Das geänderte Krankenversicherungsgesetz ermöglicht ... - Grosser Rat

02.05.2012 - Wie vermeidet man, dass sich Patienten im Kanton Bern behandeln lassen (freie ... Bezahlen versicherte Personen die fälligen Prämien und ...
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Kanton Bern Canton de Berne

Parlamentarische Vorstösse Interventions parlementaires

Vorstoss-Nr: Vorstossart:

040-2012 Interpellation

Eingereicht am:

01.02.2012

Eingereicht von:

Müller (Bowil, SVP)

Weitere Unterschriften:

0

Dringlichkeit:

Ja

Datum Beantwortung: RRB-Nr: Direktion:

02.05.2012 643/2012 JGK

(Sprecher/ -in)

22.03.2012

Wer nicht zahlt, muss leiden! Das geänderte Krankenversicherungsgesetz ermöglicht härtere Massnahmen und Methoden bei nicht bezahlten Krankenkassenprämien. Doch vom Kanton Bern ist diesbezüglich nichts zu vernehmen, insbesondere nicht vom Führen einer schwarzen Liste. Ich ersuche den Regierungsrat daher um Beantwortung folgender Fragen: 1. Gibt es Überlegungen bezüglich einer solchen schwarzen Liste und welche? 2. Was ist in welcher Form geplant? 3. Wann wird über was entschieden? 4. Was heisst das für chronisch kranke Menschen und was für die, die nicht bezahlen? 5. Stellt der Kanton sicher, dass, wer unterstützt wird (Führsorge, Prämienverbilligungen), auch die Krankenkasse zahlt? 6. Was heisst das finanziell für die Gemeinden und die öffentlichen Spitäler beziehungsweise den Kanton? 7. Wie vermeidet man, dass sich Patienten im Kanton Bern behandeln lassen (freie Spitalwahl), die Rechnungen dann aber beim Spital unbezahlt bleiben? Es wird Dringlichkeit verlangt.

Geschäfts-Nr.: 2012.0150

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Antwort des Regierungsrates Am 19. März 2010 haben die eidgenössischen Räte die Bestimmung in Art. 64a des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10, AS 2011, 3523) geändert und damit das Verfahren bei unbezahlten Prämien der obligatorischen Krankenversicherung neu geregelt. Im Zuge dieser Revision wurde das bisherige System eines „automatischen“ Leistungsaufschubs für säumige Versicherte aufgehoben. Gleichzeitig haben die eidgenössischen Räte mit dem neuen Art. 64a Abs. 7 KVG den Kantonen die Möglichkeit gegeben, das System des Leistungsaufschubs auf kantonaler Ebene eingeschränkt weiterzuführen. Diese Bestimmung ermächtigt die Kantone dazu, Personen die ihre Prämien nicht bezahlen, auf einer so genannten „schwarzen Liste“ zu erfassen. Bei diesen Personen schieben die Versicherer die Abgeltung von Leistungen mit Ausnahme der Notfallbehandlungen bis zur vollständigen Begleichung der entsprechenden Forderungen auf. Der Regierungsrat beantwortet die gestellten Fragen wie folgt: Frage 1 Die Frage der schwarzen Liste wurde in der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und –direktoren (GDK) ausführlich erörtert. Für den Regierungsrat sind unter anderen folgende Überlegungen ausschlaggebend: Die Einführung einer schwarzen Liste ist nicht zielführend, zumal sie in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Versicherungsobligatorium steht, das sowohl den Versicherten wie auch den Leistungserbringern Vorteile bringt. Bezahlen versicherte Personen die fälligen Prämien und Kostenbeteiligungen nicht, so liegt die Verantwortung für die Durchsetzung dieser Forderungen bei den Gläubigern, d.h. den Versicherern. Diese müssen die säumigen Versicherten nach erfolgter Mahnung betreiben. Durch dieses Verfahren wird sichergestellt, dass zahlungsunwillige Personen die ausstehenden Prämien und Kostenbeteiligungen bezahlen. Es ist für den Regierungsrat nicht ersichtlich, wieso der Kanton für die Durchsetzung der Forderungen von Dritten ein zusätzliches und administrativ aufwändiges Verfahren einführen soll. Zudem sprechen auch die mit dem Vollzug verbundenen Kosten gegen die Einführung einer solchen Liste. Diese müsste durch den Kanton geführt und sämtlichen Leistungserbringern in der Schweiz zugänglich gemacht werden. Der eigentliche Leistungsaufschub würde aber durch den Versicherer verfügt und auch durch diesen wieder aufgehoben, wobei er die Aufhebung dem Kanton melden müsste. Damit wird der Entscheid über die Aufhebung eines Leistungsaufschubs den Versicherern übertragen. Selbst wenn die Liste tagesaktuell nachgeführt würde, könnte nicht in jedem Fall sichergestellt werden, dass eine versicherte Person nach Bezahlung der Ausstände unverzüglich von der Liste gestrichen wird und von den Leistungserbringern die entsprechenden Behandlungen erhält. Insgesamt stünde damit der mit dem Vollzug eines solchen Systems verbundene Verwaltungsaufwand in einem äusserst schlechten Verhältnis zum erhofften Nutzen, säumige Versicherte von Leistungen auszuschliessen respektive zur Zahlung zu bewegen. Fragen 2 und 3 Aufgrund der oben geschilderten Überlegungen hält der Regierungsrat die Einführung einer schwarzen Liste nach Art. 64a Abs. 7 KVG für nicht zielführend und plant nicht, eine solche einzuführen.

Geschäfts-Nr.: 2012.0150

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Frage 4 Mit dieser Frage berührt der Interpellant einen weiteren fragwürdigen Aspekt der „schwarzen Liste“: Chronisch kranke Personen wären aufgrund ihrer weitergehenden Behandlungsbedürfnisse von einem Leistungsaufschub besonders betroffen. Wären sie auf einer schwarzen Liste erfasst, hätten sie nur noch Anspruch auf Notfallbehandlungen. Ob eine Notfallsituation vorliegt, ist auch im Einzelfall äusserst schwierig zu beurteilen. Kommt es in solchen Situationen zu einer Fehleinschätzung und ein Patientin oder ein Patient zu Schaden, dürften sich die Leistungserbringer mit haftpflichtrechtlichen Ansprüchen konfrontiert sehen. Frage 5 Im Kanton Bern wird bereits heute der Grossteil der gewährten Prämienverbilligungsbeiträge direkt an die Krankenkassen ausgerichtet, um deren zweckmässige Verwendung sicherzustellen. Am 19. März 2010 haben die eidgenössischen Räte die Bestimmung in Art. 65 KVG geändert. Darin werden die Kantone verpflichtet, nach Ablauf einer Übergangsfrist von zwei Jahren nach Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung, d.h. ab 1. Januar 2014 sämtliche Prämienverbilligungsbeiträge direkt an die Krankenversicherer auszurichten. Im Kanton Bern laufen die entsprechenden Vorarbeiten bereits. Frage 6 Die Abgeltung von 85% der Forderungen aus unbezahlten Prämien und Kostenbeteiligungen, für die ein Verlustschein oder ein gleichwertiger Rechtstitel besteht, muss durch den Kanton unabhängig von der Existenz einer schwarzen Liste geleistet werden (Art. 64a Abs. 4 KVG). Wie die Erfahrung bei der Einführung des bundesrechtlichen Leistungsaufschubs 2007 gezeigt hat, ist von der Einführung einer solchen Liste keine Entlastung für den Kanton zu erwarten. Unabhängig von der Existenz einer solchen Liste sind die Listenspitäler des Kantons Bern von keinerlei finanziellen Auswirkungen betroffen. Würde der Kanton Bern trotz den bereits erläuterten Überlegungen eine solche Liste einführen, so wären die Listenspitäler bei säumigen Prämienzahlern nur zur Erbringung von Notfallbehandlungen verpflichtet, welche vom Kanton Bern und der obligatorischen Krankenpflegeversicherung trotz Leistungsaufschub vollumfänglich zu vergüten wären. Zu Frage 7 Für die Behandlung von Patientinnen und Patienten, die auf einer schwarzen Liste für säumige Prämienzahler aufgeführt und somit mit einem Leistungsaufschub belegt sind, bezahlen die Krankenversicherer und die betroffenen Wohnkantone nur noch Notfallbehandlungen. Aufgrund der freien Wahl eines Leistungserbringers gemäss Artikel 41 KVG können sich diese Personen jedoch auch im Kanton Bern behandeln lassen. Damit sichergestellt werden kann, dass allfällige Behandlungen solcher Patientinnen und Patienten auch wirklich vergütet werden, hat die GEF den Listenspitälern des Kantons Bern folgendes Vorgehen empfohlen: Sind die schwarzen Listen nicht zugänglich bzw. ist bei planbaren Behandlungen nicht rechtzeitig erkennbar, ob es sich um einen säumigen Prämienzahler handelt, so ist vorgängig beim entsprechenden Wohnkanton mit schwarzer Liste eine Kostengutsprache einzuholen. An den Grossen Rat

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