Des Schrecklichen Anfang - Buch.de

räusch von Ohrfeigen den Streit beendete. Ei- nes Nachts war es Abbas Hand, die den Streit beendete. Kurz darauf verließ er die Himmel. "Er wird kommen" ... Von allen Sieben war Abba der Einzige seiner. Brüder, für den Ara keine familiären Gefühle hegte und das war das Beste, was ihnen bei- den passieren konnte.
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Christian Damerow

Des Schrecklichen Anfang Roman

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© 2014 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2014 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Krzysztof Z. Olesiński Printed in Germany

AAVAA print+design Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-1175-5 ISBN 978-3-8459-1176-2 ISBN 978-3-8459-1177-9 ISBN 978-3-8459-1178-6 Mini-Buch ohne ISBN

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1. Stufe Verneinung

"...cause i´m scared of whats behind and whats before."

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Kapitel 1.

Abba lebte seit einer Ewigkeit in der Wüste. Als er sagte, er träume davon, eines Tages eine eigene Farm zu besitzen, hatte Ara die Worte seines älteren Bruders als Hirngespinst abgetan. Abba war der Zweitälteste seiner Brüder und sein Gemüt zu impulsiv und rastlos, um sich irgendwo neben Schlangen und einem Wasserloch zur Ruhe zu setzen. Die Landkarte Ägyptens, die man Ara aushändigte, um die Farm zu finden, hatte das doppelte Ausmaß seines Wagens. Er musste ein Loch hineinreißen, um die Straße überhaupt zu sehen. Irgendwo auf der kartographierten Einöde, im Süden zwischen Kairo und Sakkara, befand sich ein rotes X.

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"Was bedeutet dieses Kreuz?", hatte Ara seine Brüder gefragt, bevor er sich auf die Suche nach Abba machte. "Dort ist Abba", war die Antwort. "Bring ihn her. So schnell wie möglich." "Was soll ich ihm sagen?", fragte er. "Paps und er waren nicht unbedingt die besten Freunde." Das war untertrieben. Noch jetzt konnte man an den Wänden Spuren von ihren Kämpfen sehen. Oft hörte man sie nachts im Thronsaal miteinander ringen, bis das schallende Geräusch von Ohrfeigen den Streit beendete. Eines Nachts war es Abbas Hand, die den Streit beendete. Kurz darauf verließ er die Himmel. "Er wird kommen", sagte Kalyptos. Kalyptos war sein ältester Bruder und Heerführer der Seraphim. Er übergab Ara die Karte, eine Handvoll Dokumente, die er benutzen sollte, für den Fall, dass man ihn anhielt und einen versiegelten Brief, der für Abba bestimmt war.

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"Er wird kommen", bekräftigten die anderen ebenfalls und wie immer hielten sie es nicht für nötig, ihn weiter aufzuklären. Von allen Sieben war Abba der Einzige seiner Brüder, für den Ara keine familiären Gefühle hegte und das war das Beste, was ihnen beiden passieren konnte. Er war die Jimmy Dean Version der Familie. Jemand, den es nicht interessierte, ob ihn eine Reisegruppe oder der Papst persönlich beim Wasserlassen beobachtete. Er verbrachte die meiste Zeit unter Menschen und vermutlich hatte er von ihnen einen Großteil seiner besten und schlechtesten Eigenschaften. Seien es die Spitznamen, die er seinen Brüdern verpasste oder die Frauengeschichten, die er bereit hielt. Was er erzählte, war wie ein großer Hintern, den er allem ins Gesicht drückte, was ihr Vater sie lehrte. Ara versuchte stets, desinteressiert wie die anderen zu wirken, doch sobald sie allein waren, konnte er nicht aufhören, ihn mit Fragen zu löchern. 7

"Wie alt werden Menschen?", fragte er. "Alt genug, um nicht zu lang mit ihnen rumhängen zu müssen", sagte Abba und kaute auf einem Grashalm, während er mit verschränkten Armen zum Kristallhimmel über Elysea und dem Kristallmeer schaute, auf genau die Art und Weise, die sich Ara ins Gedächtnis brannte. "Sie denken nicht zu viel nach. Sie machen so viele Fehler, dass du ein ganzes Leben bräuchtest, um sie wieder auszubügeln, aber sie scheren sich nicht drum, zumindest die meisten von ihnen. Sie machen einfach weiter." "Sie ändern nichts? Nicht einmal, wenn sie bestraft werden?" "Das ist es ja", sagte er lachend. "Sie merken nicht einmal, dass sie bestraft werden. Die dümmsten und besten Geschöpfe, die du dir vorstellen kannst." Diese und andere ihrer Unterhaltungen gingen Ara durch den Kopf, während er durch die Wüste fuhr und zwischen all dem Sand

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und Staub Mühe hatte, den Anfang der Straße zu erkennen. Vermutlich überfuhr er genug Eidechsen und Sandigel (wenn es Tiere dieses Namens überhaupt gab), um ihren Bestand zu gefährden, doch er konnte sich schon glücklich schätzen, wenn er überhaupt irgendwo ankam. Ihm stand deutlich vor Augen, wie man ihn in einigen Jahrtausenden in dieser Wüste ausgrub, eine kleine, verschrumpelte Mumie hinter dem Steuerrad, direkt neben einem versteinerten Sandigel und den Ruinen einer Zivilisation, die erst nach ihm entstanden war. Verdammt, dachte er, wenn sie mir nochmal weismachen wollen, dass diese Welt winzig ist, dann sollen sie sich nächstes Mal selbst hinters Steuer setzen. Er war gerade im Begriff, die Karte aus seinem Gesicht zu schieben, als ein Wagen zu ihm aufschloss und ein Militärpolizist durch ein Megafon sagte: "Fahren Sie rechts ran!" "Phantastisch, wunderbar", schimpfte Ara. Während er den Wagen zum Stehen brachte, 9

wühlte er hektisch zwischen dem Stapel Dokumente im Handschuhfach. "Haben Sie etwas getrunken?", hörte er die Stimme des Polizisten, der sich breitbeinig neben dem Wagen postierte. Er machte sich nicht einmal die Mühe ihn anzusehen, im Grunde unterhielt Ara sich mit einer militärischen Gürtelschnalle. "Kein Schluck", versicherte er. "Ein bisschen zu viel Kaffee vielleicht." Demonstrativ hielt Ara die Thermoskanne in sein Blickfeld. "Haben Sie sich verfahren?" "Ich bin nur auf der Durchreise", sagte er und wollte ihm seinen Pass und Führerschein durch das Fenster reichen. "Nicht nötig", winkte der Polizist ab. "Ich muss Sie in jedem Fall mitnehmen." Er zuckte zusammen und steckte vorsichtig den Kopf durch das Fenster. Die Sonne stand nur eine Handbreit neben dem Körper des Polizisten und verwandelte ihn in einen schwar-

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zen Ballon. Die Uniform des Mannes war vom Braun des Wüstensandes. "Ist das ein Witz?", fragte Ara. "Sehen Sie sich doch mal um", meinte der Militärpolizist. "Wir sind hier im letzten Loch der Welt. Sie wollen jetzt keinen Streit mit mir anfangen oder?" "Ich ..." "Ich muss Ihnen leider Handschellen anlegen", sagte der Polizist und zog die Waffe aus dem Holster. "Steigen Sie aus und stellen sie sich mit dem Gesicht zum Wagen." Er ließ sich zurück in den Fahrersitz sinken und atmete tief durch. Fang keinen Streit an, war der Ratschlag, genauer gesagt, der Befehl seiner Brüder. Wenn dir jemand dumm kommt, halt die andere Wange hin. Lass dich nicht provozieren und handle niemals vor ihnen, denn sie machen immer den ersten Fehler. Er zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg langsam aus. 11

"Habe ich ein Verbrechen begangen? War es einer der Sandigel?" "Nehmen Sie die Hände hinter den Rücken", wies der Polizist ihn an und zückte Handschellen, die er ihm ohne Vorwarnung anlegte. Sie waren eiskalt und schnürten die Handgelenke ein. Das Gesicht des Mannes war eines dieser Gesichter, die an bestimmte Hunderassen erinnern. Einer dieser Hunde mit gewaltigen Tränensäcken und herabhängenden Mundwinkeln, die aussahen, wie geschmolzene Wachsspielzeuge. "Ist das wirklich nötig?", fragte er, doch die einzige Antwort war eine Hand, die seinen Kopf herunter drückte und ihn auf den Rücksitz des Wagens schob. Die Tür fiel ins Schloss und der Mann setzte sich hinter das Steuer. Ara warf einen letzten wehmütigen Blick auf den Leihwagen am Straßenrand und seufzte. Eine möglichst bequeme Position einnehmend, vertraute er auf Abbas Erfahrung, dass die seltsamsten Dinge,

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die einem unter den Menschen widerfuhren, oft den meisten Sinn ergaben. "Sie sind einen weiten Weg gekommen, nehme ich an", meinte der Polizist. "Ägypten ist nicht gerade ein Vorort und zur Zeit nicht das beliebteste Urlaubsziel. Mein Name ist Fährmann. Wie heißen Sie?" Fährmann?, dachte Ara. Entweder war der Mann der unfreiwilligste Komiker, den es gab oder alles, was er sagte, war nur dazu gedacht sich über ihn lustig zu machen. "Lukas Kenosis", sagte Ara zögernd, indem er zwei Namen zusammenfügte, die ihm von den gefälschten Dokumenten in Erinnerung waren. "Haben Sie ein Problem mit mir?", fragte er. "Habe ich gegen ein Gesetz verstoßen, das Sie sich gerade ausgedacht haben?" Fährmann lachte. "Dafür dass Sie nicht von hier sind, haben Sie ein ziemlich großes Mundwerk. Kultiviert, aber vorlaut." "Woher wissen Sie, dass ich..." 13

"Ihr Nummernschild", erklärte er. "Man hört Ihnen nicht an, dass Sie Niederländer sind." "Ich bin sehr international aufgewachsen." "Kenosis ist also ein holländischer Name?" "Verhaften Sie doch meine Eltern, dann können Sie sie fragen." Fährmann warf ihm einen Blick über den Rückspiegel zu und schwieg. Auf dem Rücksitz befand sich eine große, quadratische Pappschachtel, die einen süßen Duft verströmte. "Was ist da drin?", fragte Ara. "Der Kopf des Kerls, den Sie vor mir verknackt haben?" "Kuchen für eine Party", erklärte Fährmann. "Aber Sie haben keine Ahnung von Kuchen." Sie setzten die Fahrt durch die Wüste schweigend fort. Die Landschaft wischte wie ein langweiliges, verwaschenes Gemälde am Fenster vorbei, von Zeit zu Zeit aufgelockert von verdorrten Sträuchern und tief eingeschnittenen Tälern. Soviel zur Familienzusammenkunft.

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"Was passiert, wenn ich nicht rechtzeitig mit ihm zurück bin?", hatte er Kalyptos vor der Abreise gefragt. Er war der Älteste von ihnen und übernahm in den meisten Fällen das Wort für alle. "Diese Situation wird und darf es nicht geben", trichterte Kalyptos ihm in seinem "Stell mir diese Frage einmal und nie wieder"-Ton ein. "Du bringst Abba den Brief. Alles andere wird sich von selbst erklären. Er kann Vater nicht im Stich lassen." "Wissen Sie, ich habe eigentlich einen wichtigen Auftrag, der sich nicht aufschieben lässt", sagte er und suchte nach einem Weg den Mann in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Dieser ignorierte ihn jedoch vollständig und lenkte den Wagen stattdessen von der Straße direkt auf ein kleines Gebäude zu, das wie aus dem Nichts in der Wüste erschien. Wenige Meter von dem Haus entfernt stand ein klauenförmig in den Himmel gestreckter Baum, dessen Holz an eine in Mehl getauchte Skeletthand erinnerte. 15