Die Gebühren im Wandel

01.02.2018 - Papierflut. Um keine Verletzung von Sorg- faltspflichten zu riskieren, tendieren die betroffenen Institute dazu, die Regeln breit auszulegen und ...
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ZVG

HANDELSZEITUNG | Nr. 5 | 1. Februar 2018

«Salvator Mundi» von Leonardo da Vinci: Das Gemälde «Erlöser der Welt» brachte jüngst an einer Auktion in New York phänomenale 450 Millionen Dollar.

Die Gebühren im Wandel

Kosten Die Themen Retros und Gebühren kamen stets aufs Tapet. Das führte zu Veränderungen und mehr Transparenz.

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MARKUS FUCHS

er im November 2017 ver­ öffentlichte Schlussbericht der Financial Conduct Authority zum Asset-Management-Markt in Grossbritannien ist das jüngste Beispiel einer Studie, die grosse Resonanz auslöste. Demnach spiele der Wettbewerb im Fondsgeschäft zu wenig, was zu überhöhten Kosten für Anleger führen könne. Diese Situation will die britische Aufsichtsbehörde mit konkreten Massnahmen verbessern. Fakt ist, dass sich die Fondsbranche in den letzten Jahren hinsichtlich der Gebühren stark verändert hat und sich noch weiter verändern wird. Hier sind insbesondere die aus den Managementgebühren zu bezahlenden Vertriebsentschädigungen zu nennen, die oft die Hälfte und mehr der gesamten Kosten ausmachen. Der Trend hin zu retrofreien Fonds ist erkennbar und

Die Analyse der Vertriebskosten zeigt, dass es den Vertriebsträgern bisher nur bedingt gelingt, den Kunden die Kosten für die Beratung in Rechnung zu stellen. Knacknuss Beratungskosten Zudem ist die Transparenz im KostenEs greift aber zu kurz, wenn die Wert- block Vertrieb weniger hoch als in den haltigkeit des aktiven Managements auf Bereichen Administration und Asset Madie Kostenfrage reduziert nagement. Die weitere Aufwird. Richtig ist jedoch, dass Vertriebskosten schlüsselung des Vertriebs«Beinahe-Indexfonds» zu kostenblocks oder mindesbei aktiven «Aktiv-Preisen» zunehmend tens die Separierung der hinterfragt werden. Diese Fonds werden in Vertriebskosten vom ProEntwicklung ist in vollem den Fondspreis dukt wird deshalb in den Gang. Der Hauptpreisunterkommenden Jahren eine eingerechnet. schied zwischen aktiven und wichtige Aufgabe der Fipassiven Fonds ergibt sich nanzdienstleister sein. Es aus der Tatsache, dass bei aktiven Fonds muss gelingen, die Vertriebskosten künfdie Vertriebskosten in den Fondspreis tig vermehrt mittels Beratungs- oder Ser­eingerechnet werden, bei passiven Fonds vicegebühren ausserhalb der Produkte und ETF aber nicht. Die Vertriebsträger zu erheben. Immer mehr Vertriebsträger – in der müssen nach alternativen Preismodellen suchen, um ihre Vertriebskosten zu finan- Schweiz sind dies vor allem die Banken – realisieren, dass herkömmliche Mass­ zieren. hat dazu geführt, dass die Preisdifferenz zwischen aktiven und passiven Produkten bereits deutlich kleiner wurde.

nahmen auf der Kostenseite nicht mehr kosten gesenkt werden oder separat am ­ausreichen, um das Anlagegeschäft pro­ Point of Sale belastet werden müssen. fitabel zu halten. Deshalb gilt es, struk­ Idealerweise sollte der Kunde zwischen turelle Änderungen einzuleiten. Dabei teuren und billigen Vertriebskanälen – müssen das Kundenbedürfnis und der Online-Vertrieb versus Filialnetz mit Be-anspruch sowie für die Finanzinstitute ratung – wählen können. Transparente der Kernauftrag im Anlagegeschäft im Beratungsentschädigungen anstatt VerZentrum stehen: die Ertriebsentschädigungen, die bringung einer möglichst in Produkte verpackt sind, Teuer sind hohen Rendite. Solange die machen ökonomisch Sinn, aktive Fonds, die denn sie bilden die finan­ grössten Kosten nicht im zielle Grundlage für einen Asset Management, sonnach Gebühren dern im Vertrieb anfallen, keinen Mehrwert guten Service und ein breites Angebot. Oberstes Ziel kommt die Fondsindustrie liefern. sollte die Gewährleistung nicht darum herum, hier einer fachlich guten, auf die den Hebel anzusetzen. ­Teuer sind diejenigen aktiven Fonds, die Interessen der Anleger ausgerichtete nach Gebühren keinen Mehrwert liefern. ­Beratung sein, die nicht durch die Höhe Vorschnelle Verallgemeinerungen sind allfälliger Vertriebsentschädigungen des indes irreführend, denn viele aktive Fonds Beraters beeinflusst wird. sind teuer, weil sie mit hohen Gebühren belastet werden, namentlich für den Ver- Markus Fuchs, Geschäftsführer, Swiss Funds & Asset trieb. Dies bedeutet, dass die Vertriebs- Management Association (SFAMA), Basel.

Mehr Transparenz, mehr Dokumentation Regulierung Ob die im ­Rahmen von Mifid II und Fidleg ­erhöhten Vorschriften zur ­Transparenz den erhofften Mehrwert ­bringen, ist fraglich. FABIAN SCHMID

Die neue EU-Richtlinie Market in Finan­ cial Instruments Directive (Mifid II) und weitere damit zusammenhängende Neuerungen der europäischen Finanzmarkt­ regulierung, die seit Anfang Januar 2018 gelten, sollten zu einem verbesserten Kundenschutz durch mehr Transparenz führen. Auch das schweizerische Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg), das voraussichtlich 2019 in Kraft treten wird, begründet der Gesetzgeber insbesondere

mit der Notwendigkeit eines verbesserten Anlegerschutzes und mehr Transparenz bei Finanzgeschäften. Nach der Finanzkrise vor rund zehn Jahren stellten Politik und Aufsichtsbe­ hörden Missstände beim Kundenschutz fest. Vor allem wegen einer mangelnden Übersichtlichkeit über die Kosten und die erbrachten Dienstleistungen. Das führte zu Vertrauensverlust und schliesslich zur Forderung nach mehr Transparenz.

Neue Verhaltensregeln Tatsächlich legen die erwähnten Gesetzesprojekte den Finanzdienstleistern zahlreiche neue Verhaltensregeln auf. Dazu gehören verschärfte Transparenzvorschriften für Finanzprodukte. Bestehende Prospektpflichten werden auf jede Art von Anlageinstrumenten ausgedehnt und vereinheitlicht. Hinzu kommen Auflagen zur Erstellung eines Basisinforma­

tionsblatts. Für mehr Klarheit sorgen sollen auch deutlich erweiterte Informa­ tionspflichten zu erbrachten Dienstleistungen und zum Finanzinstitut selbst. Diese Vorgaben sind sowohl zu Beginn als auch während der Dienstleistungserbringung zu erfüllen und gegebenenfalls zu protokollieren.

Klarheit, die vernebelt Interessenkonflikte lassen sich in einem freiheitlichen Wirtschaftssystem nicht vermeiden, sie gehören sogar dazu. Trans­ parenz gilt demgegenüber als adäquates Gegengewicht zur Eingrenzung schäd­ licher Auswirkungen. Insofern deckt sich das mit den heutigen, veränderten Kundenbedürfnissen bei den Finanzdienst­ leistungen. Ein Blick auf die praktische Anwendung der neuen Vorgaben zeigt indessen einige unerwünschte Nebenwirkungen.

Neben der im Finanzdienstleistungs­ bereich ohnehin schon beachtlichen Fülle an Vertragsdokumenten und Formularen führt die konkrete Umsetzung der neuen Transparenzvorschriften zu noch mehr Papierflut. Um keine Verletzung von Sorgfaltspflichten zu riskieren, tendieren die betroffenen Institute dazu, die Regeln breit auszulegen und sie wortgetreu umzusetzen. Ob es dem Kunden aber tatsächlich den erhofften Mehrwert bringt, wenn er vor jeder Vertragsunterzeichnung oder Anlageempfehlung eine Fülle an detaillierten Informa­tionen erhält und deren Erhalt womöglich noch schriftlich be­ stätigen muss, ist fraglich. Zumal diese ­Informationen häufig durch Haftungsausschlüsse und rechtliche Absicherungsklauseln angereichert werden. Das führt dazu, dass die wirklich wesentlichen Risiken in der Informationsflut unterzugehen drohen. An dieser Problematik ändert

auch die Möglichkeit zur elektronischen Dokumentation kaum etwas.

Kostspielige Transparenz Die Umsetzung der neuen Vorschriften zwingt die Institute zudem häufig zu zusätzlichen Investitionen in Personal und IT. Das dürfte spätestens dann nicht mehr im Interesse des Kunden sein, wenn diese Kosten in Form von erhöhten (wenn auch transparent ausgewiesenen) Gebühren an ihn weitergegeben werden. Die Finanzdienstleister sind gefordert, in diesem Spannungsfeld zwischen erhöhten regu­ latorischen Anforderungen, veränderten Kundenbedürfnissen und neuen technischen Möglichkeiten den richtigen Spagat zu vollziehen. Fabian Schmid, Leiter Regulatory & Compliance Deutschschweiz und Partner, BDO Financial ­Services, Zürich.