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rauch, von Knesebeck, von Thümen). Bei der Beschäftigung mit der Geschichte der Guts- häuser wird .... Friedrich Gilly, Karl Friedrich Schinkel und Carl Gott- hard Langhans eine Blütezeit in Preußen. Kongenial .... Aus der »Colonie Cummersdorf« entwickelte sich der Ortskern der späteren Siedlung. Alexanderdorf. Am 21.
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Die Guts- und Herrenhäuser im Landkreis Teltow-Fläming

Carsten und Hiltrud Preuß

Die Guts- und Herrenhäuser im Landkreis Teltow-Fläming

Lukas Verlag

Abbildung auf dem Umschlag: Schloss Genshagen, Ansicht der Hofseite, 2005 (C. Preuß)

Herausgegeben vom Förderverein Naturpark »Baruther Urstromtal« e.V., Johnepark 34, 15806 Zossen, www.baruther-urstromtal.de

Die Publikation wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung von Manfred Cieslik und Michael Werner sowie

Amt Dahme/Mark

©  Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Reprographie, Lektorat und Satz: Susanne Werner Umschlag: Verlag Druck: Elbe Druckerei Wittenberg Printed in Germany ISBN 978–3–86732–100–6

Inhalt

Einleitung 7

Die Guts- und Herrenhäuser im Landkreis Teltow-Fläming Alexanderdorf 13 Baruth/Mark 17 Bärwalde 26 Blankensee 30 Dahme/Mark 36 Dahlewitz 44 Diedersdorf 49 Fröhden 54 Gebersdorf 57 Genshagen 62 Görsdorf 70 Gräfendorf 73 Gröben 77 Großbeuthen 82 Groß Machnow 86 Heinsdorf 92 Hohenahlsdorf 97 Jühnsdorf 102 Kaltenhausen (Kloster Zinna) 106 Kemlitz 110 Kleinbeeren 113 Klein Kienitz 116

Liepe 120 Löwenbruch 125 Mahlow 130 Markendorf 133 Märkisch Wilmersdorf 138 Neuhof 146 Niebendorf 150 Nonnendorf 156 Petkus 159 Rangsdorf 164 Reinsdorf 168 Schönhagen 173 Siethen 177 Sperenberg 184 Stülpe 189 Waldau 195 Wahlsdorf 198 Wiepersdorf 202 Zagelsdorf 208 Zellendorf 212 Zossen 215

Anhang Literatur 221 Übersicht zu der Baugeschichte und den Besitzverhältnissen bis 1945 225 Glossar 236 Personenregister 238

Einleitung

Die Kulturlandschaft Brandenburgs ist geprägt von einer Vielzahl an Guts- und Herrenhäusern. Sie sind als Bestandteil eines Dorfensembles, als architektonischer Glanzpunkt innerhalb eines Parks oder als Bezugspunkt des Stadtgrundrisses, zu dem alle wesentlichen Straßen führen, wichtige Zeugnisse unserer Geschichte und tragen in vielerlei Hinsicht zur Identität der märkischen Landschaft bei. Im Landkreis Teltow-Fläming, der sich südlich von Berlin erstreckt, befinden sich über vierzig ehemalige Guts- und Herrenhäuser. Diejenigen, die die Zeit ohne tiefgreifende Umbauten überstanden haben, sind noch immer markante Zeugen der ländlichen Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte dieses Gebiets. Diejenigen, die nur noch in Teilen als Gutshäuser erkennbar sind, erfahren nunmehr ein wachsendes Interesse an ihrer Geschichte und somit eine neue Wertschätzung. In den Orten, in denen die Gutshäuser gänzlich verschwunden sind, erwacht langsam ein Bewusstsein über den Verlust und eine damit verbundene notwendige Neudefinition. Im Zusammenhang damit ist der Umgang mit den Flächen, die nach der Beräumung der Gutshäuser entstanden, zu betrachten. Im südlich gelegenen Bollensdorf entstand auf der freigewordenen Fläche eine Kirche. Die im Norden des Landkreises abgerissenen Herrenhäuser Kerzendorf und Blankenfelde hinterließen eine nach wie vor ungenutzte Fläche, bzw. wurde auf ihrem Areal nach der Wende 1989/90 ein Supermarkt errichtet. Beklagenswerterweise gibt es auch heute immer noch Fälle, in denen Gutshäuser oder Reste des verbliebenen Gutshofs vernichtet werden. Dass damit ein Stück der einzigartigen Ortsgeschichte und der Identität des Ortes verschwindet, wird der Öffentlichkeit vermutlich erst Jahre später bewusst. Die Guts- und Herrenhäuser lassen die vergangenen Jahrhunderte erlebbar werden. Sie erzählen einerseits von einer Zeit, die bis 1945 reichte, in der die Dörfer von gutsherrschaftlich betriebener Landwirtschaft

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und den entsprechenden dörflichen Sozialstrukturen geprägt waren. Andererseits sind sie Zeugen der Nachkriegszeit und der anschließenden grundlegenden Veränderung des Gesellschaftssystems in diesem Teil Deutschlands. Für die Zeit nach der politischen Wende veränderte sich der Umgang mit diesem baulichen Erbe nach und nach. Zugleich lässt sich mit ihnen das Wirken alteingesessener Adelsgeschlechter, die über Jahrhunderte die Geschichte auf dem Teltow und im Niederen Fläming geprägt und somit vielfach Einfluss auf das Leben der Dorfbewohner genommen haben, nachvollziehen. Dabei wird auch das Beziehungsgeflecht der ländlich-regionalen Strukturen erkennbar. Die Gutsherrschaft war in vielen Beziehungen der größte Arbeitgeber vor Ort und als Patron maßgeblich in Kirchenfragen. Hinzu kamen in einigen Fällen die Verbindungen zum Hof ( z.B. der Familien von Hake, von Schwerin), bzw. später zur Berliner Geschäftswelt (von Badewitz, von Lochow) oder in den Reichstag (Roesicke). Nicht zuletzt besaßen verschiedene Gutsherren politische Ämter im Landkreis (von Badewitz) oder hatten das Amt eines Landrats inne (von Stubenrauch, von Knesebeck, von Thümen). Bei der Beschäftigung mit der Geschichte der Gutshäuser wird deutlich, dass durch die Bodenreform, die im September 1945 begann, eine einschneidende, wohl sogar die bedeutendste Zäsur in der jahrhundertlangen Geschichte der Guts- und Herrenhäuser stattgefunden hat. Dennoch zeigt sich, dass auch 65 Jahre nach Beginn der Bodenreform und durch den Verlust ihrer ursprünglichen Funktion die Guts- und Herrenhäuser bau- und kulturhistorisch bedeutende Objekte geblie­ben sind. Sie waren es zum Teil auch durch die DDR-Zeit hindurch. Ihre Funktion, neben der Kirche der zweite Mittelpunkt des Ortes zu sein, behielten sie in Form des Verwaltungssitzes einer LPG (Heinsdorf, Liepe), der Schule (Wahlsdorf, Blankensee) oder des Kulturzentrums (Groß Machnow, Baruth, Mahlow, Petkus).

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Trotz vielerorts zu beklagender Verluste ist der Landkreis noch relativ reich mit Guts- und Herrenhäusern gesegnet. Darunter fallen bedeutende Anlagen aller Stilepochen von der Renaissance bis zum historisierenden Bau des 20. Jahrhunderts, bzw. Erweiterungsbauten aus dem 21. Jahrhundert. Gelegentlich entstanden die Herrensitze unter Einbeziehung von Vorgängerbauten. Dies waren oftmals ältere Burggründungen an verkehrsgünstigen Stellen oder in fruchtbaren Gebieten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden sie immer wieder umgebaut, erweitert oder auf andere Art und Weise an die entsprechenden Bedürfnisse ihrer Bewohner angepasst. So dass keines der älteren Häuser im Originalzustand erhalten ist. Bei der vorliegenden Arbeit konnten nicht alle Standorte ehemaliger Gutshäuser berücksichtigt werden. Viele sind verschwunden und dem Vergessen preisgegeben. Diese ehemaligen Standorte zu erfassen und die Geschichte der Gutshäuser zu rekonstruieren, wäre eine weitere Arbeit wert. Bedauerlicherweise wurde noch im Jahre 2005 das Gutshaus in Rangsdorf abgerissen. Es musste dem Neubau eines Altenheims weichen, der »zum Trost« einige architektonische Erinnerungsstücke des Gutshauses aufweist. Da das Rangsdorfer Gutshaus zu Beginn unserer Recherchen noch stand und es ein wichtiger Bestandteil der regionalen Kulturlandschaft war, ist ihm in dieser Publikation auch noch nach seinem Abriss ein Platz gewährt worden. Der Landkreis Teltow-Fläming ist eine Verwal­ tungs­einheit, die sich aus verschiedenen historisch sich unterschiedlich entwickelten Gebieten zusammensetzt. So gehörte der Süden mit Dahme und Jüterbog sowie der Stadt Baruth jahrhundertelang zu Sachsen, während das Gebiet des Teltows im Norden des Landkreises Brandenburger Kernland war und zu Preußen zählte. Während im Mittelalter und noch bis weit über die Reformation hinaus das Erzstift Magdeburg in weiten Teilen des Südens die landesherrlichen Rechte wahrnahm, wurden diese nach dem Dreißigjährigen Krieg sowohl durch das Kurfürstentum Brandenburg als auch durch das sich neu gebildete Herzogtum Sachsen-Weißenfels wahrgenommen. Erst 1746, nach dem Aussterben der Herzöge Sachsen-Weißenfels fiel deren Gebiet an Kursachsen. Infolge des Wiener Kongresses musste Sachsen weite Teile an Preußen ab-

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treten, darunter auch den Fläming mit den Städten Jüterbog, Dahme und Baruth. Als 1952 die DDR eine territoriale Neugliederung vornahm, verschwanden damit auch die 1947 gegründeten Länder wie Brandenburg, Sachsen oder Sachsen-Anhalt. Stattdessen entstanden verschiedene Bezirke, wobei der größte Teil des heutigen Landkreises Teltow-Fläming zum Bezirk Potsdam, ein kleinerer zum Bezirk Cottbus gehörte. Auch die damaligen Landkreise bekamen einen neuen Zuschnitt. Aus den ehemaligen Jüterbog-Luckenwalder Kreis und dem Kreis Teltow wurden die Kreise Jüterbog, Luckenwalde und Zossen. Erst mit der 1993 erfolgten Kreisgebietsreform entstand der Landkreis Teltow-Fläming im Land Brandenburg. Einige archäologische Spuren von ehemaligen Burgen sind im Landkreis bekannt, dazu gehören der Turmhügel von Liepe und die sogenannten Nutheburgen bei Trebbin. Da jedoch keine aufgehenden Bauten mehr zu sehen sind, wurden diese Standorte vernachlässigt und sollen hier nur der Vollständigkeit halber genannt werden. Nur wenige bauliche Reste von Rittersitzen oder Burgen des Mittelalters sind heute noch deutlich erkennbar. Mit der Burg Bärwalde besitzt der Landkreis Teltow-Fläming eine prominente Vertreterin. Ihr ehemaliger Wohnturm aus Raseneisenstein, im 13. Jahrhundert errichtet, ist aufgrund der Materialbeschaffung für die Errichtung von Neubauernhäuser im Zuge der Bodenreform wieder sichtbar geworden. Aus Baruth/ Mark ist ein Bergfried bekannt, dessen Fundament in den 1980er Jahren ergraben worden ist. Die neuesten archäologischen Arbeiten am sogenannten Frauenhaus, dem alten Schloss, weisen in eine Zeit um 1180. Das Schloss in Dahme/Mark besitzt weitläufige Kellergewölbe und auf dem Burgareal in Zossen, das als Grenzfeste der Meißnischen Markgrafen gegen die Askanier aus dem 13. Jahrhundert bekannt ist, finden sich mit dem Torhaus und der Bastion Reste der alten Anlage. Hier fehlt es allerdings dringend an einer umfassenden Erforschung. Auch in Stülpe und Wiepersdorf sind Reste von Vorgängerbauten im Baugefüge der heutigen Bauten erkennbar. Die Renaissancebauten des Landkreises sind ebenfalls entweder in jüngeren Bauten aufgegangen oder fast vollständig verschwunden, wie etwa in Görsdorf bei Dahme. Dieses Gutshaus besaß die typischen

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Merkmale der Architektur seiner Zeit für herrschaftliche Bauten, wie Schweifgiebel und Treppenturm. Auch diesem Haus setzte die Bodenreform ein Ende. Heute ist nur noch ein Rest der ehemaligen Pracht vorhanden. Einzig das am Stadtrand von Berlin gelegene Kleinbeeren, welches als Ruine extrem dem Verfall preisgegeben ist, lässt den Charakter eines Gutshauses mitsamt seiner Raumfolge um 1600 noch erahnen. Die Zeit während und nach dem Dreißigjährigen Krieg weist auch im untersuchten Gebiet kaum Bautätigkeit auf. Manche der Adelssitze wurden beschädigt oder zerfielen. So war die Grenzfeste Zossen 1641 durch die Schweden in erheblichem Umfang zerstört worden. Andererseits erreichten viele Güter durch die Einverleibung der wüst gefallenen Bauernhufen einen Länderzuwachs und im Laufe der Zeit dann auch höhere Erträge. Im damals sächsischen Gebiet, einem Großteil des südlichen Landkreises, wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Schloss in Dahme/Mark durch den sächsischen Baumeister Johann Christoph Schütze erweitert und in eine repräsentative barocke Form gebracht. Für den Ausbau des Sitzes zu einem Residenzschloss bediente sich Schütze der damals gängigen Formensprache der Herrschaftsarchitektur. Der zur Stadtseite gerichtete Baukörper wurde im Mittelrisalit durch Kolossalsäulen und einem gesprengten Giebel besonders betont. Das herzogliche Wappen an eben diesem Mittelrisalit als »Hinweisschild« machte deutlich, wer Bauherr und Bewohner war. Während der 1. Hälfte des 18.  Jahrhunderts wurden die Häuser in Stülpe, Gräfendorf, Dahlewitz, Blankensee und Wiepersdorf erweitert und umgestaltet. Niederländische Vorbilder standen bei diesen Arbeiten mal mehr, mal weniger Pate. Auch das neu errichtete Haus in Gröben erinnert durch seine Kubatur, seine reduzierte Fassadengestaltung und das Treppenhaus an holländische Vorgaben. Durch die Verbindung der Hohenzollern mit den Oraniern kamen die damals in den Niederlanden vorherrschenden Formen der Baukunst nach Brandenburg. Durch Stiche und Ansichten, wie etwa die des Jean Baptistes Broebes wurden die Bauvorhaben veröffentlicht und verbreitet. Mit dem Wirken des Johann Moritz von Nassau-Siegen, der im neumärkischen Sonnenburg (Słońsk) eine Residenz

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des Johanniterordens in den niederländischen Bauformen errichten ließ, stand dann in gebauter Form ein niederländischer Bau in der Mark. Erst später, u.a. durch die eingewanderten Hugenotten, hielten französische Einflüsse in Brandenburg ihren Einzug. Ein für seine Bauweise nur noch selten erhaltenes Beispiel ist das in Hohenahlsdorf 1790 errichtete Haus der Familie Wollkopf. Der stattliche, zweigeschossige Bau mit zwölf Achsen Breite und einem Mansardwalmdach ist das einzige Gutshaus, das als Fachwerkgebäude die Zeit überdauert hat. Waren Fachwerkbauten, auch für die Gutsherren, lange Zeit üblich, so wurden sie mehr und mehr durch Steinbauten ersetzt. Bekannt sind Holzbauten für Wiepersdorf, Stülpe und Löwenbruch. Wobei das Löwenbrucher Gutshaus zumindest als Fotografie die Zeit überdauert hat. Die zu Beginn des 19.  Jahrhunderts in Preußen durchgeführten Reformen hatten u.a. die Aufhebung der Gutsuntertänigkeit zur Folge. Damit waren in vielen Fällen der Verlust der Bauerngüter auf der einen Seite und der Erwerb derselben durch die Gutsherrschaft auf der anderen Seite verbunden. In der Zeit zwischen 1800 und 1850/60 gab es eine enorme Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion in Brandenburg. Zurückzuführen ist dies auch auf die agrarwissenschaftlichen Innovationen, die mit dem Namen Albrecht Daniel Thaer verbunden sind. Die anwachsende Hauptstadt Berlin und ihre Bedürfnisse trugen ebenfalls dazu bei. Die Architektur erfuhr zu Beginn des 19. Jahrhun­ derts mit den damals tätigen Architekten David und Friedrich Gilly, Karl Friedrich Schinkel und Carl Gotthard Langhans eine Blütezeit in Preußen. Kongenial dazu gesellten sich die Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné und Hermann Pückler-Muskau. Auch im hier bearbeiteten Gebiet des Landkreises Teltow-Fläming sind Spuren dieser Künstler zu finden. Der Bau des Gutshauses Groß Machnow wird der Gilly-Schule zugeschrieben und die Gestaltung der Baruther und Teile der Blankenseer Parkanlagen gehen auf Peter Joseph Lenné zurück. Malerisch in den Baruther Park eingebettet, liegt der um 1820 errichtete klassizistische Erweiterungsbau des Schlosses, der mittlerweile saniert wurde. Eine Inszenierung der Ideale der brandenburgischen Landbaukunst. Schon damals fand Baruth/ Mark in dem von Alexander Duncker veröffentlichtem

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Werk über die Herrenhäuser Brandenburgs Erwähnung. Daneben entstanden weiterhin Häuser, die dem hergebrachten Bautypus, rechteckig und zweistöckig, entsprachen. Stellvertretend sei hier das Haus in Löwenbruch zu erwähnen. Die zweite Hälfte des 19.  Jahrhunderts war geprägt von Um- und Erweiterungsbauten vieler Häuser. Die Beispiele von Siethen, Mahlow, Löwenbruch und Märkisch Wilmerdorf sollen hier nur genannt werden. Während die Häuser Siethen und Mahlow eine Aufstockung erfuhren, wurde in Löwenbruch ein Flügel angebaut. Alle drei Häuser bekamen im Zusammenhang mit den Umbauten eine neue Fassadengestaltung. Dem Gutshaus Märkisch Wilmersdorf widerfuhr eine vollkommen neue Interpretation. Angeregt von der im englischen Burgenstil geprägten Architektur, wie sie im Schloss Babelsberg zutage tritt, wurde ab 1901 das Gutshaus des Grafen von Schwerin entsprechend umgestaltet. Als direktes Vorbild gilt das in Mecklenburg-Vorpommern durch den Architekten Friedrich Hitzig erbaute Schloss Kittendorf. Ein Neubau aus dieser Zeit ist das 1904 fertiggestellte Gutshaus in Kaltenhausen/Kloster Zinna. Es wurde wahrscheinlich um einen alten Kern als großzügiges, zweistöckiges Gebäude mit einer neobarocken Gestaltung durch die Berliner Architekten Cremer und Wolffenstein errichtet. Hinsichtlich der regionalen Beziehungen der einzelnen Gutsbesitzer untereinander ist es ein schönes Beispiel. Denn einige Jahre später bekamen dieselben Architekten den Auftrag zum Umbau des benachbarten Gutshauses in Wahlsdorf. Nicht nur die Nachbarschaft, sondern auch verwandtschaftliche Beziehungen hatten diese Verbindung möglich gemacht. Während der Kriegs- und Zwischenkriegsjahre kam es zu keinen nennenswerten Baumaßnahmen an den Guts- und Herrenhäusern. Allerdings wurden während des Zweiten Weltkriegs die Gutshäuser in Kerzendorf und Heinersdorf durch Bombenangriffe beschädigt, bzw. zerstört. Einschneidende Veränderungen wurden mit der Bodenreform durchgeführt. Diese Zäsur, die den grundlegenden Wandel im Umgang mit Grund und Boden einleitete, hat in einigen Gebieten des Landkreises eine völlig veränderte Kulturlandschaft hinterlassen. Zu nennen seien stellvertretend die Orte

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Bollensdorf, Blankenfelde und Malterhausen, deren Erscheinungsbild durch den Abbruch der Gutshäuser stark beeinträchtigt wurde. Im Zuge der Grenzsicherung zum Westteil der Stadt Berlin wurde 1968 das gesamte Dorf Osdorf mit dem Gutshaus abgerissen. In den Orten Görsdorf, Gebersdorf, Gräfendorf, Heinsdorf und Niebendorf reicht der Umgang mit den Gutshäusern von entstellenden Umbauten über die Wegnahme von Teilen bis zum kompletten Abriss der Häuser. Vielerorts wurden die durch den Abbruch gewonnenen Steine zum Bau von Neubauernhäusern verwendet. So wurden in Bärwalde Steine im Klosterformat, die offensichtlich aus dem Schloss stammen, zum Neubau eines Neubauernhauses verwendet. Bei den Abbruchmaßnahmen am Schloss Bärwalde kam der heute sichtbare mittelalterliche Wohnturm zutage. Aber nicht nur der Umgang mit dem Gutshaus, auch die Aufteilung der Ländereien und die damit verbundene Aufgabe der gewachsenen Strukturen, sind Maßnahmen der Bodenreform, die heute noch nachwirken. So wurde im ehemaligen Gutshof von Hohenahlsdorf direkt vor das Gutshaus, eine Baracke für die LPG errichtet, die sich weder nach einer Sichtachse richtet, noch an eine im unmittelbaren Umfeld vorhandene Architekturform anlehnt. Andere, weniger drastische Beispiele sind bekannt. Nach einem Brand im Dachgeschoss des Petkuser Gutshauses kam es zur Neugestaltung der Fassade. Die Struktur des Hofes mit Herrenhaus, Gutshof, Wirtschaftsgebäuden und Park blieben aber weitestgehend erhalten. Im nördlich gelegenen Mahlow wurde das Gutshaus als Schule umgenutzt. Ein Schicksal, welches einige andere Häuser, z.B. in Reinsdorf oder Blankensee, zwischenzeitlich ereilte. Das Gutshaus in Wahlsdorf hat diesem Umstand der Schulnutzung wahrscheinlich seinen Fortbestand zu verdanken. Das Fortbestehen des Schlosses in Wiepersdorf als Künstlerhaus, genauer gesagt als Arbeits- und Erholungsstätte für Künstler, war sicherlich der einstigen Hausherrin Bettina von Arnim zu verdanken. Dass dies aber mit einer derartigen Umsicht und denkmalpflegerischen Weitsicht geschah, ist ein Glücksfall. Aber nicht nur die Zeit der Bodenreform und der Vertreibung ihrer Besitzer ließ die Gutshäuser verschwinden bzw. in veränderter Form weiter existieren. Auch die Nachwendezeit und die damit verbundene

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Veränderung von Eigentumsverhältnissen ließen Verfall und Verlust von Kulturgut in einer beträchtlichen Dimension zu. Jüngstes Beispiel ist der Abbruch des Gutshauses in Rangsdorf zugunsten eines Neubaus, dessen Architektursprache zumindest umstritten ist. Verschiedene Häuser stehen leer und sind dem Verfall derart preisgegeben, dass ein Verschwinden nicht mehr auszuschließen ist. Dem gegenüber steht die große Zahl der geretteten Häuser, die heute wieder in Nutzung sind. Die Initiative der Schlösser GmbH, die ursprünglich zu einem Gutteil auf die Unterstützung von Landesmittel bauen konnte, zur Zeit aber allein durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz getragen wird, ist beispielhaft im Land Brandenburg. Der Landkreis Teltow-Fläming hat mit dem Schloss Blankensee ein prominentes Beispiel, welches unter der Schlösser GmbH vorbildlich wiederhergestellt wurde.

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Daneben bemühen sich immer mehr Gemeinden, ihr historisches Erbe anzutreten. Dazu gehören die Initiative der Stadt Dahme/Mark, die früh das Potenzial der dortigen Schlossruine erkannt hat, erkennen musste, weil die Denkmalpflege hartnäckig die Zustimmung zum Abbruch des Hauses verweigerte. Dazu gehören aber auch die Stadt Baruth/Mark, die seit Jahren das alte Schloss saniert und die Gemeinde Rangsdorf, die zusammen mit einem Unternehmer den Gutshof Groß Machnow wieder herstellt und als Bildungszentrum mit Leben erfüllt. Manche Gutshäuser wurden nach der politischen Wende 1989 wieder als private Wohnhäuser genutzt, andere wurden den Bedürfnissen entsprechend angepasst. Einige von ihnen sind zu bekannten Ausflugszielen geworden, viele aber harren noch ihrer Entdeckung.

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Alexanderdorf

Die Doppelgemeinde Kummersdorf-Alexanderdorf befindet sich südöstlich von Trebbin an der Landstraße nach Sperenberg. Von Trebbin kommend erreicht man zunächst den Ortsteil Alexanderdorf, an dessen Ortseingang linksseitig eine Backsteinmauer mit schmiedeeisernem Tor den Eingang zum heutigen Benediktinerinnenkloster »St. Gertrud« markiert. Hohe alte Linden verbergen das ehemalige Gutshaus mit seinen Nebengebäuden, die sich um eine kleine Parkanlage gruppieren. Der Grund und Boden, auf dem sich der Ortsteil Alexanderdorf befindet, gehörte im Mittelalter zur Herrschaft Zossen und unterstand den Herren von Torgow. Nach dem Aussterben des Geschlechtes derer von Torgow (1478) kaufte 1490 der brandenburgische Kurfürst Johann (Cicero) die Herrschaft Zossen für 16 000 Gulden, die damit zu einem kurfürstlichen Amt wurde. Somit gehörte auch die Gemarkung Alexanderdorf zum Kurfürstlichen Amt Zossen.

Alexanderhof, Urmesstischblatt von 1841

Die Entstehung der früheren »Colonie Cummers­ dorf« geht auf eine Verfügung des Preußenkönigs Friedrich II. zurück. Aus der »Colonie Cummersdorf« entwickelte sich der Ortskern der späteren Siedlung Alexanderdorf. Am 21.  Januar 1756 erhielt der Amtmann Gerresheim als Generalpächter des Amtes Zossen die Weisung, in der Nähe des bereits be-

Das Vorwerk Cummersdorf, Planzeichnung von 1761, aus: Geschichte der Benediktinerinnenabtei St. Gertrud in Alexanderdorf, 1998

Alexanderdorf

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Gut Alexanderhof, Ansicht von der Hofseite, historische Ansichtskarte, gelaufen 1932, Archiv C. Preuß

stehenden Amtsvorwerks Kummersdorf vier sächsische Familien als Kolonisten anzusiedeln. Vorgesehen war der Bau von zwei Doppelhäusern auf Kosten des Amtes. Der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges verzögerte jedoch das Vorhaben, so dass erst im März 1762 die ersten Kolonistenfamilien einziehen konnten. Bereits vorhanden waren zu diesem Zeitpunkt zwei Tagelöhnerhäuser. Wegen Geldmangels wurde das Gut 1809 (1811) verkauft. Erster Gutsbesitzer war der Hauptmann Alexander von Ruville, auf den ab 1814 der Name Alexanderhof für das ehemalige Amtsvorwerk zurückgeht.1 Bis 1844 entstanden noch weitere Kolonistenhäuser. Nachfolger des Hauptmanns von Ruville wurde 1844 Otto Koerner. Die Abhängigkeit der Kolonisten vom Gut, dem ehemaligen Amtsvorwerk, führte zu zahlreichen Konflikten. Die Lage entspannte sich erst, als Teile des Gutsbezirkes parzelliert wurden und den Kolonisten somit mehr Grundbesitz zur Verfügung stand.

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Durch »Allerhöchste Kabinettsorder« vom 25.  Juni 1875 wurde der Gemeindebezirk »Colonie Cummersdorf« mit dem Gutsbezirk Alexanderhof zu einer Gemeinde vereinigt, die seitdem den Namen Alexanderdorf führt. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel erwarb 1907 der Graf von Schwerin aus dem nahe gelegenen Märkisch Wilmersdorf das Gut. Der Bau des Gutshauses, das Hauptgebäude des heutigen Klosters, geht auf seine Initiative zurück. Der Graf von Schwerin war ein bekannter Garten- und Parkarchitekt und ab 1902 Präsident der 1892 gegründeten Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Nach der Inflation blieb die finanzielle Situation von Dr. Graf Fritz von Schwerin angespannt. Zudem starben seine beiden Söhne kurz hintereinander, und so verkaufte er 1933 neben Märkisch Wilmersdorf auch das Gut Alexanderdorf. Das Gut, das sich zu diesem Zeitpunkt in einem schlechten Zustand befand, erwarben schließlich die katholischen St. Hildegard-

Alexanderdorf