen für eine primäre Bestrahlung wären ein großes Narkoserisiko für den Patienten, ein hohes morbides Alter oder ein fehlender Operationswille. Eine kombinierte Strahlentherapie kann vor einer Operation (präoperativ) und/oder nach einer Operation (postoperativ) erfolgen. Nebenwirkungen einer radiologischen Behandlung können sein: Hautverfärbung, Mundtrockenheit, Veränderung oder Verlust der Geschmacksempfindungen, Schleimhautentzündungen im Mund oder Rachen, Haarausfall und Müdigkeit. In der Regel klingen diese drei Monate nach Beendigung der Bestrahlung wieder ab. Um Entzündungen im Kieferknochenbereich vorzubeugen, müssen vor Beginn der Strahlentherapie kranke Zähne extrahiert werden. Da eine zahnprothetische Versorgung aber erst nach dem Schwinden der Bestrahlungsfolgen durchgeführt werden kann, wird der Patient in dieser Zeit oft mit Kau- und Artikulationsbeeinträchtigungen konfrontiert (vgl. Dicks 2007, S.26f).

2.1.4 Chemotherapie Die Chemotherapie ist eine medikamentöse Behandlung mit Zytostatika, welche in Form von Tabletten oder Injektionen bzw. Infusionen verabreicht wird. Zytostatika wirken als Zellgifte und hemmen somit die Zellteilung der Krebszellen. Jedoch werden aufgrund ihrer unspezifischen Wirkung gleichzeitig gesunde Zellen mit angegriffen (vgl. Kürvers 1997, S.70). In der Behandlung von Larynx- und Hypopharynxkarzinomen wird sie in Kombination mit der Strahlentherapie als Radiochemotherapie eingesetzt. Dies gilt besonders für Tumore im fortgeschrittenen Stadium, bei einer Operationsablehnung oder einer nicht durchführbaren Operati-

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Kapitel 2

Laryngektomie- Medizinische Aspekte

on. Zu den typischen Nebenwirkungen einer Chemotherapie gehören: Haarausfall, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit. Darüber hinaus kann es zu Mundtrockenheit, Mundschleimhautentzündungen, Appetitlosigkeit, Schwindel und Infektionsanfälligkeit kommen. Diese Begleiterscheinungen klingen erst nach mehreren Wochen ab und können zu einer beachtlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen (Glunz et al. 2004, S.66f).

2.2 Funktionsveränderungen Eine operative Entfernung des Kehlkopfes bringt anatomische und funktionelle Veränderungen mit sich, auf die sich der Patient neu einstellen muss. Im Folgenden soll nun auf die postoperativen Veränderungen der Körperfunktionen eingegangen werden. Als Übersicht soll eine Tabelle (siehe Tabelle 1) dienen, in der prä- und postoperative Gegebenheiten gegenübergestellt werden.

Abbildung 1: Situation vor und nach der Operation (Quelle: Glunz & Stappert 2006, S.27)

Die wohl gravierendste Folge nach der Laryngektomie ist der Stimmverlust. Mit der Entfernung des Kehlkopfes werden auch die Stimmlippen beseitigt, sodass kein Grundton mehr erzeugt werden kann. Darüber hinaus muss eine operative Trennung der Luft- und Speiseröhre erfolgen, da diese mit der Herausnahme des Kehlkopfes verloren geht. Die Luftröhre wird nach außen an der Halsvorderseite fixiert (siehe Abbildung 1). Es entsteht eine Atemöffnung, das Tracheostoma, welches mit Hilfe einer Trachealkanüle stabilisiert werden muss (Kürvers 2003a, S. 295ff). Da aufgrund der Trennung nur noch der Pharynx mit der Speiseröhre verbunden ist, besteht beim Schlucken keine Gefahr, dass Nahrung in die Luftröhre gelangt. Infolge des veränderten Atemweges wird die Nasenfunktion aufgehoben. Die neu eingeatmete Luft wird daher weder angewärmt, befeuchtet, noch von 9