DIE HÖHEN UND TIEFEN DES UNTERNEHMERTUMS

Schritt für viele Unternehmen wieder interessant wird. So schließt sich der Kreis. Ich glaube daran, dass Sales- orientierter Kundenservice ein immer wichtigeres ...
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DIE HÖHEN UND TIEFEN DES UNTERNEHMERTUMS EIN SEHR PERSÖNLICHES GESPRÄCH MIT BURKHARD RIECK, GESCHÄFTSFÜHRER, INVITEL GMBH Im INTRE 2016/02 haben wir uns mit Burkhard Rieck über die Gründung bzw. Entstehung der Invitel, über die Übernahme von anderen Call CenterDienstleistern, falsche Entscheidungen und Managementfehler sowie das erfolgreiche Wachstum des Unternehmens unterhalten. In dieser Ausgabe geht es unter anderem über die Markenstrategie „Invitel“ – „Simon & Focken“ – „SALESkultur“, neue Ideen, den Wettbewerb, Auftraggeber-Beziehungen, Digitalisierung sowie um die Frage, wann man groß ist und wann man der Größte unter den Großen ist.

// InTRE:

Gibt es Angebote für die Invitel Unternehmensgruppe? RIECK:

© Invitel

INTRE TALK

Ich weiß, dass wir als eine Unternehmensgruppe, die zu den letzten großen Inhaber-geführten Organisationen gehört, mit unserem Auftragsportfolio sicher hochinteressant sind. Bisher jedoch war es für mich wichtiger, die Zukunft der Unternehmensgruppe aus uns selbst heraus zu gestalten, also selbst aktiver Part zu sein.

INTRE: Alles klar, merci. Und der Blick nach innen …? RIECK: … den hatten wir natürlich auch. Die Frage, die ich mir gestellt habe, war, was sagen die Mitarbeiter zu dem Thema? Das heißt, was würden die Simon & Focken-Mitarbeiter sagen, wenn man sie zu Invitel macht? Die würden das nicht gut finden. Und umgekehrt, was sagen die Invitel-Mitarbeiter, wenn man sie zu Simon & Focken macht? Das würden die auch nicht gut finden. Das sind zwei positiv geladene Marken. Dann kam mir die Idee, diese positive Ladung in Richtung Markt und in Richtung Mitarbeiter beizubehalten und diesen Weg zu gehen. INTRE: Und jetzt gibt es seit Kurzem „SALESkultur“ als dritte Marke in der Gruppe. Was ist die Idee dazu? Wie ist

das entstanden? Was macht SALESkultur? RIECK: SALESkultur ist eine Marke, ja, da haben Sie recht, aber auch ein eigenständiges Unternehmen. Jetzt zu Ihren Fragen: Bei unserer Jahrestagung im September machen wir uns natürlich Gedanken, wie sich der Markt entwickelt, wo und wie unser Business in Zukunft aussieht, wie unsere Positionierung und unser Leistungsportfolio in das Szenario passen und Ähnliches. Kurz zusammengefasst: Wo und was wird unser Geschäft in der Zukunft sein? Meine Interpretation des Marktes ist, und das stellen wir massiv fest, dass viele Kundenserviceabläufe automatisiert werden und die Digitalisierung im Kundenservice immer intensiver vorangetrieben wird. Einer unserer Auftraggeber, ein großer deutscher Telekommunikationsanbieter, ist da einer der großen Vorreiter, die mit einer großen Entwicklungspower Workflows designen, die das klassische Kundenservice ersetzen werden bzw. vor neue Herausforderungen stellen. Ein Beispiel: Wenn ein Kunde anrief und seinen Router konfigurieren wollte, dann haben wir das gerne und lange mit ihm gemacht. Es kam durchaus vor, dass so ein Gespräch 30 bis 45 Minuten gedauert hat. Heute gilt die Anweisung, den Kunden eine App zu verschicken, die das übernimmt. Das heißt also, der Kunde ruft an, weil sein Router nicht funktioniert. Der Servicemitarbeiter sagt dem Kunden, er habe etwas ganz Tolles für ihn. Er schickt ihm eine App. Wenn der Kunde die App hat und ihr folgt, kann er den Router selbst konfigurieren. Das funktioniert sehr gut, weil danach vom Kunden nichts mehr zurückkommt. Dieser Call dauert zwei bis drei Minuten. Diese Automatisierung machen andere Unternehmen und Branchen ebenfalls. Im Energiebereich haben uns die Kunden früher angerufen und uns die Zählerstände per Telefon mitgeteilt. Heute machen das viele Kunden bereits online und der Zählerstand läuft automatisch in das System. Diese Entwicklung ist ein Teil der Entstehungsgeschichte der SALESkultur. Es geht einerseits darum, den durch die Automatisierung immer seltener und kürzer werdenden Kontakt mit dem Endkunden effektiver zu nutzen und aufzuwerten. Andererseits soll mit der SALESkultur Fortsetzung auf S26 ç

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INTRE: Starten wir gleich mit der Drei-Markenstrategie von Invitel. Aktuell positionieren Sie drei Marken, „Invitel“ – „Simon & Focken“ – „SALESkultur“ am Markt. Was ist die Idee dahinter? RIECK: Am Ende stehen einerseits klassische marketingtechnische Überlegungen und natürlich auch ein subjektives Empfinden und eine Entwicklung meinerseits. In dem Merger von Simon & Focken habe ich mir angesehen, wofür Invitel steht und wofür Invitel bekannt ist. Da war sehr schnell und deutlich zu erkennen, dass wir fast 15 Jahre bei der Marke „Invitel ist gleich Energieversorgung“ eingezahlt haben. Eigentlich waren wir über die Grenzen der Energieversorgung nicht sooo bekannt. Simon & Focken war wesentlich breiter aufgestellt und in unterschiedlichen Branchen wie beispielsweise Katalogversand, Versicherung, Telekommunikation, Outbound etc. aktiv. Dann überlegt man sich, ob man diese Bekanntheit, die bei Simon & Focken größer war, sozusagen auf Invitel transferieren kann, oder umgekehrt. Wir haben auch unsere Kunden gefragt, wie sie das sehen, wenn man auf einmal Invitel nicht mehr hat und es Simon & Focken heißt. Am Ende dieses Prozesses habe ich es für sinnvoller gehalten, wenn man nach draußen auf den Markt schaut, dass es besser ist, wenn wir mit zwei Marken präsent sind. Invitel steht für Energieversorgung und macht weiter Energieversorgung. Simon & Focken macht das angestammte Feld.

STATEMENTS

BEST

ç Fortsetzung von S25

// „Die klassischen Investor-Geschichten, die kaufen und nach fünf oder sieben Jahren einen lohnenswerten Exit haben, tun sich aktuell schwer. Da haben sich einige die Finger verbrannt. Planung, Berechnung und Hoffnung auf Wachstum haben sich nicht bei jedem erfüllt.“ // „Ich persönlich sage proaktiv, dass von heute 100 % Call in fünf bis zehn Jahren nur noch 20 % Call übrigbleiben. Dagegen, dass die Calls immer weniger werden, können wir uns nicht wirklich wehren. Daher überlegen wir natürlich, in welchen Bereichen wir tätig sein können, damit wir ,das Volumen‘ kompensieren können. Einer der Bereiche ist das Thema Sales-orientierter Service.“ // „Viele unserer Auftraggeber loben unsere Flexibilität und die kurzen Wege. Da reicht oft ein Anruf und dann wird entschieden oder eine Vereinbarung gemacht. Da braucht es keine großen Gremien. Wir sind Inhaber-geführt und ich bin keinem Investor rechenschaftspflichtig.“ BURKHARD RIECK

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Geschäftsführer, Invitel GmbH

als reine Outboundmarke der Verkauf ein ganz neues Niveau erreichen, eben eine Kultur geschaffen werden, die den Kundennutzen im Verkauf in den Mittelpunkt stellt und die vertrauensvolle Zusammenarbeit sowohl mit unseren Auftraggebern als auch mit den Endkunden fördert. INTRE: Dass die Digitalisierung den Call ersetzt, ist nicht neu, sondern eine stetige Entwicklung. RIECK: Völlig richtig. Ich denke, dass aber viele die Geschwindigkeit, mit der sich die Digitalisierung entwickelt, unterschätzen. Ich persönlich sage proaktiv, dass von heute 100 % Call in fünf bis zehn Jahren nur noch 20 % Call übrigbleiben. Das bedeutet, mir bricht, wenn man das mal als wahr annimmt, in den nächsten fünf bis zehn Jahren 80 % der Arbeit weg. Um die 20 % wird natürlich ein noch größerer Wettbewerb entstehen als heute. Dagegen, dass die Calls immer weniger werden, können wir uns nicht wirklich wehren. Daher überlegen wir natürlich, in welchen Bereichen wir tätig sein können, damit wir „das Volumen“ kompensieren können. Einer der Bereiche ist das Thema Sales-orientierter Service. INTRE: Sales-orientierter Service ist auch nicht neu. RIECK: Wieder richtig 6, aber der Punkt ist, es gibt noch nicht so viele Auftraggeber-Unternehmen, die das machen. Das wird sich aber sehr schnell ändern und die Nachfrage wird steigen. Wir haben einen Auftraggeber, der sowohl in der Energieversorgung als auch in der Telekommunikation aktiv ist. Das heißt für uns, dass unsere Kundenservice-Mitarbeiter, die in der Energieversorgung aktiv sind, im gleichen Gespräch beispielsweise DLS-Anschlüsse verkaufen. Der Kundenkontakt wird für Crossund Up-Selling-Aktivitäten genutzt. Aus meiner Sicht kann das eine Maschine nicht so gut wie ein Mensch. Dazu kommt, dass das Thema Outbound Schritt für Schritt für viele Unternehmen wieder interessant wird. So schließt sich der Kreis. Ich glaube daran, dass Salesorientierter Kundenservice ein immer wichtigeres Thema wird. Parallel wird Outbound verstärkt nachgefragt. Wir können beides sehr gut. Das ist ein Teil unserer DNA. Um das auch „sichtbar“ zu machen, habe ich an den Simon & Focken Standorten Leipzig, Magdeburg und Braunschweig alle Outbounder abgespalten und in der neuen Gesellschaft SALESkultur gebündelt. Wir sind mit 160 Mitarbeitern gestartet und machen mit dem Team rund vier Millionen Umsatz. Tendenz steigend.

INTRE: Aktuell haben wir den Eindruck, dass es sehr viel Geld im Markt gibt. Die Übernahmen, große wie kleine, sind nach wie vor da. Zum Teil werden enorme Summen für die Call Center-Dienstleister gezahlt. Lockt das Geld? RIECK: „Lockt das Geld“ klingt wie ein Hollywood-Film 6. Sie haben natürlich recht, aktuell passiert viel. Hier muss man unterscheiden, ob ein „Betreiber“ oder ein „Investor“ kauft. Die klassischen Investor-Geschichten, die kaufen und nach fünf oder sieben Jahren einen lohnenswerten Exit haben, tun sich aktuell schwer. Da haben sich einige die Finger verbrannt. Planung, Berechnung und Hoffnung auf Wachstum haben sich nicht bei jedem erfüllt. Die Betreiber, die kaufen, haben ihre Gründe und vermutlich auch einen anderen Zutritt zum Markt. Da können die Beträge – obwohl sie teilweise auf den ersten Blick sehr hoch sind – durchaus sinnvoll sein.

Der Betreiber kennt das Geschäft und kann die Zukunft auch besser einschätzen. INTRE: Gibt es Angebote für die Invitel Unternehmensgruppe? RIECK: Ich weiß, dass wir als eine Unternehmensgruppe, die zu den letzten großen Inhaber-geführten Organisationen gehört, mit unserem Auftragsportfolio sicher hochinteressant sind. Bisher jedoch war es für mich wichtiger, die Zukunft der Unternehmensgruppe aus uns selbst heraus zu gestalten, also selbst aktiver Part zu sein. INTRE: Dann anders gefragt: Gibt es Gespräche in diese Richtung? RIECK: Es gibt keine Gespräche, aber ich will diese perspektivisch nicht ausschließen. Mir geht es immer darum, was die beste Option für die Invitel Unternehmensgruppe ist. Wir sind insgesamt sehr gut unterwegs, befinden uns weiter auf Wachstumskurs, arbeiten dabei mit großer Konzentration an unserer Effizienz und fühlen uns insgesamt gut aufgestellt.

nvitel

autor: -/cred

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INTRE: Sie zählen zu den Top 15 der Branche, planen für 2016 rund 60 Millionen Euro Umsatz. Wie groß sind Sie? Sind Sie der größte unter den Kleinen? Wann ist man in der Branche groß? RIECK: Na ja, wer die Größten in der Branche sind, sieht man ja im aktuellen Call Center Ranking 6. Da gibt es schon einige, die auf den Umsatz bezogen vor uns liegen 6. Aber aus meiner Sicht sind wir als Mittlerer auf der Schwelle, um zum Großen zu werden. Der aktuelle Umsatz ist eine gute Ausgangsbasis, um weiter zu wachsen. Zu „den Großen“ würde ich uns zählen, wenn wir 100 Mio. Euro umsetzen würden.

© Invitel

INTRE: Was kann die Unternehmensgruppe – wenn wir das so nennen dürfen – wirklich gut? RIECK: Spannende Frage. Viele unserer Auftraggeber loben unsere Flexibilität und die kurzen Wege. Da reicht oft ein Anruf und dann wird entschieden oder eine Vereinbarung gemacht. Da braucht es keine großen Gremien. Wir sind Inhaber-geführt und ich bin keinem Investor rechenschaftspflichtig. Das schätzen auch einige Kunden. Mein Co-Geschäftsführer Andreas Hartwig ist seit 17 Jahren mit dabei, Sönke Lorenzen als Leiter Operations ist seit acht Jahren mit an Bord, viele Mitarbeiter sind ebenfalls bereits länger als fünf, sechs, sieben Jahre dabei. Das fällt für mich auch unter das Thema Nachhaltigkeit und Stabilität, was wiederum für die Auftraggeber wichtig ist. Und wir setzen alles daran, dass wir für unsere Kunden jeden Tag Kundenservice auf höchstem Niveau machen. Dieses wirkliche und ehrliche Bemühen, dass wir einen guten Job machen, wird sehr geschätzt.