Digitalisierung, AHV und Startups

08.03.2017 - „Digitalisierung wird die ganze Beratung wegrationalisieren? Definitiv ... Aber nicht nur die Berater, sondern auch für die Kunden werde die ...
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Digitalisierung, AHV und Startups Unternehmergespräch mit Ivo Furrer

Schulanlässe

Fotos: Désirée Andermatt Am Mittwoch dem 8. März 2017 fand das zweite Unternehmergespräch im Kloster, diesmal mit Ivo Furrer, CEO der Swiss Life Schweiz und designter Verwaltungsrat der Helvetia Holding, statt. Das Gespräch im Grossen Saal wurde von den Fachlehrern des Kursfachs „Unternehmertum & Wirtschaft“, Stephan Zurfluh und Helmuth Fuchs, sowie der Alumni Scholae Einsiedlensis organisiert. Durch den Abend führten Helmuth Fuchs, sowie die SchülerInnen Niklas Meinhold, Max Somm und Ella Pannekeet aus dem Kursfach. Im Verlaufe des Gesprächs waren Digitalisierung und Vorsorge ein Thema, sowie die gesellschaftlichen Veränderungen einer immer älter werdenden Gesellschaft und schliesslich auch die Startups.







Die Digitalisierung ist in der heutigen Zeit präsenter denn je und daher auch ein heiss diskutiertes Thema. Inwiefern die Digitalisierung in der Versicherungsbranche eine Rolle spielt, wie weit die Entwicklung bereits vorangeschritten ist und was uns in Zukunft erwartet, beantworte Ivo Furrer. Der Unternehmer ist CEO der Swiss Life Schweiz und designter Verwaltungsrat der Helvetia Holding AG mit einer 25-jährigen Management Erfahrung.

„Digitalisierung wird die ganze Beratung wegrationalisieren? Definitiv nicht!“ Im Gespräch beantwortete Ivo Furrer als erstes Fragen rund um das Thema Digitalisierung. Die Firma Swiss Life setze die Digitalisierung an den Anfang ihrer Strategie. Dabei werde die Digitalisierung zur Verbesserung der Effizienz sowie zur Vereinfachung des Arbeitsalltags eingesetzt. Durch die neuen technischen Mittel werde auch die Digitalisierung vorangetrieben. Die Digitalisierung sei aber keine plötzliche Änderung, sondern ein Prozess, welcher schon vor längerer Zeit begonnen habe. Durch die Digitalisierung werde auch ein verbesserter Kundenkontakt ermöglicht. Dennoch stehe eine Ersetzung der physischen Beratung ausser Frage. Dies werde nicht passieren, da die Beratung zu kompliziert und ein bestimmtes Knowhow erforderlich sei, welches ein Computer nicht so einfach ersetzen könne. Deshalb nutze man die Digitalisierung stärker bei einfachen Beratungsprodukten, da es in diesem Falle keine persönliche Beratung brauche. Als Beispiel ist hier die Autopolice zu nennen, welche bereits stark digitalisiert wurde. In naher Zukunft sollen auch Vorsorgeberater von den neuen Technologien profitieren. Aber nicht nur die Berater, sondern auch für die Kunden werde die Digitalisierung Vorteile bringen, dies mit technischen Mittels wie „my world“ oder „my client“. Aus dem Publikum wurde dann die Frage nach dem Prozentsatz für die Digitalisierung gestellt. Ivo Furrer stellt klar, dass ihnen ein Budget von 400 Mio zur Verfügung stünde, von diesem würde das Unternehmen sechs bis acht Millionen jährlich für die Digitalisierung einsetzten. Bei solchen Zahlen müsse man aber immer auch dahinter sehen: „Wir machen das, weil es dem Business nützt und um den Kunden besser zu bedienen“, so Ivo Furrer.







Als weiterer Themenbereich wurde über die Gesellschaft und die notwendige Vorsorge diskutiert. Max Somm wollte vom CEO wissen, wie sich eine Lebensversicherung wie die Swiss Life für die Zukunft einer sich ändernden Gesellschaft, mit aufgrund der besseren Medizin immer älter werdenden Gesellschaft, einstelle. Ivo Furrer legte den Zuhörerinnen und den Zuhörer an dieser Stelle ans Herz, sich mit der Vorsorge früh genug zu beschäftigen. Eine rechtzeitige Auseinandersetzung sei sehr wichtig für die Zukunft.

Das Drei-Säulen-Prinzip als absolute Errungenschaft des Staats Ivo Furrer ist vom Drei-Säulen-Prinzip der Schweiz überzeugt. Die Schweiz habe potentiell das beste System, wenn man es mit den Nachbarländern vergleiche. Das Konzept sei überzeugend, deshalb müsste eine Reform auch innerhalb der drei Säulen geschehen, um das Konzept als solches beizubehalten. Auf die Frage, ob ein System „AHV“, welches 1948 errichtet worden war, noch zeitgemäss sei, beantwortete Ivo Furrer mit einem klaren Ja. „Wir brauchen die Institution AHV“ so der Swiss Life CEO. Er bestätigt, dass wir womöglich in finanzielle Schwierigkeiten kommen, da die Babyboomer-Generation ins Rentenalter kommt und es immer weniger junge Menschen gibt. Dennoch ist er überzeugt davon. Man gebe den Menschen, die weniger verdienen, etwas ab, das sei sozial und zeitgemäss, davon profitieren nämlich alle. Ivo Furrer ergänzt: „In der AHV ist jung, was noch arbeitet.“ Denn alle Arbeitstätigen tragen dazu bei, die Rentnerinnen und Rentner zu versorgen. „Die Jungen machen was für die Alten, aber die Alten waren auch mal jung.“, so Furrer. «Die junge Generation, ihr werdet es schwierig haben.» Ein Satz, welchen viele junge Menschen zu hören bekommen. Daher war die Frage der Schüler und Schülerinnen, wie es um ihre Berufschancen stehe, in der Zukunft, wo doch die Digitalisierung die Überhand gewinnen würde. Ivo Furrer ist optimistisch, es würde nichts bringen, den Jungen Angst einzuflössen. Thesen wie diese gab es schon immer, mit jeder neuen Entwicklung. Der Swiss Life CEO ist überzeugt, dass sich durch die Digitalisierung sogar

neue

Berufsperspektiven

eröffnen.

Bestehende

Berufe

werden

sich

weiterentwickeln, und mit Eigeninitiative und Wille fände man auch in Zukunft einen Job. Es würde nämlich nicht passieren, dass wir im Alter von 50 Jahren nicht mehr arbeiten könnten.







Startups - Ein aktuelles Thema Startups sind eine eigene Welt, ein eigenes Ökosystem. In Furrers Unternehmer haben sie auch zwei, drei Mitarbeiter im Team, welche die Startups und deren Technologie verstünden, dies sei besonders wichtig. Startup-Unternehmer würden nicht mit Leuten wie „ihm“ reden, ausser wenn es ums Geld gehe. Eine Anekdote aus dem Startups-Alltag zauberte den Zuhörerinnen und Zuhörern jenes Abends ein Lächeln auf das Gesicht. Ivo Furrer erzählte, dass er eines Tages von einem Start-up Unternehmer nach dem finanziellen Betrag für Startups gefragt wurde. Als Furrer mit sechs bis acht Millionen antwortete, bekam er vom Jungunternehmer die Antwort, dass dieser eine Zusage von 20 Millionen hätte. Darauf erwiderte der CEO: „Ich habe 1.3 Millionen Kunden, Sie haben gar keinen“. Eine weitere bedeutende neue Entwicklung sind Smart Contracts auf Basis von Blockchain. Die Frage von Max Somm, wie sich dadurch das Versicherungsgeschäft verändern werde, beantwortete Furrer mit einer Erklärung: Solche Smart Contracts sind Computerprotokolle, bilden Verträge ab oder überprüfen diese oder sie unterstützen die Abwicklung eines Vertrages technisch. Unter Umständen wird eine schriftliche Fixierung des Vertrages überflüssig. Auch die Swiss Life würde sich mit dem Thema beschäftigen, sie werden aber nie first sein, so Furrer. Soziale Medien – Das grosse Datensammeln Ebenfalls Thema des Abends waren die Sozialen Netzwerke. Soziale Netzwerke, aber auch Unternehmen wie Google sammeln immer mehr Daten über uns. Versicherungen gibt das die Möglichkeit, ihrer Kunden immer individueller, genau ihrem Risiko entsprechende Versicherungen anzubieten. Von Ivo Furrer wollte Niklas Meinhold wissen, wie er diese Entwicklung einschätze. Die Kunden störe dieses Datensammeln nicht mehr, denn mal ehrlich: Wer lese schon die AGB’s. Durch diese Daten seien persönliche Angebote für jeden einzelnen Kunden möglich. Dies schätzen die Kunden. Aber auch die Community sei immer wichtiger geworden. Ein Beispiel, um dies zu verdeutlichen: Wenn Sie ein Auto haben und wissen möchten, welche Felgen am besten sind, dann ist es am einfachsten, die Community zu fragen. Andere mit demselben Auto können am besten sagen, welche Felgen gut und welche nicht zu empfehlen sind.







Zum Schluss wollte Ella Pannekeet noch von Furrer wissen, wie sich das Angebot der Versicherungsbranche für junge Menschen anpasse. Denn die junge Generation habe ein ganz anderes Verhältnis zu Besitz und Sicherheit. Für die Jungen sei viel haben und alles zu versichern, weniger wichtig, ein ausgewogenes Leben in einem guten sozialen Umfeld würde höher im Kurs stehen, so die Schülerin. Auch Ivo Furrer ist das Problem bekannt. Ein junger Herr habe einmal gesagt, er wolle nach dem Studium nur 80% arbeiten, da er mehr Freizeit haben wolle. Auf die Frage seiner Freundin, dass dann eine Beförderung nicht möglich sei, antwortet dieser, dass ihm das nicht so wichtig sei, wenn er Anstelle eines top Jobs ein schönes Leben habe. Diese Anekdote zeigt, die Einstellung eines Grossteiles der jungen Generation. Eine konkrete Lösung hat auch Ivo Furrer nicht. Es gilt einfach sich auf die Generation und ihre Wünsche einzustellen und die weitere Entwicklung zu beobachten. So haben alle Anwesenden an diesem Abend viele neue Informationen über die Digitalisierung, die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Versicherungsbranche erfahren und die Schülerinnen und Schüler haben sich bereits jetzt Gedanken über ihre Vorsorge gemacht. Alina Jud (6c)