Das vergessene Wissen von Moh - 1 - Libreka

ein altes Haus und auf eine Art gebaut, wie sie kein Architekt der Erde ... Bedächtig erhob sich der alte Mann von der ur- alten ... Augenblicklich schloss sich das ...
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H. Brewer

Das vergessene Wissen von Moh Band 1

Die Kinder des Todes Fantasy

© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag, Berlin Coverbild: H. Brewer Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0701-7 AAVAA Verlag, Hohen Neuendorf, bei Berlin www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Vorwort Es ist alles schon einmal getan worden und alles wird immer wieder kommen. Jedes Wort wurde schon einmal gesprochen und nichts ist verloren, hallt nach auf ewig in den unendlichen Weiten zwischen Zeit und Raum. Und manchmal, wenn du ganz genau hinhörst, formen sich die Worte zu Sätzen und geben Antwort auf all deine Fragen.

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Prolog Das große Holzhaus stand hoch oben auf einer Klippe umgeben von dichtem Wald. Nur ein schmaler, natürlicher Pfad, gerade eben ausreichend für ein einzelnes Fahrzeug, führte zu diesem wohl entlegensten Winkel der Welt. Es war ein altes Haus und auf eine Art gebaut, wie sie kein Architekt der Erde mehr kannte. Oder jemals gekannt hatte? Ganze Bäume schmiegten sich auf eine unnachahmliche Weise zu einem großen Quadrat zusammen. Ihre Blätter und Zweige formten ein Dach. Die Fenster waren bloße Aussparungen ohne Glasscheiben und schienen ständig ihre Größe zu verändern. Eine Tür suchte der Betrachter vergebens. Aus einiger Entfernung konnte man nicht einmal mehr ausmachen, dass hier ein Haus stand. Es war ein seltsamer Ort, diese Lichtung mitten im Wald, hoch oben auf der Klippe. Er strahlte eine Ruhe und einen Frieden aus, die jedweden die Zeit vergessen ließ. Die zahlreichen Vögel in den Bäumen zwitscherten nur ganz leise und jeg4

liches Getier im Unterholz des Waldes bewegte sich, als trügen sie alle Filzpantoffel. Ganz so, als wären sie nur zu Gast. Besucher, die darauf bedacht waren, den Hausherren bloß nicht zu stören. Und diesen gab es tatsächlich. Bedächtig erhob sich der alte Mann von der uralten, zerschlissenen Couch und schlurfte gemächlich zu dem großen gemauerten Kamin, der mitten im Raum stand. Gedankenverloren sah er in die Glut des niedergebrannten Feuers. „Sie werden bald hier sein, ich sollte schon einmal Teewasser aufsetzen“, grummelte er missmutig vor sich hin. Genüsslich sog er an einem überdimensionalen Rauchgerät, blies einige formschöne Ornamente in die Luft und setzte einen großen alten Wasserkessel auf ein Rost im Kamin. Dann warf er einen dicken Scheit Holz in die Glut und nahm wieder einen tiefen Zug. Langsam legte er den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie sich über ihm das Dach öffnete und seine kunstvollen Kringel und Kreise in den Abendhimmel verschwanden.

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„Ja, ja, du magst meine Raucherei nicht“, knurrte er leise, „aber untersteh dich, wenn mein Besuch da ist. Keine dummen Scherze, sonst rauche ich dich in der Pfeife.“ Augenblicklich schloss sich das Dach wieder. Das Haus schien diese Drohung durchaus ernst zu nehmen. Ein leises, entferntes Brummen kündigte die Ankunft seiner Gäste an und der Alte begann einen großen runden Tisch, den ein sauberes rotweiß kariertes Tischtuch zierte, zu decken. Ein Auto hielt, Türen klappten. „Kommt rein, die Tür ist offen!“, rief der Alte und stellte den Tee auf den Tisch. Ein kleiner blonder Junge rannte quer durch den halbdunklen Raum auf ihn zu. „Hallo, Ur-opi!“, rief er und sprang aus vollem Lauf an ihm hoch. Mit einer Behändigkeit, die man dem Alten niemals zugetraut hätte, fing dieser den Dreikäsehoch auf und setzte ihn mitten auf den Tisch, zwischen das Geschirr. „Aber Großvater, du sollst ihm doch so etwas nicht beibringen. Tobi, setze dich bitte auf einen Stuhl“, tönte es augenblicklich und sehr energisch von der weit geöffneten Tür. Lachend klet6

terte der Junge vom Tisch und platzierte sich auf einen der großen Holzstühle. „Ich darf dieses Mal ganz lange hier bleiben!“, strahlte er. „So, so“, brummte der Alte und strich ihm mit der riesigen alten Hand über den Kopf. „Dann schieß mal los“, sagte er und wandte sich seiner Enkelin zu. Die hübsche junge Frau mit den langen blonden Haaren hatte mittlerweile den Tisch erreicht. Wortlos drückte sie ihrem Großvater einen Kuss auf die Wange und setzte sich. „Ich will Tee!“, rief Tobi. „Ich möchte bitte Tee“, korrigierte die Mutter. „Bitte Tee“, echote der kleine Mann. „Wonach schmeckt der?“, fragte er mit großen Augen. „Was hättest du denn gerne?“, fragte der Alte und lächelte tatsächlich. „Kann ich haben was ich will?“. Aufgeregt rutschte Tobi auf seinem Sitz hin und her. Der Alte schenkte ihm eine Tasse Tee ein. „Was hättest Du denn gerne?“, fragte er erneut. „Erdbeere und Himbeere und danach Vanille!“, kam es prompt zurück. 7

„Na, gut“, schmunzelte der Alte, „dann soll das wohl so sein. Und jetzt trink erst mal, ich muss mit deiner Mutter reden.“ „Ich könnte einen Beruhigungstee vertragen“, murmelte diese und stützte den Kopf in die Hände. „Auch gut“, brummte der Alte und schenkte ihr aus der gleichen Kanne ein, wie vorher dem Jungen. Noch immer stand er vor dem Tisch und betrachtete seine Enkelin und seinen Urenkel, die so gar keine Ähnlichkeit mit ihm hatten. „Himbeere“, sagte Tobi fröhlich und nahm einen Schluck. “Und jetzt Vanille“, er trank erneut . Seufzend richtete die junge Frau sich auf. „Er muss lernen“, sagte sie. „Sicher“, brummte der Alte, „deshalb gibt es ja Einrichtungen, die man Schulen nennt, und sie erfüllen meiner Meinung nach einen guten Zweck.“ „Du verstehst nicht“, antwortete seine Enkelin, „er muss richtig lernen“.

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Entschieden schüttelte der Alte den Kopf, so dass sein langes weißes Haar mit den schwarzen Strähnen hin und her flog. „Nein“, sagte er, „dafür ist er noch viel zu jung.“ Die Art wie er sich dabei aufrichtete hatte etwas Endgültiges. Obwohl sie wusste, dass sie von ihrem Großvater niemals etwas zu befürchten hatte, zuckte die junge Frau zusammen. Trotz seines Alters war er eine mehr als imposante Erscheinung, und wenn er aufgebracht war geradezu Furcht einflößend. Und der Alte war aufgebracht. Mehr noch, er war richtig wütend. „Bist du böse, Ur-Opi?“, fragte Tobi und blickte von seiner Tasse auf, die jetzt Kamillentee enthielt. Sofort veränderte der Alte sich, man konnte nahezu sehen, wie der Groll von ihm abfiel. “Aber nein“, beeilte er sich den Jungen zu beruhigen. „Im Gegenteil, ich freue mich doch, dass du da bist und dass wir dieses Mal ein bisschen mehr Zeit haben“. Er nahm einen der großen schweren Holzstühle mit der linken Hand, als hätte dieser keinerlei Gewicht, und stellte ihn an das einige Meter entfernte Fenster.

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„Entschuldigt bitte“, murmelte er leise, setzte sich und entzündete ein ziemlich großes Rauchutensil. Sofort begann das Fenster sich langsam, aber stetig zu vergrößern. „Vielleicht sollte ich doch lieber Pfeife rauchen“, knurrte der Alte kaum hörbar, worauf das Fenster schlagartig aufhörte zu wachsen und eine konstante Größe bei behielt. „Hast du denn eine Pfeife?“, fragte Tobi. „War nur ein Spaß“, entgegnete der Alte freundlich und blies den Rauch durch die große Öffnung in die Dunkelheit. Dann wandte er sich seinem Urenkel zu. „Und wie lange darfst du dieses Mal bei mir bleiben?“, fragte er fast fröhlich, es war dem alten Griesgram anzumerken, dass er sich wirklich freute. „Ich hatte so an ein paar Wochen gedacht“, sagte seine Mutter leise. Der Alte zuckte kaum merklich zusammen, doch er lächelte als er seinen Urenkel ansprach. „Was meinst du, hältst du es so lange mit mir aus?“

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Tobi bediente sich gerade selbst, mit beiden Händen balancierte er die große Teekanne über seiner Tasse und schaffte es tatsächlich, diese zu füllen. „Kakao“, flüsterte er dabei leise. Er hatte kaum etwas verschüttet und erfreute sich daran, dass dieses ‚kaum etwas’ zu einem großen braunen Fleck auf dem rot-weiß karierten Tischtuch wurde. „Klar“, erwiderte er im Brustton der Überzeugung. „Schön“, sagte der Alte. „Und wir werden auch bestimmt nichts tun, was falsch wäre.“ Obwohl er immer noch den kleinen Jungen ansah, war es offensichtlich, dass seine Worte seiner Enkeltochter galten. Die junge Frau stand auf und drückte ihrem Sohn einen Kuss auf, was dieser eher widerstrebend über sich ergehen ließ. „Das hat er von dir“, lächelte sie ihren Großvater an. „Ich will dann mal los, ihr kommt ja allein zurecht und ich fahre nur sehr ungern bei Nacht durch den Wald.“

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Der Alte stand ebenfalls auf, warf sein Rauchgerät durch das mittlerweile riesengroße Fenster und folgte ihr zur Tür. „Du weißt doch ganz genau, dass der Wald für dich der sicherste Platz auf der ganzen Welt ist, viel sicherer als die verstopften Straßen und die Menschenansammlungen in eurer Stadt“, sagte er liebevoll und umarmte sie, obwohl das sonst so gar nicht seine Art war. Anscheinend hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er so schroff zu ihr gewesen war. „Ja, sicher, aber ich habe trotzdem Angst im Dunkeln“, lachte sie, dann wurde sie ernst. „Ich lasse dir Tobi hier, Großvater, und zwar so lange, bis er etwas gelernt hat, und wenn es Jahre dauert“. Der Alte erstarrte. So energisch und bestimmt hatte seine Enkelin noch nie mit ihm gesprochen und er sah ihr an, dass es ihr sehr ernst war. Überhaupt hatte noch nie jemand gewagt so mit ihm zu reden, niemals - bis auf eine einzige Person, doch das war in seiner Jugend gewesen und schon mehr als eine Ewigkeit her. Die Erinnerung sprang ihn an wie ein Gespenst, plötzliche Wehmut ergriff sein Herz, beinahe hätten seine 12

Augen sich mit Tränen gefüllt. Doch er fing sich sofort wieder. Dennoch musste er sich räuspern, bevor er antworten konnte. „Von mir aus für immer, ich passe schon auf ihn auf und ich werde sicher nichts tun, was ihm schaden könnte.“ Die hübsche zierliche Frau reichte ihm nur knapp bis zur Brust, trotzdem baute sie sich dicht vor ihm auf. Sie musste den Kopf weit in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu sehen. „Ich bin seine Mutter, und ich lasse ihn trotzdem so lange bei dir wie es dauert“, zischte sie mit ungeheurer Vehemenz, „weißt du eigentlich, was das für mich bedeutet?“ Langsam und bedauernd schüttelte der Alte den Kopf. „Sany, bitte. Lass ihn doch ein Kind sein“, sagte er fast flehentlich. Trotzig wie ein kleines Mädchen stampfte sie mit dem Fuß auf. „Er ist ein Kind, mein Kind, und ich habe Angst um ihn. Er hat diese Träume...“

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Sie brach ab und rannte ohne ein weiteres Wort hinaus ins Freie. Der Alte stand wie vom Donner gerührt in der Tür, unfähig sich zu bewegen. Erst als er den sich entfernenden Wagen nicht mehr hören konnte, wandte er sich seinem jungen Gast zu. „Tja, Tobi, dann sind wir jetzt wohl unter uns, was meinst du wollen wir machen? Wozu hast du Lust?“ Fröhlich hielt ihm der Knirps seine leere Tasse entgegen. „Machst du noch mehr Tee, Ur-Opi?“ Er hatte tatsächlich die ganze Kanne geleert. „Natürlich, aber sag mal, hast du denn keinen Hunger?“, fragte der Alte und schlurfte zum Kamin, warf einen Scheit Holz nach, der die Größe eines mittleren Baumstammes hatte, und goss neuen Tee auf. „Och nee“, antwortete Tobi und fügte mit verschwörerischer Miene hinzu, „ich glaube ich habe zu viel Kakao getrunken“. Dabei flüsterte er, so als hätte er Angst, seine Mutter könnte ihn vielleicht doch noch hören. Diesmal musste der Alte wirklich grinsen.

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„Na, dann bring mal deine Tasse mit, wir setzen uns jetzt einfach auf den Boden, und zwar hier direkt vor den Kamin“. Das ließ sich der kleine Mann nicht zweimal sagen, er liebte es, dass sein Urgroßvater so gar keine Regeln kannte. Der Boden war seltsam weich. Obwohl er wie alles, außer des Kamins, aus Holz war, saß man auf ihm wie auf einem Daunenbett. „Du, Ur-Opi, wo soll ich denn schlafen?“, fragte der kleine Mann auch prompt. Die Frage war berechtigt, denn schließlich hatte Tobi noch nie bei seinem Urgroßvater übernachtet und das Haus hatte nur diesen einen, wenn auch sehr großen Raum. „Wo du willst“, antwortete der Alte lächelnd und goss Tee ein. Aufmerksam sah sich der Knirps in dem nur durch das Kaminfeuer beleuchteten Zimmer um. Dabei stellte er allerlei Verrenkungen an, damit ihm bloß nichts entging. Doch da war nicht viel, was es zu entdecken gab. Das Haus hatte nur diesen einen Raum und der war für seine Größe mehr als spärlich möbliert. Außer der sehr alten Couch standen da nur noch der große runde Holztisch mit vier Stühlen, wel15