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StartClim2008.C

Praxiserprobung des Monitoringkonzepts “Anpassungen der Schadinsektenfauna an den Klimawandel“ (StartClim2007.C) anhand der Erhebung von aktuellen Erdraupenschäden (Agrotis segetum, Schiff.; Fam. Noctuidae) unter Berücksichtigung von Standortfaktoren und Klima

Bio Forschung Austria

Praxiserprobung des Monitoringkonzepts “Anpassungen der Schadinsektenfauna an den Klimawandel“ (StartClim2007.C) anhand der Erhebung von aktuellen Erdraupenschäden (Agrotis segetum, Schiff.; Fam. Noctuidae) unter Berücksichtigung von Standortfaktoren und Klima.

Endbericht zum Projekt StartClim2008.C

Projekt-Mitarbeiter und Autoren des Endberichts:

Patrick Hann Claus Trska Eva Maria Frauenschuh Bernhard Kromp Herbert Formayer

Bio Forschung Austria Rinnböckstr. 15 1110 Wien [email protected]

Wien, im Mai 2009 StartClim2008.C Teilprojekt von StartClim2008 Projektleitung von StartClim2008: Universität für Bodenkultur, Department für Wasser – Atmosphäre – Umwelt Institut für Meteorologie, Peter Jordan-Straße 82, 1190 Wien URL: http://www.austroclim.at/startclim/ StartClim2008 wurde aus Mitteln des BMLFUW, des BMWF, des BMWFJ, der ÖBF und der Österreichischen Hagelversicherung gefördert.

StartClim2008.C

Inhaltsverzeichnis C-1

Kurzfassung------------------------------------------------------------------------------------------ 3

Abstract 3 C-2

Einleitung --------------------------------------------------------------------------------------------- 4

C-2.1

Ausgangssituation --------------------------------------------------------------------------------- 4 C-2.1.1

Biologie des Eulenfalters-------------------------------------------------------------- 5

C-2.2

Zielsetzung ------------------------------------------------------------------------------------------- 8

C-3

Material und Methodik -------------------------------------------------------------------------- 10

C-3.1

Entwicklung der Aufnahmemethodik ------------------------------------------------------ 12

C-3.2

Analyse schadfördernder Faktoren -------------------------------------------------------- 12

C-4

Ergebnisse------------------------------------------------------------------------------------------ 14

C-4.1

Boniturschema der Dichte und des Schadens von Erdraupen ------------------- 14

C-4.2

C-4.1.1

Entwicklung der Aufnahmemethodik --------------------------------------------- 14

C-4.1.2

Erdraupendichte----------------------------------------------------------------------- 14

C-4.1.3

Erdraupenschäden ------------------------------------------------------------------- 17

Schadfördernde Faktoren und Rückschlüsse auf Netzdichte und Verteilung von Monitoringstandorten--------------------------------------------------------------------- 19 C-4.2.1

Ergebnisse der Regressionsanalysen ------------------------------------------- 19

C-4.2.2

Betriebsbesuche ---------------------------------------------------------------------- 22

C-5

Schlussfolgerung--------------------------------------------------------------------------------- 24

C-6

Literaturverzeichnis ----------------------------------------------------------------------------- 25

C-7

Anhang----------------------------------------------------------------------------------------------- 27

C-7.1

Anhang Fragebogen----------------------------------------------------------------------------- 27

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

C-1 Kurzfassung In Vorgängerprojekten wurden seit dem Jahr 2000 beobachtete Veränderungen des Schädlingsauftretens im ostösterreichischen Ackerbau beschrieben und ein Konzept für ein Schädlings-Langzeit-Monitoringsystem zur Verifizierung der Zusammenhänge mit der Klimaveränderung erstellt. Zur praktischen Erprobung des Monitoringkonzepts wurden in einem Kartoffelfeld zunächst Probegrabungen nach Erdraupen bzw. Fraßschäden an Kartoffeln an rasterartig verteilten Beprobungspunkten von ¼ m2 durchgeführt. Aus den erhobenen Daten wurde ein „Sequential Sampling System“ zur zuverlässigen Einschätzung von Erdraupendichte und Erdraupenschäden bei möglichst geringen Probenzahlen berechnet. Dabei sind für die Einschätzung der Erdraupendichte maximal 20 Proben/Probenfläche, für die Einschätzung des Schadens maximal 30 Proben/Probefläche vorgesehen. Dies bedeutet einen maximalen Arbeitsaufwand von etwa 10 (Erdraupendichte) bzw 1,5 Personenstunden (Fraßschäden an Kartoffeln) pro Aufnahme. Wegen des schwachen Befalls im Erprobungsjahr 2008 wurden 9 Betriebe im Weinviertel mit starken Schäden in 2006 und 2007 besucht und mittels Fragebogen Standorts- und Bewirtschaftungsfaktoren sowie Praxiserfahrungen zur Bekämpfung erhoben. Weiters wurde der Zusammenhang zwischen Boniturdaten von Erdraupenschäden aus 40 Kartoffelschlägen in 2007 und 2008 und Klima-, Boden- und Landschaftsparametern analysiert. Der in der Literatur beschriebene Zusammenhang von Erdraupenschäden und trocken-warmer Witterung wurde sowohl aus der Praxis bestätigt als auch aus der Korrelation der KartoffelBoniturdaten mit Niederschlagsdaten. Positiv korreliert sind Erdraupenschäden auch mit dem Ackerflächenanteil aus der Feldumgebung. Beide Faktoren sollten daher bei der Verteilung zukünftiger Monitoringstandorte berücksichtigt werden. Als Anpassungsmaßnahmen für die Praxis kommen Anpassungen der Fruchtfolge (zB. Verzicht auf Begrünungen nach heißen/trockenen Sommern, Anbau weniger empfindlicher Kulturen im Folgejahr) in Frage sowie die Beregnung befallener Felder, sofern möglich.

Abstract In previous studies. changes in composition and abundance of insect-pests in crop production of Eastern Austria since 2000 have been reported. Furtheron, a longterm-monitoring concept with permanent monitoring-sites for the detection of climate-induced changes in pest abundance has been developed. The practical test of the monitoring concept in this study started with the estimation of cutworm numbers and cutworm damages at grid-like distributed sampling points (¼ m2) in a potato field. Based on these data, a sequential sampling system for a comparable estimation of cutworm density and damage was developed, which keeps the number of samples per field as small as possible. The maximum number of samples is 20 samples per investigation area for the estimation of cutworm density and 30 samples for the estimation of cutworm damage, respectively. This means a maximum effort of 10 hours for cutworm density, and 1.5 hours for cutworm damage. Since cutworm incidence in 2008 was quite low, 9 farms in north-eastern Austria with severe cutworm damages in 2006 and 2007 were surveyed and data on site and cultivation characteristics as well as experiences with regulation methods were collected. Additionally, the relations between cutworm damages of 40 potato fields in 2007 and 2008 and climate, soil, and landscape parameters were analysed. The positive correlation between cutworm damages and dry-warm weather conditions, described in literature, was confirmed by the experiences of the farmers as well as by the regression analyses with cutworm damages and precipitation data. The cutworm damages were also positively correlated with the percentage of arable land in the surrounding area of the sampling plot. So both factors should be kept in mind, when locating future monitoring sites. Practical measures for the adaptation to increasing cutworm incidence might be changes in crop rotation (e.g. no green cover crops after hot/dry summers, no susceptible crops in the following year) as well as the irrigation of infested fields, if feasible. StartClim2008.C Seite 3

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C-2 Einleitung C-2.1 Ausgangssituation Die seit dem Jahre 2000 feststellbaren Veränderungen des Schädlingsauftretens im ostösterreichischen Ackerbaugebiet (GRÜNBACHER et al. 2006; FRAUENSCHUH & KROMP 2009) wurden im Zuge des Projekts StartClim2005.C3-a beschrieben. Im Besonderen kam es in klimatisch abweichenden Jahren wie im Hitze- und Dürrejahr 2003 zu Massenauftreten wärmeliebender Schadinsekten. Ein Zusammenhang der Populationsentwicklung bzw. einer Arealausweitung vieler Schadinsekten mit der Klimaerwärmung scheint auf der Hand zu liegen, da höhere Umgebungstemperaturen kürzere Entwicklungszeiten und eine Überwinterung im Freiland ermöglichen. Dennoch ist die direkte kausale Verknüpfung der Verschiebungen im Schädlingsstatus mit Witterung und Klima nur in wenigen Fällen möglich, da die Schädlingsdaten aufgrund uneinheitlicher Aufnahmemethodik nur bedingt zwischen den Gebieten und Jahren vergleichbar sind oder gar keine Beobachtungsdaten vorliegen. Weiters wird das Schädlingsauftreten auch durch andere komplexe Ursachen wie Änderungen der Fruchtfolge, Anbauverteilung, Landschaftsstruktur, Bodenbearbeitung u.a. beeinflusst. Im Rahmen von StartClim05.C3-a wurde empfohlen, ein Schädlingsmonitoringsystem mit Dauerbeobachtungsflächen einzurichten, um über die Jahre vergleichbare Daten zu erhalten. Diese Daten können einerseits in kurzfristige Schädlingswarnsysteme einfließen bzw. zu deren laufender Verbesserung herangezogen werden. Andererseits können damit längerfristige Trends in der Populationsentwicklung von Schadinsekten erfasst und auf der Basis von Klimaszenarien zukünftige Entwicklungen abgeschätzt werden. Auf Grundlage dieser Beobachtungen sollen in Zukunft klimabedingte Änderungen im Schädlingsspektrum rechtzeitig erkannt und darauf reagiert werden können. Von Bio Forschung Austria wurde innerhalb des Projekts StartClim2007.C ein Konzept für ein derartiges Schädlings-Langzeit-Monitoringsystem erstellt (GRÜNBACHER et al. 2007), das die Hauptkulturen, deren Schädlinge sowie die relevanten Klimabereiche (nach HARLFINGER & KNEES 1999) im ost-österreichischen Ackerbau abdecken soll. Das vorgeschlagene Monitoringnetz besteht aus Hauptstandorten an landwirtschaftlichen Fachstellen (z. B. Landwirtschaftliche Fachschulen, Bezirksbauernkammern) und Nebenstandorten, die von interessierten LandwirtInnen betrieben werden. Auf den Hauptstandorten sollen Schädlingsdichten möglichst exakt erhoben werden, wobei auch aufwendigere Erhebungsmethoden und schwierig zu erfassende Größen, wie die Überwinterungsdichte bestimmter Schädlinge vorgesehen sind. Die Nebenstandorte dienen dazu, mittels weniger aufwendigerer Aufnahmemethoden die niedrige Netzdichte der Hauptstandorte zu ergänzen und regionale Aussagen punkto Schädlingsauftreten abzusichern. Die Einbeziehung bereits vorhandener Monitoring- und Warnsysteme ist dabei grundsätzlich vorgesehen. Im Frühjahr und Sommer 2007 verursachten Erdraupen lokal schwere Schäden in Mais, Kartoffel- und Begrünungsfeldern im niederösterreichischen Weinviertel. Da in der Literatur durchwegs ein Zusammenhang zwischen trockenwarmer Witterung und Erdraupenschäden betont wird (HÜLBERT & SÜSS 1983, HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983, BEDLAN et al. 1992), gaben die gemeldeten Schäden dazu Anlass, das Schädlingsmonitoringkonzept (StartClim2007.C) am Beispiel der Erdraupe praktisch zu erproben.

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

C-2.1.1 C-2.1.1.1

Biologie des Eulenfalters Lebenszyklus

Als Erdraupen (siehe Abb. C- 1) werden die Larven der Erdeulen (Noctuinae) aus der Familie der Eulen (Noctuidae) bezeichnet (BEDLAN et al. 1992). Die aus diesem Artenkomplex bedeutendste Wintersaateule (Agrotis segetum) ist in Europa, Asien und Afrika weit verbreitet und spielt in Mitteleuropa als Schädling landwirtschaftlicher Kulturpflanzen eine bedeutende Rolle (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Der Flug und die Fortpflanzung der Wintersaateule gipfeln im Vollfrühling und im Spätsommer (BEDLAN et al. 1992), ihre Raupen schädigen vorwiegend im Herbst (BUHL & SCHÜTTE 1971). HÜLBERT & SÜSS (1983) beschreiben den Lebenszyklus von Agrotis segetum folgendermaßen: In Übereinstimmung mit GEJSPIC, PENJAZ & SASENKOVA (1971) konnte als Entwicklungsbesonderheit festgestellt werden, dass eine Population aus „Schnell-„ und „Langsamentwicklern“ besteht. Die „Schnellentwickler“ des Vorjahres verursachen den ersten Flughöhepunkt im Beobachtungsjahr. Die Falter fliegen bei mittleren Temperaturen von 14 bis 16°C von Mitte Mai bis Juni (BUHL & SCHÜTTE 1971). Die „Langsamentwickler“, das sind Larven die bereits im Vorjahr aus den Eiern geschlüpft sind und deren Larvalentwicklung bis in den Spätsommer hinein dauert, stellen den zweiten Flughöhepunkt im August.

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Abb. C- 1: Links Larvenstadium, in der Mitte Puppen und rechts Adulte der Eulenfalter (Agrotis sp.).

Unter günstigen Temperaturverhältnissen und bei frühem Flug der „Schnellentwickler“ ist es für einen Teil der Raupen möglich, ihre Entwicklung im selben Jahr vollständig abzuschließen, das heißt es können ab August/September zusätzlich Falter einer partiellen zweiten Generation fliegen (HÜLBERT & SÜSS 1983, BUHL & SCHÜTTE 1971, ZWATZ et al. 1990) Die Anzahl der beim zweiten Flughöhepunkt an den Lichtfallen nachweisbaren Falter („Langsamentwickler“ und partielle zweite Generation) kann deshalb weitaus höher sein als zum ersten Flughöhepunkt. Falter, Eier und Jungraupen, die aus dem zweiten Flughöhepunkt hervorgehen, bleiben in der Schadensbilanz im Freiland für landwirtschaftliche Kulturen im wesentlichen ohne Einfluss. Zum Einen vergeht eine relativ lange Zeit, bis diese Raupen Schadfraß verursachen können (die Kulturen sind dann aber in der Regel schon geerntet), zum anderen beginnt mit der herbstlichen Abkühlung des Bodens unter 10°C und der Verkürzung der Tageslänge die thermische Quieszenz (d.h. eine von Umweltfaktoren abhängige Entwicklungshemmung) der Raupen. Die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Falter, Eier und nicht vollständig entwickelten Raupen können bei uns nicht überwintern und sterben ab (HÜLBERT & SÜSS 1983). Die Eiablage erfolgt in Klumpen an die Unterseite der unteren Blätter und Stängel, besonders von Unkräutern (BUHL & SCHÜTTE 1971). Laut BEDLAN et al. (1992) werden die zahlreichen Eier an niedrige Pflanzen abgelegt, laut FRITZSCHE & KEILBACH (1994) auch in den Boden in Pflanzennähe. Angaben über maximale Eizahlen schwanken bei der StartClim2008.C Seite 5

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Wintersaateule zwischen 600 bis 900 Stück je Weibchen (BUHL & SCHÜTTE 1971) und 200 bis 2000 (Mittelwert etwa 800) Eier (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Die jungen Raupen schlüpfen nach 8 bis 14 Tagen und fressen anfangs oberirdisch Fenster und Löcher in Blätter und Stängel (BUHL & SCHÜTTE 1971). Die Larven der ersten beiden Stadien sind nur während des Tages aktiv. Während der Dunkelphase stoppt die Aktivität, die Bewegungs- und Fraßtätigkeit wird erst wieder bei Licht aufgenommen. Bei günstigen trockenen Bedingungen verbringen die ersten beiden Larvenstadien sowohl den Tag als auch die Nacht versteckt im Boden. Sie kommen nur 1-2 mal während des Tages für ca. 1h aus dem Versteck, um an den Blättern der Pflanzen zu fressen. Feuchte Bodenbedingungen hingegen hemmen die Larven. Sie bewegen sich ruhelos und vermeiden das Eingraben, außerdem stört feuchter Boden das normale Futterverhalten der ersten beiden Larvenstadien so stark, dass ein großer Teil der Larven verhungert (ESBJERG 1988). Ab dem 3. Stadium werden die Larven lichtscheu und fressen tagsüber im Wurzelbereich in den obersten Bodenschichten. Nachts und an Tagen mit starker Bewölkung fressen sie auch an oberirdischen Pflanzenteilen (SCHWARZ et al. 1990; HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983; BUHL & SCHÜTTE 1971). Unter Berücksichtigung der Entwicklungszeit bis zum Ende des L2-Stadiums ergibt sich, dass eine Raupe höchstens 7-11 Tage oberirdisch lebt. Das Auftreten der L2-Stadien ist ungefähr 30 Tage nach Beginn des Falterfluges Ende Juni/ Anfang Juli zu erwarten (HÜLBERT & SÜSS 1983). Der Hauptschadfraß der Larven findet im Spätsommer bis Herbst statt (BUHL & SCHÜTTE 1971). Zur Überwinterung gehen die Raupen Ende September/Anfang Oktober bis 50cm tief in den Boden (BUHL & SCHÜTTE 1971; HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Falter, Eier und junge Raupenstadien können unter unseren klimatischen Bedingungen nicht überwintern und sterben bei Eintritt ungünstiger Witterungsbedingungen ab (HÜLBERT & SÜSS 1983). Im Frühjahr, d.h. im April/ Mai, wenn die Bodentemperatur über 10°C angestiegen ist, wird die Ruheperiode beendet. Es erfolgt die Verpuppung eines Teils der Population in einem Erdkokon in etwa 2 bis 5cm Bodentiefe, ohne dass vorher noch einmal Nahrung aufgenommen wird (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983; BUHL & SCHÜTTE 1971, HÜLBERT & SÜSS 1983). Erdraupenschäden, die im Frühjahr auftreten, rühren daher nicht von der Wintersaateule, sondern von anderen Arten her (z. B. Euxoa tritica). C-2.1.1.2

Wirtspflanzen

Die Raupe der Wintersaateule wird z. B. an Getreide (Wintersaaten), Kartoffelknollen, jungem Tabak, Hopfen, Kohl, Steckrüben, Stoppelrüben, Salat, Rüben, Raps, Mais, Leguminosen (Erbse, Klee, Luzerne), Möhren, Zwiebeln, Sellerie und vielen anderen Kulturpflanzen wie z. B. jungen Obstgehölzen und Forstpflanzen schädlich. Außerdem kommt sie – vor allem ihre jüngeren Raupenstadien – an einer großen Zahl von Unkräutern, z. B. Gänsefußarten vor (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Durch die Raupen von Agrotis segetum entstehen sowohl direkte Beschädigungen, zum Beispiel an Kartoffelknollen durch Loch- und Höhlungsfraß, als auch indirekte Schäden (Ertragsausfälle) durch Abfressen von Jungpflanzen, zum Beispiel im Mais und anderen gerade auflaufenden Kulturen. Bei Massenauftreten der Erdraupen kommt es also nicht nur zu bedeutenden Qualitätsminderungen, sondern auch gleichzeitig zu erheblichen quantitativen Ertragsverlusten in der Pflanzenproduktion (HÜLBERT & SÜSS 1983). An jungen Kulturen können Erdraupen bei hohen Dichten in wenigen Nächten Kahlfrass verursachen, indem sie reihenweise die grünen Pflanzenteile verzehren. In älteren Kulturen fallen die „gefällten“, auf dem Boden liegenden Blätter auf (SCHWARZ et al. 1990).

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

C-2.1.1.3

Faktoren

Bereits NOLL (1961) hat auf die extreme Witterungsabhängigkeit von Massenvermehrungen der Wintersaateule hingewiesen. Die thermophile Art aus der Familie der Noctuidae wird durch trocken-warme Frühsommer und Sommer in hohem Grade in ihrer Entwicklung begünstigt. (HÜLBERT & SÜSS 1983). Auch ZWATZ et al. (1990), BEDLAN et al. (1992), OHNESORGE (1991) und HOFFMANN & SCHMUTTERER (1983) bestätigen, dass es vor allem in warmen, trockenen Jahren und besonders im nordöstlichen Österreich zu vermehrten Schäden durch Erdraupen kommen kann. Vor allem bei optimaler trocken-warmer Witterung zur Zeit der Eiablage in Juni/Juli ist eine enorm hohe Reproduktion der Art möglich, die zum Massenauftreten der Erdraupen führt (HÜLBERT & SÜSS 1983). Auch leichte Böden fördern die Schäden durch A. segetum (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Herbstschäden an Winterungen treten nach warmen, trockenen Sommern auf, wenn sich zumindest eine schwache zweite Generation entwickeln konnte (ZWATZ et al. 1990). Die Fraßschäden in landwirtschaftlichen Kulturen resultieren nicht zuletzt aus der außerordentlich langen Dauer des letzten Raupen-(Hauptschad-)stadiums der Wintersaateule, das allein so lange dauert, wie alle vorangehenden zusammen. Obwohl die Schlupfraten der Erdraupen über 85% liegen, kommt es im Freiland in verschiedenen Jahren zu recht unterschiedlichen Abundanzen (Häufigkeiten) der Erdraupen, die zum Beispiel durch Temperatur und Feuchtigkeit bedingt sein können (HÜLBERT & SÜSS 1983). Die Junglarven sind auf Nässe sehr empfindlich, viele Raupen sterben infolge von Infektionen durch Viren, Microsporidien (z. B. Nosema perezoides), Bakterien und Pilze (z. B. Beauveria bassiana und Paecilomyces) ab (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Die Jungraupen sind nicht in der Lage, in vernässten Boden einzudringen. Da sie keine Nahrung aufnehmen, wenn sie keine Deckung aufsuchen können, kann es dann zu erheblichen Verlusten kommen (ESBJERG 1988). Wenn der Boden nass ist, sind daher auch die durch größere Erdraupen verursachten Wurzelschäden geringer (ESBJERG 1990). C-2.1.1.4

Bekämpfung

Eine wirksame Bekämpfung der Erdraupen der Wintersaateule stellt vor allem bei Massenauftreten ein Problem dar. Durch die hauptsächlich unterirdische Lebensweise der älteren Raupen verringert sich die Chance, die Raupen durch eine Applikation von Pflanzenschutzmitteln direkt zu treffen. Deshalb ist eine rechtzeitige Bekämpfung der Jungraupen am wirkungsvollsten, denn nur die jüngsten, allerdings leicht zu übersehenden Raupenstadien sind auch tagsüber vorwiegend oberirdisch zu finden, wenn auch oft schon unter aufliegenden Blättern verborgen. Voraussetzung dafür ist ein gut funktionierendes System der Überwachung (HÜLBERT & SÜSS 1983). Bei größeren Flächen kommen Behandlungen mit chemischen Präparaten in Frage, die zu diesem Zweck registriert sind. In Österreich sind dies Karate Zeon, das im Ackerbau, im Gemüsebau und im Grünland gegen Erdraupen eingesetzt werden kann. Daneben werden Arpan extra, Fastac und Trafo WG in der integrierten Produktion im Gemüse-, Kartoffel- und Rübenbau im Freiland gemäss ÖPUL (2009) als Pflanzenschutzmittel gegen Erdraupen zugelassen. Nemastar, ein biologisches Insektizid mit entomopathogenen Nematoden (Steinernema carpocapsae) ist im Grünland und im Zierpflanzenbau zugelassen. Natürliche Feinde von Erdraupen sind Amseln, Hühner, Igel, Maulwürfe, Kröten, Laufkäfer, Raupenfliegen, Schlupfwespen und Spitzmäuse (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983; KAHRER 2009). Mit biologischen Pflanzenschutzpräparaten bekämpfen kann man die Erdraupen mit wirtsspezifischen Nematodenpräparaten (KAHRER 2009). Als Parasiten StartClim2008.C Seite 7

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treten Ichneumoniden (z. B. Gravenhorstia cerinops), Braconiden und Tachiniden (z. B. Peleteria rubescens und Phryse vulgaris) auf (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Da vor allem die Junglarven auf Nässe sehr empfindlich reagieren, kann eine gezielte Beregnung zur Reduktion der Population beitragen und Schäden weitgehend verhindern (SCHWARZ et al. 1990, FRITZSCHE & KEILBACH 1994, HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). HOFFMANN & SCHMUTTERER (1983) empfehlen auch, dass die Aussaat von Wintergetreide möglichst spät vorgenommen werden sollte. Sofern die Kultur noch vor der Verpuppung der Wintersaateulen geerntet wird, kann der Erdraupenbesatz mit nachfolgender intensiver Bodenbearbeitung dezimiert werden. Ätzkalkgaben vermögen laut SCHWARZ et al. (1990) den Erdraupenbestand wirkungsvoll zu senken. Zur Eiablage werden Flächen mit starkem Unkrautbesatz bevorzugt (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Unkräuter sind auch die ersten Nahrungspflanzen der jungen Erdraupen. Gründliche Unkrautbekämpfung und häufige Bodenbearbeitung sind daher wirkungsvolle Vorbeugemaßnahmen (ZWATZ et al. 1990). In Weinbergen soll es sich bewährt haben, Unkräuter stehen zu lassen, da diese von Eulenraupen zuerst gefressen werden, bevor sie auf die Weinstöcke klettern (KAHRER 2009). Für die Berechnung von Schadschwellen zur Bekämpfung wird davon ausgegangen, dass bei einem Vorhandensein von 3 Raupen je m2 Schäden verursacht werden können und dass bei 30 Raupen je m2 mit Kahlfraß gerechnet werden muss (BOLLOW 1960). HÜLBERT & SÜSS (1983) gehen bei einer mittleren Larvenzahl von 0.2–0.3 Raupen/ Pflanze (~0.8–1.2 Raupen/ m2) mit einem 5%igen Ertragsverlust aus. Bei SCHWARZ et al. (1990) gelten 4-6 Junglarven pro m2 oder später 5 Larven pro 100 Pflanzen als Bekämpfungsschwelle. BUHL & SCHÜTTE (1971) als auch HOFFMANN & SCHMUTTERER (1983) geben an, dass eine Bekämpfung rentabel ist, wenn 6 Larven je m2 vorliegen. In der DDR galt eine mittlere Larvenzahl pro 100 Pflanzen von 25 bei Kartoffeln, von 50 bei Zuckerrüben und von 75 bei Mais in Hauptfruchtstellung als Schadschwelle (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). C-2.2 Zielsetzung Das im Projekt StartClim2007.C „Anpassungen der Schadinsektenfauna an den Klimawandel im ostösterreichischen Ackerbau“ erstellte Monitoringkonzept sollte im vorliegenden Projekt anhand des aktuellen Problems der zunehmenden Erdraupenschäden in beispielhaften Kulturen (Kartoffel und Gründüngungsbeständen) im Untersuchungsgebiet Weinviertel einem ersten Praxistest unterzogen werden. Es sollten zudem Anpassungsmöglichkeiten der Landwirtschaft an einen höheren durch eine Klimaerwärmung hervorgerufenen Erdraupendruck vorgeschlagen werden. Im einzelnen sollten dabei folgende Teilziele erreicht werden: 1.

Um Häufigkeit und räumliche Verteilung der Erdraupen auf Monitoringflächen erheben zu können, sollte eine geeignete Aufnahmemethodik erprobt und adaptiert werden.

2.

Die Ansprüche an Netzdichte und Verteilung von Monitoringflächen sollte erhoben werden, um die Verbreitung eines Bodenschädlings mit der heterogenen Verteilung von Niederschlägen und Trockenheit in Zusammenhang bringen zu können.

3.

Die Eignung der zur Verfügung stehenden Klimadaten zur Interpretation der Schädlingsverteilung bzw. passende Methoden zur statistischen Verrechnung von Schädlingsdichten und Witterungsdaten sollten erprobt werden.

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

4.

Statistisch abgesicherte Aussagen zur Abhängigkeit des Auftretens von Erdraupenschäden von Bodenart, Mikroklima und Klima in den ausgewählten Kulturen sollten erarbeitet werden. Diese Ergebnisse können auch als Grundlage für breiter angelegte Untersuchungen zum Problemschädling Wintersaateule dienen.

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StartClim2008.C

C-3 Material und Methodik Im Nordosten Österreichs (Weinviertel) wurden insgesamt 9 landwirtschaftliche Betriebe besucht (siehe Abb. C- / oberer Teil A) und Angaben zu Standort, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge und Erdraupenschäden mittels Fragebogen (siehe Anhang Fragebogen) eingeholt. Die fotographische Dokumentation, die Informationen zum Boden, die aus der eBod-Datenbank (eBod 2009) gewonnen wurden, und standortspezifischen Eigenheiten aller Teilflächen der von Erdraupenschäden betroffenen Schläge (siehe Beispielerhebung in Abb. C- 2) wurden anschließend miteinander verglichen und auf Übereinstimmungen untersucht. Da Erdraupen die Kulturen zum vorwiegenden Teil unteririsch an der Stängelbasis und den Wurzeln schädigen, war die Entwicklung eines speziellen Aufnahmemodus von der Verteilung im Feld, der Dichte und der Fraßschäden notwendig. Die Aufnahmemethodik wurde am Feld entwickelt und erprobt und kann zukünftig auch für weitere bodenbürtige Schädlinge adaptiert und verwendet werden.

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

Abb. C- 2: Die Ergebnisse einer Flächenaufnahme eines Beispielbetriebes in der Gemeinde Loimersdorf sind graphisch und tabellarisch dargestellt. Auf der Ackerfläche ist der im Jahr 2007 durch Erdraupen betroffene Schadbereich (hellrot), dessen Schadgradient (roter Pfeil) sowie die Bodenunterschiede (römische Zahlen), welche in der anschließenden Tabelle beschrieben sind (Datenquelle e-Bod-Datenbank), eingezeichnet.

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C-3.1 Entwicklung der Aufnahmemethodik Für die Entwicklung einer praxistauglichen Aufnahmemethodik für Erdraupendichte und -schaden wurden im Sommer 2008 (10., 11. und 16.7.) auf einer Kartoffelfläche bei Untermallebarn (Bez. Korneuburg, NÖ) systematische Grabungen durchgeführt. Zum einen wurde dabei die Größe eines Probenpunktes sowie die Vorgangsweise festgelegt, mittels der an einem Probenpunkt die Zahl der Erdraupen bzw. der durch sie verursachte Schaden erhoben wird. Zum Anderen konnten anhand der Erdraupenzahlen, die an insgesamt 81 rasterartig verteilten Punkten erhoben wurden, Rückschlüsse auf die Verteilungsform der Erdraupen am Feld gezogen werden (zufällig, geklumpt oder gleichmäßig). Die Abstände zwischen den Rasterpunkten betrugen 10 Kartoffeldämme (~8m) * 10m bei einer beprobten Gesamtfläche von 5.120 m2. Auf Basis der Verteilungsdaten wurde nach KREBS (1989) eine Vorlage für ein Sequential Sampling System erstellt, das eine nachvollziehbare Einschätzung der Erdraupendichte in 3 Stufen bei möglichst geringer Probenzahl ermöglicht. Dabei sollte die Wahrscheinlichkeit einer unberechtigten Ablehnung bzw. Annahme einer Schätzkategorie (αbzw. β-Fehler) bei jeweils 5% liegen. Für den Erdraupenschaden wurde ein ähnliches System auf Basis einer Binomial-Verteilung entwickelt (KREBS 1989). Die Stufeneinteilungen der Erdraupendichten bzw. des Erdraupenschadens wurden in Anlehnung an Literaturangaben erstellt, welche ab 3 Raupen/m2 Schäden annehmen (BOLLOW 1960) bzw. ab 6 Raupen/m2 eine Bekämpfung rentabel sehen (BUHL & SCHÜTTE 1971). HÜLBERT & SÜSS (1983) haben in einer DDR-Hochrechnung 1976 errechnet, dass eine mittlere Dichte von 1,5 Erdraupen pro Kartoffelpflanze (~6 Raupen/ m2) zu einer 18%igen Schädigung der Knollen geführt hatte. C-3.2 Analyse schadfördernder Faktoren Aus dem laufenden Projekt „Neue Wege in der Regulation von Drahtwürmern unter besonderer Berücksichtigung des biologischen Landbaus“ (KROMP et al. 2008, unpubl. Projektbericht) wurden Boniturdaten zu Erdraupenschäden an Kartoffeln von 40 beprobten Feldern (siehe Abb. C- / oberer Teil A) aus den Jahren 2007 (27 Schläge) und 2008 (13 Schläge) zur Verrechnung mit den Faktoren Klima, Boden und Landschaftsstruktur herangezogen. Die Klimadaten (Niederschlag und Temperatur: 2006, 2007 und 2008) wurden von H. FORMAYER zur Verfügung gestellt und stammen aus dem Analyse- und Nowcastingsystem INCA der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (HAIDEN et al. 2009). Das 10-jährige Niederschlagsmittel sowie der Trockenheitsindex (K-Wert) stammen aus HARFLINGER & KNEES (1999). Die Bodendaten (Feuchtigkeit, Durchlässigkeit und Speicherkraft) wurden der eBod-Datenbank (eBod 2009) entnommen. Die Landschaftsstrukturdaten (prozentueller Ackerflächenanteil in 3 und 10km Umkreis) wurden vom Umweltbundesamt (CORINE Land Cover 1990) bezogen. Der Erklärungswert der Faktoren Klima, Boden und Ackerflächenanteil für die Verteilung der Erdraupenschäden in den Jahren 2007 und 2008 wurde mittels linearer bzw. logistischer Regressionsanalyse geprüft (BACKHAUS et al. 2000). Bei der Auswahl der zu erklärenden, abhängigen Variablen wurde die im Rahmen des Projekts entwickelte Aufnahmemethodik (siehe C-4.1, C-4.1.1, C-4.1.3) berücksichtigt, die eine Einschätzung der Erdraupenschäden als prozentueller Anteil der befressenen Kartoffelpflanzen in 3 Stufen vorsieht. In der linearen Regressionsanalyse stellte der prozentuelle Anteil der befressenen Stauden pro Schlag die unabhängige Variable dar. In der logistischen Regressionsanalyse wurde die Auftretenswahrscheinlichkeit von mittleren bis starken Erdraupenschäden (>10% der Pflanzen befressen) im Jahr 2007 in Bezug zu den Umweltfaktoren gesetzt. Anschließend wurde gemeinsam mit Angaben aus der Literatur und den Ergebnissen aus den Schadflächenerhebungen auf schadfördernde Faktoren geschlossen und darStartClim2008.C Seite 12

Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

aus Rückschlüsse auf Verteilungskriterien und Netzdichte der Monitoringstandorte gezogen (siehe Abb. C- 3).

Abb. C- 3: Überblick über die Vorgangsweise zur Erreichung der Projektteilziele.

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C-4 Ergebnisse C-4.1 Boniturschema der Dichte und des Schadens von Erdraupen Die Entwicklung einer nachvollziehbaren und praktisch anwendbaren Methodik zur Bestimmung von Erdraupendichten sowie ihrer Fraßschäden in Kartoffelkulturen wurde mit dem Ziel vorgenommen, vergleichbare Datensätze von verschiedenen MonitoringStandorten gewinnen zu können. Diese Aufnahme- und Bewertungsmethode könnte im Rahmen des in StartClim 2007 konzeptionierten Monitoringsystems für andere Schädlinge und Kulturen adaptiert und verwendet werden. Im folgenden wird die aus der Beprobung des Versuchsfeldes in Loimersdorf abgeleitete, allgemein anwendbare Erdraupen-Erhebungsmethode beschrieben. C-4.1.1

Entwicklung der Aufnahmemethodik

Die Verteilung der Erdraupen auf der Rasterfläche in Untermallebarn war zufällig bis schwach geklumpt mit einem standardisierten Morisita Index von 0.23 (gleichmäßige Verteilung < 1, zufällig = 0, geklumpt > 1; KREBS 1989). Die mittlere Raupendichte betrug 0,9 ± 1.02 (Standardabweichung) pro ¼m2 bzw. 0.45 +- 0,51 pro Pflanze. Dieses Ergebnis deckte sich mit den Angaben von HÜLBERT & SÜSS (1983), die ebenfalls eine zufällige Verteilung der Erdraupen auf den von ihnen untersuchten Schlägen beobachten konnten. Dabei kann es laut den Autoren an Stellen mit lockerem und leichtem Boden zu geklumptem Auftreten kommen. Die anschließende Erstellung der Sequential Sampling Vorlage für die Einschätzung der Erdraupendichte konnte aufgrund des hohen Zeitaufwandes der Erhebungen nur auf Basis einer Rasteraufnahme erfolgen. Um die Datenbasis zu festigen, könnten die Ergebnisse zukünftiger Rasteraufnahmen allerdings rasch in das bereits entwickelte System integriert werden. C-4.1.2

Erdraupendichte

Innerhalb von mindestens 3 repräsentativen, ca. 30x30m großen Probeflächen pro untersuchtem Kartoffelacker (siehe Abb. C- 4/ Bild A) werden an zufällig verteilten Probenpunkten stichprobenartige Grabungen vorgenommen (siehe Abb. C- 4/ Bild B). Die Probeflächen werden so über das Versuchsfeld verteilt, dass schlagspezifische Eigenheiten wie Kuppen- und Hangfußlage bzw. Bodenunterschiede abgedeckt sind, so dass die einzelnen Probenpunkte einen möglichst repräsentativen Datensatz des gesamten Schlages liefern. Die einzelnen Probenpunkte bzw. –quadrate haben eine Fläche von ¼m2 (50x50cm) und werden am Kartoffeldamm mit Hilfe eines Maßstabes so eingemessen, dass zwei Kartoffelstauden und nahezu die gesamte Dammbreite abgedeckt sind. Auf dieser Fläche wird der Boden mit einer kleinen Schaufel zwischen den beiden Kartoffelstauden und am Dammabhang bis zu einer Tiefe von ca. 5cm abgehoben und in einer Wanne gesammelt (siehe Abb. C- 4/ Bild C). Das Bodenmaterial wird anschließend händisch nach Erdraupen durchsucht. Bereits beim Abtragen des Bodens muss auf Erdraupen geachtet werden, da sie oft direkt unter der Bodenkruste liegen. Auch Erdraupenpuppen werden als „Erdraupen“ gezählt, aber separat vermerkt.

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

Abb. C- 4: Beispiel einer Schadflächenerhebung. Bild A zeigt 3 Beprobungsflächen eines Schlages (schwarze Quadrate mit weißen Zahlen), Bild B die willkürliche Auswahl von Beprobungsquadraten auf den Kartoffeldämmen innerhalb einer Probenfläche. Darunter ist jeweils ein einzelnes Probenquadrat der Erdraupendichtebestimmung auf einem Haupt- (Bild C) bzw. der Fraßschadensbewertung auf einem Nebenstandort (Bild D) im Detail dargestellt.

Zur nachvollziehbaren Schätzung der Erdraupendichte auf der Basis von ¼m2Grabungen wurde das Beprobungsblatt A erstellt (siehe Abb. C- 5). Nach jeder Grabung wird die Gesamtsumme der bislang in der Probefläche gefundenen Erdraupen (y-Achse) am Kreuzungspunkt mit der Gesamtzahl der bislang durchgeführten Grabungen (x-Achse) in das Beprobungsblatt A eingezeichnet (Markierungen mit „x“ in Abb. C- 5).

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Abb. C- 5: Abbildung Y: Beprobungsblatt A mit schwacher, mittlerer und starker Erdraupendichte (weiße Rasterflächen rechts unten, rechts oben und links oben). Die Wahrscheinlichkeit einer unberechtigten Ablehnung bzw. Annahme einer Kategorie (α- bzw. β-Fehler) liegt bei jeweils 5%. Die orange Fläche zeigt den Unsicherheitsbereich zwischen den Bewertungsstufen an. In dieser fiktiven Erhebung (Markierungen mit „x“) wird z. B. nach 14 Beprobungen auf der Probenfläche ein starker Erdraupendruck festgestellt (Markierung Nr. 14).

Um die Anzahl der Grabungen so gering wie möglich zu halten, wird folgendermaßen vorgegangen: Solange der Kreuzungspunkt zwischen der Anzahl der Probenpunkte und der insgesamt gefundenen Erdraupen (x- und y-Achse) in einem orangen Bereich (=Unsicherheitsbereich) liegt, müssen weitere Grabungen vorgenommen werden. Sobald der Kreuzungspunkt in einem weißen Bereich (= Entscheidungsbereich) liegt kann die dort angegebene Erdraupendichte („schwach“, „mittel“ oder „stark“) angenommen werden (siehe nachfolgende Tab. C- 1). Tab. C- 1: 3-stufige Bewertungsskala der Erdraupendichte auf dem Rasterbeprobungsblatt.

Stufe

Individuen pro m2

1

Schwache Erdraupendichte

Max. 2

2

Mittlere Erdraupendichte

4-6

3

Starke Erdraupendichte

Mind. 8

Liegt der Kreuzungspunkt nach 20 Probenpunkten noch immer in einem orangen Bereich (= Unsicherheitsbereich) kann die Beprobung beendet werden. Die dem Kreuzungspunkt nächstgelegene Erdraupendichtestufe wird angenommen. Falls bis zum 10. Probenpunkt keine Erdraupe gefunden wurde, kann angenommen werden, dass innerhalb der Probefläche keine Erdraupen vorhanden sind. StartClim2008.C Seite 16

Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

Bei maximal 20 Proben/Probenfläche und einer erfahrungsgemäßen Dauer von maximal 30 Minuten (1 Person) bzw. 15 Minuten (2 Personen) pro Probenpunkt, ergibt sich ein maximaler Arbeitsaufwand von etwa 10 Personenstunden pro Probefläche. Die erhobene Erdraupendichte ist nur für die Probenfläche, auf der die Grabungen stattgefunden haben, gültig. Je nach Gegebenheit ist für eine Abschätzung der Erdraupendichte auf dem gesamten Kartoffelacker die Bildung eines Mittelwerts aus mehreren Probeflächen nötig. Die Aufnahmen für die Erdraupendichte sollten im Juli erfolgen. C-4.1.3

Erdraupenschäden

Für die Bewertung von Erdraupen-Fraßschäden sollen unter Bedachtnahme von Hangneigung und Bodenunterschieden pro untersuchtem Kartoffelacker auf mindestens 3 repräsentativen Beprobungsflächen (siehe Abb. C- 4/ Bild A), jeweils mit einer Größe von 30x30m, zufällig verteilt Kartoffelpflanzen (=Probenpunkte) ausgewählt werden (siehe Abb. C- 4/ Bild B). Die Kartoffelstauden werden mit einem Spaten aus dem Boden gehoben und die Knollen auf Erdraupenschäden untersucht, wobei erfahrungsgemäß nur die zuoberst liegenden von Fraßschäden betroffen sind (siehe Abb. C- 4/ Bild D). Eine Staude gilt ab dem Auftreten von mindestens einer Erdraupenfraßstelle (unabhängig von der Zahl der geschädigten Knollen) als geschädigt. Um das Ausmaß des momentanen Erdraupenschadens am Standort zuverlässig bewerten zu können, wurde das Beprobungsblatt B erstellt (siehe Abb. C- 6). Hier soll, wie schon beim Beprobungsschema der Erdraupendichte die Anzahl der zu untersuchenden Kartoffelstauden ebenfalls möglichst gering gehalten werden. Nach jeder beprobten Pflanze wird der Kreuzungspunkt, der sich aus der Gesamtzahl der bislang auf der Probenfläche erhobenen Pflanzen (x-Achse) und der Gesamtsumme der bislang gefundenen schadhaften Pflanzen (y-Achse) ergibt, am Beprobungsblatt B eingetragen (Markierungen mit „x“ in Abb. C- 6).

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Abb. C- 6: Beprobungsblatt B mit schwachem, mittlerem und starkem Erdraupenschaden (weiße Rasterflächen unten rechts, Mitte rechts und oben). Die rote Fläche zeigt den Unsicherheitsbereich zwischen den Bewertungsstufen an. Die Wahrscheinlichkeit einer unberechtigten Ablehnung bzw. Annahme einer Kategorie (α- bzw. β-Fehler) liegt bei jeweils 5%. In dieser fiktiven Erhebung (Markierungen mit „x“) wird z. B. nach 17 beprobten Pflanzen auf der Probenfläche ein starker Erdraupenschaden festgestellt (Markierung Nr. 17).

Solange der Kreuzungspunkt der Anzahl der Probenpunkte (x-Achse) und der insgesamt durch Erdraupenfraß geschädigten Pflanzen (y-Achse) in einem roten Bereich (=Unsicherheitsbereich) liegt, muss die Pflanzenbeprobung fortgesetzt werden. Befindet sich der Kreuzungspunkt in einem weißen Bereich (=Entscheidungsbereich), kann das Ausmaß der Erdraupenschäden den jeweiligen Schadstufen („schwach“, „mittel“ oder „stark“) zugeordnet werden (siehe nachfolgende Tab. C- 2). Tab. C- 2: 3-stufige Bewertungsskala des Erdraupenschadens auf dem Rasterbeprobungsblatt.

Stufe

Anteil geschädigter Pflanzen (%)

1

Schwacher Erdraupenschaden

0 - 10

2

Mittlerer Erdraupenschaden

30 - 50

3

Starker Erdraupenschaden

≥ 70

Wenn sich nach 30 Probenpunkten der Kreuzungspunkt noch immer in einem roten Bereich (=Unsicherheitsbereich) befindet, kann die Pflanzenbeprobung beendet und der dem Kreuzungspunkt nächstgelegene Erdraupenschaden angenommen werden. Wird bis zum 10. Probenpunkt keine geschädigte Pflanze auf der Probefläche gefunden, kann angenommen werden, dass kein Erdraupenschaden auf der Fläche vorliegt.

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

Bei maximal 30 Proben/Probenfläche und einer erfahrungsgemäßen Dauer von maximal 3 Minuten pro Pflanze, ergibt sich ein maximaler Arbeitsaufwand von etwa 1,5 Personenstunden pro Probefläche. Die erhobene Erdraupendichte ist nur für die Probenfläche, auf der die Grabungen stattgefunden haben, gültig. Je nach Gegebenheit ist für eine Abschätzung des Erdraupenschadens auf dem gesamten Kartoffelacker die Bildung eines Mittelwerts aus mehreren Probeflächen nötig. Die Aufnahmen für den Erdraupenschaden sollten im August/September erfolgen.

C-4.2 Schadfördernde Faktoren und Rückschlüsse auf Netzdichte und Verteilung von Monitoringstandorten C-4.2.1

Ergebnisse der Regressionsanalysen

Bei gemeinsamer Verrechnung der Erdraupenschäden 2007 und 2008 ergaben sowohl lineare als auch logistische Regressionsanalyse signifikante negative Zusammenhänge zwischen dem prozentuellen Anteil befressener Kartoffelpflanzen und dem 10-jährigen Jahresniederschlagsmittel (HARLFINGER & KNEES 1999) eines Standortes (siehe Tab. C3, Abb. C- 7/ oberer Teil A). Laut der logistischen Regressionsanalyse konnte die Auftretenswahrscheinlichkeit von mittleren bis starken Schäden mit der mittleren Niederschlagssumme zu 25% erklärt werden. Dabei kommt es ab einer mittleren Niederschlagssumme ≤ 560mm mit einer Wahrscheinlichkeit von ≥70% zu mittleren bis starken Erdraupenschäden (≥10% der Pflanzen befressen). In beiden Verrechnungsmethoden stellte sich auch ein starker positiver Zusammenhang der Erdraupenschäden mit dem prozentuellen Anteil der Ackerfläche in 10km Umkreis heraus (siehe Tab. C- 3, Abb. C- 7/ oberer Teil A). Nach dem Ergebnis der logistischen Regressionsanalyse (23% erklärte Varianz) liegt bei einem Ackerflächenanteil von ≥55% die Auftretenswahrscheinlichkeit mittlerer bis starker Erdraupenschäden bei ≥70%. Da Niederschlagssumme und Ackerflächenanteil aufgrund ähnlicher geographischer Verteilung auch untereinander korrelierten (siehe Abb. C- 7), erbrachte die gemeinsame Verrechnung der beiden Parameter in einer multivariaten Regressionsanalyse keinen erhöhten Erklärungswert für die Verteilung der Erdraupenschäden. Dennoch könnten beide Parameter kausal mit dem Auftreten von Erdraupenschäden verknüpft sein. Die negativen Auswirkungen von feuchter Witterung auf die Entwicklung der Erdraupe wurden, wie in der Einleitung dargestellt, bereits eingehend in der Literatur beschrieben (z. B. ESBJERG 1991). Der positive Zusammenhang zwischen Erdraupenschäden und Ackerflächenanteil könnte darauf beruhen, dass die Falter in offenen Landschaften mit geringen Distanzen zwischen den geeigneten Kulturen leichter zufliegen als in stark gekammerten Landschaften mit hohem Waldanteil und weiten Distanzen zwischen den geeigneten Kulturen. Die getrennte Verrechnung der Boniturdaten der Jahre 2007 und 2008 mit den monatlichen Niederschlagswerten der Jahre 2006, 2007 und 2008 ergab für beide Jahre signifikant negative Zusammenhänge der Erdraupenschäden mit den Niederschlagssummen von September bis Oktober des jeweiligen Vorjahres (siehe Tab. C- 3). Das heißt, je höher die Niederschlagssumme von September bis Oktober des Vorjahres war, desto geringer waren die Erdraupenschäden an Kartoffeln im Folgejahr. Einerseits bekräftigt dieses Ergebnis den negativen Zusammenhang zwischen Erdraupenschäden und jährlicher Niederschlagssumme bei einer gemeinsamen Verrechnung der Boniturdaten. Andererseits deutet der negative Einfluss höherer Niederschlagssummen im Herbst auf die Schäden im Folgejahr auf einen populationsregulierenden Effekt der Witterung in dieser Jahreszeit hin. Ein trockener Herbst könnte die Entwicklung der Raupen nach dem 2. Flughöhepunkt im Spätsommer begünstigen, was zu einer höheren Ausgangspopulation StartClim2008.C Seite 19

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im darauffolgenden Frühjahr und somit zu höheren Schäden im Sommer führt. Werden Herbstkulturen wie zB. Begrünungen angebaut, die den Faltern als Eiablage und den Raupen als Nahrungsressource dienen, könnte dies die Erdraupenpopulationen zusätzlich fördern. Dieser Zusammenhang wurde auch bei den Betriebsbesuchen mehrmals erwähnt und ist unter Punkt C-4.2.2 eingehender diskutiert. Grundsätzlich stellten sich die Temperatur- und Niederschlagswerte aus dem INCA-System (Auflösung: 1x1km) als geeignete Datengrundlage zur Verknüpfung von schlaggenauen Schadensdaten mit Witterungsverläufen bzw. -ereignissen heraus. Die Erdraupenschäden im Jahr 2007 zeigten ähnlich den Ergebnissen der gemeinsamen Verrechnung beider Jahre einen positiven Zusammenhang mit dem prozentuellen Anteil der Ackerfläche im Umland der Schadfläche (siehe Tab. C- 3). Da die beiden unabhängigen Faktoren „Niederschlagssumme im Herbst“ und „Ackerflächenanteil im Umland“ stark korrelierten, ergab die kombinierte Verrechnung mittels einer multivariaten Regressionsanalyse auch für die Boniturdaten 2007 keinen erhöhten Erklärungswert. Tab. C- 3: Ergebnisse der Regressionsanalysen mit Erdraupenschäden der Jahre 2007 und 2008 und Klima-, Boden- und Landschaftsstrukturparametern; lineare Regression - abhängige Variable: prozentueller Anteil der befressenen Pflanzen an der Gesamtzahl der erhobenen Pflanzen pro Schlag, logistische Regression – abhängige Variable: kein bzw. schwacher Schaden (≤10% der Pflanzen befressen) = 0 und mittlerer bis starker Schaden (>10% der Pflanzen befressen) = 1; NSmw (mm) = der mittlerer Jahresniederschlag (1961 – 1990; HARLFINGER & KNEES 1999), die monatlichen Niederschlagsdaten stammen aus dem Analyse- und Nowcastingsystem INCA der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (HAIDEN et al. 2009): Nshe06 bzw. Nshe07 = Niederschlagssumme Herbst (September – Oktober) 2006 bzw. 2007; der prozentuelle Anteil der Ackerfläche in einem 3km (Ack3km) bzw. 10km (Ack10km) Umkreis wurde basierend auf CORINE Land Cover 1990 berechnet; Anteil der erklärten Varianz der abhängigen Variable: lineare Regression = r2, logistische Regression = Nagelkerkes r2. Lineare Regression

2007 + 2008

2007

2008

Logistische Regression mittlerer Schadentritt ein zu 50% 70%

Unabh. Variable

Koeff. (Pearson)

p

erklärte Varianz (%)

Koeff.

p

erklärte Varianz (%)

NSmw (mm)

-0,393

0,012

13

-0,01

0,004

25

≤ 680mm

≤ 560mm

Ack10km (%)

0,339

0,032

9

0,04

0,006

23

≥ 35%

≥ 55%

Ack3km (%)

0,541

0,004

26

0,046

0,006

48

≥ 57%

≥ 79%

Nshe06 (mm)

-0,469

0,014

19

-2,554

0,014

26

≤ 47mm

≤ 27mm

Nshe07 (mm)

-0,584

0,04

28

\

\

\

\

\

Die logistische Regressionsanalyse stellte sich im Rahmen der Studie als geeignete Verrechnungsmethode heraus, um die im Monitoringsystem erhobenen Schadstufen (siehe Punkt C-4.1.3) mit Klimadaten und Begleitparametern in einem Modell zu verknüpfen. Einerseits wird dabei die Einflussstärke der einzelnen Faktoren auf das Schadauftreten abgeschätzt. Andererseits könnte die vom Modell vorhergesagte Schadenswahrscheinlichkeit den LandwirtInnen als Entscheidungsgrundlage bei Festlegung von Fruchtfolge und/oder Bodenbearbeitung dienen. Unterstützend können Risikogebiete, in denen einflussreiche Faktoren eine für den Schädling günstige Ausprägung aufweisen, auch geographisch dargestellt werden (siehe Abb. C- 7, oberer Teil A). Eine Auftrennung der Effekte von Witterung und Landschaftsstruktur kann nur bei systematischer Anlage der Monitoringstandorte unter Berücksichtigung von Niederschlagsverteilung und Ackerflächenanteil erfolgen (GRÜNBACHER et al. 2007). In Abb. C- 7 (unStartClim2008.C Seite 20

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terer Teil B) sind die Bereiche in Ostösterreich eingetragen in denen aufgrund der Ausprägung der beiden Faktoren eine ≥70%ige Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass mittlere bis schwere Erdraupenschäden auftreten. Zusätzlich ist ein Vorschlag für ein Monitoringnetz zur Erhebung von Erdraupendichten und –schäden unter Berücksichtigung beider Faktoren eingezeichnet.

Abb. C- 7: Verortung der Standorte, an denen in den Jahren 2007 und 2008 Erdraupenschäden erhoben wurden, sowie Verortung der im Jahr 2008 besuchten Betriebe. Ab einer mittleren Jahresniederschlagssumme (1961–1990, HARLFINGER & KNEES 1999) < 560 mm bzw. ab 55% Ackerfläche in einem Umkreis von 10km (CORINE LAND COVER 1990) liegt laut den Ergebnissen der logistischen Regressionsanalyse (r2=24%) eine über 70%ige Wahrscheinlichkeit vor, dass ein mittlerer bis starker Erdraupenschaden auftritt (≥10% der Pflanzen befressen). Die Karte der Kartoffelanbaugebiete stammt von STATISTIK AUSTRIA (2009). B) Vorschlag für ein Monitoringnetz zur Erhebung von Erdraupendichten bzw. –schäden unter Berücksichtigung von Niederschlagssumme und Ackerflächenanteil. StartClim2008.C Seite 21

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C-4.2.2

Betriebsbesuche

Laut den Aussagen der LandwirtInnen bei den Schadflächenerhebungen dürfte eine trocken-warme Witterung eng mit der Entwicklung der Erdraupe gekoppelt sein. Diese Beobachtungen stimmen auch mit den Aussagen in der Literatur überein. Laut ESBJERG (1992) sind sowohl die Temperatur als auch die Bodenfeuchtigkeit während der L1- und L2-Stadien die Schlüsselfaktoren zum Überleben der Erdraupen. Wie bereits in der Einleitung beschrieben, sterben viele Raupen bei Nässe infolge von Infektionen ab (HOFFMANN & SCHMUTTERER 1983). Außerdem sind bei nassem Boden die Fraßtätigkeit und die Entwicklungsrate reduziert und infolge dessen die Sterblichkeit der Erdraupen höher (ESBJERG 1988). Bei den Schadflächenerhebungen war auffällig, dass an 7 von 9 Standorten Tschernosem der bestimmende Bodentyp war, ebenso viele Schläge wiesen trockene bzw. mäßig trockene Wasserverhältnisse auf. Schwarzerde könnte aufgrund der stärkeren Absorption der Strahlung eine höhere Entwicklungstemperatur im Boden aufweisen und dadurch die Entwicklung der Larven fördern. Die Befragungen der LandwirtInnen deuten daraufhin, dass die zeitliche Übereinstimmung des Auftretens der Larven und der Anbauzeitpunkt der Kulturen entscheidend für einen Erdraupenbefall sein dürfte. Im Frühjahr und Herbst sind vor allem junge Kulturpflanzenbestände von Erdraupenschäden betroffen. Auch SCHWARZ et al. (1990) deuteten darauf hin, dass Erdraupen an jungen Kulturen innerhalb weniger Nächte Kahlfrass verursacht hatten. In älteren Pflanzenbeständen waren die „gefällten“, auf dem Boden liegenden Blätter auffällig. Aus den Befragungen geht weiters hervor, dass neben den Begrünungen bestimmte Kulturen bevorzugt von Erdraupen befallen wurden. So waren neben Kartoffel und Mais die Kulturen Amaranth, Sellerie, Phacelia, Petersilie, Bohnenkraut, Anis und Koreander verstärkt von Schäden betroffen. Zudem wurde in konventionellen Betrieben ein verstärkter Erdraupendruck auf Rüben- und Sonnenblumenflächen festgestellt. Im Weizen hingegen wurden kaum Schäden verzeichnet. Der häufig genannte Zusammenhang von Erdraupenschäden mit Begrünungen lässt den Schluss zu, dass diese den Eulenfaltern im Herbst Eiablagemöglichkeiten und den jungen Larven nach dem Schlüpfen eine Nahrungsquelle bieten. Laut HÜLBERT & SÜSS (1983) bleiben Falter, Eier und Jungraupen, die aus dem zweiten Flughöhepunkt hervorgehen im Herbst in der Schadensbilanz im Freiland für landwirtschaftliche Kulturen im wesentlichen ohne Einfluss. In den meisten Fällen sind die Kulturen zum Befressen durch Erdraupen zu dieser Zeit bereits abgeerntet, zum anderen beginnt mit der herbstlichen Abkühlung des Bodens unter 10 °C und der Verkürzung der Tageslänge die thermische Quieszenz der Raupen. Sind aber die Temperaturen im Herbst günstig und dienen gerade auflaufende Begrünungen den Erdraupen als Nahrungsquelle, so können dies die Ursachen für die starken Schädigungen in Begrünungen sein. Auch die Ergebnisse der Regressionsanalysen (Punkt C-4.2.1) stützen diese Annahme. Laut ZWATZ et al. (1990) treten Herbstschäden an Winterungen nach warmen, trockenen Sommern auf, wenn sich zumindest eine schwache zweite Generation entwickeln konnte. Auch die vor allem im Herbst 2007 durch die Erdraupe verursachten Schäden an Begrünungen dürften durch das Wetter begünstigt worden sein. Das Wetter in Österreich im Jahr 2007 war bis zum September extrem warm und trocken (ZAMG 2009). Kann sich in einem Jahr eine zweite Generation entwickeln und herrschen auch im Herbst günstige klimatische Bedingungen, so besteht die Gefahr, dass im Folgejahr Schäden durch eine große Ausgangspopulation an Erdraupen auftreten. Laut MIKKELSEN & ESBJERG (1981) ist das Monitoring mit Pheromonfallen besonders in Regionen wichtig, in denen die Populationsdichte der Erdraupe (im Vorjahr) hoch war und trocke-

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

nes Wetter während der Monate Februar, März, April und Mai herrscht. Grundsätzlich besteht keine große Schadensgefahr, wenn die Populationsdichte gering ist. Schäden durch Erdraupen können sehr leicht mit anderen Ursachen verwechselt werden. So können Bestandeslücken in Begrünungen beispielsweise auftreten, weil am Feld zurückbleibende Ernterückstände das Auflaufen der Begrünung hemmen. Auch Mäusefraß kann als Erdraupenschädigung fehlgedeutet werden. Daher ist für eine zuverlässige Interpretation eine genaue Untersuchung betroffener Flächen (Schadbonitur) notwendig.

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C-5 Schlussfolgerung Wenn unter günstigen Klimabedingungen die „Schnellentwickler“ der Wintersaateule im August/September eine zweite Generation ausbilden, können aus dem gemeinsamen Auftreten mit den Langsamentwicklern massive Schäden an Begrünungen auftreten. Da Begrünungsbestände im Herbst einerseits geeignete Eiablageplätze zur Verfügung stellen und andererseits oftmals als einzige Nahrungsquelle dienen, sollte nach trockenen und warmen Sommern ein Verzicht auf Begrünungen in Erwägung gezogen werden. Treten im Herbst Schäden an Begrünungen auf und wird ein Populationsaufbau zusätzlich durch milde Temperaturen unterstützt, kann von starken Schäden im Folgejahr ausgegangen werden. Eine eventuelle Gegenmaßnahme könnte die Umstellung auf für Erdraupen weniger attraktive Kulturen darstellen. Als zusätzliche Bekämpfungsmaßnahme gegen Erdraupenschäden kommt aufgrund der hohen Empfindlichkeit gegenüber feuchten Bedingungen, welche Pilz- und Bakterienbefall oder Virusinfektionen begünstigen, die Beregnung von Kulturen in Frage sofern möglich. In Zukunft sollte auf die Zusammenhänge zwischen Erdraupenschäden bzw. -dichten mit Begrünungen und Klimafaktoren näher eingegangen werden. Der infolge unterschiedlicher Szenarien einer Klimaerwärmung zu erwartende Anstieg des Schädlingsdrucks sowie Verschiebungen des Schädlingsspektrums macht Anpassungsstrategien in der biologischen und konventionellen Landwirtschaft notwendig, um rechtzeitig auf Schädlingskalamitäten mit Maßnahmen wie beispielsweise einem Sortenoder Fruchtfolgewechsel, einer Umstellung in der Bodenbearbeitung sowie dem Einsatz biologischer und chemischer Bekämpfungsmittel reagieren zu können. Die in diesem Projekt entwickelte Erhebungsmethode der Erdraupendichte und des Erdraupen-Fraßschadens könnte im Rahmen des Projekt StartClim2007 konzeptionierten Monitoringsystems für weitere Schadinsekten und Kulturen adaptiert und eingesetzt werden. Voraussetzung dafür sind entsprechende Mittel zur Realisierung des Monitoringsystems. Einige von Bio Forschung Austria im Rahmen der StartClim-Projekte 2005, 2006 und 2008 erarbeitete Grundlagen liegen bereits vor.

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Praxiserprobung des Monitoringkonzepts

C-7 Anhang C-7.1 Anhang Fragebogen

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