Beckenbodentraining - Tanzberger Konzept

22.10.2016 - nach chirurgischen Eingriffen ( z.B. Prostatektomie). ▫ Bindegewebsschwäche. ▫ Adipositas. ▫ Schädigung von Muskeln oder Nerven ( z.B. N.
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Beckenbodentraining - Tanzberger Konzept Physiotherapeutische Behandlung bei Prostata- und Blasenerkrankungen 22. Oktober 2016 / 4. Sindelfinger Prostatatag / Kliniken Sindelfingen Ingrid Schröcker und Susanne Janßen, Physiotherapeutinnen im Therapiezentrum BB

Thema: Belastungsinkontinenz Inhaltsverzeichnis 1. 

Was ist Kontinenz ?

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Gefahren der Kontinenz

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Definition Belastungsinkontinenz

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Ursachen Belastungsinkontinenz

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Schweregrade

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Strukturen der intrinsischen und urethralen Kontinenzleistung/Anatomie Das Tanzberger-Konzept – Physiotherapie nach Beckenbodeninsuffizienz 7.1 Leitmotiv 7.2 Warum ist „Kontinenz-lernen“ so schwierig ? 7.3 Therapievoraussetzungen und Ziel der Physiotherapie 7.4 Atmung 7.5 Gestik 7.6 Physiotherapie nach radikaler Prostatektomie 7.7 Übungsbeispiele

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1. Was ist Kontinenz?

Kontinenz ist die Fähigkeit, Zeitpunkt und Ort für die Entleerung von Blase und Darm selbst zu bestimmen.

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2. Gefahren für die Kontinenz

§  belastendes und langes Sitzen §  belastendes Bücken §  chronischer Husten §  geringe, ungünstig verteilte Tages – Trinkmenge §  häufige Entleerungen kleiner Mengen §  chronische Obstipation §  willentliche Blasen – bzw. Darmentleerung ohne Entleerungssignal §  fehlkonditionierte Entleerungssignale durch äußere Reize §  Strukturveränderungen durch Alterung

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3. Definition : Belastungsinkontinenz

§  auch bekannt als Stressinkontinenz

§  unwillkürlicher Harnabgang bei intraabdomineller Druckerhöhung §  Harnblasenverschluss geschwächt durch hypotonen Sphinkter §  häufigste Form der Blasenschwäche bei Männern nach Prostatektomie

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4. Ursachen der Belastungsinkontinenz

§  Insuffizienz der Beckenbodenmuskulatur §  nach chirurgischen Eingriffen ( z.B. Prostatektomie) §  Bindegewebsschwäche §  Adipositas §  Schädigung von Muskeln oder Nerven ( z.B. N. pudendus)

5. Schweregrade der Belastungsinkontinenz

1. Grad : Inkontinenz beim Husten, Niesen 2. Grad : Inkontinenz bei abrupten Körperbewegungen, beim Aufstehen und/oder Hinsetzen 3. Grad : Inkontinenz bei Bewegungen ohne Belastung, z.B. im Liegen

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6. Strukturen der intrinsischen und urethralen Kontinenzleistung Am Verschlussmechanismus und der Kontinenzleistung sind folgende Strukturen beteiligt: §  Urethralschleimhaut §  elastische und kollagene Bindegewebe innerhalb der urethralen Wand, bei füllender Blase kommt es zum urethralen Dehnverschluss §  glatte Muskulatur der Urethralwand §  der submuköse Gefäßplexus, als abdichtender Schwellkörperverschluss Die Urethra ist eine flexible Röhre, deren Schleimhautfalten sternförmig das Lumen verschließen müssen, um Kontinenz zu gewährleisten.

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6.1 Anatomie Blasenhals

6.2 Anatomie

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7. Das Tanzberger – Konzept Physiotherapie bei Beckenbodeninsuffizienz

§  Aufklären über Funktion und Anpassung §  Visualisieren der Beckenboden-Sphinkterbewegungen §  Therapeutische Übungen (Reaktive und reflektorische Muskelaktivität) §  Stenosierende Ausatemtechnik (Slow-Twitch-Fibres) §  Verschlusslaute (Fast-Twitch-Fibres) §  Durchblutung fördern §  Soforthilfe zur Kontinenzsicherung (Aufschubstrategien) §  Alltagsbewegungen

Ziel der Physiotherapie ist, den Beckenboden wieder in seine Systeme zu integrieren, so dass er sich durch spezifische Alltagsreize selbst trainiert. 11

7. Das Tanzberger - Konzept 7.1. Leitmotiv

§  Alles was ich benannt und bewegt habe, wird bekannt. §  man kann nicht üben, was man nicht kennt und was man nicht spürt. §  Worte finden für das, was ich spüre und wahrnehme. §  es kann ins Unbewusste absinken um automatisch wieder aufzutauchen.

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7. Das Tanzberger - Konzept 7.2 Warum ist „Kontinenz-Lernen“ so schwierig? §  Kontinenz ist weitestgehend dem Vegetativum unterstellt §  willkürliche Muskelaktivität selten, unspezifisch u. ohne kortikale Prägung §  der Beckenraum ist weder optisch noch berührbar erschlossen §  das Funktionsdefizit erschwert die Wahrnehmung §  negative Gewohnheits- und Vorsorgehandlungen sind etabliert

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7. Das Tanzberger - Konzept 7.2 Therapievoraussetzungen Geistige Voraussetzungen für das Kontinenztraining §  §  §  §  § 

eigenes Interesse geistige Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft Symptome und Therapieschritte verstehen und zuordnen können Bereitschaft zur Veränderung und zur Eigeninitiative psychische Gesundheit

Körperliche Voraussetzungen für das Kontinenztraining §  §  §  §  § 

nervale Intaktheit noch vorhanden muskuläre Substanz weitgehend regelrechte Topographie ausreichende Beweglichkeit im Lenden-Becken-Hüft-Bereich allgemeine körperliche Mobilität

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7. Das Tanzberger - Konzept 7.3 Bausteine des Therapiekonzeptes

Gerichtete Aufmerksamkeit Spüren heißt sich auf eine Spur begeben: Der entwickelte Bewegungssinn „spurt“ die Bewegung in die unbekannte Beckenboden-Sphinktermuskulatur Visualisieren (Generalschlüssel in der Kontinenztherapie) §  Optisch unsichtbare Strukturen werden mental repräsentiert §  Funktions-Vorstellungsbild ermöglicht fokussierendes Üben §  Gestaltung des Bewegungsablaufes wird sicher und wiederholbar §  Konkretes Erleben steigert Selbstkompetenz und Motivation

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7. Das Tanzberger - Konzept 7.4 Atmung Druck- und Sogkräfte des Zwerchfells stimulieren die Muskeln des Beckenbodens. Kontraktion und Dehnung, die Wechselspannungen des Beckenbodens, werden über Laute und Atemworte physiologisch aktiviert. §  Der Atem ist der natürliche Rhythmusgeber der Beckenbodenbewegungen, z.B. „stenosierte Ausatmung“ auf dem Reibelaut „CH“ entsteht ein Widerstand für den Luftstrom à der Ausatemwiderstand aktiviert die Anhebung des Beckenbodens à die nachfolgende spontane Einatmung löst die Spannung, der Beckenboden senkt sich. §  Muskelstimulation durch den Atem (Atemtechniken, Laute) - jede aktive Sphinkterschnürung sollte von dem Spannung provozierenden „CH“ begleitet werden. §  „Ton erzeugt Tonus“ 16

7. Das Tanzberger - Konzept 7.5 Gestik (nonverbale Information) Gesten sind in der Therapie als Stellvertreter und Verstärker für Beckenboden-Sphinkter-Bewegungen, sie sind kinästhetische Botschaften.

§  Schnür-Gesten §  Hebe-Gesten §  Bogen-Gesten

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7. Das Tanzberger - Konzept 7.6 Physiotherapie nach radikaler Prostatektomie (1) Präoperative Maßnahmen §  Information über Therapieaufbau postoperativ §  Wahrnehmungsschulung von Beckenboden-Sphinkter-Muskulatur §  Atemwahrnehmung §  kontinenzsichernde Bewegungsabläufe (Husten, Niesen, Aufstehen) §  Schnürübungen

Postoperative Maßnahmen Während der Katheterphase: -  Heilruhe zur Vermeidung von Wundheilungsstörungen -  Atemanregung -  kontinenzsichernde Bewegungsabläufe (Husten, Niesen, Aufstehen)

7. Das Tanzberger - Konzept 7.6 Physiotherapie nach radikaler Prostatektomie (2) Nach Entfernung des Katheters - Aufschubstrategien zur Drangbewältigung - Atemschulung – Druck und Sog - Schnürarbeit im Atemrhythmus - Bewegen im Alltag - Informationen für intrinsisches Training Kontraindiziert sind hyperämisierende Maßnahmen im Beckenbereich: - Balneologische Maßnahmen - BGM Zeitaufwand - Symptomabhängig. Günstig sind doppelte Therapieeinheiten Bis zum Wiedererlangen der Kontinenz - Kontinenztraining auf dem Ball - Tipps für den Alltag (entlastendes Bücken und Heben)

7. Das Tanzberger - Konzept Wegweiser Tanzberger Konzept

Leben ist Bewegung. Wenn Leben Bewegung ist, begünstigt die Förderung der Bewegung das Leben. Darum ist es die Aufgabe des Therapeuten, Bewegung in Gang zu setzen.

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7. Das Tanzberger - Konzept 7.7 Übungsbeispiele So werden Blase und Beckenboden beim Aufstehen entlastet: Ø  der Bewegungsablauf beginnt mit seitlichem Kopfrollen auf der Unterlage Ø  die Augen fixieren einen Punkt auf der Unterlage, direkt neben dem Kopf Ø  diesen Punkt bis zum Erreichen der Sitzposition fixieren Ø  begleitet von der Ausatmung organisiert sich die druckarme Aufrichtung zügig von selbst

7. Das Tanzberger - Konzept 7.7 Übungsbeispiele

Und so wird der Beckenboden bei der Darmentleerung geschützt

Ø  Der alte Rat: „ Gehe nicht zur Toilette, weil Du es willst, sondern nur, wenn Du musst“, gewährt den besten Schutz. Ø  -  -  -  - 

Der neue Rat: Stuhlpressen vermeiden dem Entleerungsvorgang Zeit lassen Sitzen in leichter Rückneige des Oberkörpers den Stuhltransport durch tönende Ausatmung (aaah) erleichtern

7. Das Tanzberger - Konzept 7.7 Übungsbeispiele Und so werden Beckenboden- und Sphinktermuskeln durch rechtzeitigen „Hustendreh“ und „Niesrück“ kontinenzsicher aktiviert. Ø  der Kopf dreht bei aufgerichteter Wirbelsäule nach hinten oben Ø  der Blick richtet sich nach oben – durch diese frühzeitige Druckverarbeitung in die Bauchkapsel wird die Druckwelle auf die Harnblase abgefangen. v  Die resulierende Trampolinaktivität des Beckenbodens sichert die Kontinenz und die Lage von Blase, Gebärmutter und Enddarm. Übung zur Trampolinaktivität des Beckenbodens: „ Rumpelstilzchen“

Weitere Informationen zum Tanzberger Konzept

Ø  Internet: Ø  Fachbuch:

www.Tanzberger-Konzept.de Der Beckenboden – Funktion, Anpassung und Therapie

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

… früh übt sich, wer kontinent bleiben möchte 25