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Absenzenmanagement – ein gefährlicher Bumerang für gesunde Betriebe
Zur Faktenlage der Anzahl Ausfalltage in Schweizer Betrieben Ein Mitarbeiter in der Schweiz fehlt durchschnittlich 69 Arbeitsstunden, bzw. 8.7 Tage im Jahr (BfS 2011). Die Kosten der Absenzen belasten Unternehmen, Teams (und nicht zuletzt unseren Staat) und bedeuten für Vorgesetzte sowie Arbeitnehmende zusätzliche Belastungen. Ein guter Umgang mit kranken und verunfallten Mitarbeitenden stellt für Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Eine Antwort darauf könnte ein durchdachtes Absenzenmanagement darstellen. Dies kann ein „kurzfristig“ effizientes Tool für die Reduzierung der Krankenbestände sein, birgt aber auch einige Risiken, gerade dann, wenn es nicht in ein strategisches Betriebliches Gesundheits-Management eingebunden ist.
Milchbuchrechnung verschiedenster Anbieter in Absenzenmanagement inklusive Versicherer Bei einem mittelständischen Betrieb mit 70 Mitarbeitern und einer Jahreslohnsumme von CHF 6‘300‘000 und einem Krankheitsbestand von 5% machen die direkten Krankheits- und Unfallkosten CHF 315‘000 aus. Nimmt man gemäss Empfehlungen des SECO’s, der SUVA und der Gesundheitsförderung Schweiz die indirekten Kosten mit einem Faktor 2 hinzu kommt man auf über stolze CHF 900‘000. Kann man den Krankheits- und Unfallbestand um nur 1.8% reduzieren und das ist realistisch, macht dies eine Einsparung von jährlich CHF 113‘400 aus. Dies schlägt direkt auf das Betriebsergebnis durch. In Theorie sowie Praxis ist dies ein machbares Szenario. Auch durch unsere Beratungsdienstleistungen konnten bereits viele Kunden der Praxis-Brücke jährlich etliche hunderttausend Franken einsparen.
Der Bumerang-Effekt Leider ist es in der Praxis nicht immer so einfach. Für viele, die ein Absenzenmanagement einführten und dabei hauptsächlich die Krankheits- und Unfallkosten im Fokus hatten, erwies sich diese Strategie als Bumerang. Arbeitskräfte sind nicht dumm. Wenn der Vorgesetzte „gut in Absenzenmanagement geschult“, kranke Arbeitskräfte zu Hause anrief oder sogenannte Rückkehrgespräche führte (auch von einem Spezialisten geschult) und hauptsächlich die verursachten Kosten im Fokus
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standen, wurden Mitarbeitende misstrauisch und gaben bei einer erneuten Erkrankung, vielfach mit dem Einverständnis des Hausarztes ein verändertes Krankheitsbild an. Ausserdem fühlen sich Mitarbeitende oft unter Generalverdacht gestellt, dass sie „Blau machen, bzw. krank feiern“ und das Vertrauen in das Unternehmen sinkt. Präsentismus und Absentismus (neue Begriffe, die aus dem Betriebsgesundheits-Management entstanden), kann eine direkte Folge davon sein. Dies ist zwar keine qualifizierte Aussage, aber vom Mechanismus her geht es in diese Richtung. Ein gewisser Krankenbestand in Organisationen ist normal und „gesund“!
Eine Frage der Kultur Bevor man an das Thema Absenzenmanagement gehen kann, sollte die Unternehmung sich ernsthaft die Frage stellen, „sind wir eher geprägt von einer Vertrauens- oder Misstrauenskultur“? Falls letzteres der Fall ist, sollte man vorerst die Finger von einem Absenzenmanagement lassen und evtl. andere Massnahmen in Betracht ziehen, um den Krankenbestand zu reduzieren. Hier hat sich in der Praxis der ganzheitliche Ansatz eines Betrieblichen Gesundheits-Management bewährt.
Beispiele für die Umsetzung von Absenzenmanagement Im folgenden werden einige übliche Vorgehensweisen stichwortartig aufgezeigt, wie Absenzenmanagement umgesetzt wird. Ebenfalls wird in den Umsetzungsbeispielen auf mögliche Gefahren hingewiesen.
1. Bei Krankheit erhält der Mitarbeiter einen Anruf des Vorgesetzten Dies gehört im Absenzenmanagement inkl. anderen Tools zum kleinen 1 x 1 des Absenzenmangements. Falls ein gutes Vertrauensverhältnis des Vorgesetzten zum Mitarbeiter herrscht und es der Vorgesetzte aus Fürsorge zu seinen Untergebenen macht, kann dies massiv zur Reduktion von Krankenbeständen beitragen. Vielfach werden aber solche Telefone „von oben“ verordnet. Falls dies der Fall ist, kann dies, wie bereits erwähnt, negative Folgen für die Organisation haben.
2. Rückkehrgespräche mir Kranken oder Verunfallten, die länger abwesend waren Auch diese Praxis kommt aus der Toolbox des Absenzenmanaements. Es gehört zumindest in unseren Breitengraden zum guten Umgang mit Menschen, dass man Mitarbeitende mit längerer Abwesenheit vom Betrieb wieder gut integriert. Für Vorgesetzte wie auch für die wieder zurückkehrenden
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Mitarbeiter ist diese Situation nicht immer einfach. Falls die Krankheit oder der Unfall organisatorische Veränderungen für den Mitarbeitenden verursacht hat, ist es von substanziellem Nutzen für die Organisation, diesen Personen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie ihr Potenzial wieder optimal entfalten können. Wiedereingliederungsgespräche benötigen Fachkenntnisse, Fingerspitzengefühl und vielfach auch Phantasie um die Akzeptanz für die neue Situation zu schaffen. Wenn diese Kompetenzen zu wenig ausgebildet sind, können Rückkehrgespräche negative Folgen haben.
3. Sensibilisierungskampanien wie Gesundheitschecks, Gesundheitstage und anderes Die Gesundheit seiner Belegschaft zum Thema machen, ist in der heutigen Zeit wichtig und unerlässlich. Die Formen dafür können vielfältig sein. Ein Fitnesstest kann für die einen Ansporn sein, sich noch gesünder zu verhalten, für andere kann er aber nur peinlich bis frustrierend sein. Wie geht man mit den Ergebnissen eines Fitness-Tests um? Was passiert danach? Oder wie verhält es sich mit einem Workshop, in dem das Unternehmen über das Thema Übergewicht und die negativen Folgen aufklären will? Man kann sich vorstellen, was eine solche Massnahme bei chronisch Übergewichtigen auslöst. Dasselbe gilt für Raucher-Stopp-Kampanien. Solche Sensibilisierungen sollten gut vorbereitet und kommuniziert sein und man sollte sich das gewünschte Ziel und die weiteren Schritte im Vorfeld gut überlegen.
4. Bonus für gesunde Mitarbeitende Wer im Jahr gar nicht oder nur X Tage krank ist, erhält einen Bonus in Form von Geld, Freitagen, Vergünstigungen oder einem Firmengeschenk. Dies ähnelt einfach in umgekehrter Form einer Kaskoversicherung: Wenn man keinen Schadenfall hat, sinkt die Prämie, bzw. bei einem Schadenfall steigt der Bonus. Die Gefahr darin ist offensichtlich: Personen mit chronischen Krankheiten oder Leute die grundsätzlich krankheitsanfälliger sind, werden bei diesem System benachteiligt und wer schon zu Beginn des Jahres krank wird und seinen „Bonus“ aufgebraucht hat, schaut später im Jahr überhaupt nicht mehr darauf. Mit diesem System können unkontrollierbare Mechanismen in Gang gesetzt werden.
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen alle Möglichkeiten für ein Absenzenmanagement sowie die Chancen und Gefahren hier aufzuführen.
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Kriterien, die ein ganzheitliches Absenzenmanagement begünstigt bzw. behindert Anbei eine freie Auflistung von Kriterien in Frageform, die beantwortet werden sollten, damit ein Absentzenmanagement in den Regelkreis der Organisation nachhaltig Einzug erhalten kann und nicht nach einiger Zeit wieder aufgegeben werden muss:
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Was sind die erweiterten Ziele der Geschäftsleitung, um ein Absenzenmanagement einzuführen?
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Gibt es genügend Promotoren (Macht-, Fach- und Prozesspromotoren) damit das Absenzenmanagement seine Wirkung entfalten kann?
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Ist die Betriebskultur eher von Vertrauen oder Misstrauen in ihre Mitarbeitenden geprägt?
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Ist sich die Geschäftsleitung dem Umstand bewusst, dass ein einmal eingeführtes Absenzenmanagement 2 – 3 Jahre dauert, bis es in den Regelkreis der Organisation aufgenommen wird?
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Kann die Geschäftsleitung abschätzen, welche Gefahren ein Absenzenmanagement mit sich bringen kann?
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Sind die Strukturen in der Organisation so angelegt, damit ein Absenzenmanagement effizient und stringent eingeführt werden kann?
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Sind Arbeitsprozesse so angelegt, damit sich Arbeitskräfte in der Organisation gesundheitsförderlich verhalten können?
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Können die Verantwortlichen innert nützlicher Zeit geschult werden, damit das Absenzenmanagement in der Praxis auch funktioniert?
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Kann man den Mitarbeitenden den Nutzen eines Absenzenmanagements glaubhaft vermitteln?
Dies sind nur einige der Fragen, die sich Vorgesetzte stellen können, die ein Absenzenmanagement einzuführen gedenken, bevor sie an die Umsetzung gehen. Auf jeden Fall kommt es auf die Haltung und damit auf die Betriebskultur an. Wenn man dies unterlässt, kann das Absenzenmanagement zu einer gefährlichen Waffe für gesunde Betriebe werden.
Fazit: Wir raten unseren Kunden zu einem nachhaltigen Betrieblichen Gesundheitsmanagement, das mit einer Analysen- und Diagnose-Phase beginnt. Erst danach können, individuell auf das Unternehmen und die Situation zugeschnittene Massnahmen diskutiert und umgesetzt werden. Die Praxis-Brücke setzt hierbei auf die bewährten Instrumente der „Gesundheitsförderung Schweiz“.
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Literaturliste •
Ulich, E. / Wülser, M. (2010) Gesundheitsmanagement im Unternehmen – Arbeitspsychologische Perspektiven (4. Auflage), Wiesbaden: Gabler
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Badura, B. / Walter, U. / Hehlmann, (2012) T. Betriebliche Gesundheitspolitik – Der Weg zur gesunden Organisation, Heidelberg: Springer
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Brendt, D. / Hühnerbein-Sollmann, Ch. Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe, Renningen: Expert.
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Kernen, H. / Meier, G. (2008), Achtung Burn-out! Leistungsfähig und gesund durch Ressourcenmanagement, Bern: Haupt.
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Matyssek, A.K. (2009), Führung und Gesundheit. Ein praktischer Ratgeber zur Förderung der psychosozialen Gesundheit im Betrieb, Berlin: Books on Demand.
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Berhard, U. / Wülser, M. (2010), Gesundheitsmanagement in Unternehmen: Arbeitspsychologische Perspektiven, (4. Auflage), Wiesbaden: Gabler.
•
Ralph M. Steinmann , Sandra Stoffels , Kerstin Amstad (2011), Baukasten für Betriebliche Gesundheitsförderung. Module für Gesundheit und Leistungsfähigkeit im (Berufs)-Leben. Hrsg.: Gesundheitsförderung Schweiz
Ihr Hanspeter Fausch
Geschäftsleiter der Praxis-Brücke Seminare AG
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