Baselland. Zeitung, vom: Sonntag, 31. März 2013

31.03.2013 - s ist ein jährlich wiederkeh- rendes Ritual: Die Basler. Staatsanwaltschaft lädt zur. Medienkonferenz über die. Kriminalstatistik, die Medien.
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Schweiz am Sonntag, Nr. 13, 31. März 2013

BASEL 59 |

Der unvermeidliche Medienhype Weshalb die Kriminalstatistik von Journalisten und Politikern stärker bewirtschaftet wird als andere Statistiken Die Behörden sollen laufend und nicht wie bis anhin einmal jährlich über die Kriminalität informieren. Dies fordert die Leiterin des Statistischen Amts. VON VALENTIN KRESSLER

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s ist ein jährlich wiederkehrendes Ritual: Die Basler Staatsanwaltschaft lädt zur Medienkonferenz über die Kriminalstatistik, die Medien stürzen sich auf das von Kripo-Chef Beat Voser präsentierte Zahlenmaterial und Sicherheitspolitiker überbieten sich mit Forderungen an die Regierung. Ein Ritual, das in der Regel folgenlos bleibt. Madeleine Imhof, Leiterin des Statistischen Amts Basel-Stadt, hat eine einfache Erklärung dafür, weshalb die Kriminalstatistik stärker in der öffentlichen Wahrnehmung steht als die Statistiken über die meisten anderen Lebensbereiche. «Bei der Kriminalstatistik sind alle potenziell betroffen», sagt sie. Ein weiterer Grund für das grosse Aufsehen ist, dass die Präsentation der nationalen und kantonalen Kriminalstatistiken gestaffelt erfolgt und damit zweimal hintereinander Futter für die Medien liefert. Die Basler Staatsanwaltschaft habe den Journalisten Zeit geben wollen, sich bereits mit den Zahlen des Bundes vertraut zu machen, damit sie gezielt Fragen stellen können, sagt der Erste Staatsanwalt Alberto Fabbri. DIESE WOCHE richtete sich der Fokus von Medien und Politik noch stärker auf die Kriminalstatistik als sonst. Die «Basler Zeitung» stimmte ihre Leser Tage vor der Präsentation mit einem Kommentar auf die Statistik ein, die «bz Basel» veröffentlichte am Montag Präventions-Tipps. Am Mittwoch, am Tag nach der Präsentation, widmeten die beiden Zeitungen dem Thema eine ganze Seite. Schon am Dienstag hatten sie breit darüber berichtet, nachdem das Bundesamt für Statistik am Montag die nationalen Resultate veröffentlichte. Von diesem Medienhype liessen sich auch die Parteien anstecken und meldeten sich noch früher und schriller zu Wort als sonst. Die SVP drohte bereits am Montag, mittels Volksinitiative eine weitere Aufstockung des Polizeikorps zu erzwingen, und forderte den Einsatz der Militärpolizei. Nur einer verweigerte sich hartnäckig: Baschi Dürr. Der neue FDP-Sicherheitsdirektor, seit sechzig Tagen schweigsamer Chef im Spiegelhof, will sich zur Kriminalstatistik nicht äussern. Dürr habe beschlossen, die ersten hundert Tage im Amt zu beanspruchen, um

sich «ein Bild zu machen», sagt ein Sprecher. Kein Verständnis dafür hatte die «Tageswoche», die sogleich einen Fahndungsaufruf startete. Dürrs Schweigen ist konsequent. Erst kürzlich hatte der Sicherheitsdirektor einen Entscheid seines Vorgängers Hanspeter Gass (FDP) rückgängig gemacht und der Staatsanwaltschaft die Hoheit über die Kriminalstatistik zurückgegeben. Hätte sich Dürr diese Woche dazu geäussert, wäre er dem Vorwurf ausgesetzt gewesen, widersprüchlich zu handeln. Nicht konsequent ist vor diesem Hintergrund allerdings, dass sich Dürr am Donnerstag auf «Telebasel»

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Bei der Kriminalstatistik sind alle Bewohner potenziell betroffen.»

MADELEINE IMHOF, STATISTISCHES AMT ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

zur Vermummungsverbots-Initiative der Jungen SVP äusserte. Doch selbst SVPPräsident Sebastian Frehner signalisiert Verständnis für Dürrs Schweigen bei der Kriminalstatistik. «Ich verstehe, dass er sich zuerst in die Dossiers einarbeiten will», sagt Frehner. Die aktuell hohen Zahlen sind ein Grund, weshalb die Kriminalstatistik in diesem Jahr deutlich mehr Aufmerksamkeit erhält als früher. In Basel-Stadt haben die Delikte gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zugenommen. Die Kriminalstatistik sei in der Öffentlichkeit zu lange kein wichtiges Thema gewesen, sagt der frühere Polizeikommandant Markus Mohler. «Nun nimmt die Kriminalitätsentwicklung Ausmasse an, die alle beschäftigen.» DIE «BASLER ZEITUNG» hat das Terrain zudem geebnet, indem sie den Themenkomplex Kriminalität und Sicherheit seit den letztjährigen Erneuerungswahlen überdurchschnittlich stark bewirtschaftet. Seit August 2012 schreibt Markus Melzl, langjähriger früherer Sprecher der Basler Staatsanwaltschaft, alle zwei Wochen in einer Kolumne über Kriminalität und Sicherheit. Melzl war Anfang 2012 nach 16 Jahren als Staatsanwaltschafts-Sprecher in Pension gegangen. Sein Seitenwechsel kam für viele überraschend. Bei seinem Abschied hatte er noch verlauten lassen, er werde sich «hüten, über das Themenfeld Polizei und Staatsanwaltschaft eine Meinung von mir zu geben». Genau das macht Melzl jetzt aber und trägt damit massgeblich dazu bei, dass Sicherheitsfragen in der Öffentlichkeit einen hohen Stel-

«Stoffero»-Wirt übernimmt das «Panepiù» im Kleinbasel

Einmal im Jahr im Fokus: Kripo-Chef Beat Voser bei der Präsentation der Kriminalstatistik.

lenwert haben. Laut Fabbri hat Melzl die Staatsanwaltschaft über die Kolumne nicht in Kenntnis gesetzt. Mehr will er dazu nicht sagen. «Markus Melzl äussert sich jeweils als Privatperson.» Imhof vom Statistischen Amt hat einen Lösungsansatz, um die stark aufgeheizte Diskussion auf eine transparente-

re Ebene zu stellen. «Statt die Kriminalstatistik jährlich zu präsentieren, könnte man die entsprechenden Kennzahlen regelmässig aktualisieren und der Öffentlichkeit via Internet laufend zugänglich machen», sagt sie. Dies macht ihr Amt, das bei der Kriminalstatistik nicht beteiligt ist, etwa bei der Bevölkerungs-

KENNETH NARS

entwicklung oder den Logiernächten bereits. «Bei der Kriminalität stehen der Bevölkerung unter dem Jahr weniger Informationen zur Verfügung als in anderen Bereichen», sagt Imhof. Dies zu ändern und dafür die nötigen personellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sei aber ein «Entscheid der Politik».

Kirchenbänke zu verkaufen Die Johannes-Kirche passt den Kirchensaal den sinkenden Besucherzahlen an

Christoph Giertz wirtet ab Herbst an der Grenzacherstrasse ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

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Der Wirt des Café Stoffero, der seit zwanzig Jahren an der Stänzlergasse bei der Steinenvorstadt Panini und italienischen Kaffee anbietet, hat neue Pläne. Spätestens ab Oktober führt Christoph Giertz die Café-Bar Panepiù an der Grenzacherstrasse 97 zusammen mit seiner Frau Erica Mueni Giertz, wie er auf Anfrage sagt. Giertz übernimmt das «Panepiù» von Kurt Steiger, dem das Lokal gehört und der es zurzeit selber führt. STEIGER HAT das «Panepiù» vor einem Jahr eröffnet und kürzlich das Wirtepatent erworben. Er suche einen Nachfolger, weil er im Hauptberuf Innenarchitekt und zudem 63 Jahre alt sei. Durch einen Bericht der «Schweiz am Sonntag» und den folgenden Beitrag im Fernsehsender Telebasel erfuhr er Anfang März,

dass Giertz das «Stoffero» aufgeben wird, und nahm mit ihm Kontakt auf. Giertz hatte sich zur Schliessung des «Stoffero» entschlossen, weil das jetzige Lokal durch Umbauten vergrössert werden und der Mietzins entsprechend steigen soll. So sind die Pläne der Hauseigentümer, dem Architekten Roger Diener und seiner Schwester Irène Diener. DAS «PANEPIÙ» hat laut Steiger im Innenbereich 17 Plätze, aussen sind es ungefähr noch einmal so viele. Bisher bietet das Café täglich ein Mittagsmenü an. Christoph Giertz sagt, er wolle das bestehende Konzept übernehmen: «Ein neues ‹Stoffero› wird es nicht geben.» Obwohl er nun von einem Ort mit viel Laufkundschaft in eine weniger frequentierte Lage wechselt, gibt er sich optimistisch: «Im Panepiù neu anzufangen, ist für mich eine gute Lösung.»

Selbst am heutigen Ostergottesdienst wird die Johannes-Kirche nicht einmal zu einem Viertel gefüllt sein. Von den rund 800 Plätzen seien an Ostern jeweils etwa 100 bis 150 besetzt, sagt Stephan Maurer, der für das Bauwesen verantwortliche Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt (ERK). An anderen Tagen seien es weit weniger. Die im Jahr 1936 von den Architekten Karl Egender und Ernst Friedrich Burckhardt erstellte Betonkirche beim Kannenfeldplatz ist überdimensioniert. Gut 75 Jahre nach der Einweihung plant die reformierte Kirche deshalb, den Kirchensaal von St. Johannes zu verkleinern. Die Bankreihen vom Eingang bis zur Mitte möchte sie entfernen lassen. Vom Kanton will die Kirchenverwaltung in einem generellen Baubegehren deshalb wissen: «Können die Bänke veräus-

sert werden?» Das Gesuch ist nötig, da die Kirche seit 1996 unter Denkmalschutz steht. Die ERK will 135 Plätze entfernen lassen. Der dadurch frei gewordene hintere Teil des Kirchensaals soll abgetrennt werden. Dieser neue Raum stünde dann für Gemeindeanlässe zur Ver- Johannes-Kirche. fügung, die derzeit im Untergeschoss stattfinden. Mit dem rund 250 Quadratmeter grossen Saal im Untergeschoss möchte die ERK Geld verdienen: Sie möchte ihn vermieten. Interesse hätten etwa Orchester, Akrobatik- oder Kul-

turgruppen angemeldet. Für die Umnutzung plant die ERK im Foyer der Kirche zudem den Einbau von Toiletten und einer Küche sowie einen Wanddurchbruch zum Kirchenschiff hin.

JURI WEISS/BS.CH

VON ANDREAS MAURER VON MIRIAM GLASS

DER RUND 200 000 FRANKEN teure Umbau der Johannes-Kirche ist Teil der Gebäudestrategie der ERK. Als Reaktion auf die stetig sinkenden Besucher- und Mitgliederzahler werden die Gebäudevolumen reduziert und Fremdvermietungen forciert. Auch in anderen Kirchen wurden bereits Bänke entfernt. Von ihnen getrennt hat sich die ERK bisher aber nicht. Die überzähligen Kirchenbänke von Kleinhüningen etwa werden im Dachgeschoss gelagert. Maurer kann sich vorstellen, die historischen Stühle der Johannes-Kirche zu versteigern. Möglicherweise ist das Bedürfnis, sich auf eine Kirchenbank zu setzen, ausserhalb der Kirche grösser als innerhalb.