Die Welt kauft in dieser Stadt

09.06.2013 - Berlin, Fernsehturm am Alexanderplatz: Alles, was Geld hat, ... Wohnungen ihr Geld verdie- nen. ... werden Abstriche bei der Lage sofort.
2MB Größe 10 Downloads 406 Ansichten
WOCHENENDE, 7./8./9. JUNI 2013, NR. 107

1

picture-alliance/ ZB

Bauwert

ddp images

1

Berlin, Fernsehturm am Alexanderplatz: Alles, was Geld hat, strebt in die Mitte.

Die Rosengärten Im Westteil der Stadt: Teuer wohnen im alten Zentrum.

Kreuzung in Prenzlauer Berg: Böse Zungen behaupten, dass im beliebten Wohnkiez um den Kollwitzplatz mehr Schwaben als Berliner leben.

BERLIN

sagt Maren Kern, die Chefin des Verbands BBU, dessen Mitgliedsunternehmen 40 Prozent der Berliner Mietwohnungen verwalten. Auch André Adami, Niederlassungsleiter Berlin des Beratungsunternehmens Bulwien Gesa, rät, sich nicht auf das Stadtzentrum zu beschränken: „Alle Lagen, die nicht weiter als 500 Meter von einem S- oder U-Bahnhof entfernt sind, sollten von Investoren stärker beachtet werden.“ Eine andere Meinung vertritt Makler Nikolaus Ziegert. „Kapitalanleger sollten sich vor allem innerhalb des S-BahnRings und darüber hinaus vielleicht noch in Zehlendorf und Steglitz umsehen.“ Seine Begründung: „Wenn sich das Geschehen wieder entspannt, werden Abstriche bei der Lage sofort bestraft.“

Die Welt kauft in dieser Stadt Berlin zieht viele internationale Investoren an. Dadurch sind mittlerweile auch Stadtteile außerhalb des Zentrums attraktiv.

E

s sind gute Zeiten für Menschen, die mit dem Bau oder dem Verkauf von Berliner Wohnungen ihr Geld verdienen. „Die Berlin-Rallye ist noch nicht vorbei“, freut sich der Wohnungsmakler Nikolaus Ziegert. „Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ist enorm groß“, konstatiert Philipp C. Tabert vom Immobilienunternehmen Winters & Hirsch. Und Michael Ries von der Pantera AG, die mittlerweile jede vierte Wohnung an einen Kunden mit Wohnsitz im Ausland veräußert, wird geradezu pathetisch: „Die Welt schaut auf Berlin.“ Ist das alles Zweckoptimismus mit dem Ziel, das Geschäft anzukurbeln? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Nach den Statistiken des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) haben die Preise für Eigentumswohnungen im Jahr 2012 um 9,1 Prozent angezogen, während die Mieten um 8,2 Prozent gestiegen sind. Sprich: Käufer zahlen mehr, bekommen aber auch mehr. Von Blase also keine Spur. Das hängt mit dem knapper werdenden Angebot zusammen: Laut einer Untersuchung der Beratungsunternehmen Empirica und CBRE stehen nur noch gut zwei Prozent aller Wohnungen in Berlin leer. Von der Entwicklung profitiert vor allem die Innenstadt, die durch den S-Bahn-Ring begrenzt wird, sowie der als Wohnort traditionell beliebte Südwesten. Weil dort die Preise stark gestiegen sind, stehen Kapitalanleger allmählich vor einem Problem. „Sie müssen sich fragen, ob die Rendite noch ausreicht“, sagt Jürgen Kriegisch von der Maklerfirma Part-B Immobilien. Er schaut kritisch auf die hohen Preise beispielsweise in Mitte, Prenzlauer Berg

32 33 31

und Friedrichshain. Experte Kriegisch empfiehlt, auch andere Bezirke näher zu betrachten, und gibt Investoren einen überraschenden Tipp: „Reinickendorf, Spandau und andere Randlagen stehen am Anfang ihrer Entwicklung.“ Tatsächlich, das zeigen Zahlen des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), ist in den Randlagen der Leerstand besonders deutlich zurückgegangen. „Im Endeffekt ist ganz Berlin ein Trendviertel“,

30

13 21 6 20

29

5

19

Berlin: Trendviertel

35

Stadtviertel mit überdurchschnittlichen Preissteigerungen für Wohneigentum*

12

18

Wohnung/Haus

Wohnung

1

Mitte

19

Westend

2

Kreuzberg

20

Siemensstadt

3

Tiergarten

21

Tegel

4

Hansaviertel

22

Marienfelde

5

Moabit

23

Lankwitz

6

Prenzlauer Berg 24

7

Friedrichshain

25

Dahlem

8

Neukölln

26

Zehlendorf

Lichterfelde

9

Schöneberg

27

Nikolassee

10

Wilmersdorf

28

Gatow

11

Halensee

29

Wilhelmstadt

12

Charlottenburg

30

Konradshöhe

13

Pankow

31

Heiligensee

14

Britz

32

Frohnau

15

Mariendorf

33

Hermsdorf

16

Steglitz

34

Wannsee

17

Schmargendorf

35

Kladow

18

Grunewald

10

25

27

Quelle: vdp Research

E

ntspannen könnte sich das Geschehen vor allem deshalb, weil der Wohnungsneubau anzieht. Bis 2020 will der Senat jährlich 11 500 neue Wohnungen gebaut sehen und dafür erstmals seit Jahren wieder ein Förderprogramm auflegen. Bereits 2012 genehmigten die Behörden den Bau von gut 9 900 Wohnungen, über ein Drittel mehr als 2011. Unübersehbar sind die Baustellen im Stadtbild: in Seitenstraßen des Kurfürstendamms, auf dem ehemaligen Mauerstreifen in Mitte, im Umfeld des Neubaus des Bundesnachrichtendienstes, aber auch außerhalb der traditionell begehrten Lagen – etwa

7

8

9 16 15

24

14

23

34

22

BERLIN IN ZAHLEN Berlin ist mit knapp 3,3 Millionen Einwohnern laut Zensus 2011 die größte deutsche Stadt. 2011 und 2012 gewann die Stadt jeweils rund 40 000 Einwohner hinzu. Bis zum Jahr 2030 erwarten die Statistiker einen Bevölkerungszuwachs von 250 000 Personen gegenüber dem Stand von 2011. Untypisch für eine Hauptstadt ist die schwache wirtschaftliche Verfassung. Berlin weist mit 11,8 Prozent die höchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer auf, die Kaufkraft ist ebenfalls unter Bundesdurchschnitt.

Projekt Living 108 an der Chausseestraße in Mitte: Luxus über Luxus, entwickelt von der Peach-Property-Group.

in Lichtenberg, in Karlshorst und im Umfeld des Wissenschaftsparks Adlershof. Allerdings will der Berliner Senat nicht nur den Wohnungsbau fördern, sondern auch Mietsteigerungen begrenzen. So hat er sofort von der neuen gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Mieterhöhungsspielraum innerhalb von drei Jahren auf 15 Prozent zu deckeln. Zudem hat die Landesregierung angekündigt, teils Ferienwohnungen zu verbieten und den Bestand landeseigener Wohnungen deutlich zu erhöhen. Mieten und Preise werden nach Ansicht vieler Experten trotzdem weiter steigen. Beflügelt wird diese Hoffnung der Eigentümer vor allem von dem noch immer niedrigen Preisniveau der Hauptstadt. Der neue Mietspiegel weist einen Durchschnittswert von gerade mal 5,54

Euro pro Quadratmeter aus – in München ist er fast doppelt so hoch. Auch seien die Kaufpreise „im Vergleich zu anderen Hauptstädten sehr günstig“, sagt Thomas Zabel vom Maklerunternehmen Berlin Capital Investments. Im Übrigen, berichtet Zabel, sei jeder ausländische Kaufinteressent, der zum ersten Mal nach Berlin komme, begeistert von der Stadt. Nicht nur Zabel ist deshalb überzeugt davon, dass der Aufschwung auf dem Berliner Wohnungsmarkt noch nicht vorbei ist. „Die Stadt“, sagt BBU-Chefin Maren Kern, „ist ein Mekka der Kulturszene und der Start-ups und deshalb gerade für junge Menschen enorm attraktiv.“ Die Folge: „Der Zuzug wird mindestens für die nächsten zehn Jahre anhalten.“ Christian Hunziker

1. " 8 .1  ."            

             

Berlin: Dynamische Wohnviertel Kaufpreise für Einfamilienhäuser in den fünf Wohnvierteln mit dem höchsten Preisniveau

Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den fünf Wohnvierteln mit dem höchsten Preisniveau 2011 2012

Preis in €/m2 Mitte 1

5 140

+6,2 %

1

Westend 19

3 700

+6,6 %

6

27

+9,1 %

3

3 370

+6,5 %

3 150

3

+9,0 %

27

+6,3 %

3 085

7

+10,1 %

+6,5 %

5

9,30

17

2 998

+8,8 %

10

9,00

+9,1 %

9,00

+9,5 %

9,00

+8,7 %

Zehlendorf 2 990

+9,3 %

26

Handelsblatt | Durchschnittliche Transaktionspreise in den entsprechenden Stadtteilen ohne Berücksichtigung von Qualitätsmerkmalen wie z.B. Baujahr, Lage, Ausstattung, Größe, usw.

© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected].

+8,8 %

Wilmersdorf

Moabit 3 285

+10,6 %

Schmargendorf

Friedrichshain 3 368

9,80 Nikolassee

Tiergarten

Gatow 28

3 260

2011 2012

Preis in €/m2 Tiergarten

Prenzlauer Berg

Kladow 34

Mietpreis für Wohnungen in den fünf Wohnvierteln mit dem höchsten Preisniveau 2011 2012

Preis in €/m2 Mitte

Nikolassee

*Gebiete, in denen die Preissteigerung der Immobilien 2009-2012 über dem Durchschnitt der Stadt liegt Handelsblatt

1 3 2

17

26

Haus

4

11 28

TRENDVIERTEL 53

WOCHENENDE, 7./8./9. JUNI 2013, NR. 107

Pressebild

52 TRENDVIERTEL

Quelle: vdp Research

% /3. !3; /3  %3/3% !% . !3