Fidel Castro und die Anfänge der kubanischen Revolution ...

1.2 Der „Sieg der Revolution“: Kubas neue Rolle . ... 3 Kuba im internationalen Kontext . ...... 24 Sprachwissenschaftlich wie bei Becker: Die Wirtschaft in der ...
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Dennis Schmidt

Fidel Castro und die Anfänge der kubanischen Revolution Pressekommentare aus der Bundesrepublik und der DDR

disserta Verlag

Schmidt, Dennis: Fidel Castro und die Anfänge der kubanischen Revolution: Pressekommentare aus der Bundesrepublik und der DDR, Hamburg, disserta Verlag, 2013 Buch-ISBN: 978-3-95425-146-9 PDF-eBook-ISBN: 978-3-95425-147-6 Druck/Herstellung: disserta Verlag, Hamburg, 2013 Covermotiv: © laurine45 – Fotolia.com

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Meinen Großeltern, Eltern & Kristin

INHALTSVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis ................................................................................................. 10 Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 10 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................ 12 A

Einleitung .............................................................................................................. 13 1 Forschungsstand.................................................................................................... 15 2 Wesen und Sinn von Medieninhaltsanalysen ....................................................... 17

B

Medien als Berichterstatter ................................................................................. 19 1 Auswahl- und Wirkungsmechanismen von Zeitungen ........................................ 19 1.1 Merkmale der Auslandsberichterstattung ...................................................... 21 2 Die Zeitungslandschaft in Ost und West .............................................................. 24 2.1 Propagandist, Agitator und Organisator: Medien in der DDR....................... 26 2.1.1

Die Rolle der Medien ............................................................................. 26

2.1.2

Abriss der historischen Entwicklung...................................................... 28

2.1.3

Einflussmöglichkeiten auf die Berichterstattung ................................... 30

2.1.4

Das Berufsbild des Journalisten ............................................................. 32

2.2 Kontrolleur und Korrektor: Medien in der Bundesrepublik .......................... 33

C

2.2.1

Die Rolle der Medien ............................................................................. 33

2.2.2

Abriss der historischen Entwicklung..................................................... 34

2.2.3

Einflussmöglichkeiten auf die Berichterstattung ................................... 35

2.2.4

Das Berufsbild des Journalisten ............................................................. 36

Ereignisgeschichtliche Zusammenhänge ............................................................ 38 1 Die kubanische Revolution ................................................................................... 38 1.1 Der lange Freiheitskampf: Kuba, Spanien und die USA ............................... 39 1.2 Der „Sieg der Revolution“: Kubas neue Rolle............................................... 42 1.3 Kommunistische Machtübernahme oder nationale Befreiung? ..................... 44 2 Galionsfigur der Revolution: „Maximo Lider“ Fidel Castro ................................ 45 3 Kuba im internationalen Kontext .......................................................................... 48 3.1 Entfremdung und Abkehr: Die Beziehungen zu den USA ............................ 48 3.2 Zum gegenseitigen Nutzen: Die Beziehungen zur Sowjetunion ................... 50 3.3 Orientierung an den USA: Die Beziehungen zur Bundesrepublik ................ 52 3.4 „Leuchtturm mit sozialistischem Licht“: Die DDR und Kuba ...................... 53

D

Aufbau der Inhaltsanalyse ................................................................................... 56 1 Auswahl der Untersuchungsobjekte ..................................................................... 57 1.1 Untersuchungsobjekt „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ .............................. 58 1.2 Untersuchungsobjekt „Neues Deutschland“ .................................................. 60 2 Verfahren und Methode ........................................................................................ 62 2.1 Festsetzung der Untersuchungszeiträume ...................................................... 62 2.2 Die Erfassung formaler und inhaltlicher Charakteristika .............................. 65 2.2.1

E

Bewertungen........................................................................................... 66

Ergebnisse der Analyse ........................................................................................ 69 1 Formale Merkmale der untersuchten Artikel ........................................................ 69 1.1 Überblick über die Berichterstattung 1959 bis 1962 ..................................... 70 1.2 Erster Untersuchungszeitraum: „Havan“ ....................................................... 77 1.2.1

Ereignisgeschichte naim Untersuchungszeitraum.................................. 77

1.2.2

Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND ...................................... 78

1.3 Zweiter Untersuchungszeitraum: „Reformen“............................................... 81 1.3.1

Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum ..................................... 81

1.3.2

Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND ...................................... 82

1.4 Dritter Untersuchungszeitraum: „Embargo“.................................................. 83 1.4.1

Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum ..................................... 83

1.4.2

Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND ...................................... 84

1.5 Vierter Untersuchungszeitraum: „Schweinebucht“ ....................................... 88 1.5.1

Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum ..................................... 88

1.5.2

Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND ...................................... 89

1.6 Fünfter Untersuchungszeitraum: „Sozialismus“ ............................................ 93 1.6.1

Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum ..................................... 93

1.6.2

Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND ...................................... 94

1.7 Sechster Untersuchungszeitraum: „Kubakrise“ ............................................. 96 1.7.1

Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum .................................... 96

1.7.2

Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND ...................................... 97

1.8 Zwischenfazit ............................................................................................... 102 2 Inhaltliche Merkmale der untersuchten Artikel .................................................. 104 2.1 Anteil und Bild der Fraktionen Kuba, USA und SU.................................... 105 2.2 „Bärtiger“ oder „Befreier“? Die Darstellung Fidel Castros ......................... 110 2.2.1

Die Darstellung Eisenhowers und Kennedys im Vergleich ................. 120

2.2.2

Die Darstellung Chruschtschows im Vergleich ................................... 123

2.3 „Unregierbar“ oder „heldenhaft“? Die Darstellung Kubas .......................... 126 2.3.1

Die Darstellung der USA im Vergleich ............................................... 132

2.3.2

Die Darstellung der Sowjetunion im Vergleich ................................... 135

2.4 Themenschwerpunkte innerhalb der UZ ...................................................... 139 2.5 Personalisiert oder abstrahiert? .................................................................... 144 2.6 Auffälligkeiten in der Berichterstattung ...................................................... 146 F

Schlussfolgerungen ............................................................................................. 149

G

Literaturverzeichnis ........................................................................................... 155 1 Quellen ................................................................................................................ 155 2 Monographien ..................................................................................................... 156 3 Aufsätze .............................................................................................................. 160 4 Nachschlagewerke .............................................................................................. 162 5 Internet ................................................................................................................ 162 6 Unveröffentlichte Darstellungen ......................................................................... 162

H

Anhang................................................................................................................. 163 1 Kodierbogen........................................................................................................ 164 2 Codebuch ............................................................................................................ 165 2.1 Grundgesamtheit und Analyse auf Aussageebene ....................................... 165 2.1.1

Was wird aufgenommen? Kodierung auf Aussageebene ..................... 166

2.2 Analyse der Artikel, Definition der Kategorien ........................................... 167 2.2.1

Erster Schritt: Aufnahme der formalen Charakteristika ...................... 167

2.2.2

Zweiter Schritt: Wer wird dargestellt? ................................................. 169

2.2.3

Dritter Schritt: Wie wird die Person/das Objekt dargestellt? ............... 170

2.2.4

Vierter Schritt: Von wem stammt die Aussage? .................................. 171

2.2.5

Fünfter Schritt: Themenanalyse ........................................................... 171

3 Verfügbare Kategorien........................................................................................ 172 3.1 Formale Charakteristika ............................................................................... 172 3.2 Personen und Staaten ................................................................................... 173 3.3 Themen......................................................................................................... 176

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: Prozentuale Verteilung der Berichterstattung nach UZ in FAZ und ND ........ 70 Abb. 2: Unterschiede zwischen FAZ und ND in der Kategorie „Gattung“ .................. 72 Abb. 3: Unterschiede zwischen FAZ und ND in der Kategorie „Platzierung“ ............ 73 Abb. 4: Unterschiede zwischen FAZ und ND in der Kategorie „Aufmachung“ .......... 74 Abb. 5: Unterschiede zwischen FAZ und ND in der Kategorie „Umfang“ ................. 75 Abb. 6: Unterschiede zwischen FAZ und ND in der Kategorie „Visualisierung“ ....... 76 Abb. 7: Merkmale der ND-Artikel in UZ3, zum Vergleich ND-Durchschnittsangaben ............................................................................... 87 Abb. 8: Merkmale der FAZ-Artikel in UZ4, zum Vergleich FAZ-Durchschnittsangaben ............................................................................. 91 Abb. 9: Artikelveröffentlichungen pro Tag in FAZ und ND (UZ6) ............................. 98 Abb. 10: Urheber der Aussagen in FAZ (links) und ND im Vergleich ........................ 106 Abb. 11: Anteil der Wertungen in der FAZ .................................................................. 107 Abb. 12: Anteil der Wertungen im ND......................................................................... 108 Abb. 13: Das Bild Castros, Eisenhowers/Kennedys und Chruschtschows in der FAZ 111 Abb. 14: Exkurs: Verteilung der personenbezogenen Aussagen in der FAZ ............... 113 Abb. 15: Das Bild Castros, Eisenhowers/Kennedys und Chruschtschows im ND....... 118 Abb. 16: Exkurs: Das Bild Eisenhowers, Kennedys und der USA in der FAZ............ 120 Abb. 17: Das in der FAZ entworfene Bild Kubas, der USA und der Sowjetunion ...... 126 Abb. 18: Das im ND entworfene Bild Kubas, der USA und der Sowjetunion ............. 130 Abb. 19: Schwerpunkte der Berichterstattung im Vergleich (FAZ, l., und ND, alle UZ) ................................................................................................................. 138 Abb. 20: Themenkarrieren in der FAZ (kumuliert) ...................................................... 140 Abb. 21: Themenkarrieren im ND (kumuliert) ............................................................. 141 Abb. 22: Grad der Personalisierung in der FAZ ........................................................... 144 Abb. 23: Grad der Personalisierung im ND .................................................................. 145

10

TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Der Tageszeitungsmarkt in BRD und DDR (1989) ...................................... 25 Tabelle 2: Die vier auflagenstärksten Tageszeitungen in der BRD................................ 58 Tabelle 3: Die drei auflagenstärksten Zentralorgane in der DDR .................................. 60 Tabelle 4: Die Untersuchungszeiträume der Inhaltsanalyse........................................... 64 Tabelle 5: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ1)............................... 78 Tabelle 6: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ2)............................... 82 Tabelle 7: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ3)............................... 84 Tabelle 8: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ4)............................... 89 Tabelle 9: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ5)............................... 94 Tabelle 10: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ6)............................. 97 Tabelle 11: Die Untersuchungszeiträume der Inhaltsanalyse....................................... 165

11

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ADN

Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst

BRD

Bundesrepublik Deutschland

DDR

Deutsche Demokratische Republik

DPA

Deutsche Presse Agentur

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

ND

Neues Deutschland

OAS

Organisation Amerikanischer Staaten

SBZ

Sowjetische Besatzungszone Deutschlands

SED

Sozialistische Einheitspartei Deutschlands

SU

Sowjetunion

UZ

Untersuchungszeitraum

VDJ

Verband der Journalisten der DDR

ZK

Zentralkomitee der SED

12

A

EINLEITUNG

Dieser Mann ist ein Mythos: Im Gesicht einen langen Rauschebart, immer eine Zigarre im Mundwinkel, die unverwechselbare grüne Uniform angezogen. Jesuitenschüler, Sohn aus gehobenem Hause. Jurist war er ebenso wie politischer Denker. Später dann Kämpfer in den Bergen, Anführer einer Guerillatruppe und Bezwinger eines Diktators. Kurz: Revolutionär. Mythen und Legenden ranken sich inzwischen um diesen Mann: In der Bucht von Havanna soll er beim Kampf gegen Diktator Batista sch wer verletzt durch haiverseuchtes Gewässer an Land geschwommen sein; an anderer Stelle wird ihm nachgesagt, er brauche nie zu schlafen. Inzwischen ist er der dienstälteste Regierungschef des 21. Jahrhunderts, der sich allen Unkenrufen und seinem Alter zum Trotz an der Spitze des kleinen Inselstaates hält und in Lateinamerika als Vorbild für andere Regierungschefs gilt. Die Uniform hat er zwar inzwischen eingestaucht gegen den bequemeren Nike-Jogginganzug, aber präsent bleibt er immer noch. Für die Einen ist er Symbolfigur für die Befreiung der armen Länder von der Unterdrückung, für die Anderen ein ungeheuerlicher Diktator. Für noch Andere schlicht ein anscheinend immer währendes Ärgernis. Und was ist Fidel Alejandro Castro Ruz für Deutschland? Noch interessanter: Was war er für die Bundesrepublik und DDR, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den beiden Blocks im Kalten Krieg eine unterschiedliche Interpretation zu Castro erahnen lassen? Wie wurden er und sein Kuba in der Zeit zwischen der Machtübernahme 1959 bis zur fast in einen Dritten Weltkrieg führenden Kubakrise 1962 in deutschen Medien1 dargestellt? Mit welchen Bezeichnungen belegt und wie ausführlich behandelt? Schurke oder Freiheitskämpfer? Dieser Hauptfrage stellt sich diese Arbeit und versucht, sie mithilfe einer Inhaltsanalyse zu beantworten (zur Absicht einer Medieninhaltsanalyse siehe Kapitel A.2). Kein ganz leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass alles über Fidel Castro und die Seinen gesagt zu sein scheint. Doch erstaunlicherweise ließ sich während der Recherchen zu dieser Arbeit feststellen, dass eine Untersuchung über die Darstellung Castros in deutschen Tageszeitungen, also die von den Medien transportierte Wahrheit über den „bärtigen Herrscher“ und die „Zuckerinsel“ kaum in Angriff genommen worden ist (siehe auch Kapitel A.1 im Anschluss). Vielleicht liegt es an dem 1

In dieser Analyse untersucht am Beispiel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und dem Neuen Deutschland (ND). Zur Begründung der Auswahl siehe Kapitel D.1.

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Status, den Castro und Kuba inzwischen genießen. In weiten Teilen der Bevölkerung vieler Länder wird er beachtet wie kein Zweiter, ganz gleich ob verachtet oder verehrt. Doch bis auf eine (sprachwissenschaftliche) Untersuchung zur Darstellung Kubas in deutschen Medien findet sich lediglich die Untersuchung Soderlunds, die (auch durch einen sprachwissenschaftlichen Hintergrund geprägt) das Castrobild in der New York Times 1953-1992 untersucht.2 Ansonsten? Gähnende Leere. Diese Untersuchung betritt demnach Neuland. Umso schwieriger scheint es, zu einem neutralen Ergebnis zu gelangen. Zumal die Ansichten über Castro und Kuba gegensätzlicher nicht sein könnten. Schnell ist es passiert, dass bei der Betrachtung von Fakten Interpretationen entstehen. Der Mythos Kuba (sei er negativ oder positiv behaftet) schwebt immer im Hinterkopf. Durch ein enges Korsett bei der Inhaltsanalyse (zur Vorgehensweise siehe Kapitel D.2) und die Hinzuziehung von möglichst unterschiedlich ausgerichteter Sekundärliteratur wurde versucht, diesem Dilemma zu entrinnen. Was kann durch die Analyse zweier Tageszeitungen an neuem Wissen gewonnen werden? Medien3 beeinflussen unser Denken und Empfinden. Kann auch der genaue Grad der Beeinflussung nicht gemessen werden, so scheint es doch sinnvoll, das Bild, welches ein Medium transportiert, zu untersuchen. Dies ist aus zwei Gründen besonders anhand von Tageszeitungen sinnvoll: Zum ersten genießen sie auch heute noch einen besonders guten Ruf, noch vor dem Fernsehen und dem Radio. Das geschriebene Wort, kombiniert mit der anscheinend wahrheitsverpflichteten Bebilderung durch Photos, hat eine besondere Suggestiv- und Überzeugungskraft. Zum zweiten schwingt bei der Untersuchung zweier Tageszeitungen, die in unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen herausgegeben werden, immer eine weitere Frage automatisch mit: Inwiefern war die Berichterstattung beeinflusst und vorbestimmt durch die politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Umstände (siehe Kapitel B.2)? Besonders in der polarisierten Zeit des Kalten Krieges, in der sich zwei Blöcke gegenüberstanden, lassen sich die möglichen Darstellungsweisen des Weltgeschehens in Tageszeitungen fruchtbar untersuchen und darstellen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist nicht die möglichst umfassende Schilderung der Arbeitswei2

Vgl.: Strucken, Soderlund. Medien werden in dieser Arbeit als Massenmedien (gegenüber dem Medium zur Individualkommunikation) verstanden, die Informationen transportieren. Die Tageszeitung, die im Folgenden untersucht wird, ist hierbei als das älteste der Massenmedien anzusehen. Massenmedien weisen vier Charakteristika auf: Periodizität, Universalität, Publizität und Aktualität.

3

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se vieler Zeitungen, sondern die Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie unterschiedlich Ereignisse dargestellt werden können. Eine Konzentrierung auf zwei Zeitungen (eine aus der BRD, eine aus der DDR4) scheint deshalb sinnvoll. Was will diese Arbeit nicht? Eine Abhandlung über die Vorgänge auf Kuba, seine Vorbedingungen und seine Auswirkungen sein. Sie werden zwar in ihren Grundzügen dargestellt (Kapitel C.1), da auch hier Vorwissen entscheidend für die Interpretation der Ergebnisse ist. Aber für eine ausführliche Behandlung dieses komplexen Themas bestand keine Notwendigkeit, weil sich diese Arbeit auf die Darstellung Castros und Kubas in den Medien konzentriert. Im Folgenden sollen bereits in einer ersten Hinführung zum Thema die verschiedenen Grundaspekte der Untersuchung, also die Arbeitsweise der Medien auf der einen Seite und die Geschichte Kubas als Untersuchungsobjekt auf der anderen Seite, herausgearbeitet werden, um einen Rahmen abzustecken. Dabei werden bereits erste Hypothesen herausgearbeitet, die in der eigentlichen Analyse zur Diskussion gestellt werden.

1 Forschungsstand Wie bereits angemerkt ist die Forschung zum Thema „Fidel Castro/Kuba in den (deutschen) Medien“ noch nicht weit vorangeschritten.5 Dies erstaunt, weil sich besonders Fidel Castro als revolutionärer Staatschef und Kuba als Kondensationspunkt im Kalten Krieg für eine derartige Untersuchung anbieten. Es zeigt aber auch: Besonders in Deutschland bestehen Defizite in der Kuba- und Lateinamerika-Forschung. Breuer attestiert ihr gar einen „hohen Nachholbedarf“. Er führt dies hauptsächlich auf das große Forschungsinteresse an den Entwicklungen in Osteuropa nach 1990 zurück.6 Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Kuba ist, wenn erforscht, eher aus der Sicht des internationalen Ringens der USA und der Sowjetunion um die Vorherrschaft im ka-

4

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden in dieser Arbeit der Prägnanz wegen unter den Abkürzungen BRD und DDR erwähnt. 5 Interessanterweise ist aber Literatur zum Thema „Fidel Castro und sein Einsatz der Medien“ erschienen. Etwa: Ratliff, William E.: The Selling of Fidel Castro: The Media and the Cuban Revolution, 1987. Alle genannten Publikationen finden sich auch im Literaturverzeichnis. 6 Breuer, Einleitung.

15

ribischen Raum zu sehen; weniger als eigenständiges Sujet, das Kuba und Deutschland zum Thema hat.7 Dies führt zu folgender Hypothese: Hypothese 1 (H 1): Das Land Kuba und der neue Machthaber Fidel Castro werden in den beiden untersuchten Zeitungen nur wenig bis gar nicht und stark punktuell dargestellt. Die Forschung zu Fidel Castro und dem „Phänomen Kuba“ selbst hat hingegen eine Fülle wissenschaftlicher (und in weit größerem Maße auch populärwissenschaftlicher) Literatur zum Vorschein gebracht.8 Quellensammlungen9, autobiographische Werke10 und Überblicksdarstellungen11 werden ergänzt von Abhandlungen, die sich mit einzelnen Aspekten Kubas und Castros beschäftigen. Fünf Schwerpunkte sind zu nennen: • Die Person Fidel Castros, über den (zusammen mit Che Guevara) unzählige Biographien und (teils wissenschaftliche, teils populäre) Abhandlungen erschienen sind.12 • Der Dualismus Kuba und USA, der besonders in der „Kubakrise“ und den CIAPlänen zur Eliminierung Castros einen (literarischen) Höhepunkt findet.13 14 • Einzelne Aspekte der kubanischen Revolution.

7

Das „Institut für Iberoamerika-Kunde“ heisst allerdings seit Anfang 2007 „Institut für LateinamerikaStudien“. 8 Weitere, an dieser Stelle nicht genannte Literatur und Aufsätze finden sich im Literaturverzeichnis. Einen sehr guten Überblick bietet auch die seit 2003 jährlich erscheinende Literaturschau „Recent Work in Cuban Studies“ der Universität von Pittsburgh: http://muse.jhu.edu/journals/cuban_studies/ (Stand: 21. Oktober 2007). 9 Etwa: von Nussbaum, Heinrich (Hrsg.): Materialien zur Revolution in Reden, Aufsätzen, Briefen von Fidel Castro, Che Guevara, Régis Debray 1968. Oder auch: Larson, David L.: The „Cuban Crisis“ of 1962. Selected Documents and Chronology, 1963. 10 Eine neue (neben vielen weiteren) Autobiographie Castros: Castro, Fidel; Ramonet, Ignacio: Fidel Castro. My Life, 2007. Oder aus der Sicht eines ehemaligen Diplomaten in Havanna: Bonsal, Philip W.: Cuba, Castro and the United States, 1971. Ebenfalls sind zur Kubakrise die Erinnerungen Robert Kennedys erschienen: Kennedy, Robert F.: Thirteen Days – A memoir of the Cuban missile crisis, Norton 1969. 11 Goldenberg, Boris: Lateinamerika und die Kubanische Revolution, 1963. 12 Bourne, Peter G.: Fidel Castro. „Maximo Lider“ der kubanischen Revolution, 1988. Skierka, Volker: Fidel Castro. Eine Biographie, 2004. Zur Auseinandersetzung mit seinen Reden siehe etwa: Liss, Sheldon B.: Fidel!: Castro‘s Political and Social Thought (Latin American Perspective Series), 1994. 13 Literatur zum Thema Kubakrise lässt sich aufgrund ihrer Fülle nicht zusammenfassen. Beispielhaft: Zum Thema CIA, das nach der Aktenöffnung im Jahr 2007 auch in den Medien einen großen Widerhall fand: Escalante, Fabian: CIA Targets Fidel: The Secret Assassination Report, 1996. Bereits neun Jahre nach dem „Sieg der Revolution“ verfasst: Krakau, Knud: Die kubanische Revolution und die MonroeDoktrin, 1968. Vor allem in diesem Bereich sind viele Bücher erschienen, die bereits im Titel eine eindeutige Wertung erkennen lassen. Etwa: Kurland, Gerald: Fidel Castro: Communist Dictator of Cuba, 1972. Oder: Geyer, Georgie Anne: Guerilla Prince: The Untold Story of Fidel Castro, 1993. Hinzu kommen einige Bücher seiner Tochter: Fernandez, Alina: Mein Leben als Fidel Castros Tochter, 1999. Oder seiner ehemaligen Geliebten: Lorenz, Marita: Lieber Fidel. Mein Leben, meine Liebe, mein Verrat, 2002.

16

• Die außenpolitischen Wirkungen der Revolution, hier vor allem im Verhältnis Kubas zur Sowjetunion und zur Dritten Welt.15 • Bedingt durch das fortgeschrittene Alter Castros drängt zudem immer mehr Literatur auf den Markt, die die Frage „Und nach Castro?“ zu beantworten versucht.16 Medieninhaltsanalysen an sich finden in der Forschung reichlich Anwendung. Wegen der größeren Wichtigkeit, der einfacheren Verfügbarkeit und der höheren Verbreitung von Medien erfahren sie sogar eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Im Folgenden soll deshalb auf die Struktur und die Absicht der Inhaltsanalyse als Forschungsinstrument eingegangen werden.

2 Wesen und Sinn von Medieninhaltsanalysen „Es ist schon gesagt/ daß alles/ was in der Welt vorgehet/ es sey wahr oder scheinwahr und vermeintlich wahr/ den Zeug/ Stoff/ oder Materie/ welches die Weise das Object nennen/ und Teutsch der Vorstand gegeben zu werden pfleget/ zu unserm Zeitungen darleihet./ Und hierunter gehören allerley Sachen/ Sie seyn Geistlich oder Weltlich/ Kriegerisch oder Unkriegerisch/ sie handlen [sic] von der Glauben Lehre und Gottes dienst/ Recht und Gewohnheiten/ Artzney und natürlicher Kunde.“17

Bereits mit dem ersten Auftreten von Zeitungen im beginnenden 17. Jahrhundert erfolgte die Diskussion über „Sinn und Unsinn, Nutzen und Schaden“ dieses neuen Instruments der Information (und auch Manipulation).18 So auch bei dem oben zitierten Kaspar Stieler, der sich bereits 1695 in seinem Buch „Zeitungs Lust und Nutz“ mit dem Inhalt von Zeitungen auseinandersetzte. Auch wenn sich heute Instrumentarium, Aus14

Etwa zum Angriff auf die Moncada-Kaserne: de la Cova, Antonio Rafael: The Moncada Attack: Birth of the Cuban Revolution, 2007. Zu nennen sind außerdem die Auswirkungen auf Kuba, die durch das Ende des Kalten Krieges seine Position in der Welt verändert haben. Zum Beispiel: Bray, Donald W.; Woodford Bray, Marjorie: The Cuban Revolution and World Change, 2002. Mit allgemeinen Themen zu Kuba/Lateinamerika beschäftigen sich ebenfalls die beispielhaft ausgewählten und in englischer Sprache erscheinenden Zeitschriften „Latin American Perspectives“: http://lap.sagepub.com/ (Stand: 20. Oktober 2007) und „Cuban Studies“: http://muse.jhu.edu/journals/cuban_studies/ (Stand: 20. Oktober 2007). Hinzu kommt die Zeitschrift „Diplomatic History“, die aus US-amerikanischer Sicht Analysen und Rezensionen zum Dualismus der USA und Kubas bietet, vor allem zur Kubakrise: http://www.blackwellpublishing.com/journal.asp?ref=0145-2096&site=1 (Stand: 3. November 2007). 15 Zum Beispiel: Lévesque, Jaques: The USSR and the Cuban Revolution. Soviet Ideological and Strategical Perspectives, 1959-77, New York, 1978. Eine weitere Wirkung ist in der Ausreisewelle Oppositioneller zu sehen, die meist in den USA leben. Beispielhaft sei genannt: Montaner, Carlos Alberto: Fidel Castro and the Cuban Revolution. Age, Position, Character, Destiny, Personality, and Ambition, 1989. 16 Latell, Brian: After Fidel. Raul Castro and the Future of Cuba‘s Revolution, 2007. 17 Zitiert nach: Dernbach, S. 98. Alle Zitate dieser Arbeit wurden in der jeweils gültigen Rechtschreibung übernommen und nicht der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst. 18 „Aviso“ und „Relation“ (auch bekannt unter den Namen „Avison“ und „Straßburger Relation“ ) werden in der Forschung übereinstimmend als die ersten kontinuierlich erscheinenden Zeitungen angesehen. Vgl.: Hans-Bredow-Institut, S. 399 ff.

17

richtung und Gegenstand der Inhaltsanalysen gewandelt haben, so haben die elementaren (heute oberflächlich erscheinenden) Aussagen Stielers gleichwohl Bestand. Zweck der Inhaltsanalyse ist die Messung, Beschreibung und Interpretation von Kommunikationsinhalten nach einem vorher festgelegten Verfahren, um manifeste Merkmale eines, in diesem Fall, Textes zu erfahren. Das Institut Medientenor definiert sie als „eine quantitative und qualitative, systematische, objektive und interpersonale Methode, um die äußere Form und den Inhalt von Texten sowie Radio- und Fernsehsendungen zu bestimmen.“19 Früh sieht in ihr „eine empirische Methode zur systematischen und intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen.“20 In diesem Sinn soll der Begriff der Inhaltsanalyse fortan in dieser Arbeit verwendet werden. Die Struktur der Analyse stützt sich ebenfalls auf die Unterteilung Frühs in formale und inhaltliche Aspekte. Die Inhaltsanalyse ist neben der Befragung und der Beobachtung eine der elementaren Untersuchungsmethoden.21 Medieninhaltsanalysen erleben besonders im neuen Jahrtausend eine Renaissance. Unzählige Werke sind seit dem Jahr 2000 zur Medienberichterstattung erschienen; sei es zur Auslandsdarstellung in deutschen Zeitungen, zum Bild Deutschlands in der fremdsprachigen Presse22 oder zur historischen Beschäftigung mit Darstellungen in den Anfangsjahren der Medien23. Auch in ihrer Herangehensweise unterscheiden sich die Untersuchungen zum Teil erheblich voneinander24 und bilden so in ihrer unterschiedlichen inhaltlichen und instrumentellen Ausrichtung einen umfassenden Überblick über das Gebiet der Medieninhaltsanalyse. Diese Arbeit möchte einen weiteren Puzzlestein hinzufügen.

19

Quelle: www.medientenor.de (Stand: 27. Juli 2007). Früh, S. 25. 21 Siehe hierzu: Hans-Bredow-Institut, S. 153 ff. 22 Aktuell aus dem Jahr 2007 zum Deutschlandbild in der polnischen Wochenschau: Etmanski. 23 So zum Beispiel Blome zum deutschen Rußlandbild. 24 Sprachwissenschaftlich wie bei Becker: Die Wirtschaft in der deutschsprachigen Presse. Oder bei Marten-Finnis. Besonders Marten-Finnis konnte herausarbeiten, welche Rolle die Zeitungssprache in der DDR spielte. Sie macht für den Untersuchungszeitraum dieser Arbeit bis 1962 eine immer stärker werdende Ideologisierung der Sprache fest, die in den Folgejahren in „Rückzugsgefechten“ wieder aufgegeben wurde. 20

18