Der Urweg. Heerweg von Nordeuropa nach ... - TRIGA - Der Verlag

Er nimmt die natürlichen Pforten, die die Natur in Millionen von Jahren erschaffen ... Erst spät begann man damit, die Moore trockenzulegen und zu kultivieren. ... schon dort, wo der moderne Verkehr ihn aus seinen Klauen lässt, verzichtet der ...
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K. V. Buchholz Der Urweg Heerweg von Nordeuropa nach Nordafrika

K. V. Buchholz

Der Urweg Heerweg von Nordeuropa nach Nordafrika

TRIGA – Der Verlag

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1. Auflage 2007 © Copyright TRIGA – Der Verlag Feldstraße 2 a, 63584 Gründau-Rothenbergen www.triga-der-verlag.de Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-89774-818-7

Danksagung Ich danke der Stadt Stade, Stadtarchiv, für die Genehmigung, das Papstsiegel abzubilden. Mein Dank gilt ebenso den vielen Förderern, die mir die wunderschönen Bilder zur Verfügung stellten. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Dipl.-Ing. Ralf Schubert, der mir bei der Textgestaltung unermüdlich beratend zur Seite stand. Ganz besonders möchte ich mich beim Verlag bedanken, der es mir ermöglichte, dieses Werk zu veröffentlichen.

Ein heimliches Entzücken Über Moränenrücken. Die heißen Windeshände Baun südliches Gelände. Aus frühem Morgengrau Tritt junge Bauersfrau, Die ihre Beete jätet. Die Luft hat sie geknetet. Die Luft, die sie umspielt, Hat sie herangefühlt. Die Förde wurde Ägäische See, Die jätende Magd Der Antigone. Wilhelm Lehmann

Inhalt

Einleitung

13

Kapitel 1

Von Viborg nach Øster Nykirke

17

Kapitel 2

Von Øster Nykirke nach Jels

35

Kapitel 3

Von Jels nach Padborg

49

Kapitel 4 Von Padburg nachHaithabu/Schleswig

69

Kapitel 5 Von Haithabu nach Nübbel (Rendsburg)

119

Kapitel 6

Von Rendsburg nach Stade

139

Kapitel 7

Von Stade über Minden nach Mainz

159

Kapitel 8

Von Stade über Hannover nach Mainz

223

Kapitel 9

Von Mainz nach Speyer

279

Kapitel 10 Von Frankfurt nach Speyer

297

Kapitel 11 Von Speyer nach Straßburg

327

Kapitel 12 Von Straßburg nach Jerusalem

339

Kapitel 13 Von Straßburg nach Santiago de Compostela

379

Zeittafel

413

Quellenverzeichnis

417

Bildnachweis

437

Einleitung Es gibt in Europa einen alten Weg, der seit urewigen Zeiten als Herdenwanderweg, Völkerweg und Handelsweg genutzt wurde. Zusammen mit Wasserläufen, Seen, Tälern und Bergen kann er dem aufmerksamen Wanderer oftmals eine Erklärung dafür geben, weshalb dieses oder jenes gerade hier geschah. Er beginnt in Norddänemark bei Viborg, unterhalb des Limfjordes, verläuft fast durch die Mitte der jütländischen Halbinsel, führt weiter durch das Elbe-Weser-Dreieck nach Frankfurt am Main und dann über die Bergstraße an den Rhein, wo er ab Straßburg plötzlich seine Richtung ändert und als Pilgerweg nach Santiago de Compostela bis an die spanische Küste weiterläuft. Der Weg orientiert sich an topographischen Gegebenheiten. Er nimmt die natürlichen Pforten, die die Natur in Millionen von Jahren erschaffen hat, und führt über Furten der Urflüsse, indem er Sümpfe und morastige Niederungen meidet. Es ist jeweils die besondere Art der Landschaften, die sie einmal zum großen Durchzugsgebiet werden ließ. Heute bieten sich diese uralten Wege als Fernwanderwege an. Als längste und älteste Route Dänemarks erstreckt sich der erste Teil dieses Weges wie ein breiter Fluss durch Jütland. Eine erste interessante Stelle findet sich dann in Schleswig-Holstein bei Haithabu am »Danewerk«, einer Befestigungsanlage, die aus einer Reihe von Wällen bestand und nur einen einzigen Durchlass für den Heerweg hatte. Die Entstehung der Dörfer und Städte war in früherer Zeit durch die Handels- und Transportwege bestimmt, je nach See- oder Landtransport. Der antike Verkehrsknotenpunkt und zentrale Handelsplatz Haithabu ist ein gutes Beispiel hierfür. Über eine lange Strecke zieht der Weg dann nach Süden bis Rendsburg, Itzehoe und Stade. Warum er ausgerechnet hier über die Elbe führt, lädt ein zur Spekulation: Jahrtausendelang 13

musste der Weg dunkle und geheimnisvolle Moore umgehen, da die frühen Völker sie fürchteten und mieden. Erst spät begann man damit, die Moore trockenzulegen und zu kultivieren. Der Weg führt weiter durch die berühmte Porta Westfalica und durch die Limespforte bei Butzbach, dann bis an den Rhein. Spätere Bebauungen zwangen ihn hin und wieder ein wenig in eine andere Richtung. Er ist nicht immer einfach aufzuspüren; aber schon dort, wo in alten Zeiten Schlachten stattgefunden haben, kann man nachvollziehen, dass einst große Streitmächte auf ihm unterwegs waren – natürlich auch Feinde des Landes wie Attila, der im Jahr 436 mit seinem riesigen Heer von Wiesloch bis nach Mannheim zog. An Stellen, wo das Land jahrhundertelang beharrlich kultiviert wurde, sind solche Spuren kaum mehr zu finden. In einigen Gebieten haben die moderne Industrie, der Straßenbau oder die Flurbereinigung ihn verschwinden lassen. Aber so ohne weiteres lässt sich ein jahrtausendealter Weg nicht verbergen; und kaum ein anderer Weg kann sich altersmäßig mit ihm messen. So führt er auch an den Geschehnisorten des Nibelungenliedes vorbei. Der Schleier des Geheimnisses wird ein wenig angehoben, wo man entdeckt, dass auch schon die Helden der Nibelungen hier gewandert sein könnten, die im Codex regius der Älteren Edda verewigt wurden. Historiker vermuten, dass die Anfänge des Handelsweges in der Zeit zwischen 4200 und 1800 v. Chr. liegen. Schon während der Eiszeit lebten hier Menschen in der Tundra und in der Kaltsteppe. Sie zogen den großen Rentierherden und Mammuts nach und jagten noch andere der vielen arktischen Tiere. In Gebieten, in denen dieser Weg für die Menschen sehr nützlich war, findet man ihn heute als Straße asphaltiert vor; aber, so beschrieb ihn einst der dänische Historiker Hugo Matthiessen, schon dort, wo der moderne Verkehr ihn aus seinen Klauen lässt, verzichtet der Weg auf den ihm aufgezwungenen Putz und 14

setzt ungebrochen, beharrlich und zielstrebig seine Wanderung in Richtung Süden fort, sodass man den Eindruck gewinnen könnte, dass seine Sturheit an Starrsinn grenzt. Dieser Urweg, der sich wie ein Bach durch das Land schlängelt, um natürliche Hindernisse zu umgehen, hat in Dänemark und Deutschland im Lauf der Jahrhunderte verschiedene Namen erhalten. So gibt es zum Beispiel den Töpferweg (nach der Heimindustrie), Heerweg, Adelsweg, Sachsenweg, Königsweg, Kaiserweg, Ochsenweg, die Milchstraße, den Hessweg (nach lokalen Namen), den Jacobusweg, Romweg, Frankfurter Weg, Kölner Weg, Aachener Weg (aus der Pilgerzeit), den Hellweg und die Bergstraße (aus der Keltenzeit). Im Norden wird der Urweg Heerweg genannt. Ob der Begriff Heerweg militärisch zu deuten ist, kann man nur raten. Sicher ist, dass Heere diesen Weg benutzt und dass Kampfhandlungen in seiner Nähe stattgefunden haben. Der Begriff Heer hatte früher auch die Bedeutung »große Menge« und »große Schar«. Man denke auch an das Wort »Herberge« oder die Beschreibung »hin und her«. Im 7. und 8. Jahrhundert bedeutete »Heer« eine Kriegsschar. Im 15. und 16. Jahrhundert sagte man Heer auch zu einer Ansammlung von Tieren. Die Schreibweise mit einem doppelten e ist erst seit etwa dem 14. Jahrhundert gebräuchlich. Vor aller Geschichte war jedoch die Landschaft. Hier lebten und arbeiteten Menschen, hier fanden sie, was zum Leben nötig war. Die Landschaft bestimmte ihr Schicksal. Generationen von Menschen und Tieren sind Meile für Meile hier gelaufen, und jeder Schritt hat nach und nach aus einem Pfad einen breiten Weg entstehen lassen. Zu keiner Zeit waren die Menschen immobil, und manchmal herrschte ein so lebhafter Betrieb, dass man dem Gegenverkehr ausweichen musste. Wenn man aber den Anschluss an seine Mitreisenden verloren hatte, dann konnte es einem schon übel ergehen. Der Ausdruck »allein und verloren« erhielt dann seine traurige Bedeutung. 15

Kapitel 1

Von Viborg nach Øster Nykirke

W

ie ist nun die dänische und schleswig-holsteinische Landschaft entstanden, so wie sie heute ist, so bunt und unterschiedlich, als wäre sie von einer spendablen Hand geschaffen? Diese Frage beantwortet die Geologie, die Lehre von der Entstehung und dem Bau der Erde.

Längere oder kürzere Zeitabschnitte der Vereisung sind ein natürlicher Teil unserer Erdgeschichte. Die jüngere Eiszeit, das sogenannte Pleistozän, begann vor etwa 2,5 Millionen Jahren. Immer wieder kam es zu Eiszeiten, die sich mit Warmzeiten abwechselten. Der Homo sapiens erschien vor etwa vierzigtausend Jahren während der letzten Eiszeit in Europa, wo er den Neandertaler antraf, der schon lange vor ihm durch das Land gestreift war. Er fand ein erheblich kälteres Klima vor als in seiner nordafrikanischen Heimat, konnte sich aber nach und nach anpassen. Seine Hautfarbe wurde allmählich heller, um die Sonneneinstrahlung besser aufnehmen zu können, die für die Produktion des Vitamins D erforderlich ist; denn das arktische Wetter stellte an das Überleben der Menschen besondere Anforderungen. Zu dieser Zeit hatte Europa ein völlig anderes Aussehen. Die gesamte skandinavische Halbinsel, die nördliche Spitze Dänemarks bis zum Limfjord, die gesamte Ostsee einschließlich großer Küstengebiete, auch in Norddeutschland bis hin zur Elbe, große Gebiete Englands und Irlands, die gesamten Alpen und Teile des Schwarzwalds waren von einer einen Kilometer mächtigen Eisschicht begraben, wie man sie heute noch am Nord- und Südpol und in Grönland finden kann. Aus diesem Grund lag der Meeresspiegel viel niedriger als heute. England und Irland gehörten zur kontinentalen Landmasse, und große Landesteile der Bucht von Biskaya und der Nordsee lagen trocken. Südlich der Eisgrenze breiteten sich weite Tundrenebenen aus, auf denen Rentiere, Pferde, Auerochsen, Wisente, Hirsche, 19