Die Verlegung von drei Stolpersteinen in Wedel - Stadt Wedel

02.12.2015 - Ein Name. Ein Mensch.“ Für 120 Euro kann jeder eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines. STOLPERSTEINS übernehmen.
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Die Verlegung von drei Stolpersteinen in Wedel wird am 02.12.2015 von Gunter Demnig an folgenden Orten vollzogen: 15 Uhr danach danach

Bahnhofstraße 35 Gärtnerstraße 17 Schlosskamp 31

Karl Timm (1920-1942) Betty Elkeles (1885-1940) Helene Johannsen (1879-1941/42)

Im vergangenen Jahr begann eine Projektgruppe der Gebrüder-Humboldt-Schule zum Thema „Stolpersteine“ über Opfer des Nationalsozialismus zu forschen, insbesondere über die Morde an Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen im Rahmen des NS-Euthanasie-Programmes. Die Präsentation ihrer Forschungsergebnisse und eine Wanderausstellung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zum gleichen Thema wurde dann ab Januar diesen Jahres im Stadtmuseum gezeigt. Dieses Projekt hatte einen traurigen Anlass: Leider gab es auch in Wedel mindestens drei Opfer der NS-Euthanasie-Verbrechen. Um diesen Menschen zu gedenken, hat sich die Projektgruppe des 9./10.Jg. der Gebrüder-Humboldt-Schule unter der Leitung der Lehrerin Sonja Strecker gegründet, mit dem Ziel, Stolpersteine für diese Opfer des Nationalsozialismus in Wedel zu verlegen. Die Schüler/innen forschten nach Belegen, Hinweisen, Dokumenten und Zeitzeugen-Aussagen über die Lebensgeschichten der Betroffenen. Auch die aufwendige Organisation der Verlegung von Stolpersteinen wurde von der Projektgruppe übernommen, und die Gestaltung eines Internetauftritts bei Facebook. Weitere wichtige Informationen erarbeitete Rene Senenko von der Geschichtswerkstatt der Willi-Bredel-Gesellschaft und Wedeler Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des NS-Regimes (VVN). Stolpersteine erinnern an unsere Mitmenschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden: die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Roma und Sinti, der Politisch-Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas, der Euthanasieopfer (etwa 650.000 Menschen) und Zwangsarbeiter. Mittlerweile finden sich rund 45.000 Steine in über 500 Orten Deutschlands und in 17 weiteren europäischen Ländern. Der Künstler Gunter Demnig ist der Gründer dieser Initiative. Er installiert vor dem letzten selbstgewählten Wohnort eines Opfers Gedenktafeln aus Messing im Bürgersteig: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, zitiert Gunter Demnig den Talmud. „Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Auf den Steinen steht geschrieben: HIER WOHNTE... Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.“ Für 120 Euro kann jeder eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines STOLPERSTEINS übernehmen. Dieses Geld wurde auf der Ausstellungseröffnung im Stadtmuseum sofort von Besucher/innen gespendet.

Lebensläufe der drei Wedeler Opfer des NS-Euthanasieprogrammes: Karl Timm (1919-1942) – Bahnhofstraße 35 Karl Timm wurde am 3.10.1919 geboren. Er wuchs in einer Arbeiterfamilie in Wedel unter der Adresse Voßhagen 48 auf. Er hatte vier Geschwister. Sein Vater arbeitete in einer Ölmühle und war ein Nazigegner. Karl Timm wurde nach Kriegsbeginn zur Luftwaffe eingezogen und zum Kanonier ausgebildet. Sein Bruder Gerhard, der 14 Jahre jünger ist, kann sich noch daran erinnern, dass er seinen Bruder Karl nach Ablauf seines Fronturlaubes zum Bahnhof begleitet hatte. Dort begegneten sie einem Wehrmachtsoffizier und da Karl ihn nicht vorschriftsmäßig grüßte, wurde er von dem Offizier fürchterlich angeschrien und gedemütigt. Der zweite Vorfall war, dass Karl zu spät von seiner Freundin in die Kaserne zurückkam und deswegen wegen „unerlaubter Entfernung von der Truppe“ verhaftet wurde. Er kam in das Prüfungslager der Luftwaffe Leipzig-Schönau, ein Erziehungs- und Aussonderungslager auf dem Kasernengelände. Er wurde dort gefangen gehalten und musste Lagertätigkeiten verrichten. Ein Dresdner Wehrmachtsgericht verurteilte dann am 29.4.1942 Karl Timm zum Tode. Karls Schwester Irene hat alles versucht, um Karl zu retten und ihn auch in der Haft besucht. Doch am 3.9.1942 wurde Karl Timm mit einem Kameraden aus Hamburg um 6:20 Uhr morgens auf einem Schießplatz im Wald erschossen und fünf Tage später auf dem Garnisonsfriedhof ohne militärische Ehren verscharrt - einen Monat vor seinem 23. Geburtstag. Quellen: René Senenko von der Willy-Bredel-Gesellschaft, Gerhard Timm (Bruder)

Betty Elkeles (1885-1940) – Gärtnerstraße 17 Am 3.2.1885 wurde Betty Elkeles in Hamburg geboren. Zum damaligen Zeitpunkt waren ihre Eltern, der Buchhalter Salomon Elkeles und Clara Elkeles (geb. Nossen), noch verheiratet. Sie trennten sich, danach heiratete Salomon Elkeles am 25.10.1888 Anna Nossen (auch genannt Hannchen) in ihrem Geburtsort Gnesen/Gniezno (Polen). Bettys Schwester aus erster Ehe starb mit 12 Jahren und wurde in Hamburg beigesetzt. Ein Jahr nach der Eheschließung bekam ihre Stiefmutter ihren ersten Sohn Curt, sieben Jahre später am 6.12.1896 ihren zweiten Sohn Alphons. Zu diesem Zeitpunkt wohnte die Familie in der Weidenallee 59 in Hamburg. Am 12.3.1913 zog die Familie in die Bornstraße 4 II. Am 14.7.1915 verließ Betty ihre Familie und zog nach Wedel; der Grund und die genaue Adresse sind nicht bekannt. Über die weiteren 25 Jahre ihres Lebens ist ebenfalls nichts bekannt. Ab dem 7.1.1928 lebt sie im Alters- und Pflegeheim in Wedel (davor Werk- und Armenhaus). Zwischen Februar und Mai 1936 befindet sich Betty Elkeles zur Beobachtung in der Landesheilanstalt in Neustadt.

Im Mai 1939 wird sie erneut dorthin überwiesen, nachdem sie im ersten Quartal 1939 im Wedeler Pflegeheim den Zusatznamen „Sara“ (zweiter Vorname für weibliche Jüdinnen) erhielt. Am 13.9.1940 wird sie von Neustadt nach Brandenburg verlegt, allerdings über die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn. Am 23.9.1940 findet dann der Transport in die Tötungsanstalt Brandenburg a. d. Havel statt und noch am selben Tag wird Betty Elkeles mit nur 55 Jahren ermordet. Quellen: www.stolpersteine-hamburg.de, Stadtarchiv Wedel

Helene Johannsen (1879-1941/42) – Roggenhof 5 Helene Johannsen wurde mit dem Namen Struckmeyer am 7.12.1879 in Wedel geboren. Ihre Eltern besaßen eine Schlachterei und einen noch bekannteren Gasthof in der Mühlenstraße in Wedel. Als sie 18 Jahre alt ist, lernt sie Theodor Johannsen kennen. 1899 heiratet sie den Kolonialwaren-Großhändler, der ab 1915 eine Nährmittelfabrik in der Hafenstraße betrieb. Er war ein Wohltäter der Stadt Wedel, denn er baute die Theodor-Johannsen-Siedlung als Werkswohnungen für die Angestellten seiner Firma. Helene Johannsen wurde 1908 an einem Frauenleiden operiert. Danach traten sehr plötzlich Anzeichen einer psychischen Störung auf, was dazu führte, dass sie am 21.5.1910 einen Selbstmordversuch in Oevelgönne in der Elbe unternahm. Seitdem lebte sie im Sanatorium Schellhorner Berg bei Preetz. Ihre Krankheit weitete sich zu einer Schizophrenie aus, was dazu führte, dass sie sich apathisch oder aggressiv verhielt und ihre Familie nicht mehr erkannte. 1925 wurde Theodor Johannsen von seiner Frau geschieden. In den 1930er Jahren befand sich Helene Johannsen in der Heil- und Pflegeanstalt Neustadt. 1931 starb Theodor Johannsen. In den 1940er Jahren wurde Helene Johannsen in die Pflege- und Heilanstalt Meseritz-Obrawalde verlegt. Wilhelm Ladiges, der Helenes Tochter Hertha geheiratet hatte, kümmerte sich in den letzten Lebensjahren um Helene Johannsen; er besuchte sie regelmäßig und bezahlte nach Theodors Tod die Klinikkosten. Er war es dann auch, der 1944 vom Tod seiner Schwiegermutter informiert wurde. Quellen: Nachfahren (Zeitzeugen): Familie Ladiges Literatur: Wedeler Stadtgeschichte Bd.8: Beitrag des Wedeler Lehrers und Historikers Dr.Thies Bitterling

Bei folgenden Personen, die auch durch den nationalsozialistischen Terror den Tod fanden, wird noch nach weiteren Informationen gesucht oder auf Wunsch der Angehörigen auf die Verlegung eines Stolpersteines verzichtet. Franz Hinrich Borchert (1912-1937) Gertrud Julia Fanny Kroll (1895-1944) Jetta Husmann (1872-1942)

Hörnstraße 3 Breiter Weg 3 Bahnhofstraße 28